Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v.

Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v. Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v.

20.08.2012 Aufrufe

172 DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG POSTER der Einfluss der Jahreszeit ermittelt werden. Von sechs Probanden (4-jähriger Junge, 12-jähriges Mädchen, 43-jährige Mutter mit 8-jährigem Sohn, 58-jähriger Vater mit 19-jährigem Sohn) wurden Morgenurinproben untersucht. Die Proben wurden im Januar, April, Juli und Oktober 2005 bis auf wenige Ausnahmen eine Woche lang gesammelt. In den Urinen wurden die Metabolite von DBP und DEHP, d. h. Monobutylphthalat, Mono(2-ethylhexyl)phthalat, Mono(2-ethyl-5-hydroxyhexyl)phthalat (5- OH-MEHP) und weitere oxidierte Phthalathalbester mittels GC-MS quantifiziert. Die Probanden führten Tagesprotokolle. Von 160 Urinproben wurden bei den vier männlichen Personen in acht Proben Weichmacherkonzentrationen gefunden, die deutlich höher waren als die sonstigen Werte dieser Personen, d. h., es gab acht besondere Belastungsereignisse (für 5-OH- MEHP z. B. 1530, 1245, 859 µg/l). Insgesamt lagen zehn Werte von 5-OH-MEHP oberhalb des Referenzwertes von 220 µg/l. Die Messungen zu verschiedenen Jahreszeiten zeigten bei dem 12-jährigen Mädchen (Mediane von 5-OH-MEHP im Jahresverlauf: 64, 34, 33, 13 µg/l) und der 43-jährigen Frau niedrige 5-OH-MEHP- Konzentrationen im Urin mit geringen wochen- und jahreszeitenbezogenen Schwankungen, nur die Januarwerte waren etwas höher. Der 58-Jährige zeigte ebenfalls eine niedrige, wenig schwankende Grundbelastung. Sein 19-jähriger Sohn wies nur bei der Januarbeprobung höhere Werte mit starken Schwankungen auf. Die 5-OH-MEHP- Konzentrationen der Urine des 4-jährigen Jungen (Mediane im Jahresverlauf: 171, 104, 118, 51 µg/l) und des 8-jährigen Jungen lagen im höheren Bereich mit größeren Schwankungen. Die beiden weiblichen Probanden sowie der 58-Jährige zeigten, bis auf wenige Belastungsspitzen, über das gesamte Jahr hinweg ein wenig schwankendes niedriges Belastungsprofil. Die 4- und 8-jährigen Jungen zeigten ein höheres und stärker schwankendes Belastungsprofil. Der jahreszeitliche Einfluss ist eher als gering zu bewerten. Bei der Januarbeprobung waren etwas höhere Phthalat-Konzentrationen zu erkennen. P98 Biomonitoring bei Isocyanat-Exposition – eine Pilotstudie Lygia Therese Budnik1 , Xaver Baur1 , Rolf Merget2 , Dennis Nowak3 1Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, 2Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum, 3 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians- Universität, München Hochreaktive Isocyanate, die zur Herstellung von Polyurethanschäumen oder als Härter für Lacke verwendet werden, stellen ein ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko dar. Das Biomonitoring ist ein geeignetes Verfahren zur Risikoerfassung an entsprechenden Arbeitsplätzen. Wir untersuchen hierzu die Kinetik der Exkretion inkorporierter Isocyanate. Zwölf Gutachtenpatienten wurden unter definierten Laborbedingungen diagnostischen arbeitsplatzbezogenen Expositionstesten mit Isocyanaten unterzogen (jeweils bis zu 120 min mit bis zu 30 ppb MDI, HDI, TDI oder IPDI). Die monomeren Diamine (MDA, HDA, TDA oder IPDA) wurden aus den gesammelten Urinproben extrahiert und derivatisiert. Nach der gaschromatographischen Auftrennung erfolgte die Quantifizierung der Derivate mittels Massenspektrometrie. Der Bezug auf die Kreatinin-Ausscheidung hat der unterschiedlichen Urinvolumina Rechnung getragen. Es zeigten sich individuelle und von Substanz zur Substanz unterschiedliche Kinetiken in der Diaminausscheidung. Interessanterweise wies die überwiegende Mehrheit der Patienten die höchsten Werte für die Urinmetabolite HDA, MDA nach 0,5 bis 12 h mit dramatischer Abnahme nach 24 h auf. Im Gegensatz dazu ergab sich für IPDA- Metabolite bereits nach 30 min ein Peak. Diese Untersuchungen bestätigen unsere früheren Erfahrungen bezüglich einer relativ langen Halbwertszeit der HDI- und MDI- Metabolite. Demgegenüber ergab sich jetzt für IPDI-Metabolite eine deutlich kürzere Halbwertszeit. Wegen der hohen interindividuellen Variabilität, evtl. bedingt durch Enzympolymorphismen, und der in einigen Fällen vorgelegenen beruflichen Vorbelastung (vereinzelt lagen erhöhte basale Diaminwerte vor), lassen diese Daten noch keine abschließende Aussage zur Kinetik zu. Die Fortsetzung der Studie ist daher notwendig. Berufskrankheitengeschehen, Vorsorgeuntersuchungen P99 Das Berufskrankheitsgeschehen am Klinikum der Friedrich-Schiller- Universität Jena im Zeitraum von 1961–2000 Anja Krauspe, Anne Seidel, Rainer Schiele Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität, Jena Zur Darstellung des Berufskrankheitsgeschehen von Mitarbeitern des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Zeitraum 1961–2000 erfolgte die retrospektive Auswertung des Datenmaterials sämtlicher Anzeigen über den Verdacht einer Berufskrankheit (BK) (n = 320). 25,6 % der abgeschlossenen Berufskrankheitsverfahren wurden negativ entschieden, wobei sich diese Quote ab dem Jahr 1990 auf das 12fache erhöhte. Mehr als die Hälfte aller Berufserkrankungen (n = 115, 55 %) sind der BK-Ziffer 3101 (Infektionskrankheiten) zugehörig. Innerhalb dieser BK-Ziffer nimmt die Hepatitis infectiosa (n = 85, 73,9 %) den ersten Rang ein und steht auch mit 40,7 % aller Diagnosen an erster Stelle der Berufskrankheiten. Mit einer Fallzahl von 72 (34,4 %) ist die BK 5101 (schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen) die zweithäufigste anerkannte BK-Ziffer. In 68 Fällen lautete die Diagnose „allergisches Kontaktekzem“. 67,4 % der aufgetretenen Kontaktsensibilisierungen sind auf Desinfektionsmittel zurückzuführen. Allein 57,3 % aller beruflich relevanten Kontaktallergene stellen formaldehydhaltige Substanzen dar. Die Inzidenzrate (IR) Berufserkrankungen nahm über den Erfassungszeitraum kontinuierlich zu, erst ab 1985 zeigte sich ein eindrucksvoller Rückgang, der vorrangig durch sinkende Inzidenzen der BK 3101 und BK 5101 bedingt ist. Männliche Angestellte erleiden signifikant häufiger eine beruflich erworbene Hepatitisinfektion, während weibliche Beschäftigte signifikant häufiger von einer beruflich erworbenen Hauterkrankung betroffen sind. Die Berufsgruppe „ärztliches Personal“ zeigte mit einer jährlichen Inzidenzrate von 3,33 BK im Jahr/1000 Mitarbeiter die stärkste Gefährdung bezüglich einer BK, vor den Berufsgruppen „sonstiges medizinisches Personal“ (IR 2,83 BK/Jahr/1000) und „Pflegepersonal“ (IR 1,91 BK/Jahr/ 1000). Das ärztliche Personal war im Vergleich zu den übrigen Berufsgruppen im besonderen Maß von der BK-Ziffer 3101 betroffen, während das Pflegepersonal die höchste IR der BK-Ziffer 5101 innerhalb aller Berufsgruppen aufwies. Insgesamt waren die konservativen Arbeitsfelder häufiger als die operativen von einer Hepatitisinfektion betroffen, während die operativen Bereiche stärker als die konservativen durch eine BK 5101 gefährdet waren.

P100 Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beim Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndrom (VVS) Susanne Völter-Mahlknecht1 , Maria Pritsch2 , Biljana Gigic2 , Axel Muttray1 , Stephan Riedel3 , Kristina Harth1 , Heinrich Dupuis1 , Stephan Letzel1 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, 2Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Universität Heidelberg, 3Geschäfts führung, Ingenieurbüro für Ergonomie ibe, Feilbingert Das Vibrationsbedingte Vasospastische Syndrom (VVS) kann bei Einhaltung der sozialrechtlichen Vorgaben in Deutschland nach der derzeit gültigen Berufskrankheitenliste als Berufskrankheit anerkannt (BK-Nr. 2104 BKV) und entschädigt (MdE) werden. Hinsichtlich der MdE-Einschätzung existieren derzeit in Deutschland keine einheitlichen Empfehlungen. Ziel der vorgestellten Arbeit war die Beurteilung der bisherigen MdE-Bemessungen im Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Mainz. Die Datenerhebung wurde retrospektiv mittels eines standardisierten Erfassungsbogens anhand der einzelnen Berufskrankheitenakten von 317 Erkrankten durchgeführt. Es wurden u. a. Parameter wie Höhe der MdE, die Fähigkeit, etwas zu tasten, die Lokalisation und Häufigkeit der Weißfingerattacken, differenziert nach Winter- und Sommermonaten, subjektive Beeinträchtigung bei der Arbeit, eine aufgrund der Erkrankung notwendige Arbeitsunterbrechung sowie thermometrisch und pallästhesiometrisch erhobene Befunde erfasst. Meistens wurde eine MdE von 20 % gewährt, am zweithäufigsten eine MdE von 10 %. Die MdE-Verteilung war in allen Berufsgruppen vergleichbar. Bei den Patienten, bei denen sich im Laufe der Begutachtungen die vorgeschlagene MdE änderte, kam es häufiger zu einer Abnahme als zu einer Zunahme. Schwierigkeiten des Erkrankten, etwas zu tasten, die Lokalisation der Weißfingerattacken sowie thermometrisch erhobene Messwerte wurden durch die Höhe der MdE-Empfehlung abgebildet. Kein statistisch signifikanter Zusammenhang fand sich zwischen den pallästhesiometrisch erhobenen Messwerten, einer VVS-bedingten Arbeitsunterbrechung, einer subjektiven Beeinträchtigung im Arbeitsleben und der Differenzierung der Anfallshäufigkeit nach Winter- bzw. Sommermonaten. Die bisherige Einschätzung der MdE berücksichtigte den Umfang der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und Aspekte, die zur Beurteilung der verblei- POSTER benden Arbeitsmöglichkeiten hilfreich sind, nicht ausreichend. Nützlich für die gutachtliche Praxis zur MdE-Einschätzung können einheitliche MdE-Empfehlungen sein, wobei MdE-Tabellen als Orientierung dienen können, aber individuelle Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen. Außerdem ist eine Qualitätssicherung nötig. P101 Zielgruppenorientierte Einflussfaktoren und Präventionsstrategien zum Risiko Arbeitsweg Kirsten Isabel Löffler1 , Matthias Budinger2 , Luis Escobar-Pinzón1 , Stephan Letzel1 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, 2Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Wegeunfälle, d. h. Unfälle auf dem Arbeitsweg, stellen besonders im Bereich der Automobilindustrie sowohl von ihrer Anzahl als auch von den durch sie bedingten Schadensleistungen einen wesentlichen Kostenfaktor dar. Laut Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften werden die Kosten für Wegeunfälle für das Jahr 2004 auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt. Das Ziel der Studie bestand darin, unfallspezifische, berufliche und gesundheitliche Variablen zu erfassen und im Hinblick auf ihr Risikopotenzial für Wegeunfälle zu analysieren. Zur Erhebung der Einflussfaktoren wurde eine Fall-Kontroll-Studie durchgeführt. Das Gesamtkollektiv setzte sich zusammen aus 210 Wegeverunfallten und 324 Kontrollpersonen der Firma Audi AG. Die Studienteilnehmer wurden mittels eines standardisierten Interviewleitfadens telefonisch befragt. Zur Analyse potenzieller Risikofaktoren wurden logistische Regressionsanalysen berechnet. Es wurden Daten von 201 Wegeunfällen erhoben. 123 Unfälle (58,6 %) ereigneten sich auf dem Weg von der Wohnung zum Arbeitsplatz, 78 (37,1 %) auf dem Weg vom Arbeitsplatz zur Wohnung. In der Unfallgruppe wurden 176 Männer (87,6 %) und 25 Frauen befragt (12,4 %). Die befragte Kontrollgruppe umfasste 324 Personen, davon 307 Männer (94,8 %) und 17 Frauen (5,2 %). Die Verunfallten waren im Durchschnitt 38,4 Jahre alt (Range: 15–58 Jahre). Das Durchschnittsalter der Kontrollpersonen betrug 41,6 Jahre (Range: 16–65 Jahre). Junge Beschäftigte bis 25 Jahren hatten ein erhöhtes Risiko einen Wegeunfall zu erleiden im Vergleich zu älteren Beschäftigten. Bei Angestellten konnte im Vergleich zu Arbeitern ein geringeres Wege- DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG unfallrisiko beobachtet werden. Mit einer höheren Vielseitigkeit der Tätigkeit sank das Unfallrisiko. Sowohl auf dem Hinweg als auch auf dem Rückweg hatten Fahrradfahrer und Kraftradfahrer gegenüber PKW- Nutzern ein erhöhtes Wegeunfallrisiko. Es konnten Risikogruppen wie z. B. junge Beschäftigte unter 25 Jahren, Fahrradfahrer oder Kraftradfahrer und Risikofaktoren z. B. mangelnde Vielseitigkeit der Aufgaben identifiziert werden. Auf der Basis dieser Identifizierung von Risikofaktoren von Wegeunfällen werden Präventionsvorschläge zur Minimierung des Wegeunfallrisikos erarbeitet. Unterstützung: VMBG P102 Auswahlkriterien für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach § 16 GefStoffV in gesundheitsdienstlichen Einrichtungen Gabriele Halsen1 , Ute Pohrt2 1Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Köln, 2Bereich Berufsdermatologie/Interventionsstrategien, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Berlin Die arbeitsmedizinische Vorsorge wurde mit der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom Dezember 2004 in den §§ 15,16 neu geregelt. In der betrieblichen Praxis ergeben sich sowohl für den Unternehmer als auch für den Arbeitsmediziner viele Fragen bezüglich der Anwendung der Listen der Gefahrstoffe und Tätigkeiten nach Anhang V GefstoffV. Ziel der BGW war es daher, eine Hilfestellung bei der Auswahl spezieller arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach § 16 GefStoffV in gesundheitsdienstlichen Einrichtungen zu geben. Für die Kernarbeitsbereiche aus der human- und veterinärmedizinischen Versorgung wurden Untersuchungsindikation und Untersuchungsinhalt (z. B. Grundsatz) ermittelt. Die hierfür erforderliche Beurteilung der Gefährdungen durch die einzelnen Tätigkeiten erfolgte anhand von existierenden Expositionsbeschreibungen sowie BGW-spezifischen Erfahrungen. Es ist ein System für die Auswahl von Beschäftigten für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen aus den Bereichen Krankenhaus, Altenpflege, Arzt- und Zahnarztpraxen, Apotheken inklusive assoziierter Hol-, Bringe- und Reparaturdienste sowie Veterinärmedizin entstanden. Dies umfasst Untersuchungsindikationen mit ganz wesentlicher Bedeutung, wie z. B. Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 173

P100<br />

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit<br />

(MdE) auf dem allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt beim Vibrationsbedingten Vasospastischen<br />

Syndrom (VVS)<br />

Susanne Völter-Mahlknecht1 , Maria Pritsch2 , Biljana<br />

Gigic2 , Axel Muttray1 , Stephan Riedel3 , Kristina Harth1 ,<br />

Heinrich Dupuis1 , Stephan Letzel1 1Institut <strong>für</strong> Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong>, Johannes<br />

Gutenberg-Universität, Mainz, 2Institut <strong>für</strong> Medizinische Biometrie<br />

<strong>und</strong> Informatik, Universität Heidelberg, 3Geschäfts führung, Ingenieurbüro <strong>für</strong> Ergonomie ibe, Feilbingert<br />

Das Vibrationsbedingte Vasospastische Syndrom<br />

(VVS) kann bei Einhaltung der sozialrechtlichen<br />

Vorgaben in Deutschland nach<br />

der derzeit gültigen Berufskrankheitenliste<br />

als Berufskrankheit anerkannt (BK-Nr.<br />

2104 BKV) <strong>und</strong> entschädigt (MdE) werden.<br />

Hinsichtlich der MdE-Einschätzung<br />

existieren derzeit in Deutschland keine<br />

einheitlichen Empfehlungen. Ziel der vorgestellten<br />

Arbeit war die Beurteilung der<br />

bisherigen MdE-Bemessungen im Institut<br />

<strong>für</strong> Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong><br />

Mainz.<br />

Die Datenerhebung wurde retrospektiv<br />

mittels eines standardisierten Erfassungsbogens<br />

anhand der einzelnen Berufskrankheitenakten<br />

von 317 Erkrankten durchgeführt.<br />

Es wurden u. a. Parameter wie Höhe<br />

der MdE, die Fähigkeit, etwas zu tasten,<br />

die Lokalisation <strong>und</strong> Häufigkeit der Weißfingerattacken,<br />

differenziert nach Winter-<br />

<strong>und</strong> Sommermonaten, subjektive Beeinträchtigung<br />

bei der Arbeit, eine aufgr<strong>und</strong><br />

der Erkrankung notwendige Arbeitsunterbrechung<br />

sowie thermometrisch <strong>und</strong> pallästhesiometrisch<br />

erhobene Bef<strong>und</strong>e erfasst.<br />

Meistens wurde eine MdE von 20 %<br />

gewährt, am zweithäufigsten eine MdE von<br />

10 %. Die MdE-Verteilung war in allen Berufsgruppen<br />

vergleichbar. Bei den Patienten,<br />

bei denen sich im Laufe der Begutachtungen<br />

die vorgeschlagene MdE änderte, kam<br />

es häufiger zu einer Abnahme als zu einer<br />

Zunahme. Schwierigkeiten des Erkrankten,<br />

etwas zu tasten, die Lokalisation der Weißfingerattacken<br />

sowie thermometrisch erhobene<br />

Messwerte wurden durch die Höhe<br />

der MdE-Empfehlung abgebildet. Kein<br />

statistisch signifikanter Zusammenhang<br />

fand sich zwischen den pallästhesiometrisch<br />

erhobenen Messwerten, einer VVS-bedingten<br />

Arbeitsunterbrechung, einer subjektiven<br />

Beeinträchtigung im Arbeitsleben <strong>und</strong> der<br />

Differenzierung der Anfallshäufigkeit nach<br />

Winter- bzw. Sommermonaten.<br />

Die bisherige Einschätzung der MdE<br />

berücksichtigte den Umfang der Beeinträchtigung<br />

des Leistungsvermögens <strong>und</strong><br />

Aspekte, die zur Beurteilung der verblei-<br />

POSTER<br />

benden Arbeitsmöglichkeiten hilfreich sind,<br />

nicht ausreichend. Nützlich <strong>für</strong> die gutachtliche<br />

Praxis zur MdE-Einschätzung können<br />

einheitliche MdE-Empfehlungen sein, wobei<br />

MdE-Tabellen als Orientierung dienen<br />

können, aber individuelle Gegebenheiten<br />

berücksichtigt werden müssen. Außerdem<br />

ist eine Qualitätssicherung nötig.<br />

P101<br />

Zielgruppenorientierte Einflussfaktoren<br />

<strong>und</strong> Präventionsstrategien<br />

zum Risiko Arbeitsweg<br />

Kirsten Isabel Löffler1 , Matthias Budinger2 , Luis Escobar-Pinzón1<br />

, Stephan Letzel1 1Institut <strong>für</strong> Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong>, Johannes<br />

Gutenberg-Universität, Mainz, 2Institut <strong>für</strong> Medizinische<br />

Biometrie, Epidemiologie <strong>und</strong> Informatik, Johannes Gutenberg-Universität,<br />

Mainz<br />

Wegeunfälle, d. h. Unfälle auf dem Arbeitsweg,<br />

stellen besonders im Bereich der Automobilindustrie<br />

sowohl von ihrer Anzahl<br />

als auch von den durch sie bedingten Schadensleistungen<br />

einen wesentlichen Kostenfaktor<br />

dar. Laut Hauptverband der gewerblichen<br />

Berufsgenossenschaften werden die<br />

Kosten <strong>für</strong> Wegeunfälle <strong>für</strong> das Jahr 2004<br />

auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt. Das Ziel<br />

der Studie bestand darin, unfallspezifische,<br />

berufliche <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Variablen<br />

zu erfassen <strong>und</strong> im Hinblick auf ihr Risikopotenzial<br />

<strong>für</strong> Wegeunfälle zu analysieren.<br />

Zur Erhebung der Einflussfaktoren<br />

wurde eine Fall-Kontroll-Studie durchgeführt.<br />

Das Gesamtkollektiv setzte sich zusammen<br />

aus 210 Wegeverunfallten <strong>und</strong><br />

324 Kontrollpersonen der Firma Audi AG.<br />

Die Studienteilnehmer wurden mittels<br />

eines standardisierten Interviewleitfadens<br />

telefonisch befragt. Zur Analyse potenzieller<br />

Risikofaktoren wurden logistische Regressionsanalysen<br />

berechnet.<br />

Es wurden Daten von 201 Wegeunfällen<br />

erhoben. 123 Unfälle (58,6 %) ereigneten<br />

sich auf dem Weg von der Wohnung<br />

zum Arbeitsplatz, 78 (37,1 %) auf dem Weg<br />

vom Arbeitsplatz zur Wohnung. In der Unfallgruppe<br />

wurden 176 Männer (87,6 %)<br />

<strong>und</strong> 25 Frauen befragt (12,4 %). Die befragte<br />

Kontrollgruppe umfasste 324 Personen,<br />

davon 307 Männer (94,8 %) <strong>und</strong> 17<br />

Frauen (5,2 %). Die Verunfallten waren im<br />

Durchschnitt 38,4 Jahre alt (Range: 15–58<br />

Jahre). Das Durchschnittsalter der Kontrollpersonen<br />

betrug 41,6 Jahre (Range:<br />

16–65 Jahre). Junge Beschäftigte bis 25 Jahren<br />

hatten ein erhöhtes Risiko einen Wegeunfall<br />

zu erleiden im Vergleich zu älteren<br />

Beschäftigten. Bei Angestellten konnte im<br />

Vergleich zu Arbeitern ein geringeres Wege-<br />

DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG<br />

unfallrisiko beobachtet werden. Mit einer<br />

höheren Vielseitigkeit der Tätigkeit sank<br />

das Unfallrisiko. Sowohl auf dem Hinweg<br />

als auch auf dem Rückweg hatten Fahrradfahrer<br />

<strong>und</strong> Kraftradfahrer gegenüber PKW-<br />

Nutzern ein erhöhtes Wegeunfallrisiko.<br />

Es konnten Risikogruppen wie z. B.<br />

junge Beschäftigte unter 25 Jahren, Fahrradfahrer<br />

oder Kraftradfahrer <strong>und</strong> Risikofaktoren<br />

z. B. mangelnde Vielseitigkeit der<br />

Aufgaben identifiziert werden. Auf der Basis<br />

dieser Identifizierung von Risikofaktoren<br />

von Wegeunfällen werden Präventionsvorschläge<br />

zur Minimierung des Wegeunfallrisikos<br />

erarbeitet.<br />

Unterstützung: VMBG<br />

P102<br />

Auswahlkriterien <strong>für</strong> spezielle<br />

arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />

nach § 16 GefStoffV in ges<strong>und</strong>heitsdienstlichen<br />

Einrichtungen<br />

Gabriele Halsen1 , Ute Pohrt2 1Fachbereich Gefahrstoffe <strong>und</strong> Toxikologie, Berufsgenossenschaft<br />

<strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong> Wohlfahrtspflege,<br />

Köln, 2Bereich Berufsdermatologie/Interventionsstrategien,<br />

Berufsgenossenschaft <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong> Wohlfahrtspflege,<br />

Berlin<br />

Die arbeitsmedizinische Vorsorge wurde<br />

mit der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)<br />

vom Dezember 2004 in den §§ 15,16 neu<br />

geregelt. In der betrieblichen Praxis ergeben<br />

sich sowohl <strong>für</strong> den Unternehmer als<br />

auch <strong>für</strong> den <strong>Arbeitsmedizin</strong>er viele Fragen<br />

bezüglich der Anwendung der Listen der<br />

Gefahrstoffe <strong>und</strong> Tätigkeiten nach Anhang<br />

V GefstoffV. Ziel der BGW war es daher,<br />

eine Hilfestellung bei der Auswahl spezieller<br />

arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen<br />

nach § 16 GefStoffV in ges<strong>und</strong>heitsdienstlichen<br />

Einrichtungen zu geben.<br />

Für die Kernarbeitsbereiche aus der<br />

human- <strong>und</strong> veterinärmedizinischen Versorgung<br />

wurden Untersuchungsindikation<br />

<strong>und</strong> Untersuchungsinhalt (z. B. Gr<strong>und</strong>satz)<br />

ermittelt. Die hier<strong>für</strong> erforderliche Beurteilung<br />

der Gefährdungen durch die<br />

einzelnen Tätigkeiten erfolgte anhand von<br />

existierenden Expositionsbeschreibungen<br />

sowie BGW-spezifischen Erfahrungen.<br />

Es ist ein System <strong>für</strong> die Auswahl von<br />

Beschäftigten <strong>für</strong> spezielle arbeitsmedizinische<br />

Vorsorgeuntersuchungen aus den<br />

Bereichen Krankenhaus, Altenpflege, Arzt-<br />

<strong>und</strong> Zahnarztpraxen, Apotheken inklusive<br />

assoziierter Hol-, Bringe- <strong>und</strong> Reparaturdienste<br />

sowie Veterinärmedizin entstanden.<br />

Dies umfasst Untersuchungsindikationen<br />

mit ganz wesentlicher Bedeutung, wie z. B.<br />

Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 173

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!