Upland-Tips-Maerz-2010 - Willingen live
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UPLAND-TIPS<br />
Schiefer fahren in den 30er Jahren<br />
WILLINGEN/UPLAND. Auch in diesem Jahr finden sich in verschiedenen<br />
Ausgaben von UPLAND-TIPS wieder kleine Ausschnitte und Anekdoten<br />
aus dem Band 4 der erfolgreichen Buchreihe „<strong>Willingen</strong> – gestern und<br />
heute“. Im März möchte ich Ihnen einen Auszug des im <strong>Upland</strong> sehr<br />
bekannten Zeitzeugen Karl Rummel (Steinjohann) präsentieren. Er gewährt<br />
uns einen Einblick in den harten Broterwerb im <strong>Upland</strong> in den 30er<br />
Jahren. Es ist schön, wenn ein Zeitzeuge berichten kann, wie sich die<br />
Arbeit und Lebensverhältnisse zu seiner Jugend zugetan haben und wie<br />
18<br />
„<strong>Willingen</strong> – gestern und heute“<br />
schiefer fahren Von Karl Rummel<br />
Der Steinjohann (Rummel) war der Schieferfuhrmann.<br />
In der Zeit, in der es noch keine Gummiwagen und<br />
noch keine Lastwagen auf den Straßen gab, musste<br />
alles auf Wagen mit eisenbereiften Rädern transportiert<br />
werden. Das ging so, bis 1939 der Krieg anfing.<br />
Wir in Steinjans waren so lange ich weiß, fest bestellt,<br />
den Schiefer, der in der Willinger Grube gebrochen,<br />
nach oben transportiert, im Spalthaus in<br />
die richtige Stärke gespalten und dann von Hand in<br />
die verschiedenen Formen gehauen wurde, so wie<br />
sie der Dachdecker sie auf dem Dach brauchte, an<br />
den Bahnhof zum Verladen in Waggons zu transportieren.<br />
Am Tag vorher kam Kämpers August zu<br />
unserem Vater und sagte: »Christian, wir haben<br />
für den Wagen einen Waggon bestellt, wir müssen<br />
Schiefer verladen«. Als Betriebsleiter der Grube<br />
war er dafür zuständig. Dann mussten wir ran,<br />
da ging kein Weg dran vorbei. Ob nun Heu- oder<br />
die Entwicklung unseres Ortes bis heute stattgefunden hat. Ein herzliches<br />
Dankeschön an Karl Rummel, der uns mehrere solche Einblicke im vierten<br />
Band von „<strong>Willingen</strong> – gestern und heute“ gewährt.<br />
� Dirk Bäringhausen<br />
Vorsitzender Heimat – und Geschichtsverein <strong>Willingen</strong> e.V.<br />
PS: Der Band ist bei „Ambiente“, bei „Foto Werner“ und bei „Getränke<br />
Brüne“ sowie im „Willinger Rathaus“ erhältlich (12,50 Euro).<br />
Körnerernte war oder ein Gewitter drohte, es musste Schiefer gefahren werden.<br />
Wie manches Mal hat es uns ins fertige Heu oder in die Frucht geregnet. Aber die<br />
Grube bezahlte immer prompt und Geld war im <strong>Upland</strong> sehr knapp. Wir mussten<br />
nun am Abend vorher für diese Verladeaktion drei Wagen mit Kastengerüst fertig<br />
machen, die Wagenachsen schmieren, dass es die Pferde ein wenig leichter<br />
hatten. Manchmal dauerte diese Arbeit abends bis um zehn, halb elf, und dann<br />
musste noch ein Wagen auf den Platz vor die Grube gebracht werden. Die Leute<br />
fingen um halb fünf an aufzuladen, alles mit der Hand. So eine Ladung Schiefer<br />
umfasste immer 300 bis 320 Zentner. Ein Wagen wurde beladen, mit einem vollen<br />
waren wir unterwegs und der dritte wurde am Bahnhof gewogen und von den<br />
Grubenleuten in die Waggons verladen. Zum Auf- und Abladen wurden immer<br />
mindestens zehn Leute gebraucht. Wir mussten zehnmal fahren, denn mehr als<br />
30 Zentner schafften die Pferde nicht die Buckemühle rauf. Das Kopfsteinpflaster<br />
war in den 30er Jahren schon blank abgefahren. Oft rutschten die Pferde und<br />
lagen fast auf den Knien. Sie konnten einem richtig Leid tun. Es war eine böse<br />
Quälerei. Unser Lohn ging nach dem Schiefergewicht. Wir bekamen pro Zentner<br />
zehn Pfennig. Das waren dann pro Abend für den Fuhrmann, zwei Pferde und drei<br />
umgerüstete Kastenwagen 30 bis 32 Mark. Und die armen Pferde fielen am Abend<br />
über die eigenen Knochen. Dem Fuhrmann ging es nicht viel anders…