Agrarwelt - Stiftung Rheinische Kulturlandschaft
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Foto: landpixel<br />
Flächenverbrauch Sieben Prozent ökologische Vorrangflächen<br />
auszuweisen, wie die EU das vorschlägt, würde die Stilllegung<br />
quasi wieder einführen. Dabei ist der ungebremste Flächenfraß<br />
durch Energiewende, Siedlung und Verkehr längst ein<br />
Topthema. Überdies werden vorgeschriebene Ausgleichs und<br />
Ersatzflächen für den Naturschutz zunehmend problematisch.<br />
Wie passt das alles zusammen? Wir nennen Lösungsansätze.<br />
Gut 90 ha fruchtbaren Bodens täglich<br />
zu versiegeln, 120 Fußballfelder, das<br />
können wir uns schon lange nicht<br />
mehr leisten. Zumal der künftige Flächenbedarf<br />
allein für die Energiewende noch<br />
gigantischer sein wird. Gut 4.000 km neuer<br />
Stromleitungen vor allem von Nord- nach<br />
Süddeutschland sind nach Schätzungen<br />
der Deutschen Energie-Agentur bis 2020<br />
nötig. Allein in Ostdeutschland rechnen<br />
Fachleute mit rund 1.600 km Trassenbau.<br />
Daraus leitet sich für die nächsten zehn<br />
Jahre ein Kompensationsbedarf von rund<br />
23.000 ha ab.<br />
Beim ungebremsten Flächenfraß ist<br />
komplettes Umdenken nötig. Doch bis in<br />
die Politik scheint das noch wenig vorgedrungen<br />
zu sein. So ist der EU-Vorschlag<br />
vollkommen kontraproduktiv, künftig sieben<br />
Prozent ökologische Vorrangflächen<br />
vorhalten zu müssen. Das würde weitere<br />
rund 600.000 ha Nutzfläche in Deutschland<br />
aus dem Verkehr ziehen. Zum Vergleich:<br />
Seit 1992 wurden durch Überbauung über<br />
800.000 ha der Nahrungsmittelerzeugung<br />
entzogen. Das entspricht der landwirtschaftlichen<br />
Fläche von Rheinland-Pfalz<br />
und dem Saarland zusammen.<br />
Dabei erklären Agrarpolitiker durch alle<br />
politischen Reihen den Schutz landwirtschaftlicher<br />
Flächen, aber auch den Arten-<br />
Entsiegeln statt Asphaltieren: Bebauen oder<br />
Beschneiden durch Ausgleichsmaßnahmen<br />
verschwendet oft fruchtbaren Boden.<br />
und Naturschutz zu Topthemen. Wie das<br />
unter einen Hut zu bringen ist, sagt kaum<br />
jemand. Konkrete Entscheidungen zum<br />
Ausgleich für den mit der Energiewende<br />
dringend gewordenen Ausbau der Stromnetze<br />
hat die Bundesregierung immerhin<br />
für dieses Jahr angekündigt. Wie sie konkret<br />
aussehen sollen, ist noch offen.<br />
Anrechenbare Fläche ausweiten<br />
Vom Greening-Vorschlag der EU rücken<br />
selbst die deutschen Agrarminister ab. Sie<br />
wollen die anrechenbaren Flächen dafür<br />
ausweiten und Agrarumweltmaßnahmen,<br />
Vertragsnaturschutz- und Bioflächen<br />
mitzählen. Anerkennen wollen sie auch<br />
Landschaftselemente, Büsche, Hecken oder<br />
Gewässerränder, also Flächen mit Schutzanforderungen<br />
nach EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
oder EU-Naturschutzrecht.<br />
Vor allem Ausgleichs- und Ersatzflächen<br />
für den Naturschutz stehen im Fokus<br />
des Flächenraubs. Die müssen bei Bautätigkeiten<br />
selbst von Bioags- oder Windkraftanlagen<br />
immer noch neu ausgewiesen<br />
werden. „Wer versteht noch“, fragt sich<br />
mancher Energiewirt, „dass für Windräder<br />
auf hoher See bei uns an Land noch Ausgleichsflächen<br />
verbraucht werden“?<br />
Die Herausforderungen von Ernährung<br />
und Energiewende fordern hier Gegensteuern:<br />
Der Flächenverbrauch ist drastisch<br />
zu vermindern. Dazu sind detaillierte<br />
Vorschläge gemacht. Im Mittelpunkt einer<br />
Titelthema I 21<br />
Schneller Überblick<br />
• Die Herausforderungen bei der Versorgung<br />
mit Lebensmitteln und Energie bei<br />
zugleich abnehmenden Nutzflächen sind<br />
groß. Der Flächenfraß ist zu stoppen.<br />
• Nicht extensive, sondern hocheffiziente<br />
Agrarproduktion dient dem Umwelt-, Klimaund<br />
Gewässerschutz. Intensive, nachhaltige<br />
Landwirtschaft braucht Agrarforschung.<br />
• Für Flächen- und Naturschutz sind intelligentere<br />
Lösungen bei Ausgleichs- und<br />
Ersatzmaßnahmen gefragt. Beispiele sind<br />
besser vergütete Agrarumweltmaßnahmen,<br />
Flächenpools oder Ökokonten, schließlich<br />
Ersatzgeld und viel mehr Entsiegelung.<br />
• Das Prinzip der Flächenefffizienz gehört<br />
gestärkt: Gefordert sind in die Produktion<br />
integrierte Möglichkeiten. Gezielter Naturschutz<br />
in Kooperation mit Land- und Forstwirten<br />
muss Vorrang haben vor flächigen<br />
Ausweisungen von mehr Schutzgebieten.<br />
Gesetzesinitiative könnte ein eigenes Artikelgesetz<br />
stehen zum Schutz landwirtschaftlicher<br />
Flächen. Darüber soll sogar<br />
der Petitionsausschuß des Bundestages<br />
befinden: 15.000 Unterschriften kamen bis<br />
Redaktionsschluss in einer Unterschriftenaktion<br />
des Bauernverbandes in wenigen Tagen<br />
zusammen. In Bundesgesetzen fehlt es<br />
bisher meist an solchen Schutzklauseln.<br />
Auf Äcker statt Asphalt setzen<br />
Bauprojekte und Naturschutz fressen in<br />
Deutschland Tag für Tag die Fläche, auf der<br />
rund 700 t Weizen wachsen. Ein Vielfaches<br />
der Fläche für neue Straßen und Gewerbegebiete<br />
verbraucht der zum Ausgleich<br />
vorgeschriebene Naturschutz.<br />
„Erfahrungsgemäß wird mehr Landwirtschaftsfläche<br />
durch naturschutzfachlichen<br />
Ausgleich entzogen als für den eigentlichen<br />
Um Biotope zu vernetzen, sind Randstreifen<br />
eine sinnvolle Möglichkeit. Nötig dafür ist<br />
jedoch ein angemessener Ausgleich.<br />
www.dlz-agrarmagazin.de<br />
Foto: agrar-press