LIMESENTWICKLUNGSPLAN BADEN-WÜRTTEMBERG ...
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schlossenheit der Pflegekräfte, können mit geringem<br />
Aufwand Aspekte des Naturschutzes und des<br />
Artenschutzes und nebenbei auch ästhetische Aspekte<br />
berücksichtigt werden (Abb. 54; 55).<br />
9.3 Interessenkonflikte am Limes<br />
Der römische Limes in Südwestdeutschland rückt,<br />
nicht zuletzt durch die Ausweisung als Welterbe,<br />
immer mehr in den Blickpunkt touristischer Interessen.<br />
Hiergegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden,<br />
solange die Grundsätze des Schutzes und<br />
der pfleglichen Behandlung berücksichtigt werden.<br />
„Events“, Veranstaltungen unterschiedlicher Größe,<br />
die zunehmende Zahl an Exkursionen haben allerdings<br />
ihre Auswirkungen: Wer den Limes und<br />
seine Umgebung seit Jahrzehnten kennt, sieht nur<br />
allzu deutlich, dass die einstigen stillen Pfade entlang<br />
des Denkmals zu immer breiteren Wanderwegen<br />
werden, bis schließlich eine Befestigung unausweichlich<br />
wird; man sieht auch zunehmend weggeworfene<br />
Abfälle, was bedauerlich, aber bei zunehmender<br />
Besucherzahl offensichtlich nicht zu verhindern<br />
ist. Die „stille Erholung“ und die Ursprünglichkeit<br />
mancher Limesstrecken gehen zunehmend<br />
dahin – ein Trend, dem durch Besucherlenkungsmaßnahmen<br />
unterschiedlichster Art begegnet werden<br />
kann:<br />
An verschiedenen Stellen ist in den letzten Jahren<br />
der dem Limesverlauf folgende Wanderweg verlegt<br />
worden; weitere Abschnitte sollen folgen. Direkt<br />
auf dem Wall hat ein Wanderweg – und sei es nur<br />
ein Pfad – nichts zu suchen; die Parallelführung des<br />
Wegs steigert sogar in der Regel die Wirkung des<br />
Denkmals.<br />
Bauten wie Rekonstruktionen von Limes-Wachttürmen<br />
oder aber aus Holz gefertigte Aussichtsgestelle,<br />
wie sie in letzter Zeit mehrfach angedacht<br />
wurden, ziehen Besucher an, was wiederum zwangsläufig<br />
mit Beeinträchtigung verbunden ist, wenn<br />
nicht die oben genannten Grundsätze der pfleglichen<br />
Behandlung beachtet werden.<br />
9.4 Das weitere Umfeld des Limes<br />
Der römische Limes verläuft bekanntlich über Berg<br />
und Tal, durch unterschiedliche Landschaften,<br />
durch Wald, Ackerlandschaften, Wiesengegenden.<br />
Wälder, Wiesen und Ackerland werden bewirtschaftet;<br />
die Bewirtschaftung ist abhängig von zeit-<br />
NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE AM LIMES 59<br />
gemäßen Wirtschaftsmethoden und ist einem ständigen<br />
Wandel unterworfen. Seit vielen Jahrzehnten<br />
geht dieser Wirtschaftswandel in die Richtung, dass<br />
auf wirtschaftlich nutzbaren Flächen immer intensiver<br />
gewirtschaftet wird, während Grenzertragsböden<br />
oder abgelegene Gegenden keine Nutzung<br />
mehr erfahren.<br />
Hier ist zum Beispiel an die beschaulichen Wiesentäler<br />
des Schwäbisch-Fränkischen Waldes zu erinnern,<br />
die der vom Limes durchzogenen Waldlandschaft<br />
zwischen Mainhardt und Welzheim einen<br />
ganz besonderen Charakter verleihen. Mit zunehmender<br />
Sorge muss allerdings festgestellt werden,<br />
dass diese Wiesentäler immer weniger gemäht und<br />
gepflegt werden und immer mehr zum „Pflegefall“<br />
werden. Auch wenn die Gemeinden und die Naturparkverwaltung<br />
ihr Möglichstes tun, so ist der<br />
Trend unverkennbar, dass die Vielfalt der Nutzungen<br />
deutlich abnimmt. Der Strukturwandel in der<br />
Landwirtschaft hat in den letzten Jahren Formen<br />
angenommen, die eine Weiterbewirtschaftung vor<br />
allen Dingen des Grünlandes vor Probleme stellen<br />
werden: In nicht wenigen Gemeinden ist kein Gras<br />
oder Heu fressendes Vieh mehr in den Ställen! Wie<br />
lange werden die Wiesen noch gepflegt? Wird es<br />
möglich sein, auf längere Sicht die Bewirtschaftung<br />
von Wiesenlandschaften mit öffentlichen Mitteln<br />
als „Pflegefall“ zu betreiben und das Gras womöglich<br />
zu „entsorgen“?<br />
Der Limes selbst und seine Reste mögen davon<br />
vielleicht nicht direkt betroffen sein, die umgebende<br />
Kulturlandschaft dagegen ist es sehr wohl. Und<br />
diese umgebende Kulturlandschaft ist der Erholungsraum<br />
der Bevölkerung, ist das Wanderziel<br />
vieler, die von weither kommen. Insofern ist die<br />
Pflege der Kulturlandschaft bei Weitem nicht Selbstzweck,<br />
sondern unbedingt notwendig, um die<br />
„Bühne“ des Tourismus in Ordnung zu halten.<br />
Großflächige Landschaftspflege, insbesondere durch<br />
Unterstützung der heimischen Landwirtschaft, ist<br />
somit eine Grundvoraussetzung für die Nutzbarkeit<br />
der Kulturlandschaft und damit der Reste des<br />
Limes.<br />
Wie man sieht, gibt es am Limes, entlang des Limes<br />
und im näheren und weiteren Umfeld des Limes<br />
genügend Aufgaben, die eines fachkundigen „Managements“<br />
bedürfen. Die planerischen Voraussetzungen<br />
sind dabei die eine Seite, es bedarf jedoch<br />
unabdingbar einer tragfähigen, gesunden Landund<br />
Forstwirtschaft, die Wälder, Felder und Wiesen<br />
so in Ordnung halten, dass auch in fünfzig oder<br />
hundert Jahren Besucher nicht nur den Limes<br />
selbst, sondern auch die umgebende Landschaft als<br />
„Welterbe“ bestaunen können.