Relativitätstheorie - Fakultät für Physik und Astronomie - Universität ...
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5 Elektrodynamik als Eichtheorie<br />
Die allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong> gehört zur Gruppe der sogenannten Eichtheorien <strong>und</strong> basiert<br />
auf der Lorentzgruppe als Eichgruppe. Eichtheorien folgen einem einheitlichen Konstruktionsprinzip.<br />
Um uns an dieses Prinzip heranzutasten, betrachten wir zunächst die einfachste aller<br />
Eichtheorien, nämlich die Elektrodynamik betrachten. Die Elektrodynamik ist eine Eichtheorie,<br />
die auf der Symmetriegruppe U(1) beruht.<br />
5.1 U(1)-Eichtheorie<br />
5.1.1 Intrinsische Freiheitsgrade<br />
Neben den raumzeitlichen Freiheitsgraden, in denen man sich fortbewegen kann, gibt es in der<br />
Natur intrinsische Freiheitsgrade, die man sich als kleine ‘aufgerollte Dimensionen’ vorstellen<br />
kann, die in jedem Punkt der Raumzeit ‘aufgehängt’ sind. Zwar kann man sich als Mensch in<br />
diesen kompaktifizierten Dimensionen nicht konkret fortbewegen, wie man es in raumzeitlichen<br />
Dimensionen gewohnt ist, doch treten die Effekte dieser aufgerollten Freiheitsgrade indirekt in<br />
Form von physikalischen Kraftfeldern in Erscheinung.<br />
Ähnlich wie die Raumzeit eine bestimmte Struktur besitzt, die sich durch ihre Symmetriegruppe<br />
(Poincarégruppe) beschreiben lässt, werden auch die intrinsischen Freiheitsgrade durch<br />
ihre Symmetriegruppe charakterisiert. Das einfachste Beispiel einer kompaktifizierten Dimension<br />
ist ein Kreis S 1 . Dessen Symmetriegruppe ist die sogenannte Kreisgruppe (engl. circle group)<br />
der Translationen entlang des Kreises. Anders als Translationen in R, mit denen man sich beliebig<br />
weit entfernen kann, kommt man auf einem Kreis irgendwann wieder am Ausgangspunkt<br />
an, d.h. die Kreisgruppe ist kompakt.<br />
Bemerkung: Symmetrien sind der eigentliche Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Existenz jeglicher Strukturen in der<br />
Natur. Symmetrien geben keine Freiheit, sondern schränken ein. Ohne Symmetrien würde sich die<br />
Quantenphysik in allen Zuständen ausbreiten <strong>und</strong> eine strukturlose Suppe erzeugen. Mit Symmetrien<br />
kommen aber Spielregeln in Form von Erhaltungsgrößen ins Spiel. Alle makroskopisch beobachtbaren<br />
Eigenschaften von Objekten sind an Symmetrien gekoppelt. Ohne Translationsinvarianz gäbe es<br />
z.B. nicht die Begriffe von Ort <strong>und</strong> Impuls. Theoretische <strong>Physik</strong> beginnt deshalb immer damit, die<br />
zugr<strong>und</strong>eliegenden Symmetriegruppen zu identifizieren.<br />
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Darstellung eines Kreises. Zum Beispiel bilden<br />
die komplexen Zahlen z ∈ C mit konstantem Betrag |z| = const einen Kreis in der komplexen<br />
Ebene. Translationen entlang dieses Kreises lassen sich durch Multiplikation mit einer komplexen<br />
Phase z = e iφ ausdrücken, wobei φ ∈ [0,2π) ist. Weil es sich dabei formal um unitäre<br />
(=normerhaltende) Transformationen eines einzelnen komplexen Freiheitsgrades handelt, verwendet<br />
man <strong>für</strong> die Kreisgruppe in der <strong>Physik</strong> die Bezeichnung U(1).<br />
Haye Hinrichsen — Allgemeine <strong>Relativitätstheorie</strong>