LIMESENTWICKLUNGSPLAN BADEN-WÜRTTEMBERG ...
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12<br />
AUSZEICHNUNG UND VERPFLICHTUNG<br />
Alle Maßnahmen, die dem Schutz, der Vermittlung<br />
und der Erschließung des Limes dienen sollen, sind<br />
rechtzeitig zuvor in langfristig angelegten Entwicklungskonzepten<br />
darzustellen.<br />
Die Ziele können nur erfolgversprechend umgesetzt<br />
werden, wenn die Maßnahmen koordiniert werden<br />
und ihre langfristige Betreuung gesichert ist. Das<br />
Land ist sich seiner Verantwortung bewusst und<br />
unterstützt daher mit der Stadt Aalen die Einrichtung<br />
eines Limesinformationszentrums. Es soll zunächst<br />
als Anlaufstelle dienen, um der großen Nachfrage<br />
nach Informationen zum Welterbe Limes gerecht<br />
zu werden und insbesondere die touristische<br />
Entwicklung unterstützen. Es dient aber auch als<br />
Vermittler der Belange des Denkmalschutzes und<br />
der archäologischen Forschung.<br />
Alle Projekte am Limes, die nachfolgend beschrieben<br />
werden, können nur sukzessive verwirklicht werden,<br />
abhängig jeweils von den finanziellen und planerischen<br />
Gegebenheiten. Die Gemeinden, Städte<br />
und Kreise sind eingeladen zur partnerschaftlichen<br />
Zusammenarbeit auf der Grundlage dieses Limesentwicklungsplans.<br />
Nach Umsetzung der Vorhaben<br />
bleiben seitens der zuständigen Behörde Verpflichtungen<br />
in den Bereichen Überprüfung, Pflege und<br />
gegebenenfalls Anpassung der Konzepte an veränderte<br />
Situationen bestehen. Daher wird es notwendig<br />
sein, auch den vorgelegten Limesentwicklungsplan<br />
zu überprüfen und regelmäßig fortzuschreiben.<br />
Es gibt bislang nur wenige Erfahrungen, wie ein<br />
derartiges Denkmal langfristig geschützt, gleichzeitig<br />
der Zugang gesichert und sein Erleben ermöglicht<br />
werden kann unter ausgewogener Berücksichtigung<br />
aller weiteren Interessen.<br />
Für Baden-Württemberg werden mit diesem Limesentwicklungsplan<br />
unterschiedliche Entwicklungsszenarien<br />
vorgelegt und anhand ausgewählter Schlüsselprojekte<br />
erläutert. Er dient als Beratungsinstrument<br />
und Handreichung zur ersten Information,<br />
bevor Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden.<br />
2 Der römische Limes<br />
Der Obergermanisch-Raetische Limes ist ein einmaliges,<br />
unwiederbringliches Geschichtsdokument<br />
und zugleich das größte und umfangreichste Bodendenkmal<br />
in Mitteleuropa. Diese künstliche Grenzlinie<br />
schied vom Ende des 1. bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts<br />
n. Chr. das Römische Reich von den germanischen<br />
Stammesgebieten. Der ORL war als<br />
550 km langes militärisches Sicherungssystem angelegt,<br />
das aus Überwachungs- und Sperranlagen<br />
bestand. Neben den zeitlich früheren Palisaden umfasste<br />
die letzte Ausbaustufe in Obergermanien Erdwall<br />
und Graben sowie eine Steinmauer in Raetien.<br />
Damit in Zusammenhang stehen etwa 900 Wachttürme<br />
und 120 größere und kleinere Kastellplätze<br />
(Abb. 1).<br />
Von der 550 km langen römischen Grenzanlage des<br />
ORL verlaufen 164 km der vorderen Linie durch<br />
das Land Baden-Württemberg. Gesichert wurde die<br />
Grenze in diesem Bereich durch 16 größere Kastelle,<br />
12 Kleinkastelle, 5 Feldwachen und knapp 340<br />
Wachttürme, deren Reste in unterschiedlichen Überlieferungszuständen<br />
im Boden liegen. Die Außengrenzen<br />
der römischen Provinzen Obergermanien<br />
(Germania superior) und Raetien (Raetia) wurden<br />
durch diese durchgehende künstliche Sperranlage<br />
gekennzeichnet. Nach verschiedenen Expansionsschritten<br />
wurde unter Kaiser Antoninus Pius um<br />
155/160 n. Chr. die letzte Ausbauphase erreicht, die<br />
meist als Vordere oder Äußere Limeslinie bezeichnet<br />
wird. Dieser vorgeschobene Grenzabschnitt wurde<br />
in die Liste der Welterbestätten aufgenommen.<br />
In der archäologischen Forschung weicht die Beschreibung<br />
des Limes als unüberwindbares Sperrwerk<br />
gegenwärtig einer Einschätzung der Grenzbauten<br />
weniger als konkrete Staatsgrenze denn vielmehr<br />
als eindrucksvolle Grenzmarkierung, die das<br />
Ende der Provinzterritorien anzeigte. Der Geltungsbereich<br />
römischer Ordnung erstreckte sich aber<br />
weit über diese Linie hinaus, sowohl praktisch als<br />
auch ideell. Dazu war sie auch ein gut zu kontrollierender<br />
Filter bei der Vermittlung römischer Kultur-<br />
und Wertvorstellungen sowie des Personenoder<br />
Warenverkehrs. Als Grenzbarriere konnte der<br />
Limes einzelne Personen oder kleine Gruppen mit<br />
räuberischer Absicht aufhalten. Übertritte von Berittenen<br />
oder ganzen Stämmen ließen sich jedoch<br />
nicht verhindern oder an die dafür vorgesehenen<br />
Stellen leiten.<br />
Eine lineare Grenze ist ein hochkomplexes System,<br />
vor allem im Bereich der Informationsweitergabe.