1 Xml/Edi-Standardisierung: Ein Überblick
1 Xml/Edi-Standardisierung: Ein Überblick
1 Xml/Edi-Standardisierung: Ein Überblick
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1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>:<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
Thomas Steffen<br />
1.1 Vom klassischen EDI zu XML/EDI<br />
Der elektronische Austausch von Daten bzw. Electronic Data Interchange<br />
(EDI) wird seit mehr als zwei Jahrzehnten von Unternehmen und<br />
Behörden weltweit praktiziert. Unter dem klassischen EDI wird der<br />
papierlose Austausch von strukturierten Geschäftsdaten, wie Bestellungen,<br />
Rechnungen etc., von Anwendung zu Anwendung über ein elektronisches<br />
Übertragungsmedium verstanden. Die Möglichkeit zur automatisierten<br />
Weiterverarbeitung der ausgetauschten Nachrichten ohne<br />
menschliches <strong>Ein</strong>greifen ist dabei ein wesentliches Kennzeichen.<br />
Die Vorteile einer EDI-Lösung gegenüber einer papierbasierten<br />
Abwicklung, wie beispielsweise die Rationalisierung von Kommunikationsvorgängen,<br />
die verbesserte Koordination von Geschäftsprozessen<br />
sowie die Eröffnung neuer Geschäftsfelder, liegen auf der Hand<br />
[Fisc1999]. Dennoch hat sich EDI trotz des anerkannten und nachgewiesenen<br />
Nutzenpotentials nicht in der Breite durchsetzen können, wie<br />
vor einigen Jahren prophezeit wurde [WWB+1999A]. Hohe Kosten<br />
für die Implementierung und den Betrieb sind häufig der Grund, von<br />
einer EDI-Lösung abzusehen. Daher setzen bislang nur wenige,<br />
zumeist große Unternehmen EDI ein. <strong>Ein</strong> weiterer Grund ist die mangelnde<br />
Flexibilität klassischer EDI-Standards. Sie sind zu starr auf lang<br />
bestehende und unveränderte Geschäftsprozesse ausgelegt und brauchen<br />
bei deren Änderungen viel Zeit für eine Anpassung. Darüber hinaus<br />
bestehen durch die vorgegebenen Strukturen der Standardformate<br />
geringere Freiheitsgrade hinsichtlich der Realisierung spezifischer, an<br />
der Schnittstelle zwischen Unternehmen zum Ausdruck kommender<br />
Kompetenzen [Schü1998]. Für eine automatisierte Weiterverarbeitung<br />
der Nachrichten müssen eine Vielzahl von Prüf- und Kontrollprozeduren<br />
implementiert werden. Sie ersetzen die semantische Interpretation,<br />
die bei einem papierbasierten Austausch durch den Sachbearbeiter<br />
Papierloser Austausch<br />
strukturierter<br />
Geschäftsdaten<br />
Gründe für zögerlichen<br />
EDI-<strong>Ein</strong>satz<br />
1
2<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
vorgenommen wird. Der komplexe Aufbau der EDI-Regelwerke erfordert<br />
weitere umständliche Konvertierungsprozeduren in das Inhouseformat.<br />
Diesen Aufwand scheuen viele Unternehmen aufgrund hoher<br />
Kosten sowie mangelndem Know-how. All die angegebenen Umstände<br />
führen zu einer geringen Verbreitung von EDI im klassischen Sinn.<br />
Electronic Commerce Dagegen hat sich in den letzten Jahren das Internet erstaunlich<br />
schnell für die elektronische Abwicklung von geschäftlichen Prozessen<br />
unter dem Stichwort Electronic Commerce bzw. eCommerce etabliert.<br />
Der Erfolg begründet sich in der weltweiten Verfügbarkeit, den einfachen<br />
Zugangsmöglichkeiten – schon ein Browser genügt für den ersten<br />
<strong>Ein</strong>stieg – und den geringen Nutzungskosten.<br />
Die Möglichkeiten des Internets blieben mit der Hypertext Markup<br />
Language (HTML) zunächst jedoch beschränkt, da sie nur die Darstellung<br />
und nicht den Inhalt eines Dokuments beschreibt. <strong>Ein</strong>e automatische<br />
Verarbeitung solcher Dokumente, wie sie bei EDI gefordert wird,<br />
ist daher mit HTML nur eingeschränkt möglich.<br />
Semantik Die eXtensible Markup Language (XML) bietet nun die Möglichkeit,<br />
nicht nur die eigentlichen Nutzdaten zu übertragen, sondern auch<br />
deren semantische Bedeutung mit Hilfe von Tags auszuzeichnen. Mit<br />
einer Document Type Definition (DTD) kann die inhaltliche Struktur<br />
eines elektronischen Dokuments beschrieben werden. Somit werden<br />
Auswertungen über XML-Dokumente und deren Verarbeitung durch<br />
Programme ermöglicht. Daher eignet sich XML prinzipiell für den<br />
elektronischen Austausch strukturierter Geschäftsnachrichten über<br />
das Internet. Der Begriff XML/EDI steht für solche XML-basierten<br />
EDI-Lösungen. Von ihnen werden neue Impulse für den elektronischen<br />
Geschäftsverkehr erwartet und stellen eine mögliche Alternative zum<br />
klassischen EDI dar.<br />
1.2 Notwendigkeit zur <strong>Standardisierung</strong><br />
XML/EDI bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem traditionellen<br />
EDI. So verspricht es eine einfache und kostengünstige EDI-Implementierung,<br />
da XML/EDI auf offenen Standards und einer verfügbaren<br />
Internettechnologie basiert. Somit soll EDI auch für kleine und<br />
mittlere Unternehmen (KMUs) erschwinglich werden [Brya1998].<br />
Hohe <strong>Ein</strong>stiegskosten werden vermieden, da in der Regel Internetanschlüsse<br />
und -browser in den Unternehmen bereits vorhanden sind.<br />
Aufgrund der weltweiten Verbreitung und Popularität des Internets<br />
und zunehmend der XML wird auch eine kostengünstige Entwicklung<br />
für XML-Softwarewerkzeuge sowie die Verfügbarkeit von XML-<br />
Know-how erwartet [Schn1998].
1.2 Notwendigkeit zur <strong>Standardisierung</strong><br />
<strong>Ein</strong> großer Vorteil von XML/EDI ist die Flexibilität. Mit XML lassen<br />
sich schnell die für einen Geschäftsprozess erforderlichen DTDs<br />
entwickeln und einfach über das World Wide Web (WWW) jedem<br />
möglichen Nutzer zugänglich machen [Huem2000a]. Dies bedeutet<br />
eine enorme Zeitersparnis gegenüber den langwierigen <strong>Standardisierung</strong>sprozessen<br />
herkömmlicher EDI-Standards, wie z.B. bei EDIFACT.<br />
Flexibel ist auch die Verwendung von XML-Nachrichten beim<br />
Empfänger. So können diese nicht nur für den Austausch von Anwendung-zu-Anwendung<br />
genutzt werden, sondern auch für die Maschine-<br />
Mensch-Kommunikation. Ermöglicht wird dies durch die getrennte<br />
Beschreibung der Nutzdaten, ihrer Bedeutung sowie ihrer Darstellung.<br />
Die mögliche <strong>Ein</strong>bindung multimedialer Daten ist ein weiterer Vorteil<br />
von XML/EDI gegenüber dem traditionellen EDI.<br />
Die Nachteile einer XML/EDI-Lösung sind im Wesentlichen diejenigen<br />
des Internets gegenüber der beim klassischen EDI üblichen Nutzung<br />
eines Value Added Networks (VAN) generell [ISIS1999]. Zu nennen<br />
sind dabei die mangelnde Sicherheit und Qualität des Netzes. Da<br />
die Route durch das Internet nicht festgelegt ist, können XML-Nachrichten<br />
möglicherweise unerlaubt abgefangen und aufgrund der leichten<br />
Interpretierbarkeit von Unbefugten entschlüsselt werden. Diverse<br />
Verschlüsselungs- und Sicherheitstechniken, die inzwischen für die<br />
Übertragung über das Internet entwickelt worden sind, reduzieren das<br />
angesprochene Risiko.<br />
<strong>Ein</strong> XML-spezifischer Nachteil ist das größere Übertragungsvolumen<br />
gegenüber vergleichbaren klassischen EDI-Nachrichten, da neben<br />
den eigentlichen Nutzdaten auch deren semantische Beschreibung<br />
übertragen werden muss, was zu einer geringeren Performance führt.<br />
Dieser Nachteil wiegt nicht sehr groß, da geschäftliche Nachrichten in<br />
der Regel nicht zeitkritisch sind<br />
In welcher Weise XML den elektronischen Geschäftsverkehr unterstützen<br />
und vereinfachen könnte, zeigt eine Reihe von Forschungsprojekten<br />
und Prototypen. <strong>Ein</strong>e umfassende Übersicht zu solchen Projekten<br />
bietet [Stef2000a]. Jedoch ist festzustellen, dass XML zunächst nur eine<br />
alternative technische Lösung für den Geschäftsdatenaustausch darstellt.<br />
Voraussetzung für einen elektronischen Austausch, gleich ob traditionell<br />
oder per XML/EDI, ist ein Nachrichtenformat, welches von<br />
allen beteiligten Geschäftspartnern verstanden wird. Unter diesem<br />
Aspekt ist die Flexibilität als eine der großen Stärken von XML/EDI<br />
zugleich auch die größte Schwäche. Denn jedes Unternehmen kann Tags<br />
und DTDs nach seinen Erfordernissen mit dem jeweiligen Geschäftspartner<br />
vereinbaren. Jedoch führt die Vereinbarung von unternehmensspezifischen,<br />
bilateralen Formaten bei einer Vielzahl von Kommunikationspartnern<br />
zu Inkompatibilitäten und ist nicht praktikabel.<br />
Flexibilität von XML<br />
Nachteile von XML/EDI<br />
3
4<br />
Notwendigkeit<br />
standardisierter DTDs<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
Das vollständige Nutzenpotential von XML/EDI kann nur ausgeschöpft<br />
werden, wenn sich die beteiligten Geschäftspartner auf eine<br />
einheitliche Definition der Tags und ihrer semantischen Interpretation<br />
einigen, z.B. in Form von standardisierten DTDs. Zwar liegen eine<br />
Fülle solcher Vereinbarungen bereits vor (s.u.), die auch von einigen<br />
Unternehmen unterstützt werden, stellen aber letztendlich nur proprietäre<br />
Lösungen dar. Entscheidend für den Erfolg und eine weite Verbreitung<br />
von XML/EDI erscheinen globale, herstellerunabhängige Standards<br />
für den geschäftlichen Datenaustausch.<br />
1.3 Initiativen zur <strong>Standardisierung</strong> von XML/EDI<br />
1.3.1 Übersicht<br />
Die Initiativen zur <strong>Standardisierung</strong> von XML/EDI lassen sich nach<br />
ihrer Herkunft zwei verschiedenen Strömungen zuordnen.<br />
Herkunft der Initiativen Die erste Strömung bilden Unternehmen, deren Kompetenzbereich<br />
in der Internet- und insbesondere der XML-Technologie liegt und<br />
daher als XML community bezeichnet werden sollen [Camp2000]. Sie<br />
bemühen sich unabhängig von vorhandenen Austauschformaten standardisierte<br />
XML-Spezifikationen zu schaffen. Bei den <strong>Standardisierung</strong>sbestrebungen<br />
der XML community können im Wesentlichen drei<br />
konzeptionelle Ansätze unterschieden werden: XML/EDI-Sprachen,<br />
XML/EDI-Repositories sowie XML/EDI-Frameworks.<br />
Der Ansatz von XML/EDI-Sprachen besteht darin, einen festen<br />
Satz von XML-Tags oder DTDs, die bestimmte Geschäftsprozesse<br />
unterstützen, als (Industrie-)Standard zu etablieren. Solche XML/EDI-<br />
Sprachen sind in der Regel für ein spezifisches Anwendungsgebiet von<br />
einem einzigen Unternehmen oder einer kleinen Gruppe von Unternehmen<br />
entwickelt worden. Es sind eine Fülle von XML/EDI-Sprachen<br />
verfügbar. In diesem Beitrag werden beispielhaft xCBL, cXML, OFX,<br />
ICE und OAGIS beschrieben, da sie eine größere Verbreitung aufweisen<br />
können.<br />
<strong>Standardisierung</strong> findet<br />
nicht statt<br />
Bei der zweiten Gruppe von Ansätzen, den XML/EDI-Repositories,<br />
werden diverse XML-Spezifikationen wie Tagsets, DTDs, Style sheets<br />
etc. für verschiedene Anwendungszwecke gesammelt und zur Weiterverwendung<br />
bereitgestellt. <strong>Ein</strong>e <strong>Standardisierung</strong> im eigentlichen Sinne<br />
findet dabei nicht statt. Es wird lediglich die Möglichkeit geschaffen,<br />
bestimmte XML-Spezifikationen für eine breite Anwendung zur Verfügung<br />
zu stellen. BizTalk sowie XML.org sind zwei Beispiele für solche<br />
Repositories.
1.3 Initiativen zur <strong>Standardisierung</strong> von XML/EDI<br />
XML/EDI-Frameworks legen nicht nur die Nachrichtenformate für<br />
bestimmte geschäftliche Anwendungen fest, sondern auch die erforderlichen<br />
Abläufe und Regeln. Damit verbunden ist häufig eine umfassende<br />
Modellierung unternehmensübergreifender Geschäftsprozesse.<br />
Das E-business framework der XML/EDI-Group sowie der Ansatz des<br />
RosettaNets zählen zu solchen XML/EDI-Frameworks.<br />
XML community EDI community<br />
XML/EDI-Sprachen ❑ xCBL<br />
❑ eXL<br />
❑ OFX<br />
❑ ICE<br />
❑ OAGIS<br />
XML/EDI Repositories ❑ BizTalk<br />
❑ XML.org u.a.<br />
XML/EDI Frameworks ❑ E-business<br />
framework<br />
❑ RosettaNet<br />
ebXML Initiative der UN/CEFACT und OASIS<br />
❑ Initiativen der<br />
UN/CEFACT<br />
❑ Initiativen der CEN/ISSS<br />
❑ UN/XML der EEMA<br />
❑ Initiativen der DISA<br />
❑ Initiative des DIN/<br />
DEDIG<br />
Initiativen der zweiten Strömung entstammen der traditionellen EDI<br />
community und versuchen, bestehende EDI-Standards oder die in<br />
ihnen enthaltene Semantik nach XML zu überführen. Dazu gehören<br />
beispielsweise Arbeitsgruppen des United Nations Centres for the<br />
Facilitation of Procedures and Practices for Administration, Commerce<br />
and Transport (UN/CEFACT). UN/CEFACT ist ein für die Entwicklung<br />
von UN/EDIFACT verantwortliches globales Normungsgremium.<br />
Im europäischen Raum arbeiten Arbeitsgruppen des CEN/ISSS<br />
(European Committee for Standardization / Information Society Standardization<br />
System) sowie der European Electronic Messaging Association<br />
(EEMA) intensiv an XML/EDI-Konzepten. In den Vereinigten<br />
Staaten tut dies die für den in Nordamerika verbreiteten EDI-Standard<br />
ANSI X12 zuständige Data Interchange Standards Association<br />
(DISA). Auf nationaler Ebene hat der Normenausschuss Bürowesen<br />
(NBü) des Deutschen Instituts für Normung (DIN) zusammen mit der<br />
Deutschen EDI Gesellschaft (DEDIG) eine Initiative zur XML/EDI-<br />
<strong>Standardisierung</strong> gestartet.<br />
Tab. 1–1<br />
Übersicht der XML/EDI-<br />
<strong>Standardisierung</strong>sinitiativen<br />
5
6<br />
Vernetzung verschiedener<br />
Initiativen<br />
Austausch strukturierter<br />
Geschäftsdaten<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
Bislang liefen die <strong>Standardisierung</strong>sbestrebungen beider Strömungen<br />
größtenteils isoliert nebeneinander her. Inzwischen gibt es einen<br />
Trend zur Vernetzung der verschiedenen Initiativen. Ausdruck dafür<br />
ist die ebXML-Initiative, ein gemeinsames Projekt der Organization<br />
for the Advancement of Structured Information Standards (OASIS),<br />
einem bedeutenden Vertreter der XML community, und der<br />
UN/CEFACT.<br />
1.3.2 Initiativen der XML community<br />
XML/EDI-Sprachen<br />
xCBL (www.commerceone.com/xml/cbl)<br />
Die auf XML basierende Common Business Library (xCBL) ist im<br />
September 1997 ursprünglich von VeoSystems konzipiert worden und<br />
wird seit deren Übernahme im Januar 1999 von CommerceOne weiterentwickelt.<br />
xCBL bietet in der aktuellen Version 2.0 Spezifikationen,<br />
die es ermöglichen, strukturierte Geschäftsdaten über das Internet<br />
auszutauschen, wie beispielsweise Produktdaten, Bestellaufträge,<br />
Rechnungen oder Lieferpläne. Damit deckt xCBL den Anwendungsbereich<br />
des klassischen EDI ab. xCBL stellt einen für bestimmte<br />
Geschäftsprozesse wohldefinierten Dokumentenrahmen bereit, der je<br />
nach den Erfordernissen durch standardisierte Elemente, so genannte<br />
XML building blocks, ergänzt wird. xCBL bietet damit eine flexible<br />
Möglichkeit zur Definition eigener Geschäftsnachrichten.<br />
cXML (www.cxml.org)<br />
Produktkataloge Die von einem Konsortium aus Softwareherstellern und Anwendern<br />
getragene commerce XML (cXML) unterstützt Beschaffungsprozesse<br />
über das Internet. cXML liegt seit Juni 2000 in der Version 1.1 vor und<br />
besteht aus XML DTDs, die es ermöglichen, Daten aus Produktkatalogen<br />
über das Internet elektronisch abzufragen, auszutauschen und zu<br />
aktualisieren.<br />
Bestellvorgänge Darüber hinaus werden Bestellvorgänge unterstützt. Durch die<br />
feste Vorgabe von DTDs und den eingeschränkten Anwendungsbereich<br />
ist die cXML zwar einfach zu handhaben, dagegen aber nicht so<br />
flexibel und leistungsfähig wie beispielsweise die xCBL.
1.3 Initiativen zur <strong>Standardisierung</strong> von XML/EDI<br />
OFX (www.ofx.net)<br />
Der von CheckFree, Intuit und Microsoft bereits Anfang 1997 entwikkelte<br />
Open Financial Exchange (OFX) soll eine komplette Umgebung<br />
für den offenen Zahlungsverkehr und den Austausch von Finanzdaten<br />
über ungesicherte Netzwerke bereitstellen. Dazu gehören die transparente<br />
<strong>Ein</strong>bettung von bestehenden Zahlungssystemen und die Steuerung<br />
des gesamten Zahlungsvorgangs über das Internet zwischen Kreditinstituten,<br />
kleinen Unternehmen und Privatleuten. Seit der aktuellen<br />
Version 2.0 basiert OFX auf XML. Durch die OFX-Spezifikationen<br />
werden nicht nur die Nachrichtenformate festgelegt, sondern auch die<br />
erforderlichen Prozesse.<br />
ICE (www.icestandard.org)<br />
Für den Austausch unstrukturierter Daten ist vom Unternehmen<br />
Vignette das Information and Content Exchange (ICE)-Protokoll entwickelt<br />
worden. Die aktuelle Version 1.1 wird mittlerweile von einem<br />
Konsortium aus Anbietern und Anwendern getragen. ICE soll den<br />
erforderlichen Informationsaustausch im Rahmen einer unternehmensübergreifenden<br />
Kooperation unterstützen und vereinfachen.<br />
OAGIS (www.openapplications.org)<br />
Bereits seit 1995 entwickelt die Open Applications Group, ein Industriekonsortium,<br />
Spezifikationen für die Integration von betriebswirtschaftlichen<br />
Anwendungen, die so genannten Open Applications<br />
Group Integration Specifications (OAGIS). Sie liegen mittlerweile in<br />
der Version 6.2 vor. Der Schwerpunkt befindet sich auf der Integration<br />
innerbetrieblicher Anwendungssysteme, doch die Spezifikationen gelten<br />
auch für den Austausch über Wide Area Networks (WANs) wie<br />
das Internet. Seit Januar 1999 werden die OAGIS auch in Form von<br />
XML DTDs veröffentlicht. Sie beschreiben die Inhalte von geschäftlichen<br />
Dokumenten, den Business Objects Documents (BOD) und<br />
deren erforderliche Verarbeitungsfunktionen.<br />
XML/EDI-Repositories<br />
BizTalk Framework (www.biztalk.org)<br />
Das von Microsoft konzipierte BizTalk Framework dient dazu, XML-<br />
Spezifikationen für die Integration geschäftlicher Anwendungen zu sammeln<br />
und zur Weiterverwendung bereitzustellen. Das Framework in der<br />
aktuellen Version 2.0 besteht aus Regeln, in welcher Form diese XML-<br />
Spezifikationen zu veröffentlichen sind und wie darauf basierende<br />
XML-Nachrichten eingesetzt sowie verwendet werden. Unternehmen<br />
7<br />
Offener Zahlungsverkehr<br />
Austausch<br />
unstrukturierter Daten<br />
Integration<br />
innerbetrieblicher<br />
Anwendungssysteme<br />
Regeln zur<br />
Veröffentlichung von<br />
XML-Spezifikationen
8<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
können ihre entwickelten DTDs in das BizTalk Framework einstellen,<br />
darin recherchieren und geeignete Spezifikationen adaptieren.<br />
XML.org u.a. (www.xml.org)<br />
Repository Außer den bislang genannten Initiativen gibt es eine Reihe von Webseiten,<br />
auf denen Document Type Definitions, Tag sets, Style Sheets etc.<br />
gesammelt werden, um sie einer breiten Anwendung – in vielen Fällen<br />
allerdings nicht nur für EDI-Zwecke – zur Verfügung zu stellen. Beispiele<br />
hierfür sind www.xmlx.com, www.xmlrepository.com und<br />
www.schema.net. Aufgrund ihrer Bedeutung sei hier die von der<br />
OASIS initiierte XML.org gesondert erwähnt. XML.org bietet ein<br />
Repository für jede Art von XML-Spezifikationen wie XML schemas,<br />
DTDs, namespaces oder Style Sheets. Unternehmen können ihre Sepzifikationen<br />
registrieren lassen und jedermann kann in dem Repository<br />
recherchieren und sich geeignete Dokumente herunterladen.<br />
XML, EDI, Templates,<br />
Agenten, Repository<br />
Partner Interface<br />
Processes<br />
XML/EDI-Frameworks<br />
E-business framework (www.xmledi.com)<br />
<strong>Ein</strong>e mögliche Architektur für XML/EDI-Lösungen schlägt die<br />
XML/EDI-Group mit ihrem »E-business framework« vor. Die im Juli<br />
1997 gegründete XML/EDI-Group ist ein Zusammenschluss von<br />
Unternehmen zur Förderung und Entwicklung von XML/EDI-Standards<br />
und -Produkten. Das »E-business framework« besteht aus einer<br />
Kombination von fünf Technologien: XML, EDI, Templates, Agenten<br />
und Repository. XML stellt die Rahmentechnologie dar, mit der die<br />
Nachrichteninhalte über das Internet transportiert werden. Das<br />
Know-how bisheriger EDI-Lösungen und -konzepte soll genutzt und<br />
in XML-Transaktionen überführt werden. Templates sollen die Regeln<br />
für die Definition und Verarbeitung von XML-Dokumenten beinhalten.<br />
Agenten interpretieren diese Templates und führen die notwendigen<br />
Verarbeitungsprozesse durch. <strong>Ein</strong> Repository bietet die semantische<br />
Grundlage für die Geschäftstransaktionen. Die Kombination der<br />
genannten Komponenten stellt ein System zur Verfügung, das nicht<br />
nur die reinen Daten eines Geschäftsprozesses übertragen kann, sondern<br />
auch die zur Verarbeitung notwendigen Informationen<br />
[PeWe1997].<br />
RosettaNet (www.rosettanet.org)<br />
RosettaNet ist eine Initiative von mehr als 40 führenden Unternehmen<br />
der IT-Branche. Es wurde ein Ebenenmodell für die elektronische<br />
Abwicklung von Geschäftsprozessen entworfen. Kern dieses Modells
1.3 Initiativen zur <strong>Standardisierung</strong> von XML/EDI<br />
sind so genannte Partner Interface Processes (PIPs). Jeder PIP besteht<br />
aus XML-Dokumenten, die auf DTDs eines Implementation Frameworks<br />
basieren, in dem die erforderlichen Transaktionen und Nachrichten,<br />
d.h. das Protokoll, eines bestimmten Prozesses festgelegt sind.<br />
Darüber hinaus gehören zu einem PIP ein Prozessmodell, bestehend<br />
aus UML-Klassen- und Sequenzdiagrammen, sowie ein Implementation<br />
Guide. In einem data dictionary werden die für einen PIP notwendigen<br />
Informationselemente bereitgestellt. Es enthält Attribute zur<br />
technischen Spezifikationen von Produkten sowie zur Beschreibung<br />
der beteiligten Unternehmen und der Geschäftsabläufe.<br />
1.3.3 Initiativen der EDI community<br />
Initiativen der UN/CEFACT (www.unece.org/cefact/)<br />
Zwei Arbeitsgruppen der UN/CEFACT haben die Bedeutung und den<br />
<strong>Ein</strong>fluss von XML auf EDI und insbesondere EDIFACT untersucht.<br />
Sowohl die Techniques and Methodologies Working Group (TMWG)<br />
als auch die Ad hoc Working Group on Simple-EDI and Forms and<br />
Web based EDI (SIMAC) kommen zu der <strong>Ein</strong>schätzung, dass XML<br />
eine wichtige Rolle beim zukünftigen Austausch elektronischer Daten<br />
spielen wird. Gleichzeitig wird dringend die Notwendigkeit eines globalen<br />
und zentralen XML/EDI-Repositories unter Federführung der<br />
UN/CEFACT gesehen.<br />
Dieses Repository sollte standardisierte Tags enthalten, die aus den<br />
bisherigen Message Implementation Guides (MIGs) abgeleitet werden<br />
sollen. Die Umsetzung dieses Vorhabens erfolgt mittlerweile in einem<br />
gemeinsamen Projekt mit der OASIS, welches weiter unten näher<br />
beschrieben wird.<br />
Initiativen der CEN/ISSS (www.cenorm.be/isss)<br />
Im europäischen Raum beschäftigt sich der Electronic Commerce<br />
Workshop (ECW) der CEN/ISSS mit dem Thema XML/EDI. Im Rahmen<br />
der ISIS-Programme (Information Society Initiative in Standardization)<br />
der Europäischen Kommission wurden mehrere XML/EDI-<br />
Projekte durchgeführt. Aufgabe dieser Projekte war es, »to test the<br />
applicability XML for interchanging data between SMEs and their<br />
business partners, of the type currently exchanged using EDI messages«<br />
[Brya1998]. Nach einer Auswertung der Projektergebnisse wurden<br />
»Recommendations for the Standardization in the field of XML<br />
for electronic data interchange« ausgesprochen [Camp2000]. Darin<br />
9<br />
Ableitung standardisierter<br />
XML-Tags<br />
Überführung<br />
verschiedener Repositories
10<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
wird unter anderem statt eines globalen XML/EDI-Repositories eine<br />
Methode gefordert, mit der die semantischen Inhalte von verschiedenen<br />
Repositories ausgetauscht und überführt werden können. Für die<br />
Umsetzung dieser Empfehlungen gründete die CEN/ISSS Mitte 1999<br />
einen XML/EDI-Workshop.<br />
UN/XML (www.eema.org)<br />
XML/EDIFACT Die EDI/EC Workgroup der EEMA, einem Zusammenschluss zur<br />
Förderung von Electronic Business, empfiehlt, ein globales Repository<br />
von XML-Tags auf der Basis von EDIFACT zu schaffen. <strong>Ein</strong> entsprechender<br />
Prototyp unter der Bezeichnung UN/XML ist durch eine<br />
Arbeitsgruppe bereits entwickelt worden.<br />
XML/EDIFACT<br />
Überführungsversuch<br />
Initiativen der DISA (www.disa.org)<br />
XML/X12 Als eine der ersten Normungsgremien war in den Vereinigten Staaten<br />
die DISA auf dem XML/EDI-Gebiet tätig. Gemeinsam mit der<br />
XML/EDI-Group und dem CommerceNet, einem Industriekonsortium,<br />
führte sie ein X12/XML-Projekt durch. Dabei wurden die<br />
Datenelemente und Strukturen des in Nordamerika verbreiteten Nachrichtenstandards<br />
ANSI X12 in XML überführt und in einem Repository<br />
bereitgestellt. <strong>Ein</strong> an der Universität Denver implementierter Prototyp<br />
demonstriert den Nachrichtenaustausch auf Basis des<br />
entwickelten Repositories.<br />
Initiative des DIN und der DEDIG (www.din.de, www.dedig.de)<br />
Gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe der DEDIG führt der Normenausschuss<br />
Bürowesen (NBü) des DIN ein Projekt zur Normung von<br />
XML/DTDs durch. Im September 1999 wurde ein erster Normentwurf<br />
vorgelegt, der im Juni 2000 in einer überarbeiteten Fassung veröffentlicht<br />
wurde. Darin wird – im Vergleich zu den bisher beschriebenen<br />
Initiativen – ein völlig anderer Ansatz verfolgt. Statt Tags oder<br />
DTDs inhaltlich zu standardisieren, werden eindeutige Regeln festgelegt,<br />
wie aus einer vorhandenen EDIFACT-Spezifikation eine XML<br />
DTD erstellt werden soll, und weiter werden Beispiele für deren Implementierung<br />
gegeben.
1.3.4 Gemeinsame Initiative der XML und EDI community<br />
ebXML (www.ebxml.org)<br />
1.4 Fazit<br />
Electronic business XML (ebXML) ist ein gemeinsames Projekt der<br />
UN/CEFACT und der OASIS. Ziel dieses Projekts ist es, ein offenes,<br />
technisches Rahmenwerk zu schaffen, auf dessen Basis standardisierte<br />
XML-Dokumente für den Geschäftsdatenaustausch definiert werden<br />
sollen. Die Entwicklung der eigentlichen Nachrichteninhalte ist nicht<br />
Gegenstand von ebXML. Das Ergebnis des Projekts sind vielmehr Vorgaben<br />
und Regeln für die <strong>Standardisierung</strong>sgremien, die XML-Austauschformate<br />
und -Geschäftsprozessmodelle erzeugen, sowie Softwarefirmen,<br />
die darauf aufbauende Software entwickeln<br />
[Huem2000a]. Damit sollen in konsistenter und einheitlicher Weise<br />
XML-basierte Lösungen für den elektronischen Austausch von<br />
Geschäftsdaten über das Internet entstehen.<br />
1.4 Fazit<br />
Die derzeitige Entwicklung der <strong>Standardisierung</strong>sbestrebungen für<br />
XML/EDI lässt sich mit der Entwicklung von Standards für das traditionelle<br />
EDI vergleichen. Hierbei wurden zunächst von großen Firmen<br />
(z.B. VW, Siemens) unternehmensbezogene Standards eingeführt.<br />
Bereits in den 70er und 80er Jahren sind Verbände und Unternehmenszusammenschlüsse<br />
dazu übergegangen, für die jeweilige Branche<br />
bzw. Gruppe zumeist regional begrenzte Standards zu entwikkeln. Beispiele<br />
für solche Standards sind ODETTE (Automobilindustrie,<br />
Europa) oder SEDAS (Handel, Deutschland). Mit dem zum Ende der<br />
80er Jahre entwickelten EDIFACT liegt mittlerweile ein internationaler,<br />
branchenunabhängiger EDI-Standard vor, der zunehmend Verbreitung<br />
findet und die anderen Standards verdrängt.<br />
<strong>Ein</strong>en ähnlichen Verlauf wie beim klassischen EDI nimmt die Entwicklungsgeschichte<br />
von XML/EDI-Standards. Statt über 20 Jahre hinweg<br />
werden die Entwicklungsschritte allerdings innerhalb von nur zwei<br />
Jahren durchlaufen. Seitdem XML zur Verfügung steht, wird sie für den<br />
elektronischen Austausch von Geschäftsdaten verwendet. Viele Unternehmen,<br />
vornehmlich aus der XML community, definierten zunächst<br />
eigene DTDs und Tagsets. <strong>Ein</strong>igen gelang die Vermarktung ihrer proprietären<br />
XML-Spezifikationen. In manchen Branchen konnte man sich auf<br />
bestimmte XML/EDI-Spezifikationen einigen, wie das erfolgreiche Beispiel<br />
von RosettaNet zeigt. Dennoch laufen die <strong>Standardisierung</strong>sbestrebungen<br />
größtenteils immer noch nebeneinander her.<br />
11<br />
Unternehmensbezogene<br />
Standards<br />
Regional begrenzte<br />
Standards<br />
DTDs und Tagsets
12<br />
1 XML/EDI-<strong>Standardisierung</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Überblick</strong><br />
Nachdem sie das Potential von XML erkannt hatten, haben die<br />
Normungsgremien und andere Gruppen der EDI community in<br />
XML/EDI und in dessen <strong>Standardisierung</strong> ein neues Aufgabenfeld entdeckt.<br />
Anliegen dieser Organisationen ist es, die klassischen EDI-Standards<br />
durch eine Verbindung mit der XML-Technologie für den elektronischen<br />
Austausch von Geschäftsdaten über das Internet nutzbar zu<br />
machen.<br />
Zum heutigen Zeitpunkt, in der Mitte des Jahres 2000, ist es sehr<br />
schwierig und noch zu früh, beurteilen zu können, welche <strong>Standardisierung</strong>sbestrebungen<br />
sich durchsetzen werden. XML/EDI wird vielfach<br />
eingesetzt, ist aber bei weitem noch keine etablierte Technologie.<br />
Noch viel weniger sind es die auf XML aufbauenden, so genannten X-<br />
Technologien, wie XML-Schema oder die XSL Transformation Language<br />
(XSLT), die sich teilweise noch im Entwurfs- oder Entwicklungsstadium<br />
befinden. Hierbei ist das über Jahrzehnte aufgebaute<br />
Know-how und die Erfahrungen der EDI community auf dem Gebiet<br />
des elektronischen Datenaustausches sehr hilfreich. Es ist bereits in<br />
zahlreiche Empfehlungen an das World Wide Web Consortium (W3C)<br />
bei der Entwicklung der X-Technologien eingeflossen.<br />
Metaebene Es darf bezweifelt werden, dass es gelingen wird, sich auf eine globale,<br />
branchenunabhängige Sprache für XML/EDI zu einigen. Dies<br />
würde auch der Philosophie des dezentralen Internets widersprechen.<br />
Andererseits erscheint es sinnvoll und erfolgversprechend, auf einer<br />
Metaebene einheitliche Regeln und Vorgaben für die Entwicklung von<br />
XML/EDI-Sprachen festzulegen, wie es die ebXML-Initiative sowie<br />
der XML/EDI Workshop der CEN/ISSS vorhaben.