1 2unsere heutige Landschaft als Ergebnis derunterschiedlichsten landschaftsgenetischenFaktoren heraus. Auf deren Charakteristikwurde eingangs schon ausführlicher hingewiesen.Die Schichtenfolge des mittleren und nördlichen <strong>Brandenburgs</strong>lässt sich nach ihrem formationellen Charakter zu dem in Tabelle 1dargestellten lithologischen Kurzprofil zusammenfassen.Unter Zugrundelegung stofflich-genetischer Gesichtspunkte kanndiese Schichtenfolge in beckendynamische Stadien gegliedertwerden (vgl. Sc h w a b et al. 1979, Sc h w a b 1985), die in Tabelle 2um die wichtigsten struktur<strong>geologischen</strong> Prägungsetappen (vgl.Sta c k e b r a n d t & Fr a n z k e 1989) ergänzt wurde.3 45 67 8Abb. 17Übersichtskarten des Niederlausitzer Lagerstättenreviersmit der Ausdehnung von Meerund Moor sowie den Gewässersystemen imMoor für definierte Zeitabschnitte des 2. LausitzerFlözes (Entwurf: Rudolf Bönisch);Nach: No w e l , W., Bö n i s c h, R., Sc h n e i d e r, W.& H. Sc h u l z e (1994)1 – Liegendes der 3. Flözbank über der erstenVermoorungsphase (Unterbegleiter)2 – Abschluss der 3. Flözbank mit Mäandersystem3 – Maximalentwicklung des Zwischenmittels24 – Unterer Teil der 2. Flözbank mit Mäandersystem5 – Meeresverstoß während der Bildungder 2. Flözbank6 – Oberer Teil der 2. Flözbank mit JüngstemMäandersystem (Jüngerer Dubrauerbzw. Jüngerer Hornoer Mäander)7 – Maximalausdehnung des 1. Zwischenmittelsund erosiv durch tertiäre Hangendsedimentebeeinflusste Flächenehemaliger Kohlenbildung8 – 1. Flözbank mit erodierten FlözgebietenLegendeIn Kombination mit der konkreten <strong>geologischen</strong> Schichtenfolgeresultiert daraus eine vorrangig prozessorientierte geodynamischeGliederungsmöglichkeit der Senkenfüllung.Insgesamt zeigt sich für die letzten rund 300 Millionen Jahre eineaußerordentlich wechselvolle geologische <strong>Entwicklung</strong> des jetzigenLandes Brandenburg. Dabei erweist sich die eingangs geschilderteLandschaftsgenese des jüngsten quartären Zeitabschnitts unter denBedingungen der Mehrfachvereisung und zwischengeschalteterWarmphasen unterschied licher Intensität als eine Sonderentwicklungin der Geschichte der Norddeutschen Senke. Deren Hauptcharakterist dagegen durch lange Perioden ruhiger Tafelsedimentationbestimmt, gekennzeichnet durch Dominanz von kontinentalen undflachmarinen Sedimenten sowie verbunden mit den Auswirkungenkurzzeitiger tektonischer Ereignisse.Die tektonischen Ereignisse wirkten sich durch Hebungen oderSenkungen von Krustensegmenten auf das Ablagerungs- und Abtragungsgeschehender brandenburgischen Sedimentgesteine aus.Sie finden ihren Niederschlag in stärkeren lithologischen Gradientenbzw. Mächtigkeitszunahmen, Schichtlücken und Diskordanzen. DasStudium der Bohrkerne aus den Tiefbohrungen <strong>Brandenburgs</strong>ermöglicht es, diesen weit zurückliegenden Ereignissen auf dieSpur zu kommen.Der eingangs beschriebene Weg des jetzigen <strong>Brandenburgs</strong> ausäquatorialen Breiten in die heutige Position um 58° nördlicherBreite („brandenburgischer Vogelflug“, siehe Abb. 2) führte inVerbindung mit den variierenden Beanspruchungsregimes unddaran gekoppelten Senkungs- und Hebungsbewegungen zu sichkontinuierlich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen undzu einem häufigen Wechsel in der Land-Meer-Verteilung.Die heutigen Festlandsbedingungen – wichtigste Basis für die Existenzunserer Gesellschaft – haben sich erst in den letzten MillionenJahren nach Rückzug des Miozän-Meeres eingestellt und auch ohneBerücksichtigung eines auf globale Erwärmung zurückgehendenMeeres spiegelanstiegs ist die „Rückkehr“ einer Meeresingression ausdem Bereich der heutigen Nordsee eher wahrscheinlich als die langfristigeBeibehaltung der gegenwärtigen Festlandskonditionen.22
Tab. 1Schematische Schichtenfolge der Norddeutschen Senke in ZetralbrandenburgBrandenburgische MeereDie das heutige Brandenburg einnehmenden Meere seit demoberen Perm (Überflutung durch das Zechstein-Meer vor ca. 260Millionen Jahren, vgl. Zeitskala im Anlagenteil) wiesen unterschiedlicheCharak teristika nach ihrer Konturierung, internen Differenzierung,Tiefe, Tem peratur, ihrem Chemismus und der jeweiligenExistenzdauer auf. So war das Zechstein-Meer von stetem Wandelbetroffen: Es verdampfte mehrfach fast vollständig und schied dabeimit zunehmender Konzentration die rhythmisch aufgebautenSalzgesteine Karbonat, Anhydrit, Dolomit, Steinsalz und teilweiseKalisalz aus, wobei der Neubeginn einer jeweiligen Serie durch„Frischwasser“-Zuflüsse aus NW begründet war. Die Abfolge derSalzgesteine ermöglicht die lithogeochemische Differenzierung desmächtigen Zechstein-Schichtenpaketes in die Werra-, Staßfurt-,Leine- und Ohre-Folge.Die flachmarinen Sedimente aus der Zeit der Muschelkalk-Meeresind dagegen unter ausgeglicheneren Bedingungen gebildet worden.Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass der eigentlichenHauptüberflutung vor ca. 240 Millionen Jahren ein kurzzeitigerMeeresvorstoß während des Oberen Buntsandsteins vorausgeht,der wie zu Zeiten der Zechstein-Meere durch eine chemogene Gesteinsabfolgevon Karbonaten bis zum Steinsalz auf die schnelleEinschnürung und Verdunstung einer Meersbucht hinweist. ImVergleich dazu sind die Muschelkalk-Meere (mit den Höhepunktenwährend der Wellenkalk-Folge und der Hauptmuschelkalk-Folge)zwar auch durch Ingressionszyklen differenziert, jedoch insgesamtwesentlich lebensfreundlicher, wie die zahlreichen Fossilfunde inBohrungen, aber besonders in den Muschelkalk-Aufschlüssen inRüdersdorf belegen. So weisen u. a. Mollusken, Brachiopoden,Echinodermaten, Fische und auch Saurier (vgl. auch Sc h r o e d e r etal. 1993) zusammen mit der lithologischen Gesteinscharakteristik(Schrägschichtungen, Erosionsformen, Trockenrisse, hardgroundsetc.) auf den Bildungsraum eines zeitweilig trocken fallenden Flachschelfes.Nur während des zwischengeschalteten Zeitabschnitt desMittleren Muschelkalks gewannen die Salzgesteine erneute Oberhand.Der als Germanisches Becken bezeichnete Ablagerungsraum,zu dem auch das Gebiet des jetzigen <strong>Brandenburgs</strong> gehörte, hatteüber die Burgundische Pforte (im SW) und die Karpatische Pforte(im SE) Verbindung mit dem Weltmeer (hier der Tethys).Im Oberen Keuper machten die Karbonatschelfverhältnisse derMuschelkalkmeere einer sporadisch überfluteten Flusslandschaft mitDominanz von klastischen Sedimenten Platz (Karte 19), bevor mitden Jura-Meeren sich erneut flachmarine Verhältnisse einstellten.Auch während des Juras erfolgten die marinen Vorstöße etappenweise,wobei die Meeresvorstöße im Pliensbach (Pliensbach-Transgression im Lias, vor ca. 195 Millionen Jahren) und im Bathon(Mitteldogger-Transgression vor ca. 170 Millionen Jahren), die sichbis in den Malm auswirkte, die bedeutendsten waren (vgl. Te s s i n1995 und Karte 18).Im Unterschied zu den Meeresbedeckungen während des Jungpaläozoikumsund älteren Mesozoikums vollziehen sich seit demjüngeren Mesozoikum die Meeresvorstöße aufgrund geänderterKrustendynamik entlang tektonisch kontrollierter Einsenkungen.Fingerartiges Vorgreifen der Meere aus NW nach SE in sichtrogartig senkende Räume charakterisiert bis in das Tertiär dieLand-Meer-Verteilung dieser Zeitspanne. Gebunden daran sindhohe Litho- und Mächtigkeitsgradienten quer zur Trogachse undgeringere in Längsrichtung. Ju b i t z (1995) hat aus Bohrungsuntersuchungendas zeitlich differenzierte Vordringen der aus NWTab. 2<strong>Entwicklung</strong>s- und Beanspruchungsstadien der Norddeutschen Senke(nach Sc h w a b 1985 und Sta c k e b r a n d t & Fr a n z k e 1989) kommenden Oberkreide transgression am östlichen Beckenrand derNorddeutschen Senke in Ostbrandenburg rekonstruiert. Ähnlichmuss man sich die Platznahme der Meere auch für die anderenTrans- bzw. Ingressionen vorstellen, jedoch variierend in Intensitätund Geschwindigkeit.Für die gut untersuchten Schichtenfolgen des Tertiärs in der Lausitzkonnte neben der Haupttransgression während des Rupels ein häufigesVor- und <strong>Zur</strong>ückgreifen der Küstenlinie beobachtet werden.Die Suggestivfrage: “Die Nordseeküste im Lausitzer Tagebau?“(Sta n d t k e 2000) beschreibt diese dynamischen Sedimentationsverhältnisserecht anschaulich.Der Einfluss der Tektonik auf die Land-Meer-Verteilung und dieWechselwirkungen endogener und exogener Prozesse wurden auchim Gefolge von Untersuchungen zur Neogeodynamik des nördlichenMitteleuropas (Ga r e t s k y et al. 2001) bewertet. In den vondiesen Autoren vorgelegten Karten markiert sich die alte BeckenundTransgressionsachse der Norddeutschen Senke auch während 23