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§ 2 Die Veranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer

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<strong>§</strong> 2 <strong>Die</strong> <strong>Veranlagung</strong> <strong>von</strong> <strong>Ehegatten</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Einkommensteuer</strong><br />

A. Wesentliche Tatbestandsmerkmale<br />

Gemäß <strong>§</strong> 26 EStG stehen <strong>Ehegatten</strong> unterschiedliche <strong>Veranlagung</strong>sformen <strong>zur</strong> Verfügung, zwischen<br />

denen sie wählen können. Voraussetzung hierfür ist, dass beide<br />

■<br />

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■<br />

unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des <strong>§</strong> 1 Abs. 1 oder 2 oder des <strong>§</strong> 1a EStG<br />

sind,<br />

nicht dauernd getrennt leben und<br />

die vorgenannten Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt im <strong>Veranlagung</strong>szeitraum bei<br />

ihnen vorgelegen haben.<br />

Zu den Tatbestandsmerkmalen im Einzelnen:<br />

I. <strong>Ehegatten</strong><br />

Unter <strong>Ehegatten</strong> versteht das Gesetz die Partner einer gültigen Ehe im Sinne des Zivilrechts, <strong>§</strong> 11<br />

EheG und Art 13 EGBGB. 1 Solange eine Ehe nicht rechtswirksam für nichtig erklärt wurde, reicht<br />

dies für die steuerliche Zusammenveranlagung aus. 2 Außer der rechtswirksamen Nichtigkeitserklärung<br />

und der Scheidung endet die Ehe durch den Tod eines der <strong>Ehegatten</strong> oder den Beschluss,<br />

mit dem ein Verschollener für tot erklärt wird, <strong>§</strong> 49 AO. <strong>Die</strong> steuerrechtlichen Folgen der Scheidung<br />

treten erst mit Rechtskraft des entsprechenden Urteils ein. 3<br />

Bei Ausländern erfolgt die Beurteilung, ob eine Ehe vorliegt, nach den Gesetzen des Staates, dem<br />

sie angehören. Etwas anderes gilt dann, wenn hierdurch gegen die guten Sitten oder den Zweck<br />

eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. 4<br />

Leben <strong>Ehegatten</strong> zwar nicht dauernd getrennt, haben ihre Wohnorte aber in unterschiedlichen<br />

Mitgliedstaaten, kommt eine Zusammenveranlagung dennoch in Betracht. 5<br />

Nicht als <strong>Ehegatten</strong> im steuerrechtlichen Sinne gelten die Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft<br />

sowie der eingetragenen Lebenspartnerschaft. 6 In der Folge ist ihnen daher die Anwendung<br />

des Splittingtarifes zu versagen.<br />

1 BFH v. 21.06.1957, VI 115/55 U, BStBl 1957 III, 300.<br />

2 FG Düsseldorf v. 17.02.1983, VII 300/81, EFG 1983, 504.<br />

3 BFH v. 09.03.1973, VI R 396/70, BStBl 1973 II, 487.<br />

4 BFH v. 06.12.1985, VI R 56/82, BStBl 1986 II, 390.<br />

5 EuGH v. 25.01.2007, C-329/05, FA Dinslaken/Gerold Meindl, DStR 2007, 232.<br />

6 BVerfG v. 03.11.1982, 1 BvR 620/78, BVerfGE 61, 319, BStBl 1982, 717; BFH v. 26.01.2006, III R 51/05, DStR 2006,<br />

747.<br />

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<strong>§</strong> 2 <strong>Die</strong> <strong>Veranlagung</strong> <strong>von</strong> <strong>Ehegatten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einkommensteuer</strong><br />

II. Nicht dauernd getrennt lebend<br />

Das Gesetz verlangt, dass die <strong>Ehegatten</strong> nicht dauernd getrennt leben. Aufgrund der regelmäßigen<br />

gerichtlichen Auseinandersetzungen um diese Thematik, soll im Folgenden darauf näher<br />

eingegangen werden.<br />

1. Definition<br />

Auch bei dem Merkmal des dauernden Getrenntlebens stellt das Steuerrecht auf zivilrechtliche<br />

Grundsätze ab und stützt sich dabei auf die Definitionen zu <strong>§</strong><strong>§</strong> 1353 und 1567 BGB. Danach leben<br />

<strong>Ehegatten</strong> nicht dauernd getrennt, wenn zwischen ihnen eine eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft<br />

besteht. Darunter ist die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der <strong>Ehegatten</strong><br />

zu verstehen, in der die <strong>Ehegatten</strong> die sie gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen<br />

des Zusammenlebens erledigen. 7 Dabei muss wenigstens die Wirtschaftsgemeinschaft noch fortbestehen<br />

und die Lebensgemeinschaft weiterhin <strong>von</strong> beiden <strong>Ehegatten</strong> angestrebt werden. 8<br />

> Beispiel:<br />

In diesem Zusammenhang sind insbesondere die berufliche Tätigkeit eines der <strong>Ehegatten</strong> im Ausland, längere Krankenhausaufenthalte<br />

oder Freiheitsstrafen zu erwähnen.<br />

In der Regel sind die Angaben der <strong>Ehegatten</strong>, sie lebten nicht dauernd getrennt, anzuerkennen,<br />

es sei denn, dass die äußeren Umstände das Bestehen einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft<br />

fraglich erscheinen lassen. 9<br />

Solange die <strong>Ehegatten</strong> die eheliche Wohnung gemeinsam bewohnen, legt dies die Vermutung<br />

gegen ein dauerndes Getrenntleben nahe. 10 Im Umkehrschluss ist das Verlassen der ehelichen<br />

Wohnung ein wichtiges Indiz für die Annahme des dauernden Getrenntlebens, wenn sie im Bewusstsein<br />

der späteren Scheidung erfolgt. 11 Anhand besonderer äußerer Umstände kann dieses<br />

Indiz jedoch widerlegt werden, wenn jedenfalls die Wirtschaftsgemeinschaft noch fortbesteht. 12<br />

Von dem Fortbestehen der Wirtschaftsgemeinschaft ist allerdings nicht auszugehen, wenn nur<br />

gelegentlich gemeinsame finanzielle Fragen besprochen oder gemeinsame Urlaubsreisen unternommen<br />

werden. 13<br />

> Beispiel:<br />

<strong>Die</strong> <strong>Ehegatten</strong> haben bereits die räumliche Trennung der Wohnungen vorgenommen, treten jedoch mit den gemeinsamen<br />

Kindern wie geplant einen Jahresurlaub an.<br />

7 BFH v. 15.06.1973, VI R 150/69, BStBl 1973 II, 640.<br />

8 BFH v. 18.07.1996, III R 90/95, BFH/NV 1997, 139.<br />

9 BFH v. 05.10.1966, VI 42/65, BStBl 1967 III, 84.<br />

10 BFH v. 27.08.1971, VI R 206/68, BStBl 1972 II, 173.<br />

11 FG Köln vom 19.11.1990, 7 K 2200/87, EFG 1991, 270.<br />

12 BFH v. 05.10.1966, VI 42/65, BStBl 1967 III, 84.<br />

13 FG Köln v. 14.10.1992, 3 K 666/92, EFG 1993, 379; BFH v. 05.10.1966, VI R 184/66, BStBl 1967 III, 110.


2. Versöhnungsversuch<br />

Steuerlich relevant ist auch ein gescheiterter Versöhnungsversuch, denn im Gegensatz zum<br />

Zivilrecht, <strong>§</strong> 1567 Abs. II BGB, unterbricht dieser das dauernde Getrenntleben und eröffnet den<br />

<strong>Ehegatten</strong> somit erneut die Wahl der <strong>Veranlagung</strong>sform. 14 Kehrt demnach der zuvor ausgezogene<br />

Ehegatte – und sei es auch nur für wenige Wochen – in die gemeinsame Wohnung <strong>zur</strong>ück um<br />

eine neue Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zu begründen, liegt kein dauerndes Getrenntleben<br />

vor. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Versöhnungsversuch vorbehaltlos<br />

in der festen Absicht unternommen wird, die eheliche Gemeinschaft wieder in vollem Umfang<br />

herzustellen. 15<br />

Wie lange die <strong>Ehegatten</strong> wieder zusammenleben müssen, um <strong>von</strong> einem ernsthaften Versöhnungsversuch<br />

auszugehen, ist Tatfrage. Jedenfalls sollte es sich hierbei um einen Zeitraum <strong>von</strong><br />

mehr als einem Monat handeln, da ansonsten nicht erkennbar wird, ob nicht nur ein vorübergehender<br />

Besuch oder gar ein steuerlicher Missbrauchsfall vorliegt. 16 Bei kürzeren Zeiträumen ist<br />

danach sogar die innere Einstellung der <strong>Ehegatten</strong> unbeachtlich. 17<br />

3. Feststellungslast<br />

<strong>Die</strong> Feststellung, dass die <strong>Ehegatten</strong> nicht dauernd getrennt gelebt haben, ist <strong>von</strong> Amts zu treffen,<br />

<strong>§</strong><strong>§</strong> 88 AO, 76 Abs. 1 FGO. Zwar ist die Finanzverwaltung gehalten, ein umfassendes Eindringen<br />

in die Intimsphäre der <strong>Ehegatten</strong> zu vermeiden und insofern Ermittlungen auf das Wesentliche<br />

zu beschränken. 18 Doch ist das Zusammenleben <strong>von</strong> Seiten der <strong>Ehegatten</strong> möglichst nachweisbar<br />

zu gestalten, da die objektive Feststellungslast bei diesen liegt. Im Zweifel kann das Gericht die<br />

<strong>Ehegatten</strong> vernehmen. 19 Den Anforderungen an die Feststellungslast der <strong>Ehegatten</strong> sollte es allerdings<br />

im Regelfall genügen, wenn die <strong>Ehegatten</strong> zusammen wohnen und eine Steuererklärung des<br />

Inhalts abgeben, dass sie nicht getrennt leben.<br />

4. Feststellungen des Scheidungsverfahrens<br />

A. Wesentliche Tatbestandsmerkmale<br />

Gelegentlich kann es zu der Konstellation kommen, dass die <strong>Ehegatten</strong> – in der Absicht, die Scheidung<br />

möglichst schnell herbeizuführen – im Ehescheidungsverfahren vortragen, in dem Kalenderjahr<br />

getrennt gelebt zu haben. Hiermit liefern Sie der Finanzverwaltung jedoch ein gewichtiges<br />

Indiz für ein dauerndes Getrenntleben im Sinne des <strong>§</strong> 26 EStG. Zur Kenntnis gelangen können<br />

die Aussagen im Ehescheidungsverfahren dem Finanzamt allerdings nur durch Beiziehung der<br />

Akten im finanzgerichtlichen Verfahren. <strong>Die</strong>s ist verfahrensrechtlich generell zulässig. 20 Es kann<br />

sich jedoch ein Verwertungsverbot der so gewonnenen Erkenntnisse ergeben, wenn die <strong>Ehegatten</strong><br />

der Beiziehung widersprechen und eine unmittelbare Beweisaufnahme möglich ist. 21 <strong>Die</strong>se<br />

kann etwa durch Vernehmung der <strong>Ehegatten</strong> aber auch durch sonstigen Zeugenbeweis erfolgen.<br />

Unabhängig <strong>von</strong> den Erkenntnissen aus dem Scheidungsverfahren ist das Finanzgericht aber stets<br />

14 FG Hessen v. 14.04.1988, 9 K 70/85, EFG 1988, 639.<br />

15 BFH v. 26.08.1997, VI R 268/94, BFH/NV 1998, 163.<br />

16 FG Nürnberg v. 07.03.2005, VI 166/04, DStRE 2005, 938.<br />

17 Siehe auch <strong>§</strong> 1 Rn. 3.<br />

18 BFH v. 05.10.1966, VI 42/65, BStBl 1967 III, 84.<br />

19 BFH v. 30.08.1996, V B 64/96, BFH/NV 1997,139.<br />

20 BFH v. 26.09.2003, III B 112/02, BFH/NV 2004, 210.<br />

21 BFH v. 12.06.1991, III R 106/87, DStR 1991, 1149; OLG Köln v. 03.01.1994, 7 VA 6/93, NJW 1994, 1075.<br />

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<strong>§</strong> 2 <strong>Die</strong> <strong>Veranlagung</strong> <strong>von</strong> <strong>Ehegatten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einkommensteuer</strong><br />

dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet, so dass im Ergebnis eine Bindung an die anderweitig<br />

abgegeben Erklärungen ohnehin nicht besteht. 22<br />

! Beraterhinweis:<br />

Um dem Problem der Bezugnahme auf das Scheidungsverfahren <strong>von</strong> vornherein aus dem Weg zu gehen, können die<br />

<strong>Ehegatten</strong> in diesem Verfahren den Antrag auf Erlass eines Urteils ohne Sachverhalt und Gründe stellen, <strong>§</strong> 313a ZPO.<br />

5. Berührungspunkt mit dem Steuerstrafrecht<br />

Sofern <strong>Ehegatten</strong> nicht dauernd getrennt leben, steht ihnen unter anderem die Entscheidung <strong>zur</strong><br />

Zusammenveranlagung offen. Da hierin vielfach ein steuerlicher Vorteil für beide <strong>Ehegatten</strong> liegt,<br />

gibt es kaum einen anderen Punkt, in dem sich selbst getrennt lebende <strong>Ehegatten</strong> so einig sind.<br />

<strong>Die</strong>s führt erfahrungsgemäß dazu, dass häufig der tatsächlich zutreffende Umstand des Getrenntlebens<br />

verschleiert und dem Finanzamt gegenüber gleichlautend behauptet wird, man lebe zusammen.<br />

Mit Unterschrift beider Eheleute und Abgabe der gemeinsamen <strong>Einkommensteuer</strong>erklärung<br />

begeben sich die <strong>Ehegatten</strong> bereits in Bereich der Steuerhinterziehung, da sie das Finanzamt über<br />

einen wesentlichen Sachverhalt täuschen, der zu einer höheren Steuer führen würde.<br />

III. Einzelveranlagung<br />

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass die steuerliche Folge des dauernden Getrenntlebens<br />

– nämlich die Einzelveranlagung – nicht unbedingt <strong>von</strong> Nachteil sein muss. Haben die<br />

<strong>Ehegatten</strong> im <strong>Veranlagung</strong>szeitraum etwa ähnlich hohe Einkommen bezogen, tendiert die Auswirkung<br />

der Splittingtabelle ohnehin gegen Null.<br />

Beraterhinweis:<br />

Waren in der vorgenannten Konstellation auch noch Kinder vorhanden, die bei unterschiedlichen Elternteilen gemeldet waren,<br />

konnte es – verfassungsrechtlich unbedenklich und bis einschließlich des <strong>Veranlagung</strong>szeitraums 2003 – <strong>zur</strong> Anwendung des<br />

Haushaltsfreibetrags kommen. 23 !<br />

<strong>Die</strong>se Regelung wurde im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 abgeschafft.<br />

B. <strong>Die</strong> Wahl der <strong>Veranlagung</strong>sart<br />

I. Verfahrensrecht<br />

Bei Vorliegen oben genannter Voraussetzungen können die <strong>Ehegatten</strong> zwischen Zusammenveranlagung,<br />

getrennter <strong>Veranlagung</strong> und – im Jahr der Eheschließung – der besonderen <strong>Veranlagung</strong><br />

wählen.<br />

22 BFH v. 13.12.1985, VI R 190/82, BStBl 1986 II, 486.<br />

23 BVerfG v. 28.06.1993, 1 BvR 132/89, StEd 1993, 419.


1. Mehrere Eheschließungen in einem Kalenderjahr<br />

Bei mehrfach hintereinander liegenden wirksamen Eheschließungen innerhalb eines Kalenderjahres<br />

kommt ein Wahlrecht zwischen den unterschiedlichen <strong>Veranlagung</strong>sarten gemäß <strong>§</strong> 26<br />

Abs. 1 Satz 2 EStG nur für die letzte Ehe in Betracht.<br />

2. Zeitliche Ausübung des Wahlrechts<br />

Bis zum Zeitpunkt der Bestandskraft des Zusammenveranlagungsbescheids oder beider Bescheide<br />

nach getrennter bzw. besonderer <strong>Veranlagung</strong> bleibt das Wahlrecht der <strong>Veranlagung</strong>sform bestehen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Ehegatten</strong> sind an ihre bisherige Entscheidung weder gebunden noch gibt es eine Frist<br />

für die Ausübung des Wahlrechts.<br />

Der zulässige Antrag eines <strong>Ehegatten</strong> auf Wechsel der <strong>Veranlagung</strong>sart führt dazu, dass ein bereits<br />

bestandskräftiger Bescheid beim anderen <strong>Ehegatten</strong> gemäß <strong>§</strong> 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 AO<br />

aufgrund des rückwirkenden Ereignisses zu ändern ist. 24<br />

Beraterhinweis:<br />

<strong>Die</strong> Änderung des Bescheides nach Antrag des <strong>Ehegatten</strong> darf nur insoweit erfolgen, als die geänderte <strong>Veranlagung</strong>sform<br />

hierfür Grundlage ist. 25 Daneben bleibt das Finanzamt an die bisherigen Feststellungen gebunden.<br />

<strong>Die</strong> Änderungsvorschriften der AO können das Wahlrecht zu keinem Zeitpunkt beschränken. 26 Ergehen daher nach Abschluss<br />

eines Rechtsstreits Änderungsbescheide, kann im Rechtsbehelfsverfahren hiergegen auch noch die <strong>Veranlagung</strong>sart<br />

gewechselt werden. 27<br />

!<br />

Auch nicht ausgeschlossen wird das Wahlrecht durch die Tatsache, dass der Wechsel <strong>von</strong> der Zusammenveranlagung<br />

<strong>zur</strong> getrennten <strong>Veranlagung</strong> bei dem anderen <strong>Ehegatten</strong> zu einer höheren<br />

Steuer führt. 28 <strong>Die</strong>s gilt allerdings nur in den Fällen, in denen die Festsetzung der höheren Steuer<br />

nicht durch Verjährung ausgeschlossen ist. 29 <strong>Die</strong> Ausübung des Wahlrechts führt <strong>zur</strong> Hemmung<br />

der Verjährung bis <strong>zur</strong> Änderung der Bescheide. 30<br />

II. <strong>Die</strong> Zusammenveranlagung<br />

1. Berechnungsgrundlagen<br />

Geben die <strong>Ehegatten</strong> über die Art der <strong>Veranlagung</strong> keine Erklärung ab, so unterstellt das Gesetz<br />

die Zusammenveranlagung. Maßgeblich für die Entscheidung <strong>zur</strong> Zusammenveranlagung ist die<br />

Anwendung des Splittingtarifs, <strong>§</strong> 32a Abs. 5 EStG. Danach erfolgt die Berechnung der <strong>Einkommensteuer</strong><br />

dergestalt, dass zunächst das gemeinsame zu versteuernde Einkommen ermittelt wird,<br />

für das hälftige Ergebnis die <strong>Einkommensteuer</strong> nach der Grundtabelle berechnet und abschlie-<br />

24 BFH v. 03.03.2005, III R 22/02, DB 2005, 2388.<br />

25 BFH v. 03.03.2005, III R 60/03, DB 2005, 1308.<br />

26 BFH v. 20.01.1999, XI R 31/96, BFH/NV 1999, 1333.<br />

27 BFH v. 24.01.2002, III R 49/00, BStBl 2002 II, 408.<br />

28 BFH v. 19.05.1999, XI R 97/94, BStBl 1999 II, 762.<br />

29 FG Köln v. 10.12.1999, EFG 2000, 438.<br />

30 BFH v. 28.07.2005, III R 48/03, BFH/NV 2005, 2082.<br />

B. <strong>Die</strong> Wahl der <strong>Veranlagung</strong>sart<br />

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<strong>§</strong> 2 <strong>Die</strong> <strong>Veranlagung</strong> <strong>von</strong> <strong>Ehegatten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einkommensteuer</strong><br />

ßend verdoppelt wird. Progressionsvorteile lassen sich hieraus immer nur dann herleiten, wenn<br />

die Einkommen der <strong>Ehegatten</strong> unterschiedlich hoch sind. Je weiter die beiden Einkommen auseinander<br />

liegen, umso höher ist der Steuervorteil aus dem Splittingtarif.<br />

<strong>Die</strong> vorgenannte Berechnung beinhaltet den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Individualbesteuerung<br />

der <strong>Ehegatten</strong> durch die getrennte Berechnung der jeweiligen Einkünfte. 31 In der Folge<br />

werden Pausch- und Freibeträge auch nur dem <strong>Ehegatten</strong> zugerechnet, dessen Einkunftsermittlung<br />

berührt ist. 32<br />

Allein bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sieht das Gesetz abweichende Regelungen vor. So<br />

ist der Werbungskostenpauschbetrag des <strong>§</strong> 9a Satz 1 Nr. 2 EStG auf die Zusammenveranlagung<br />

abgestimmt und ermöglicht damit eine Verrechnung bei den Kapitaleinkünften der <strong>Ehegatten</strong><br />

untereinander, ohne, dass hierdurch ein Verlust entstehen dürfte. Darüber hinaus ist nach <strong>§</strong> 20<br />

Abs. 4 EStG zusammenveranlagten <strong>Ehegatten</strong> ein gemeinsamer Sparerfreibetrag zu gewähren.<br />

Zunächst wird der Freibetrag hälftig angerechnet. Ferner ist die Übertragung auf den anderen<br />

<strong>Ehegatten</strong> möglich, selbst wenn nur einer der beiden Einkünfte bezogen hat und ohne Rücksicht<br />

auf etwaige negative Einkünfte des anderen. 33<br />

2. Verlustabzug<br />

Ein Verlustabzug nach <strong>§</strong> 10d EStG kann trotz aktueller Zusammenveranlagung auch für Verluste<br />

derjenigen <strong>Veranlagung</strong>szeiträume geltend gemacht werden, in denen die <strong>Ehegatten</strong> getrennt<br />

oder besonders veranlagt worden sind, <strong>§</strong> 62d Abs. 2 EStDV.<br />

3. Zivilrechtlicher Anspruch auf Steuererstattungen<br />

Ergibt sich aus der Zusammenveranlagung ein Steuererstattungsanspruch, sind die <strong>Ehegatten</strong><br />

hierfür nicht etwa Gesamtgläubiger. Vielmehr steht das Geld demjenigen zu, auf dessen Rechnung<br />

geleistet worden ist. 34 Trotzdem kann sich das Finanzamt durch Auszahlung des Erstattungsbetrages<br />

an nur einen <strong>von</strong> beiden schuldrechtlich <strong>von</strong> der Leistungspflicht befreien, <strong>§</strong> 36<br />

Abs. 4 EStG.<br />

4. Gesonderte Feststellung<br />

Häufig übersehen, da in der Praxis selten <strong>von</strong> Bedeutung, ist die Regelung in R 26b EStR 2005.<br />

Danach sind gemeinsame Einkünfte zusammenveranlagter <strong>Ehegatten</strong> grundsätzlich gesondert<br />

und einheitlich im Sinne der <strong>§</strong><strong>§</strong> 180 Abs. 1 Nr. 2 a, 179 Abs. 2 AO festzustellen. <strong>Die</strong>s gilt nicht,<br />

sofern es sich um Fälle <strong>von</strong> geringer Bedeutung handelt, <strong>§</strong> 180 Abs. 3 AO, wie etwa gemeinsame<br />

Mieteinkünfte oder gemeinschaftlich erzielter Gewinn. Relevanz erhält die Vorschrift bei Streitigkeiten<br />

über besteuerungserhebliche Merkmale, z.B. bei der Frage, ob Einkünfte vorliegen, an<br />

denen die <strong>Ehegatten</strong> möglicherweise beteiligt sind. 35<br />

31 BVerfG v. 17.01.1957, 1 BvL 4/54, BStBl 1957 I, 193.<br />

32 BFH v. 26.02.1985, VIII R 125/83, BStBl 1985 II, 547.<br />

33 BFH v. 26.02.1985, VIII R 125/83, BStBl 1985 II, 547.<br />

34 BFH v. 12.03.1991, VII S 30/90, BFH/NV 1992, 145.<br />

35 BFH v. 17.05.1995, X R 64/92, BStBl 1995 II, 640.

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