AUFTRAG_283_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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AUS BEREICHEN, STANDORTEN UND GKS<br />
Militärpfarramt Bonn<br />
Für eine Zukunft in Solidarität<br />
und Gerechtigkeit<br />
Am Dienstag, den 12.April 2011 ab 18.00 Uhr hielt Joachim<br />
Sikora1 im Geistlichen Forum einen Vortrag zu<br />
diesem Thema. Zu Beginn des Vortragsabends feierten die<br />
Teilnehmer mit Militärdekan Benno Porovne die Heilige<br />
Messe. Da der Redner in der Kommission war, welche den<br />
Text der Gemeinsamen Erklärung „Für eine Zukunft in Solidarität<br />
und Gerechtigkeit“ schilderte Sikora zuerst den<br />
Zuhörern, auf welche Art und Weise dieser Text zustande<br />
kam. Seinen Anfang<br />
nahm die Erklärung in<br />
einem Wort der amerikanischenBischofkonferenz<br />
1986, in<br />
der die Soziale Gerechtigkeit<br />
im Mittelpunkt<br />
stand und die<br />
Fragen stellte, wie die<br />
Wirtschaft dem Menschen<br />
nütze oder wie<br />
nähme der Mensch an<br />
der Wirtschaft Anteil.<br />
In der Folge beschäftigten<br />
sich die österreichischen<br />
Bischöfe<br />
mit diesem Thema der<br />
sozialen Gerechtigkeit in der Wirtschaft, bevor die beiden<br />
großen deutschen Kirchen eine Kommission einsetzten,<br />
die einen Impulstext erarbeitete. Das Ringen um die Worte<br />
und die darin enthaltenen Grundeinstellungen zu den<br />
Fragen der Weltwirtschaftspolitik nach dem Zusammenbruch<br />
des Kommunismus war umso bemerkenswerter, als<br />
die Entscheidungsgremien Deutsche Bischofskonferenz<br />
und der Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands im<br />
Gegensatz zu den beteiligten Redakteuren sehr schnell zu<br />
einer Einigung kamen. Das Ergebnis war der „Gemeinsame<br />
Text 9“2, der den Teilnehmern vom Militärpfarramt<br />
Bonn zur Verfügung gestellt wurde, damit man dem Redner<br />
besser folgen konnte.<br />
Mit diesem Text ging der Redner (siehe Bild, Mitte)<br />
mit seinem Publikum zuerst die drei wichtigsten ethischen<br />
Gesichtspunkte der Schrift durch: das Doppelgebot der<br />
Gottes- und Nächstenliebe, die vorrangige Option für die<br />
Armen, Schwachen und Benachteiligten sowie die Gerechtigkeit.<br />
In der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe käme<br />
1 Dipl.-Volkswirt Joachim Sikora wurde 1940 in Berlin<br />
geboren. Er studierte Volkswirtschaft, Soziologie und<br />
Erziehungswissenschaften. Er war seit 1968 in der<br />
Erwachsenenbildung tätig, wobei ihn seine Arbeit aber auch<br />
mehrere Jahre lang ins Ausland führte, vor allem in asiatische<br />
Länder. Von 1990 bis 2005 leitete er das „Katholisch-Soziale<br />
Institut der Erzdiözese Köln“ in Bad Honnef<br />
2 Gemeinsame Texte 9 „Für eine Zukunft in Solidarität und<br />
Gerechtigkeit“, Wort des Rates der Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen<br />
und sozialen Lage in Deutschland, erschienen 1997<br />
der Zusammenhang zwischen Gottesbeziehung und Weltverantwortung,<br />
von Glaube und Ethos als sittliche Grundidee<br />
der biblischen Tradition zum Ausdruck3, führte der<br />
Redner aus. Dieses Doppelgebot müsse sich auch in der<br />
strukturellen Dimension auswirken: in dem Ringen um den<br />
Aufbau einer Gesellschaft, die niemanden ausschließt und<br />
die Lebenschancen für alle sichert4. In der vorrangigen Option<br />
für die Benachteiligten manifestiere sich die Verwirklichung<br />
des Doppelgebotes, da die versöhnliche Begegnung<br />
mit dieser Gruppe, diese Solidarität sei ein Ort der Gottesbegegnung,<br />
wie es in Mt 25, 34 bis 36 und 40 geschildert<br />
würde. Die soziale Gerechtigkeit besage, dass aufgrund<br />
der unterschiedlichen Ausgangsvorrausetzungen es ein<br />
Gebot der Gerechtigkeit sei, bestehende Diskriminierungen<br />
g abzubauen und<br />
allen a Mitgliedern der<br />
Gesellschaft G die gleichen<br />
c Chancen und<br />
Lebensbedingungen<br />
L<br />
zu z ermöglichen. Ausgehend<br />
g von der Enzyklika<br />
z Johannes-<br />
Paul P II. „laborem<br />
exercens“, e dass die<br />
Arbeit A stets Vorrang<br />
vor v Kapital hat, käme<br />
die d Schrift zu einem<br />
neuen n Verständnis<br />
von v Arbeit: Während<br />
der d Ökonom die Ar-<br />
beit b<br />
als ein Entgelt<br />
für gebrachte Leistung ansähe, sei für den Sozialethiker<br />
Arbeit all dies, was für die <strong>Gemeinschaft</strong> erbracht würde,<br />
also sowohl Erwerbsarbeit als auch bürgerschaftliches Engagement,<br />
Familienarbeit sowie Bildung. Dies führe letztendlich<br />
zu einem Grundeinkommen, welches unter anderem<br />
der Bund der deutschen katholischen Jugend (BDKJ)<br />
in seiner Vision einer gerechteren Gesellschaft durchgerechnet<br />
habe. Die politischen Parteien hätten zwar spät<br />
reagiert, aber in jeder sei mittlerweile eine Kommission<br />
mit diesem Thema beschäftigt.<br />
Die Katholische Kirche selbst habe mit einer 1998<br />
erschienenen Schrift über die Beteiligungsgerechtigkeit<br />
dieser Bewegung „den Schwung genommen“ führte der<br />
Referent aus. Er sagte weiter, dass schon Benedikt XIV<br />
(Papst von 1740 bis 1758) eine Schrift „Gegen den Zins“<br />
veröffentlicht habe, diese jedoch zumindest bei den Banken<br />
nicht angekommen sei und führte als Beispiel den<br />
Zinssatz für Dispo-Kredite an.<br />
Bei all diesen Themen wurde die anschließende Diskussion<br />
sehr lebhaft und wurde auch durch den anschließenden<br />
Imbiss nur kurz unterbrochen. Im November ist<br />
ein weiterer Vortrag mit Joachim Sikora geplant, das Militärpfarramt<br />
wird rechtzeitig nähere Informationen bekannt<br />
geben ❏<br />
(Text und Foto: Bertram Bastian)<br />
3 ebenda, Absatz (103)<br />
4 ebenda, Absatz (104)<br />
58 <strong>AUFTRAG</strong> <strong>283</strong> • SEPTEMBER 2011