LIMESENTWICKLUNGSPLAN BADEN-WÜRTTEMBERG ...
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genau genommen – eine Verfälschung der heimischen<br />
Flora, die schlichtweg unnötig ist. Es gibt<br />
genügend heimische Baum- und Straucharten, die<br />
von qualifizierten Baumschulen beschafft werden<br />
können und bei denen man davon ausgehen kann,<br />
dass nach entsprechendem Hochwachsen der Hecke<br />
kein Fremdkörper, sondern eine harmonische,<br />
zu Natur und Kultur passende Hecke entstanden<br />
ist. Mancher Leser mag vielleicht dieses Credo für<br />
die heimische Pflanzenwelt als maßlos übertrieben<br />
ansehen, die Erfahrung zeigt allerdings, dass in<br />
zahllosen Fällen – auch im Rahmen von Flurneuordnungsmaßnahmen<br />
– nicht autochthones, also<br />
nicht heimisches Pflanzmaterial verwendet worden<br />
ist, das durchaus geeignet ist, den Charakter eines<br />
Landschaftsteiles maßgeblich zu verändern.<br />
Auch die im Folgenden genannten Gestaltungsmaßnahmen<br />
– eine weitere „Kleinigkeit“ – sind ein Beispiel<br />
dafür, wie Zug um Zug der Limes und seine<br />
nähere Umgebung als Teil der umgebenden Landschaft<br />
„verfremdet“ werden. Der Limes verläuft in<br />
Baden-Württemberg durch Landschaften mit unterschiedlichem<br />
geologischem Untergrund. Im<br />
Wesentlichen sind es Buntsandstein, Muschelkalk,<br />
Keuper und Jura, die durchschnitten werden. Diese<br />
Ausgangsgesteine bilden ganz unterschiedliche<br />
Böden mit unterschiedlichem Säuregrad; dieser<br />
wiederum bestimmt ganz wesentlich die Ausprägung<br />
der standorttypischen Flora. Die Baumartenzusammensetzung<br />
der Wälder, aber auch die Bodenflora<br />
im Wald oder das Pflanzenkleid von Waldsäumen<br />
oder Ackerrainen sind Spiegel des geologischen<br />
Untergrundes und bestimmen den Charakter<br />
des jeweiligen Landschaftsraumes. Insbesondere bei<br />
forstlichen Maßnahmen – und dies gilt nicht nur<br />
für den Limes und seine direkte Umgebung – sollte<br />
die standorttypische Baumartenzusammensetzung<br />
gewahrt bleiben bzw. wieder hergestellt werden.<br />
Auf die natürlichen Gegebenheiten ist zum einen<br />
bei Pflanzmaßnahmen zu achten – dass nämlich das<br />
dem Boden angemessene richtige Pflanzmaterial<br />
verwendet wird –, zum anderen aber sollte bei der<br />
Befestigung von Wegen auf die geologischen Gegebenheiten<br />
Rücksicht genommen werden. Nur zu<br />
oft wird auf Feld- und Waldwegen Schotter- und<br />
Splittmaterial verwendet, das zum günstigsten Preis<br />
aus irgendeinem Schotterwerk stammt. Im Keuperbergland<br />
wird dieses Material beispielsweise in aller<br />
Regel aus Muschelkalksteinbrüchen der Umgebung<br />
bezogen. Unzählige Waldwege sind damit befestigt,<br />
was nicht zu unterschätzende Auswirkungen<br />
auf die Flora der unmittelbaren Nachbarschaft hat.<br />
Es gibt verschiedene Abschnitte im Keuperbergland,<br />
wo selbst der Fußpfad auf dem Limeswall mit<br />
NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE AM LIMES 57<br />
Muschelkalksplitt befestigt ist. Der Fachmann kann<br />
ohne Weiteres feststellen, dass entlang von Wegen,<br />
die mit Muschelkalk bestreut sind, die Flora deutliche<br />
Unterschiede zeigt im Vergleich zu etwas weiter<br />
abgelegenen Flächen. Dabei ist nicht nur die<br />
direkte Einwirkung des Muschelkalksplitts auf die<br />
Wegränder zu bedenken, sondern auch der Kalkstaub,<br />
der beim Befahren der Wege verweht wird.<br />
Die Folgen: Verschwinden beispielsweise von Heidekraut,<br />
Johanniskraut oder Geflügeltem Ginster –<br />
Pflanzenarten, die keinen oder nur wenig Kalk ertragen<br />
–, dafür Allerweltspflanzen wie Löwenzahn,<br />
Kratzdistel, Brennnessel, Brombeere etc. Selbst das<br />
Artengefüge von Moosen, Pilzen und Flechten ändert<br />
sich.<br />
Auch bei diesem Thema wird mancher Leser sagen,<br />
dass dies alles wenig spektakulär und wenig aufregend<br />
ist. Allerdings werden der Limes und seine<br />
unmittelbare Nachbarschaft an verschiedenen Stellen<br />
durch solche gut gemeinten, aber verfehlten Gestaltungsmaßnahmen<br />
„verfremdet“ und „nivelliert“.<br />
Jede Art von „Gleichmacherei“ ist bei Touristikfachleuten<br />
verpönt, vielmehr werden in der Fremdenverkehrswerbung<br />
nicht ohne Grund immer die<br />
Besonderheiten, die „Alleinstellungsmerkmale“ herausgestellt.<br />
Der Limes ist kein Element eines Freilichtmuseums,<br />
sondern Bestandteil der umgebenden<br />
Landschaft! So, wie früher Hausformen verschiedene<br />
Landschaften geprägt haben, wie Baumaterialien am<br />
einen Ort typisch, am anderen Ort dagegen nicht<br />
zu sehen waren, wie also durch besondere Charakteristika<br />
eine Landschaft geprägt wurde, so prägt<br />
auch die Tier- und Pflanzenwelt bestimmte Landschaftsausschnitte.<br />
Gerade die charakteristischen,<br />
landschaftstypischen Merkmale sind es doch, die<br />
den Limes – wie auch andere touristische Anzie-<br />
Abb. 52 | Mainhardt,Limesverlauf<br />
(Baumreihe)<br />
im Gewerbegebiet<br />
bei WP 9/70,<br />
SHA.