Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v.

Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v. Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.v.

20.08.2012 Aufrufe

122 DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG VORTRÄGE vierten chinoiden Form oxidiert, und sog. Kuppler (z. B. m-Aminophenole, m-Hydroxyphenole), mit denen das aktive Intermediat reagiert. Diese Reaktion findet in der Haarmatrix statt, so dass sich der gebildete Farbstoff nicht mehr auswaschen lässt. Die potenzielle Belastung des Friseurs durch freie aromatische Amine ist abhängig von der quantitativen Zusammensetzung des Gemisches und von der Einwirkungszeit. Seit den 1980er Jahren wurden verwendete aromatische Amine auf ihre Gentoxizität untersucht, und zuvor benutzte gentoxische Stoffe wurden dann nicht mehr verwendet. Toxikokinetische Untersuchungen mit modernen oxidativen Haarfarben wurden sowohl an toxikologischen Modellen, als auch unter beruflichen Gebrauchsbedingungen durchgeführt. p-Phenylendiamin wird beim Durchtritt durch die menschliche Haut größtenteils durch Acetylierung (NAT1) inaktiviert. Unter Beachtung heute üblicher Schutzmaßnahmen ist die Resorption sehr niedrig: In einer experimentellen Studie an Friseuren konnten wir lediglich eine maximale Exposition von 0,33 Mikrogramm p-Phenylendiamin pro kg Körpergewicht feststellen. Die vorliegenden epidemiologischen Studien sind insgesamt uneinheitlich. Während frühere Studien zum Harnblasenkrebs oft eine Überrepresentation von im Friseurberuf Tätigen ausweisen, ist dies bei der Mehrzahl der neueren Studien nicht der Fall. Insgesamt ist zu schließen, dass der heute übliche Gebrauch von Haarfarben kein nennenwertes Risiko darstellt. Dies gilt jedoch nicht für frühere Tätigkeiten, etwa bis zu Beginn der 1980er Jahre. V60 Prospektive Kohortenstudie bei Risikopersonen zur Früherkennung von Harnblasenkarzinomen mittels urinbasierter Tumormarker Gabriele Leng1 , Martin Pelster2 , Michael Nasterlack3 , Bernd Scheuermann3 , Friedhelm Eberle4 , Dirk Taeger5 , Beate Pesch5 , Georg Johnen5 , Heike Stockmann5 , Thomas Brüning5 , Feil Gerhard6 , Marcus Horstmann6 , Joachim Päulgen6 , Arnulf Stenzl6 , Harald Wellhäußer7 1SUA-GHA-GSS, Institut für Biomonitoring, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG, Leverkusen, 2SUA-GHA, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG, Leverkusen, 3GOA/C, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 4Abteilung Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 5Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum, 6Klinik für Urologie, Eberhard- Karls-Universität, Tübingen, 7Fachreferat Arbeitsmedizin, Bereich Prävention, Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie, Heidelberg Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 In der Vergangenheit wurden nichtinvasive Diagnosemarker entwickelt, deren Wertigkeit für die Früherkennung von Harnblasenkarzinomen bislang nicht ausreichend in prospektiven Studien untersucht wurde. In einer Längsschnittstudie mit Risikopersonen soll daher der Vorhersagewert FDAzertifizierter und neuer Tumormarker zur Früherkennung des Harnblasenkarzinoms ermittet werden. Die prospektive Studie (Laufzeit: 01.09.2003 bis 01.09.2009) wird im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen gemäß BG-Grundsatz G33 durchgeführt. Insgesamt 1800 ehemalige Chemiearbeiter, die gegenüber krebserzeugenden aromatischen Aminen exponiert waren, werden jährlich zu einer Untersuchung bei BASF oder BAYER eingeladen. Von dort werden Urinproben an die Urologie der Universität Tübingen zur Bestimmung von Zytologie, NMP22 (Nukleäres Matrixprotein 22) und UroVysion (chromosomale Aberrationen) und an das BGFA zur Bestimmung von Survivin (Apoptosemarker) gesendet. BAYER bestimmt zusätzlich NMP22 mit BladderCheck. Bei positiven Befunden für Zytologie, NMP22 bzw. UroVysion wird eine Zystoskopie empfohlen. Erhebungs- und Expositionsfragebögen zur Aufstellung einer Job-Expositionsmatrix werden am BGFA in einer Datenbank erfasst. Bis 30.09.2006 haben 1416 Personen mindestens einmal teilgenommen. Insgesamt wurden 2935 Urinproben gewonnen und auf Zytologie, NMP22, UroVysion und Survivin untersucht. Bis-her wurden fünf Blasenkarzinome und ein Harnblasenpapillom aufgrund positiver Tumormarker entdeckt (4 mit NMP 22, 2 mit UroVysion + Zytologie). Drei Karzinome wurden dagegen im Zwischenintervall diagnostiziert, für die die Marker keine Hinweise gaben. Für NMP22 und UroVysion waren 83 bzw. 11 Befunde positiv. Bei 3 Patienten waren der UroVysion-Test und die Zytologie positiv. Für Survivin ergaben sich 58 positive Befunde, wobei zwei dieser Proben von entdeckten Tumorpatienten stammten. Aus Begleitbefunden können Rückschlüsse auf vermutlich falsch-positive Befunde gezogen werden. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Multimarker- Panel zu einer besseren Früherkennung führt, da die eingesetzten Marker nur eine geringe Korrelation aufweisen. Damit kann die Sensitivität der Früherkennung möglicherweise verbessert werden. Die Studie wird durch HVBG, Abbott GmbH&Co. KG und FDI gefördert. V61 Kläranlage Kohortenstudie zur Krebshäufigkeit bei Beschäftigten in einer Michael Nasterlack1 , Peter Messerer2 , Dirk Pallapies3 , Marvin Gerald Ott4 , Andreas Zober5 1 2 GOA/C, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, GOA/CE, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 3GOA/CP, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 4Epidemiology, BASF Corporation, Rockaway, 5GOA, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen Es war zu beurteilen, ob in der Kläranlage der BASF-Aktiengesellschaft Ludwigshafen Krebserkrankungen vermehrt auftreten. In einer Kohortenstudie wurden 477 Personen, die jemals ein Jahr oder länger in diesem Bereich beschäftigt waren, angeschrieben und nach aufgetretenen Krebserkrankungen befragt. Bei verstorbenen Mitarbeitern wurden die nächsten Angehörigen kontaktiert. Alle genannten Erkrankungsfälle wurden nach erfolgter Schweigepflichtentbindung durch Einsicht in Originalbefunde verifiziert. Relative Krankheitsrisiken wurden durch Vergleich mit den Daten des Saarländischen Krebsregisters als „standardized incidence ratio“ (SIR) für die Krebsarten berechnet, von denen mindestens 5 Fälle in der Gesamtgruppe aufgetreten waren. Insgesamt wurden 50 bösartige Neubildungen beobachtet (SIR 1,14; CI 0,85– 1,71). Die SIR für Krebse des Dickdarms, der Lunge und Bronchien, der Haut und der Prostata lagen zumeist um 1 und waren statistisch nicht signifikant. Lediglich bei Blasenkrebs fand sich eine stärker erhöhte SIR von 2,7 mit einem Konfidenzintervall (CI) von 0,74–6,93. Bei der weiteren Analyse zeigte sich das Blasenkrebsrisiko vorwiegend auf die Mitarbeiter in der Klärschlammbehandlung begrenzt, so dass hier ein auf diese Gruppe bezogenes statistisch signifikant erhöhtes Risiko resultierte (SIR 6,82; CI 1,86–17,46). In mehreren Kohortenstudien wurden geringfügig erhöhte Risiken für „alle Krebserkrankungen“ bei Beschäftigten in Kläranlagen gefunden. Blasenkrebs trat in keiner dieser Studien gehäuft auf. Im einzelnen wurden erhöhte Risiken für Krebserkrankungen von Leber, Kehlkopf, Magen, Prostata und Nasennebenhöhlen beschrieben. Für keine dieser Krebsarten findet sich ein erhöhtes Risiko in unserer Studie. Es kann vor diesem Hintergrund nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, ob es sich bei den vorgefundenen Blasenkrebsfällen um eine zufällige Häufung gleichartiger Krankheitsfälle handelt. Den Mitarbeitern werden künftig Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Harnblasenkrebs

angeboten. Das Krebsgeschehen in dieser Kohorte wird nach fünf Jahren unter Einbeziehung zwischenzeitlicher Neuerkrankungen erneut ausgewertet werden. V62 Berufliche Expositionen gegenüber endokrin wirksamen Chemikalien und Tumoren des extrahepatischen Gallensystems Wolfgang Ahrens1 , Chinara Mambetova2 1Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung, Bremer Institut für Prävention und Sozialmedizin, Bremen, 2Tashkent Research Institute of Haematology and Transfusiology, sowie die Europäische RareCancer Studiengruppe, Taschkent Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Tumoren des extrahepatischen Gallensystems (EBT) und beruflichen Expositionen gegenüber endokrinen Disruptoren (ED) bei Männern. 183 Fälle mit histologisch gesicherten Tumoren des EBT und 1938 gematchte Kontrollen (1421 Populations-, 517 Kolonkarzinomkontrollen) wurden zwischen 1995 und 1997 anhand eines standardisierten Fragebogens interviewt. Sofern eine Indexperson verstorben war, wurde ein Angehöriger interviewt. Die Daten wurden im Rahmen einer internationalen multizentrischen Fall-Kontroll-Studie in sechs europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden, Spanien) erhoben. Angaben aus den Berufsbeschreibungen wurden in Quantifizierungsvariablen (Intensität, Wahrscheinlichkeit und Dauer der Exposition) für 14 EDs umgesetzt. Odds Ratios (OR) und 95 % Konfidenzintervalle (KI) wurden durch ungebundene logistische Regression ermittelt. Es wurde für Alter, Land und Gallensteinerkrankung adjustiert. Berufliche Exposition gegenüber der Gesamtheit aller erfassten EDs ergab ein OR von 1,4 (KI 0,9–2,1) mit einer inkonsistenten Dosisbeziehung der kumulierten Exposition (niedrig: OR 1,2; KI 0,6–2,3; mittel: OR 1,8; KI 1,0–3,4; hoch: OR 1,5; KI 0,9–2,7) bei Indexinterviewten. Das adjustierte OR für Tumoren des EBT gegenüber PCB-Expositionen war 2,3 (KI 1,1–4,8; nur Indexinterviewte). Keiner der anderen betrachteten EDs zeigte eine ähnliche Assoziation mit Tumoren des EBT. Unsere Ergebnisse zeigen keinen überzeugenden Zusammenhang zwischen beruflichen ED-Expositionen und Tumoren der EBT. Unter den untersuchten Stoffen mit endokrin disruptiver Wirkung stellen PCBs möglicherweise einen starken Risikofaktor dar. Biomonitoring II V63 VORTRÄGE Erfassung der toxischen Gefährdung durch Hautkontakt mittels Biomonitorings am Beispiel aromatischer Amine Thomas Göen1 , Manfred Heppner2 , Lars Lüersen1 , Tobias Weiß3 , Jürgen Angerer1 , Hans Drexler1 , Gintautas Korinth1 1Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2 3 Gebäude 54, Betriebsärztlicher Dienst Lübeck, Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum Der Beurteilung einer toxischen Gefährdung durch Hautkontakt kommt in der Prävention eine große Bedeutung zu. In der neu verfassten TRGS 401 ist das Biomonitoring als einziges quantitatives Verfahren zur Beurteilung der Gefährdung durch hautresorptive Stoffe erwähnt. Ziel unserer Forschungsarbeiten war es, bei Beschäftigten mit beruflichem Kontakt zu aromatischen Aminen die Leistungsfähigkeit des Biomonitorings mit Blick auf die Beurteilung der Gefährdung durch die dermale Aufnahme der kanzerogenen Arbeitsstoffe zu ermitteln. In die Studie wurden 17 männliche Beschäftigte (Alter: 32–53 Jahre), die bei der Herstellung von Gummidichtungsmaterialien für Kfz-Motoren gegenüber Anilin und o-Toluidin exponiert waren, eingeschlossen. Die Beschäftigen wurden hinsichtlich der Hautbelastung und -beanspruchung untersucht und über die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen befragt. Die innere Belastung mit Anilin und o-Toluidin wurde durch die Bestimmung der Amine im Nachschichturin quantifiziert. Darüber hinaus fand bei 13 Personen eine personengebundene Luftmessung statt. Aus den Biomonitoring- und den Luftmessergebnissen wurden die Werte der Relativen Inneren Belastung (RIB) berechnet. Die Schichtmittelwerte der personengebundenen Luftmessungen reichten von 0,9–46,1 µg/m 3 für o-Toluidin und 0,4–62,7 µg/m 3 für Anilin. Beim Biomonitoring wurden zwischen 0,3–25,0 µg/l für o-Toluidin in Urin und 1,7–22,5 µg/l für Anilin in Urin gemessen. Der RIB-Index wurde mit Werten von 0,1–9,4 µg/l/µg/m 3 und 0,1–18,5 µg/l/µg/m 3 bestimmt. Dabei wiesen Beschäftigte, die einen mittleren Verschmutzungsgrad der Hände aufwiesen, im Vergleich zu Personen mit geringen Verschmutzungen sowohl für Anilin als auch für o-Toluidin zum Teil deutlich höhere RIB-Werte auf. Tendenziell höhere DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG Stoffaufnahmen (RIB) wiesen für beide Stoffe Personen mit erythematöser Haut der Hände und für o-Toluidin auch der Unterarme auf. Mittels des Biomonitorings konnte eine höhere innere Belastung bei Personen mit ausgeprägter Verschmutzung der Haut durch Arbeitsstoffe sowie die höhere dermale Stoffaufnahme durch erythematöse Haut quantifiziert werden. Unsere Ergebnisse bestätigen damit den Stellenwert des Biomonitorings bei der Beurteilung toxischer Gefährdungen durch Hautkontakt. V64 Quantitative Untersuchungen zur Bedeutung einer dermalen Gefahrstoffaufnahme am Beispiel des N-Methyl-2-pyrrolidons (NMP) Michael Bader, Wolfgang Rosenberger, Thomas Rebe, Renate Wrbitzky Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover NMP ist ein aprotisches Lösemittel für eine Vielzahl von Kunststoffen, Epoxidharzen und Klebern. Aufgrund neuerer Erkenntnisse zur Korrelation zwischen äußerer und innerer Belastung erfolgte eine Re-Evaluierung der Ergebnisse einer Feldstudie zur NMP-Exposition in der Klebstoffherstellung zur Quantifizierung einer dermalen Resorption aus Kondensat und Gasphase. Insgesamt 7 Arbeitnehmer, die mit der Reinigung von Mischkesseln oder der Einrichtung von Rührwerken für Klebstoffe beschäftigt waren, sowie 3 Untersucher wurden hinsichtlich ihrer äußeren und inneren Belastung mit NMP nach der Arbeitsschicht untersucht. Die Bestimmung von Schichtmittelwerten erfolgte durch eine personenbezogene aktive Probenahme. Als Biomarker wurden NMP und dessen Metabolite 5-Hydroxy-N-methyl-2-pyrrolidon (5-HNMP) und 2-Hydroxy-N-methylsuccinimid (2- HMSI) im Urin mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie untersucht. Die mittlere Belastung durch NMP in der Luft am Arbeitsplatz betrug zwischen 0,9 und 15,5 mg/m 3 (MAK-Wert: 82 mg/m 3 ). Die höchsten Expositionen wurden im Bereich der manuellen Kesselreinigung gefunden. Die Konzentrationen des NMP (Bereich: < 10–711 µg/l) und des 5- HNMP (Bereich: 3,6–124 mg/g Kreatinin) im Nachschichturin lagen signifikant höher, als dies nach aktuellen Untersuchungen zur Korrelation zwischen äußerer und innerer Belastung zu erwarten gewesen wäre. 2-HMSI wurde aufgrund der langen Halbwertszeit dieses Parameters nur in vier Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007 123

122<br />

DGAUM – 47. JAHRESTAGUNG VORTRÄGE<br />

vierten chinoiden Form oxidiert, <strong>und</strong> sog.<br />

Kuppler (z. B. m-Aminophenole, m-Hydroxyphenole),<br />

mit denen das aktive Intermediat<br />

reagiert. Diese Reaktion findet in<br />

der Haarmatrix statt, so dass sich der gebildete<br />

Farbstoff nicht mehr auswaschen lässt.<br />

Die potenzielle Belastung des Friseurs durch<br />

freie aromatische Amine ist abhängig von<br />

der quantitativen Zusammensetzung des<br />

Gemisches <strong>und</strong> von der Einwirkungszeit.<br />

Seit den 1980er Jahren wurden verwendete<br />

aromatische Amine auf ihre Gentoxizität<br />

untersucht, <strong>und</strong> zuvor benutzte gentoxische<br />

Stoffe wurden dann nicht mehr verwendet.<br />

Toxikokinetische Untersuchungen mit<br />

modernen oxidativen Haarfarben wurden<br />

sowohl an toxikologischen Modellen, als<br />

auch unter beruflichen Gebrauchsbedingungen<br />

durchgeführt. p-Phenylendiamin<br />

wird beim Durchtritt durch die menschliche<br />

Haut größtenteils durch Acetylierung<br />

(NAT1) inaktiviert. Unter Beachtung heute<br />

üblicher Schutzmaßnahmen ist die Resorption<br />

sehr niedrig: In einer experimentellen<br />

Studie an Friseuren konnten wir lediglich<br />

eine maximale Exposition von 0,33 Mikrogramm<br />

p-Phenylendiamin pro kg Körpergewicht<br />

feststellen.<br />

Die vorliegenden epidemiologischen<br />

Studien sind insgesamt uneinheitlich. Während<br />

frühere Studien zum Harnblasenkrebs<br />

oft eine Überrepresentation von im<br />

Friseurberuf Tätigen ausweisen, ist dies bei<br />

der Mehrzahl der neueren Studien nicht<br />

der Fall. Insgesamt ist zu schließen, dass der<br />

heute übliche Gebrauch von Haarfarben<br />

kein nennenwertes Risiko darstellt. Dies<br />

gilt jedoch nicht <strong>für</strong> frühere Tätigkeiten,<br />

etwa bis zu Beginn der 1980er Jahre.<br />

V60<br />

Prospektive Kohortenstudie bei<br />

Risikopersonen zur Früherkennung<br />

von Harnblasenkarzinomen mittels urinbasierter<br />

Tumormarker<br />

Gabriele Leng1 , Martin Pelster2 , Michael Nasterlack3 ,<br />

Bernd Scheuermann3 , Friedhelm Eberle4 , Dirk Taeger5 ,<br />

Beate Pesch5 , Georg Johnen5 , Heike Stockmann5 ,<br />

Thomas Brüning5 , Feil Gerhard6 , Marcus Horstmann6 ,<br />

Joachim Päulgen6 , Arnulf Stenzl6 , Harald Wellhäußer7 1SUA-GHA-GSS, Institut <strong>für</strong> Biomonitoring, Bayer Industry<br />

Services GmbH&Co.OHG, Leverkusen, 2SUA-GHA, Bayer<br />

Industry Services GmbH&Co.OHG, Leverkusen, 3GOA/C, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 4Abteilung <strong>Arbeitsmedizin</strong><br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz, BASF Aktiengesellschaft,<br />

Ludwigshafen, 5Institut der Ruhr-Universität Bochum,<br />

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut <strong>für</strong> <strong>Arbeitsmedizin</strong><br />

(BGFA), Bochum, 6Klinik <strong>für</strong> Urologie, Eberhard-<br />

Karls-Universität, Tübingen, 7Fachreferat <strong>Arbeitsmedizin</strong>,<br />

Bereich Prävention, Berufsgenossenschaft der chemischen<br />

Industrie, Heidelberg<br />

Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 42, 3, 2007<br />

In der Vergangenheit wurden nichtinvasive<br />

Diagnosemarker entwickelt, deren Wertigkeit<br />

<strong>für</strong> die Früherkennung von Harnblasenkarzinomen<br />

bislang nicht ausreichend in<br />

prospektiven Studien untersucht wurde.<br />

In einer Längsschnittstudie mit Risikopersonen<br />

soll daher der Vorhersagewert FDAzertifizierter<br />

<strong>und</strong> neuer Tumormarker zur<br />

Früherkennung des Harnblasenkarzinoms<br />

ermittet werden.<br />

Die prospektive Studie (Laufzeit:<br />

01.09.2003 bis 01.09.2009) wird im Rahmen<br />

arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen<br />

gemäß BG-Gr<strong>und</strong>satz G33<br />

durchgeführt. Insgesamt 1800 ehemalige<br />

Chemiearbeiter, die gegenüber krebserzeugenden<br />

aromatischen Aminen exponiert<br />

waren, werden jährlich zu einer Untersuchung<br />

bei BASF oder BAYER eingeladen.<br />

Von dort werden Urinproben an die<br />

Urologie der Universität Tübingen zur Bestimmung<br />

von Zytologie, NMP22 (Nukleäres<br />

Matrixprotein 22) <strong>und</strong> UroVysion<br />

(chromosomale Aberrationen) <strong>und</strong> an das<br />

BGFA zur Bestimmung von Survivin (Apoptosemarker)<br />

gesendet. BAYER bestimmt<br />

zusätzlich NMP22 mit BladderCheck. Bei<br />

positiven Bef<strong>und</strong>en <strong>für</strong> Zytologie, NMP22<br />

bzw. UroVysion wird eine Zystoskopie<br />

empfohlen. Erhebungs- <strong>und</strong> Expositionsfragebögen<br />

zur Aufstellung einer Job-Expositionsmatrix<br />

werden am BGFA in einer<br />

Datenbank erfasst.<br />

Bis 30.09.2006 haben 1416 Personen<br />

mindestens einmal teilgenommen. Insgesamt<br />

wurden 2935 Urinproben gewonnen<br />

<strong>und</strong> auf Zytologie, NMP22, UroVysion<br />

<strong>und</strong> Survivin untersucht. Bis-her wurden<br />

fünf Blasenkarzinome <strong>und</strong> ein Harnblasenpapillom<br />

aufgr<strong>und</strong> positiver Tumormarker<br />

entdeckt (4 mit NMP 22, 2 mit UroVysion<br />

+ Zytologie). Drei Karzinome wurden dagegen<br />

im Zwischenintervall diagnostiziert,<br />

<strong>für</strong> die die Marker keine Hinweise gaben.<br />

Für NMP22 <strong>und</strong> UroVysion waren 83 bzw.<br />

11 Bef<strong>und</strong>e positiv. Bei 3 Patienten waren<br />

der UroVysion-Test <strong>und</strong> die Zytologie positiv.<br />

Für Survivin ergaben sich 58 positive<br />

Bef<strong>und</strong>e, wobei zwei dieser Proben von entdeckten<br />

Tumorpatienten stammten.<br />

Aus Begleitbef<strong>und</strong>en können Rückschlüsse<br />

auf vermutlich falsch-positive<br />

Bef<strong>und</strong>e gezogen werden. Erste Ergebnisse<br />

weisen darauf hin, dass ein Multimarker-<br />

Panel zu einer besseren Früherkennung<br />

führt, da die eingesetzten Marker nur eine<br />

geringe Korrelation aufweisen. Damit kann<br />

die Sensitivität der Früherkennung möglicherweise<br />

verbessert werden.<br />

Die Studie wird durch HVBG, Abbott<br />

GmbH&Co. KG <strong>und</strong> FDI gefördert.<br />

V61<br />

Kläranlage<br />

Kohortenstudie zur Krebshäufigkeit<br />

bei Beschäftigten in einer<br />

Michael Nasterlack1 , Peter Messerer2 , Dirk Pallapies3 ,<br />

Marvin Gerald Ott4 , Andreas Zober5 1 2 GOA/C, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, GOA/CE,<br />

BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 3GOA/CP, BASF<br />

Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, 4Epidemiology, BASF<br />

Corporation, Rockaway, 5GOA, BASF Aktiengesellschaft,<br />

Ludwigshafen<br />

Es war zu beurteilen, ob in der Kläranlage<br />

der BASF-Aktiengesellschaft Ludwigshafen<br />

Krebserkrankungen vermehrt auftreten.<br />

In einer Kohortenstudie wurden 477<br />

Personen, die jemals ein Jahr oder länger<br />

in diesem Bereich beschäftigt waren, angeschrieben<br />

<strong>und</strong> nach aufgetretenen Krebserkrankungen<br />

befragt. Bei verstorbenen Mitarbeitern<br />

wurden die nächsten Angehörigen<br />

kontaktiert. Alle genannten Erkrankungsfälle<br />

wurden nach erfolgter Schweigepflichtentbindung<br />

durch Einsicht in Originalbef<strong>und</strong>e<br />

verifiziert. Relative Krankheitsrisiken<br />

wurden durch Vergleich mit den Daten des<br />

Saarländischen Krebsregisters als „standardized<br />

incidence ratio“ (SIR) <strong>für</strong> die Krebsarten<br />

berechnet, von denen mindestens 5 Fälle<br />

in der Gesamtgruppe aufgetreten waren.<br />

Insgesamt wurden 50 bösartige Neubildungen<br />

beobachtet (SIR 1,14; CI 0,85–<br />

1,71). Die SIR <strong>für</strong> Krebse des Dickdarms,<br />

der Lunge <strong>und</strong> Bronchien, der Haut <strong>und</strong><br />

der Prostata lagen zumeist um 1 <strong>und</strong> waren<br />

statistisch nicht signifikant. Lediglich bei<br />

Blasenkrebs fand sich eine stärker erhöhte<br />

SIR von 2,7 mit einem Konfidenzintervall<br />

(CI) von 0,74–6,93. Bei der weiteren<br />

Analyse zeigte sich das Blasenkrebsrisiko<br />

vorwiegend auf die Mitarbeiter in der Klärschlammbehandlung<br />

begrenzt, so dass hier<br />

ein auf diese Gruppe bezogenes statistisch<br />

signifikant erhöhtes Risiko resultierte (SIR<br />

6,82; CI 1,86–17,46).<br />

In mehreren Kohortenstudien wurden<br />

geringfügig erhöhte Risiken <strong>für</strong> „alle Krebserkrankungen“<br />

bei Beschäftigten in Kläranlagen<br />

gef<strong>und</strong>en. Blasenkrebs trat in keiner<br />

dieser Studien gehäuft auf. Im einzelnen<br />

wurden erhöhte Risiken <strong>für</strong> Krebserkrankungen<br />

von Leber, Kehlkopf, Magen, Prostata<br />

<strong>und</strong> Nasennebenhöhlen beschrieben.<br />

Für keine dieser Krebsarten findet sich ein<br />

erhöhtes Risiko in unserer Studie. Es kann<br />

vor diesem Hintergr<strong>und</strong> nicht mit ausreichender<br />

Sicherheit beurteilt werden, ob es<br />

sich bei den vorgef<strong>und</strong>enen Blasenkrebsfällen<br />

um eine zufällige Häufung gleichartiger<br />

Krankheitsfälle handelt. Den Mitarbeitern<br />

werden künftig Vorsorgeuntersuchungen<br />

zur Früherkennung von Harnblasenkrebs

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!