Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
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70 Spezielle <strong>Relativitätstheorie</strong><br />
3.1.4 Vorsymplektische Formulierung<br />
Zeit als Koordinate<br />
Zukunft <strong>und</strong> Vergangenheit sind durch den Moment der Gegenwart voneinander getrennt. Dieser<br />
Moment der Gegenwart kann <strong>für</strong> jeden Beobachter durch eine Zahl beschrieben werden. Auf die<br />
Frage eines Journalisten, was Zeit sei, soll Einstein geantwortet haben: “Zeit ist das, was eine<br />
Uhr anzeigt”.<br />
Die Newtonsche Mechanik basiert auf der sehr viel weitergehenden Annahme, dass Uhren<br />
global synchronisierbar sind, also unabhängig von ihrer Trajektorie immer die gleiche Zeit anzeigen.<br />
In diesem Fall muss nicht jeder Beobachter seine eigene Uhr mit sich führen, vielmehr<br />
reicht eine Uhr <strong>für</strong> alle aus. In diesem Fall reduziert sich die Zeit auf einen globalen Parameter t,<br />
die <strong>für</strong> alle Beobachter gleichermaßen verbindliche universelle Zeit. Dieser Parameter kann benutzt<br />
werden, um Bewegungsabläufe zu parametrisieren. Die Notation q(t) drückt genau diesen<br />
Sachverhalt aus.<br />
In der relativistischen <strong>Physik</strong> ist die Zeit nach wie vor das, was eine Uhr anzeigt. Uhren<br />
sind jedoch nicht mehr synchronisierbar, womit Zeit zu einer individuellen Größe wird. Jeder<br />
Beobachter hat also seine eigene Zeit, auch Eigenzeit genannt, ganz ähnlich wie auch jeder Beobachter<br />
einen individuellen Aufenthaltsort hat. Im Rahmen der <strong>Relativitätstheorie</strong> zeigt sich,<br />
dass man die Zeit als Koordinate auffassen kann <strong>und</strong> dass Raum- <strong>und</strong> Zeitkoordinaten als gemeinsame<br />
Koordinaten einer vierdimensionalen Raumzeit interpretiert werden können.<br />
Es ist sehr instruktiv, dass man das Konzept einer Zeitkoordinate auch schon im Rahmen<br />
der nichtrelativischen Mechanik konsistent einführen kann. Man wird dabei auf einen eleganten<br />
Formalismus geführt, der von Rovelli in Ref. [14] als ‘vorsymplektischer’ (engl. pre-symplectic)<br />
Formalismus beschrieben wird. Die gr<strong>und</strong>legende Idee ist, die Zeit in den Phasenraum zu integrieren,<br />
d.h. wir betrachten einen 2m + 1-dimensionalen Raum mit Koordinaten<br />
t,q 1 ,...,q m , p 1 ,..., p m .<br />
Ein Teilchen wird in diesem Raum durch eine Kurve, eine sogenannte Weltlinie, beschrieben.<br />
Auf diesem Phasenraum ist eine 1-Form<br />
definiert. Das Differential<br />
θ =<br />
Ω = dθ =<br />
m<br />
∑<br />
i=1<br />
p i dq i − H0 dt (3.17)<br />
m<br />
∑ dp<br />
i=1<br />
i ∧ dq i − dH0 ∧ dt (3.18)<br />
ist eine schließende 2-Form (dΩ = 0); sie ist im Gegensatz zur symplektischen Form entartet 2 ,<br />
d.h. es gibt einen Vektor X so dass <strong>für</strong> alle Y ∈ Γ0 gilt, dass Ω(X,Y) = 0 ist. Es gibt also ein<br />
sogenanntes Nullvektorfeld<br />
Ω(X) = 0 (3.19)<br />
Dies sind die Bewegungsgleichungen, – kürzer geht es nicht.<br />
2 Jede 2-Form in einem Vektorraum mit ungerader Dimension ist entartet, siehe Abschnitt 2.3.7 auf S. 55.<br />
Haye Hinrichsen — Allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong>