Das Wort - Das slavische Verb

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378 7. Verben lexikalische, morphologische und syntaktische Potenziale, die in verschiedenem Umfang im einzelnen Vorkommen des Lexems realisiert sind. Die Lexemtypen unterscheiden sich zunächst danach, wie die Funktion ‚Ereignis’ (einphasige Situation) im Lexem vertreten ist. Zur Feststellung kann das Auftreten der Ereignisfunktion bei ipf. Verben herangezogen werden, und zwar in solchen Kontexten, in denen die aktionale Gestalt, also die zentrale Lexikalische Aktionale Funktion, nicht durch kontextuelle Einflüsse verändert wird, sondern unverändert in den Satz vererbt wird. Das ist vor allem der Fall bei der iterativen Funktion in neutralem Kontext: (1) Genowefa stawia!a wiadra na ziemi i odgarnia!a kosmyk z czo!a. ‚Genowefa stellte (dann immer) die Eimer auf den Boden und strich sich eine Strähne aus der Stirn.’ Außerdem ist die lexikalische Ereignis-Funktion im historischen Präsens erkennbar. Wenn ein ipf. Verb im historischen Präsens durch ein pf. Verb mit gleicher Bedeutung ersetzt werden kann (durch seinen Aspektpartner), dann hat es offensichtlich ‚Ereignis’- Funktion, denn ein pf. Verb hat immer Ereignis-Funktion. Vgl.: (2) pf. Präteritum: Genowefa postawi!a wiadra na ziemi i odgarne±!a kosmyk z czo!a. ‚Genowefa stellte die Eimer auf den Boden und strich sich eine Strähne aus der Stirn.’ (3) ipf. historisches Präsens: Genowefa stawia wiadra na ziemi i odgarnia kosmyk z czo!a. ‚Genowefa stellt die Eimer auf den Boden und streicht sich eine Strähne aus der Stirn.’ Entsprechend diesem Kriterium gibt es folgende drei aktionalen Haupttypen von Verben (internationale Termini in runden Klammern, (…), Symbolisierung in geraden Klammern, […]): • Ereignis-Lexeme (telische Lexeme), [–o–], z.B. otworzyc´ ‚öffnen’, przeczytac´ ‚lesen’, powiedziec´ ‚sprechen’. • Lexeme ohne Ereignisfunktion (atelische Lexeme), d.h. mit Verlaufsfunktion, [o…o…o], z.B. spac´ ‚schlafen’, patrzyc´ ‚schauen’; oder mit stativer Funktion, [---], z.B. znaczyc´ ‚bedeuten’, wiedziec´ ‚wissen’. • Ereignis-Verlaufslexeme, (aktional diffuse Lexeme), [–(o…)o(…o)–], z.B. czytac´ ‚lesen’, tanćzyc´ ,tanzen’. Die Lexikalische Aktionale Funktion eines Lexems ist, ausgehend von den Definitionen für die aktionalen Gestalten, an der Beschreibung (Explikation) der lexikalischen Bedeutung zu erkennen. Gilt die lexikalische Beschreibung für genau eine Phase zwischen Vor- und Nachstadium einer Situation, dann hat das Lexem Ereignis-Funktion, vgl. zmyc´ – zmywac´ ‚auswaschen’. Die Einphasigkeit der Situation des Auswaschens wird durch die Funktion des

7.6. Der Aspekt 379 imperfektivierenden Suffixes überlagert, wenn es die syntaktische Aspektfunktion ‚episodischer Verlauf’ hat. Die vom Verb dargestellte Situation ist dann mehrphasig, vgl. kiedy zmywa!, … ‚als er am Auswaschen war, …’. Gilt die lexikalische Beschreibung für eine beliebige Phase einer aktionalen Situation, dann hat das Lexem Verlaufsfunktion, vgl. p!akac´ ‚weinen’. Im Derivat pop!akac´ ist die Eigenschaft der Mehrphasigkeit des Weinens überlagert durch die Funktion des perfektivierenden Affixes, das Einphasigkeit vermittelt. Gilt die lexikalische Beschreibung für die gesamte Situation und jeden Zeitintervall der Situation, jedoch nicht für eine Phase (weil die Situation nicht über eine solche verfügt, sondern nur ein Stadium besitzt), dann hat das Lexem stative Funktion, vgl. wiedziec´ ‚wissen’, znaczyc´ ‚bedeuten’. Die Bedeutung der aktional diffusen Lexeme impliziert ein Ereignis und/oder einen Verlauf. Im Satzkontext kann die Bedeutung zu einem Ereignis oder Verlauf konturiert werden, muss aber nicht. Die Explikation der lexikalischen Bedeutung enthält eine inklusive Disjunktion, sie gilt in Abhängigkeit vom Kontext (a) für genau eine Phase, (b) für eine beliebige Phase oder es bleibt unklar, ob (a) oder (b) zutrifft. Eines dieser durchaus zahlreichen Lexeme ist czytac´ ‚lesen’, dessen lexikalisch aktionale Funktion je nach Kontext zu einem Ereignis konturiert werden kann, vgl. czyta! ten list (mit dem Ende des gelesenen Briefs tritt das Ende der aktionalen Situation ein, mit czyta! ten list ‚er hat den Brief gelesen’ kann eine weitere Situationsphase nicht bezeichnet werden, eine Fortsetzung dieser Handlung ist nicht möglich). Oder die lexikalische Bedeutung wird zu einem Verlauf konturiert, vgl. kiedy czyta!, … ‚als er las …’. Die Handlung ist im Fortschreiten, es wird keine Phase bezeichnet, nach der die Fortsetzung dieser Handlung nicht mehr möglich ist. Die Diffusität der Bedeutung kann aber auch auf die syntaktische Ebene vererbt werden und die aktionale Situation kann unkonturiert im Satz erscheinen, vgl. Czy czyta!es´ listy? ‚Hast du (die) Briefe gelesen?’ Weiteres hierzu bei der syntaktischen Beschreibung. Als oberstes Unterscheidungsmerkmal der Lexem-Subtypen wird die Mehrphasigkeit des ipf. Verbs und der beobachtbare Zustandswechsel bei pf. und ipf. Verben herangezogen werden. Dass das ipf. Lexem lexikalisch mehrphasig ist, kann man daran erkennen, dass es in der progressiven Funktion auftreten kann. Vgl.: (4) Verlaufslexem: Kiedy Genowefa stawia!a wiadra na ziemi, odgarnia!a kosmyk z czo!a. ‚Als Genowefa die Eimer auf den Boden stellte, strich sie sich eine Strähne aus der Stirn.’ (5) Statives Lexem: *Kiedy Genowefa wiedzia!a to, odgarnia!a kosmyk z czo!a. ‚Als Genowefa das wusste, strich sie sich eine Strähne aus der Stirn.’ Für die Unterscheidung der atelischen Lexeme in Verlaufslexeme und stative Lexeme ist dieses Kriterium das geeigneteste. Weniger geeignet ist es für die weitere Unterscheidung

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7. <strong>Verb</strong>en<br />

lexikalische, morphologische und syntaktische Potenziale, die in verschiedenem Umfang<br />

im einzelnen Vorkommen des Lexems realisiert sind.<br />

Die Lexemtypen unterscheiden sich zunächst danach, wie die Funktion ‚Ereignis’<br />

(einphasige Situation) im Lexem vertreten ist. Zur Feststellung kann das Auftreten der<br />

Ereignisfunktion bei ipf. <strong>Verb</strong>en herangezogen werden, und zwar in solchen Kontexten, in<br />

denen die aktionale Gestalt, also die zentrale Lexikalische Aktionale Funktion, nicht durch<br />

kontextuelle Einflüsse verändert wird, sondern unverändert in den Satz vererbt wird. <strong>Das</strong> ist<br />

vor allem der Fall bei der iterativen Funktion in neutralem Kontext:<br />

(1) Genowefa stawia!a wiadra na ziemi i odgarnia!a kosmyk z czo!a. ‚Genowefa<br />

stellte (dann immer) die Eimer auf den Boden und strich sich eine Strähne aus<br />

der Stirn.’<br />

Außerdem ist die lexikalische Ereignis-Funktion im historischen Präsens erkennbar. Wenn<br />

ein ipf. <strong>Verb</strong> im historischen Präsens durch ein pf. <strong>Verb</strong> mit gleicher Bedeutung ersetzt<br />

werden kann (durch seinen Aspektpartner), dann hat es offensichtlich ‚Ereignis’- Funktion,<br />

denn ein pf. <strong>Verb</strong> hat immer Ereignis-Funktion. Vgl.:<br />

(2) pf. Präteritum: Genowefa postawi!a wiadra na ziemi i odgarne±!a kosmyk z<br />

czo!a. ‚Genowefa stellte die Eimer auf den Boden und strich sich eine Strähne<br />

aus der Stirn.’<br />

(3) ipf. historisches Präsens: Genowefa stawia wiadra na ziemi i odgarnia kosmyk<br />

z czo!a. ‚Genowefa stellt die Eimer auf den Boden und streicht sich eine Strähne<br />

aus der Stirn.’<br />

Entsprechend diesem Kriterium gibt es folgende drei aktionalen Haupttypen von <strong>Verb</strong>en<br />

(internationale Termini in runden Klammern, (…), Symbolisierung in geraden Klammern,<br />

[…]):<br />

• Ereignis-Lexeme (telische Lexeme), [–o–], z.B. otworzyc´ ‚öffnen’, przeczytac´<br />

‚lesen’, powiedziec´ ‚sprechen’.<br />

• Lexeme ohne Ereignisfunktion (atelische Lexeme), d.h. mit Verlaufsfunktion,<br />

[o…o…o], z.B. spac´ ‚schlafen’, patrzyc´ ‚schauen’; oder mit stativer Funktion,<br />

[---], z.B. znaczyc´ ‚bedeuten’, wiedziec´ ‚wissen’.<br />

• Ereignis-Verlaufslexeme, (aktional diffuse Lexeme), [–(o…)o(…o)–], z.B. czytac´<br />

‚lesen’, tanćzyc´ ,tanzen’.<br />

Die Lexikalische Aktionale Funktion eines Lexems ist, ausgehend von den Definitionen für<br />

die aktionalen Gestalten, an der Beschreibung (Explikation) der lexikalischen Bedeutung zu<br />

erkennen.<br />

Gilt die lexikalische Beschreibung für genau eine Phase zwischen Vor- und Nachstadium<br />

einer Situation, dann hat das Lexem Ereignis-Funktion, vgl. zmyc´ – zmywac´ ‚auswaschen’.<br />

Die Einphasigkeit der Situation des Auswaschens wird durch die Funktion des

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