Jahresbericht 2008 - Ärztekammer Nordrhein
Jahresbericht 2008 - Ärztekammer Nordrhein
Jahresbericht 2008 - Ärztekammer Nordrhein
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nen zeitnahen Termin beim Spezialisten sorgen<br />
würden. Eine dringende Situation aber hätten die<br />
Mitarbeiter des Instituts bei ihren telefonischen<br />
Anfragen in den Praxen gar nicht geltend gemacht.<br />
Hoppe: „Hier wollen offensichtlich einige mit Pseudowissenschaft<br />
den Weg frei machen zur Zerstörung<br />
der privaten Krankenversicherung. Wer aber<br />
glaubt, er könne die finanziell marode GKV durch<br />
Eingliederung der PKV sanieren, ist auf dem Holzweg.“<br />
Eine Abschaffung des bewährten Dualismus<br />
der Versicherungssysteme würde nach Überzeugung<br />
des Präsidenten eine Verschlechterung der<br />
Versorgungsqualität insgesamt bedeuten.<br />
„Masochistische Kontrollzwänge“<br />
In seinem Vortrag über Perspektiven der ärztlichen<br />
Selbstverwaltung aus soziologischer Sicht<br />
stellte der Bergisch Gladbacher Berufsforscher und<br />
Ökonom Professor Dr. Christoph Hommerich fest,<br />
das Gesundheitssystem sei durch eine „extrem hohe<br />
Regelungsdichte“ und eine „kaum überschaubare<br />
Zahl sich wechselseitig misstrauender Akteure mit<br />
unterschiedlichen Interessenlagen“ gekennzeichnet.<br />
Für die Patienten sende dieses System „unentwegt<br />
irritierende Signale aus“, wodurch Vertrauen<br />
in das System schwinde. Eine „Misstrauenskultur“<br />
jedoch verursache erhebliche soziale und ökonomische<br />
Kosten, so dass Vertrauensbildung die wesentliche<br />
Aufgabe sei.<br />
Integrität, Kompetenz und Wohlwollen dem Patienten<br />
gegenüber − das sind aus Sicht des Soziologen<br />
die Eckpunkte eines Dreiecks, an dem die Ärzteschaft<br />
ihr Handeln ausrichten sollte, um Vertrauen<br />
in den einzelnen Arzt und den Berufsstand insgesamt<br />
zu fördern. Integrität und damit Vertrauen<br />
entsteht laut Hommerich durch Diskretion und<br />
Verschwiegenheit, das richtige Verhältnis von Nähe<br />
und Distanz zum Patienten sowie verlässliches und<br />
stetiges Verhalten. Allerdings: „Diese Elemente<br />
dürfen institutionell nicht gefährdet werden, was<br />
aber derzeit der Fall ist, weil Sie zu inkonsistentem<br />
Handeln durch das System gezwungen werden.“<br />
Kammerversammlung<br />
Entschließungen der Kammerversammlung<br />
Gesundheitspolitische Leitsätze<br />
der Ärzteschaft<br />
Die Gesundheitspolitischen Leitsätze der<br />
Ärzteschaft werden Ausgangspunkt für eine<br />
strategische Neuaufstellung der Ärzteschaft.<br />
Die Kammerversammlung <strong>Nordrhein</strong> fordert deshalb<br />
den Vorstand der Bundesärztekammer auf,<br />
folgende nachhaltige Veränderungen einzuleiten:<br />
• Entwicklung einer an den Bedürfnissen der<br />
Patienten orientierten, freiheitlichen Konzeption<br />
des Gesundheitswesens<br />
• Schaff ung eines Ortes, an dem der strategische<br />
Dialog innerhalb der Ärzteschaft auf<br />
Dauer geführt werden kann (think tank)<br />
• Entwicklung einer Kommunikationskonzeption,<br />
die der Gesundheitspolitik die Konzeption<br />
der deutschen Ärzteschaft gegenüberstellt<br />
und off ensiv kommuniziert.<br />
• Ausbau und Verstärkung einer strategischen<br />
Allianz, die Patienten, andere Heilberufe und<br />
die anderen Professionen mit einbezieht.<br />
• Ausbau und Verstärkung der europapolitischen<br />
Aktivitäten<br />
Grundsätze der nordrheinischen Ärzte<br />
zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens<br />
Die Kammerversammlung beschließt die „Grundsätze<br />
der nordrheinischen Ärzte zur Weiterentwicklung<br />
des Gesundheitswesens“ und fordert<br />
ihre Delegierten auf, diese auf dem Deutschen<br />
Ärztetag in Ulm zu vertreten.<br />
Die „Grundsätze der nordrheinischen Ärzte zur<br />
Weiterentwicklung des Gesundheitswesens“<br />
sind im Internet verfügbar unter www.aekno.de/<br />
ÄrzteblattArchiv. RhÄ<br />
Delegation ärztlicher Leistungen<br />
Die Kammerversammlung fordert die Bundesärztekammer<br />
auf, der Substitution ärztlicher<br />
Leistungen durch provisorische Versorgung<br />
entschieden entgegenzutreten, um die Demontage<br />
des ärztlichen Berufes zu verhindern und<br />
der in Gang kommenden Industrialisierung der<br />
Krankenbehandlung entgegenzuwirken.<br />
Ärztliche Versorgungsstrukturen<br />
Die Kammerversammlung lehnt die von der KBV<br />
vorgelegten „Überlegungen zu einer wettbewerbsorientierten<br />
Neustrukturierung der<br />
Versorgungsebenen“ in der derzeitigen Form ab,<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong> | 17<br />
<strong>Ärztekammer</strong><br />
<strong>Nordrhein</strong><br />
da sie die ärztlichen Versorgungsstrukturen nicht<br />
bedarfsgerecht abbildet.<br />
Schutz des<br />
Arzt-Patienten-Verhältnisses<br />
Der Vorstand der <strong>Ärztekammer</strong> <strong>Nordrhein</strong><br />
wird beauftragt, sich sowohl auf Landesebene<br />
wie auch auf Bundesebene dafür einzusetzen,<br />
dass der besondere Schutz des Arzt-Patienten-<br />
Verhältnisses auch dadurch gewährt wird, dass<br />
prädiktive Diagnosen (oder Befundergebnisse)<br />
nicht an Dritte weitergegeben oder einer<br />
zentralen elektronischen Datenerfassung<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
Ausnahmen bedürfen der Einzelfallprüfung und<br />
Genehmigung durch die <strong>Ärztekammer</strong>. Diese wird<br />
sich unter anderem dafür einsetzen, dass der<br />
Patient in verständlicher Form und umfassend<br />
über die möglichen Konsequenzen einer solchen<br />
Datenweitergabe aufgeklärt wird.<br />
Patientenbehandlung<br />
Die Mitglieder der Kammerversammlung<br />
<strong>Nordrhein</strong> stellen fest, dass eine Behandlung von<br />
Patienten im Bereich der Kostenunterdeckung<br />
oder gar ohne Honorar unzulässig ist. Das Ansinnen<br />
Dritter, Ärzte zu nicht kostendeckender oder<br />
gar unterbezahlter Tätigkeit zu zwingen, ist mit<br />
der Berufsordnung nicht vereinbar, unabhängig<br />
davon, ob die GOÄ oder eine andere Gebührenordnung<br />
anzuwenden ist.<br />
Der Vorstand und die Organe der Kammer werden<br />
aufgefordert, diese Position intern und extern,<br />
insbesondere auch im Dialog mit der Politik, den<br />
Kostenträgern und den Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
konsequent zu vertreten.<br />
Telematik-Infrastruktur der<br />
Gematik nach § 291 a<br />
1. Keine Onlineanbindung an trojanergefährdete<br />
Telematikinfrastruktur der Bundesregierung<br />
2. Neue Kartenfunktionalitäten erst nach Klärung<br />
der Praktikabilität, z. B. bei der PIN<br />
3. Nutzung der elektronischen Kommunikation<br />
zwischen Ärzten mit dem elektronischen<br />
Arztausweis<br />
Ein ausführlicher Bericht über die Kammerversammlung<br />
fi ndet sich im Rheinischen Ärzteblatt<br />
Mai <strong>2008</strong>, verfügbar auch unter www.aekno.<br />
de in der Rubrik Rheinisches Ärzteblatt online/<br />
ÄrzteblattArchiv.