Jahresbericht 2008 - Ärztekammer Nordrhein
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<strong>Ärztekammer</strong><br />
<strong>Nordrhein</strong> Rechtsabteilung<br />
Praxisaufgabe / Praxisverkauf<br />
Erwägen niedergelassene Ärzte die Aufgabe ihrer<br />
Praxistätigkeit oder die Übergabe ihrer Praxen an<br />
Nachfolger, sollten sie zunächst mit ihrer zuständigen<br />
Versorgungseinrichtung oder ggf. mit dem<br />
Deutschen Rentenversicherung Bund klären, ob ein<br />
Versorgungsanspruch besteht, der es ihnen ermöglicht,<br />
ihre Tätigkeit als niedergelassene Ärzte aufzugeben<br />
und in den Ruhestand zu treten.<br />
Unterschieden werden muss die Praxisaufgabe<br />
und Praxisübergabe durch Vertragsärzte oder<br />
Privatärzte. Geben Vertragsärzte ihre Praxis auf,<br />
ohne sie an einen Nachfolger zu übergeben, müssen<br />
sie auf ihre Zulassung gegenüber dem Zulassungsausschuss<br />
bei der zuständigen Bezirksstelle<br />
der Kassenärztlichen Vereinigung verzichten und<br />
die <strong>Ärztekammer</strong> informieren. Geben Privatärzte<br />
ihre Praxen auf, müssen sie nur ihre Meldepflicht<br />
erfüllen und die zuständige <strong>Ärztekammer</strong> informieren.<br />
Bei der Übergabe einer Privatpraxis an<br />
einen Nachfolger müssen Ärzte ebenfalls nur die<br />
Mitteilungspflichten gegenüber der <strong>Ärztekammer</strong><br />
beachten.<br />
Nachhaftungsversicherung<br />
Beenden niedergelassene Ärzte ihre Praxistätigkeit,<br />
wird der Abschluss einer sogenannten Nachhaftungsversicherung<br />
empfohlen, der Berufshaftpflichtschutz<br />
über das Ende der ärztlichen Tätigkeit<br />
hinaus gewährt.<br />
In der Deutschen Versicherungswirtschaft gilt<br />
die sogenannte „Schadensereignistheorie“. Dies<br />
bedeutet, dass die Berufshaftpflichtversicherung,<br />
die während der ärztlichen Tätigkeit von Ärzten<br />
besteht, nur für die Schäden eintreten muss, die<br />
sich während des Laufs der Berufshaftpflichtversicherung<br />
ereignet haben. Dagegen tritt die<br />
Berufshaftpflichtversicherung nicht ein für Schäden,<br />
die sich zwar während der aktiven ärztlichen<br />
Tätigkeit ereignet haben, die sich aber erst zeigen,<br />
nachdem sich der Arzt/die Ärztin zur Ruhe gesetzt<br />
hat. Als Beispiel sei hier die Verschreibung<br />
eines falschen Medikamentes noch während der<br />
Berufstätigkeit des Arztes/der Ärztin genannt.<br />
Nimmt der Patient jedoch das falsche Medikament<br />
erst nach der Aufgabe der Praxis ein und erleidet<br />
er aufgrund der falschen Arzneimittelverordnung<br />
einen Schaden, so liegt das Schadensereignis zeitlich<br />
nach der Einstellung der Praxistätigkeit. In<br />
einem solchen Fall greift die Berufshaftpflichtversicherung<br />
nicht mehr. Nur eine Nachhaftungs-<br />
74 | <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong><br />
versicherung deckt solche Schäden ab. Es wird<br />
empfohlen, einen Nachhaftungsversicherung für<br />
einen Zeitraum von 5 Jahren abzuschließen.<br />
Praxisunterlagen<br />
Wichtiges Element bei einer Praxisaufgabe oder<br />
Praxisübergabe ist die ordnungsgemäße Aufbewahrung<br />
von Praxisunterlagen. Die ordnungsgemäße<br />
Aufbewahrungspflicht der Dokumentation der<br />
Ärzte stellt auch eine zivilrechtliche Nebenpflicht<br />
des Behandlungsvertrages dar. Ärztinnen und Ärzte<br />
sind verpflichtet, die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht<br />
einzuhalten. Es handelt sich<br />
somit auch um eine auf der Grundlage des Heilberufsgesetzes<br />
NRW geschaffene öffentlich-rechtliche<br />
Pflicht, die auch über den Zeitpunkt der Aufgabe<br />
der Praxis hinaus gilt.<br />
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Krankenunterlagen<br />
nach der Praxisübergabe aufzubewahren:<br />
Aufbewahrung in eigenen Räumen<br />
Aufbewahrung in angemieteten Räumen<br />
Übergabe der Krankenunterlagen an den<br />
Praxisnachfolger (mit schriftlicher Einwilligungserklärung<br />
der betroffenen Patienten)<br />
Aufbewahrung der Unterlagen durch den<br />
bisherigen Praxisinhaber<br />
2-Schrank-Modell, wenn die Aufbewahrung bei<br />
dem bisherigen Praxisinhaber nicht möglich ist.<br />
Bei der Auflösung einer Gemeinschaftspraxis haben<br />
sowohl der zurückbleibende als auch der sich<br />
trennende Gemeinschaftspraxispartner das Recht,<br />
alle Karteikarten/EDV-Datei zu behalten/mitzunehmen,<br />
da die Gemeinschaftspraxispartner als<br />
Gesamtschuldner haften.<br />
Eine Übergabe der Behandlungsunterlagen an einen<br />
niedergelassenen Kollegen im Einzugsbereich<br />
der aufgegebenen Praxis ist unproblematisch, wenn<br />
der Patient zugestimmt hat. Ohne die Zustimmung<br />
des Patienten würde eine solche Weitergabe gegen<br />
die ärztliche Schweigepflicht verstoßen, außer der/<br />
die die Praxis aufgebende Arzt/Ärztin schließt mit<br />
seinem Nachbarkollegen einen Vereinbarungsvertrag<br />
im Sinne des oben erwähnten 2-Schrank-Modells.<br />
Die Krankenunterlagen können auch an den jeweiligen<br />
Patienten ausgehändigt werden. Hierdurch<br />
kann sich der/die niedergelassene Arzt/Ärztin jedoch<br />
nicht zu seiner/ihrer öffentlich-rechtlichen<br />
Pflicht zur Aufbewahrung der Krankenunterlagen<br />
entledigen.