LIMESENTWICKLUNGSPLAN BADEN-WÜRTTEMBERG ...
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6 Erforschung<br />
Als historischer Ort liefert der ORL eine direkte<br />
Verbindung zur Geschichte unseres Landes. Seine<br />
Denkmale stellen authentische Zeugnisse der Vergangenheit<br />
dar und sind als solche auch unverzichtbare<br />
Quellen für die Wissenschaft. Beinahe alle<br />
Kenntnis zum Limes gründet sich auf archäologische<br />
Befunde und Funde. Da der Bestand an Denkmalsubstanz<br />
begrenzt ist, ist die Forschung zu<br />
einem verantwortlichen Umgang mit dieser endlichen<br />
Ressource verpflichtet. Für eine Weiterentwicklung<br />
des Management-Plans sind daher Standards<br />
und zukünftige wissenschaftliche Schwerpunkte zu<br />
formulieren.<br />
Überall entlang der einstigen römischen Grenzlinie<br />
bestanden und bestehen starke Interessen für Forschung,<br />
Wissenschaft und Bildung. Die Forschung<br />
entlang des ORL und seiner Bestandteile liegt bereits<br />
seit Beginn der wissenschaftlichen Archäologie<br />
in den Händen von Denkmalämtern, Universitäten,<br />
Museen und verschiedenen Forschungseinrichtungen.<br />
Nach den Denkmalschutzgesetzen kommt<br />
den Denkmalfachbehörden der Länder besonderes<br />
Gewicht bei der Durchführung und Auswertung<br />
archäologischer Ausgrabungen zu.<br />
Künftige Forschungsvorhaben am ORL sollen im<br />
engsten Einvernehmen mit den Belangen der archäologischen<br />
Denkmalpflege durchgeführt werden.<br />
Hier sind noch viele Fragen an das Denkmal und<br />
seine historische Bedeutung offen. So besteht vor<br />
allem in den bebauten Arealen einzelner Kastellplätze<br />
die Notwendigkeit, Ungesichertes und Unbekanntes<br />
vor Schaden zu bewahren. Hier sollte zukünftig<br />
durch Detailuntersuchungen insbesondere<br />
der Erhaltungszustand der bekannten Limeselemente<br />
erforscht werden. Nur so lassen sich im Rahmen<br />
der Bauleitplanung die verschiedenen Interessen<br />
zum Schutz bzw. zur Entwicklung konkretisieren.<br />
In unbebauten Arealen wie dem offenen Feld<br />
oder im Wald ist vielerorts die Ausdehnung der archäologischen<br />
Substanz noch nicht hinreichend<br />
bekannt. Die in diesen Verdachtsflächen ergänzend<br />
zu erhebenden Informationen fließen in die zukünftige<br />
Ausweisung von Kern- und Pufferzone wie<br />
in die Inhalte der touristischen Darstellung ein und<br />
beeinflussen auch regional die Strategien der Denkmalpflege.<br />
– Priorität haben Untersuchungen, die das wissenschaftliche<br />
Potential ausschöpfen, das in der gezielten<br />
Aufarbeitung vergangener archäologischer<br />
Untersuchungen („Altgrabungen“) liegt. Auch<br />
ERFORSCHUNG 33<br />
das vollständige Aufarbeiten der Archive, die Berücksichtigung<br />
von Archivmaterialien und historischen<br />
Bilddokumenten ist eine Grundbedingung<br />
vor jeder neuen Untersuchung.<br />
– Weiterhin müssen die Möglichkeiten zerstörungsfreier<br />
Prospektion erschöpfend angewandt werden.<br />
Hierzu zählen die Begehung der Denkmalzonen,<br />
die topografische Vermessung, die Geophysik<br />
sowie die Luftbildauswertung.<br />
– Dort, wo auch nach diesen Untersuchungen offene<br />
Fragen bleiben, kann darüber hinaus auch die<br />
wissenschaftliche Erforschung in Form von Ausgrabungen<br />
notwendig sein. Reine Forschungsgrabungen,<br />
die aktuelle Interessen der Denkmalpflege<br />
nicht oder nur in geringem Maße berücksichtigen,<br />
sollen allerdings nicht durchgeführt werden.<br />
In jedem Fall muss der Eingriff in die Denkmalsubstanz<br />
auf das Mindestmaß beschränkt bleiben.<br />
Nicht stattfinden sollen groß angelegte Flächengrabungen.<br />
Zukünftiges Forschungsziel kann<br />
zum Beispiel die Ausgrabung zur Feststellung des<br />
Erhaltungszustandes sein, um bei fortschreitender<br />
Gefährdung Schutzmaßnahmen einzuleiten.<br />
Dies betrifft etwa versteckte Gefährdungen durch<br />
Grundwasserabsenkung, die mögliche erhaltene<br />
organische Substanz beeinträchtigen könnte, oder<br />
die Dokumentation von Substanzverlust durch<br />
landwirtschaftliche Nutzung. Von denkmalpflegerischem<br />
Interesse sind weiterhin Untersuchungen<br />
zur Ausdehnung und Nutzung der antiken<br />
Aktivitätszonen an Wachtturmstellen sowie die<br />
Prospektion und Dokumentation der Verkehrsinfrastruktur<br />
im grenznahen Bereich sowohl im Kastellumfeld<br />
als auch zwischen den Befestigungsanlagen.<br />
Weitere Forschungsziele sind im Einvernehmen<br />
mit dem Landesamt für Denkmalpflege<br />
denkbar. In jedem Fall ist bei der Grabungsgenehmigung<br />
(DSchG § 21) darauf zu achten, inwieweit<br />
die Forschungsinhalte die Ziele des Substanzschutzes<br />
berücksichtigen.<br />
– Dort, wo sogenannte Rettungsgrabungen erforderlich<br />
werden, nachdem alle Möglichkeiten der<br />
Raumordnung und Bauleitplanung zum Erhalt<br />
des ORL ausgeschöpft wurden, liegt künftig sicherlich<br />
die Hauptaufgabe für eine gezielte wissenschaftliche<br />
Forschung. Ziel muss es sein, aus<br />
solchen in äußerster Konsequenz durchzuführenden<br />
kontrollierten Zerstörungen des Denkmals<br />
einen möglichst großen Gewinn für die Forschung<br />
zu erzielen. Orientierung geben dabei die internationalen<br />
Standards zur Durchführung und Auswertung<br />
archäologischer Untersuchungen.