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1 Sönke Zander Das Jahr der Brücke Ein Stück für junge ...

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<strong>Sönke</strong> <strong>Zan<strong>der</strong></strong><br />

nächtliche Ruhestörung erbost. Er führt <strong>für</strong> die beiden<br />

<strong>Das</strong> <strong>Jahr</strong> <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong><br />

<strong>junge</strong>n Menschen einen Kampf ums Leben mit dem Tod,<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Stück</strong> <strong>für</strong> <strong>junge</strong> Erwachsene<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gestalt "des Irren" auftritt. Der Alte handelt mit<br />

E 624<br />

Thorsten und Bille ein <strong>Jahr</strong> Aufschub aus, nach dessen<br />

Bestimmungen über das Aufführungsrecht des <strong>Stück</strong>es Ablauf sie sich wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong> treffen sollen, um<br />

<strong>Das</strong> <strong>Jahr</strong> <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong> (E 624)<br />

ihr Vorhaben, sollte sich ihr Leben nicht grundlegend<br />

<strong>Das</strong> Recht zur einmaligen Aufführung dieses <strong>Stück</strong>es verän<strong>der</strong>t haben, bei Bedarf dann auszuführen.<br />

wird durch den Kauf <strong>der</strong> vom Verlag vorgeschriebenen Spieltyp: Zeitstück<br />

Bücher und Zahlung einer Gebühr erworben. Für jede Bühnenbild: <strong>Ein</strong>fache Bühne genügt<br />

Wie<strong>der</strong>holung bzw. weitere Aufführung des <strong>Stück</strong>es Darsteller: 4-6m 5-7w<br />

muss eine vom Verlag festgesetzte Gebühr vor <strong>der</strong> Spieldauer: Ca. 90 Minuten<br />

Aufführung an den Deutschen Theaterverlag, Pf 20 02 Aufführungsrecht: Bezug von 10 Textbüchern zzgl.<br />

63, 69 459 Weinheim/Bergstraße gezahlt werden, <strong>der</strong> Gebühr<br />

dann die Aufführungsgenehmigung erteilt. Die Gebühr Personen:<br />

beträgt 10 % <strong>der</strong> Gesamteinnahmen bei einer im Verlag Thorsten Hännchen, zwanzigjähriger Student<br />

zu erfragenden Mindestgebühr.<br />

Karin Hännchen, Bibliothekarin, Thorstens Mutter<br />

Diese Bestimmungen gelten auch <strong>für</strong><br />

Bille Sowinski, Auszubildende<br />

Wohltätigkeitsveranstaltungen und Aufführungen in Nadine, <strong>junge</strong> Frau<br />

geschlossenen Kreisen ohne <strong>Ein</strong>nahmen.<br />

Kai, Thorstens ältester und bester Freund<br />

Unerlaubte Aufführungen, unerlaubtes Abschreiben, Nette, Freundin von Karin<br />

Vervielfältigen o<strong>der</strong> Verleihen <strong>der</strong> Rollen müssen als Pia, Freundin von Karin<br />

Verstoß gegen das Urheberrecht verfolgt werden. Dr. Spätmann, Ärztin<br />

Den Bühnen gegenüber als Handschrift gedruckt.<br />

Jogger 1<br />

Alle Rechte, auch die <strong>der</strong> Übersetzung, Verfilmung, Jogger 2<br />

Rundfunk- und Fernsehübertragung, sind vorbehalten. <strong>Ein</strong>e Jugendliche<br />

<strong>Das</strong> Recht zur Aufführung erteilt ausschließlich <strong>der</strong> Der Alte<br />

Deutsche Theaterverlag,<br />

Der Irre<br />

Postfach 20 02 63, D- 69 459 Weinheim/Bergstraße. Anmerkungen zur Bühneneinrichtung<br />

Für die einmalige Aufführung dieses <strong>Stück</strong>es ist <strong>der</strong> Kauf <strong>Das</strong> <strong>Stück</strong> spielt an zwei verschiedenen Orten, zwischen<br />

von 10 Textbüchern und die Zahlung einer Gebühr denen mehrmals gewechselt wird: in <strong>der</strong> Wohnung <strong>der</strong><br />

vorgeschrieben. Zusätzliche Textbücher können zum Familie Hännchen und auf <strong>der</strong> Kanalbrücke. Die Wechsel<br />

Katalogpreis nachbezogen werden.<br />

zwischen diesen beiden Orten müssen ohne großen<br />

Kurzinformation<br />

Umbau- und Zeitaufwand erfolgen. <strong>Das</strong> ist <strong>für</strong><br />

Auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod professionelle Theaterbühnen mit entsprechenden<br />

bewegen sich Bille und Thorsten, als sie sich auf <strong>der</strong> technischen <strong>Ein</strong>richtungen kein Problem. Bei an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Brücke</strong> begegnen. Zum Glück <strong>für</strong> die beiden "geht es Spielstätten erfor<strong>der</strong>t es aber geschickte und kreative<br />

nicht, wenn einem jemand dabei zusieht" (sagt Bille). Maßnahmen, die sich nach den örtlichen Gegebenheiten<br />

Thorsten erzählt, wie wenig er sich in einem Leben richten.<br />

zuhause fühlt, das größtenteils durch die Befindlichkeit Auf <strong>der</strong> Guckkastenbühne ohne Züge und Drehbühne,<br />

und die Vorstellungen seiner Mutter definiert ist, so dass <strong>für</strong> die das <strong>Stück</strong> ursprünglich vorgesehen war, sollte die<br />

er, nach einer missglückten Liebesgeschichte, keinen Rampe vor dem geschlossenen Vorhang die <strong>Brücke</strong><br />

Weg aus seinem Unglück mehr sieht. Dann schil<strong>der</strong>t Bille darstellen. Am vor<strong>der</strong>en Rampenrand sollte ein<br />

ihre ausweglose, verzweifelte Situation sie ist<br />

angedeutetes <strong>Brücke</strong>ngelän<strong>der</strong> umklappbar angebracht<br />

ungewollt schwanger. In einer surreal anmutenden werden. Also bei <strong>Brücke</strong>nszenen: Vorhang zu und<br />

Szene taucht plötzlich "<strong>der</strong> Alte" auf, dem eigentlich Gelän<strong>der</strong> hochgeklappt, bei Szenen in <strong>der</strong> Wohnung:<br />

dieser Platz an <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong> "gehört" und <strong>der</strong> sich über die Gelän<strong>der</strong> runtergeklappt und Vorhang auf, so dass dann<br />

1


die dahinter aufgebaute Hännchen-Wohnung sichtbar<br />

wird.<br />

Wenn die Bühne etwas höher liegt, kann auch unterhalb<br />

<strong>der</strong> Rampe die <strong>Brücke</strong> fest aufgebaut bleiben. Bei<br />

an<strong>der</strong>en räumlichen Verhältnissen kann die <strong>Brücke</strong><br />

neben <strong>der</strong> Bühne o<strong>der</strong> an einer Seitenwand aufgebaut<br />

sein. <strong>Das</strong> hat den Vorteil, dass die <strong>Brücke</strong> dann höher<br />

angebracht werden kann, was ihre optische Wirkung<br />

verbessern würde. Es wäre übrigens durchaus kein<br />

Nachteil, wenn die <strong>Brücke</strong> o<strong>der</strong> Teile von ihr die ganze<br />

Aufführung hindurch sichtbar bleiben, da sie ja das alles<br />

beherrschende Symbol des <strong>Stück</strong>es ist.<br />

Wenn das Gestühl im Zuschauerraum frei beweglich ist,<br />

kann die <strong>Brücke</strong> auch an <strong>der</strong> Rückwand des<br />

Zuschauerraumes angebracht sein. Die Zuschauer<br />

drehen sich dann einfach mit ihren Stühlen um<br />

hun<strong>der</strong>tachtzig Grad.<br />

<strong>Das</strong>s das Bühnenbild nicht realistisch sein muss, ist<br />

ohnehin eine Selbstverständlichkeit. <strong>Das</strong> gilt beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>für</strong> die <strong>Brücke</strong>nszenen, die in einer von <strong>der</strong><br />

Alltagsrealität eher abgehobenen Sphäre spielen. Hier ist<br />

an<strong>der</strong>erseits eine gute Lichtregie beson<strong>der</strong>s wichtig.<br />

AKT 1<br />

Szene 1<br />

und die Beine über <strong>der</strong> Tiefe baumeln lässt)<br />

Dieser Tiefpunkt liegt allerdings ziemlich hoch oben,<br />

denn das hier ist die Hochbrücke am Rand unserer Stadt,<br />

die einen bekannten Schiffahrtskanal überquert. Sie ist<br />

extra so hoch gebaut worden, damit auch große<br />

Seeschiffe darunter durchfahren können. Wenn man<br />

genau hinhört, kann man auch jetzt das Fahrgeräusch<br />

einiger Schiffe weit unten hören. Dort stand ich also in<br />

jener Nacht am Rand des Abgrundes, und ihr könnt euch<br />

schon denken, was ich vorhatte.<br />

(Er betritt die <strong>Brücke</strong>, klettert über das Gelän<strong>der</strong>, stellt<br />

sich an den Abgrund und starrt hinunter. Bille hat er<br />

noch nicht bemerkt)<br />

Bille:<br />

Hallo, ist da jemand.<br />

Thorsten:<br />

Ja, hier ist jemand, aber nicht mehr lange. Und wer ist<br />

da?<br />

Bille:<br />

(rutscht ein <strong>Stück</strong> auf Thorsten zu, bis sie ihn genauer<br />

erkennen kann)<br />

Hallo, was machen Sie denn -<br />

(sie erkennt, dass er ein Altersgenosse ist)<br />

- was machst du denn hier?<br />

Thorsten:<br />

(<strong>Das</strong> Bühnenbild liegt im Dunkeln, Spot auf Thorsten, Tja, was mache ich wohl hier? - Sag mal, willst du mich<br />

<strong>der</strong> entwe<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Bühne o<strong>der</strong> rechts vorne an <strong>der</strong> verscheißern? Ich schätze mal, ich hab das gleiche vor<br />

Rampe steht)<br />

wie du, o<strong>der</strong> hängst du hier nur rum, um die Aussicht zu<br />

Thorsten:<br />

genießen?<br />

(zum Publikum)<br />

Bille:<br />

Ich spiele Thorsten Hännchen, die Hauptfigur dieses Eigentlich nicht. Aber ich dachte, dass ich hier allein und<br />

<strong>Stück</strong>es, das von einem einzigen <strong>Jahr</strong> in meinem Leben ungestört sein würde.<br />

handelt, ganz genau genommen von einem <strong>Jahr</strong> plus Thorsten:<br />

einigen Tagen Vorgeschichte. Natürlich spielt dieses <strong>Jahr</strong> Davon bin ich allerdings auch ausgegangen.<br />

im Leben <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Figuren, die hier vorkommen, Bille:<br />

auch eine Rolle, aber da ich hier die Hauptfigur bin, ist Ja, tut mir Leid. Konnte ja nicht ahnen, dass man hier<br />

es eben doch mein <strong>Jahr</strong>. Der Anfang dieser Geschichte Plätze reservieren lassen muss. Aber bitte, ich lasse dir<br />

sieht ziemlich finster aus, denn ich bin gerade am den Vortritt.<br />

absoluten Tiefpunkt meines bisherigen zwanzigjährigen (Thorsten zögert)<br />

Lebens angekommen.<br />

Bille:<br />

(allmählich wird in sehr gedämpfter Beleuchtung, die an - Nun mach doch ein bisschen schneller, ich möchte es<br />

Mondlicht erinnert, das Bühnenbild sichtbar, das einen auch hinter mich. bringen. Es ist hier verdammt zugig<br />

Abschnitt von einer Hochbrücke andeutet. An <strong>der</strong> Rampe und kalt.<br />

das <strong>Brücke</strong>ngelän<strong>der</strong>, davor - zum Zuschauerraum hin - Thorsten:<br />

<strong>der</strong> Abgrund. Links sieht man schemenhaft eine<br />

(lässt das Gelän<strong>der</strong> los und beugt sich vor, als wolle er<br />

weibliche Figur - Bille Sowinski, die an <strong>der</strong> Kante sitzt springen, dann bricht er diesen Versuch ab)<br />

2


So geht das nicht. Wenn jemand zuguckt, kann ich (er geht noch näher an Thorsten heran und beäugt ihn<br />

nicht. Aber du kannst ja springen, wenn es dir nichts von oben bis unten)<br />

ausmacht.<br />

Naja, ein Kind bist du nicht mehr. Aber <strong>für</strong> einen, <strong>der</strong><br />

Bille:<br />

von <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong> springen will, kommst du mir ein<br />

(bewegt sich erst nach vorn und schau<strong>der</strong>t dann zurück) bisschen jung vor.<br />

Du hast Recht. Dabei muss man allein sein. So geht das Bille:<br />

irgendwie nicht.<br />

(bewegt sich dichter an die beiden heran, dabei rutscht<br />

(Aus dem Hintergrund erscheint <strong>der</strong> Alte, eine äußerst sie ab und kann sich nur noch mit Mühe an <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong><br />

heruntergekommene Erscheinung , die trotzdem eine festhalten)<br />

gewisse Würde ausstrahlt)<br />

Hilfe! Hilfe! Nun helft mir doch, ich kann mich nicht<br />

Alter:<br />

mehr festhalten!<br />

Was ist hier denn los? Was fällt euch ein, hier<br />

(Thorsten und <strong>der</strong> Alte ziehen sie gemeinsam hoch)<br />

herumzuklettern. <strong>Das</strong> hier ist mein Platz! Die <strong>Brücke</strong> ist Alter:<br />

doch lang genug, da gibt es ja wohl noch genügend Keine Angst, wir haben dich fest im Griff. So, jetzt komm<br />

an<strong>der</strong>e Stellen, wo man herumhängen und dumme rüber über das Gelän<strong>der</strong>, erst das eine Bein, so, jetzt ist<br />

Reden führen kann. Aber dieser Abschnitt hier zwischen es gleich geschafft.<br />

diesen beiden Pfeilern ist mein Platz.<br />

(er zieht sie über das Gelän<strong>der</strong>, wobei Thorsten hilft.<br />

Thorsten:<br />

Dann zu Thorsten)<br />

Sie haben die <strong>Brücke</strong> doch wohl nicht gekauft, o<strong>der</strong>? Und du kletterst jetzt auch rüber.<br />

Und was ist gerade an dieser Stelle so beson<strong>der</strong>s? (Thorsten klettert auch auf die sichere Seite)<br />

Alter:<br />

Setzt euch mal da hin. <strong>Das</strong> <strong>Stück</strong> Plastikfolie da könnt ihr<br />

Für dich gar nichts. Aber <strong>für</strong> mich schon. Ich komm hier euch um die Schultern legen. Wenn ihr euch ein<br />

schon seit Monaten in je<strong>der</strong> Nacht her, wenn das Wetter bisschen aneinan<strong>der</strong> kuschelt, dann reicht es <strong>für</strong> euch<br />

nicht zu schlecht ist. Und dann warte ich, bis die Sonne beide. <strong>Das</strong> hilft gegen den kalten Wind. - <strong>Das</strong> hier hilft<br />

aufgeht. Und wenn dann nicht gerade Nebel ist, dann natürlich noch besser,<br />

sehe ich das erste Sonnenrot genau hinter dem<br />

(hält Thorsten eine Flasche hin)<br />

Leuchtturm da hinten.<br />

aber da<strong>für</strong> bringt es einen irgendwann um.<br />

(er deutet mit <strong>der</strong> Hand)<br />

(Thorsten nimmt die Flasche und wischt die Öffnung ab,<br />

- Und genau diesen roten Klecks will ich vor Augen bevor er sie an den Mund setzt)<br />

haben, wenn ich irgendwann - in absehbarer Zeit - Kannst ruhig trinken, ich habe nichts Ansteckendes - nur<br />

meinen Abgang mache.<br />

was Tödliches. Gib die Flasche dann an die Kleine weiter,<br />

Thorsten:<br />

die kann jetzt auch einen Schluck gebrauchen.<br />

Wie romantisch! Mir, ehrlich gesagt, ist es scheißegal, (Bille trinkt auch, wobei sie einen Hustenanfall<br />

wo die Sonne aufgeht o<strong>der</strong> nicht. Wenn ich da unten bekommt)<br />

angekommen bin, gibt es <strong>für</strong> mich sowieso keine Sonne Und jetzt mal raus mit <strong>der</strong> Sprache: Was treibt euch<br />

mehr, also ist es mir scheiß-, scheiß-, scheißegal, ob sie dazu, dass ihr hier heute Nacht das Fliegen lernen wollt?<br />

überhaupt noch aufgeht.<br />

Ihr seht doch beide ganz gesund und gut genährt aus.<br />

Alter:<br />

Anständige Klamotten habt ihr auch, und ich wette, ihr<br />

So, das ist dir egal, was? Der Herr nimmt sich wichtig, habt auch beide ein Dach über dem Kopf. Also, was ist<br />

was! Der Herr glaubt, wenn er aufhört zu existieren, dann <strong>der</strong> Grund da<strong>für</strong>, dass ihr den Abflug machen<br />

dann hört auch das ganze Universum auf zu existieren. wollt?<br />

(er nähert sich Thorsten, um ihn näher in Augenschein (Inzwischen ist - von allen unbemerkt - eine vierte<br />

zu nehmen)<br />

Gestalt erschienen, <strong>der</strong> Irre, <strong>der</strong> mit bleichem Gesicht,<br />

Was bist du eigentlich <strong>für</strong> einer? - Mein Gott, so ein dunklen Augenhöhlen und schwarzer Kleidung aussieht<br />

<strong>junge</strong>s Gemüse! Hier oben ist doch kein<br />

wie <strong>der</strong> leibhaftige Tod)<br />

Kin<strong>der</strong>spielplatz!<br />

Irrer:<br />

3


Du immer mit deinen blöden Fragen. Als ob man <strong>für</strong> absterben, wenn man Alkoholiker ist, aber keinen<br />

einen Selbstmord beson<strong>der</strong>e Gründe braucht. <strong>Das</strong> Leben Schnaps mehr bei sich behalten, kann, weil <strong>der</strong> Magen<br />

selbst ist doch wohl Grund genug.<br />

und die Leber vom Alkohol zerfressen sind - ganz<br />

Alter:<br />

abgesehen von ein paar an<strong>der</strong>en Problemen wie<br />

Ach Gott, <strong>der</strong> schon, wie<strong>der</strong>! Hein, du wi<strong>der</strong>licher, Obdachlosigkeit, Kälte, Hunger und <strong>Ein</strong>samkeit - wenn<br />

sabbern<strong>der</strong> Irrer, ich hab dir schon oft genug gesagt, man weiß, dass man sich bald nicht mehr selber helfen<br />

dass das hier mein Platz ist. Verschwinde von hier o<strong>der</strong> kann und dass man dann <strong>für</strong> die letzten Monate in eine<br />

ich schmeiß dich runter.<br />

geschlossene, sogenannte Pflegeanstalt kommt, falls<br />

Irrer:<br />

man sich nicht rechtzeitig selbst davonmacht, wenn man<br />

(zieht sich ein paar Meter zurück)<br />

seit Monaten immer wie<strong>der</strong> auf diese <strong>Brücke</strong> kommt und<br />

Heute Nacht ist mein Platz hier. Wenn Menschen den trotzdem immer noch nicht runtergesprungen ist, dann<br />

Tod suchen, muss ich zur Stelle sein. <strong>Das</strong> ist ja wohl kann man wohl verlangen, dass solche Kids wie ihr einen<br />

logisch.<br />

ordentlichen Grund da<strong>für</strong> angeben, dass sie ihr Leben<br />

Bille:<br />

einfach so wegwerfen wollen.<br />

Was ist das denn <strong>für</strong> ein Gespenst?<br />

Bille:<br />

Thorsten:<br />

(zeigt auf Thorsten)<br />

Der sieht aus wie <strong>der</strong> Tod persönlich!<br />

Er soll anfangen.<br />

Irrer:<br />

Thorsten:<br />

<strong>Das</strong> hast du richtig erkannt. Brav, mein Junge. Ich bin Schon gut, ich fange an: Mein Leben ist verkorkst,<br />

Freund Hein, euer guter Freund Hein.<br />

verpfuscht, vorbei, bevor es überhaupt richtig<br />

Alter:<br />

angefangen hat.<br />

(zum Irren)<br />

Bille:<br />

Verschwinde, husch!<br />

Und warum?<br />

(nachdem <strong>der</strong> Irre sich wi<strong>der</strong>willig verzogen hat)<br />

Thorsten:<br />

Bei Tag ist er eigentlich ein harmloser, ruhiger Typ. Nur Weil ich ein Versager bin, ein Versager auf allen<br />

in Mondnächten wie dieser kriegt er regelmäßig solche Gebieten - naja, fast allen. Kochen kann ich ganz gut.<br />

Anwandlungen.<br />

Aber sonst absolut nichts. Eigentlich war ich schon<br />

Thorsten:<br />

immer ein Versager. Im Sport, in <strong>der</strong> Schule - ich bin<br />

Krieg' ich noch einen Schluck auf den Schreck?<br />

schon beim Schuleignungstest durchgefallen und das<br />

Bille:<br />

Abitur hab ich erst beim zweiten Anlauf und dann mit<br />

Für einen Selbstmör<strong>der</strong> hast du aber reichlich viel Angst dem schlechtmöglichsten Ergebnis geschafft. Beim<br />

vor dem Tod.<br />

Führerschein bin ich sogar schon in <strong>der</strong> theoretischen<br />

Alter:<br />

Prüfung durchgefallen, das hat damals in meiner Klasse<br />

Ist ja schon wie<strong>der</strong> ziemlich kess, die Kleine.<br />

keiner geschafft. Und jetzt hänge ich auf <strong>der</strong> Uni rum<br />

(reicht Thorsten die Flasche)<br />

und es ist eine einzige Katastrophe. Aber das könnte ich<br />

Aber nun weiter im Text: Was ist <strong>der</strong> Grund <strong>für</strong> eure alles ertragen, im Versagen bin ich ziemlich abgehärtet.<br />

Selbstmordabsichten? Ich möchte jetzt endlich eine <strong>Das</strong> könnte ich alles noch wegstecken, wenn nicht noch<br />

Antwort hören.<br />

etwas dazukäme, was wirklich zu viel ist.<br />

Thorsten:<br />

Alter:<br />

Ich möchte mal wissen, was Sie das eigentlich angeht? Und das wäre?<br />

Alter:<br />

(Thorsten zögert)<br />

(ärgerlich, fast wütend)<br />

Bille:<br />

Was mich das angeht? Ich will dir sagen, was mich das Nun rück schon raus damit!<br />

angeht, du Grünschnabel! Wenn es einem so dreckig Thorsten:<br />

geht wie mir, wenn einem je<strong>der</strong> Knochen im Leib<br />

Ich bin auch in <strong>der</strong> Liebe ein Versager.<br />

wehtut, wenn einem langsam die Füße und Beine<br />

Bille:<br />

4


Wie kann man denn in <strong>der</strong> Liebe ein Versager sein? weiterzuschlafen, aber daraus wurde, wie immer, nichts.<br />

Thorsten:<br />

(er geht nach links in sein Zimmer und schließt die Tür<br />

So eine blöde Frage kann auch nur eine Frau stellen. Ihr hinter sich)<br />

habt es ja auch leicht, braucht nur einigermaßen<br />

Karin:<br />

auszusehen und dann kommen die Kerle schon an. Und (man hört zunächst nur ihre Stimme aus <strong>der</strong> Küche, die<br />

wenn's dann soweit ist, dann legt ihr euch eben hin und sich hinter <strong>der</strong> rechten Tür befindet)<br />

wartet ab, was passiert.<br />

Hallo Törtchen, die Schokolade ist fertig! Nun steh schon<br />

Bille:<br />

auf. Du weißt doch, dass ich gleich los muss. Und du<br />

Ach, so stellst du dir das vor. Kein Wun<strong>der</strong>, dass es bei musst auch zur Uni.<br />

dir nicht geklappt hat.<br />

Thorsten:<br />

Alter:<br />

(hinter <strong>der</strong> Tür)<br />

Wie alt bist du eigentlich? Neunzehn? Zwanzig?<br />

Nun lass mich doch einmal ausschlafen. Ich geh heute<br />

Thorsten:<br />

nicht zur Uni.<br />

Zwanzig.<br />

Karin:<br />

Alter:<br />

(reißt die Tür auf und spricht in das Zimmer hinein)<br />

Zwanzig <strong>Jahr</strong>e alt und schon ein Versager in <strong>der</strong> Liebe. Heißt das, du gehst heute nicht zur Universität?<br />

Junge, Junge, das Leben wird immer komplizierter. Thorsten:<br />

Thorsten:<br />

(immer noch unsichtbar aus seinem Zimmer)<br />

Willst du nun meine Geschichte hören o<strong>der</strong> willst du Genau das heißt es: Ich gehe heute nicht zur Universität.<br />

dich über mich lustig machen?<br />

Und ich gehe morgen auch nicht. Ich gehe überhaupt<br />

Alter:<br />

nicht mehr da hin.<br />

Fang doch endlich an damit!<br />

Karin:<br />

Thorsten:<br />

Bitte komm her und sage mir, was das zu bedeuten hat.<br />

(wendet sich zum Publikum)<br />

Thorsten:<br />

Und so erzählte ich den beiden die schrecklichen und (erscheint im Schlafanzug in seiner Zimmertür)<br />

beschämenden Ereignisse dieser Nacht und <strong>der</strong><br />

Wenn ich sage, dass ich nicht hingehe, dann bedeutet<br />

vergangenen Tage. Und weil mir endlich mal jemand das: Ich gehe nicht hin. Genau das bedeutet es und<br />

zuhörte, erzählte ich alles ganz genau, was passiert war nichts an<strong>der</strong>es.<br />

und was mich schließlich mitten in <strong>der</strong> Nacht auf diese Karin:<br />

<strong>Brücke</strong> getrieben hatte.<br />

Thorsten, was redest du denn da? Mit so etwas macht<br />

Szene 2<br />

man doch keine Witze.<br />

Thorsten:<br />

(<strong>Das</strong> Bühnenbild stellt das Wohnzimmer einer<br />

Mir ist auch überhaupt nicht nach Witzen zumute. Was<br />

gebildeten, aber nicht beson<strong>der</strong>s wohlhabenden Frau ich sage, ist die reine Wahrheit und eigentlich will ich dir<br />

dar. Rechts und links und in <strong>der</strong> Rückwand je eine Tür. das schon seit Wochen ...<br />

Überall Bücher. Die linke Tür führt zu Thorstens Zimmer, Karin:<br />

die rechte zur Küche, die rückwärtige zum Flur und (lässt sich auf einen Stuhl fallen und fasst sich ans Herz)<br />

damit auch zu an<strong>der</strong>en - nicht sichtbaren - Zimmern und Was willst du mir seit Wochen sagen?<br />

zum ebenfalls nicht sichtbaren Wohnungseingang) Thorsten:<br />

Thorsten:<br />

Mutter - Karin - verstehst du denn kein Deutsch? Ich<br />

(im Spotlight, betritt die Bühne durch die rückwärtige habe doch wohl klar genug gesagt, dass ich nicht mehr<br />

Tür, spricht zum Publikum)<br />

... was ist mit dir? Hast du es wie<strong>der</strong> mit dem Herzen?<br />

Es war morgens um sieben. Meine Mutter hantierte Karin:<br />

schon in <strong>der</strong> Küche, wahrscheinlich kochte sie ihren Ja, ja, ziemlich schlimm. Du weißt doch, dass mein Herz<br />

geliebten Kakao, den sie Schokolade nennt. Ich lag noch es nicht vertragen kann, wenn du so mit mir redest.<br />

in meinem Zimmer im Bett und versuchte<br />

Thorsten:<br />

5


Ja, ich weiß, dein Herz ist allergisch gegen alles, was du (legt auf, dann zu seiner Mutter)<br />

nicht hören willst.<br />

Netter Knabe, <strong>der</strong> Eikelbaum. Er lässt dir ausrichten, du<br />

Karin:<br />

sollst dir bloß Zeit lassen, damit du nicht auch noch<br />

Thorsten, schnell - aaah, diese Schmerzen - hol mir einen Unfall baust.<br />

meine Tropfen, du weißt schon, die braune Flasche im Karin:<br />

Apothekenschrank, unten links. Bitte zwanzig Tropfen Wie schnell und glatt dir solche Lügen von den Lippen<br />

auf ein <strong>Stück</strong> Zucker und ein Glas Wasser, bitte, mach kommen ...<br />

schnell!<br />

Thorsten:<br />

Thorsten:<br />

Ja, in unserer Familie nehmen wir es mit <strong>der</strong> Wahrheit<br />

(sprintet los, holt das Verlangte und reicht es ihr.<br />

nicht so genau.<br />

Nachdem sie alles geschluckt hat, will er sie zum Sofa Karin:<br />

führen)<br />

Dein Vater ist auch so ein flotter Lügner. Jedenfalls war<br />

Komm Mütterchen, leg dich ein bisschen aufs Sofa. er es, als wir noch zusammen waren.<br />

Karin:<br />

Torsten:<br />

Nein, liegen will ich nicht. <strong>Das</strong> kann ich noch lange An den hab ich jetzt aber nicht gedacht.<br />

genug, wenn ich erst im Sarg bin.<br />

Karin:<br />

Thorsten:<br />

(ohne die Spitze zu bemerken)<br />

Nun hör aber auf. Du bist 44 <strong>Jahr</strong>e alt. Bevor du im Sarg So, Thorsten, jetzt setz dich mal hier hin und hör mir zu.<br />

liegst, haben die Mediziner die Pille <strong>für</strong> das ewige Leben (Thorsten setzt sich etwas wi<strong>der</strong>willig neben sie)<br />

erfunden.<br />

Was du da vorhin von <strong>der</strong> Uni gesagt hast, dass du da<br />

Karin:<br />

nicht mehr hingehen willst und so, das will ich nie<br />

Du kannst leicht Witze machen. Du weißt ja nicht, wie wie<strong>der</strong> hören. Hörst du? - Nie wie<strong>der</strong>! Wir sind uns doch<br />

sich das anfühlt, so ein krankes Herz.<br />

nun schon so lange einig, dass du Germanistik und<br />

Thorsten:<br />

Geschichte studierst und dann Studienrat wirst. <strong>Ein</strong>en<br />

Soll ich Dr. Spätmann anrufen?<br />

besseren Beruf gibt es <strong>für</strong> dich doch gar nicht. Denk an<br />

Karin:<br />

die freien Nachmittage und die langen Ferien. Gerade<br />

<strong>Das</strong> wird das Beste sein, die Nummer kennst du ja, <strong>für</strong> dich gibt es keinen besseren Beruf, wo du doch -<br />

3776443.<br />

(tätschelt ihn besänftigend)<br />

Thorsten:<br />

- ein bisschen faul bist.<br />

(nimmt den Hörer ab und wählt)<br />

Thorsten:<br />

Drei - sieben - sieben. sechs ...<br />

Mutter - Karin - ich bin nicht faul. Ich habe nur keine<br />

Karin:<br />

Lust zum ewigen Bücher lesen und zu diesen blöden<br />

Ach, leg wie<strong>der</strong> auf. Ich will erst mal abwarten, ob die theoretischen Diskussionen. Und Lehrer sein möchte ich<br />

Tropfen wirken. - Ruf doch bitte noch eben in <strong>der</strong> schon gar nicht. Aber faul bin ich nicht. Damals im<br />

Bibliothek an und sag dem Eikelbaum Bescheid, dass ich Praktikum haben sie mich sehr gelobt, ich hätte sofort<br />

heute eine halbe Stunde zu spät komme. Aber sag nichts einen Ausbildungsplatz als Koch bekommen können.<br />

von meinem Herzanfall. <strong>Das</strong> brauchen die ja nicht zu Und das will was heißen, das Esplanade hat eine <strong>der</strong><br />

wissen.<br />

bekanntesten Küchen in Norddeutschland.<br />

Torsten:<br />

Karin:<br />

(ins Telefon)<br />

(als hätte sie seinen <strong>Ein</strong>wurf nicht gehört)<br />

Guten Morgen, Herr Eikelbaum, hier Thorsten Hännchen. Noch besser wäre es natürlich, du promovierst und wirst<br />

Ich soll Ihnen von meiner Mutter ausrichten, dass sie dann Professor. Denk mal, wie lang die Semesterferien<br />

Verspätung hat. Startprobleme mit dem Wagen. Die sind: fünf Monate im <strong>Jahr</strong>. Und dann das Ansehen, das<br />

Batterie ist leer. Wir haben schon ein<br />

so ein Professor hat. Und das Gehalt ist auch nicht<br />

Überbrückungskabel organisiert ... ja, <strong>der</strong> Nachbar. schlecht.<br />

Danke, das werde ich ihr sagen. Tschüs.<br />

Thorsten:<br />

6


Ich als Professor, da lachen ja die Hühner. <strong>Das</strong> ist doch Thorsten:<br />

eine völlig absurde Idee. <strong>Das</strong> Abitur erst beim zweiten (holt die Schokoladentasse aus <strong>der</strong> Küche, dann bringt er<br />

Versuch geschafft, und dann soll ich promovieren, also sie wie<strong>der</strong> weg und kommt mit einer Flasche Bier zurück,<br />

weißt du!<br />

aus <strong>der</strong> er mit mehreren Pausen trinkt, wobei er in<br />

Karin:<br />

Gedanken vor sich hinstarrt. Plötzlich fällt ihm etwas ein)<br />

Du bist eben ein Spätentwickler. - Ach Thorsten,<br />

Oh Scheiße, ich bin heut' mit dem Referat dran! <strong>Das</strong><br />

promovieren, das war mein Traum. Ich hatte schon so verdammte Gryphius-Referat!<br />

ein wun<strong>der</strong>bares Thema <strong>für</strong> die Doktorarbeit ...<br />

(geht zum Telefon, sucht eine Nummer, wählt und<br />

Thorsten:<br />

spricht)<br />

Ich weiß, ich weiß: "Ingeborg Bachmann und Paul Celan Guten Tag, Herr Professor, hier Thorsten Hännchen, Sie<br />

- eine Liebe verwandelt sich in Literatur".<br />

wissen schon, <strong>der</strong> aus dem Barock-Seminar, <strong>der</strong> noch nie<br />

Karin:<br />

ein Wort gesagt hat ... Ja, reden kann ich schon, wie Sie<br />

<strong>Das</strong> wäre eine fantastische Arbeit geworden. Sie hätte hören, aber lei<strong>der</strong> nur am Telefon. Entschuldigen Sie<br />

die Fachwelt aufhorchen lassen ... Aber dann ...<br />

bitte, dass ich so früh störe ... Ja doch, es ist wichtig. Ich<br />

Thorsten:<br />

kann heute mein Referat nicht halten, ich bin krank ...<br />

Dann kam ich. Ich weiß, ich weiß.<br />

Nein, dann kann ich es auch nicht halten, ich werde<br />

Karin:<br />

immer krank sein, wenn ich ein Referat über Gryphius<br />

Dein Vater wollte eine Abtreibung. <strong>Das</strong> wäre damals o<strong>der</strong> sonst einen Dichter halten muss. Ja, das ist mir<br />

schon möglich gewesen. Aber das konnte ich doch nicht auch klar, mit dem Seminarschein wird es dann wohl<br />

machen, mein Törtchen, dann würde es dich ja heute nichts werden. Mit dem ganzen Studium wird es nichts<br />

nicht geben.<br />

werden ... Was ich <strong>für</strong> einen Berufswunsch habe? Koch<br />

Thorsten:<br />

möchte ich werden ... Da haben Sie natürlich Recht,<br />

Aber du wärst jetzt vielleicht ein bekannte Germanistin. studieren müsste ich da<strong>für</strong> nicht, jedenfalls nicht<br />

Karin:<br />

Germanistik ... Ja danke, ich weiß, dass ich noch jung<br />

Vielleicht? - Bestimmt wäre ich das! Aber da<strong>für</strong> habe ich bin und das Leben dauert noch lange, das <strong>für</strong>chte ich<br />

jetzt dich. Und nun hast du die Chancen, die ich damals auch. Vielen Dank, auf Wie<strong>der</strong>sehen - nein, nicht auf<br />

aufgegeben habe. Da<strong>für</strong> habe ich all die <strong>Jahr</strong>e gelebt. Wie<strong>der</strong>sehen, ciao, adios, leben Sie wohl, aber kein<br />

Da<strong>für</strong> bin ich jeden Tag in diese langweilige<br />

Wie<strong>der</strong>sehen bitte.<br />

Stadtbibliothek gegangen und habe diese langweilige, (legt auf und trinkt von seinem Bier, dann spricht er<br />

schlecht bezahlte Arbeit gemacht. Aber jetzt ist es so nachdenklich zu sich selbst)<br />

weit, jetzt bist du auf <strong>der</strong> Uni und kannst wenigstens Nun bin ich mal gespannt, ob ich das jetzt wirklich<br />

einen Teil von meinen Träumen verwirklichen.<br />

durchziehe. Ob ich einmal genug Rückrat habe. O<strong>der</strong> ob<br />

(sie steht auf)<br />

ich auch einer von diesen versumpften ewigen<br />

Also, mein Großer, bereite mir nie wie<strong>der</strong> einen solchen Studenten werde, von denen sich schon genug an den<br />

Schrecken. <strong>Das</strong> kann mein schwaches Herz einfach nicht Unis herumtreiben.<br />

verkraften.<br />

(trinkt sein Bier aus und schaltet dann das Radio ein, aus<br />

(sie geht durch die hintere Tür und kommt mit ihrem dem aktuelle Popmusik ertönt. Er hört eine Weile<br />

Mantel wie<strong>der</strong>)<br />

nachdenklich zu, dann klingelt es an <strong>der</strong> Tür. Er geht<br />

Karin:<br />

nach draußen und lässt jemanden herein. Es ist sein<br />

So, gib mir noch ein Küsschen. Tschüs, mein Großer. Freund Kai)<br />

Und viel Erfolg im Seminar. Und trink schnell die<br />

Kai:<br />

Schokolade aus, jetzt ist sie wenigstens noch ein<br />

Hallo Alter. Ich war grad in <strong>der</strong> Nähe und da dachte ich,<br />

bisschen warm, aber du kannst sie ja auch noch mal in schau doch mal rein.<br />

die Mikrowelle stellen.<br />

Thorsten:<br />

(sie geht, nachdem Thorsten ihr den Abschiedskuss Du kommst mir wie gerufen. Ich brauche jetzt dringend<br />

gegeben hat)<br />

jemand, <strong>der</strong> meine Laune verbessert.<br />

7


Kai:<br />

Thorsten:<br />

Bist du schlecht drauf? Wieso das denn?<br />

Aber heute noch? <strong>Das</strong> kommt so plötzlich. Hättest du<br />

Thorsten:<br />

mir nicht ein paar Tage vorher Bescheid sagen können?<br />

Ich hab grad mein Studium geschmissen.<br />

Kai:<br />

Kai:<br />

<strong>Das</strong> hat sich eben so ergeben, Du weißt ja, dass ich ein<br />

Na und? <strong>Das</strong> hab ich auch schon drei-o<strong>der</strong> viermal. Aber sehr spontaner Mensch bin. Und - davon mal abgesehen<br />

das ist doch kein Grund <strong>für</strong> schlechte Laune.<br />

- wozu hättest du denn so viel Vorbereitungszeit<br />

Thorsten:<br />

gebraucht? Vielleicht <strong>für</strong> eine Schönheitsoperation? -<br />

Doch, bei mir schon. Ich weiß nämlich nicht, wie ich das Also los, raff dich auf! Ich erwarte dich in spätestens<br />

meiner Mutter beibringen soll. Für die bricht dann eine einer halben Stunde am Steg. Wenn du dann nicht da<br />

Welt zusammen.<br />

bist, legen wir ohne dich ab.<br />

Kai:<br />

<strong>Das</strong> ist natürlich ein Problem. Bei mir war das einfacher,<br />

mein Alter hat dann jedesmal den Scheck erhöht und<br />

dann hab ich eben wie<strong>der</strong> ein bisschen weiterstudiert.<br />

Und wenn ich in dem Tempo weitermache, dann bin ich<br />

(haut Thorsten auf die Schulter und ab)<br />

in dreißig <strong>Jahr</strong>en fertig. - Aber über solche<br />

unerfreulichen Dinge wollte ich heute eigentlich nicht<br />

Szene 3<br />

reden. Ich bin aus einem an<strong>der</strong>en Grund hier: Ich wollte (wie<strong>der</strong> das Wohnzimmer. An einer gedeckten<br />

dich zum Segeln einladen, mein Alter vertraut mir Kaffeetafel sitzen Karin und ihre Freundinnen Nette und<br />

endlich mal wie<strong>der</strong> seine Yacht an. Und weil das Wetter Pia)<br />

so schön ist, will ich heute eine Segelparty veranstalten. Pia:<br />

Thorsten:<br />

<strong>Das</strong> mit dem richtigen Beruf ist heutzutage wirklich ein<br />

Segelparty? Was soll ich mir darunter vorstellen?<br />

großes Problem. Mein. Tobias wird wohl ein gutes Abitur<br />

Kai:<br />

hinkriegen und dann soll er natürlich studieren, aber<br />

Naja, wir segeln ein <strong>Stück</strong>, bis wir außer Sicht vom Alten was, das steht noch in den Sternen. Er ist ja ein<br />

sind. Dann schmeißen wir den Anker und feiern.<br />

ziemliches Computer-Ass, deshalb meint Carlo, er soll<br />

Vielleicht kochst du ja sogar ein bisschen was. Vorräte Informatik studieren ...<br />

sind doch immer genug an Bord. Maja ist dabei, meine Nette:<br />

<strong>der</strong>zeitige Flamme, Jan und Steffi und eine gewisse Warum denn nicht Betriebswirtschaft, BWL, wie das auf<br />

Nadine ...<br />

Neudeutsch heißt? <strong>Das</strong> ist doch die neue<br />

Thorsten:<br />

Königsdisziplin, die Krone aller Wissenschaften. Was im<br />

(plötzlich sehr interessiert)<br />

Mittelalter die Theologie war, das ist heute BWL.<br />

Nadine Krüger.<br />

Daneben ist alles an<strong>der</strong>e zweitrangig. Wen interessiert<br />

Kai:<br />

schon noch Atomphysik o<strong>der</strong> Philosophie o<strong>der</strong> so was.<br />

Ja, genau die. Von <strong>der</strong> du schon neulich bei Steffis<br />

Pia:<br />

Geburtstagsparty deine Augen und Hände nicht lassen BWL studieren und dann in einem Konzern groß<br />

konntest.<br />

rauskommen, indem man tausend Arbeitsplätze<br />

Thorsten:<br />

wegrationalisiert, das wäre natürlich ein direkter Weg<br />

Von wegen Hände! So nahe bin ich ihr gar nicht<br />

zum Erfolg.<br />

gekommen.<br />

(Die Flurtür öffnet sich und Thorsten schaut herein.<br />

Kai:<br />

Während er zum Publikum spricht, hört man nichts von<br />

Ich glaube aber, sie hätte dich gelassen. Die hat was <strong>für</strong> den drei Frauen, sobald er verstummt, sprechen sie<br />

dich übrig. Jedenfalls war sie vorhin sehr erfreut, als ich weiter)<br />

sie angerufen und dabei erwähnt habe, dass du nachher Thorsten:<br />

bestimmt auch dabei sein wirst.<br />

(zum Publikum)<br />

8


Als ich gegen achtzehn Uhr von unserem sogenannten ihrer Scheidung. <strong>Ein</strong> Frauenheld war er.<br />

Segeltörn zurückkam, hatte meine Mutter noch<br />

Karin:<br />

Kaffeebesuch von ihren Freundinnen. Ich hatte den Und davon abgesehen war er ein Versager ohne<br />

<strong>Ein</strong>druck, dass sie gleich von mir sprechen würden, Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein.<br />

deshalb blieb ich noch eine Weile hinter <strong>der</strong> Tür stehen Pia:<br />

und lauschte.<br />

(will von dem Thema ablenken)<br />

(schließt die Tür wie<strong>der</strong> bis auf einen Spalt, sodass man Jedenfalls ist es zu bewun<strong>der</strong>n, wie du es die ganzen<br />

ihn nicht mehr sieht)<br />

<strong>Jahr</strong>e geschafft hast, den Jungen so ganz alleine<br />

Karin:<br />

großzuziehen. Und nun ist er ja wirklich ein Prachtkerl<br />

O<strong>der</strong> Steuerberater werden. Die haben doch auch BWL geworden. <strong>Das</strong> ist bestimmt nicht immer einfach<br />

studiert. Wenn ich mir all die Traumpaläste ansehe, die gewesen.<br />

in letzter Zeit von Steuerberatern gebaut wurden, dann Karin:<br />

scheint mir das wirklich kein schlechter Beruf zu sein. - Nein, manchmal war es nicht so einfach. Ihr habt ja eben<br />

Aber es muss ja wohl auch noch ein paar an<strong>der</strong>e Berufe von den Genen gesprochen, Natürlich hat er manches<br />

geben. Ich denke, als Philologe und<br />

von seinem Vater geerbt, zum Beispiel seine<br />

Literaturwissenschaftler wird mein Thorsten auch sein Bequemlichkeit und den Mangel an Ehrgeiz. In seiner<br />

Auskommen finden. Schließlich wird man in Zukunft Schulzeit war das richtig schlimm, ich musste ihn<br />

auch noch Gymnasiallehrer brauchen, die Deutsch und ständig antreiben und unter Druck setzen. Und es ist ja<br />

Literatur unterrichten -- und Professoren auch.<br />

auch nicht leicht <strong>für</strong> eine alleinerziehende Mutter, ihrem<br />

Pia:<br />

Sohn beizubringen, wie man sich als Mann verhält und<br />

Ach ja, dein Thorsten hat ja jetzt mit dem Studium benimmt.<br />

angefangen ...<br />

Nette:<br />

Nette:<br />

Zum Stichwort "Mann": Wie ist es denn bei ihm mit den<br />

Hat er denn überhaupt Lust dazu?<br />

Mädchen?<br />

Karin:<br />

Karin:<br />

Aber Nette! Er ist doch mit Büchern aufgewachsen. Was meinst du jetzt? Was heißt "mit Mädchen"?<br />

Schließlich ist doch Literatur immer mein Lebensinhalt Pia:<br />

gewesen. Und eine gewisse Rolle spielen die Gene sicher Naja, er müsste doch jetzt ungefähr neunzehn o<strong>der</strong><br />

auch dabei.<br />

zwanzig sein ...<br />

Pia:<br />

Karin:<br />

Welche Gene meinst du eigentlich, deine o<strong>der</strong> die seines ... zwanzig ...<br />

Vaters?<br />

Pia:<br />

Karin:<br />

Da hatte er doch sicher schon Liebschaften und<br />

(verstimmt)<br />

Freundinnen.<br />

Du weißt doch, dass in diesem Haus nach Möglichkeit Karin:<br />

nicht von Alexan<strong>der</strong> Hännchen gesprochen wird. Also Natürlich hat er Freundinnen.<br />

dann bitte auch nicht von seinen Genen.<br />

Nette:<br />

Pia:<br />

Hast du denn mitgekriegt, wann er zum ersten Mal mit<br />

Aber es könnte doch sein, dass Thorsten mehr seinem einem Mädchen - na, du weißt schon?<br />

Vater nachschlägt. Und <strong>der</strong> hatte ja nun mit Literatur Karin:<br />

wirklich nichts im Sinn. Wo hatte <strong>der</strong> eigentlich seine Ach, das meinst du. <strong>Das</strong> weiß ich doch nicht, darüber ist<br />

Stärken?<br />

er mir doch keine Rechenschaft schuldig.<br />

Nette:<br />

Pia:<br />

(lacht anzüglich)<br />

Tu doch nicht so. <strong>Das</strong> interessiert doch alle Mütter. Und<br />

<strong>Das</strong> weißt du doch wohl noch. Du erinnerst dich<br />

das kriegt man als Mutter auch mit - so gut können sich<br />

bestimmt noch an Karins Erzählungen aus <strong>der</strong> Zeit vor Jungs gar nicht verstellen. - Bleibt er denn öfter mal über<br />

9


Nacht weg?<br />

euch doch meinen Medizinschrank an, <strong>der</strong> platzt aus<br />

Karin:<br />

allen Nähten vor lauter teuren Medikamenten. Glaubst<br />

Ja natürlich - das heißt, eigentlich nicht so oft. Ihr wisst du etwa, Dr. Spätmann würde mir das alles verschreiben,<br />

ja, meine Herzkrankheit. Da ist es mir natürlich lieber, wenn ich nur simulieren würde?<br />

wenn er nachts im Haus ist, falls ich mal einen Anfall Pia:<br />

bekomme. Im Übrigen kann er seine Freundinnen ja Nein, das glauben wir natürlich nicht und wir wollen<br />

auch mit nach Hause bringen. Er hat schließlich von auch gar nichts andeuten. Aber wir sind doch deine<br />

klein auf ein schönes eigenes Zimmer.<br />

Freundinnen, und da nehmen wir natürlich Anteil an<br />

Nette:<br />

deinen Problemen. Und als Alleinstehende mit einen<br />

Bringt er denn oft eine mit nach Hause?<br />

Jungen umzugehen, <strong>der</strong> erwachsen wird, ist ja bestimmt<br />

Karin:<br />

nicht problemlos.<br />

<strong>Das</strong> kommt durchaus vor. Vor ein paar Wochen erst war Karin:<br />

so eine da. Ich muss schon sagen, ein richtiges<br />

Wie dem auch sei, mein Thorsten hat jedenfalls genug<br />

Nachtschattengewächs mit schwarzen Lippen und Chancen bei den Mädchen. Und wenn er erst mal sein<br />

schwarz lackierten Fingernägeln und überall Piercings ... Studium beendet hat und Akademiker ist, dann kann er<br />

Nette:<br />

jede haben, die er will.<br />

Und die ist die ganze Nacht dageblieben?<br />

Nette:<br />

Karin:<br />

(schüttelt fassungslos den Kopf)<br />

Nein, die nun gerade nicht, weil ich gegen zehn Uhr Sag mal, in welchem <strong>Jahr</strong>hun<strong>der</strong>t lebst du eigentlich?<br />

einen schlimmen Herzanfall bekommen habe. Da musste Wenn heutzutage ein Mädchen mit einem <strong>junge</strong>n Mann<br />

Thorsten sich um mich kümmern und Dr. Spätmann ins Bett geht, dann fragt sie doch nicht vorher, ob und<br />

holen.<br />

was er studiert hat!<br />

Pia:<br />

(Karin springt empört auf, kommt aber nicht mehr zu<br />

(ehrlich mitleidig)<br />

Wort, weil sich Thorsten, <strong>der</strong> jetzt genug gehört hat,<br />

<strong>Das</strong> tut mir ja leid, dann ist das ja immer noch so<br />

bemerkbar macht, indem er durch die Flurtür<br />

schlimm mit dir. Ist die Ärztin dann schnell gekommen? hereinkommt)<br />

Karin:<br />

Thorsten:<br />

Nein, jedenfalls nicht persönlich. Sie hat Thorsten am Hallo!<br />

Telefon Anweisungen gegeben und die nötigen<br />

Nette und Pia:<br />

Medikamente habe ich ja immer da. Und Thorsten hat (betont fröhlich)<br />

sich rührend um mich gekümmert, das hat mir dann Hallo Thorsten!<br />

auch geholfen.<br />

Karin:<br />

Pia:<br />

Na da bist du ja, mein Großer. Hast du fleißig studiert?<br />

Und was war dann mit dem Mädchen?<br />

(Thorsten ignoriert die Frage)<br />

Karin:<br />

Du siehst ja so schön braun aus, wie hast du das denn<br />

<strong>Das</strong> weiß ich nicht mehr so genau, die ist wohl<br />

geschafft?<br />

irgendwann weggegangen.<br />

Thorsten:<br />

Nette:<br />

Wir haben heute im Freien gesessen. Aber ihr<br />

<strong>Das</strong> kann ich mir vorstellen. - Sag mal, hast du dich entschuldigt mich bitte, ich habe starke Kopfschmerzen.<br />

eigentlich schon mal selbst daraufhin beobachtet, ob Ich hab wohl zu viel Sonne aufs Hirn gekriegt.<br />

Mädchen, die deinen Sohn besuchen, bei dir Herzanfälle (aufgewühlt und verärgert davon, was er eben gehört<br />

auslösen?<br />

hat, will er in sein Zimmer gehen, bleibt vor seiner<br />

Karin:<br />

Zimmertür aber stehen, weil er noch eine sehr<br />

Was soll denn diese Anspielung? Willst du damit etwa interessante Information mitbekommt)<br />

andeuten, dass ich meine Herzprobleme nur vortäusche, Pia:<br />

um meinen Sohn damit unter Druck zu setzen? Seht Es ist ja schon bald sechs. Ich muss noch dringend<br />

10


einkaufen. - Mit unserem Wochenendausflug ist dann du kommst wirklich? <strong>Das</strong> ist ja super, das ist mehr als<br />

alles klar, nicht wahr?<br />

super! ... Wann es dir passt, vielleicht so gegen neun -<br />

Nette:<br />

und iss nichts vorher ... Soll ich dich abholen? Ich hab<br />

Ich hole dich um neun, dann sind wir gegen zehn nach morgen ein Auto ... Nein? Du, ich freu' mich wahnsinnig.<br />

hier. Aber wie machen wir die Zimmeraufteilung? Ich Ich glaub, ich fang gleich an zu kochen - ach nein, ich<br />

habe ein Doppel- und ein <strong>Ein</strong>zelzimmer bestellt.<br />

muss ja erst noch einkaufen, wäre sowieso noch zu früh<br />

Karin:<br />

... Also bis morgen Abend so gegen neun. Du glaubst ja<br />

Am besten nehmen Pia und ich das Doppelzimmer und gar nicht, wie ich mich freue. .... Du freust dich auch?<br />

du kriegst das an<strong>der</strong>e, du schnarchst ja so <strong>für</strong>chterlich. Dann freu ich mich noch mehr - Also, bis dann. Und<br />

Thorsten:<br />

denk daran: Vorher nichts essen! ... Tschüüs.<br />

(zum Publikum)<br />

(legt auf, verharrt eine Weile ganz still und dann beginnt<br />

Man soll ja nicht lauschen, aber was ich eben gehört er einen grotesken Freudentanz)<br />

hatte, gab mir jede Menge Stoff zum Nachdenken. Doch Mein Gott, sie kommt wirklich! Ich glaub es nicht, sie<br />

viel wichtiger war die Information, die ich am Schluss kommt! Sie kommt sogar allein! Wenn eine Frau abends<br />

noch mitbekommen hatte: Die drei wollten am<br />

allein zu einem Mann in die Wohnung geht zu einer<br />

Wochenende ihren jährlichen Sommerausflug mit Party zu zweit, dann bedeutet das doch was. <strong>Das</strong><br />

Auswärtsübernachtung durchführen. Und einen<br />

bedeutet was, ohne jeden Zweifel - aber was bedeutet<br />

größeren Gefallen konnten sie mir gar nicht tun.<br />

das? - Na klar, DAS bedeutet das. DAS und nichts<br />

Szene 4<br />

an<strong>der</strong>es!<br />

(Thorsten allein im Wohnnzimmer)<br />

(er lässt sich auf das Sofa fallen, dann springt er wie in<br />

Thorsten:<br />

Panik wie<strong>der</strong> auf)<br />

(geht zum Telefon, wählt)<br />

Mein Gott, was koch ich denn bloß? Was koch ich bloß?<br />

Hallo Nadine, hier ist Thorsten, das ist ja super, dass ich Was koch ich bloß? Er rennt in sein Zimmer und kommt<br />

dich gleich erreiche. Sag mal, wie geht es deinem<br />

mit etlichen Kochbüchern und Kochzeitschriften zurück,<br />

Sonnenbrand? ... War ein Klasse-Segeltörn gestern, die er auf den Wohnzimmertisch legt, dann fängt er<br />

nicht? Obwohl, mit Segeln war ja eigentlich nicht viel, hektisch an zu blätttern)<br />

aber das war ja gerade das Gute ... <strong>Das</strong> freut mich, dass Hummer á la Maine - ach, bloß keinen Hummer, den<br />

es dir geschmeckt hat. Auf dem Boot hatte ich natürlich gibt es in je<strong>der</strong> Imbissbude. Wie wäre es mit einem<br />

nicht die Zutaten, die man <strong>für</strong> eine richtige Kocherei Plattfischgang, z.B. Steinbutt, aber vielleicht mag sie<br />

braucht - Aber das bringt mich gleich zu <strong>der</strong> Frage, keinen Fisch ...<br />

wegen <strong>der</strong> ich anrufe: Sag mal, hast du morgen Abend (blättert weiter)<br />

schon was vor?...<br />

<strong>Das</strong> da klingt gut: Bekassinenschenkel mit Morchelsauce<br />

Ach so, das kommt darauf an ... Worauf kommt das an? an getrüffelten Maronen - Bekassinenschenkel. Oh ja,<br />

... Ach so. Also, ich hätte da einen Vorschlag, eine Idee Schenkel. Und hier: Wachtelbrüste. Wachtelbrüste und<br />

sozusagen ... Also, eine kleine Party gewissermaßen. Schenkel - oh Nadine, Nadine!<br />

<strong>Ein</strong>e Party im ganz kleinen Kreis, aber da<strong>für</strong> mit einem (wird in seinen Assoziationen von seiner Mutter<br />

ganz beson<strong>der</strong>s guten Essen. Ich würde etwas<br />

unterbrochen, die durch die Korridortür hereinkommt)<br />

Beson<strong>der</strong>es kochen ... Wer kommt? Na, du natürlich und Karin:<br />

ich.<br />

Hallo Thorsten! Du studierst gerade? Welch seltener<br />

(lacht albern)<br />

Anblick. Da will ich dich nicht stören. Aber was ist denn<br />

Nein, ich komme natürlich nicht, ich bin ja schon da, ... das <strong>für</strong> Zeug?<br />

Kai kann nicht, das wusste ich - nein, das wusste ich (nimmt mit allen Zeichen <strong>der</strong> Verachtung ein Kochbuch<br />

natürlich nicht, das hatte ich be<strong>für</strong>chtet. Also bleiben hoch und lässt es wie<strong>der</strong> fallen)<br />

nur du und ich ... Was wir nach dem Essen machen? ... <strong>Das</strong> sind ja Kochbücher - und ich dachte, du beschäftigst<br />

Wir trinken ein bisschen Wein und dann hab ich eine dich mit Literatur.<br />

Riesen-CD-Sammlung - was man eben so macht ... Was, Thorsten:<br />

11


Aber Mutter, wenn das keine Literatur ist. <strong>Das</strong> ist reinste zubereitet. - Aber <strong>der</strong> Hauptgang, <strong>der</strong> Hauptgang ...<br />

Poesie. Hör doch mal zu, was hier steht: "Lammbrust Schließlich, lange nach Mitternacht, nachdem ich meine<br />

vom Rost - Die zarten Lammbrüstchen in einen Bräter gesamte Kochliteratur durchgearbeitet hatte, kam mir<br />

legen und mit heißem Kokosfett begießen. Im Backofen die erlösende Idee. <strong>Ein</strong> Rezept aus einem uralten,<br />

in etwa einer Stunde hellbraun braten, dann auf den handgeschriebenen Rezeptbuch, das noch von den<br />

gefetteten Grillrost legen und etwa zehn Minuten baltischen Vorfahren meiner Familie stammte und das<br />

überbacken" - Klingt doch richtig poetisch, obwohl das ich irgendwann mal vor dem Wegwerf-Wahn meiner<br />

nur simple Hausmannskost ist. O<strong>der</strong> hör dir das mal an. Mutter gerettet hatte. <strong>Das</strong> war's.<br />

"Charlotte Malakoff - den Rand einer kleinen Springform Endlich schlief ich ein. Aber dann hatte ich einen Traum,<br />

mit passend geschnittenen Löffelbiskuits auslegen. den mal wohl - von einigen erfreulichen Aspekten<br />

Puddingpulver und Eigelb mit etwas kalter Milch<br />

abgesehen - als Alptraum bezeichnen muss. Ich träumte<br />

verrühren, die übrige Milch mit Zucker und etwas Vanille von etwas sehr Unangenehmen, das ich in meinem<br />

auskochen, dann die Schokolade darin lösen ..." du hörst Leben lei<strong>der</strong> gleich zwei mal erleben musste: vom<br />

ja gar nicht zu.<br />

Abitur.<br />

Karin:<br />

Ich hab jetzt keine Zeit, um mich mit solchem<br />

Szene 5<br />

Schwachsinn zu befassen. Die Autorenlesung in unserer (Im Wohnzimmer wie vorher, aber durch Beleuchtung,<br />

Bibliothek fängt gleich an. Aber trag bitte diese ... diese Lichteffekte und Musik wird eine Traumstimmung<br />

Kochschwarten in dein Zimmer. Ich will das Zeug hier erzeugt. Thorsten sitzt auf einem Stuhl. Karin, Nette und<br />

nicht sehen. - Noch etwas: Willst du morgen früh mit Pia stehen da und wirken wie grotesk überzeichnete<br />

mir frühstücken? Du weißt ja, dass ich um kurz nach Lehrerinnen in einem alten Film)<br />

neun von Pia und Nette abgeholt werde. Soll ich dich Oberstudienrätin Nette:<br />

um acht wecken? Dann haben wir noch ein bisschen Zeit Hiermit eröffne ich die mündliche Abiturprüfung im Fach<br />

zum Reden.<br />

Deutsch. Da <strong>der</strong> Kandidat Thorsten Hännchen in <strong>der</strong><br />

Thorsten:<br />

schriftlichen Prüfung kläglich versagt hat ...<br />

Ach Mutter - Karin - morgen möchte ich gern etwas Oberstudienrätin Pia:<br />

länger schlafen. Ich bin zur Zeit ein bisschen<br />

(wie ein Echo)<br />

überarbeitet. Aber verschlafen will ich auch nicht. Weck - kläglich versagt hat ...<br />

mich doch bitte, wenn du los fährst.<br />

Oberstudienrätin Karin:<br />

Karin:<br />

... kläglich versagt hat ...<br />

(im Weggehen)<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Überarbeitet bist du? Wovon denn? Naja, tschüs, ich ...muss er jetzt noch einmal mündlich nachgeprüft<br />

weck dich dann gegen neun.<br />

werden. Bitte, Kollegin, führen Sie die Prüfungsaufgabe<br />

(ab)<br />

herein.<br />

Thorsten:<br />

(Pia bringt Nadine herein, die lediglich mit einer<br />

(im Spotlight zum Publikum)<br />

knappen Textilie bekleidet ist, auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Schriftzug<br />

<strong>Ein</strong> Glück, dass sie weg musste. Manchmal sind Autoren "Prüfungsaufgabe" angebracht ist. Sie macht zu<br />

doch zu etwas gut. Da sie jeden Autor nach seiner entsprechen<strong>der</strong> Musik aufreizende und gleichzeitig<br />

Lesung noch gnadenlos in stundenlange Diskussionen komisch wirkende Bewegungen)<br />

verwickelt, wusste ich, dass ich noch mehrere Stunden Nadine:<br />

Zeit hatte, um das Menu d'amour <strong>für</strong> morgen Abend zu Goethes Drama "Faust" besteht aus mehreren Teilen.<br />

planen. Die Vorspeisen und kleineren Zwischengänge Sagen Sie, aus wie vielen Teilen?<br />

waren ja kein großes Problem und als Nachspeise konnte Thorsten:<br />

ich vielleicht die Charlotte Malakoff servieren - ach ne, Aus wie vielen Teilen? Welches Drama, sagten Sie noch<br />

die wäre doch zu schwer, zu kalorienreich, besser mal?<br />

vielleicht ein Creme-Chaudeau im heißen Wasserbad Nadine:<br />

12


Faust, mein Süßer, Faust von Goethe, diesem alten<br />

Frauenhelden.<br />

Thorsten:<br />

Aus wie vielen Teilen? Aus wie vielen Teilen? Aus wie<br />

vielen Teilen?<br />

(zählt an den den Fingern ab)<br />

Aus sechs Teilen.<br />

(Karin bricht vor Entsetzen ohnmächtig zusammen)<br />

Schnell, rufen Sie Frau Dr. Spätmann! O<strong>der</strong> holen Sie<br />

wenigstens die braune Medizinflasche aus dem<br />

Apothekenschrank!<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Lenken Sie nicht vom Thema ab. Die Prüfung geht<br />

weiter.<br />

Nadine:<br />

Also noch einmal, mein Süßer. Aus wie vielen Teilen<br />

besteht das Drama Faust?<br />

Thorsten:<br />

Ich hatte sechs gesagt, also bleibe ich dabei. Also: sechs.<br />

Nadine:<br />

Wie kommst du denn auf Sex, mein Süßer? Ach, ich<br />

weiß schon, ich weiß schon. Er denkt immer nur an das<br />

<strong>Ein</strong>e, immer nur an das <strong>Ein</strong>e.<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

(höhnisch)<br />

Der Kandidat denkt immer nur an das <strong>Ein</strong>e - soweit er<br />

denn überhaupt mal denkt. Immer nur an das <strong>Ein</strong>e.<br />

Oberstudienrätin Pia:<br />

... immer nur das <strong>Ein</strong>e.<br />

Oberstudienrätin Karin:<br />

(ist aus ihrer Ohnmacht wie<strong>der</strong> erwacht)<br />

Immer nur an das <strong>Ein</strong>e.<br />

(jammervoll)<br />

Ach Gott, ach Gott, ach Gott, mein armer Junge, er<br />

denkt immer nur an das <strong>Ein</strong>e.<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

<strong>Das</strong> war also nichts. Aber eine Chance bekommen Sie<br />

noch. Wenn Sie die nicht nutzen, dann sind Sie<br />

durchgefallen.<br />

Oberstudierätin Pia:<br />

... dann sind Sie durchgefallen.<br />

Oberstudienrätin Karin:<br />

Dann bist du durchgefallen, mein Törtchen.<br />

(aus allen Ecken ertönt es nun in allen möglichen<br />

Stimmlagen und in verschiedenen Betonungen von<br />

... durchgefallen ... usw.<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Die nächste Frage bitte.<br />

Nadine:<br />

Also, mein Süßer, hier ist die nächste Frage: Wo trifft<br />

Faust seine Geliebte Gretchen in Faust 1 zum letzten<br />

Mal?<br />

(Echo <strong>der</strong> Stimmen: ... zum letzten Mal ... zum letzten<br />

Mal - zum letzten Mal ... )<br />

Thorsten:<br />

Zum letzten Mal? ... Ich würde sagen: in <strong>der</strong> Kirche. Die<br />

waren doch damals dauernd in irgendeiner Kirche.<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Falsch! Ganz falsch!<br />

(Echo <strong>der</strong> Stimmen: falsch ... falsch ... ganz falsch ... )<br />

Nadine:<br />

Nun sag schon, wo wird er sie schon getroffen haben?<br />

Thorsten:<br />

Seine Geliebte war das? ... Ach so, seine Geliebte. Na<br />

klar: In irgendeinem Hotel, da hat er wahrscheinlich ein<br />

Doppelzimmer gebucht.<br />

Oberstudienrätin Pia:<br />

Falsch! Ganz falsch! Absolut falsch! Er hat wie<strong>der</strong> nur an<br />

das <strong>Ein</strong>e gedacht<br />

(Chor <strong>der</strong> Stimmen: Falsch ...ganz falsch ... er denkt<br />

immer nur an das <strong>Ein</strong>e ... falsch ... falsch ... er denkt nur<br />

an das <strong>Ein</strong>e ... usw., Karin fällt im Hintergrund wie<strong>der</strong> in<br />

Ohnmacht)<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Damit ist die Prüfung beendet. Er ist wie<strong>der</strong> mal<br />

durchgefallen ...<br />

(Chor <strong>der</strong> Stimmen: Durchgefallen ...durchgefallen ...<br />

durchgefallen ...)<br />

Nadine:<br />

Nein, er bekommt noch eine Chance. <strong>Ein</strong>e letzte Chance.<br />

<strong>Ein</strong>e allerletzte Chance.<br />

Oberstudienrätin Nette:<br />

Er ist durchgefallen. Die Prüfung ist beendet.<br />

Nadine:<br />

Ach, halt die Klappe, du alte, vertrocknete<br />

Vogelscheuche. Ich sage, er bekommt noch eine Chance.<br />

Und ich habe das Sagen, denn ich bin das Leben. Er<br />

bekommt noch eine Prüfungsaufgabe. Und zwar eine<br />

praktische Prüfungsaufgabe, keine graue Theorie. Also,<br />

mein Süßer, letzte Aufgabe, letzte Chance.<br />

jammervoll bis höhnisch: durchgefallen ... durchgefallen (Chor <strong>der</strong> Stimmen: Deine letzte Chance ... deine letzte<br />

13


Chance - usw.)<br />

(sein Blick fällt auf eine Wanduhr)<br />

Karin:<br />

Mein Gott, es ist schon viertel nach neun. Ich muss<br />

(richtet sich wie<strong>der</strong> auf mit flehend erhobenen Armen einkaufen, sonst schaff ich das nie ...<br />

und gefalteten Händen)<br />

(nun an <strong>der</strong> Rampe zum Publikum)<br />

Deine letzte Chance, mein Törtchen. Mach mir bitte Dieser Tag war ein einziger Stress, das kann ich euch<br />

keine Schande. Du weißt doch, mein Herz erträgt das sagen. Aber ich habe es geschafft.<br />

nicht!<br />

(sinkt wie<strong>der</strong> zu Boden)<br />

Szene 6<br />

Nadine:<br />

(im Wohnzimmer. Thorsten deckt den Tisch. Als er fertig<br />

Und hier komm deine letzte Aufgabe: Tanze mit mir ist, klingelt es)<br />

einen Tango.<br />

Thorsten:<br />

(geht auf ihn zu, Thorsten weicht zurück)<br />

Ich komme schon.<br />

Thorsten:<br />

(Er rennt zur Tür und fällt dabei in voller Länge über die<br />

(jammervoll)<br />

Couch. Dann kommt er mit Nadine herein)<br />

Ich kann doch nicht tanzen. Ich kann nicht tanzen, und Hier geht's rein. Du, ich könnte dich da<strong>für</strong> küssen, dass<br />

schon gar keinen Tango.<br />

du wirklich gekommen bist.<br />

(Chor <strong>der</strong> Stimmen: Er kann nicht tanzen ... kann nicht Nadine:<br />

tanzen ... kann nicht tanzen ...<br />

Bitte, dann tu's doch.<br />

er kann es nicht ... er kann es nicht ...)<br />

(er ist zunächst verblüfft und küsst sie dann etwas<br />

Nadine:<br />

zaghaft)<br />

Natürlich kannst du das. Komm her, ich zeig dir, wie das Nadine:<br />

geht.<br />

<strong>Das</strong> müssen wir aber nachher noch ein bisschen üben.<br />

(Die immer lauter werdende Hintergrundmusik<br />

Thorsten:<br />

verwandelt sich in einen schrägen mo<strong>der</strong>nen Tango, die Du hast ja noch deine Jacke an. Gib sie mal her.<br />

Lichteffekte werden immer wil<strong>der</strong>, dann erscheint auch (er will ihr aus <strong>der</strong> Jacke helfen, verhält sich dabei aber<br />

Kai, und alle Figuren tanzen miteinan<strong>der</strong> und<br />

so ungeschickt, dass er ihr die Bluse fast mit auszieht)<br />

durcheinan<strong>der</strong>. Schließlich endet das ganze in lauten Nadine:<br />

Donnerschlägen. <strong>Das</strong> Licht geht kurz aus. In diesem (gut gelaunt)<br />

Moment verschwinden alle Figuren bis auf Karin von <strong>der</strong> Du bist ja ein ganz Wil<strong>der</strong>. Willst mich wohl zur<br />

Bühne. Dann wie<strong>der</strong> Licht, die gleiche Beleuchtung wie Begrüßung schon ausziehen?<br />

in Szene 4. Karin klopft ziemlich kräftig an Thorstens Thorsten:<br />

Zimmertür)<br />

(dem das furchtbar peinlich ist)<br />

Karin:<br />

Nein, natürlich nicht. Entschuldige bitte. Willst du dich<br />

Nun wach doch endlich auf! Was ist denn bloß los mit vielleicht da hinsetzen?<br />

dir?<br />

(zeigt ihr den Platz und geht selbst in Richtung Tisch,<br />

Thorsten:<br />

wobei er wie<strong>der</strong> über die Couch fällt)<br />

(man hört nur seine Stimme)<br />

Nadine:<br />

Ja, ist ja gut. Schrei doch nicht so.<br />

Sei bloß vorsichtig, ich hab gelesen, dass siebzig Prozent<br />

Karin:<br />

aller Unfälle im Haus passieren.<br />

Ich muss los, die beiden warten schon vor <strong>der</strong> Tür.<br />

Thorsten:<br />

Tschüs bis morgen Abend.<br />

Wir sollten erst mal mit etwas Champagner auf diesen<br />

(entfernt sich durch die rückwärtige Tür)<br />

Abend anstoßen.<br />

Thorsten:<br />

Nadine:<br />

(kommt im Schlafanzug mit wirren Haaren aus seinem Echter Champagner? Vornehm geht die Welt zugrunde.<br />

Zimmer)<br />

Thorsten:<br />

Kann sie mich denn nicht einmal ausschlafen lassen! <strong>Das</strong> ist die letzte von drei Flaschen, die mir ein guter<br />

14


Onkel geschenkt hat, als ich endlich beim zweiten wird mit Weißwein abgeschmeckt, und dass man da<strong>für</strong><br />

Anlauf das Abi geschafft hatte.<br />

den Richtigen erwischt, das ist <strong>der</strong> ganze Pfiff an <strong>der</strong><br />

Nadine:<br />

Sache. Ich hab sie ausgesucht, weil sie gut zum<br />

Immerhin, du hast es noch geschafft. Ich hab das<br />

Hauptgang passt.<br />

Handtuch schon vorher geschmissen.<br />

(sie löffeln die Suppe schweigend, dann steht Thorsten<br />

Was sind das <strong>für</strong> schöne Gläser!<br />

auf)<br />

(während er ihr einschenkt, stößt Thorsten sein eigenes Jetzt kommt <strong>der</strong> Hauptgang. <strong>Ein</strong>e baltische Landpastete.<br />

Glas vom Tisch)<br />

<strong>Das</strong> Rezept hab ich aus einem uralten<br />

Mein Gott, das schöne Glas! Deine Mutter wird mich handgeschriebenen Kochbuch, das von einer Großtante<br />

da<strong>für</strong> hassen.<br />

meines Vaters stammt, so einer alten baltischen Baronin.<br />

Thorsten:<br />

Dazu gibt es eine simple Sauce Hollandaise - aber eine<br />

Wie kommst du jetzt auf die? Und warum sollte sie dich selbstgemachte - und natürlich Salate.<br />

hassen?<br />

(trägt erst Salatschüsseln und eine Sauciere und dann die<br />

Nadine:<br />

Pastete auf)<br />

Alle Mütter hassen mich.<br />

Nadine:<br />

Thorsten:<br />

Die sieht ja aus wie ein altes Bauernbrot.<br />

(sammelt die Teile des zerbrochenen Glases ein, stellt ein Thorsten:<br />

neues <strong>für</strong> sich auf den Tisch, schenkt ein und hebt dann Schmeckt aber hoffentlich ein bisschen besser.<br />

das Glas)<br />

(sie essen)<br />

Darauf, dass dies ein ganz beson<strong>der</strong>er Abend wird. Nadine:<br />

Nadine:<br />

<strong>Das</strong> schmeckt ja unglaublich.<br />

(während sie mit ihm anstößt)<br />

Thorsten:<br />

Bei diesen wun<strong>der</strong>baren Düften aus <strong>der</strong> Küche bin ich <strong>Das</strong> hab ich auch gehofft. Da stecken schließlich einige<br />

fest überzeugt, dass dies ein ganz beson<strong>der</strong>er Abend Stunden Arbeit und zahllose Zutaten drin, die zum Teil<br />

wird.<br />

gar nicht leicht zu beschaffen sind. Soll ich dir ein paar<br />

(Pause. Torsten sitzt ihr gegenüber und starrt sie<br />

davon nennen?<br />

verzückt an. Nun schnuppert Nadine in Richtung<br />

Nadine:<br />

Küchentür)<br />

Lieber nicht, ich kann sie mir doch nicht merken. Ich bin<br />

Aber jetzt riecht es nicht mehr ganz so gut. Könnte es kein Typ <strong>für</strong>s Kochen. Ich esse lieber.<br />

sein, dass da was anbrennt?<br />

Thorsten:<br />

Thorsten:<br />

Dann passen wir ja gut zusammen.<br />

(springt auf)<br />

(sie essen eine Weile, dann springt Thorsten auf)<br />

Um Gottes willen, die Vorsuppe!<br />

Ich hab den Tischwein ja ganz vergessen! Ich hab da<br />

(rennt in die Küche, von wo man nun seine Stimme hört) einen roten Pfälzer, den hat mir eine Cousine besorgt,<br />

Ganz schön übergekocht. Aber es ist wohl noch genug die in dieser Gegend wohnt.<br />

im Topf geblieben.<br />

(holt eine Flasche aus <strong>der</strong>Küche, beugt sich über sie, um<br />

(man hört ihn in <strong>der</strong> Küche rumoren, dann kommt er mit ihr einzuschenken)<br />

einer Terrine und schöpft Suppe in die beiden Teiler) Du duftest so wun<strong>der</strong>bar. Was ist denn das <strong>für</strong> ein<br />

Lass es dir schmecken!<br />

Parfüm?<br />

(Sie beginnen zu essen)<br />

(er bemerkt gar nicht, dass er Nadines Kleid begießt. Sie<br />

Nadine:<br />

bemerkt es auch erst mit Verzögerung)<br />

Ganz köstlich. So eine leckere Suppe hab ich noch nicht Nadine:<br />

gegessen.<br />

Mensch pass auf, du begießt mein Kleid! Schon zu spät.<br />

Thorsten:<br />

(auf ihrem Kleid hat sich ein großer roter Fleck<br />

Sie trägt zwar den etwas pompösen Namen<br />

ausgebreitet)<br />

"Königinsuppe", aber eigentlich ist sie ganz einfach. Sie Thorsten:<br />

15


Oh verdammt! Warte, ich hole ein feuchtes Tuch.<br />

(Sie zieht ihn in das Zimmer, man hört rhythmische<br />

(läuft weg, um es zu holen)<br />

Musik, die bald in zärtlichere Klänge übergeht, aber<br />

Nadine:<br />

immer noch ziemlich laut bleibt. Dann fliegen einige<br />

(ruft ihm hinterher)<br />

Kleidungsstücke aus <strong>der</strong> Tür. Nach einiger Zeit öffnet<br />

Lass man, das hat keinen Zweck. <strong>Das</strong> muss ich<br />

sich die rückwärtige Tür und Karin Hännchen kommt<br />

ausziehen.<br />

herein. Sie ist von <strong>der</strong> Unordnung und von <strong>der</strong> lauten<br />

(zieht es vorsichtig aus und sitzt dann da in<br />

Musik so irritiert, dass sie sich keinen richtigen Reim auf<br />

Unterwäsche, behält aber durchaus ihre gute Laune) die Situation macht, sonst hätte sie sicherlich an<strong>der</strong>s<br />

Du bist mir ein raffinierter Kerl. <strong>Das</strong> ist doch wohl <strong>der</strong> reagiert. So schreit sie nur einfach los)<br />

abgebrühteste Trick, den ich je erlebt habe.<br />

Karin:<br />

Thorsten:<br />

Törtchen, hallo Törtchen, wo steckst du denn?<br />

(<strong>der</strong> zurückgekommen ist, lässt das Tuch zu Boden fallen (sie geht zu Torstens Zimmer und sieht hinein)<br />

und starrt sie geradezu andächtig an)<br />

Oh Gott, du bist ja nicht allein!<br />

Genau wie in meinem Traum. Genau so bist du mir (wirft Torstens Zimmertür zu und sinkt in einen Sessel,<br />

heute Nacht imTraum erschienen.<br />

zu ihren Füßen liegt Nadines BH, den Karin gedankenvoll<br />

Nadine:<br />

in die Hand nimmt)<br />

Dann war das hoffentlich kein Alptraum.<br />

Ich wusste ja nicht, ich hatte ja keine Ahnung. Aber wie<br />

Thorsten:<br />

konnte ich das auch wissen? Kaum bin ich weg, und<br />

Nein, naja, wie man's nimmt. Der Teil, <strong>der</strong> sich auf dich dann so was ...<br />

bezogen hat, natürlich nicht, aber <strong>der</strong> Rest. Aber du (Nadine, mit Thorstens Bademantel bekleidet, kommt<br />

frierst ja, ich hol dir was zum Anziehen.<br />

aus dem Zimmer und nimmt Karin stumm das<br />

(er verschwindet in seinem Zimmer, während sie weiter Wäschestück aus <strong>der</strong> Hand)<br />

genüsslich von ihrer Pastete isst, bis Thorsten mit einem Karin:<br />

Bademantel zurückkommt)<br />

Guten Tag, ich bin Karin Hännchen, Thorstens Mutter ...<br />

<strong>Das</strong> ist alles, was ich gefunden habe.<br />

Nadine:<br />

Nadine:<br />

Meinen Namen brauchen Sie sich gar nicht erst zu<br />

(zieht den Bademantel an)<br />

merken, ich komme hier bestimmt nicht mehr her.<br />

Der ist zumindest wärmer als mein Kleid.<br />

Karin:<br />

Thorsten:<br />

Es tut mir ja so leid, aber ich konnte doch nicht wissen ...<br />

Mein Gott, wie ist mir das peinlich! Dein schönes Kleid! Nadine:<br />

Wollen wir nun vielleicht weiteressen? Sonst wird alles (sammelt ihr Kleid vom Boden auf und wirft es dann<br />

kalt. Es gibt auch noch einen leckeren Nachtisch.<br />

wie<strong>der</strong> hin)<br />

Nadine:<br />

<strong>Das</strong> ist hin. Sie können es in den Müll werfen.<br />

Ich hab die Pastete inzwischen aufgegessen, wie du (geht zum rückwärtigen Ausgang)<br />

siehst. Wenn ich noch mehr esse, kann ich mich nicht Thorsten:<br />

mehr bewegen. Und was den Nachtisch betrifft, <strong>für</strong> den (kommt notdürftig bekleidet aus seinem Zimmer)<br />

fühle ich mich heute zuständig.<br />

Nadine, warte doch! Geh bitte nicht weg, Nadine! Bitte<br />

(sie steht auf, fasst Thorsten um die Schultern und nicht so!<br />

schiebt ihn zu seiner Zimmertür)<br />

Nadine:<br />

Nun zeig mir mal dein Zimmer und deine CD-Sammlung. (kommt noch einmal mit übergeworfener Jacke zur Tür<br />

(sieht in das Zimmer hinein)<br />

herein)<br />

Wie niedlich, Bettzeug mit Donald-Duck-Dekor. <strong>Das</strong> Wo sind meine Schuhe? Ich brauche meine Schuhe.<br />

hatte ich auch mal, als ich noch zur Grundschule ging. (zu Thorsten, <strong>der</strong> ihr die Schuhe reicht)<br />

Aber dann hab ich mir was mit Diddl-Mäusen<br />

Leb wohl, Meisterkoch. Und wehe, wenn du mir jetzt<br />

gewünscht. - Und jetzt komm her, mein Meisterkoch, hinterherläufst. Ich verbiete dir, mir nachzulaufen - du -<br />

jetzt zeig mir mal deine CDs.<br />

du - du Törtchen, du!<br />

16


(wirft mit Krach die Tür hinter sich zu)<br />

Gleiche Beleuchtung, gleiche Positionen)<br />

Thorsten:<br />

Thorten:<br />

(hat sich in einen Sessel fallen lassen und schweigt So, das ist meine Geschichte. Und wenn ihr mir nicht<br />

zunächst längere Zeit, Karin schweigt ebenfalls)<br />

dazwischen gekommen wärt, dann hätte ich jetzt schon<br />

<strong>Das</strong> werde ich dir nie vergessen, Niemals.<br />

alles überstanden und endlich Ruhe von diesem<br />

Karin:<br />

beschissenen, verpfuschten Leben.<br />

Es tut mir wirklich furchtbar leid, ich, wusste doch nicht Bille:<br />

...<br />

Ich möchte dir ja nicht zu nahe treten, aber, ehrlich<br />

Thorsten:<br />

gesagt, deine Sorgen möchte ich haben. Auch deine<br />

Du weißt nie was von mir.<br />

Mutter würde ich akzeptieren, wenn sie auch vielleicht<br />

Karin:<br />

ein bisschen nervig ist. Klar ist jedenfalls: Wenn sie mich<br />

(fängt an den Tisch abzuräumen)<br />

in einem gewissen Moment so gestört hätte wie dich,<br />

So toll hast du <strong>für</strong> mich noch nie gekocht.<br />

dann wäre ich jetzt nicht hier oben.<br />

Thorsten:<br />

Thorsten:<br />

Dich wollte ich auch noch nie in mein Bett kriegen. Du kannst leicht reden, weil du eine Frau bist. Du kannst<br />

Karin:<br />

gar nicht nachempfinden, was das alles <strong>für</strong> mich<br />

Ich konnte doch nicht wissen, was du vorhattest. Hättest bedeutet.<br />

du mir doch bloß etwas gesagt. - Nette und Pia und ich, Alter:<br />

wir haben uns ganz <strong>für</strong>chterlich gestritten und da wollte Und damit wäre jetzt die Zweite Runde eröffnet in dem<br />

ich mit den beiden nicht länger zusammenbleiben. Wettkampf "Wer ist das ärmste Schwein?" Der Sieger<br />

Deshalb bin ich mit dem Bus nach Hause gefahren. Aber erhält als ersten Preis einen Freiflug von <strong>der</strong> <strong>Brücke</strong>.<br />

wenn du willst, dann gehe ich heute in ein Hotel. - Was Thorsten:<br />

ist denn damit passiert?<br />

Nun hör mal auf. Wir sind beide nicht hier oben, um uns<br />

(hebt Nadines rotweinbeflecktes Kleid auf)<br />

blöde Bemerkungen anzuhören.<br />

Thorsten:<br />

Alter:<br />

(reißt ihr das Kleid. aus <strong>der</strong> Hand)<br />

Also Mädchen - wie war noch dein Name?<br />

Lass die Finger davon! <strong>Das</strong> ist alles, was mir von ihr Bille:<br />

geblieben ist. Du hast mein ganzes Leben zerstört, mein Bille.<br />

ganzes Leben. Alles ist kaputt kaputt, kaputt.<br />

Alter:<br />

Karin:<br />

Also Bille. jetzt bist du dran mit deiner Geschichte.<br />

Aber Thorsten, jetzt übertreibst du. Sowas lässt sich Bille:<br />

doch wie<strong>der</strong> einrenken. Schließlich hast du doch gar Ich bin nicht so gut im Erzählen wie er und meine<br />

keine Schuld gehabt. <strong>Das</strong> wird diese ... deine Freundin Geschichte ist auch furchtbar gewöhnlich und<br />

auch einsehen, wenn sie erst mal darüber nachdenkt. langweilig. Ich bin einfach im vierten Monat schwanger.<br />

Komm Törtchen, ich mach uns erst mal eine Schokolade Alter:<br />

...<br />

Aber hör mal, wir leben im einundzwanzigsten<br />

Thorsten:<br />

<strong>Jahr</strong>hun<strong>der</strong>t, da gehen Mädchen doch wegen einem<br />

<strong>Das</strong> ist alles, was du kannst: Schokolade kochen.<br />

dicken Bauch nicht ins Wasser und springen schon gar<br />

Wi<strong>der</strong>liche, klebrige, zuckersüße Schokolade - Und sag nicht von einer <strong>Brücke</strong>!<br />

nie wie<strong>der</strong> Törtchen zu mir, auch nicht, wenn du an Bille:<br />

meinem Grab stehst.<br />

An<strong>der</strong>e Mädchen vielleicht nicht, aber ich schon.<br />

(zieht sich Schuhe an)<br />

Thorsten:<br />

Ich weiß jetzt, was ich mache. Mich siehst du nie wie<strong>der</strong>. Du hättest doch eine Abtreibung machen lassen können.<br />

(ab durch die Flurtür, die laut hinter ihm ins Schloss fällt) Ich kenne mehrere in deinem Alter, bei denen das gar<br />

Szene 7<br />

kein Problem war.<br />

(wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Hochbrücke, Fortsetzung von Szene 1. Bille:<br />

17


<strong>Ein</strong>e Abtreibung kommt <strong>für</strong> mich nicht in Frage.<br />

jetzt endgültig von dieser <strong>Brücke</strong> o<strong>der</strong> ich schlag dir die<br />

Alter:<br />

Zähne ein.<br />

Ja dann krieg das Kind doch. Du bist schließlich nicht die Bille:<br />

<strong>Ein</strong>zige, <strong>der</strong> sowas passiert.<br />

Bitte, lass ihn in Frieden. Er sieht so traurig aus - und er<br />

Bille:<br />

hat doch auch recht mit dem, was er sagt.<br />

<strong>Das</strong> will ich auf keinen Fall.<br />

Thorsten:<br />

Alter:<br />

(zum Irren)<br />

(zuckt mit den Achseln)<br />

Warum springst du denn nicht selber, wenn du<br />

Tja dann ... Wie stehen eigentlich deine Eltern dazu? unbedingt willst, dass hier was abgeht?<br />

Bille:<br />

Irrer:<br />

Meine Eltern? Die kannst du vergessen. Meine Mutter ist Aber ich bin doch selbst <strong>der</strong> Tod. Da kann ich doch nicht<br />

so eine arme Sau, die nie aus ihrem Kaff<br />

Selbstmord begehen.<br />

herausgekommen ist. Irgendwann ist sie von irgend Thorsten:<br />

jemandem schwanger geworden und hat mich gekriegt. <strong>Das</strong> ist nicht ohne Logik.<br />

Bis vor ein paar <strong>Jahr</strong>en hat sie mich ganz ordentlich (zu den an<strong>der</strong>n)<br />

aufgezogen, obwohl sie immer nur von<br />

<strong>Das</strong>s sich jemand <strong>für</strong> Napoleon hält o<strong>der</strong> <strong>für</strong> einen von<br />

vorübergehenden Jobs o<strong>der</strong> von Sozialhilfe gelebt hat. den Beatles, das hab ich ja schon gehört. Aber <strong>für</strong> den<br />

Aber dann hat sie einen Typen kennengelernt, so einen Tod, das ist wohl ganz was Neues.<br />

besseren Herrn, mit dem lebt sie zusammen und nun Irrer:<br />

fühlt sie sich auch mal als was Besseres. Und seitdem hat Manche nennen mich auch Freund Hein, in Bayern sagt<br />

sie eine panische Angst davor, dass er sie abserviert, man Boandlkramer.<br />

wenn ihm mal was nicht passt. Mit meiner Geschichte (jetzt im Predigerton)<br />

kann ich da nicht kommen.<br />

Ich bin <strong>der</strong> dunkle Engel, <strong>der</strong> Anfang und das Ende, <strong>der</strong><br />

(Inzwischen hat sich <strong>der</strong> Irre herbeigeschlichen und Bote des Nichts. Aus Nichts bist du gemacht und zu<br />

schaltet sich nun in das Gespräch ein)<br />

nichts sollst du wie<strong>der</strong> werden. Am Anfang war das<br />

Irrer:<br />

Nichts und am Ende wird auch wie<strong>der</strong> Nichts sein. Und<br />

<strong>Das</strong> ist ein klassischer Fall von unlösbarem Konflikt. Sie nur dieses kleine <strong>Stück</strong> zwischen Anfang und Ende, das<br />

kann das Kind nicht zur Welt bringen, aber abtreiben ist das sogenannte Leben, um das die Menschen solch<br />

lassen kann sie es auch nicht. Dazu wäre es jetzt sowieso ein Getue machen.<br />

schon zu spät. Also gibt es doch nur die eine Lösung, die Alter:<br />

wun<strong>der</strong>bare, endgültige Lösung, die dich von allen Genau darum geht es hier: Um das Leben. Und damit ist<br />

Sorgen befreit ...<br />

nicht zu spaßen, auch wenn es <strong>der</strong> größte und einzige<br />

(er macht eine einladende Geste zum Abgrund hin) Spaß ist, den es gibt. Und deshalb hört jetzt mal gut zu,<br />

Bille:<br />

ihr beiden. Und du Dunkelmonster verziehst dich jetzt<br />

Du sagst es. Und das werde ich jetzt auch tun.<br />

und lässt dich heute hier nicht mehr blicken. Fürs Erste<br />

(will aufstehen)<br />

hast du hier nämlich ausgespielt.<br />

Alter:<br />

Ihr beiden kommt mal her.<br />

(mit schneiden<strong>der</strong> Stimme)<br />

(er stellt sich zwischen die beiden und umfasst Bille und<br />

Bleib sitzen! Rühr dich nicht von <strong>der</strong> Stelle - o<strong>der</strong> - o<strong>der</strong> Thorsten jeweils mit einem Arm. So geht er mit ihnen an<br />

ich prügel dich windelweich.<br />

den Rand des Abgrunds)<br />

Thorsten:<br />

Jetzt seht mal da hinunter.<br />

Man schlägt keine Frauen. Und schon gar keine<br />

(er drückt ihre Köpfe nach unten)<br />

schwangeren.<br />

Ja, seht nur genau hin. <strong>Das</strong> ist keine Kleinigkeit, da<br />

Alter:<br />

hinunter zu segeln. Und es dauert verdammt lange, bis<br />

(zum Irren)<br />

man unten auf dem Wasser aufschlägt. Und vergesst<br />

Und du ekelhaftes, irres Gespenst, du verschwindest nicht: <strong>Das</strong> ist kein Bungee-Springen. Da ist kein<br />

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