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AUFTRAG_283_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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satz verwies Thomas de Maizière auf<br />

die folgende 5. These der Barmer<br />

Erklärung der Bekennenden Kirche<br />

von 1934:<br />

„Die Schrift sagt uns, dass der<br />

Staat nach göttlicher Anordnung die<br />

Aufgabe hat, in der noch nicht erlösten<br />

Welt, in der auch die Kirche<br />

steht, nach dem Maß menschlicher<br />

Einsicht und menschlichem Vermögen<br />

unter Androhung und Ausübung<br />

von Gewalt für Recht und Frieden zu<br />

sorgen.“ Daraus zog der Minister die<br />

Folgerung „In unserer vorläufigen<br />

Welt ist es notwendig, Mittel anzuwenden,<br />

die selbst noch Mittel dieser vorläufigen<br />

Welt sind.“ Und fügte hinzu:<br />

„Auch wer nicht handelt kann schuldig<br />

werden, wie Ruanda und Srebrenica<br />

gezeigt hat“.<br />

Vorrang für den „Gerechten Frieden“<br />

Als zweiter Redner stellte EKD-<br />

Ratsvorsitzender Nikolaus<br />

Schneider den Begriff des „Gerechten<br />

Friedens“ in den Mittelpunkt seiner<br />

Überlegungen. Er berief sich dabei<br />

auf die EKD-Friedensdenkschrift von<br />

2007 „Aus Gottes Frieden leben – für<br />

gerechten Frieden sorgen“. Nikolaus<br />

Schneider lehnte ausdrücklich den<br />

Begriff der „Vernetzten Sicherheit“<br />

ab, weil die ausschließliche Konzentration<br />

auf die eigene nationale Sicherheit<br />

keinen Frieden schaffe. Frieden<br />

sei mehr als bloße Sicherheit. Wenn<br />

Sicherheit die höchste Priorität hat,<br />

könne es keinen Frieden geben. Aus<br />

diesem Grunde zog Schneider den<br />

Begriff der „Menschlichen Sicherheit“<br />

(human security) vor, den der<br />

ehemalige Generalsekretär der Vereinten<br />

Nationen Kofi Annan 2001 ins<br />

Gespräch gebracht hatte. Kofi Annan<br />

legte seinerzeit dar, dass es bei der<br />

„Menschlichen Sicherheit“ um die<br />

Freiheit von existentieller Not und<br />

um Freiheit von Furcht ginge.<br />

Im zweiten Teil seiner Ausführungen<br />

ging Schneider auf das vorbildliche<br />

Verhalten Abrahams ein und<br />

gab dazu folgende Beispiele aus der<br />

Genesis:<br />

– Als Abraham hörte, dass sein Bruder<br />

Lot gefangen genommen worden<br />

ist, schlug er als tapferer Soldat<br />

seine Feinde und befreite seinen<br />

Bruder und dessen Knechte.<br />

Abraham nahm aber keine Rache<br />

an seinen Feinden, sondern<br />

<strong>AUFTRAG</strong> <strong>283</strong> • SEPTEMBER 2011<br />

schloss einen gerechten Frieden<br />

mit ihnen (Gen.14,14-24).<br />

– Als es zwischen den Hirten Abrahams<br />

und den Hirten Lots in einer<br />

Dürrezeit zum Streit um die Wasserplätze<br />

für Schafe, Ziegen und<br />

Rinder kam, machte Abraham<br />

seinem Bruder folgenden Vor-<br />

schlag: „Liegt nicht das ganze<br />

Land vor dir? Trenn dich also von<br />

mir! Wenn du nach links willst,<br />

gehe ich nach rechts; wenn du<br />

nach rechts willst, gehe ich nach<br />

links“. Lot blickte auf und sah,<br />

dass die ganze Jordangegend bewässert<br />

war. Da wählte sich Lot<br />

die ganze Jordangegend aus. Lot<br />

brach nach Osten auf, und sie<br />

trennten sich voneinander. Abraham<br />

ließ sich in Kanaan nieder.<br />

Abraham zeichnete sich durch<br />

Augenmaß, Mäßigung und durch diplomatisches<br />

Geschick aus. Er beherrschte<br />

die Kunst der Mediation und<br />

ist so für uns ein Beispiel des „Gerechten<br />

Friedens“, folgerte Schneider.<br />

Schlussfolgerungen<br />

– Die friedensethischen Prinzipien<br />

der EKD sind an den Idealvorstellungen<br />

der christlichen Lehre<br />

ausgerichtet. Schneider machte<br />

jedoch klar, dass auch die praxisnahe<br />

Position des Ministers<br />

SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIK<br />

eine legitime Auslegung evangelischen<br />

Glaubens sei.<br />

– Thomas de Maizière verteidigte<br />

überzeugend seine Position als<br />

protestantischer Christ und als<br />

Mitglied der Bundesregierung,<br />

dass Deutschland in einer nicht<br />

erlösten Welt Verantwortung über-<br />

Bundesminister Thomas de Maizière (rechts) und der EKD-Ratsvorsitzender<br />

Nikolaus Schneider (links) im sachlichen Austausch der Argumente über<br />

eine christlich inspirierte Sicherheits- und Friedenspolitik. Die Journalistin<br />

Dr. Constanze Stelzenmüller moderierte das Gespräch<br />

nehmen muss, wie es die Präambel<br />

des Grundgesetzes vorsieht,<br />

nämlich vor Gott und den Menschen<br />

„dem Frieden in der Welt<br />

zu dienen“. Dabei wird man ohne<br />

die von den Vereinten Nationen<br />

gebilligte Anwendung von militärischer,<br />

rechtserhaltender Gewalt<br />

nicht auskommen, wie die gestiegene<br />

Anzahl von VN-Friedensmissionen<br />

mit Beteiligung von<br />

nunmehr 140.000 <strong>Soldaten</strong> zeige.<br />

– Der Begriff der „Vernetzten Sicherheit“<br />

ist umstritten. Hier<br />

muss noch der Begriff gefunden<br />

werden, der „sowohl den instrumentalen<br />

Aspekt der Vernetzung<br />

als auch die inhaltliche Bestimmung<br />

umfasst“ (eine Forderung<br />

des Zentrums für Internationale<br />

Friedenseinsätze in Berlin),<br />

da die ausschließliche Konzentration<br />

von westlichen Ländern<br />

auf die eigene nationale Sicherheit<br />

keinen Weltfrieden schaffen<br />

kann. ❏<br />

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