LIMESENTWICKLUNGSPLAN BADEN-WÜRTTEMBERG ...

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34 Abb. 31 | Der Limes bei WP 9/62, Blick nach Norden, SHA. Abb. 32 | Der Limes bei WP 9/63, Blick nach Süden, SHA. ERFORSCHUNG 6.1 Die Dokumentation des Limes durch topografische Vermessung und durch Laserscanning von Dieter Müller 6.1.1 Einführung Denkmalschutz und Denkmalpflege setzen Denkmalkenntnisse voraus. Dies gilt nicht nur für Bauund Kunstdenkmale, sondern auch für die oft weniger spektakulären archäologischen Geländedenkmäler, für Befestigungen, Grabhügel, keltische Viereckschanzen, römische Hinterlassenschaften, darunter den Limes (Abb. 31; 32), mittelalterliche Burgställe, Altstraßen und viele andere mehr. Mit dem erwachenden Denkmalschutzgedanken in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auch die Notwendigkeit von Inventarisation und Dokumentation der Geländedenkmäler erkannt. Ein ganz wesentliches Element war dabei die zeichnerische Bestandsaufnahme, die eine Vermessung voraussetzte. Stärker noch als bei den Baudenkmalen ist bei archäologischen Denkmälern die Art des Eingebundenseins in das topografische Umfeld für das Verständnis wichtig. Deutlich wird dies am Beispiel von Befestigungsanlagen, die nur im Verhältnis zu bestimmten Geländesituationen (natürliche Schutzlage, Gipfellage, Spornlage) verständlich sind, oder an der 80 km langen Limesgeraden, deren eigentlich unsinnige Linienführung erst in der Zusammenschau mit den Geländeverhältnissen offensichtlich wird. Ein erster Versuch, den Bestand der Denkmäler in Baden-Württemberg (genauer gesagt im ehem. Württemberg) und damit auch den Limes systematisch zu erfassen, ist die als archäologische Landesaufnahme konzipierte topografische Erfassung von 1891 bis 1913. Die Ergebnisse dieser Aufnahme wurden in den württembergischen Flurkarten 1:2500 niedergelegt. Viele Abschnitte des Limes waren bei diesem Unternehmen schon festgehalten worden. Zuvor allerdings hatte schon E. Herzog u. a. die römische Grenzlinie auf einfache Weise, gestützt auf Vorarbeiten von E. Paulus d. Ä., aufgenommen und 1880 in einer Karte 1:200 000 vorgelegt. Bei der Topografischen Landesaufnahme von 1890 bis 1935 durch das Statistische Landesamt wurde wiederum großer Wert auf die Erfassung der Geländedenkmäler und damit auch des Limes gelegt. Die Ergebnisse wurden sowohl in den Höhenflurkarten 1:2500 wie auch in den Topografischen Karten 1:25 000 eingetragen. Einzelaufnahmen und später, von 1937 bis in die fünfziger Jahre, das sogenannte Ringwallkorpus, beschränkt auf vor- und frühgeschichtliche Befestigungsanlagen, führten diese topografischen Arbeiten mit zunehmender technischer Perfektion fort. Die Aufnahme und die Publikation des Obergermanischen und des Raetischen Limes in seiner ganzen Länge durch die Reichs- Limeskommission von 1894 bis 1937 setzten einen vorläufigen Schlusspunkt in der Erfassung der römischen Grenzlinie. Die Ergebnisse all dieser topografischen Arbeiten – jetzt nur auf den Limes bezogen – und ihre Darstellungen in der Höhenflurkarte und in Topografischen Karten geben einen sehr guten Überblick über den Verlauf des Limes, seine partielle Geradlinigkeit, den Bezug zum Gelände usw., eine Dokumentation im strengen Sinne sind sie jedoch nicht.

Eine Dokumentation erfordert exakte Aufnahmen in größerem Maßstab (1:500 oder 1:1000), wobei sämtliche Geländeformen zu erfassen sind, vor allem auch nur noch schwach ausgeprägte Teile der Denkmäler (z. B. Wälle und Gräben), die bei archäologischer und topografischer Landesaufnahme häufig weggelassen wurden. Spezielle Details sollten erkennbar sein, wie etwa kleine Abweichungen aus der Geraden, unterschiedliche Ausbauformen und Dimensionen des Limes (Wallhöhe und -breite, Grabentiefe), alles Elemente, die für Pflege und Schutz wie auch für eine wissenschaftliche Bearbeitung unverzichtbar sind. Diese Kriterien kann auch die Aufnahme, die in den Jahren 2001 und 2002 für den Antrag auf Eintrag als Weltkulturerbe mit Globalem Positionierungssystem (GPS) durchgeführt wurde, nicht erfüllen. Der vorläufig letzte Versuch, die Geländedenkmäler in Baden-Württemberg landesweit aufzunehmen, begann 1980. Im Rahmen eines Schwerpunktprogramms für die Denkmalpflege wurde der „Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg“ ins Leben gerufen. Unter dem Dach dieses Projekts konnte auch die Aufnahme des Limes in Angriff genommen werden. 6.1.2 Die topografische Vermessung Eine umfassende Dokumentation des Objekts Limes ist Sinn und Zweck der topografischen Vermessung. Ganz zwangsläufig findet dabei eine Prospektion – eine Erkundung und Erforschung – statt. Dreidimensional aufgenommen werden alle Geländeformen, nicht nur Wall und Graben des Limes im gegenwärtigen Zustand, sondern auch Wegeinschnitte, Abgrabungen, größere Windwürfe und natürlich – für die Orientierung wichtig – die heutige Ausstattung des Geländes mit Straßen, Wegen, Böschungen, Gebäuden, oberirdischen Leitungen usw. Das Aufnahmegebiet beschränkt sich auf einen Streifen von jeweils 125 m links und rechts des Limes. Aufgenommen wird für den Maßstab 1:500, publiziert werden soll im Maßstab 1:1000. Die Höhendarstellung erfolgt durch Höhenlinien im Meterabstand. Selbstverständlich werden die Messungen ins Landeskoordinatensystem (Gauß-Krüger-System) und ins Landeshöhensystem eingebunden, so dass eine zweifelsfreie Verbindung mit anderen Maßnahmen, seien es Bauleitplanungen, Verkehrsplanungen o. Ä., aber auch eine Integration in heutzutage viel gefragte Geoinformationssysteme möglich wird. ERFORSCHUNG 35 Aufgenommen wird nach den Methoden der klassischen Topografie mit elektronischen Tachymetertheodoliten und anschließender CAD-Auswertung. Die Geländeformen werden in ihren charakteristischen Strukturen, den Geländekanten, Böschungsober- und -unterkanten, Grabensohlen usw. punktuell aufgenommen. Das Ergebnis ist ein archäologisch-topografischer Plan, der sowohl als herkömmlich gedruckter Plan wie auch in digitaler Form verwendet werden kann (Abb. 33). Wird der Aufwand nicht gescheut, so können auch Reliefbilder (Abb. 34a) und dreidimensionale Animationen, etwa ein Flug entlang des Limes, angefertigt werden. Grundsätzlich kommen zur Vermessung archäologischer Objekte auch aerophotogrammetrische Verfahren in Frage. Am Limes wurde davon allerdings kein Gebrauch gemacht, da die fast durchgehende Bewaldung der erhaltenen Abschnitte diesem Verfahren entgegensteht. Neben dem primären Ziel, der denkmalpflegerischen Dokumentation des Limes, besteht auch der Wunsch, hinter das Geheimnis der Absteckung des 80 km langen, geradlinigen Abschnitts zwischen Walldürn und dem Haghof südlich von Welzheim zu kommen. Eine Antwort auf diese Frage kann nur durch die Analyse des präzise aufgenommenen Bauwerks erhalten werden. Schriftliche Hinweise, wie eine derart anspruchsvolle Vermessungsaufgabe zur Römerzeit gelöst wurde, gibt es weder in den Schriften der Agrimensoren noch in anderem zeitgenössischem technischem Schrifttum. Die beschriebenen Vermessungen erfordern einen sehr hohen Aufwand und den Einsatz zahlreicher Mitarbeiter. Glücklicherweise konnten die Hochschulen für Technik in Karlsruhe und Stuttgart schon frühzeitig für die Mitarbeit an der Denkmäleraufnahme gewonnen werden. Im Zuge von jeweils zweiwöchigen Vermessungsübungen und von Diplomarbeiten werden von diesen Institutionen archäologische Geländedenkmäler aufgenommen. So ist seit 1997 die Hochschule für Technik Stuttgart in enger Zusammenarbeit mit der Archäologischen Denkmalpflege am Limes tätig. Dabei wird überwiegend die 80 km lange Gerade aufgenommen, aber auch Teilstücke am raetischen Limes bei Mögglingen, Ostalbkreis. Von der Limesgeraden wurden insgesamt 11 km durch 198 Studenten und Studentinnen vermessen, das sind etwa 90 % des erhaltenen Bestands. Die dabei aufgenommene Fläche umfasst 16,0 km V 0,25 km. Voraussichtlich Ende 2007 können die topografischen Arbeiten abgeschlossen werden.

Eine Dokumentation erfordert exakte Aufnahmen<br />

in größerem Maßstab (1:500 oder 1:1000), wobei<br />

sämtliche Geländeformen zu erfassen sind, vor allem<br />

auch nur noch schwach ausgeprägte Teile der<br />

Denkmäler (z. B. Wälle und Gräben), die bei archäologischer<br />

und topografischer Landesaufnahme<br />

häufig weggelassen wurden. Spezielle Details sollten<br />

erkennbar sein, wie etwa kleine Abweichungen<br />

aus der Geraden, unterschiedliche Ausbauformen<br />

und Dimensionen des Limes (Wallhöhe und -breite,<br />

Grabentiefe), alles Elemente, die für Pflege und<br />

Schutz wie auch für eine wissenschaftliche Bearbeitung<br />

unverzichtbar sind. Diese Kriterien kann auch<br />

die Aufnahme, die in den Jahren 2001 und 2002<br />

für den Antrag auf Eintrag als Weltkulturerbe mit<br />

Globalem Positionierungssystem (GPS) durchgeführt<br />

wurde, nicht erfüllen.<br />

Der vorläufig letzte Versuch, die Geländedenkmäler<br />

in Baden-Württemberg landesweit aufzunehmen,<br />

begann 1980. Im Rahmen eines Schwerpunktprogramms<br />

für die Denkmalpflege wurde der „Atlas<br />

archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg“<br />

ins Leben gerufen. Unter dem Dach dieses<br />

Projekts konnte auch die Aufnahme des Limes<br />

in Angriff genommen werden.<br />

6.1.2 Die topografische Vermessung<br />

Eine umfassende Dokumentation des Objekts Limes<br />

ist Sinn und Zweck der topografischen Vermessung.<br />

Ganz zwangsläufig findet dabei eine Prospektion<br />

– eine Erkundung und Erforschung – statt.<br />

Dreidimensional aufgenommen werden alle Geländeformen,<br />

nicht nur Wall und Graben des Limes im<br />

gegenwärtigen Zustand, sondern auch Wegeinschnitte,<br />

Abgrabungen, größere Windwürfe und<br />

natürlich – für die Orientierung wichtig – die heutige<br />

Ausstattung des Geländes mit Straßen, Wegen,<br />

Böschungen, Gebäuden, oberirdischen Leitungen<br />

usw. Das Aufnahmegebiet beschränkt sich auf einen<br />

Streifen von jeweils 125 m links und rechts des Limes.<br />

Aufgenommen wird für den Maßstab 1:500,<br />

publiziert werden soll im Maßstab 1:1000. Die<br />

Höhendarstellung erfolgt durch Höhenlinien im<br />

Meterabstand. Selbstverständlich werden die Messungen<br />

ins Landeskoordinatensystem (Gauß-Krüger-System)<br />

und ins Landeshöhensystem eingebunden,<br />

so dass eine zweifelsfreie Verbindung mit anderen<br />

Maßnahmen, seien es Bauleitplanungen, Verkehrsplanungen<br />

o. Ä., aber auch eine Integration in<br />

heutzutage viel gefragte Geoinformationssysteme<br />

möglich wird.<br />

ERFORSCHUNG 35<br />

Aufgenommen wird nach den Methoden der klassischen<br />

Topografie mit elektronischen Tachymetertheodoliten<br />

und anschließender CAD-Auswertung.<br />

Die Geländeformen werden in ihren charakteristischen<br />

Strukturen, den Geländekanten, Böschungsober-<br />

und -unterkanten, Grabensohlen usw. punktuell<br />

aufgenommen. Das Ergebnis ist ein archäologisch-topografischer<br />

Plan, der sowohl als herkömmlich<br />

gedruckter Plan wie auch in digitaler Form<br />

verwendet werden kann (Abb. 33). Wird der Aufwand<br />

nicht gescheut, so können auch Reliefbilder<br />

(Abb. 34a) und dreidimensionale Animationen, etwa<br />

ein Flug entlang des Limes, angefertigt werden.<br />

Grundsätzlich kommen zur Vermessung archäologischer<br />

Objekte auch aerophotogrammetrische Verfahren<br />

in Frage. Am Limes wurde davon allerdings<br />

kein Gebrauch gemacht, da die fast durchgehende<br />

Bewaldung der erhaltenen Abschnitte diesem Verfahren<br />

entgegensteht.<br />

Neben dem primären Ziel, der denkmalpflegerischen<br />

Dokumentation des Limes, besteht auch der<br />

Wunsch, hinter das Geheimnis der Absteckung des<br />

80 km langen, geradlinigen Abschnitts zwischen<br />

Walldürn und dem Haghof südlich von Welzheim<br />

zu kommen. Eine Antwort auf diese Frage kann<br />

nur durch die Analyse des präzise aufgenommenen<br />

Bauwerks erhalten werden. Schriftliche Hinweise,<br />

wie eine derart anspruchsvolle Vermessungsaufgabe<br />

zur Römerzeit gelöst wurde, gibt es weder in den<br />

Schriften der Agrimensoren noch in anderem zeitgenössischem<br />

technischem Schrifttum.<br />

Die beschriebenen Vermessungen erfordern einen<br />

sehr hohen Aufwand und den Einsatz zahlreicher<br />

Mitarbeiter. Glücklicherweise konnten die Hochschulen<br />

für Technik in Karlsruhe und Stuttgart<br />

schon frühzeitig für die Mitarbeit an der Denkmäleraufnahme<br />

gewonnen werden. Im Zuge von jeweils<br />

zweiwöchigen Vermessungsübungen und von<br />

Diplomarbeiten werden von diesen Institutionen<br />

archäologische Geländedenkmäler aufgenommen.<br />

So ist seit 1997 die Hochschule für Technik Stuttgart<br />

in enger Zusammenarbeit mit der Archäologischen<br />

Denkmalpflege am Limes tätig. Dabei wird<br />

überwiegend die 80 km lange Gerade aufgenommen,<br />

aber auch Teilstücke am raetischen Limes bei<br />

Mögglingen, Ostalbkreis. Von der Limesgeraden<br />

wurden insgesamt 11 km durch 198 Studenten und<br />

Studentinnen vermessen, das sind etwa 90 % des<br />

erhaltenen Bestands. Die dabei aufgenommene Fläche<br />

umfasst 16,0 km V 0,25 km. Voraussichtlich Ende<br />

2007 können die topografischen Arbeiten abgeschlossen<br />

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