Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
86 Differentialgeometrie<br />
4.1.2 Karten<br />
Im R n sind wir gewohnt, Punkte durch Angabe eines Vektors in einem bestimmten Koordinatensystem<br />
zu charakterisieren, wir sagen z.B. dass sich ein Teilchen am Ort x ∈ R n befindet.<br />
Gleiches gilt <strong>für</strong> den Minkowskiraum der speziellen <strong>Relativitätstheorie</strong>, in dem Ereignisse<br />
(Punkte) durch Vierervektoren repräsentiert werden. Auf einer Mannigfaltigkeit ist es dagegen<br />
nicht so einfach, die Lage eines Punktes zu beschreiben. Wenn ein Einbettungsraum zur Verfügung<br />
steht, kann man zwar weiterhin Vektoren benutzen, z.B. kann man die Oberfläche einer<br />
Kugel durch die Menge der Vektoren {r} mit ||r−r0|| = R beschreiben, die vom Mittelpunkt zur<br />
Oberfläche zeigen. Will man jedoch auf einen umgebenden Einbettungsraum verzichten, versagt<br />
dieses Konzept, z.B. liegt der Mittelpunkt einer Kugel außerhalb ihrer Oberfläche. Die Vektoren<br />
müssten gewissermaßen innerhalb der Mannigfaltigkeit definiert sein, doch wie soll man mit<br />
verbogenen Vektoren arbeiten?<br />
Um dieses Problem zu umgehen, bildet man die<br />
Mannigfaltigkeit auf Karten ab, ähnlich wie die<br />
Erdoberfläche auf Landkarten abgebildet wird.<br />
Da die Mannigfaltigkeit auf kurzen Distanzen<br />
annähernd eben ist, gibt es nämlich zu jedem<br />
Punkt p ∈ M eine Umgebung U(p) ⊂ M mit<br />
einer Abbildung ϕ : U → R n . Eine solche Karte<br />
wird auch als lokales Koordinatensystem bezeichnet.<br />
Oft reicht eine einzige Karte nicht<br />
aus, um die gesamte Mannigfaltigkeit abzubilden,<br />
man braucht deshalb eine Kollektion mehrerer<br />
sich überlappender Karten, mit der die gesamte<br />
Mannigfaltigkeit abgedeckt wird. Eine solche<br />
Kollektion nennt man einen Atlas.<br />
Genauer: Eine Karte (auch lokales Koordinatensystem genannt) ist definiert als ein Paar (U,ϕ) bestehend<br />
aus einer offenen Teilmenge U ⊂ M <strong>und</strong> einem Homöomorphismus ϕ : U → R n . Eine Menge<br />
heißt offen. wenn es zu jedem Punkt p ∈ U eine Umgebung gibt, die vollständig in U liegt, wenn U<br />
also gewissermaßen keinen Rand hat. Eine Menge {Ui} von offenen Teilmengen von M heißt offene<br />
Überdeckung von M , wenn �<br />
iUi = M ist. Mit der Offenheit wird sichergestellt, dass aneinandergrenzende<br />
Teilmengen überlappen, also eine nicht-leere Schnittmenge besitzen. Eine Kollektion von<br />
Karten {(Uiϕi)}, deren Teilmengen Ui die Mannigfaltigkeit M offen überdecken, heißt Atlas von M .<br />
Atlanten geben uns also die Möglichkeit, eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit auf Teilgebiete<br />
des R n abzubilden <strong>und</strong> damit auf gewohnte Weise darzustellen. Atlanten sind nicht eindeutig, da<br />
es unendlich viele mögliche Projektionen <strong>und</strong> Aufteilungen gibt. Will man also eine abstrakte<br />
Eigenschaft einer Mannigfaltigkeit mit Hilfe von Karten berechnen, muss das Ergebnis von der<br />
gewählten Darstellung unabhängig sein, also <strong>für</strong> alle Atlanten übereinstimmen.<br />
Bereits die Kugeloberfläche S 2 ⊂ R 3 lässt sich nicht mit einer einzigen Karte abbilden, sondern<br />
man benötigt mindestens zwei Karten, z.B. <strong>für</strong> die Nord- <strong>und</strong> Südhalbkugel. In der Differentialgeometrie<br />
sind aneinandergrenzende Karten so beschaffen, dass sie überlappen. Diese<br />
Überlapplungsgebiete stellen sicher, dass man auf einfache Weise von einer Karte zur anderen<br />
wechseln kann. Mit Kartenwechseln werden wir uns im folgenden Abschnitt auseinandersetzen.<br />
Haye Hinrichsen — Allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong>