Das Wort - Das slavische Verb

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368 7. Verben Der zeitliche Zusammenhang, der eine Situation zur Episode macht, kann auch durch die Relationierung mit einer öffentlichen Zeit hergestellt werden: (17) Pawe! wszed! oko!o szo´stej do pokoju. ‚Pawe! hat gegen 6 Uhr das Zimmer betreten.’ Bei nicht episodischen Situationen, die man auch als Sachlagen bezeichnen kann, wird die Instruktion, die Situation zeitlich in Zusammenhang mit einer anderen Situation zu bringen, nicht gegeben. Dies kann prinzipiell aus zwei Gründen geschehen: a) Die aktionale Situation hat zwar Ereignis- oder Verlaufsgestalt, könnte also definit lokalisiert werden, sie wird aber als zeitlich isoliert, ohne zeitlichen Zusammenhang mit einem Zeitintervall der gegebenen Diskurswelt dargestellt: (18) – To nasz ojciec. Zna wasz je˛zyk. Walczy! w waszej armii. ‚Das ist unser Vater. Er kennt eure Sprache. Er hat in eurer Armee gekämpft.’ Hier geht es um das bloße Faktum, dass der Sprecher in der Armee des Gesprächspartners gekämpft hat (sog. allgemeinfaktische Funktion des ipf. Aspekts). b) Die Situation ist für diese Operation nicht geeignet. Hier gibt es wiederum zwei Gründe: I. Es ist eine stative Situation (also kein Ereignis oder Verlauf): (19) Wiem. ‚Ich weiß.’ (20) Z przedpokoju schody prowadzi!y na pie˛tro, […] ‚Von der Diele ging die Treppe ins Obergeschoss, […]’ (21) – Wszystkim im tak sie˛ tylko wydawa!o. ‚Das schien allen nur so.’ II. Es ist eine iterative Situation: (22) Genowefa stawia!a wiadra na ziemi i odgarnia!a kosmyk z czo!a. ‚Genowefa stellte (dann immer) den Eimer auf den Boden und strich sich eine Strähne aus der Stirn.’ (9) – Czy ty mys´lisz o mnie, kiedy sie˛ nie widzimy? ‚Denkst du an mich, wenn wir uns nicht sehen?’ (10) – Mys´le˛ wtedy, gdy ty o mnie mys´lisz. Codziennie. S$nisz mi sie˛. ‚Ich denke an dich, wenn du an mich denkst. Täglich. Ich träume von dir.’ Die einzelnen Ereignisse des Hinstellens bzw. der Verläufe des Denkens an jemanden sind Bestandteil der iterativen Situation. Auch hier können wir viele Übereinstimmungen mit den Verhältnissen beim deutschen Artikel feststellen. Der unbestimmte Artikel ein setzt Individualisiertheit (und damit Zählbarkeit) des Referenten voraus, also ‚abgegrenzte’ Objekte und wird nicht mit

7.6. Der Aspekt 369 homogenen Referenten (Stoffnamen in der Standardbedeutung) kombiniert, vgl. *ich habe ein Mehl gegessen gegenüber ich habe einen Apfel gegessen. Bei Stoffnamen wie Mehl wird der indefinite Null-Artikel verwendet. Dem entspricht, dass stative Verben nicht episodisch verwendet werden. Im Plural können ‚abgegrenzte’, zählbare Objekte mit dem indefiniten Null-Artikel verwendet werden, vgl. Ich habe Äpfel gegessen, was der nicht episodischen iterativen Verwendung von – zählbaren – Ereignissen und Verläufen entspricht. Aktionale Häufigkeit Zeitliche Definitheit korreliert eng mit aktionaler Häufigkeit, d.h. der Einmaligkeit oder Mehrmaligkeit von Situationen. Eine episodische ist per Default eine einmalige Handlung. Eine feste Beziehung zwischen temporaler Definitheit und Einmaligkeit oder Mehrmaligkeit von Situationen besteht nicht. Es können jedoch nur Ereignisse oder Verläufe ein- oder mehrmalig sein, nur sie sind zählbar. Stative Situationen werden selten quantifiziert und ergeben in entsprechenden Kontexten in der Regel bizarre Äußerungen. Vgl.: *Ten pogla˛d cze˛sto odpowiada! prawdzie. ‚Diese Aussage hat oft der Wahrheit entsprochen.’ Folgende allgemeinen Aussagen zur aktionalen Häufigkeit können gemacht werden: Verben mit episodischer Funktion, das sind pf. Verben sowie ipf. Verben mit progressiver Funktion, haben per Default die Funktion ‚einmalig’. Verben mit nicht episodischer Funktion haben entweder die Funktion ‚mehrmalig’ oder sie vermitteln, mit der allgemeinfaktischen Funktion oder der stativen Funktion, keine aktionale Häufigkeit. Einschränkungen dieser Zusammenhänge zwischen aktionaler Häufigkeit und temporaler Definitheit werden im Abschnitt über die aspektuellen Satzfunktionen erwähnt. Es ist ein Unterschied, ob eine Situation wiederholt wird oder ob es mehrere Realisierungen in einer Situation gibt, ob jemand ein Buch mehrere Male liest, Jan nieraz czyta! te˛ ksia˛z˙ke˛ ‚Jan hat dieses Buch oft gelesen’, oder ob ein Buch von mehreren Personen gelesen wird, vgl. Oni (prze)czytali te˛ ksia˛z˙ke˛ ‚Sie haben dieses Buch gelesen’. Im ersten Fall geht es um mehrere Situationen (iterative Funktion), im zweiten um mehrere Realisierungen eines Vorgangs in einer Situation. Eine Situation kann auch aus einer Serie von Vorgängen bestehen, vgl. z.B. machac´ ‚winken’. Die Häufigkeit der Vorgänge in einer Situation hängt von der Beschaffenheit der Situation ab, die Häufigkeit von Situationen hängt mit der temporalen Definitheit zusammen. 7.6.2. Die Ebenen der Aspektbeschreibung Bei der Betrachtung der Funktionen des Aspekts müssen zwei Sachverhalte besonders bedacht werden: 388 389

7.6. Der Aspekt 369<br />

homogenen Referenten (Stoffnamen in der Standardbedeutung) kombiniert, vgl. *ich habe<br />

ein Mehl gegessen gegenüber ich habe einen Apfel gegessen. Bei Stoffnamen wie Mehl<br />

wird der indefinite Null-Artikel verwendet. Dem entspricht, dass stative <strong>Verb</strong>en nicht episodisch<br />

verwendet werden. Im Plural können ‚abgegrenzte’, zählbare Objekte mit dem<br />

indefiniten Null-Artikel verwendet werden, vgl. Ich habe Äpfel gegessen, was der nicht<br />

episodischen iterativen Verwendung von – zählbaren – Ereignissen und Verläufen entspricht.<br />

Aktionale Häufigkeit<br />

Zeitliche Definitheit korreliert eng mit aktionaler Häufigkeit, d.h. der Einmaligkeit oder<br />

Mehrmaligkeit von Situationen. Eine episodische ist per Default eine einmalige Handlung.<br />

Eine feste Beziehung zwischen temporaler Definitheit und Einmaligkeit oder Mehrmaligkeit<br />

von Situationen besteht nicht. Es können jedoch nur Ereignisse oder Verläufe ein- oder<br />

mehrmalig sein, nur sie sind zählbar. Stative Situationen werden selten quantifiziert und<br />

ergeben in entsprechenden Kontexten in der Regel bizarre Äußerungen. Vgl.:<br />

*Ten pogla˛d cze˛sto odpowiada! prawdzie. ‚Diese Aussage hat oft der Wahrheit<br />

entsprochen.’<br />

Folgende allgemeinen Aussagen zur aktionalen Häufigkeit können gemacht werden:<br />

<strong>Verb</strong>en mit episodischer Funktion, das sind pf. <strong>Verb</strong>en sowie ipf. <strong>Verb</strong>en mit progressiver<br />

Funktion, haben per Default die Funktion ‚einmalig’. <strong>Verb</strong>en mit nicht episodischer<br />

Funktion haben entweder die Funktion ‚mehrmalig’ oder sie vermitteln, mit der allgemeinfaktischen<br />

Funktion oder der stativen Funktion, keine aktionale Häufigkeit.<br />

Einschränkungen dieser Zusammenhänge zwischen aktionaler Häufigkeit und temporaler<br />

Definitheit werden im Abschnitt über die aspektuellen Satzfunktionen erwähnt.<br />

Es ist ein Unterschied, ob eine Situation wiederholt wird oder ob es mehrere Realisierungen<br />

in einer Situation gibt, ob jemand ein Buch mehrere Male liest, Jan nieraz czyta!<br />

te˛ ksia˛z˙ke˛ ‚Jan hat dieses Buch oft gelesen’, oder ob ein Buch von mehreren Personen gelesen<br />

wird, vgl. Oni (prze)czytali te˛ ksia˛z˙ke˛ ‚Sie haben dieses Buch gelesen’. Im ersten Fall<br />

geht es um mehrere Situationen (iterative Funktion), im zweiten um mehrere Realisierungen<br />

eines Vorgangs in einer Situation. Eine Situation kann auch aus einer Serie von Vorgängen<br />

bestehen, vgl. z.B. machac´ ‚winken’. Die Häufigkeit der Vorgänge in einer Situation<br />

hängt von der Beschaffenheit der Situation ab, die Häufigkeit von Situationen hängt mit<br />

der temporalen Definitheit zusammen.<br />

7.6.2. Die Ebenen der Aspektbeschreibung<br />

Bei der Betrachtung der Funktionen des Aspekts müssen zwei Sachverhalte besonders<br />

bedacht werden:<br />

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