Stadtspiegel 10 11 2010 - der Stadt Eisenhüttenstadt
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Leinen- und Baumwollweberei<br />
von Karl Book, Buchwaldstraße<br />
37. (Bis 1915 Anilinfabrik Bayer<br />
& Kegel, danach wurde das<br />
Areal zeitweise als Korbwarenfabrik<br />
einer Genossenschaft<br />
genutzt.) Nach einer zeitweiligen<br />
Zurückdrängung <strong>der</strong><br />
Rotarmisten bot sich auf dem<br />
Anwesen des Ehepaares<br />
Jüttner und Linke, dem sog.<br />
Grubenhaus, Buchwaldstraße,<br />
ein schreckliches Bild: Die<br />
älteren Leute und Frau Linke<br />
waren nicht nur erschossen,<br />
son<strong>der</strong>n verstümmelt und mit<br />
Gegenständen verschandelt.<br />
Hier wurde nach Angaben von<br />
Helmut und Georg Padel,<br />
Buchwaldstraße 23a bzw. 28,<br />
eine Kommission für Kriegsverbrechen<br />
tätig und eine<br />
Wochenschau berichtete<br />
darüber. Doch bei diesen Toten<br />
blieb es nicht. Als die Einwohner<br />
nach dem Vorrücken <strong>der</strong><br />
Roten Armee Richtung Berlin<br />
wie<strong>der</strong> nach Fürstenberg<br />
zurückkehrten, fanden sie den<br />
alten Schiffer Otto Hartwig in<br />
seiner Wohnung Buchwaldstraße<br />
37b tot und zugerichtet<br />
vor. Das Haus <strong>der</strong> Familie Hans<br />
Schulz war zwar Anfang Februar<br />
durch Beschuss und Feuer<br />
zerstört worden, doch wegen<br />
eines Säuglings und eines<br />
weiteren Kleinkindes wollten<br />
<strong>der</strong>en Mutter und ihr alter<br />
Schwiegervater im Keller das<br />
Ende <strong>der</strong> schrecklichen Zeit<br />
abwarten. Doch daraus wurde<br />
nichts, sie fanden in dieser<br />
schrecklichen Zeit selbst ein<br />
gewaltsames Ende. Später<br />
wurden mehrere skelettierte<br />
Leichen in <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong><br />
in Resten heute noch vorhandenen<br />
Ruine gefunden.<br />
Vergewaltigt, erschlagen,<br />
erschossen?<br />
Eine Nachkriegsbehörde dürfte<br />
die Todesursache kaum<br />
interessiert haben. Stattdessen<br />
die Legende, Schulz sei<br />
Kommunist gewesen und<br />
wollte die Rotarmisten mit<br />
einem Stalinbild empfangen.<br />
Da die Angreifer noch mal<br />
zurückgeworfen wurden,<br />
haben SS-Soldaten das<br />
Stalinbild entdeckt und<br />
deshalb alle Kellerbewohner<br />
erschossen.<br />
Sich <strong>der</strong> Gefahr auszusetzen,<br />
im Frontgebiet sowie nah an<br />
<strong>der</strong> Hauptkampflinie (HKL) und<br />
entgegen dem Räumungsbefehl<br />
aufzuhalten, war sträflicher<br />
Leichtsinn. Doch bislang<br />
wird nur jener mit Ehrungen<br />
gedacht, die durch deutsche<br />
Kugeln starben. Es ist endlich<br />
an <strong>der</strong> Zeit, sich auch jener<br />
Fürstenberger Bürger ehrend<br />
zu erinnern und ihrer zu<br />
gedenken, die durch Misshandlung<br />
und Kugeln von<br />
Rotarmisten einen grausamen<br />
Tod fanden. (Siehe: MOZ/O<strong>der</strong>-<br />
Spree-Journal v. 19.<strong>11</strong>.01;<br />
<strong><strong>Stadt</strong>spiegel</strong> <strong>Eisenhüttenstadt</strong>,<br />
<strong>10</strong>/<strong>11</strong>-2003, S. 14 -16. Hier habe<br />
ich die durch Rotarmisten<br />
verschuldeten zivilen Opfer<br />
zwar erwähnt, aber nicht<br />
Blick auf die ausgebrannte Kirche. Zeichnung von Mierke, 1948<br />
versucht, eine Parallele zu den<br />
Fellerts zu ziehen.)<br />
Die Sprengung <strong>der</strong> Zwillingsschachtschleuse<br />
wurde verhin<strong>der</strong>t<br />
Einen grausamen Tod fand<br />
auch Georg Grund, obwohl er<br />
Ehrungen verdient hätte.<br />
Georg Grund war Wärter <strong>der</strong><br />
Zwillingsschachtschleuse und<br />
wohnte laut Adressbuch für<br />
Fürstenberg von 1937 am<br />
Schöpfwerk. Durch seine<br />
kriegswichtige Tätigkeit war er<br />
u. k. gestellt, d.h. unabkömmlich<br />
auf seiner Arbeitsstelle.<br />
Er war es, so wurde mir<br />
u. a. von Günter Slosarek<br />
berichtet und so steht es auch<br />
in seinem Bericht im Heimatkalen<strong>der</strong><br />
für das Jahr 2002 auf<br />
Seite 74: „Als 9-Jähriger<br />
erlebte ich die Schrecken des<br />
Krieges in Fürstenberg -<br />
Erinnerungen eines 65-<br />
Jährigen“ <strong>der</strong> die Zwillingsschachtschleuse<br />
vor <strong>der</strong><br />
Zerstörung durch Sprengung<br />
bewahrte. Georg Grund war<br />
allerdings Mitglied <strong>der</strong> NSDAP.<br />
Das war aber sicher noch kein<br />
Anlass für eine Verschleppung<br />
durch die Sowjets in eines<br />
ihrer Lager. Er muss noch eine<br />
Funktion in <strong>der</strong> Nazi-Partei<br />
gehabt haben. Vielleicht war<br />
er Blockwart? (Eine Art<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> eines Wohnbezirksauschusses<br />
des Nationalen<br />
Front wie es sie in <strong>der</strong> DDR<br />
gab. Diese ehrenamtliche<br />
Funktion reichte ab Mitte 1945<br />
nicht mehr aus zur Verschleppung.<br />
Zu spät für G. Grund) Oft<br />
war es auch so, dass u. k.-<br />
Gestellte diese ehrenamtliche<br />
Parteifunktion übergeholfen<br />
bekamen, weil die „Altgedienten“<br />
zum Kriegsdienst einberufen<br />
worden waren. Jedenfalls<br />
wurde Grund, sicherlich<br />
nach einer Denunziation,<br />
abgeholt und starb wie viele<br />
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