Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v.

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20.08.2012 Aufrufe

124 DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG VORTRÄGE Nachschichturinen gefunden. In zwei Fällen ist eine überwiegend dermale Aufnahme von flüssigem NMP wahrscheinlich. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit neueren Daten zur hohen Hautresorbierbarkeit und Gasphasenresorption des NMP. Die Ergebnisse der Re-Evaluierung zeigen, dass eine dermale Aufnahme von Gefahrstoffen auch ohne direkten Hautkontakt möglich ist und quantitativ bedeutsam sein kann. V65 Innere Belastung der Allgemeinbevölkerung gegenüber Phthalaten während der letzten zwanzig Jahre Matthias Wittassek1 , Holger Martin Koch2 , Johannes Müller1 , Lorenz Dobler3 , Christa Schröter-Kermani4 , Rolf Eckard3 , Christoph Schlüter4 , Hans Drexler1 , Jürgen Angerer1 1Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum, 3Teilbank Humanproben und Datenbank, Umweltprobenbank des Bundes, Münster, 4 , Umweltbundesamt, Dessau Phthalate sind aufgrund ihrer zahlreichen Anwendungen im Bereich des Kunststoffsektors ubiquitär vorhandenen Umweltchemikalien. Ziel unserer retrospektiven Humanbiomonitoring-Studie war es, die innere Phthalatbelastung der Allgemeinbevölkerung während der letzten zwanzig Jahre nachzuzeichnen. Es wurden 634 24-h-Sammelurine aus der Umweltprobenbank des Bundes auf Metabolite von Di-n-butylphthalat (DnBP), Di-iso-butylphthalat (DiBP), Butylbenzylphthalat (BBzP), Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) und Di-iso-nonylphthalat (DiNP) mittels online-LC/LC-MS/MS und Isotopenverdünnungsanalyse analysiert. Die Urine stammen von Studenten (308 Frauen, 326 Männer) der Universität Münster und wurden in neun Jahren (n ≥ 60) zwischen 1988 und 2003 gesammelt. Basierend auf den Konzentrationen wurden tägliche Aufnahmemengen berechnet, die auf zeitliche Trends hin untersucht wurden. In über 99 % waren Metabolite aller fünf Phthalate nachweisbar. Insgesamt lagen für DnBP 13 % der abgeschätzten Aufnahmemengen (max. 116 µg/kg/Tag) über der von der EFSA festgelegten tolerierbaren täglichen Exposition (10 µg/kg/Tag), während die für die anderen Phthalate stets unterhalb der entsprechenden Grenzwerte der EFSA lagen. Für DnBP und DEHP nahmen die Auf nahmemengen (µg/kg/Tag) zwischen 1988 Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 (Median 7,0 bzw. 3,9) und 2003 (Median 1,9 bzw. 2,4) deutlich ab. Im Gegensatz dazu wurden für DiBP leicht zunehmende Werte beobachtet (min. Median 1,0 für 1989; max. Median 1,6 für 2003). Für BBzP gab es insgesamt eine abfallende Tendenz (max. Median 0,43 für 1991; min. Median 0,20 für 1998). Für DiNP fanden wir kontinuierlich ansteigende Werte mit dem niedrigsten Median für 1988 (0,20) und dem höchsten Median für 2003 (0,40). Unsere Studienergebnisse deuten auf eine nicht unerhebliche Phthalatexposition der Allgemeinbevölkerung während der letzten zwanzig Jahre hin. Die beobachteten zeitlichen Trends dürften in direktem Zusammenhang mit Austauschprozessen seitens der Industrie stehen. In einigen Fällen lag die ermittelte tägliche DnBP Aufnahme oberhalb der als tolerierbar angesehenen Belastung. Auch wenn für die anderen Phthalate im Einzelnen keine solche Überschreitungen beobachtet wurden, müssen die jeweiligen Expositionen im Lichte von additiven endokrinen Effekten der Phthalate beurteilt werden. V66 Die Phthalatbelastung der deutschen Allgemeinbevölkerung: aktuelle Human-Biomonitoring Daten und Berechnungen der täglichen Aufnahmemenge Holger Martin Koch1 , Matthias Wittassek2 , Jürgen Angerer2 1Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum, 2Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg, In einem Kollektiv der deutschen Allgemeinbevölkerung (n = 102, gleichmäßig alters- und geschlechtsverteilt) wird anhand eines biologischen Monitorings (BM) die innere Belastung gegenüber den endokrin modulierenden Phthalaten Butylbenzylphthalat (BBzP), Di-n-butylphthalat (DnBP), Di-iso-butylphthalat (DiBP), Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) und Di-isononylphthalat (DiNP) bestimmt. Aus dieser inneren Belastung wird die tägliche Aufnahme berechnet. Zur Durchführung eines Phthalat-BMs stehen spezifische und aussagekräftige Metabolite zur Verfügung, die im Urin der Allgemeinbevölkerung bestimmt werden. Die analytische Methodik (HPLC-MSMS) wurde von uns publiziert. Die Bestimmung von Phthalatmetaboliten ist bereits Bestandteil der arbeitsmedizinisch toxikologischen Ringversuche, die im Auftrag der DGAUM durchgeführt werden. Die Berechnung der täglichen Phthalat-Aufnahmemenge erfolgt über ein etabliertes Extrapolationsmodell aus den Metabolitkonzentrationen im Urin. In nahezu allen Urinproben wurden alle untersuchten Phthalatmetabolite nachgewiesen. DEHP-Metabolite: 5OH-MEHP (Median: 13,8 µg/L, 95.Perzentil: 84,8 µg/L), 5oxo-MEHP (12,2; 65,8), 5carboxy-MEPP (21,6; 129,6), MEHP (4,1; 25,7). DINP- Metabolite: OH-MINP (2,0; 22,3), oxo- MINP (1,3; 12,3), carboxy-MINP (4,0; 33,6). DnBP-Metabolit MnBP (50,4; 300,8). DiBP-Metabolit MiBP (35,7; 135,9). BBzP- Metabolit MBzP (5,4; 32,3). Aus diesen Metabolitkonzentrationen ergeben sich folgende täglichen Aufnahmemengen: DEHP (Median: 2,7 µg/kg Körpergewicht/Tag; 95. Perzentil: 12,7 µg/kg/Tag), DiNP (0,6; 4,8), DnBP (2,1; 7,2), DiBP (1,5; 6,0) und BBzP (0,3; 1,0). Die 95. Perzentile der täglichen Aufnahmemengen der einzelnen Phthalate liegen unter den aus Tierversuchen abgeleiteten Risikogrenzwerten (z. B. TDI; „reference dose“). Die Risikogrenzwerte werden jedoch für DEHP und DnBP nahezu ausgeschöpft und von einzelnen Probanden (3 %) überschritten. Zu bedenken ist, dass diese Phthalate gleichgerichtete Wirkung ausüben. Wie die gleichzeitige Belastung durch mehrere Phthalate zu bewerten ist, ist Gegenstand weiterer Diskussionen. Ein gegenwärtiger Trend zu fallenden DEHP- und DnBP-Belastungen wird durch steigende DiNP- und DiBP-Belastungen teilweise kompensiert. V67 Phthalatmetabolite im Urin und ihre möglichen Prädiktoren aus Ernährung und Lebensgewohnheiten Anja zur Nieden1 , Holger Martin Koch2 , Nikolaos I. Stilianakis3 , Hans-Christian Schuppe4 , Jürgen Angerer5 , Thomas Eikmann1 , Caroline Herr1 1Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig- Universität, Gießen, 2Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum, 3Joint Research Centre, European Commission, Ispra, Italy, Department of Biometry and Epidemiology, University of Erlangen-Nuremberg, Erlangen, Germany, Ispra, 4Zentrum für Dermatologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität, Gießen, 5Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg Durch die Verwendung von Phthalaten in vielen Bereichen (z. B. Verpackung, Körperpflege, Medikamente oder technische Produkte) können sie als ubiquitäre Exposition

angesehen werden. Als eines der wichtigsten chemischen Produkte weltweit zeigte das Phthalat DEHP im Tierversuch entwicklungs- und reproduktionstoxische Effekte. Zur kontaminationsfreien Bestimmung der internen Phthalatexposition beim Menschen werden Metabolite des DEHP und anderer Phthalate herangezogen, die mit dem Urin ausgeschieden werden. Patienten der Andrologischen Ambulanz in Gießen wurden um freiwillige Teilnahme gebeten und ihre Daten aus Fragebogenerhebung zu Lebensumständen und Ernährungsverhalten mit den Konzentrationen von Phthalatmetaboliten im Spontanurin in Beziehung gesetzt. Das betrachtete Kollektiv strukturierte sich wie folgt: n = 306, Altersmedian = 34 Jahre; Body Mass Index (BMI): Median = 26,0 kg/m 2 . Für die Mediankonzentrationen (75 %-Perz.; 95 %-Perz.) der Metabolite ergaben sich folgende Werte (µg/l): MEHP (n = 297) 4,99 [10,85; 30,05], 5OH- MEHP (n = 306) 13,32 [26,21; 84,04], 5oxo-MEHP (n = 306) 10,20 [18,83; 66,64], 5cx-MEHP (n = 258) 16,23 [32,20; 87,94], MnBP (n = 259) 32,71 [56,70; 165,81], MiBP (n = 137) 49,65 [79,03; 166,23], 7OH-MeOP (n = 136) 4,19 [8,26; 26,58]. Von insgesamt 13 Ernährungs- bzw. Lifestyleparametern konnten mithilfe eines log-linearen statistischen Modells (n ges = 224) nach Ausschlussverfahren („backwards step“, p ≤ 0,20) folgende Prädiktoren (Angabe der jeweiligen Metabolite in Klammern, Signifikante auf 95 %-Niveau sind mit * gekennzeichnet) als relevant eingestuft werden: Getränke in Kunststoffverpackungen (Summe aus MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo- MEHP, 5cx-MEHP [DEHP4]*, MEHP, MnBP, MBzP*), Körpercreme (DEHP4*, MiBP, MnBP*, MBzP), Fruchtsaft (DEHP4*, MEHP, MnBP, MBzP), Fisch (DEHP4, MEHP, MBzP), Joghurt (DEHP4*, MEHP), Menü aus Kunststoffverpackungen (DEHP4), Blattsalat (MiBP), obst- und gemüsereiche Ernährung (MnBP), gefahrene PKW-km/Jahr (MiBP*), Raucherstatus (MEHP*), Alter (MnBP). Nach Adjustierung der Modelle auf Kreatinin blieben nur folgende Parameter negativ assoziiert mit der Phthalatexposition: Körpercreme (MiBP), Fisch (MBzP) und gefahrene PKW-km/Jahr (MiBP*). V68 Innere Belastung gegenüber Diisodecylphthalat (DiDP) durch Heißgasschweißarbeiten an PVC-Schweißbahnen Matthias Wittassek 1 , Ulrich Goergens 2 , Jens-Uwe Hahn 3 , Holger Martin Koch 4 , Johannes Müller 1 , Hans Drexler 1 , Jürgen Angerer 1 VORTRÄGE 1 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg,, 2 Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Wuppertal, 3 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA), St. Augustin, 4 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum Bei Schweißarbeiten an PVC-Materialien kann es zu einer inhalativen Aufnahme von Phthalaten kommen. Ziel dieser Studie war es, die dabei auftretende innere Belastung gegenüber dem Weichmacher Diisodecylphthalat (DiDP), ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Isodecyl-Isomeren, abzuschätzen. In einer Ausbildungswerkstatt führten Auszubildende Heißgasschweißarbeiten an PVC-Schweißbahnen, die mit DiDP weich gemacht waren (ca. 35 %), über insgesamt ca. 5 Stunden durch. Zu geringeren Anteilen waren auch Di-n-decylphthalat (DnDP) (2 %) und Diisononylphthalat (DiNP) (1 %) in dem verwendeten PVC- Material enthalten. Es wurden personenbezogene und stationäre Luftmessungen durch-geführt. Des Weiteren wurden Spontanharnproben jeweils am Vortag (Vorschicht) und zum Arbeitsende am Messtag (Nachschicht) von 16 Auszubildenden genommen. Die Urine wurden mittels online-LC/LC-MS/MS und Isotopenverdünnungsanalyse auf sekundäre DiDP- und DiNP-Metabolite (jeweils die hydroxy-, oxo- und carboxy-Monoester) untersucht. Die personenbezogenen Luftmessungen ergaben DiDP-Konzentrationen zwischen 0,8 und 3,2 mg/m³. An den stationären Messstationen wurden Werte bis 2,8 µg/m³ gemessen. Das Öffnen von Hallenfenster und -tor führte teilweise zu einer deutlichen Senkung der Luftbelastung mit DiDP. Die Werte für DnDP und DiNP waren generell deutlich niedriger (max. 0,17 mg/m³). In den Nachschichturinen waren die gemessenen Konzentrationen für die DiDP- Metabolite signifikant erhöht gegenüber den Vorschichturinen. Die Konzentrationen (µg/l) betrugen im Median 1,6 bzw. 25,2 für Mono(hydroxyisodecyl)phthalat, 0,5 bzw. 6,3 für Mono(oxoisodecyl)phtha lat und 0,8 bzw. 8,6 für Mono(carboxyison onyl)phthalat. Die Konzentrationen an den DiNP-Metaboliten waren in den Nachschichturinen leicht erhöht: 4,3 bzw. 8,4 für Mono(hydroxyisononyl)phthalat, 3,0 bzw. 4,7 für Mono(oxoisononyl)phthalat und 6,2 bzw. 9,3 für Mono(carboxyisooctyl) phthalat. Unsere Ergebnisse zeigen, dass es durch Schweißarbeiten an DiDP-haltigen PVC-Materialien zu hohen Expositionen DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG gegenüber DiDP kommen kann. Betrachtet man die Konzentrationen an DIDP- Metaboliten in den Vorschichturinen als der Hintergrundbelastung entsprechend, bedeuten die gemessenen Belastungen in Einzelfällen eine bis zu hundertfach höhere Exposition. Neurotoxizität V69 Längsschnittstudie zu Mangan-assoziierten Gesundheitsstörungen bei Beschäftigten in der Trockenbatterieherstellung Gerhard Triebig1 , Karolina Lischka1 , Andreas Ihrig1 , Wolfgang Wrazidlo2 1Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, 2Radiologische Gemeinschaftspraxis, Atos Praxisklinik, Heidelberg Im Rahmen der Längsschnittstudie sollte untersucht werden, ob die Ergebnisse zur Neurotoxizität von Mangan anlässlich der Erstuntersuchung (1995 und 1996) zu bestätigen sind. Von besonderem Interesse war die Prognose der Mangan-Einlagerungen im Gehirn. Für die Nachuntersuchung standen 33 Männer zur Verfügung, dies entspricht 69 % des früheren Kollektivs. Die Untersuchungen umfassten: Anamnese, körperlichneurologischer Status, neuropsychologische und psychomotorische Verfahren, Biomonitoring, Kernspintomographie des Kopfes zur Bestimmung des Pallidum-Index (PI). Die mittlere Mangan-Blutkonzentration beträgt 7,6 µg/l (2,4–15,9 µg/l). Sie ist signifikant geringer als bei der früheren Untersuchung (Mittelwert 12,2 µg/l, 3,9 bis 23,2 µg/l). Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund ergeben bei keinem Probanden Zeichen eines Parkinson-Syndroms. Die neuropsychologischen und psychomotorischen Befunde zeigen keine konsistenten oder biologisch plausiblen Assoziationen zur Mangan-Exposition. Die subjektiven Beschwerden korrelieren nicht mit den Expositionsparametern. Der PI liegt aktuell in der gleichen Größenordnung wie bei der Erstuntersuchung (Erstuntersuchung: 92,0 [86,0–95,0], Nachuntersuchung: 91,6 [88,8–94,6)). Der PI korreliert positiv signifikant mit dem chronischen Belastungsindex. Demgegenüber liegen keine bedeutsamen statistischen Assoziationen zwischen dem Pallidum-Index und den psychomotorischen Variablen vor. Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 125

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DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG VORTRÄGE<br />

Nachschichturinen gef<strong>und</strong>en. In zwei Fällen<br />

ist eine überwiegend dermale Aufnahme<br />

von flüssigem NMP wahrscheinlich. Dieses<br />

Ergebnis steht im Einklang mit neueren<br />

Daten zur hohen Hautresorbierbarkeit <strong>und</strong><br />

Gasphasenresorption des NMP.<br />

Die Ergebnisse der Re-Evaluierung<br />

zeigen, dass eine dermale Aufnahme von<br />

Gefahrstoffen auch ohne direkten Hautkontakt<br />

möglich ist <strong>und</strong> quantitativ bedeutsam<br />

sein kann.<br />

V65<br />

Innere Belastung der Allgemeinbevölkerung<br />

gegenüber Phthalaten<br />

während der letzten zwanzig Jahre<br />

Matthias Wittassek1 , Holger Martin Koch2 , Johannes<br />

Müller1 , Lorenz Dobler3 , Christa Schröter-Kermani4 ,<br />

Rolf Eckard3 , Christoph Schlüter4 , Hans Drexler1 , Jürgen<br />

Angerer1 1Institut <strong>und</strong> Poliklinik <strong>für</strong> Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong>,<br />

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg,<br />

2Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches<br />

Forschungsinstitut <strong>für</strong> <strong>Arbeitsmedizin</strong> (BGFA),<br />

Bochum, 3Teilbank Humanproben <strong>und</strong> Datenbank, Umweltprobenbank<br />

des B<strong>und</strong>es, Münster, 4 , Umweltb<strong>und</strong>esamt,<br />

Dessau<br />

Phthalate sind aufgr<strong>und</strong> ihrer zahlreichen<br />

Anwendungen im Bereich des Kunststoffsektors<br />

ubiquitär vorhandenen Umweltchemikalien.<br />

Ziel unserer retrospektiven<br />

Humanbiomonitoring-Studie war es, die<br />

innere Phthalatbelastung der Allgemeinbevölkerung<br />

während der letzten zwanzig<br />

Jahre nachzuzeichnen.<br />

Es wurden 634 24-h-Sammelurine aus<br />

der Umweltprobenbank des B<strong>und</strong>es auf<br />

Metabolite von Di-n-butylphthalat (DnBP),<br />

Di-iso-butylphthalat (DiBP), Butylbenzylphthalat<br />

(BBzP), Di(2-ethylhexyl)phthalat<br />

(DEHP) <strong>und</strong> Di-iso-nonylphthalat (DiNP)<br />

mittels online-LC/LC-MS/MS <strong>und</strong> Isotopenverdünnungsanalyse<br />

analysiert. Die<br />

Urine stammen von Studenten (308 Frauen,<br />

326 Männer) der Universität Münster <strong>und</strong><br />

wurden in neun Jahren (n ≥ 60) zwischen<br />

1988 <strong>und</strong> 2003 gesammelt. Basierend auf<br />

den Konzentrationen wurden tägliche Aufnahmemengen<br />

berechnet, die auf zeitliche<br />

Trends hin untersucht wurden. In über<br />

99 % waren Metabolite aller fünf Phthalate<br />

nachweisbar. Insgesamt lagen <strong>für</strong> DnBP<br />

13 % der abgeschätzten Aufnahmemengen<br />

(max. 116 µg/kg/Tag) über der von der EFSA<br />

festgelegten tolerierbaren täglichen Exposition<br />

(10 µg/kg/Tag), während die <strong>für</strong> die<br />

anderen Phthalate stets unterhalb der entsprechenden<br />

Grenzwerte der EFSA lagen.<br />

Für DnBP <strong>und</strong> DEHP nahmen die Auf<br />

nahmemengen (µg/kg/Tag) zwischen 1988<br />

Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007<br />

(Median 7,0 bzw. 3,9) <strong>und</strong> 2003 (Median<br />

1,9 bzw. 2,4) deutlich ab. Im Gegensatz<br />

dazu wurden <strong>für</strong> DiBP leicht zunehmende<br />

Werte beobachtet (min. Median 1,0 <strong>für</strong><br />

1989; max. Median 1,6 <strong>für</strong> 2003). Für BBzP<br />

gab es insgesamt eine abfallende Tendenz<br />

(max. Median 0,43 <strong>für</strong> 1991; min. Median<br />

0,20 <strong>für</strong> 1998). Für DiNP fanden wir<br />

kontinuierlich ansteigende Werte mit dem<br />

niedrigsten Median <strong>für</strong> 1988 (0,20) <strong>und</strong><br />

dem höchsten Median <strong>für</strong> 2003 (0,40).<br />

Unsere Studienergebnisse deuten auf<br />

eine nicht unerhebliche Phthalatexposition<br />

der Allgemeinbevölkerung während der<br />

letzten zwanzig Jahre hin. Die beobachteten<br />

zeitlichen Trends dürften in direktem<br />

Zusammenhang mit Austauschprozessen<br />

seitens der Industrie stehen. In einigen<br />

Fällen lag die ermittelte tägliche DnBP<br />

Aufnahme oberhalb der als tolerierbar angesehenen<br />

Belastung. Auch wenn <strong>für</strong> die<br />

anderen Phthalate im Einzelnen keine solche<br />

Überschreitungen beobachtet wurden,<br />

müssen die jeweiligen Expositionen im<br />

Lichte von additiven endokrinen Effekten<br />

der Phthalate beurteilt werden.<br />

V66<br />

Die Phthalatbelastung der deutschen<br />

Allgemeinbevölkerung:<br />

aktuelle Human-Biomonitoring Daten <strong>und</strong> Berechnungen<br />

der täglichen Aufnahmemenge<br />

Holger Martin Koch1 , Matthias Wittassek2 , Jürgen<br />

Angerer2 1Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches<br />

Forschungsinstitut <strong>für</strong> <strong>Arbeitsmedizin</strong> (BGFA),<br />

Bochum, 2Institut <strong>und</strong> Poliklinik <strong>für</strong> Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong><br />

<strong>Umweltmedizin</strong>, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-<br />

Nürnberg,<br />

In einem Kollektiv der deutschen Allgemeinbevölkerung<br />

(n = 102, gleichmäßig<br />

alters- <strong>und</strong> geschlechtsverteilt) wird anhand<br />

eines biologischen Monitorings (BM) die<br />

innere Belastung gegenüber den endokrin<br />

modulierenden Phthalaten Butylbenzylphthalat<br />

(BBzP), Di-n-butylphthalat (DnBP),<br />

Di-iso-butylphthalat (DiBP), Di(2-ethylhexyl)phthalat<br />

(DEHP) <strong>und</strong> Di-isononylphthalat<br />

(DiNP) bestimmt. Aus dieser<br />

inneren Belastung wird die tägliche Aufnahme<br />

berechnet.<br />

Zur Durchführung eines Phthalat-BMs<br />

stehen spezifische <strong>und</strong> aussagekräftige<br />

Metabolite zur Verfügung, die im Urin der<br />

Allgemeinbevölkerung bestimmt werden.<br />

Die analytische Methodik (HPLC-MSMS)<br />

wurde von uns publiziert. Die Bestimmung<br />

von Phthalatmetaboliten ist bereits<br />

Bestandteil der arbeitsmedizinisch toxikologischen<br />

Ringversuche, die im Auftrag<br />

der DGAUM durchgeführt werden. Die<br />

Berechnung der täglichen Phthalat-Aufnahmemenge<br />

erfolgt über ein etabliertes<br />

Extrapolationsmodell aus den Metabolitkonzentrationen<br />

im Urin.<br />

In nahezu allen Urinproben wurden alle<br />

untersuchten Phthalatmetabolite nachgewiesen.<br />

DEHP-Metabolite: 5OH-MEHP (Median:<br />

13,8 µg/L, 95.Perzentil: 84,8 µg/L),<br />

5oxo-MEHP (12,2; 65,8), 5carboxy-MEPP<br />

(21,6; 129,6), MEHP (4,1; 25,7). DINP-<br />

Metabolite: OH-MINP (2,0; 22,3), oxo-<br />

MINP (1,3; 12,3), carboxy-MINP (4,0;<br />

33,6). DnBP-Metabolit MnBP (50,4; 300,8).<br />

DiBP-Metabolit MiBP (35,7; 135,9). BBzP-<br />

Metabolit MBzP (5,4; 32,3). Aus diesen<br />

Metabolitkonzentrationen ergeben sich folgende<br />

täglichen Aufnahmemengen: DEHP<br />

(Median: 2,7 µg/kg Körpergewicht/Tag;<br />

95. Perzentil: 12,7 µg/kg/Tag), DiNP (0,6;<br />

4,8), DnBP (2,1; 7,2), DiBP (1,5; 6,0) <strong>und</strong><br />

BBzP (0,3; 1,0).<br />

Die 95. Perzentile der täglichen Aufnahmemengen<br />

der einzelnen Phthalate<br />

liegen unter den aus Tierversuchen abgeleiteten<br />

Risikogrenzwerten (z. B. TDI; „reference<br />

dose“). Die Risikogrenzwerte werden<br />

jedoch <strong>für</strong> DEHP <strong>und</strong> DnBP nahezu<br />

ausgeschöpft <strong>und</strong> von einzelnen Probanden<br />

(3 %) überschritten. Zu bedenken ist, dass<br />

diese Phthalate gleichgerichtete Wirkung<br />

ausüben. Wie die gleichzeitige Belastung<br />

durch mehrere Phthalate zu bewerten ist,<br />

ist Gegenstand weiterer Diskussionen. Ein<br />

gegenwärtiger Trend zu fallenden DEHP-<br />

<strong>und</strong> DnBP-Belastungen wird durch steigende<br />

DiNP- <strong>und</strong> DiBP-Belastungen teilweise<br />

kompensiert.<br />

V67<br />

Phthalatmetabolite im Urin <strong>und</strong><br />

ihre möglichen Prädiktoren aus<br />

Ernährung <strong>und</strong> Lebensgewohnheiten<br />

Anja zur Nieden1 , Holger Martin Koch2 , Nikolaos I.<br />

Stilianakis3 , Hans-Christian Schuppe4 , Jürgen Angerer5 ,<br />

Thomas Eikmann1 , Caroline Herr1 1Institut <strong>für</strong> Hygiene <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong>, Justus-Liebig-<br />

Universität, Gießen, 2Institut der Ruhr-Universität Bochum,<br />

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut <strong>für</strong> <strong>Arbeitsmedizin</strong><br />

(BGFA), Bochum, 3Joint Research Centre, European<br />

Commission, Ispra, Italy, Department of Biometry and<br />

Epidemiology, University of Erlangen-Nuremberg, Erlangen,<br />

Germany, Ispra, 4Zentrum <strong>für</strong> Dermatologie <strong>und</strong> Andrologie,<br />

Justus-Liebig-Universität, Gießen, 5Institut <strong>und</strong> Poliklinik <strong>für</strong><br />

Arbeits-, Sozial- <strong>und</strong> <strong>Umweltmedizin</strong>, Friedrich-Alexander-<br />

Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Durch die Verwendung von Phthalaten in<br />

vielen Bereichen (z. B. Verpackung, Körperpflege,<br />

Medikamente oder technische Produkte)<br />

können sie als ubiquitäre Exposition

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