Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...

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76 Spezielle Relativitätstheorie aus um den Faktor γ verkürzt wahrgenommen. Wegen (3.37) folgt daraus τ = γτ ′ , d.h. Zeitintervalle werden um den Faktor γ gedehnt wahrgenommen. Auf diese Längenkontraktion und Zeitdilatation werden wir später zurückkommen. Man kann nun Gl. (3.39) in Gl. (3.38) einsetzen, nach t auflösen und wiederum die Reflexivität anwenden. Auf diese Weise erhält man den kompletten Satz der Transformationsgesetze x = γ (x ′ + vt ′ ) (3.40) t = γ (t ′ + vx′ ) c2 (3.41) x ′ = γ (x − vt) (3.42) t ′ = γ (t − vx ) c2 (3.43) Dies sind die speziellen (=nicht-spiegelnden) Lorentztransformationen in 1+1 Dimensionen. Es handelt sich um lineare Transformationen, die man etwas eleganter durch bzw. in Matrixform durch darstellen kann, wobei die sogenannte Rapidität ist. ct = ct ′ coshθ + x ′ sinhθ , x = x ′ coshθ + ct ′ sinhθ (3.44) � � ct x � �� � coshθ sinhθ ct ′ = sinhθ coshθ x ′ (3.45) θ = atanh(v/c) (3.46) Um das Verhalten in 3+1 Dimensionen zu verstehen, wiederholen wir das Gedankenexperiment mit zwei parallelen Spiegeln in der xy-Ebene, die im Eigensystem des Wagens S ′ einen vertikalen Abstand b ′ besitzen, so dass ein in z-Richtung hin- und zurücklaufender Lichtblitz eine Gesamtlaufzeit τ ′ = 2b ′ /c benötigt. Bewegt sich dieser Wagen wiederum gegenüber dem Laborsystem S mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung, hat der Lichtstrahl einen längeren Weg 2 � b 2 + v 2 (τ/2) 2 zurückzulegen, so dass c 2 τ 2 = 4b 2 + v 2 τ 2 bzw. τ = 2bγ/c ist. Wegen τ = γτ ′ muss dann aber b = b ′ sein, d.h. der vertikale Abstand der Spiegel bleibt unverändert. Folglich werden die Freiheitsgrade, die senkrecht auf der Relativgeschwindigkeit v stehen, nicht transformiert. Für v in x-Richtung lautet folglich die Lorentz-Transformation in 3+1 Dimensionen: ⎛ ⎞ ct ⎜ x ⎟ ⎝ y ⎠ z = ⎛ coshθ sinhθ 0 ⎞⎛ 0 ct ⎜ ⎜sinhθ ⎝ 0 coshθ 0 0 1 0⎟⎜ ⎟⎜ 0⎠⎝ 0 0 0 1 ′ x ′ y ′ z ′ ⎞ ⎟ ⎠ (3.47) Die Lichtgeschwindigkeit hat hier lediglich die Bedeutung eines Umrechnungsfaktors zwischen Zeit und Länge. Deshalb ist es in der Relativitätstheorie üblich, c = 1 zu setzen. Merke: Zeitabstände werden durch Bezugssystemwechsel um den Faktor γ gedehnt. Räumliche Ab- stände werden in Richtung der Relativgeschwindigkeit um den Faktor γ −1 kontrahiert. Abstände senk- recht auf der Relativgeschwindkeit bleiben unverändert. Haye Hinrichsen — Allgemeine Relativitätstheorie

3.2 Spezielle Relativitätstheorie – Minkowski-Raum 77 3.2.3 Minkowskiraum und Lorentz-Gruppe 1907, also zwei Jahre nach Einsteins Veröffentlichung, erkannte Herrmann Minkowski, dass die spezielle Relativitätstheorie elegant in einem vierdimensionalen Vektorraum formuliert werden kann, der die eindimensionale Zeit und den dreidimensionalen Ortsraum zu einer vierdimensionalen “Raumzeit” vereinigt. Dieser sogenannte Minkowskiraum ist ein vierdimensionaler reeller Vektorraum R 3+1 , dessen Vektoren als Vierervektoren bezeichnet werden. In der Standardbasis sind die Komponenten eines Vierervektors x durch (x 0 ,x 1 ,x 2 ,x 3 ) := (ct,x,y,z) gegeben. Dabei ist es üblich, für die Indices der Komponenten x µ griechische Indices von 0...3 zu verwenden, während lateinische Indices weiterhin für die räumlichen Komponenten 1...3 vorbehalten sind. Der Minkowskiraum R 3+1 ist mit einem indefiniten Pseudoskalarprodukt x · y = η(x,y) = ηµνx µ y ν ausgestattet, wobei die Komponenten des metrischen Tensors η in der Standardbasis durch η µν = ηµν ⎛ −1 ⎜ = ⎜ ⎝ 1 1 1 ⎞ ⎟ ⎠ (3.48) (3.49) gegeben sind. 3 Man verwendet hier das Symbol η statt g, um anzudeuten, dass es sich um eine flache (gravitationsfreie) Raumzeit handelt. Die Signatur mit dem Minuszeichen in der nullten Komponente ist das einzige Element der Theorie, das der Zeit eine gesonderte Rolle zuschreibt. 4 Lorentz-Transformationen sind nichts anderes als Koordinatentranformationen 5 Λ : x → x ′ : x µ ′ = Λ µ νx ν , (3.50) unter denen dieses Skalarprodukt invariant ist, ähnlich wie das gewöhnliche Skalarprodukt des R 3 unter Drehungen invariant ist. Aus x · y = (Λx) · (Λy) folgt die Bedinungsgleichung Λ T ηΛ = η bzw. Λ ρ µ ηρτΛ τ ν = ηµν . (3.51) Diese Transformationen bilden eine Gruppe, die sogenannte Lorentz-Gruppe, welche die räumlichen Drehungen und die sogenannten Lorentz-Boosts, also Bezugssystemwechsel, umfasst. Lorentztransformationen sind passive Transformationen, d.h. sie beschreiben einen Wechsel zwischen Koordinatensystemen, nicht jedoch eine Veränderung der physikalischen Realität. Ein Koordinatensystem ist dabei nichts anderes als ein Bezugssystem eines Beobachters. Lorentztransformationen verknüpfen eine bestimmte Klasse von Koordinatensystemen, nämlich solche, in denen der metrische Tensor die oben angegebene Gestalt hat. Solche Bezugssysteme sind beschleunigungsfrei und werden als Intertialsysteme bezeichnet. 3 Zum Begriff der Metrik vgl. Abschnitt 1.6.1 auf S. 24. 4 In älteren Büchern wird manchmal noch die Zeit t durch eine imaginäre Zeit it ersetzt wird. Mit diesem Trick wird das Minuszeichen eingeführt, ohne überhaupt einen metrischen Tensor definieren zu müssen. Allerdings lässt sich diese Notation nicht auf die allgemeine Relativitätstheorie übertragen, weil dort beliebige metrische Tensoren auftreten können. 5 vgl. Abschnitt 2.3.6 auf S. 53, wobei Λ µ ν der Transformationsmatrix M i j entspricht. Haye Hinrichsen — Allgemeine Relativitätstheorie

3.2 Spezielle <strong>Relativitätstheorie</strong> – Minkowski-Raum 77<br />

3.2.3 Minkowskiraum <strong>und</strong> Lorentz-Gruppe<br />

1907, also zwei Jahre nach Einsteins Veröffentlichung, erkannte Herrmann Minkowski, dass die<br />

spezielle <strong>Relativitätstheorie</strong> elegant in einem vierdimensionalen Vektorraum formuliert werden<br />

kann, der die eindimensionale Zeit <strong>und</strong> den dreidimensionalen Ortsraum zu einer vierdimensionalen<br />

“Raumzeit” vereinigt. Dieser sogenannte Minkowskiraum ist ein vierdimensionaler reeller<br />

Vektorraum R 3+1 , dessen Vektoren als Vierervektoren bezeichnet werden. In der Standardbasis<br />

sind die Komponenten eines Vierervektors x durch (x 0 ,x 1 ,x 2 ,x 3 ) := (ct,x,y,z) gegeben. Dabei<br />

ist es üblich, <strong>für</strong> die Indices der Komponenten x µ griechische Indices von 0...3 zu verwenden,<br />

während lateinische Indices weiterhin <strong>für</strong> die räumlichen Komponenten 1...3 vorbehalten sind.<br />

Der Minkowskiraum R 3+1 ist mit einem indefiniten Pseudoskalarprodukt<br />

x · y = η(x,y) = ηµνx µ y ν<br />

ausgestattet, wobei die Komponenten des metrischen Tensors η in der Standardbasis durch<br />

η µν = ηµν<br />

⎛<br />

−1<br />

⎜<br />

= ⎜<br />

⎝<br />

1<br />

1<br />

1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

(3.48)<br />

(3.49)<br />

gegeben sind. 3 Man verwendet hier das Symbol η statt g, um anzudeuten, dass es sich um eine<br />

flache (gravitationsfreie) Raumzeit handelt. Die Signatur mit dem Minuszeichen in der nullten<br />

Komponente ist das einzige Element der Theorie, das der Zeit eine gesonderte Rolle zuschreibt. 4<br />

Lorentz-Transformationen sind nichts anderes als Koordinatentranformationen 5<br />

Λ : x → x ′ : x µ ′ = Λ µ νx ν , (3.50)<br />

unter denen dieses Skalarprodukt invariant ist, ähnlich wie das gewöhnliche Skalarprodukt des<br />

R 3 unter Drehungen invariant ist. Aus x · y = (Λx) · (Λy) folgt die Bedinungsgleichung<br />

Λ T ηΛ = η bzw. Λ ρ<br />

µ ηρτΛ τ ν = ηµν . (3.51)<br />

Diese Transformationen bilden eine Gruppe, die sogenannte Lorentz-Gruppe, welche die räumlichen<br />

Drehungen <strong>und</strong> die sogenannten Lorentz-Boosts, also Bezugssystemwechsel, umfasst.<br />

Lorentztransformationen sind passive Transformationen, d.h. sie beschreiben einen Wechsel<br />

zwischen Koordinatensystemen, nicht jedoch eine Veränderung der physikalischen Realität. Ein<br />

Koordinatensystem ist dabei nichts anderes als ein Bezugssystem eines Beobachters. Lorentztransformationen<br />

verknüpfen eine bestimmte Klasse von Koordinatensystemen, nämlich solche,<br />

in denen der metrische Tensor die oben angegebene Gestalt hat. Solche Bezugssysteme sind<br />

beschleunigungsfrei <strong>und</strong> werden als Intertialsysteme bezeichnet.<br />

3 Zum Begriff der Metrik vgl. Abschnitt 1.6.1 auf S. 24.<br />

4 In älteren Büchern wird manchmal noch die Zeit t durch eine imaginäre Zeit it ersetzt wird. Mit diesem Trick<br />

wird das Minuszeichen eingeführt, ohne überhaupt einen metrischen Tensor definieren zu müssen. Allerdings<br />

lässt sich diese Notation nicht auf die allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong> übertragen, weil dort beliebige metrische<br />

Tensoren auftreten können.<br />

5 vgl. Abschnitt 2.3.6 auf S. 53, wobei Λ µ ν der Transformationsmatrix M i j entspricht.<br />

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