Villigster Medien 3/2005 - Pädagogisches Institut der EKvW

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12.07.2015 Aufrufe

B ANDACHTENSEITE 12zur Welt. Ich sehe einen skeptischen eher abwartenden Blick bei dem Mädchen rechts,Neugier bei dem Jungen im Hintergrund und einen erwartungsvollen, nachdenklichenGesichtsausdruck bei dem Mädchen in der linken Bildhälfte. Werden sie miteinanderins Gespräch kommen, ihre Sicht unserer Welt und ihre Erfahrungen austauschen, zusammennach Antworten suchen auf die großen und kleinen Fragen zu unserer Welt,die Fragen zu ihrem eigenen Leben und dem Sinn ihres Lebens und ihre Fragen nachGott?Von welchen Erfahrungen mit dem Religionsunterricht werden sie berichtet, wennman sie fragt? Welche Erwartungen haben sie an dieses Fach?Religionsunterricht kann ein besonderes Fenster zur Welt von jungen Menschen werden,das „Einsichten“ eröffnet, die über das hinausgehen, was mit Augen zu sehen ist.Da steckt ja noch mehr dahinter...(Winfried Walter)Eine Jugendliche mit roter Jacke, die Hände fest in den Gürtelschlaufen der Jeans. IhrBlick trifft mich und hält dem meinen stand. Was wohl in ihrem Kopf vorgeht? DieCollage des Plakates bietet mir eine Antwort: Na klar, bei der dreht sich alles umHandy und Musik.Neben ihr ein anderes Mädchen. Die Arme in die Seite gestemmt, blickt sie in die Ferne.Auf ihrer Brust prangt eine dicke Euro-Banknote. „Geld regiert die Welt“ – irgendwiekeine wirkliche neue Erkenntnis. Und das Bild von der Südseeinsel mit Palmenvervollständigt das Klischee.Ich sehe den Jungen am Rand – und schon ist die Verbindung zum Motorrad da...Da haben wir es also: Die Jugend von heute träumt von Karibik und „heißen Öfen“,von Geld und Handys und der Karriere als Superstar. Gut, dass das noch mal gesagtwurde...Ich wende meinen Kopf nach rechts und links und versuche zu erkennen, was in derMitte des Plakates passiert. Der Finger des Jungen scheint ausgestreckt und berührtetwas. Kreise ziehen sich, so als ob etwas auf Wasser trifft. Ich kann das Staunen inseinem Gesicht sehen... Da ist ja noch etwas dahinter, höre ich ihn lautlos sagen.Das Bild der Hände, die sich halten, bemerke ich erst jetzt. Es ist mittig platziert – wiekonnte ich es bisher bloß übersehen? Aber wie passt das zur Konsumschelte?Ich beginne an meiner ersten, vordergründigen Deutung zu zweifeln und gucke genauer.Erst jetzt nehme ich das Netz bewusst wahr, welches das Bild überzieht. Ichdenke an Raster und Schubladen, in denen ich denke und lebe, um mich zu orientierenund meinen Standpunkt zu bestimmen. An der Stelle, an der der Finger die Oberflächedurchstößt, wird das Muster unterbrochen. Raster und Schubladen können immerwieder durchbrochen werden, denke ich... Und dann sehen wir, dass da nochmehr dahinter steckt...„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel... Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werdeich erkennen, wie ich erkannt bin.“ (1. Kor. 13,12) Von Paulus, dem Apostel, ist diesesWort überliefert. Hier wie da geht es darum, dass wir nur die Oberfläche sehen, vondem, was eigentlich ist.VILLIGSTER MEDIEN 3/2005 „MEIN LEBEN IST WIE ...“

B ANDACHTENSEITE 13Ich trete einen Schritt bei meiner Betrachtung zurück und nehme wieder das Ganze inden Blick: Die Umrisse der Kontinente treten hervor – eine Weltkarte ist in unseremBild versteckt. „Da treffen Welten aufeinander“ – manchmal hört man diesen Satz:Mir fällt meine kleine Welt mit dem Alltag in Schule, Familie und Freundeskreis einund die große weite Welt mit ihren Möglichkeiten und Herausforderungen. MeineWelt ist nicht deine Welt – und doch leben wir alle in der einen Welt und suchen unserenPlatz.Je länger ich dieses irgendwie sperrige Plakat betrachte, umso mehr merke ich: Dasteckt ja noch mehr dahinter... Es steckt mehr hinter den Jugendlichen als das Strebennach Konsum, unser Leben besteht aus mehr als Schubladen und gradlinigen Musternund es ist eine ganze Lebensaufgabe, in dieser Welt meinen Platz zu finden und auszufüllen.„Da steckt ja noch mehr dahinter...“ Ich finde, das ist ein gutes Motto für den Religionsunterricht– und um den geht es ja bei dieser Plakataktion. Über dieses „Mehr“ insNachdenken und ins Gespräch zu kommen, ist für mich eine der großen Aufgabenund Chancen des Religionsunterrichts.In der Mitte das Bild mit den Händen lässt mich nicht los: „He’s got the whole worldin his hands, he’s got you and me sister, in his hands...“ – so klingt es mit den Wortendes alten Spirituals in meinem Ohr. Das ist das „Mehr“, das mich trägt und mir O-rientierung und Sinn bietet.„Da steckt ja noch mehr dahinter...“ – welche Antwort der Jugendliche auf unseremBild wohl finden wird? Und die vielleicht noch spannendere Frage: Welches „Mehr“verbirgt sich hinter meinem Leben?(Saskia Karpenstein)VILLIGSTER MEDIEN 3/2005 „MEIN LEBEN IST WIE ...“

B ANDACHTENSEITE 12zur Welt. Ich sehe einen skeptischen eher abwartenden Blick bei dem Mädchen rechts,Neugier bei dem Jungen im Hintergrund und einen erwartungsvollen, nachdenklichenGesichtsausdruck bei dem Mädchen in <strong>der</strong> linken Bildhälfte. Werden sie miteinan<strong>der</strong>ins Gespräch kommen, ihre Sicht unserer Welt und ihre Erfahrungen austauschen, zusammennach Antworten suchen auf die großen und kleinen Fragen zu unserer Welt,die Fragen zu ihrem eigenen Leben und dem Sinn ihres Lebens und ihre Fragen nachGott?Von welchen Erfahrungen mit dem Religionsunterricht werden sie berichtet, wennman sie fragt? Welche Erwartungen haben sie an dieses Fach?Religionsunterricht kann ein beson<strong>der</strong>es Fenster zur Welt von jungen Menschen werden,das „Einsichten“ eröffnet, die über das hinausgehen, was mit Augen zu sehen ist.Da steckt ja noch mehr dahinter...(Winfried Walter)Eine Jugendliche mit roter Jacke, die Hände fest in den Gürtelschlaufen <strong>der</strong> Jeans. IhrBlick trifft mich und hält dem meinen stand. Was wohl in ihrem Kopf vorgeht? DieCollage des Plakates bietet mir eine Antwort: Na klar, bei <strong>der</strong> dreht sich alles umHandy und Musik.Neben ihr ein an<strong>der</strong>es Mädchen. Die Arme in die Seite gestemmt, blickt sie in die Ferne.Auf ihrer Brust prangt eine dicke Euro-Banknote. „Geld regiert die Welt“ – irgendwiekeine wirkliche neue Erkenntnis. Und das Bild von <strong>der</strong> Südseeinsel mit Palmenvervollständigt das Klischee.Ich sehe den Jungen am Rand – und schon ist die Verbindung zum Motorrad da...Da haben wir es also: Die Jugend von heute träumt von Karibik und „heißen Öfen“,von Geld und Handys und <strong>der</strong> Karriere als Superstar. Gut, dass das noch mal gesagtwurde...Ich wende meinen Kopf nach rechts und links und versuche zu erkennen, was in <strong>der</strong>Mitte des Plakates passiert. Der Finger des Jungen scheint ausgestreckt und berührtetwas. Kreise ziehen sich, so als ob etwas auf Wasser trifft. Ich kann das Staunen inseinem Gesicht sehen... Da ist ja noch etwas dahinter, höre ich ihn lautlos sagen.Das Bild <strong>der</strong> Hände, die sich halten, bemerke ich erst jetzt. Es ist mittig platziert – wiekonnte ich es bisher bloß übersehen? Aber wie passt das zur Konsumschelte?Ich beginne an meiner ersten, vor<strong>der</strong>gründigen Deutung zu zweifeln und gucke genauer.Erst jetzt nehme ich das Netz bewusst wahr, welches das Bild überzieht. Ichdenke an Raster und Schubladen, in denen ich denke und lebe, um mich zu orientierenund meinen Standpunkt zu bestimmen. An <strong>der</strong> Stelle, an <strong>der</strong> <strong>der</strong> Finger die Oberflächedurchstößt, wird das Muster unterbrochen. Raster und Schubladen können immerwie<strong>der</strong> durchbrochen werden, denke ich... Und dann sehen wir, dass da nochmehr dahinter steckt...„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel... Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werdeich erkennen, wie ich erkannt bin.“ (1. Kor. 13,12) Von Paulus, dem Apostel, ist diesesWort überliefert. Hier wie da geht es darum, dass wir nur die Oberfläche sehen, vondem, was eigentlich ist.VILLIGSTER MEDIEN 3/<strong>2005</strong> „MEIN LEBEN IST WIE ...“

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