Exportkontrolle - Weißensee-Verlag GbR

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dass das Endbestimmungsland außerhalb der EU liegen wird. Mit anderenWorten: wenn der innergemeinschaftlichen Verbringung eine Ausfuhr aus derGemeinschaft folgen wird. Zwei Ausnahmen zu dieser Grundregel sind in § 7Abs. 5 AWV enthalten.§ 7 Abs. 1 AWV sieht eine Verbringungsgenehmigungspflicht für alle Rüstungsgüterdes Teils I Abschnitt A der AL vor. Eine solche nationale Beschränkungvon Verbringungen ist möglich, da die Bestimmungen über den Binnenmarkt(noch?) nicht für Rüstungsgüter gelten. Daher sind für Rüstungsgüterdie Beschränkungen für Ausfuhren und Verbringungen praktisch identisch. FürHandfeuerwaffen gelten einige Besonderheiten (vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 iVm § 21aAbs. 2 AWV).2.1.3. TransithandelsgeschäfteTransithandelsgeschäfte werden in diesem Abschnitt über gelistete Güterbehandelt, weil diese besondere Form der Beschränkung des Außenwirtschaftsverkehrsausschließlich auf gelistete Güter Anwendung findet. Der einschlägigeGenehmigungstatbestand ist § 40 AWV, der bestimmte Transithandelsgeschäftebetrifft. Ein Transithandelsgeschäft ist, vereinfacht gesagt, eine Transaktion,bei der ein in Deutschland ansässiges Unternehmen gelistete Güter voneinem nicht Gebietsansässigen erwirbt und sie dann an einen weiteren nichtGebietsansässigen weiterveräußert. Dabei gelangen die Güter nicht nachDeutschland. Legaldefinitionen von „Transithandelsgeschäft“ und „Gebietsansässiger/nicht Gebietsansässiger“ finden sich in § 4c Nr. 8 AWV und § 4 Nr. 6AWG.Für Rüstungsgüter und die besonders sensitiven Dual-use-Güter des AnhangsIV EG-VO gilt diese Beschränkung für alle Länder außer den EU-Staaten undden in Anhang II Teil 2 EG-VO genannten Ländern (Australien, Japan, Kanada,Neuseeland, Norwegen, Polen, Schweiz, Ungarn, Tschechische Republik undUSA).Für Güter in Teil I Abschnitte B und C der Ausfuhrliste wird eine Transithandelsgenehmigungnur gefordert, wenn es um ein Land der Länderliste K (Iran,Kuba, Mosambik, Nord-Korea, Syrien) handelt, oder wenn es sich um einEmbargoland im Sinne von Art. 4 Abs. 2 EG-VO handelt.Das Genehmigungserfordernis für den Transithandel ist gegenüber den Ausfuhrgenehmigungspflichtennachrangig und kommt nur zum Tragen, wennkeine Genehmigungspflicht nach Art. 3 EG-VO oder § 5 AWV besteht.92 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


2.2. Kontrolle nicht gelisteter GüterWährend die Genehmigungspflichten für gelistete Güter in der Regel für einensehr weiten Länderkreis gelten (erga omnes) ist die Zahl der kontrolliertenGüter gering (gemessen an der gesamten Produktpalette der Exportwirtschaft).Die Kontrolle nicht gelisteter Güter folgt einem völlig anderen Ansatz. Dieentsprechenden Genehmigungserfordernisse beziehen sich nicht auf bestimmteGüter; praktisch alle, egal wie harmlos sie wirken mögen, können dieser Formder <strong>Exportkontrolle</strong> unterfallen. Daher werden diese Genehmigungstatbeständeauch oft als „Auffangtatbestände“ oder „catch-all clauses“ bezeichnet. Umgleichwohl die <strong>Exportkontrolle</strong> nicht durch diesen sehr weiten Güterkreis ausufernzu lassen, werden zwei weitere Kriterien herangezogen, um eine gewisseKonzentration zu erreichen. Die Ausfuhr dieser Güter ist nur genehmigungspflichtig,wenn sie für eine bestimmte sensitive Endverwendung bestimmt sindund diese Endverwendung in einem von einigen wenigen näher bezeichnetenLändern erfolgen soll. Dabei gilt das erste Kriterium für alle und das zweite fürdie meisten Genehmigungstatbestände.Es sollte beachtet werden, dass diese Auffangtatbestände nur einen kleinenBereich der <strong>Exportkontrolle</strong>n abdecken und wirtschaftlich nicht sehr bedeutendsein werden, auch wenn im folgenden einiger Raum auf ihre Darstellungaufgewendet werden muss.Da alle Auffangtatbestände die gleiche rechtliche Systematik aufweisen, wirdnur einer von ihnen, Art. 4 Abs. 1 EG-VO, an dieser Stelle näher behandelt. Dieanderen werden im Lichte dieser Darstellung dann nur kurz vorgestellt.2.2.1. Ausfuhr nicht gelisteter GüterArt. 4 Abs. 1 EG-VO stellt ein Genehmigungserfordernis auf, das für die Ausfuhraller Güter gilt, die für die Verwendung im Zusammenhang mit atomaren,biologischen oder chemischen Waffen sowie Trägersystemen für solche Waffenbestimmt sind. Voraussetzung ist allerdings, dass der Ausführer vom BAFA darüberinformiert wurde, dass eine solche Verwendung in Frage steht. Hat dagegender Ausführer von sich aus Kenntnis von einer solchen Endverwendung,so hat er das BAFA vor der Ausfuhr darüber zu informieren. Das BAFA entscheidetdann, ob für diese konkrete Ausfuhr eine Genehmigung erforderlichist. Die Güter dürfen nicht exportiert werden, bevor das BAFA entweder entschiedenhat, dass es einer Genehmigung nicht bedarf oder es die Genehmigungerteilt hat.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 93


Der erstgenannte Fall (der Ausführer wird vom BAFA informiert) stellt dieUnternehmen vor keine großen administrativen Probleme. Es wird die Informationsehr wahrscheinlich durch ein offizielles Schreiben erhalten und mussnur sicherstellen, dass es die richtige Organisationseinheit erreicht und dassdiese in der Lage ist, den Exportvorgang sofort anzuhalten.Der zweite Fall (Kenntnis der Ausführers) wird auf Ausführerseite dagegen oftals problematisch angesehen. Die häufigste Frage hierzu ist: Wie erfahre ichvon einer kritischen Endverwendung – muss ich dafür Nachforschungen anstellen?Und: Wann schlägt eine bloße Vermutung in Wissen um? Die Antwortauf die erste dieser Fragen ist, dass die Möglichkeiten, Kenntnis zu erlangen,unbegrenzt sind. So kann sich z.B. eine Person auf Seiten des Empfängersoffen über eine kritische Endverwendung äußern. Oder Vertriebsmitarbeitermachen entsprechende Beobachtungen anlässlich einer Reise zum Empfänger.Bestimmte Spezifikationen hinsichtlich der Produktbeschaffenheit können imEinzelfall einen klaren Rückschluss auf die beabsichtigte Endverwendung derGüter zulassen. Wie auch immer – der Ausführer ist jedenfalls nicht verpflichtet,aktiv selbst nachzuforschen oder sogar seinen Kunden auszufragen. Es gibtkeine Untersuchungspflicht. Jedoch muss die interne Exportkontrollabteilungdes Ausführers sicherstellen, dass alle relevanten Informationen, die auf demeinen oder anderen Wege im Unternehmen anfallen an sie weitergemeldetwerden. Eine Erklärung des Inhalts, dass relevante Informationen zwar irgendwoim Unternehmen vorgelegen, die Exportkontrollabteilung aber nicht erreichthätten, reicht als Verteidigung gegen strafrechtliche Vorwürfe nicht aus.Die Antwort auf die zweite Frage ist, dass nur positives Wissen das Merkmalder Kenntnis erfüllt. Dafür reicht es nicht aus, einige Umstände zu kennen, diees wahrscheinlich oder gar nur möglich erscheinen lassen, dass eine kritischeEndverwendung gegeben ist. Allerdings darf der Ausführer die Augen auchnicht vor offenkundigen Umständen bewusst verschließen und sich augenfälligerKenntnis so verschließen.Ergänzend zu den gemeinschaftsrechtlichen Beschränkungen des Art. 4 Abs. 1EG-VO ist noch auf die §§ 17 und 18 KWKG hinzuweisen, die umfassende Verboteim Hinblick auf ABC-Waffen enthalten. Es ist somit denkbar, dass das,was nach Gemeinschaftsrecht nur genehmigungspflichtig, nach nationalemRecht schlicht verboten ist.Art. 4 Abs. 2 EG-VO unterwirft Ausfuhren für konventionelle militärische Endverwendungender <strong>Exportkontrolle</strong>. Eine Definition der militärische Endverwendungist in dieser Vorschrift enthalten. Der Genehmigungstatbestand giltnicht erga omnes, sondern nur für solche Länder, gegen die ein EU-, VN- oderOSZE-Embargo verhängt ist. Damit ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriftletztlich sehr eingeschränkt.94 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


§ 5c AWV ergänzt noch um einige weitere Länder, die nur auf nationaler Ebeneder Kontrolle unterworfen werden und welche auf der Länderliste K aufgeführtsind. Derzeit sind es: Iran, Kuba, Libanon, Mosambik, Nord Korea und Syrien.§ 5d AWV enthält einen Auffangtatbestand, wenn eine Endverwendung im Zusammenhangmit der zivilen Nutzung der Kernenergie in Frage steht. Auch siegilt nur für bestimmte Länder, derzeit: Algerien, Indien, Irak, Iran, Israel, Jordanien,Libyen, Nordkorea, Pakistan und Syrien.Art. 4 Abs. 3 enthält noch einen wenig praxisrelevanten Spezialfall.2.2.2. Verbringung nicht gelisteter Güter§ 7 Abs. 3 und 4 AWV sehen Genehmigungspflichten für die Verbringung vonnicht gelisteten Güter vor, wenn der Ausführer weiß, dass das Endbestimmungszielaußerhalb der EU liegt und die direkte Ausfuhr dorthin den Genehmigungstatbeständender Art. 4 Abs. 2 EG-VO und §§ 5c und 5d AWV unterfiele.§ 7 Abs. 5 und 6 sehen hierzu Ausnahmen vor.3. Kontrolle technischer UnterstützungBestimmte Fälle der technischen Unterstützung unterliegen ebenfalls einemGenehmigungserfordernis, wodurch die Bestimmungen über die Ausfuhr undVerbringung von Gütern ergänzt werden. Nach § 4c Nr. 9 AWV bedeutet technischeUnterstützung jede Form der technischen Dienstleistung, einschließlichder Vermittlung von Fertigkeiten und Know-how. Dabei kann technischeUnterstützung mündlich, telefonisch, über Fax oder durch anderer Formen derelektronischen Übermittlung geleistet werden.Nur Fälle der technischen Unterstützung die eine Verbindung zu bestimmten(kritischen) Endverwendungen aufweisen unterfallen den Genehmigungserfordernissen.Aber in der Regel besteht eine Genehmigungspflicht auch in diesenFällen nur dann, wenn bestimmte Länder betroffen sind. Der Ausführer mussKenntnis von der kritischen Endverwendung haben oder vom BAFA hierüberinformiert worden sein (s. o. 2.2.1.). Wenn eine Genehmigungspflicht besteht,gilt sie für alle Gebietsansässigen in Deutschland und alle Deutschen (einschließlichderer, die nicht in Deutschland ansässig sind).Die folgenden Genehmigungstatbestände für technische Unterstützung bestehen:Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 95


weitere allgemeingültige Aussagen zu treffen. Jedes Embargo weist seine eigenenBesonderheiten auf, insbesondere, wenn es sich nicht um ein reines Waffenembargohandelt. Diese Besonderheiten sind den Rechtsgrundlagen zu entnehmen.Viele Embargos umfassen weit mehr als nur den Export, beispielsweise auchImporte, den Kapital- und Zahlungsverkehr, den Luftverkehr und so weiter. Daseinzige derzeit bestehende Totalembargo ist das gegen den Irak, auch wenn esdurch das sog. „Oil for food“-Programm der VN gewisse Durchbrechungen erfährt.Die meisten derzeit bestehenden Embargos sind auf Waffen und einigewenige Güter von herausragender Bedeutung für einen bestimmten Konfliktbeschränkt. Da Embargos häufigen Änderungen unterliegen, verlangen sie einegewisse Aufmerksamkeit seitens der Ausführer, die sich insoweit auf demLaufenden halten müssen. Für die ausfuhrrelevanten Aspekte der Embargos istdas BAFA die zuständige Behörde, die aktuelle Informationen (einschließlichder Rechtsgrundlagen) durch Merkblätter und ihre Internetseiten zur Verfügungstellt. Es sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Verletzung vonEmbargobestimmungen eine Straftat von erheblichem Gewicht darstellt undentsprechend empfindlich sanktioniert wird, teilweise mit einer Mindest(!)-strafe von 2 Jahren Haft.5. Unternehmensinterne <strong>Exportkontrolle</strong><strong>Exportkontrolle</strong> betrifft die verschiedenen Unternehmen in sehr unterschiedlichemMaße, abhängig von ihren außenwirtschaftlichen Aktivitäten. Gäbe esnur die Kontrollen für gelistete Güter, dann könnten die Ausführer sich damitzufrieden geben, einmalig ihre Produktpalette zu untersuchen sich dann zuentspannen und die <strong>Exportkontrolle</strong> weitgehend zu vergessen (solange siekeine gelisteten Güter führen). Da aber die Bestimmungen über nicht gelisteteGüter, technische Unterstützung und Embargovorschriften jedes Exportgutbetreffen können, muss sich jedes im Außenhandel tätige Unternehmen mitden einschlägigen Beschränkungen befassen. Ferner ist ein Trend zu beobachten,dass große Unternehmen zunehmend ihren Zulieferern, die vielleicht garnicht im Export tätig sind, auferlegen, der <strong>Exportkontrolle</strong> unterliegende Güterzu kennzeichnen.Selbst wenn ein Unternehmen nie mit der <strong>Exportkontrolle</strong> zu tun hatte undweitab der einschlägigen Genehmigungspflichten tätig ist, so muss es dochsein Wissen über die jeweils geltenden Bestimmungen auf dem Laufendenhalten und sein Personal über die jeweils geltenden Exportbeschränkungeninformieren.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 97


Vor diesem Hintergrund kann man feststellen, dass jedes exportierende Unternehmenzumindest ein rudimentäres internes Exportkontroll“system“ einrichtenmuss. Dabei wird die <strong>Exportkontrolle</strong> oft nur eine von vielen Aufgaben desPersonals sein, das sich vor allem beispielsweise mit Steuern und Zollfragenbefasst. Aber insbesondere die Unternehmen, die gelistete Ware ausführen,werden doch einigen Aufwand in die Errichtung eines effizienten und zuverlässigeninternen Exportkontrollsystems investieren müssen um sicherzustellen,dass a) die Beachtung der rechtlichen Pflichten und b) eine kompetenteund ergebnisorientierte Verwaltung der Genehmigungs- und Exportkontrollverfahrensichergestellt sind. Ersteres dient tendenziell eher den staatlichenInteressen, während zweiteres im ureigensten Interesse des Unternehmensliegt. Denn zum Wohle ihres Unternehmens sollt die Exportkontrollabteilungdie Belastungen der <strong>Exportkontrolle</strong> für die wirtschaftlichen Aktivitätendes Unternehmens so leicht wie möglich machen.Die oben unter 2. bis 4. geschilderten rechtlichen Bestimmungen und die Exportedes Unternehmens geben vor, welche Anstrengungen in die interne<strong>Exportkontrolle</strong> investiert werden müssen. Jedes Unternehmen sollte anhandder folgenden Überlegungen einschätzen, welches Maß an interner <strong>Exportkontrolle</strong>erforderlich ist. Dabei sollte beachtet werden, dass zusätzlich zu denrechtlichen Vorgaben u. U. auch noch die Vorgaben der Exportpolitik desUnternehmens kommen können. Große Unternehmen erarbeiten, auch mitBlick auf ihr Image und die Verpflichtungen ihrer Mutterunternehmen, die(z.B.) Vorgaben der amerikanischen <strong>Exportkontrolle</strong> beachten müssen, oftmalseine eigene Exportpolitik, die oft strenger ist, als die nationale Politik.5.1. ExportkontrollabteilungEine Organisationseinheit innerhalb des Unternehmens, oft die Zollabteilung,muss dafür verantwortlich sein, regelmäßig die Ausfuhraktivitäten des Unternehmensmit den bestehenden Vorschriften zu vergleichen und in Einklangbringen. Nicht nur Veränderungen in der Produktpalette (Sind gelistete Produktedazugekommen?) müssen berücksichtigt und bewertet werden, sondernauch Änderungen der Rechtsgrundlagen (Beteiligung an militärischen Projekten?Entwicklung der Embargos? Änderung der Listen?). Wenn es zu genehmigungspflichtigenAusfuhren kommt, muss das Genehmigungsverfahren durchgeführtwerden. Der Vorgang muss dokumentiert werden, um bei Außenwirtschaftsprüfungenrekonstruierbar zu sein.Die Abteilung muss die Kapazitäten haben, diese Aufgaben zu erfüllen. Dasbetrifft Personal und verfügbare Arbeitszeit, aber auch solide Kenntnisse undFortbildung des Personals. Auf Managementebene sollte man sich vergegenwärtigen,dass, obwohl <strong>Exportkontrolle</strong> ein Kostenfaktor ist, es im ureigensten98 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


Interesse von Unternehmen und Unternehmensführung liegt, dass keine Verstößegegen exportkontrollrechtliche Bestimmungen auftreten. Diese könnenaufgrund ihres politischen Charakters katastrophale Folgen für das Anseheneines Unternehmens bei seinen Kunden und Geschäftspartnern haben. Da auchfahrlässige Verstöße gegen das Recht der <strong>Exportkontrolle</strong> in der Regel strafbarsind, kann sich auch das Management strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetztsehen, wenn es zu Rechtsbrüchen kommt, beispielsweise unter dem Gesichtspunkteines Organisations- oder Personalauswahlverschuldens.5.2. KommunikationsstrukturDie Exportkontrollabteilung muss eine Kommunikationsstruktur unterhalten,mit der sichergestellt ist, dass relevante Informationen von anderen Abteilungensie erreichen. Dies muss auch rechtzeitig erfolgen, so dass die Belangeder <strong>Exportkontrolle</strong> auch noch Berücksichtigung finden können. Dies zu erreichenist nicht immer einfach und verlangt einigen Organisationsaufwand.Andere Abteilungen, die keine vertieften Kenntnisse haben, müssen soweitgeschult werden, dass sie in der Lage sind, im Rahmen ihrer RoutinetätigkeitSachverhalte und Informationen zu erkennen, die für die Exportkontrollabteilungvon Interesse sein können. Daher muss die Exportkontrollabteilungauch interne Schulungen durchführen und interne Handbücher oder Checklistenverfassen, welche die wichtigsten Schlüsselkriterien enthalten, die einemSachverhalt exportkontrollrechtliche Relevanz verleihen können. Einen Anhaltspunkt(nicht mehr!) für diese Checklisten geben die kurzen Checklistenam Ende dieses Kapitels. Sinnvollerweise muss sich jedes Unternehmen seineeigene Checkliste erarbeiten, die sich an Bedarf, Personal, Unternehmensstrukturu.s.w. zu orientieren hat.Unter diesen Schlüsselkriterien ist das wichtigste die Erfassung eines Gutesdurch die Ausfuhrliste. Wenn ein Unternehmen gelistete Güter in seiner Produktpaletteführt, wird <strong>Exportkontrolle</strong> auf jeden Fall ein wichtiges Themasein; mehr als nur ein rudimentäres internes Exportkontrollsystem wird erforderlichsein. Daher ist einer der ersten Schritte einer neu eingerichteten Exportkontrollabteilungdie Analyse der Produktpalette mit Hilfe des technischenFachpersonals. Nach dieser Bestandsaufnahme müssen in dieser Hinsicht nurneue Einträge in die Liste und neue Produkte neu bewertet werden. Über ersteresmuss die Exportkontrollabteilung informieren, über letzteres Abteilungenwie Entwicklung oder Verkauf.Wenn die Produktpalette gelistete Güter enthält, muss sichergestellt werden,dass keine Ausfuhr ohne die erforderliche Genehmigung stattfindet. Um Verzögerungenbei der Vertragserfüllung und Schadensersatzansprüche des Kundenzu vermeiden, müssen die Mitarbeiter, die die Vertragsverhandlungen führen,Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 99


von den Bedürfnissen der <strong>Exportkontrolle</strong> wissen und die zuständige Abteilungrechtzeitig konsultieren, um den benötigten Zeitrahmen abschätzen zu können.Die Exportkontrollabteilung muss gewährleisten, dass für das Unternehmen einAusfuhrverantwortlicher bestellt und dem BAFA benannt wird, der für diemeisten Ausfuhren gelisteter Güter gebraucht wird (Einzelheiten hierzu s.unten). Ferner muss sie prüfen, ob für bestimmte Ausfuhren Verfahrenserleichterungengenutzt werden können. Insbesondere für die engsten Nicht-EU-Handelspartner(z.B. USA, Schweiz, Japan) stehen solche vereinfachten Verfahrenoftmals zur Verfügung und erlauben so schnelles und flexibles Handeln aufUnternehmensseite.Für nicht gelistete Güter und technische Unterstützung ist das wichtigsteKriterium die kritische Endverwendung. Jede Endverwendung im Zusammenhangmit Massenvernichtungswaffen, konventioneller Rüstung und Kernenergiesollte in der Regel zu einer Information der Exportkontrollabteilung führen.Dies würde natürlich viele Fälle ohne exportkontrollrechtliche Relevanz mitumfassen. Aber es ist Sache der Experten, dies zu beurteilen. Es sollte grundsätzlichin Erwägung gezogen werden, alle Ausfuhren im Zusammenhang mitdiesen kritischen Endverwendungen zum Gegenstand unternehmenspolitischerEntscheidungen zu machen, wobei die Exportkontrollabteilung als ein Filterfungieren kann. Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass auchganz legale Tätigkeiten im Zusammenhang mit kritischen Endverwendungen zuerheblichen öffentlichen Kontroversen und Ansehensverlust führen können.Ein anderes Kriterium für nicht gelistete Güter ist der (mit Ausnahme von Art.4 Abs. 1 EG-VO) eingeschränkte Länderkreis. Eine Liste der Embargoländer, derListe K-Länder und der § 5d AWV-Länder könnte im Unternehmen als Auslöserfür eine Konsultation der Exportkontrollabteilung dienen. Länder- und Endverwendungskriteriumkönnen aber auch kombiniert werden.5.3. RoutineverfahrenDie Unternehmen, die regelmäßig mit der <strong>Exportkontrolle</strong> zu tun haben, solltenzuverlässige Routineverfahren einrichten, einschließlich eines Dokumentationssystems,das auch noch einige Zeit nach der Ausfuhr den Nachweis erlaubt,dass die Bestimmungen beachtet wurden.100 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


5.4. WeisungsbefugnisDie Exportkontrollabteilung muss mit hinreichender Autorität und Weisungsbefugnissenausgestattet sein, um den Erfordernissen der <strong>Exportkontrolle</strong> imUnternehmen den erforderlichen Stellenwert zu verleihen. Diesem Zweck dientauch die Person des Ausfuhrverantwortlichen, der in eigenem Interesse dafürsorgen wird, dass die Vorgaben und Anweisungen der Exportkontrollabteilungauch befolgt werden.Zusammenfassend kann man daher sagen, dass zwar jedes Unternehmen fürsich selbst prüfen muss, wie viel interne <strong>Exportkontrolle</strong> es braucht. Ganz allgemeinkann man aber zwischen drei Gruppen von Unternehmen unterscheiden:- Unternehmen, die gelistete Güter exportieren – <strong>Exportkontrolle</strong> sehrwichtig.- Unternehmen, die weltweit (nicht gelistete Güter) exportieren –<strong>Exportkontrolle</strong> wichtig.- Unternehmen, die nur innerhalb der EU und an die wichtigstenHandelspartner in Übersee liefern – <strong>Exportkontrolle</strong> weniger wichtig,einige Sicherheitsvorkehrungen und regelmäßige Aktualisierungendürften ausreichen.6. Wie erlangt man eine Ausfuhr-/ Verbringungsgenehmigung?Wenn ein bestimmter Exportvorgang einer Genehmigungspflicht unterliegt(und nicht schlechthin verboten ist, wie in Embargo-Fällen oder bestimmtenKriegswaffen-Fällen mit Bezug zu Massenvernichtungswaffen) braucht der Exporteureine Ausfuhr- oder Verbringungsgenehmigung. Diese Genehmigungenwerden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilt.Diese Behörde ist zuständig für Ausfuhren und Verbringungen von deutschemWirtschaftsgebiet aus, wenn die Genehmigungspflicht aus einer Vorschrift derAWV folgt. Wenn dagegen die Genehmigungspflicht auf Gemeinschaftsrecht(Art. 3 und 4 EG-VO) beruht, ist das BAFA für alle in Deutschland niedergelasseneAusführer zuständig, auch wenn die Ausfuhr aus einem anderen Mitgliedstaatder EU erfolgt. Das bedeutet, dass das BAFA beispielsweise die zuständigeBehörde für einen Genehmigungsantrag ist, wenn der Ausführer inBerlin niedergelassen ist und Dual-use-Güter von London aus der EU ausführenwill. Die vom BAFA erteilte Ausfuhrgenehmigung nach Art. 3 EG-VO wird vonden britischen Zollbehörden anerkannt werden.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 101


6.1. Beantragung einer EinzelausfuhrgenehmigungDie Grundform des Genehmigungsverfahrens ist der Antrag auf Erteilung einerEinzelausfuhrgenehmigung. Alle privilegierten Verfahren oder Verfahrenserleichterungensind Ableitungen dieser Grundform. Daher wird die Einzelausfuhrgenehmigunghier zuerst behandelt. Wenn ein Exporteur jedoch einen genehmigungspflichtigenExport durchführen will, dann sollte er sich möglichstfrühzeitig Gedanken darüber machen, ob er eine der unten beschriebenen Verfahrenserleichterungennutzen kann.Sobald der Ausführer sich entschieden hat, einen Antrag auf Erteilung einerGenehmigung zu stellen, muss er bestimmte Antragsformulare ausfüllen. Diesesind nicht beim BAFA erhältlich, sondern in kleineren Stückzahlen von denIndustrie- und Handelskammern, in größeren von den Formularverlagen. Sieenthalten Anweisungen, wie die Vordrucke auszufüllen sind.Dem Antrag müssen verschiedene Anlagen und Informationen beiliegen.- Zollnummer: Hat ein Unternehmen noch keine Zollnummer, so kanndiese bei der zuständigen Oberfinanzdirektion Karlsruhe beantragtwerden.- Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen: Jeder Exporteur gelisteterGüter muss dem BAFA einen Ausfuhrverantwortlichen benennen. Ausnahmengelten nur für Dual-use-Güter in die 10 Länder des AnhangsII Teil 3 EG-VO. Der Ausfuhrverantwortliche ist verantwortlich für dieEinhaltung der Ausfuhrbestimmungen durch das Unternehmen undsein Personal. Nur Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und vertretungsberechtigteGesellschafter können Ausfuhrverantwortlicher sein.Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die <strong>Exportkontrolle</strong> imUnternehmen die Aufmerksamkeit erhält, die sie erfordert und nichtnur als lästiger Kostenfaktor angesehen wird. Ein Ausfuhrverantwortlicher,so hofft man, wird im eigenen Interesse der Exportkontrollabteilungdie nötige Kompetenz und Durchsetzungskraft im Unternehmenverschaffen. Der Ausfuhrverantwortliche muss Anträge selbstunterschreiben. Im Bereich der Vorschriften nach dem AWG kann erdie Zeichnungsbefugnis auch delegieren. In diesem Fall muss er einmaljährlich die Verantwortungsübernahme gegenüber dem BAFAbestätigen; darauf muss im Antrag verwiesen werden.- Endverbleibsdokumente: Dem Antrag müssen in der Regel bestimmteEndverbleibsdokumente beigefügt werden, die vom Empfänger unterschriebensind und bestätigen, dass die exportierte Waren dort verbleibt.Einzelheiten hierüber werden vom BAFA veröffentlicht. Ist sichein Ausführer nicht sicher, welche Erklärung einschlägig ist, so kanner sich bei den Genehmigungsreferaten des BAFA danach erkundigen.102 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


- Technische Unterlagen: Der Antrag muss ausreichende technischeUnterlagen enthalten, so dass die technischen Experten der Genehmigungsbehördefeststellen können, wie die Ware in die Güterlisten einzuordnenist und ob der angegebene Verwendungszweck plausibelerscheint.- Informationen über die beabsichtigte Endverwendung: Insbesonderefür Güter mit doppeltem Verwendungszweck ist der beabsichtigteVerwendungszweck von herausragender Bedeutung für die Frage, obeine Ausfuhrgenehmigung erteilt werden kann. Daher sollte der Antragso viele Details wie möglich hierüber enthalten.Was die Verfahrensdauer für einen Antrag angeht, so ist es schwierig, eine generalisierendeAussage zu machen. Es sollten in der Regel mindestens zweiWochen veranschlagt werden. In kritischen Fällen, oftmals wenn es um Ländermit erheblichen militärischen Aktivitäten und Potentialen außerhalb des Kreisesder Verbündeten geht, wird die Verfahrensdauer länger sein. Dies ist insbesondereder Fall, wenn die zuständigen Bundesministerien an der Entscheidungbeteiligt werden müssen. Um die Sensitivität einer Ausfuhr zumindest grobeinschätzen zu können, ist oftmals schon solides außen- und sicherheitspolitischesZeitungswissen hilfreich. Obwohl das BAFA keine eindeutigen Aussagenzur Verfahrensdauer machen kann, könnte eine Bitte um unverbindliche Einschätzungder Lage bisweilen hilfreich sein.6.2. Nutzung von VerfahrenserleichterungenNach der Feststellung, dass ein bestimmtes Exportvorhaben der Genehmigungbedarf, besteht der nächste Schritt des Exportkontrollpersonals eines Unternehmensnicht darin, einen Antrag zu stellen. Vielmehr sollte nach Möglichkeitenzur Nutzung einer Verfahrenserleichterung gesucht werden. Diese Verfahrenserleichterungenvermindern den Aufwand für die interne <strong>Exportkontrolle</strong>oft ganz erheblich. Was fast noch wichtiger ist, ist der Umstand, dass siedas Ergebnis der <strong>Exportkontrolle</strong> kalkulierbarer machen (Rechtssicherheit) unddass sie dem Unternehmen erlauben, flexibler und schneller zu handeln. Dasübergeordnete Ziel der Verfahrenserleichterungen ist daher, zum Nutzen sowohlder Ausführer, als auch der Behörde, so viele unkritische Exporte zu erfassenwie nur möglich und in diesen Fällen den Aufwand für die <strong>Exportkontrolle</strong>zu minimieren. Kenntnis über die zur Verfügung stehenden Verfahrenserleichterungen,ihre Möglichkeiten und Grenzen, Vor- und Nachteile gehörtdamit zu dem unbedingt erforderlichen Wissen der mit der <strong>Exportkontrolle</strong> beauftragtenMitarbeiter. Bei der Planung internationaler Kooperationen undProjekte ist es ebenfalls wichtig, realistisch zu beurteilen, welche Hindernissedie <strong>Exportkontrolle</strong> tatsächlich bereitet und inwieweit sie sich gar nicht spürbarauswirkt.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 103


Keine Verfahrenserleichterungen im Wortsinn sind die Befreiungstatbestände,die Ausnahmen von der ansonsten grundsätzlich gegebenen Genehmigungspflichtvorsehen. Oft handelt es sich um Wertgrenzen, bei deren Unterschreitungkeine Genehmigungspflicht besteht. Einen langen Katalog von Befreiungstatbeständenenthält § 19 AWV, der über § 21 AWV auch für Verbringungengilt.Die folgenden Arten von Verfahrenserleichterungen bestehen zur Zeit:6.2.1. AllgemeingenehmigungenAllgemeingenehmigungen werden vom BAFA im Bundesanzeiger von Amtswegen, also ohne Antrag eines Ausführers veröffentlicht. Ein Ausführer, dereinen Export durchführen will, der unter eine solche Allgemeingenehmigungfällt, kann die Ausfuhr unter Berufung auf diese Genehmigung tätigen, ohnezuvor das BAFA zu kontaktieren. Die Verantwortung für die Beachtung der mitder Allgemeingenehmigung verbundenen Bestimmungen liegt beim Ausführer.Er muss sich aber bis spätestens 30 Tage nach der ersten Nutzung der Allgemeingenehmigungmit einem Registrierungsschreiben beim BAFA als neuerNutzer zu erkennen geben. Einige der Allgemeingenehmigungen sehen auchvor, dass die Nutzer zweimal pro Jahr dem BAFA die unter Nutzung der Genehmigunggetätigten Ausfuhren melden. Grundsätzlich sind die mit der Allgemeingenehmigungverbundenen Nebenbestimmungen sorgfältig zu lesen.Derzeit sind sieben Allgemeingenehmigungen für gelistete Güter und eine „Bekanntmachungzu § 5d AWV“ veröffentlicht, darunter zwei für Computer undKryptotechnik und die beiden folgenden, die wegen ihres weiten Anwendungsbereichshier näher vorgestellt werden:6.2.1.1. Allgemeine Ausfuhrgenehmigung der Gemeinschaft Nr. EU 001(AG EU001)Anhang II der EG-VO regelt die wichtigste Allgemeingenehmigung. Sie gilt füralle Güter in Anhang I zur EG-VO (weitgehend gleichbedeutend mit Teil I C derAL, s. o.) mit Ausnahme der Güter, die in Anhang IV oder Anhang II Teil 2 EG-VO enthalten sind. Sie gilt für die zehn in Anhang II Teil 3 genannten 10Länder, darunter die wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Wann immerdiese Allgemeingenehmigung angewendet werden kann, dann muss sie auchangewendet werden. Erhält das BAFA einen Antrag auf Erteilung einer Einzelausfuhrgenehmigungim Anwendungsbereich der AG EU001, dann schickt siediesen unter Hinweis auf die Allgemeingenehmigung an ‚Ausführer’ zurück.Dieser Aufwand an Zeit und Mühe sollte natürlich vermieden werden.104 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


6.2.1.2. Allgemeine Genehmigung Nr. 12Diese Allgemeingenehmigung gilt ebenfalls für die meisten Güter des AnhangsI EG-VO, wenn der Wert der Ausfuhr 5000 DM nicht übersteigt. § 4a AWV enthältnähere Bestimmungen zur Bestimmung der Wertgrenzen. Fast alle Länderweltweit sind von der Genehmigung begünstigt. Ausfuhren von geringem Wertwerden damit deutlich erleichtert.6.2.2. HöchstbetragsgenehmigungDies ist eine Sonderform der Einzelausfuhrgenehmigung. Sie erlaubt wiederholteAusfuhren des genehmigten Gutes an einen bestimmten Empfänger aufunterschiedliche Bestellungen hin, bis ein festgelegter Gesamtwert erreicht ist.Daher ist sie eine hilfreiche Verfahrenserleichterung, wenn eine feste oderregelmäßige Lieferbeziehung besteht. Damit erleichtert sie auch internationaleKooperationen und Beziehungen zwischen verschiedenen Unternehmen einesKonzerns. Das Antragsverfahren entspricht fast völlig dem für eine Einzelausfuhrgenehmigung.6.2.3. SammelausfuhrgenehmigungIm Falle einer Vielzahl von Ausfuhren an einen relativ festen Kreis von Empfängernkann der Ausführer eine Sammelausfuhrgenehmigung beantragen, diefür einen bestimmten Kreis von Gütern und Empfängern gilt. Nach Erteilungkann sie ohne großen Aufwand aktualisiert und ergänzt werden. Die Bestimmungenzur Nutzung dieser Genehmigungsform erfordern einen besonders zuverlässigenAusführer mit einem besonders leistungsfähigen unternehmensinternenExportkontrollsystem. Bevor das BAFA eine solche Genehmigung erteilt,wird es die Zuverlässigkeit dieses Systems als einen Teil des Genehmigungsverfahrensüberprüfen. Der hohe Verwaltungsaufwand innerhalb des Unternehmenserklärt sich daraus, dass auf diese Weise, überspitzt gesagt, wesentlicheTeile der <strong>Exportkontrolle</strong> aus der Behörde in das Unternehmen verlagertwerden, welches also einen erheblichen Vertrauensvorschuss erhält. Gleichwohlist für viele Unternehmen, die viele genehmigungspflichtige Ausfuhrentätigen, die Sammelausfuhrgenehmigung ein unverzichtbares Hilfsmittel.Im Bereich der Rüstungsexporte (Teil I Abschnitt A der AL) gibt es die Sonderformder Projektgenehmigung, die eine internationale Zusammenarbeit in derRüstungsproduktion ermöglichen soll. Unterauftragnehmer sollten sich mitdem nationalen Konsortialführer abstimmen, ob und wie eine Sammelausfuhrgenehmigunggenutzt werden soll.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 105


7. Wer ist Ausführer/ Verbringer?Für die an einem Exportgeschäft Beteiligten ist es von großer Bedeutung zuwissen, wer nach den einschlägigen Vorschriften Ausführer/ Verbringer ist.Denn nur dieser ist beim BAFA antragsberechtigt und nur dieser ist gegenüberden Behörden für die Einhaltung der relevanten Bestimmungen verantwortlich(andere Beteiligte können natürlich über die Bestimmungen zu Anstiftung undBeteiligung verantwortlich gemacht werden).Für den Anwendungsbereich der AWV enthält § 4c Nr. 3 AWV die einschlägigeAusführerdefinition. Danach ist, vereinfacht ausgedrückt, derjenige Ausführer,der über die Ausfuhr aus dem Gemeinschaftsgebiet tatsächlich bestimmt, alsoder sog. „Geschäftsherr“. Ist dieser nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig, soist derjenige Beteiligte im Gemeinschaftsgebiet als Ausführer anzusehen, derdem Geschäft am nächsten steht. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es,immer eine greifbare (natürliche oder juristische) Person für die Ausfuhrkontrolleverantwortlich zu machen, die über die notwendigen Informationenüber das Geschäft, den Empfänger und die Endverwendung hat. Folglich istbeispielsweise eine Spedition praktisch niemals Ausführer, selbst wenn sieformal und praktisch die Ausfuhr als solche bewerkstelligt. Für den Verbringergilt nach § 4c Nr. 4 AWV sinngemäß das gleiche, wobei hier immer eine inDeutschland ansässige Partei herangezogen wird. Die Ausführerdefinition fürden Anwendungsbereich der EG-VO Nr. 1334/2000 in Art. 2 c) EG-VO ist weitgehendidentisch mit dem nationalen, auch wenn es juristisch im Einzelfallkleine Unterschiede gibt.Für das ausführende Unternehmen sind einige wichtige Konsequenzen ausdieser Rechtslage zu ziehen.Insbesondere können die Geschäftsbeteiligten nicht eigenständig über dieAusführereigenschaft bestimmen, obwohl in der Praxis manchmal versuchtwird, durch entsprechende Vereinbarungen die Verantwortung zu delegieren.Da der Ausführer aber nach objektiven Kriterien bestimmt wird, führt diesnicht zu einer <strong>Verlag</strong>erung der Verantwortlichkeit. Allerdings kann der AusführerDritte damit beauftragen, den Antrag auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigungzu stellen und die entsprechenden Formalien zu erledigen. Damitentledigt er sich der Bürde des entsprechenden Verfahrens, nicht aber der Verantwortlichkeitgegenüber der Behörde. Fehler des Bevollmächtigten werdenzugerechnet, auch wenn im Einzelfall dann der Ausführer Schadensersatzansprüchegegen seinen Bevollmächtigten haben kann. Die Bevollmächtigungist dem BAFA bei Antragstellung schriftlich nachzuweisen. In der Praxis werdenbeispielsweise Spediteure bevollmächtigt, Konzernzentralen mit eigenerExportkontrollabteilung oder entsprechende Dienstleister im Bereich derAußenwirtschaft.106 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


Ist das Gut gelistet in Teil I Abschnitt A der AL, Anh. IV EG-VO und soll esnach der Verbringung ausgeführt werden aus der Gemeinschaft?• wenn ja: Verbringungsgenehmigungspflicht nach § 7 Abs. 2 AWV.Ist das Gut gelistet in Teil I Abschnitt A der AL, Anh. IV EG-VO und soll esnach der Verbringung ausgeführt werden aus der Gemeinschaft?• Verbote nach KWKG• Genehmigungspflichten nach § 7 Abs. 3 AWVGut nicht gelistet, aber das Käufer- oder Bestimmungsland unterliegtbesonderen Beschränkungen?• Embargoland: Beschränkungen nach Embargovorschriften und § 7 Abs. 3AWV• Land in Länderliste K aufgeführt: Beschränkungen nach § 7 Abs. 3 AWV.• Land in § 5d aufgeführt: Beschränkungen nach § 7 Abs. 4 AWV.Checkliste 2Unterliegt ein Geschäft Beschränkungen der <strong>Exportkontrolle</strong>?Diese Checkliste enthält die rechtliche Systematik der Genehmigungstatbestände,eignet sich aber weniger für den praktischen Gebrauch.Besteht ein Ausfuhr-/ Verbringungsverbot?• Embargo?• Verbot nach KWKG?Verbringungsgenehmigungspflicht (ausnahmsweise)?• Art. 21 Abs. 1 EG-VO, weil Gut in Anh. IV der VO gelistet?• § 7 Abs. 1 AWV, weil Rüstungsgut?• § 7 Abs. 2 AWV, weil nach Verbringung Ausfuhr erfolgen soll?• § 7 Abs. 3, 4 AWV108 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


Ausfuhrgenehmigungspflicht• Aufgrund Listenerfassung durch Anh. I EG-VO bzw. die AL?aa) § 5 Abs. 1 AWV: Rüstungsgüter in Verbindung mit Teil I A der ALbb) § 5 Abs. 2 AWV: Sonderpositionen und Teil I B der ALcc) Art. 3 EG-VO für Güter nach Anh. I EG-VO• keine Listenerfassung, aberaa) Verwendung im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen, Art. 4Abs. 1 EG-VObb) Verwendung in einem der folgenden Länder im Zusammenhang mitkonventioneller Rüstung:• Länderliste K (§ 5c AWV)• Embargoländer (Art. 4 Abs. 2 AWV)cc) Verwendung in einem im Zusammenhang mit ziviler Kernkraftnutzung(Länder § 5d AWV):• Transithandelsgenehmigungspflicht (§ 40 AWV)?• Genehmigungspflicht für technische Unterstützung (§§ 45 ff. AWV)?Checkliste 3Verfahrenserleichterungen (für Ausfuhren und Verbringungen)Befreiungstatbestand einschlägig?a) Wertgrenze?b) Sonstige?Allgemeingenehmigung nutzbar?• SAG beantragen?• Höchstbetragsgenehmigung beantragen?Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 109


Test- und Verständnisfragen• F: Nach welchen Gesetzen ist die Ausfuhr einer Kriegswaffe genehmigungspflichtig?• A: Nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) und der Außenwirtschaftsverordnung.• F: Nach welchem Gesetz ist die Ausfuhr einer gelisteten Dual-use-Waregenehmigungspflichtig?• A: Fast ausnahmslos nach der EG-Dual-use-VO Nr. 1334/2000.• F: Bei welcher Behörde muss ein in Deutschland ansässiges Unternehmeneine Ausfuhrgenehmigung beantragen, wenn es in Belgien gelagerte Güterausführen möchte?• A: Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).• F: Stellt ein Export in die Schweiz eine Ausfuhr dar?• A: Ja, da die Schweiz nicht zur EU gehört.• F: Das deutsche Unternehmen A schließt mit seinem Kunden K in Israeleinen Vertrag über die Lieferung von Werkzeugmaschinen. Es weist dieSpedition S an, die Güter abholen und nach Israel transportieren zu lassen.Wer ist Ausführer?• A: A, da er der Geschäftsherr ist und den Vertrag mit K hat.• F: Sie stellen fest, dass eines Ihres Güter von Teil I Abschnitt C der ALerfasst ist. Müssen Sie noch Art. 4 EG-VO prüfen?• A: Nein, die Vorschriften über nicht-gelistete Güter sind gegenüber denVorschriften über gelistete Güter nachrangig.• F: Sie haben nicht gelistete Dual-use-Güter, die sie regelmäßig nachAustralien, Indonesien und Kuba exportieren. Müssen Sie hier Beschränkungender <strong>Exportkontrolle</strong> beachten?• A: Ja. Für Australien und Indonesien nur Art. 4 Abs. 1 EG-VO (Verwendungin Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen). Für Kuba ist zusätzlich§ 5c AWV (Verwendung im Zusammenhang mit konventioneller Rüstung) zubeachten.• F: Sie wollen ein Dual-use-Gut nach Polen ausführen. Was müssen Sie vorder Ausfuhr prüfen?• A: Die Anwendung der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der GemeinschaftNr. EU001.• F: Sie wollen nicht gelistete Getriebebauteile nach Mosambik ausführen, diedort in LKW der Armee eingebaut werden sollen. Wie haben Sie sich zu verhalten?110 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


• A: Sie müssen vor der Ausfuhr das BAFA informieren. Erst wenn Ihnen diesesnach § 5c AWV mitteilt, dass keine Genehmigungspflicht besteht oder wennes Ihnen eine Genehmigung erteilt, darf die Ausfuhr erfolgen.• F: Unternehmen X will gelistete Software zum Zwecke der Weiterentwicklungnach Indien per E-Mail versenden. Ist eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich?• A: Ja, die Art des Versandes spielt für die Genehmigungspflicht keine Rolle.• F: Sie lesen in der Zeitung, dass gegen das Land X ein Waffenembargo durchden Sicherheitsrat der VN verhängt wurde. Betrifft dies die unternehmensinterne<strong>Exportkontrolle</strong>, obwohl gar keine Rüstungsgüter exportiert werden?• A: Ja, wegen Art. 4 Abs. 2 EG-VO, der für nicht gelistete Dual-use-Gütergilt, wenn diese für militärische Endverwendung bestimmt sind.• F: Wie erhalten Sie aktuelle Informationen über die Änderung außenwirtschaftlicherBestimmungen?• A: a) Aus dem Bundesanzeiger und dem Amtsblatt der EG(amtliche Quellen).b) Über den HADDEX-Schnelldienst, die Internetseiten des BAFA und dieZeitschrift AW-Prax.Weiterführende Literatur und InformationsquellenAusfuhrliste 2001: Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung, Köln 2001, Bundesanzeigerverlag(Text der Ausfuhrliste)AW-Prax, monatlich erscheinende Zeitschrift zur Außenwirtschaft, BundesanzeigerverlagBundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: Veröffentlichung von verschiedeneMerkblättern, Rechtstexten, Bekanntmachungen einschließlich der Einführung„BAFA-<strong>Exportkontrolle</strong> Kurzdarstellung“: www.bafa.deDigit-AL – Elektronische Ausfuhrliste, Volltextrechercheprogramm zur Unterstützungder Klassifizierung von Waren nach der Ausfuhrliste, BundesanzeigerverlagHADDEX – Handbuch der deutschen <strong>Exportkontrolle</strong> in zwei Bänden, Bd. 1 –Kommentar, Bd. 2 – Textsammlung, Hrsg.: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,Köln 2001, Bundesanzeigerverlag (Loseblattsammlung – die Zeiträumezwischen den Ergänzungslieferungen können durch den HADDEX-Schnelldienstüberbrückt werden)Hucko, Elmar, M. / Wagner, Jörg (Hrsg.), Außenwirtschaftsrecht – Kriegswaffenkotrollrecht:Textsammlung mit Einführung, 8. Aufl., Köln 2001, BundesanzeigerverlagPottmeyer, Klaus, Der Ausfuhrverantwortliche – Aufgabe und Risiken, Köln 2001,BundesanzeigerverlagRecht: <strong>Exportkontrolle</strong> 111


LänderlisteStand: 10.10.01(Diese Liste unterliegt häufigen Änderungen, die oft kurzfristig bekannt werden)LandWaffenembargoLänderliste K § 5d AWV SonstigeEmbargosAfghanistan X XAlgerienXAngola X XArmenienXAserbaidschan XAustralienBosnien-Herzegowina XChina (VR)X •HaitiXIndienXIrak X X XIsraelXJapanJordanienXKanadaKongo, Dem. Rep. • XKubaXLibanonXLiberia X XLibyen X X XMosambikXMyanmar X XNeuseelandNordkorea X XNorwegenPakistanXPolenRuandaXSchweizSierra Leone X XSomaliaXSyrien X XTschechische RepublikUngarnUSAAnh. II Teil 3XXXXXXXXXX•Dieses Waffenembargo ist keines im Sinne von Art. 4 Abs. 2 EG-VO.112 Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen


Anlauf- und BeratungsstellenBundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)Frankfurter Str. 29-35D-65760 EschbornTelefon: 06196-908 0Telefax: 06196-908 800E-Mail: poststelle@bafa.deInternet: www.bafa.deWirtschaftsverbändeDie Verbände der deutschen Wirtschaft, BDI, ZVEI, VDMA und andere informierenebenfalls über Fragen der <strong>Exportkontrolle</strong> und vertreten die Wirtschaftsinteressen indiesem Politikbereich.Biographische AngabenAssessor Christof Wegner ist seit Anfang 2000 als Referent für Grundsatz-, RechtsundVerfahrensfragen der Ausfuhrkontrolle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolletätig. Dieser Beitrag gibt ausschließlich seine persönliche Meinungwieder.Recht: <strong>Exportkontrolle</strong> 113

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