Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
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122 Feldgleichen der Allgemeinen <strong>Relativitätstheorie</strong><br />
in denen es geschrieben ist. Es ist in der Sprache der Mathematik geschrieben, <strong>und</strong><br />
deren Buchstaben sind Kreise, Dreiecke <strong>und</strong> andere geometrische Figuren, ohne die<br />
es dem Menschen unmöglich ist, ein einziges Wort davon zu verstehen; ohne diese<br />
irrt man in einem dunklen Labyrinth herum.” 1<br />
Neu ist aber auch eine Verschiebung des Interesses vom allumfassenden Weltbild zum Einzelphänomen,<br />
womit der Gr<strong>und</strong>stein <strong>für</strong> eine empirische am Experiment orientierte Wissenschaft<br />
gelegt wird:<br />
“Ich halte das Auffinden einer Wahrheit, auch der kleinsten, <strong>für</strong> wichtiger als jene<br />
länglichen Disputationen über die größten Fragen, die zu nichts führen” 2<br />
Relativitätsprinzip<br />
Eine wichtige Errungenschaft der Renaissance ist das Relativitätsprinzip. Der wohl erste wirkliche<br />
“Relativist” ist der Theologe Nikolaus von Kues (1401-1464), auch Cusanus genannt. Obwohl<br />
er kein Naturwissenschaftler ist, eilt er seiner Zeit weit voraus. Weder die Erde, die Sonne<br />
noch irgendein anderer Himmelskörper seien seiner Ansicht nach als Mittelpunkt der Welt zu<br />
betrachten. Gott als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Existenz der Welt könne nämlich nicht selbst Teil der Welt<br />
sein <strong>und</strong> aus diesem Gr<strong>und</strong>e – in heutigen Jargon ausgedrückt – auch nicht mit der Welt physikalisch<br />
wechselwirken. Demzufolge unterliege die Welt Naturgesetzen, in die Gott nicht aktiv<br />
eingreift, die also gewissermaßen autonom ablaufen <strong>und</strong> in ihrer Form zeitlich unveränderlich<br />
sind. Da kein Element dieser Welt Gott-gleich <strong>und</strong> damit in besonderer Weise ausgezeichnet wäre,<br />
könnten sich diese Naturgesetze nur auf die Relationen zwischen Objekten beziehen. Gott sei<br />
dagegen das “Nicht-Andere”, also der Seinsgr<strong>und</strong>, der nicht in relativen Kategorien ausdrückbar<br />
ist. Mit diesem spekulativen Weltbild ist Cusanus wohl der erste moderne Relativist <strong>und</strong> geht<br />
sehr viel weiter als z.B. Kopernikus, der fast 100 Jahre später mit seiner Schrift “De Revolutionibus<br />
Orbium Coelestium” den Mittelpunkt der Welt zwar von der Erde zur Sonne verlegt,<br />
jedoch im Gr<strong>und</strong>e das Konzept eines absoluten Bezugssystems beibehält.<br />
Das Relativitätsprinzip verbannt nicht nur den Menschen aus dem Mittelpunkt des Universums,<br />
sondern hat auch andere weitreichende Konsequenzen. Wenn nämlich die Naturgesetze<br />
ausschließlich auf Relationen zwischen Objekten beruhen, muss die Struktur von Raum <strong>und</strong> Zeit<br />
damit verträglich ist. In heutiger Sprache ausgedrückt müssen Raum <strong>und</strong> Zeit die notwendigen<br />
Symmetrien besitzen, nämlich homogen, isotrop <strong>und</strong> unbegrenzt sein. Die bis dahin allgemein<br />
akzeptierte Vorstellung von einer Begrenzung des Diesseits durch eine Fixsternsphäre war damit<br />
nicht mehr kompatibel. Giordano Bruno unternahm den Versuch, das religiöse Weltbild dieser<br />
neuen Sichtweise anzupassen: Nur ein unendliches Universum reflektiere Gottes Unendlichkeit<br />
in angemessener Weise, argumentiert er.<br />
Galieo Galilei, der eher an der “Wahrheit, auch der kleinsten” interessiert ist, gelingt es zuerst,<br />
das Relativitätsprinzip anschaulich <strong>und</strong> dann in Form der berühmten Galilei-Transformation<br />
auch mathematisch zu formulieren:<br />
“Schließt Euch in Gesellschaft eines Fre<strong>und</strong>es in einen möglichst großen Raum unter<br />
dem Deck eines großen Schiffes ein. Verschafft Euch dort Mücken, Schmetter-<br />
1 Galileo Galilei, Saggiatore (1623).<br />
2 ”Io stimo più il trovar un vero, benché di cosa leggiera, che ’l disputar lungamente delle massime questioni senza<br />
conseguir verità nissuna.“ Nachweis unklar.<br />
Haye Hinrichsen — Allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong>