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Stadtspiegel 10 11 2010 - der Stadt Eisenhüttenstadt

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„Lebensbil<strong>der</strong>“<br />

Und immer noch hat er einen Traum...<br />

Mit den Erinnerungen von<br />

Dieter Konrad schließt <strong>der</strong><br />

<strong><strong>Stadt</strong>spiegel</strong> seine Interviewreihe<br />

„Lebensbil<strong>der</strong>“ ab. Dieter<br />

Konrad - ein echter Fürstenberger,<br />

<strong>der</strong> 1942 in <strong>der</strong> O<strong>der</strong>straße<br />

21 geboren und mit<br />

O<strong>der</strong>wasser getauft ist, erzählt<br />

aus seinem einfachen, harten<br />

Leben, das vom Familienzusammenhalt<br />

aber auch von<br />

Notzeiten geprägt war.<br />

Herr Konrad, erzählen Sie mir<br />

von Ihrer Familie, sind alle<br />

Ihre Familienangehörigen<br />

Ur-Fürstenberger?<br />

Teils, teils. Mein Vater Fritz<br />

Konrad stammt aus Güntersberg<br />

bei Crossen und war vor<br />

dem Krieg Schiffer. Meiner<br />

Mutter Frieda, geborene<br />

Schnei<strong>der</strong>, ist in Fürstenberg<br />

geboren. Ihre Familie lebte<br />

seit Generationen hier am<br />

O<strong>der</strong>strom. Meine Eltern<br />

heirateten 1937 in Fürstenberg<br />

und im selben Jahr kam mein<br />

Bru<strong>der</strong> Horst zur Welt, <strong>der</strong><br />

lei<strong>der</strong> schon verstorben ist.<br />

Es waren ja damals schon<br />

politisch unruhige Zeiten, als<br />

sich ihre Eltern das Jawort<br />

gaben, kamen trotzdem noch<br />

weitere Kin<strong>der</strong>, zur Welt?<br />

Ja klar, wir waren fünf Kin<strong>der</strong><br />

insgesamt. Nach meinem<br />

Bru<strong>der</strong> Horst kam Schwester<br />

Inge, dann Bru<strong>der</strong> Lothar und<br />

schließlich meine Wenigkeit<br />

und nach dem Krieg kam noch<br />

mein Bru<strong>der</strong> Jürgen zur Welt.<br />

Schlimm war nur, dass Vater,<br />

<strong>der</strong> als Schiffer unabkömmlich<br />

eingestuft war und vorerst<br />

nicht zum Kriegsdienst eingezogen<br />

wurde, dann doch<br />

noch, sozusagen als letztes<br />

Aufgebot 1944, einrücken<br />

musste und schwer verwundet<br />

wurde.<br />

Haben auch Sie, <strong>der</strong> sie noch<br />

nicht mal drei Jahre alt<br />

waren, eine Erinnerung<br />

daran, wie Ihre Mutter mit<br />

den Kin<strong>der</strong>n Fürstenberg<br />

verlassen musste, da Fürstenberg<br />

Anfang Februar 1945 zur<br />

Festung erklärt wurde?<br />

Ich habe natürlich nicht alle<br />

Einzelheiten von damals<br />

behalten. Mutter erzählte,<br />

dass am 3. Februar 1945 ein<br />

Auto vor unserer Tür stand und<br />

wir zum Bahnhof gebracht<br />

wurden. Von dort aus ging es<br />

mit dem Zug nach Großräschen.<br />

Wir, das waren meine<br />

Mutter, wir vier Kin<strong>der</strong>, eine<br />

Tante mit ihrem <strong>10</strong>-jährigen<br />

Sohn und meine<br />

Oma Schnei<strong>der</strong>,<br />

die schon damals<br />

Witwe war. Wir<br />

kamen in einem<br />

leer stehenden<br />

Haus unter. Im<br />

Mai 1945 kehrten<br />

wir wie<strong>der</strong><br />

zurück in unserer<br />

Fürstenberg in<br />

die O<strong>der</strong>straße.<br />

Das Haus hatte<br />

Gott sei Dank<br />

kaum Schaden<br />

genommen, nur<br />

die Ehebetten<br />

meiner Eltern,<br />

die fehlten.<br />

Wie muss man<br />

sich das Heranwachsen Ihrer<br />

Generation in dieser vom<br />

Umbruch geprägten Zeit<br />

vorstellen?<br />

Trotz allen Mangels versuchten<br />

meine Eltern das ihnen<br />

Mögliche für unser Heranwachsen<br />

zu tun. In unserem<br />

Spiel- und Bewegungsdrang<br />

hatten wir sehr viel Freiheit.<br />

Unser Spielterrain zog sich bis<br />

zur Nikolaikirche, dort sollten<br />

wir natürlich nicht spielen,<br />

denn die Kirche war ja eine<br />

Ruine. Später versuchten wir<br />

auch mal zu rauchen, natürlich<br />

keine richtigen Zigaretten,<br />

das waren zusammen gedrehte<br />

Eichenblätter. Noch ehe wir<br />

zu Hause waren, wusste<br />

Mutter schon Bescheid.<br />

Ansonsten waren wir viel am<br />

Wasser und fuhren mit dem<br />

Kahn herum, luden Holz ein,<br />

das wir fanden und sorgten<br />

somit auf unsere Art für den<br />

Winter vor. Die Tour von <strong>der</strong><br />

Fähre bis zur Werft reichte<br />

schon, dann war <strong>der</strong> Kahn<br />

voll. Es herrschte damals ein<br />

unwahrscheinlicher Betrieb<br />

auf <strong>der</strong> O<strong>der</strong>. Ich brachte mir<br />

selbst das Schwimmen im<br />

Kanal bei. Angeln, das war<br />

auch so ein schönes Abenteuer,<br />

denn die O<strong>der</strong> barg immer<br />

etwas Geheimnisvolles und<br />

Faszinierendes – sie ist eben<br />

ein unberechenbarer Strom.<br />

Ansonsten mussten wir, wie<br />

viele Fürstenberger Kin<strong>der</strong>,<br />

nachmittags im Eichwald<br />

Ziegen hüten.<br />

Erinnern Sie sich noch an Ihre<br />

Einschulung und Schulzeit –<br />

an Mitschüler und ehemalige<br />

Lehrer?<br />

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