KOORDINIERTER SANITÄTSDIENST SERVICE SANITAIRE ...
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<strong>KOORDINIERTER</strong> <strong>SANITÄTSDIENST</strong><br />
Informationsschrift über den KSD in der Schweiz<br />
<strong>SERVICE</strong> <strong>SANITAIRE</strong> COORDONNÉ<br />
Bulletin d’information sur le SSC en Suisse<br />
SERVIZIO SANITARIO COORDINATO<br />
Bollettino d’informazione sul SSC in Svizzera<br />
SRMDM<br />
Das Heft im Heft:<br />
Publikationsorgan<br />
der SGOS<br />
in der Mitte.<br />
H<br />
Kritische Infrastrukturen<br />
Infrastructures critiques<br />
Infrastrutture critiche
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Geschäftsstelle<br />
Koordinierter Sanitätsdienst (KSD)<br />
Worblentalstrasse 36<br />
CH-3063 Ittigen<br />
Telefon 031 324 28 42<br />
Fax 031 324 27 44<br />
E-Mail: info-ksd@vtg.admin.ch<br />
www.ksd-ssc.ch<br />
Redaktionskommission<br />
Esther Bärtschi,<br />
Geschäftsstelle KSD, Ittigen<br />
(Vorsitz und Redaktion)<br />
Prof. Dr. med. Sergei Bankoul, Itti gen<br />
Franco Bianchi, Agra<br />
Ursula Jobin,<br />
Romanel-sur-Lausanne<br />
Bruno Messerli, Geschäftsstelle KSD,<br />
Ittigen (Red ak tion)<br />
Dr. med. Stefan Müller, Zürich<br />
Peter Nauck, Zürich<br />
Dr. med. Thomas Syburra, Sion<br />
Dr. med. Mathias Zürcher, Basel<br />
Übersetzungen<br />
Jérôme Benoit<br />
2502 Bienne<br />
032 338 20 01<br />
info@transversal.ch<br />
Yve Delaquis<br />
Sprecherstrasse 5<br />
8032 Zürich<br />
044 364 64 64<br />
yve.delaquis@caralingua.com<br />
Auflage<br />
2’000 Exemplare (Print)<br />
7’000 Exemplare (PDF)<br />
Erscheinungsweise<br />
Zweimal jährlich (29. Jahrgang)<br />
Titelbild<br />
Zentrum elektronische Medien ZEM,<br />
3003 Bern<br />
Redaktionsschluss<br />
2/11 «Neue Technologien in der<br />
Medizin»:<br />
15. Juli 2011<br />
Redaktioneller Hinweis zur<br />
sprachlichen Gleichberechtigung:<br />
Wird aus Gründen der Lesbarkeit nur<br />
die männliche Form verwendet,<br />
sind Frauen ebenso angesprochen.<br />
ISSN 1660-9514
Inhalt<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
3 Editorial<br />
4 Sichergestellte Lebensmittelbelieferung auch im Pandemiefall<br />
8 Fernwärmeausfall im Inselspital – ein spitalkritisches Szenario<br />
11 Wasserversorgung in Notlagen:<br />
Trinkwasser – Lebensnotwendiges Produkt der Natur<br />
15 Vulnerabilität im hoch sensiblen Umfeld der<br />
Einsatzleitzentralen von Schutz & Rettung Zürich<br />
19 In questo numero...<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
20 Editorial<br />
21 Statuscheck der Kritischen Infrastrukturen im Krankenhaus durch<br />
Risikoanalysen<br />
26 Elektronische Kommunikation im Krisenfall<br />
34 Grenzen des Alltags in der Dritten Welt:<br />
Die Sonne «erweitert» den Horizont<br />
40 Schweiz:<br />
Gastland für den NATO/PfP-Workshop «Aeromedical Evacuation»<br />
43 Nachbericht zum Erdbeben in Haiti<br />
47 Mitteilungen des Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft<br />
der Offiziere der Sanitätstruppen<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
48 Editorial<br />
49 Comment assurer l’approvisionnement en denrées alimentaires en cas<br />
de pandémie également<br />
53 Panne du système de chauffage à distance à l’Hôpital de l’Ile – un<br />
scénario à risque pour un hôpital<br />
56 Approvisionnement en eau dans les situations de crise:<br />
L’eau potable, un produit naturel vital<br />
60 De la vulnérabilité des centrales d’intervention<br />
de Protection & Sauvetage Zurich<br />
INFO<br />
64 Agenda<br />
65 Neues von der Schweiz. Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin<br />
(SGNOR)<br />
66 Unermüdlicher Einsatz für den KSD und das IES<br />
69 Der neue Chef der Geschäftsstelle KSD stellt sich vor<br />
70 Vorbereitung und «Public Health»-Massnahmen zur<br />
Pockenbekämpfung nach bioterroristischen Anschlägen<br />
75 Weiterentwicklung der betrieblichen Pandemiepläne nach Bewältigung<br />
der pandemischen Grippe A/H1N1<br />
79 6. Refresher des Vereins Alumni CEFOCA-SFG<br />
80 Engagement incessant pour le SSC et le SII<br />
83 Le nouveau directeur du Bureau du SSC se présente<br />
84 Préparatifs et mesures en matière de santé publique de lutte contre la<br />
variole après des attaques bioterroristes<br />
1
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Kritische Infrastrukturen sind die Lebensadern der<br />
modernen Gesellschaft. Sie sichern unsere Versorgung<br />
mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen<br />
wie Energie, Nahrung oder Kommunikation.<br />
Auch das Gesundheitswesen leistet einen zentralen Beitrag zu unserer Sicherheit,<br />
sei es im Alltag oder bei Grossereignissen. Es ist denn auch einer von zehn in der<br />
Schweiz als kritisch eingestuften Infrastruktursektoren. Im Zentrum stehen dabei<br />
die Bereiche Ärztliche Betreuung und Spitäler, Labors sowie die Versorgung mit<br />
pharmazeutischen Produkten.<br />
Auch der Bundesrat hat seit längerem erkannt, welche Bedeutung der Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen (SKI) heute haben muss: Mit seiner SKI-Grundstrategie<br />
vom Juni 2009 hat er den Auftrag erteilt, sowohl die Widerstandsfähigkeit (Resilienz)<br />
von Kritischen Infrastrukturen als auch diejenige von Staat, Wirtschaft und<br />
Bevölkerung zu verbessern. Unter der koordinierenden Führung durch das Bundesamt<br />
für Bevölkerungsschutz (BABS) und in enger Zusammenarbeit mit den<br />
fachlich zuständigen Stellen laufen zurzeit vielfältige Arbeiten zur Umsetzung dieser<br />
Zielsetzung.<br />
So wird derzeit ein Inventar der Kritischen Infrastrukturen erstellt, das als Planungs-<br />
und Priorisierungsgrundlage auf den Stufen Bund, Kantone und Betreiber dient.<br />
Im Bereich des Gesundheitswesens stehen wir unmittelbar vor Beginn der Arbeiten.<br />
Wir dürfen auch hier wichtige und gute Ergebnisse erwarten, zumal sich das<br />
BABS auf die langjährige bewährte Zusammenarbeit mit dem Koordinierten Sanitätsdienst<br />
(KSD) abstützen kann. In einer späteren Phase wird es darum gehen,<br />
das hohe Schutzniveau im Gesundheitswesen durch umfassende Schutzkonzepte<br />
weiter zu verbessern. Ein Schlüssel dazu liegt insbesondere in der Koordination<br />
der verschiedenen Kritischen Infrastrukturen: Auch das Gesundheitswesen ist<br />
seinerseits auf andere Kritische Infrastrukturen angewiesen – insbesondere die<br />
Versorgung mit Energie.<br />
Die vorliegende Ausgabe der Informationsschrift KSD unterstreicht deshalb die<br />
Notwendigkeit, diese Abhängigkeiten bei der Planung von Massnahmen zu berücksichtigen.<br />
Die folgenden Beiträge sollen dabei auch das Verständnis für die<br />
vielfältigen Herausforderungen im Zusammenhang mit Kritischen Infrastrukturen<br />
fördern.<br />
Ich wünsche Ihnen eine anregende und interessante Lektüre.<br />
Willi Scholl<br />
Direktor Bundesamt für Bevölkerungsschutz<br />
Willi Scholl<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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4<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
Sichergestellte Lebensmittelbelieferung<br />
auch im Pandemiefall<br />
Peter Mollenkopf, Scana Lebensmittel AG, Leiter Logistik, Althardstrasse 195, 8105 Regensdorf, peter.mollenkopf@scana.ch<br />
Key Words: Lebensmittelbelieferung, Pandemie,<br />
Spitäler<br />
Beim Ausbruch einer Pandemie werden<br />
vorgängig minutiöse Planungen<br />
und währenddessen situationsgerechte<br />
Information, Kommunikation<br />
und Massnahmen notwendig. Die<br />
Sicherstellung der Belieferung von<br />
Spitälern und Heimen mit einem<br />
Grundangebot von Dienstleistungen<br />
und Lebensmitteln hat permanent<br />
oberste Priorität. Auch im Notfall mit<br />
einer hohen Abwesenheitsquote der<br />
Arbeitskräfte kann das Kerngeschäft<br />
gewährleistet werden. Aufgrund<br />
zeitweiliger Verhaltensänderung im<br />
gesellschaftlichen Leben und daraus<br />
resultierend der Meidung von<br />
Gastronomiebetrieben, sowie durch<br />
eine Einschränkung des Sortiments,<br />
reduziert sich gleichermassen der<br />
interne Aufwand für die Erbringung<br />
der Dienstleistungen für andere<br />
Kundensegmente. Zentrale Aufgabe<br />
bei der Bewältigung einer Pandemie<br />
bildet die Planung der personellen<br />
Ressourcen sowie die Analyse und<br />
Identifikation der internen Schlüsselpositionen<br />
und -funktionen sowie<br />
der notwendigen Massnahmen,<br />
diese Funktionen zu schützen und<br />
sicherzustellen.<br />
Im Fall einer Grippe-Pandemie tritt ein<br />
neuartiges Grippevirus auf. Die Pandemie<br />
verläuft meistens in zwei bis<br />
drei Wellen von etwa zwölf Wochen.<br />
Der Grossteil der Menschen ist ansteckungsgefährdet,<br />
aber nicht alle werden<br />
infiziert oder gar krank. Im vom<br />
Bundesamt für Gesundheit (BAG)<br />
skizzierten Szenario ist bei einer Grippe-Pandemie<br />
davon auszugehen,<br />
dass 25 Prozent der Arbeitskräfte<br />
während fünf bis acht Tagen erkranken<br />
und deshalb am Arbeitsplatz ausfallen.<br />
Der effektive Ausfall an Arbeits-<br />
kräften kann jedoch höher sein, da<br />
das Personal beispielsweise wegen<br />
Betreuungsaufgaben zu Hause ausfällt<br />
oder aus Angst vor Ansteckungen<br />
nicht am Arbeitsplatz erscheint. Eine<br />
Abwesenheitsquote von gegen 40<br />
Prozent der Beschäftigten während<br />
zwei Wochen ist daher möglich. Bei<br />
einer Pandemie ist demzufolge insbesondere<br />
mit extremen Personalengpässen<br />
über eine gewisse Zeitdauer<br />
zu rechnen. Darin unterscheidet sich<br />
die Pandemieplanung von vorhandenen<br />
Notfallplänen, welche üblicherweise<br />
von einmaligen kurzzeitigen Ereignissen<br />
ausgehen.<br />
Im nachfolgenden Bericht wird die Situation<br />
und das Verhalten der Firma<br />
Scana Lebensmittel AG erläutert, die<br />
als Grosshändler in der gesamten<br />
Schweiz tätig ist und sich auf die Belieferung<br />
von Gastronomiebetrieben, Hotels,<br />
Heimen und Spitäler usw. mit Lebensmitteln<br />
und Non-Food-Artikeln<br />
fokussiert.<br />
Die Grundlage für sämtliche Massnahmen<br />
im Vorfeld sowie Entscheidungen<br />
und Umsetzungen während einem allfälligen<br />
Influenza-Pandemiefall bildet<br />
der Plan der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO). Zudem basieren die entsprechenden<br />
Massnahmen, Informationen<br />
und Kommunikation auf die<br />
Konzernvorgaben des Migros-Genossenschaftsbundes,<br />
zu welchem die<br />
Firma Scana gehört.<br />
Personalplanung<br />
Eine der zentralsten Aufgaben, die es<br />
im Vorfeld zu bewältigen gilt, ist die Sicherstellung<br />
der Schlüsselaufgaben<br />
und Gewährleistung der Kerndienstleistungen<br />
eines Logistikunternehmens<br />
durch die minutiöse Planung der personellen<br />
Ressourcen.<br />
Das Unternehmen erbringt für seine<br />
Kunden eine Vielzahl von Dienstleistungen.<br />
Auf einen Teil dieser Leistungen ist<br />
die Bevölkerung gerade in Krisensituationen<br />
angewiesen. Erstes Ziel des Unternehmens<br />
im Falle einer Grippe-Pandemie<br />
muss sein, die Erbringung dieser<br />
notwendigen Leistungen möglichst<br />
(lange) aufrecht zu erhalten. Bei einem<br />
Teil dieser Dienstleistungen wird sich<br />
die Nachfrage im Pandemiefall voraussichtlich<br />
sogar erhöhen.<br />
Die Leistungen der übrigen Aufgabenbereiche<br />
können im Pandemiefall reduziert<br />
oder gar eingestellt werden. Aber<br />
auch in den prioritären Aufgabenbereichen<br />
können im Pandemiefall allenfalls<br />
einzelne Teilleistungen gestrichen oder<br />
nur in reduziertem Umfang erbracht<br />
werden. Wichtig ist die Aufrechterhal-<br />
Scana Lebensmittel AG<br />
Scana ist seit 1943 im Zustellgrosshandel<br />
tätig mit schweizweiter<br />
Abdeckung sämtlicher<br />
Marktleistungen und umfassender<br />
Dienstleistungspartner<br />
für institutionelle Betriebe wie<br />
Spitäler, Kliniken, Heime, Residenzen<br />
sowie für Restaurants<br />
und Hotels. Dabei dreht sich alles<br />
um Lebensmittel und Non-<br />
Food-Artikel für den Küchen-,<br />
Kiosk- und Hauswirtschaftsbereich.<br />
Die Tochter des Migros-Genossenschaftsbundes<br />
mit seinen<br />
220 Mitarbeitenden verfügt<br />
über ein Sortiment von über<br />
8’000 Artikeln, über zwei eigene<br />
Logistikzentren in Regensdorf<br />
und Neuendorf sowie fünf<br />
Warenumschlagszentren in Aclens,<br />
Conthey, Landquart, Thun<br />
und San Antonino.
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Tab. 1: Analyse der Organisationseinheiten und Aufgabenbereiche für die Personalplanung<br />
tung des Kerngeschäfts bzw. die Erbringung<br />
der Schlüsselaufgaben.<br />
Zu berücksichtigen sind auch unternehmensinterne<br />
Aufgabenbereiche wie<br />
die Informatik, die nicht zu den eigentlichen<br />
Kerngeschäften zählt, jedoch für<br />
das Erbringen der Dienstleistungen<br />
unabdingbar sind und stets gewährleistet<br />
werden müssen.<br />
Die betriebliche Pandemieplanung erfordert<br />
eine genaue Analyse der einzelnen<br />
innerbetrieblichen Funktionen und<br />
Prozesse. Dabei stellen sich folgende<br />
Fragen:<br />
Welches sind die Aufgaben und Leistungen,<br />
auf die in keinem Fall verzichtet<br />
werden kann?<br />
Welches sind Schlüsselfunktionen<br />
und Personen bei der Erbringung<br />
notwendiger Leistungen?<br />
Auf welche Leistungen kann während<br />
einer gewissen Zeit (eine bis vier<br />
Wochen) verzichtet werden?<br />
Welche Aufgaben können während<br />
einer gewissen Zeit (eine bis vier Wochen)<br />
teilweise oder ganz von zu<br />
Hause verrichtet werden?<br />
Welche Aufgaben und Funktionen<br />
sind zwingend standortabhängig?<br />
Bei welchen Aufgaben und Funktionen<br />
steht die zuständige Person<br />
zwingend im direkten Kontakt mit<br />
Kunden oder anderen externen Personen?<br />
Bei welchen Aufgaben und Leistungen<br />
besteht eine Abhängigkeit von<br />
Partnern?<br />
Wie sind die Stellvertretungen geregelt?<br />
Im Fokus steht im Besonderen der Bestell-<br />
und Auftragsprozess, da im Krisenfall<br />
nur dieser Hauptprozess unterstützt<br />
und alle intern zur Verfügung<br />
stehenden Ressourcen aufgewendet<br />
werden, um diesen Prozess zu sichern.<br />
Die Scana Lebensmittel AG ist in ihrer<br />
Funktion als Dienstleister und Drehscheibe<br />
besonders gefordert und gefährdet.<br />
In der Krise muss mit einem<br />
unkoordinierten Verhalten der Kunden<br />
und Lieferanten gerechnet werden.<br />
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6<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
Beide Märkte sind gleichermassen von<br />
der Krise betroffen und stehen auch<br />
den gleichen Ressourcenengpässen<br />
und den daraus entstehenden Organisations-<br />
und Ablaufproblemen gegenüber.<br />
Mögliche Folgen davon können<br />
Hamsterkäufe, Terminuntreue, Lieferprobleme<br />
und nicht Verfügbarkeit der<br />
Waren sein.<br />
Die Tab. 1 stellt einen ersten Schritt einer<br />
Analyse auf Stufe Aufgabenbereich/Organisationseinheit<br />
dar. Sämtliche Organisationseinheiten<br />
– wie Beschaffung,<br />
Verkauf, Marketing, Personal, Finanzen,<br />
aber auch Logistik – und deren jeweiligen<br />
Aufgabenbereiche werden aufgeführt,<br />
analysiert und bewertet.<br />
Aus dieser Analyse geht unter anderem<br />
hervor, wer in den einzelnen Organisationseinheiten<br />
als so genannte «Schlüsselposition»<br />
Funktionen ausübt, die für<br />
die Aufrechterhaltung des Betriebs<br />
unverzichtbar sind. Zum Schutz dieser<br />
Personen und zur Sicherstellung dieser<br />
Funktionen sind daher besondere<br />
Massnahmen zu berücksichtigen, wie<br />
Abb. 1: Logistikplattformen der Firma Scana<br />
etwa strikte Anwendung von präventiven<br />
und hygienischen Massnahmen,<br />
die Prüfung und eventuelle Einrichtung<br />
von Isolationsmöglichkeiten und die<br />
mehrfache Stellvertretungsregelung.<br />
Die Stellvertretungsregelung wird für<br />
alle wichtigen Leistungen innerhalb der<br />
Firma Scana sichergestellt. Ebenso<br />
werden für Personen aus weniger relevanten<br />
Organisationseinheiten Crash-<br />
Kurse durchgeführt, um mittels dieser<br />
Personen Engpässe in Abteilungen wie<br />
z. B. dem Bestellbüro oder der Logistik<br />
entgegenwirken zu können. Für den<br />
Fall, dass die Anzahl der Erkrankungen<br />
von Chauffeuren die Dienstleistung der<br />
Warenzustellung verhindert, werden<br />
Vereinbarungen mit externen Logistikpartnern<br />
getroffen, wodurch auf deren<br />
personellen Ressourcen im Notfall zurückgegriffen<br />
werden können.<br />
Eine Pandemieausbreitung in der<br />
Schweiz kann sich regional unterschiedlich<br />
schnell und stark ausbreiten.<br />
Aufgrund der fünf eigenen Logistikplattformen<br />
können bei überproportio-<br />
nalem Ausfall von Arbeitskräften in einem<br />
Landesbereich Fachpersonen aus<br />
einem anderen abgezogen werden<br />
(Abb. 1).<br />
Um die gegenseitige Ansteckung innerhalb<br />
der Firma möglichst zu vermeiden,<br />
ist eine Prüfung durchzuführen, ob Aufgabenbereiche<br />
von Personen gänzlich<br />
von zu Hause aus übernommen werden<br />
können. Hierfür müssen in einem<br />
frühen Stadium der Pandemie die technologischen<br />
Voraussetzungen bei den<br />
jeweiligen Personen geschaffen werden.<br />
Planung und Massnahmen auf<br />
Seiten des Beschaffungsmarkts<br />
Zusätzlich zum eigenen internen Pandemieplan<br />
finden im Vorfeld einer Pandemie<br />
Absprachen mit den Herstellerfirmen<br />
statt, wobei deren Planungen<br />
ebenfalls analysiert und mit den eigenen<br />
abgestimmt werden. Ebenso gilt<br />
es zu berücksichtigen, externe Speditionsfirmen,<br />
die für den Transport vom<br />
Hersteller zur Firma Scana zuständig<br />
sind, gleichermassen zu involvieren.<br />
Persönliche Kontakte zu Lieferantenfirmen<br />
werden im Falle einer Pandemie<br />
möglichst vermieden, die Kommunikation<br />
wird auf die Medien Telefon und<br />
E-Mail limitiert. Die Einhaltung eines<br />
Abstands von mindestens einem Meter<br />
von Person zu Person gilt es zu wahren<br />
innerhalb der gesamten Unternehmung,<br />
insbesondere aber auch einerseits<br />
unter den eigenen Chauffeuren,<br />
andererseits auch im Kontakt mit externen<br />
Chauffeuren bei der Warenanlieferung.<br />
Während der höchsten Pandemiestufe<br />
der WHO wird das Ziel verfolgt, den<br />
Bedarf der Kunden insbesondere im<br />
Bereich von Grundnahrungsmitteln
stets abdecken zu können. Die Vorräte<br />
an Molkereiprodukten, Öl, Konserven<br />
und weiteren Trockenprodukten werden<br />
im Vorfeld hochgefahren. Mögliche<br />
Nachlieferungen werden auf dem Beschaffungsmarkt<br />
sichergestellt. Alternative<br />
Lieferanten im Falle von Engpässen<br />
einzelner Produkte werden geprüft.<br />
Planung und Massnahmen auf<br />
Seiten des Absatzmarkts<br />
Bei einer möglichen Erkrankung von 30<br />
Prozent der Schweizer Bevölkerung<br />
während einer Pandemiewelle von vier<br />
Wochen rechnet die Firma Scana mit<br />
einem Einbruch auf dem Absatzmarkt<br />
von gegen 60 Prozent. Das gesellschaftliche<br />
Leben findet nicht mehr im<br />
gewohnten Rahmen statt. Es kann davon<br />
ausgegangen werden, dass der<br />
Besuch von und der Konsum in Gastronomiebetrieben<br />
wie Restaurants,<br />
öffentlichen Kantinen, Bars, aber auch<br />
Hotels, welche eine grosse Anzahl des<br />
Kundenportfolios ausmachen, aufgrund<br />
der hohen Ansteckungsgefahr<br />
gemieden wird.<br />
Dadurch entsteht eine zwischenzeitlich<br />
starke Verschiebung des Absatzmarkts.<br />
Darüber hinaus gilt die oberste<br />
Priorität, institutionelle Betriebe wie<br />
Spitäler und Heime mit den Dienstleistungen<br />
der Scana fortwährend abdecken<br />
zu können.<br />
Die jeweiligen Pandemieplanungen der<br />
Scana sowie von Spitälern und Heimen<br />
werden abgesprochen und aufeinander<br />
ausgerichtet. Der ständige Dialog in<br />
sämtlichen Phasen der Pandemie bewirkt<br />
eine Transparenz in Bezug auf<br />
den Bedarf seitens des Kunden und<br />
das Dienstleistungsangebot seitens<br />
der Scana. Eine eingeschränkte Menü-<br />
und Verpflegungsplanung in den Institutionen<br />
deckt sich mit der Fokussie-<br />
rung auf ein Grundsortiment bei Scana.<br />
Ein allfälliger Bedarf der Erhöhung der<br />
Lieferfrequenz kann durch die Aufwandsreduktion<br />
für andere Kundensegmente<br />
kompensiert werden.<br />
Um die grippale Ansteckung zu minimieren,<br />
wird auf Besuche durch Kundenberater<br />
wenn immer möglich verzichtet<br />
und die Bestellmöglichkeiten<br />
reduziert. Neben Bestellungen per Telefon<br />
und Fax liegt der Fokus beim<br />
Online-Shop.<br />
Erfahrungswerte und Fazit<br />
Die Erfahrungen der vorwiegend im<br />
Jahr 2009 grassierenden pandemischen<br />
Grippe zeigten, dass trotz enorm<br />
schneller Steigerung der ausgerufenen<br />
Pandemiephasen, und der zeitweilig<br />
höchsten Phase, mit Ausnahme von<br />
Gesichtsschutzmasken und Desinfektionsmitteln<br />
keine Hamsterkäufe auftraten.<br />
Dadurch war auch keine übermässig<br />
erhöhte Einkaufstätigkeit auf dem<br />
Beschaffungsmarkt notwendig.<br />
Im Falle einer möglichen, weniger<br />
glimpflich verlaufenden Pandemie und<br />
einer hohen Abwesenheitsquote der<br />
internen personellen Ressourcen wird<br />
die Aufrechterhaltung der Kerndienstleistungen<br />
durch eine vorgängig umfassende<br />
Personalplanung, der gemeinsamen<br />
Pandemieplanungsabstimmung<br />
auf Lieferanten- und Kundenseite, der<br />
Fokussierung auf ein Basisangebot und<br />
aufgrund der temporären Verkleinerung<br />
der Absatzmarktgrösse sichergestellt<br />
werden können.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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Fernwärmeausfall im Inselspital – ein spitalkritisches<br />
Szenario<br />
Hans-Peter Aebischer, Bereichsleiter Technik + Sicherheit, Direktion Betrieb Inselspital Bern, Personalhaus 6 Büro G05, 3010 Bern,<br />
hans-peter.aebischer@insel.ch<br />
Key Words: Versorgungs- und Betriebssicherheit,<br />
Fernwärmeversorgung, Fernwärmeausfall<br />
Die Fernwärmeversorgung im Spital<br />
ist mit vielen Primär- und Sekundärprozessen<br />
verbunden. Ein<br />
Fernwärmeausfall zieht daher eine<br />
tief greifende Beeinträchtigung der<br />
Grundversorgung sowie zeitkritische<br />
Sekundärauswirkungen auf<br />
die Kernprozesse des Spitals nach<br />
sich. Der Versorgungs- und Betriebssicherheit<br />
ist von Anfang an<br />
besondere Beachtung zu schenken,<br />
damit Sicherheit und Qualität im<br />
Universitätsspital jederzeit gewährleistet<br />
werden können. Schwachstellen<br />
eines Versorgungssystems<br />
können durch den Einsatz von redundanten<br />
Systemen verringert werden.<br />
Eine gute Alarmorganisation<br />
und aktualisierte Massnahmenpläne<br />
ermöglichen eine rasche Störungsbehebung.<br />
Bei einem grösseren<br />
Zwischenfall müssen die Entscheidungsträger<br />
zeit- und stufengerecht<br />
eskalieren und die notwendigen<br />
Massnahmen einleiten.<br />
Das Inselspital ist als eines der bedeutendsten<br />
Universitätsspitäler der<br />
Schweiz ein Aushängeschild des<br />
Kantons Bern. Seit 1354 ist es ein<br />
bedeutender Integrationsfaktor und in<br />
der Bevölkerung – wie kaum ein anderes<br />
Unternehmen – verwurzelt<br />
(Abb. 1).<br />
Die Attraktivität auf dem Gesundheitsmarkt<br />
ist gross, die Dienstleistungen<br />
werden geschätzt. Rund<br />
7’000 Mitarbeitende leisten täglich ihr<br />
Bestes in der «Gesundheitsstadt» Inselspital,<br />
damit jährlich über 220’000<br />
Patienten die bestmögliche Medizin,<br />
Pflege und individuelle Betreuung erhalten.<br />
Bedeutung der<br />
Fernwärmeversorgung im Spital<br />
Die Fernwärmeversorgung im Spital<br />
bezieht sich nicht nur auf das Heizen<br />
von Räumen, sondern ist mit vielen verschiedenen<br />
Primär- und Sekundärprozessen<br />
verbunden. Der Ausfall der<br />
Fernwärme bedeutet eine tief greifende<br />
Beeinträchtigung in der Grundversorgung<br />
eines Spitals. Davon können Heizung,<br />
Warmwasser, Dampferzeugung<br />
und Klimatisierung (Lüftung, Kühlung)<br />
betroffen sein.<br />
Daraus ergeben sich zeitkritische Sekundärauswirkungen<br />
auf die Kernprozesse<br />
im Spitalbetrieb. Betroffen wären<br />
bei einem Fernwärmeausfall der OP-<br />
Betrieb, die Sterilisation, die pharmazeutische<br />
Produktion, die Küchen sowie<br />
die Serverräume mit weiteren<br />
Folgen. Die Aufrechterhaltung des Spitalbetriebs<br />
wäre dann ernsthaft gefährdet.<br />
Abb. 1: Areal des Inselspitals<br />
Vorbeugende Massnahmen zur<br />
Minimierung des Risikos<br />
«Fernwärmeausfall»<br />
Für den Bereich Technik + Sicherheit im<br />
Inselspital Bern lautet somit die zentrale<br />
Frage: «Wie kann das Risiko eines<br />
Fernwärmausfalls vermieden beziehungsweise<br />
auf ein vertretbares Minimum<br />
reduziert werden?». Ein Ansatz ist<br />
die Herabsetzung der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
und des Schweregrades<br />
der Auswirkungen eines Fernwärmeausfalls.<br />
Dazu werden im Inselspital<br />
verschiedene Vorkehrungen getroffen.<br />
Um das Risiko zu vermindern, müssen<br />
die Schwachstellen des betroffenen<br />
Systems bekannt sein. Durch eine Risikoanalyse,<br />
in der verschiedene Szenarien<br />
durchgespielt werden, können<br />
sowohl auslösende Faktoren als auch<br />
Auswirkungen eines Fernwärmeausfalls<br />
identifiziert werden. Aufgrund dieser<br />
Bewertung werden entsprechende<br />
vorbeugende Massnahmen definiert.
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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Abb. 2: Heisswasserversorgung: die KVA-Leitungen sind schwarz eingezeichnet. Die Zahlen markieren die drei redundanten Einspeisungen.<br />
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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
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Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit<br />
im Ereignisfall setzt das Inselspital<br />
auf so genannte «redundante Systeme».<br />
Im Fall der Fernwärmeversorgung<br />
erfolgt die Einspeisung von drei verschiedenen<br />
Leitungen. Beim Ausfall<br />
einer Leitung können die anderen die<br />
volle Leistung abdecken.<br />
Voraussetzung für den Erfolg redundanter<br />
Versorgungssysteme ist eine<br />
durchgängige Redundanz von der<br />
Produktion – im Fall des Inselspitals<br />
die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA)<br />
– bis zum Verbraucher. In der KVA wird<br />
die Produktion sichergestellt, indem<br />
mehrere Heizkessel und unterschiedliche<br />
Brennstoffe eingesetzt werden.<br />
Ausserdem verfügt die KVA über verschiedene<br />
Ausgangsleitungen und<br />
redundante Druckerhöhungspumpen.<br />
Zudem ist die Stromversorgung durch<br />
Notstromaggregate abgesichert.<br />
Der Risikominderung dient ebenfalls<br />
die enge Zusammenarbeit zwischen<br />
der KVA und dem Inselspital. Bei einem<br />
Zwischenfall in der KVA wird dem Inselspital<br />
eine prioritäre Versorgung garantiert.<br />
Ebenfalls wichtige Vorkehrungen sind<br />
eine gute Alarmorganisation und aktualisierte<br />
Massnahmenpläne, um die<br />
Versorgung im Ereignisfall schnellstmöglich<br />
wieder herzustellen. Wichtig<br />
ist auch das Informationskonzept, mit<br />
dem die betroffenen Nutzer rechtzeitig<br />
in Kenntnis gesetzt werden können.<br />
Tritt ein kurzzeitiger Fernwärmeausfall<br />
im Inselspital ein, ermöglichen die<br />
durchgängige Alarmierung und die rasche<br />
Intervention des 24-Stunden-<br />
Bereitschaftsdienstes die Behebung<br />
des Unterbruchs in kürzester Zeit.<br />
Dank des stufengerechten Informationskonzepts<br />
der Alarmorganisation<br />
werden die vom Fernwärmeausfall betroffenen<br />
Einheiten im Inselspital umgehend<br />
über die Störung informiert. Die<br />
Nutzer können so ihrerseits Massnahmen<br />
einleiten.<br />
Vorgehensweise bei einem<br />
Fernwärmeausfall<br />
Bei einem längeren Fernwärmeausfall<br />
wird das Netz durch ein Lastenmanagement<br />
zusätzlich entlastet.<br />
Kann der Unterbruch der Fernwärme<br />
nicht innert nützlicher Frist behoben<br />
werden, müssen die Entscheidungsträger<br />
zeit- und stufengerecht Massnahmen<br />
auslösen.<br />
Bei längerem Unterbruch (was durch<br />
die vorhergehenden Massnahmen<br />
grundsätzlich zu vermeiden ist) tritt der<br />
KATAPLAN (Katastrophen-Organisation<br />
im Inselspital) in Kraft, da der Spitalbetrieb<br />
so stark beeinträchtigt würde,<br />
dass er nicht aufrecht erhalten werden<br />
kann.<br />
In diesem Fall müssten kritische Patienten<br />
eventuell in andere Spitäler verlegt<br />
oder ganze Abteilungen evakuiert<br />
werden. Die Kommunikation gegen<br />
aussen würde durch den Mediensprecher<br />
übernommen.<br />
Im Spital kann ein Fernwärmeausfall in<br />
kurzer Zeit zu grossen Problemen führen.<br />
Daher sind Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
und Auswirkungen eines solchen<br />
Vorfalls mit geeigneten Vorkehrungen<br />
zu reduzieren.<br />
Schlussfolgerung<br />
Bei einem Zwischenfall muss fachkompetentes<br />
Personal die Störung so rasch<br />
wie möglich beseitigen. Der Versor-<br />
gungs- und Betriebssicherheit ist von<br />
Anfang an besondere Beachtung zu<br />
schenken, damit Sicherheit und Qualität<br />
im Universitätsspital jederzeit gewährleistet<br />
werden können.
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Wasserversorgung in Notlagen:<br />
Trinkwasser – Lebensnotwendiges Produkt der Natur<br />
Markus Biner, Technischer Berater, Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfaches (SVGW), Grütlistrasse 44, Postfach 2110, 8027 Zürich,<br />
m.biner@svgw.ch<br />
Key Words: Trinkwasser, Lebensmittel,<br />
Schweiz<br />
Trinkwasser ist ein unentbehrliches<br />
Lebensmittel, das durch nichts zu<br />
ersetzen ist. Es ist aber nicht nur<br />
ein Lebensmittel, sondern, was immer<br />
mehr in Vergessenheit gerät,<br />
auch die Basis für die Hygiene sowie<br />
Rohstoff für die Produktion von<br />
Gütern. In unserem wasserreichen<br />
Land wird Trinkwasser zudem zur<br />
Brandbekämpfung eingesetzt. Beinahe<br />
alle der 7,6 Millionen Einwohner<br />
der Schweiz sind an eine moderne<br />
zentrale Wasserversorgung<br />
angeschlossen. Lediglich im Jura,<br />
in den Voralpen und im Alpengebiet<br />
sind Einzelversorgungen anzutreffen.<br />
In der Schweiz werden durch die rund<br />
3’000 Wasserversorgungen unterschiedlicher<br />
Grösse und Rechtsform<br />
jährlich rund eine Milliarde Kubikmeter<br />
Trinkwasser gefördert. Diese Menge<br />
entspricht dem Inhalt des Bielersees.<br />
Dass es ein wasserreiches Land ist,<br />
zeigt die Tatsache, dass die Milliarde<br />
Kubikmeter lediglich zwei Prozent der<br />
jährlichen Niederschläge darstellen. 40<br />
Prozent der Wassergewinnung stammen<br />
von Quellen, 40 Prozent ist Grund-<br />
und 20 Prozent Seewasser. Der durchschnittliche<br />
Tagesverbrauch beträgt<br />
rund 350 Liter pro Einwohner. Allein im<br />
Haushalt benötigen wir 160 Liter Trinkwasser<br />
pro Einwohner und Tag. Diese<br />
Menge entspricht dem Inhalt von zehn<br />
Harassen Mineralwasser. Obwohl wir<br />
das Trinkwasser jederzeit (Tag und<br />
Nacht) ins Haus geliefert bekommen,<br />
zahlen wir im schweizerischen Durchschnitt<br />
lediglich 30 Rappen zur Deckung<br />
unseres täglichen Bedarfs.<br />
http://www.svgw.ch<br />
Zur längerfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung<br />
müssen unsere<br />
Grundwasservor kommen verantwortungsvoll<br />
bewirtschaftet werden und<br />
den bestmöglichen Schutz erhalten.<br />
Das Gewässerschutzgesetz vom 24.<br />
Januar 1991, mit den darauf abgestützten<br />
Verordnungen, die Stoffverordnung<br />
vom 9. Juni 1986 und die<br />
Störfallverordnung vom 27. Februar<br />
1991 bilden hierfür die rechtlichen<br />
Grundlagen. Die frühzeitigen Gewässerschutzmassnahmen,<br />
die fortlaufend<br />
verbessert wurden, bilden eine wesentliche<br />
Voraussetzung für die hohe Qualität<br />
der Wasserreserven. Lediglich 30<br />
Prozent des Trinkwasserbedarfs werden<br />
in der Schweiz mehrstufig aufbereitet.<br />
Dabei handelt es sich mehrheitlich<br />
um Seewasser, das in der Regel mit<br />
klassischen Verfahren, also mit Schnellfiltern,<br />
aufbereitet wird.<br />
Die Wasserversorgung – ein<br />
lebensmittelverarbeitendes<br />
Unternehmen<br />
Die Deckung des grossen Trinkwasserbedarfs<br />
moderner Gesellschaften ist<br />
ohne zentrale Wasserversorgungen gar<br />
nicht möglich. Sie bilden daher eine notwendige<br />
Voraussetzung für eine gesunde,<br />
gesellschaftliche, wirtschaftliche und<br />
soziale Entwicklung. In der Schweiz ist<br />
die Versorgung der Bevölkerung mit<br />
Trinkwasser eine öffentliche Aufgabe, für<br />
welche die Kantone zuständig sind. Diese<br />
wiederum haben diese Aufgabe in<br />
der Regel an die Gemeinden delegiert.<br />
Entsprechend zeichnet sich die Wasserversorgungsstruktur<br />
in der Schweiz<br />
durch eine grosse Zahl von Versorgungen<br />
mit einer geringen Anzahl von versorgten<br />
Einwohnern aus. Grundsätzlich<br />
sind Wasserversorgungen Unternehmen,<br />
die über einen Kundenkreis verfügen,<br />
dem sie das Lebensmittel «Trinkwasser»<br />
liefern. Das Unternehmen<br />
verfügt über Anlagen, Apparate und<br />
Einrichtungen. Gemäss Lebensmittelgesetzgebung<br />
müssen diese nach den<br />
anerkannten Regeln der Technik eingerichtet,<br />
betrieben, erweitert oder abgeändert<br />
werden. Die Einhaltung derselben<br />
wird durch die Befolgung des<br />
Regelwerks der Fachverbände wie des<br />
Schweizerischen Vereins des Gas- und<br />
Wasserfaches (SVGW) erreicht.<br />
Überdies sind die Inhaber der Anlagen,<br />
Apparate und Einrichtungen verpflichtet,<br />
diese durch entsprechend ausgebildete<br />
Personen regelmässig überwachen<br />
und unterhalten zu lassen.<br />
Jeder Betrieb, der Lebensmittel herstellt,<br />
behandelt oder abgibt, muss im<br />
Rahmen seiner Tätigkeit dafür sorgen,<br />
dass die Waren den gesetzlichen Anforderungen<br />
entsprechen.<br />
Die Wasserversorgung – ein<br />
organisatorisch und technisch<br />
sicher funktionierender Betrieb<br />
Die grosse soziale und wirtschaftliche<br />
Bedeutung einer gesicherten Wasserversorgung<br />
und die weit reichenden<br />
Erwartungen der Konsumenten haben<br />
erfreulicherweise dazu geführt, dass<br />
heute in der Schweiz die Sicherheitsanforderungen<br />
an die Wasserversorgung<br />
allgemein sehr hoch sind.<br />
Bei der Überprüfung und Beurteilung<br />
möglicher Schwachpunkte in einer<br />
Wasserversorgung gilt es zu beachten,<br />
dass in der Schweiz qualitative Probleme<br />
generell kritischer sind als quantitative.<br />
Durch schlechte Wasserqualität<br />
können hierzulande Menschen gefährdet<br />
oder zumindest leicht in Panik versetzt<br />
werden.<br />
Wasserinfrastrukturen sind mehr oder<br />
weniger zentralistisch organisierte<br />
11
12<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
Strukturen. Generell kann gesagt werden:<br />
je zentraler ein Element im System<br />
positioniert ist, umso grösser ist<br />
sein Einfluss auf das gesamte System.<br />
Solche zentralen Elemente sind Wasserfassungen<br />
und Förderungsanlagen,<br />
Aufbereitungsanlagen, Reservoirs<br />
sowie Transport- und<br />
Hauptleitungen.<br />
Eine Besonderheit gegenüber anderen<br />
Lebensmittelbetrieben besteht im<br />
Transportsystem des Mediums. Üblicherweise<br />
gelangen Lebensmittel in<br />
Chargen bzw. paketweise in den Verkauf<br />
oder zur Abgabe. Bei qualitativen<br />
Beeinträchtigungen ist es darum meist<br />
möglich, den dadurch betroffenen Anteil<br />
exakt zu bezeichnen und die Auslieferung<br />
an die Empfänger zu stoppen.<br />
Dank des Ausweichens auf alternative<br />
Bezugsstellen geschieht dies praktisch<br />
ohne Komforteinbussen für die Kunden.<br />
Nicht so beim Trinkwasser! Dieses<br />
wird kontinuierlich in Leitungen geliefert,<br />
in komplexen hydraulischen Systemen<br />
wie Ringleitungen und Reservoiren<br />
durchmischt und direkt dem<br />
Kunden geliefert. Beim Feststellen einer<br />
Kontamination des Trinkwassers<br />
muss befürchtet werden, dass dieses<br />
bereits von einem Teil der Bevölkerung<br />
genutzt wurde.<br />
Die Betriebe sind bisher jedoch oft<br />
noch sehr unterschiedlich auf die Bewältigung<br />
von Notlagen vorbereitet.<br />
Mit der Wegleitung für die Planung<br />
und Realisierung der Trinkwasserversorgung<br />
in Notlagen (TWN), die<br />
sich auf die Verordnung über die Trinkwasserversorgung<br />
in Notlagen (VTN,<br />
November 1991) stützt, versucht der<br />
SVGW, den Wasserversorgern eine<br />
Hilfestellung zu bieten, um die Vorbereitungen<br />
zur Bewältigung von Notlagen<br />
zu verbessern.<br />
Ursachen von Notlagen und ihre<br />
Folgen<br />
Notlagen können sowohl in Friedens-<br />
wie in Kriegszeiten eintreten:<br />
Naturereignisse<br />
Unwetter/Überschwemmungen<br />
Erdbeben<br />
Erdrutsche<br />
Störfälle<br />
Betriebs- und Transportunfälle mit<br />
wassergefährdenden Stoffen<br />
Industrieunfälle, Grossbrände<br />
Nuklearunfälle<br />
Staumauerschäden<br />
Kriegerische Handlungen und<br />
Sabotage<br />
Sabotage<br />
Einwirkungen durch konventionelle<br />
Waffen<br />
Einwirkungen durch atomare und<br />
chemische Waffen<br />
Die Schäden, die in einer Notlage zu<br />
erwarten sind, können vielfältiger Natur<br />
sein. Sie reichen vom Versiegen<br />
der Wasserressourcen und der Verunreinigung<br />
des Wassers über die Beeinträchtigung<br />
von Betriebsabläufen bis<br />
zur vollständigen Zerstörung von Anlagen<br />
und Werken. Probleme und<br />
Schäden in einer Notlage können<br />
meist auch nicht in allgemeiner Art<br />
«nach Rezeptbuch» gelöst oder behoben<br />
werden. Für jeden Wasserversorgungsbetrieb<br />
sind eigene Szenarien<br />
zu entwickeln, die auf die örtlichen<br />
Gegebenheiten Rücksicht nehmen. In<br />
jedem Schadenfall muss aber das<br />
Überleben der Betroffenen erste Priorität<br />
haben. Für die Bewältigung der<br />
Probleme und der Schäden wird in<br />
erster Linie der Wasserversorgungsbetrieb<br />
selber verantwortlich sein,<br />
dessen Inhaber eine Gemeinde, meh-<br />
rere Gemeinden oder ein Gemeindeverband<br />
sein kann. Falls notwendig,<br />
kann er bei den Wasserversorgungsbetrieben,<br />
mit denen er zur Sicherstellung<br />
der Trinkwasserversorgung in<br />
Notlagen nach Artikel 5 VTN<br />
zusammenarbei ten muss, sowie bei<br />
Gemeinde und Kanton Hilfe anfordern.<br />
Die zivile Katastrophenorganisation<br />
der Gemeinde wird somit erst auf Antrag<br />
des Wasserversorgungsbetriebes<br />
in Aktion treten und dannzumal auch<br />
für die Koordination der Massnahmen<br />
zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung<br />
verantwortlich zeichnen.<br />
Nicht jedes Problem und jeder aufgetretene<br />
Schaden muss zu einer Notlage<br />
führen. Im Gegenteil: je besser ein<br />
Wasserversorgungsbetrieb auf eine<br />
Notlage vorbereitet ist, desto grösser<br />
ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein<br />
Ereignis bewältigt werden kann, bevor<br />
überhaupt eine Notlage eingetreten<br />
ist.<br />
Wer ist wann zuständig für die<br />
Wasserversorgung? (Abb.1)<br />
Im Normalfall (normale Netzversorgung)<br />
sind die Wasserversorgungsunternehmen<br />
für die Versorgung in ihrem<br />
Versorgungsgebiet allein zuständig.<br />
Grundsätzlich sind bei einer Notlage<br />
zwei Zustände zu unterscheiden, die<br />
von der normalen Netzversorgung (N)<br />
abweichen:<br />
Zustand E: Eingeschränkte Netzversorgung<br />
Zustand U: Unterbrochene Netzversorgung<br />
Bei eingeschränkter Netzversorgung<br />
(E) bleibt das Wasserversorgungsunternehmen<br />
alleiniger Wasserversorger.<br />
Der Betrieb wird möglichst lange mit<br />
den vorhandenen Wasserwerksanlagen<br />
aufrecht erhalten. Nach Bedarf
kann über die zuständigen Krisenorganisationen,<br />
sofern vorgän gig geplant,<br />
die praktische Unterstützung beispielsweise<br />
durch Zivilschutz, Feuerwehr und<br />
Landesversor gung angefordert werden.<br />
Bei unterbrochener Netzversorgung (U)<br />
sind die Wasserversorgungsunternehmen<br />
primär mit der Instandstellung ihrer<br />
Wasserversorgungsanlagen betraut.<br />
Die Wasserbereitstellung und<br />
-verteilung obliegt der zuständigen<br />
Krisenorganisation.<br />
Auch bei der unterbrochenen Netzversorgung<br />
werden in erster Linie alle<br />
noch funktionsfähigen Elemente der<br />
normalen Wasserversorgung eingesetzt.<br />
An allen übrigen Orten erfolgt die<br />
Verteilung nach dem Holprinzip: der<br />
Wasserkonsument holt sein Wasser in<br />
einem mitgebrachten Gefäss an einem<br />
Abb. 1: Bewältigung einer Notlage<br />
von der Krisenorganisation festgelegten<br />
Ort.<br />
Aufgabenteilung in einer Notlage<br />
Am Ende der Kette steht der Konsument.<br />
Er ist auf das Trinkwasser angewiesen.<br />
Zu Beginn einer Notlage muss<br />
er auf einen Notvorrat zurückgreifen<br />
können.<br />
Der Hauptakteur ist der Wasserversorger.<br />
In einer Notlage versorgt er die<br />
Konsumen ten in den angeschlossenen<br />
Gemeinden so lange wie möglich autonom.<br />
Für Wiederherstellungs arbeiten<br />
wird er in erster Linie auf seine eigenen<br />
Mittel und diejenigen der Gemeinden in<br />
seinem Versorgungsgebiet zurückgreifen.<br />
So können Gemeinden ihre Feuerwehr<br />
oder den Zivilschutz zur Hilfeleistung<br />
aufbieten. Reicht das nicht aus,<br />
können diese beim Kanton allenfalls<br />
erforder liche Verstärkun gen anfordern.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Der Kanton setzt in einer Notlage auf<br />
Antrag einer Versorgungsregion bzw.<br />
einer Gemeinde das bereitgestellte so<br />
genannte «schwere Material» aus regionalen<br />
Werkhöfen ein. Soweit vorhanden,<br />
bietet er Zivilschutzformationen<br />
oder kantonale Werkgruppen für Hilfeleistungen<br />
auf. Das kantonale Labor<br />
wird die Kontamination von Wasservorkommen<br />
analysieren. Andere kantonale<br />
Behörden werden sich darum bemühen,<br />
der Verunreinigung von Trinkwasser<br />
möglichst zuvorzukommen.<br />
Schliesslich kann der Kanton beim<br />
Bund Hilfeleistungen durch die Armee<br />
anfordern.<br />
Der Bund handelt in einer Notlage<br />
erst nach Aufforderung durch einen<br />
Kanton. Im Vordergrund stehen die<br />
Beratung durch Behördenvertreter<br />
und die Unterstützung mit Mitteln der<br />
Armee.<br />
13
14<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
Fazit<br />
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel.<br />
Nach der Verordnung über die<br />
Sicherstellung der Trinkwasserversorgung<br />
in Notlagen (VTN) sollen die Konsumenten<br />
jederzeit über die festgelegten<br />
Mindestmengen an Trinkwasser<br />
verfügen können. Diese Anforderung<br />
Trinkwasserversorgung in<br />
Notlagen<br />
Interview von Markus Biner mit Urs<br />
Kamm, dipl. Ing. ETH, Leiter Bereich<br />
Wasser, SVGW Zürich<br />
Wieso wurde eine nationale Verordnung<br />
für die Sicherstellung der<br />
Trinkwasserversorgung in Notlagen<br />
geschaffen?<br />
Trinkwasser ist ein unentbehrliches Lebensmittel.<br />
Die Einwohner einer Stadt<br />
oder Gemeinde sind auf einen zuverlässigen<br />
und sicheren Service ihrer<br />
Wasserversorgung angewiesen. Dies<br />
gilt auch für ausserordentliche Situationen.<br />
Auch wenn bei uns grössere<br />
Störungen die Ausnahme bilden, sind<br />
für solche Fälle vorsorgliche Massnahmen<br />
zu treffen. Die wichtigsten davon<br />
sind in der Verordnung umschrieben.<br />
Damit soll erreicht werden, dass auch<br />
nach schwereren Zwischenfällen die<br />
lebensnotwendige Menge an Trinkwasser<br />
verfügbar ist.<br />
Was sind die vordringlichen Ziele<br />
der Verordnung?<br />
Wie bereits erwähnt, geht es primär<br />
darum, dass wir auch in Notfällen über<br />
Trinkwasser verfügen. Die Verordnung<br />
geht allerdings noch weiter. So soll mit<br />
den vorgesehenen Massnahmen auch<br />
gewährleistet werden, dass die normale<br />
Versorgung so lange wie möglich<br />
aufrecht erhalten bleibt und auftretende<br />
Störungen rasch behoben werden.<br />
stellt Aufgaben an alle Beteiligten, an<br />
die Konsumenten, die Gemeinden und<br />
die Wasserversorger, an die Kantone<br />
und an die beteiligten Bundesstellen.<br />
Für die Inhaber der Wasserversorgungsanlagen<br />
soll der Vollzug der Verordnung<br />
ganz allgemein zu einer Erhö-<br />
Urs Kamm, dipl. Ing. ETH, Leiter Bereich<br />
Wasser, SVGW Zürich<br />
Was ist unter Notlage zu verstehen?<br />
Eine Notlage im Sinne der Verordnung<br />
liegt dann vor, wenn die normale Versorgung<br />
mit Trinkwasser, insbesondere<br />
infolge von Naturereignissen, Störfällen,<br />
Sabotagen oder kriegerischen<br />
Handlungen erheblich gefährdet, erheblich<br />
eingeschränkt oder verunmöglicht<br />
ist.<br />
Gilt eine Pandemie als Notlage?<br />
Aufgrund der möglichen Gefahren für<br />
eine Pandemie durch die Vogelgrippe<br />
bzw. die Schweinegrippe hat der SVGW<br />
ein Handbuch für die betriebliche Vorbereitung<br />
auf Pandemiefälle ausgearbeitet,<br />
das auf den Grundlagen des<br />
Bundesamtes für Gesundheit basiert.<br />
Mit gezielten Massnahmen soll sichergestellt<br />
werden, dass die Wasserversorgung<br />
auch unter erschwerten Bedingungen<br />
einer Pandemie vollumfänglich<br />
funktionstüchtig bleibt. Obwohl gewisse<br />
Tätigkeiten reduziert werden müssten,<br />
hung der Betriebssicherheit auch im<br />
Normalbetrieb führen. Eine wirksame<br />
Bewälti gung von Notlagen im Ernstfall<br />
wird nur dann möglich sein, wenn vor<br />
allem die Wasserversor ger und die Gemeindebehörden<br />
entsprechend vorbereitet<br />
sind.<br />
wird angestrebt, dass der Trinkwasserbedarf<br />
der Kunden vollständig gedeckt<br />
werden kann.<br />
Wer ist für die Trinkwasserversorgung<br />
in Notlagen zuständig?<br />
Grundsätzlich sind die Inhaber der<br />
Wasserversorgungsanlagen und die<br />
Kantone für die Trinkwasserversorgung<br />
in Notlagen zuständig. Allerdings hat<br />
auch die Bevölkerung ihren Beitrag in<br />
Form einer Lagerhaltung von Trinkwasser<br />
zu leisten. Das Bundesamt für wirtschaftliche<br />
Landesversorgung hat eine<br />
Broschüre über den empfohlenen Notvorrat<br />
publiziert. Pro Person soll danach<br />
der Notvorrat unter anderem<br />
neun Liter Wasser umfassen.<br />
Wurde die Trinkwasserversorgung in<br />
Notlagen schon überall realisiert?<br />
Die Abteilung Trinkwasser der wirtschaftlichen<br />
Landesversorgung hat<br />
eine detaillierte Befragung bei den Kantonen<br />
über den Stand des Vollzugs der<br />
Verordnung über die Sicherstellung der<br />
Trinkwasserversorgung in Notlagen<br />
durchgeführt und die Antworten ausgewertet.<br />
Dabei hat sich gezeigt, dass die Verordnung<br />
für die meisten dicht besiedelten<br />
Gebiete umgesetzt ist. Lücken<br />
bestehen insbesondere in ländlichen<br />
Gebieten. Die meisten Kantone arbeiten<br />
daran, vorhandene Vollzugslücken<br />
zu schliessen.
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Vulnerabilität im hoch sensiblen Umfeld der<br />
Einsatzleitzentralen von Schutz & Rettung Zürich<br />
Hptm Reto Trottmann, Abteilungsleiter Einsatzleitzentralen SRZ, Weststrasse 4, 8036 Zürich, reto.trottmann@zuerich.ch<br />
Key Words: Einsatzleitzentrale, Schutz &<br />
Rettung Zürich, Vulnerabilität<br />
Die Einsatzleitzentralen (ELZ) von<br />
Schutz & Rettung Zürich (SRZ) sind<br />
eine zentrale Infrastruktur zur Steuerung<br />
von Rettungsdiensten und<br />
Feuerwehren im Grossraum Zürich.<br />
Die ELZ kann ohne entsprechende<br />
Gegenmassnahmen durch verschiedenste<br />
Ereignisse gestört oder ausser<br />
Betrieb gesetzt werden. Ereignisse<br />
können unter anderem in die<br />
Kategorien «Elementarereignisse»,<br />
«organisatorische Probleme», «personelle<br />
Probleme» und «Technische<br />
Probleme» eingereiht werden. Um<br />
Ausfälle der ELZ zu minimieren, sind<br />
die Prinzipien des Business Continuity<br />
Managements zu beachten<br />
und in alle Prozesse der ELZ einzubauen.<br />
Dies sind: Vorbeugen, Ausfall<br />
erkennen, Notbetrieb herstellen,<br />
Problem dauerhaft lösen sowie<br />
Rückkehr zum Normalbetrieb.<br />
Ausgangslage<br />
Im Kanton Zürich sind heute zwei ELZ<br />
in Betrieb, welche die Notrufnummern<br />
118 und 144 entgegennehmen und<br />
verarbeiten.<br />
Die ELZ Zürich (an der Weststrasse in<br />
Zürich) und die ELZ Flughafen (auf dem<br />
Flughafengelände) werden durch SRZ<br />
betrieben und beide nehmen sowohl<br />
Sanitäts- wie Feuerwehrnotrufe entgegen<br />
und disponieren die entsprechenden<br />
Einsatzmittel. Die Nähe der ELZ<br />
Flughafen zum Flughafen Zürich ist eine<br />
zwingende Grundvoraussetzung für die<br />
Einhaltung der heute geltenden Vorgaben<br />
der International Civil Aviation Organization.<br />
Die beiden ELZ Zürich und Flughafen<br />
sind jeweils für ein Einsatzgebiet Süd<br />
respektive Nord, die für den Sanitäts-<br />
und Feuerwehrbereich klar definiert<br />
sind, verantwortlich. Zusätzlich zum<br />
Empfang der Notrufe und Disposition<br />
der Einsatzmittel nehmen die beiden<br />
ELZ zahlreiche weitere Aufgaben wahr,<br />
wie etwa die Entgegennahme von Alarmen<br />
der Gefahrenmeldeanlagen, Aufgebot<br />
und Disposition verschiedenster<br />
Pikettdienste und Spezialisten, ausserkantonale<br />
Leistungsaufträge, Vermittlung<br />
von Krankentransportdiensten<br />
sowie Koordination von sanitätsdienstlichen<br />
Grossereignissen.<br />
Die ELZ Zürich ist rund um die Uhr mit<br />
mindestens vier bis sechs Disponenten<br />
im Schichtbetrieb besetzt, die ELZ<br />
Flughafen mit drei bis vier Disponenten.<br />
Die Systemlandschaft der Zentralen ist<br />
heute stark heterogen. Als Einsatzleitsystem<br />
(ELS) ist in der ELZ Zürich das<br />
System I/CAD der Firma Intergraph in<br />
Betrieb, das auch bei der Kantonspolizei<br />
Zürich und den beiden Stadtpolizeien<br />
Winterthur und Zürich zum Einsatz<br />
gelangt. In der ELZ Flughafen wird ein<br />
System von Swissphone-Systems eingesetzt.<br />
Ähnlich heterogen ist die Systemlandschaft<br />
in den Bereichen Telefonie,<br />
Funk, Sprachaufzeichnung sowie<br />
Auftrags- und Statusübermittlung. Diese<br />
grosse Vielfalt an unterschiedlichen<br />
Systemen behindert die Zusammenarbeit<br />
der Zentralen und den Datenaustausch,<br />
führt zu Fehlern und erhöht die<br />
Ausbildungs- und Betriebskosten massiv.<br />
In den hoch modern ausgerüsteten<br />
ELZ von SRZ am Flughafen und in der<br />
Stadt Zürich nehmen 50 Disponenten<br />
rund um die Uhr jährlich über 500’000<br />
Anrufe entgegen. Daraus resultieren<br />
rund 100’000 Einsatzdispositionen für<br />
die regional zuständigen Feuerwehren<br />
im Kanton Zürich und die Rettungs-<br />
dienste in den Kantonen Zürich,<br />
Schwyz und Schaffhausen.<br />
Die ELZ des Kantons Zürich sind, wie<br />
auch die Zentralen in anderen Kantonen,<br />
mit einer stetig steigenden Anzahl<br />
von Anrufen konfrontiert. Unabhängig<br />
von den vermehrt auftretenden Elementarereignissen<br />
steigt das Anrufvolumen<br />
jährlich um bis zu sechs Prozent.<br />
Die Gründe dafür liegen hauptsächlich<br />
in gesellschaftlichen Veränderungen<br />
wie die zunehmende Verbreitung von<br />
Mobiltelefonen und der gesunkenen<br />
Hemmschwelle zum Gebrauch der<br />
Notrufnummer.<br />
Vulnerabilität<br />
Das fortwährende Funktionieren komplexer<br />
IT-Infrastrukturen ist zur unabdingbaren<br />
Voraussetzung für nahezu<br />
alle Geschäftsprozesse geworden. Naturkatastrophen<br />
wie Hochwasser,<br />
Sturm und Brand sind nur einige Szenarien,<br />
die eine Organisation bedrohen<br />
können. Für einen unvorhergesehenen<br />
Krisen- und Schadensereignisfall müssen<br />
daher Vorkehrungen getroffen werden.<br />
Mit einem gezielten Risikomanagement<br />
werden Bedrohungen und<br />
Schwachstellen frühzeitig identifiziert<br />
und kontrolliert. Es besteht jedoch immer<br />
auch die Gefahr eines nicht erkannten<br />
Restrisikos. Durch Business<br />
Continuity Management und Disaster<br />
Recovery-Plan sollten diese Gefahren<br />
möglichst klein gehalten werden können,<br />
damit in einem Eintretensfall dadurch<br />
möglichst schnell wieder zum<br />
Normalbetrieb übergegangen werden<br />
kann.<br />
Eine ganzheitliche Betrachtung aller<br />
beteiligten Komponenten muss dabei<br />
beachtet werden, um die einsatzkritischen<br />
Prozesse der ELZ stabil zu betreiben.<br />
15
16<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
Bei SRZ wurden deshalb alle vorhandenen<br />
Systeme auf ihre Notwendigkeit<br />
für den Kernprozess «Alarm entgegegennehmen<br />
– Einsatzkräfte<br />
disponieren – Einsatzkräfte alarmieren»<br />
kategorisiert. Für alle diese einsatzkritischen<br />
Systeme wurde festgelegt,<br />
dass redundante Infrastrukturen<br />
aufgebaut und jeweils zusätzlich ein<br />
reduziert einsatztauglicher Ersatzprozess<br />
ohne Nutzung der entsprechenden<br />
Systeme konzipiert wird. In der<br />
Abb. 1: Umsysteme<br />
Folge wurden Dokumente und<br />
Checklisten erarbeitet, um die Infrastruktur<br />
nach einem Ereignisfall möglichst<br />
schnell wieder in den Alltagsbetrieb<br />
zurück zu führen. Teil- und<br />
Totalausfälle des Einsatzleit- und seiner<br />
Umsysteme (Abb. 1) werden mit<br />
den Disponenten im aktiven Betrieb<br />
in regelmässigen Abständen geübt.<br />
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse<br />
fliessen danach in die Prozesse und<br />
Dokumente ein.<br />
Auch die Sicherstellung der Dokumentation<br />
des Wissens der Mitarbeitenden<br />
und dessen Verteilung auf mehrere<br />
Wissensträger gehört zur Risikominimierung.<br />
Gesetzliche Verpflichtungen<br />
und Mindestanforderungen an die Datenverarbeitung<br />
und -speicherung<br />
müssen selbstverständlich ebenfalls<br />
erfüllt werden. Die wichtigsten Systeme<br />
der ELZ sind heute redundant ausgelegt,<br />
damit z. B. bei einem Ausfall eines<br />
einzelnen Server-Systems der Betrieb
ohne Einschränkungen aufrecht erhalten<br />
werden kann.<br />
Zusätzlich zu dieser Redundanz auf<br />
Systemebene wird die Ausfallsicherheit<br />
durch den Einsatz einer geographischen<br />
Rückfallebene erhöht. Diese besteht<br />
aus zusätzlichen, örtlich getrennten<br />
Arbeitsplätzen, die bei einem<br />
Totalausfall der Hauptzentrale in Betrieb<br />
genommen werden. So können<br />
die Leistungsaufträge zumindest in<br />
reduziertem Masse weiterhin erbracht<br />
werden.<br />
Bei der ELZ Zürich hat ein Zusammenschluss<br />
mit der Stadtpolizei Zürich im<br />
Jahre 2008 stattgefunden. Die Datenbanken<br />
des Einsatzleitsystems beider<br />
Parteien werden gegenseitig gespiegelt,<br />
damit im Falle eines Datenverlusts<br />
die Datenbanken wieder hergestellt<br />
Abb. 2: redundante Zentrale<br />
werden können. Diese Zusammenarbeit<br />
zwischen der ELZ Zürich und der<br />
Stadtpolizei Zürich hat sich in den vergangenen<br />
Jahren bewährt und hat so<br />
auch für beide Partner zur Risikominimierung<br />
im Betrieb geführt.<br />
Für die Pager-Alarmierung sind die beiden<br />
Zentralen Zürich und Flughafen<br />
gegenseitig redundant ausgelegt.<br />
Zusätzlich steht uns heute im Rieterpark<br />
eine Infrastruktur zur Verfügung,<br />
die bei einem Totalausfall in Betrieb<br />
genommen werden könnte, dies aber<br />
mit reduziertem Systemumfeld.<br />
Projekt ELZ 2011<br />
Um die Systemlandschaft zu vereinheitlichen<br />
und damit weniger fehleranfällig<br />
zu gestalten, wird im Projekt ELZ 2011<br />
eine neue ELZ geplant und am Flugha-<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
fen Zürich im Prime-Center 2 aufgebaut.<br />
Die Inbetriebnahme der neuen ELZ ist<br />
auf zirka Mitte 2012 geplant.<br />
Ziele des Projekts ELZ 2011:<br />
Es sind 17 vollwertige ELZ-Arbeitsplätze<br />
in der Zentrale eingeplant.<br />
Weiter realisieren wir im Tactical<br />
Operations Center (TOC) zwei vollständige<br />
ELZ-Arbeitsplätze für die<br />
Führung bei Gross- und Sonderlagen.<br />
Um bei Unwetter die Anrufspitzen<br />
von über 1’500 Anrufen pro<br />
Stunde zu bewältigen, werden noch<br />
14 reduzierte Notfall-Arbeitsplätze<br />
eingeplant.<br />
Zusammenführung der räumlich getrennten<br />
Zentralen (Flughafen und<br />
Zürich) in eine gemeinsame Zentrale.<br />
Die Zusammenführung bezweckt einen<br />
flexibleren Personaleinsatz. Mit<br />
dem gleichen Personalbestand wie<br />
17
18<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1/ 11<br />
bei getrennten Zentralen soll in einer<br />
gemeinsamen Zentrale ein grösseres<br />
Anrufvolumen bewältigt werden. Das<br />
Schichtmodell wird dem Anrufvolumen<br />
entsprechend angepasst.<br />
Eine betriebene ELZ mit Redundanz:<br />
Am neuen Standort der ELZ 2011<br />
wird der vollumfängliche Betrieb für<br />
sämtliche SRZ-Leistungsaufträge<br />
aufgebaut und die Einsätze daraus<br />
abgearbeitet. Die bestehende ELZ<br />
Zürich bildet die Rückfallebene für<br />
den Notfall (d. h. bei Totalausfall der<br />
ELZ 2011) und wird nur bei einem<br />
Ausfall der ELZ 2011 in Betrieb genommen.<br />
Die ELZ an der Weststrasse<br />
ist im Normalfall nicht besetzt, kann<br />
jedoch für Ausbildungen usw. verwendet<br />
werden. Sämtliche kritischen<br />
Systeme sind am Redundanzstandort<br />
in ausreichender Verfügbarkeit vorhanden.<br />
Die Systemlandschaft der<br />
ELZ beinhaltet das ELS, das Sprachvermittlungssystem<br />
und die Bildsysteme,<br />
eine eigene Telefonzentrale für<br />
die Notrufnummern, Empfangssysteme<br />
für Gefahrenmeldeanlagen, den<br />
Funk, die Sprachaufzeichnung, die<br />
Pager-Alarmierung und die Auftrags-<br />
und Statusübermittlung. Alle relevanten<br />
Systeme müssen sowohl in der<br />
Hauptzentrale als auch in der Rück-<br />
fallzentrale (ELZ Zürich) einheitlich,<br />
vollständig, unabhängig voneinander<br />
und mit jederzeit identischem Datenbestand<br />
hoch verfügbar vorhanden<br />
sein (Abb. 2).<br />
Mit dieser neuen redundanten Zentrale<br />
können wir mit gutem Gewissen in die<br />
Zukunft schreiten. Es werden maximale<br />
Vorkehrungen getroffen, um die Verwundbarkeit<br />
auf ein Minimum zu beschränken<br />
und den entsprechenden<br />
Anspruchsgruppen (Bevölkerung, Patienten,<br />
Auftraggebern und Stakeholdern)<br />
sicherheitstechnisch gerecht zu<br />
werden.
In questo numero...<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Franco Bianchi, giornalista, via Cantonale, 6927 Agra, membro della commissione di redazione del bollettino d’informazione sul SSC,<br />
fbimedia@bluewin.ch<br />
Parole chiave: infrastrutture critiche<br />
Per una volta, iniziamo dalla… fine<br />
segnalando un piccolo, grande<br />
cambiamento nella proposta della<br />
rivista SSC: in chiusura, al posto<br />
della rubrica AKTUELL (o ATTUA-<br />
LITA che dir si voglia), con questo<br />
numero parte il capitolo INFO. Parzialmente<br />
bilingue (D/F) e sempre<br />
completo di «Agenda», vi sono inseriti<br />
contributi di vario genere:<br />
slegati dal tema principale, ma che<br />
la redazione reputa ugualmente interessanti<br />
oltre che, ben inteso, di<br />
semplice (si fa per dire) servizio per<br />
i lettori. À propos: notevole il successo<br />
della rivista «azzurra» pubblicata,<br />
ora, con cura particolare anche<br />
sul sito web dell’Ente nazionale<br />
(come documento in formato PDF),<br />
oltre che inviato nell’abituale veste<br />
stampata. Ma veniamo all’abituale<br />
riassunto dei vari contributi imperniati<br />
stavolta – sia nelle pagine SSC,<br />
sia nell’inserto curato dalla Società<br />
svizzera degli ufficiali delle truppe<br />
sanitarie (SSUTS) «Swiss Review<br />
of Military and Disaster Medicine»<br />
(SRMDM) – sul tema: «Infrastrutture<br />
critiche». Buona lettura.<br />
Il direttore dell’Ufficio federale della protezione<br />
della popolazione (UFPP) Willi<br />
Scholl e il caporedattore della SSUTS<br />
magg. Thomas Syburra, nei loro editoriali,<br />
spiegano il ruolo strategico d’infrastrutture<br />
e servizi ai quali lo Stato (ovvero,<br />
noi: i cittadini svizzeri) non può<br />
rinunciare e sui quali bisogna sempre<br />
contare. Da qui, l’ipotesi: come regolarsi,<br />
in caso d’emergenza, quando<br />
magari una catastrofe, una ristrettezza<br />
sul fronte degli approvvigionamenti di<br />
materie prime, una lacuna sul frontesicurezza<br />
o, ancora, una crisi nell’ordine<br />
pubblico mandano appunto in «tilt»<br />
una o più di queste (nello specifico)<br />
infrastrutture? Prevenire è meglio di<br />
curare, recita l’adagio, e il Consiglio<br />
Federale l’ha fatto suo approntando il<br />
piano strategico, nel giugno 2009, dedicato<br />
a questo problema: la protezione<br />
delle infrastrutture critiche (PCI). Da<br />
qui, gli spunti di riflessione nei vari contributi<br />
specialistici.<br />
Ospedali e sistema sanitario, per intuibili<br />
ragioni, catalizzano le ipotesi di<br />
azione-reazione, sicché al lettore è offerta<br />
un’ampia carrellata di possibili (ci<br />
auguriamo solo ipotetici) guai e rispettivi<br />
rimedi: vuoi preventivi, vuoi operativi<br />
(cioè dopo che l’evento critico s’è già<br />
prodotto), pure estesi ad altri «settori».<br />
Ecco, dunque, Peter Mollenkopf (direttore<br />
logistico di Scana Lebensmittel<br />
AG, Regensdorf) insistere sull’importanza<br />
della «Sicurezza nella consegna<br />
di generi alimentari, anche nel caso di<br />
Pandemie», mentre Markus Biner (consulente<br />
tecnico dell’Associazione svizzera<br />
degli esperti per il gas e l’acqua,<br />
Zurigo) si occupa di «Rifornimenti di<br />
acqua, in casi d’emergenza», con accento<br />
su «Acqua potabile: prodotto<br />
della natura vitale e indispensabile».<br />
Per avvicinarci alla Sanità, ecco il cap.<br />
Reto Trottmann che, nella sua funzione<br />
di direttore del reparto per la Centrale<br />
d’Ingaggio del servizio Protezione e<br />
Soccorso, a Zurigo, propone alcune<br />
riflessioni sulla «Vulnerabilità (della centrale<br />
medesima) in condizioni di crisi»,<br />
quando cioè si tratta di organizzare,<br />
coordinare, gestire pompieri e sanitari<br />
in situazioni difficili e «sensibili». Di<br />
tutt’altro genere lo scenario ipotizzato<br />
da Hans Peter Aebischer, capo servizio<br />
tecnica e sicurezza (associato alla direzione<br />
operativa) dell’Inselspital di Berna<br />
che scrive di un’emergenza particolare,<br />
nell’Istituto medesimo: in specie, «Il<br />
guasto nel sistema di riscaldamento<br />
dislocato» sicché bisogna sapersi destreggiare<br />
nel garantire, in ogni caso, il<br />
rifornimento (non solo energetico) di<br />
tale risorsa a personale e pazienti degenti.<br />
Pure l’inserto della SSUTS propone<br />
contributi dai quali trarre utili indicazioni.<br />
Come nel caso del «Controllo (check)<br />
delle infrastrutture critiche negli ospedali,<br />
tramite l’analisi dei fattori di rischio»<br />
suggerito da Janine Borchert e Detlef<br />
Cwojdzinski dell’Amministrazione superiore<br />
per la Salute, l’Ambiente e il Consumo,<br />
a Berlino (Germania). Da parte<br />
sua, e nuovamente ipotizzando un’emergenza<br />
concreta, il capo gestione del<br />
servizio Rischi e Sicurezza all’Unispital<br />
di Zurigo, Heinz Ursprung, spiega come<br />
prevenire ed eventualmente gestire «La<br />
comunicazione elettronica, in caso di<br />
crisi» ritenuto che il SOS può giungere<br />
da Pronto Soccorso, rete PC, servizi di<br />
continuità e chi più ne ha, più ne metta.<br />
Da segnalare, infine, «I Confini della quotidianità,<br />
nel Terzo Mondo», là dove «Il<br />
sole allarga gli orizzonti». Un servizio a<br />
«più mani» – prof. dott. med. e dott. h. c.<br />
Martin Oberholzer, decano dell’Accademia<br />
svizzera per la medicina militare e la<br />
medicina in caso di catastrofi (ASMC),<br />
Ittigen; Max Scherrer, già direttore PTT<br />
Cantone Turgovia, Weinfelden; Regina<br />
Decker, Istituto di patologia all’Unispital<br />
Basilea; Ernst Sauerbruch, già caposervizio<br />
in una fabbrica di macchinari per la<br />
lavorazione di polimeri, a Stein am Rhein,<br />
e Herbert Aschwanden, primario di chirurgia<br />
all’ospedale Muvonde di Mvuma,<br />
Zimbabwe – che spazia su energia solare,<br />
rifornimenti energetici, telemedicina e<br />
teleteaching prendendo spunte dalle più<br />
disparate esperienze, in Africa, dove Vita,<br />
Energia e Acqua formano un tutt’uno<br />
(ahinoi) sovente, forse troppo, spezzato<br />
da questo o quel cataclisma.<br />
19
20<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Editorial<br />
Le SSC et les infrastructures critiques<br />
Les infrastructures critiques sont la charpente<br />
qui maintient la structure de l’Etat moderne.<br />
Elles sont les organisations et les instances de<br />
première importance pour les autorités publiques.<br />
Si elles viennent à faire défaut, les<br />
conséquences sont délétères à plusieurs niveaux;<br />
il faut s’attendre à des impasses dans<br />
l’approvisionnement en matières premières,<br />
des lacunes de sécurité, des troubles de<br />
l’ordre public, un collapsus sanitaire. Et que<br />
penser du laboratoire haute sécurité à Spiez?<br />
IMPRESSUM<br />
Offizielles Publikationsorgan der Schweizerischen<br />
Gesellschaft der Offiziere der<br />
Sanitätstruppen (SGOS), 88. Jahrgang<br />
ISSN 1660-9514<br />
Maj Thomas Syburra<br />
Imaginez les conséquences d’une pénurie d’eau potable.<br />
Pensez à la dernière coupure de courant électrique. Un hôpital<br />
peut-il encore fonctionner sans informatique?<br />
Les moyens d’évaluer l’importance des différentes infrastructures<br />
critiques existent. Les catalogues de contre-mesures<br />
en cas de défaillance sont mis à jour continuellement. Le<br />
monde actuel, avec son interdépendance des systèmes, des<br />
réseaux logistiques, et de gestion des ressources en flux<br />
tendu, est vulnérable. Dans ce numéro, nos auteurs vous<br />
dévoilent les arcanes des infrastructures critiques majeures;<br />
vous y découvrirez des aspects cachés et parfois surprenants,<br />
tel le réservoir d’eau potable sur lequel vous roulez<br />
quotidiennement...<br />
Je vous souhaite une lecture aussi passionnante qu’enrichissante!<br />
Votre rédacteur en chef,<br />
Major Thomas Syburra<br />
Chefredaktor<br />
Major Thomas Syburra<br />
Rue du Grand-Pont 46<br />
CH-1950 Sion<br />
E-Mail: t.syburra@rbht.nhs.uk<br />
KSD und Kritische Infrastrukturen<br />
Die Kritischen Infrastrukturen sind das Rückgrat,<br />
welches die Struktur der modernen Staaten<br />
aufrecht erhält. Sie sind die Organisationen<br />
und die Erstinstanzen der öffentlichen Behörden.<br />
Wenn sie zusammenbrechen, ist mit<br />
schwer wiegenden Folgen auf zahlreichen<br />
Ebenen zu rechnen: Engpässe in der Rohstoffversorgung,<br />
Lücken in der Sicherheit, öffentliche<br />
Unruhen, sanitätsdienstlicher Kollaps.<br />
Und was würde zum Beispiel mit dem Hochsicherheitslabor<br />
Spiez geschehen?<br />
Stellen Sie sich einmal die Folgen eines Trinkwassermangels<br />
vor. Oder erinnern Sie sich an den letzten Stromausfall? Kann<br />
ein Krankenhaus heute etwa noch ohne EDV funktionieren?<br />
Die Mittel, um die Bedeutung der verschiedenen Kritischen<br />
Infrastrukturen einzuordnen, sind vorhanden. Die Massnahmenkataloge<br />
für Ausfälle und Notlagen werden regelmässig<br />
aktualisiert. Die heutige Welt, mit ihren gegenseitig voneinander<br />
abhängigen Systemen, mit den komplexen Logistiknetzwerken<br />
und immer tiefer gehaltenen Lagerbeständen, ist<br />
anfällig auf Störungen. Unsere Autoren enthüllen für Sie die<br />
verborgenen Seiten der wichtigsten Kritischen Infrastrukturen.<br />
Sie werden in dieser Ausgabe ungeahnte und manchmal<br />
überraschende Facetten davon entdecken, zum Beispiel das<br />
Trinkwasserreservoir, über das Sie täglich zur Arbeit fahren...<br />
Ich wünsche Ihnen eine bereichernde Lektüre!<br />
Ihr Chefredaktor<br />
Major Thomas Syburra<br />
Redaktion<br />
Oberst Sergei Bankoul, Ittigen<br />
Hptm RKD Dorothee Bürgi, Zürich<br />
Oberst Franco Poretti, Bern<br />
Major Lorenz Richner, Bern<br />
Hptm Frank Rühli, Zürich
SRMDM<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Statuscheck der Kritischen Infrastrukturen im<br />
Krankenhaus durch Risikoanalysen<br />
Janine Borchert und Detlef Cwojdzinski, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin,<br />
Detlef.Cwojdzinski@senguv.berlin.de<br />
Key Words: Kritische Infrastrukturen, Krankenhaus,<br />
Berlin<br />
Das Thema «Vorsorge für die Kritischen<br />
Infrastrukturen (KRITIS)» hat<br />
aktuell an Bedeutung gewonnen.<br />
Auf EU-Ebene wurde eine Richtlinie<br />
erlassen, die zu einem Verfahren<br />
zur Ermittlung und Ausweisung europäischer<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
(EKI) zu einem besseren Schutz<br />
von Infrastrukturen, deren Störung<br />
oder Zerstörung grenzüberschreitende<br />
Auswirkungen hätten, beitragen<br />
soll (Richtlinie 2008/114/EG).<br />
Das durch die Senatsverwaltung<br />
für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />
in Berlin erarbeitete<br />
Schutzkonzept für eine Kritische<br />
Infrastruktur wird vorgestellt.<br />
«Kritische Infrastrukturen sind Organisationen<br />
und Einrichtungen mit wichtiger<br />
Bedeutung für das staatliche<br />
Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder<br />
Beeinträchtigung nachhaltig wirkende<br />
Versorgungsengpässe, erhebliche<br />
Störungen der öffentlichen Sicherheit<br />
oder andere dramatische Folgen eintreten<br />
würden.» 1 Zu diesen Kritischen<br />
Infrastrukturen zählen unter anderem<br />
die Trinkwasserversorgung, die Stromversorgung<br />
als auch die Gesundheitsversorgung.<br />
Krankenhäuser sind nicht<br />
nur selbst eine Kritische Infrastruktur,<br />
sondern die in ihnen existierenden<br />
Systeme und Strukturen sind ebenfalls<br />
von einer Vielzahl anderer Kritischen<br />
Infrastrukturen abhängig. Unter Anwendung<br />
bereits vorhandener Leitfäden<br />
zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe in<br />
Bonn oder dem Bundesministerium<br />
des Innern hat die Senatsverwaltung<br />
für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />
in Berlin in enger Zusammenarbeit<br />
mit zwei Berliner Kliniken in<br />
Form eines Pilotprojekts ein Schutzkonzept<br />
für eine Kritische Infrastruktur<br />
erarbeitet. Das Ziel dieses Konzepts<br />
ist es, mittels gezielter Analyse möglicher<br />
Gefährdungen und Verwundbarkeiten<br />
besonders die kritischen Bereiche<br />
eines Krankenhauses und somit<br />
einer Kritischen Infrastruktur, zu identifizieren<br />
und daraufhin geeignete<br />
Schutzmassnahmen abzuleiten. Besonders<br />
in Situationen, in denen eine<br />
Vielzahl von Menschen versorgt und<br />
behandelt werden müssen, ist die Erhaltung<br />
der Funktionsfähigkeit des<br />
Krankenhauses mit seinen für die Versorgung<br />
unabdingbaren Elementen<br />
oberster Priorität.<br />
Die einzelnen Konzeptschritte spiegeln<br />
sich in der Abb. 1 wieder.<br />
Im Rahmen des Schutzkonzepts sollen<br />
für das Krankenhaus bestimmte<br />
Schutzziele erreicht werden. Diese Ziele<br />
werden in der ersten Phase der Vorplanung<br />
definiert.<br />
Schutzziele (Z) in einer Klinik können<br />
beispielsweise sein:<br />
Z3 = Schutzziel 3: hat keine unmittelbare<br />
Bedeutung für lebenserhaltende<br />
Prozesse und für die Notversorgung<br />
unerlässliche Prozesse<br />
Z2 = Schutzziel 2: Prozesse sind<br />
nicht für die medizinische Versorgung<br />
notwendig. Deren Wiederherstellung<br />
oder Wiederbeschaffung<br />
ist allerdings sehr schwierig bzw.<br />
sehr teuer und steht nicht im Verhältnis.<br />
Z1 = Schutzziel 1: Erhaltung der<br />
Funktionsfähigkeit lebensnotwendiger<br />
Bereiche, Verhinderung der Gefährdung<br />
von Menschenleben.<br />
Oberste Priorität hat dabei das Schutzziel<br />
Z1.<br />
Der nächste Schritt ist die so genannte<br />
Risikoanalyse. Diese wird in zwei weitere<br />
Handlungsschritte, die Kritikalitäts-<br />
1 Definition Kritischer Infrastrukturen des AK<br />
KRITIS im Bundesministerium des Innern<br />
(BMI) vom 17.11.2003 Abb. 1: Die einzelnen Schritte des Schutzkonzepts für eine Kritische Infrastruktur<br />
21
22<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
analyse und die Risikoidentifikation<br />
untergliedert.<br />
Bei der Kritikalitätsanalyse werden mit<br />
Hilfe einer Tabelle alle Bereiche eines<br />
Krankenhauses aufgelistet bzw. identifiziert.<br />
Diese Bereiche sind zum Beispiel<br />
Intensivstation, Kreisssaal, Bildgebende<br />
Diagnostik und Labore. Im Anschluss<br />
daran werden diesen einzelnen Bereichen<br />
die jeweiligen Schutzziele (Z1; Z2;<br />
Z3), die bereits in der Vorplanung festgelegt<br />
wurden, zugeordnet. Mit Hilfe dieser<br />
Zuordnung ist es möglich, die einzelnen<br />
Bereiche sichtbar zu machen, die für das<br />
Krankenhaus unverzichtbar und damit<br />
als kritisch zu betrachten sind (Abb. 2).<br />
Durch diese Schutzzielzuordnung findet<br />
an dieser Stelle eine Art Filterung<br />
statt, die für die weiterführende Risikoanalyse<br />
hilfreich ist, weil zunächst nur<br />
die Bereiche weiter analysiert werden,<br />
die dem Schutzziel Z1 zugeordnet wurden.<br />
Der Schutz dieser Bereiche hat für<br />
die Erhaltung der Funktionalität lebensnotwendiger<br />
Bereiche innerhalb des<br />
Krankenhauses und die Verhinderung<br />
Verwendete Literatur und weitere Informationen:<br />
der Gefährdung von Menschenleben<br />
oberste Priorität. Eine Analyse der Bereiche<br />
mit der Schutzzielzuordnung Z2<br />
und Z3 kann zu einem späteren Zeitpunkt<br />
durchgeführt werden, da diese<br />
Bereiche aufgrund der geringer bewerteten<br />
Kritikalität weniger Schutzbedarf<br />
haben.<br />
Der nächste Schritt der Risikoanalyse ist<br />
die Risikoidentifikation. Bei der Risikoidentifikation<br />
handelt es sich um die Ermittlung<br />
der Risiken für das betrachtete<br />
Abb. 3: Muster Gefahren (Tabellenauszug)<br />
Krankenhaus. Die Risikoidentifikation<br />
beinhaltet weitere Handlungsschritte:<br />
die Gefährdungsanalyse und die Verwundbarkeitsanalyse.<br />
Aus den einzelnen<br />
Analysen gehen Ergebnisse hervor,<br />
anhand welcher sich im ergänzenden<br />
Schritt das Risiko ermitteln lässt.<br />
Für die Durchführung der Gefährdungsanalyse,<br />
als Teilprozess der Risikoidentifikation,<br />
wird eine Gefahrenliste erstellt,<br />
die für das Krankenhaus und dessen<br />
Standort relevant sein könnten (Abb. 3).<br />
Riegel, Christoph (BBK), In: Bevölkerungsschutz 1/2007, Risikoanalyse:<br />
http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_398098/SharedDocs/Publikationen/Publ__magazin/bsmag__1__07,temp<br />
lateId=raw,property=publicationFile.pdf/bsmag_1_07.pdf<br />
BBK, Schutz Kritischer Infrastruktur, Risikomanagement im Krankenhaus, 2009, Langfassung:<br />
http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_402322/SharedDocs/Publikationen/Praxis__Bevoelkerungsschutz/Langfassung__Leitfaden__Krankenh__Risiko-Kritis,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Langfassung_<br />
Leitfaden_Krankenh_Risiko-Kritis.pdf<br />
BMI Schutz Kritischer Infrastrukturen, -Risiko-Krisenmanagement-, Leitfaden für Unternehmen und Behörden,<br />
2007:<br />
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2008/Leitfaden_Schutz_kritischer_Infrastrukturen.pdf?__blob=publicationFile
SRMDM<br />
Abb. 4: Muster für Fragenkatalog<br />
Bezüglich dieser potenziellen Gefahren<br />
wird im nächsten Schritt deren Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
mit Hilfe eines Fragenkatalogs<br />
abgeschätzt.<br />
Der Fragenkatalog gemäss Abb. 4 ist<br />
dabei zu beantworten.<br />
Die Beantwortung der aufgeführten<br />
Fragen erfolgt mit «ja» oder «nein». Im<br />
Anschluss werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />
der jeweiligen Gefahren<br />
anhand einer Stufe von I bis V bewertet.<br />
Stufe I bedeutet eine sehr<br />
geringe Wahrscheinlichkeit, dass die<br />
Gefahr eintritt.<br />
Die Eintrittswahrscheinlichkeit nimmt mit<br />
jeder Stufe stets zu. Die Stufe V bedeutet<br />
demnach, dass die Eintrittwahrscheinlichkeit<br />
sehr hoch ist. Die Stufe<br />
der Eintrittswahrscheinlichkeit bemisst<br />
sich an der Summe der mit «ja» beantworteten<br />
Fragen im Fragenkatalog.<br />
Nachdem potenzielle Gefahren für das<br />
Krankenhaus betrachtet sowie deren<br />
Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt<br />
wurde, folgt nunmehr die Verwundbarkeitsanalyse.<br />
Dieser Analyseschritt bezieht sich in diesem<br />
Fall auf die einzelnen in der Kritikalitätsanalyse<br />
ermittelten Bereiche mit dem<br />
Schutzziel Z1. Bei der Verwundbarkeit<br />
wird geprüft, wie anfällig der jeweilige<br />
Bereich mit dem Schutzziel Z1 gegenüber<br />
den in der Gefährdungsanalyse ermittelten<br />
Gefahren ist bzw. inwieweit die<br />
einzelnen Bereiche von einer bestimmten<br />
Gefahr betroffen sein könnten. Demnach<br />
werden hier die Schwachstellen ermittelt,<br />
die hinsichtlich der Gefahreneinwirkung<br />
anfällig sind.<br />
Die einzelnen Bereiche eines Krankenhauses<br />
werden in so genannte «Risikoelemente»<br />
untergliedert. Bei Betrachtung<br />
der einzelnen Bereiche ist<br />
festzustellen, dass jeder Bereich in<br />
seine Elemente zerlegt werden kann,<br />
d.h. ungeachtet, ob Intensivstation,<br />
Bettenstation oder Notaufnahme. Sie<br />
beinhalten stets folgende Elemente:<br />
Personal, technische Anlagen, Gebäude,<br />
Betriebsmittel oder Daten.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Die Unterteilung der Bereiche in seine<br />
Risikoelemente wird auch deshalb für<br />
notwendig erachtet, weil eine präzisere<br />
Untersuchung vorgenommen werden<br />
kann und um entsprechende Sicherheitslücken,<br />
die eine stärkere Verwundbarkeit<br />
des Bereiches hervorrufen können,<br />
zu erkennen. Die Verwundbarkeit<br />
eines jeden Risikoelements bemisst<br />
sich unter anderem an der Qualität bestehender<br />
Vorsorgemassnahmen.<br />
Wenn diese Informationen gewonnen<br />
werden können, ist es möglich, genau<br />
an diesen Punkten den Handlungsbedarf<br />
zu bestimmen und mit entsprechenden<br />
Massnahmen anzusetzen und<br />
damit Risiken zu verringern.<br />
Neben der Unterteilung der Bereiche in<br />
seine Risikoelemente, wird die Verwundbarkeit<br />
mit Hilfe bestimmter Verwundbarkeitskriterien<br />
ermittelt. Auch<br />
für diesen Teil der Risikoanalyse steht<br />
eine Tabelle zur Verfügung, in der sowohl<br />
die einzelnen Risikoelemente, als<br />
auch die ausgewählten Verwundbarkeitskriterien<br />
integriert sind.<br />
Mittels dieser Tabelle wird geprüft, wie<br />
anfällig/verwundbar die Bereiche im<br />
Krankenhaus gegenüber bestimmten<br />
Gefahren sind. Nachdem die Informationen<br />
gewonnen wurden, wird auch<br />
hier eine Verwundbarkeitsstufe, in der<br />
Literatur auch häufig als «Klassen» bezeichnet,<br />
bestimmt (Abb. 5).<br />
Der letzte Schritt der Risikoidentifikation<br />
ist die Risikoermittlung. Das Risiko<br />
setzt sich hierbei aus den Ergebnissen<br />
der Gefährdungs- und Verwundbarkeitsanalyse<br />
zusammen und wird in<br />
einer so genannten «Risikomatrix» abgebildet<br />
(Abb. 6).<br />
Nachdem nunmehr die Risikoanalyse<br />
abgeschlossen ist, werden die ermittel-<br />
23
24<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Abb. 2: Muster Kritikalitätsanalyse (Tabellenauszug)<br />
Abb. 5: Muster Verwundbarkeitsanalyse (Auszug)
SRMDM<br />
ten Risiken in der dritten Phase, der<br />
Risikobewertung, miteinander verglichen<br />
und die Bereiche des Krankenhauses<br />
identifiziert, die bezüglich ihres Risikoanteils<br />
einen übermässigen Anteil am<br />
Gesamtrisiko des Krankenhauses ausmachen.<br />
Die Ergebnisse werden mit den<br />
entsprechenden Verwundbarkeitstabellen<br />
verglichen, denn diese machen es<br />
möglich, die einzelnen Schwachstellen,<br />
die zu einer erhöhten Verwundbarkeit<br />
geführt haben, zu erkennen. Anhand<br />
einer Matrix kann lediglich das Risiko<br />
abgelesen werden. Die Ursachen, die zu<br />
einem erhöhten Risiko geführt haben,<br />
sind dabei nicht erkennbar.<br />
Am Ende des gesamten Prozesses<br />
wird entschieden, inwieweit gegenüber<br />
den bestehenden Risiken Massnahmen<br />
ergriffen werden müssen oder<br />
nicht. Das Krankenhaus hat die Möglichkeit,<br />
die bestehenden Risiken<br />
zu vermeiden,<br />
zu mindern,<br />
Abb. 6: Musterbeispiel Matrix<br />
zu transferieren oder<br />
zu akzeptieren.<br />
Allfällig zu ergreifende Massnahmen<br />
sind hierbei unter Kosten-Nutzen-<br />
Gesichtspunkten jeweils abzuwägen.<br />
Mit Rückblick auf die in den Krankenhäusern<br />
durchgeführten Analysen konnte<br />
teilweise beobachtet werden, dass<br />
bereits während der Untersuchungen<br />
Sicherheitslücken sichtbar wurden und<br />
mit minimalem Aufwand Massnahmen<br />
ergriffen werden konnten, die dazu führten,<br />
das Risiko sofort zu mindern.<br />
Ein Beispiel dafür ist der Anschluss an<br />
die Notstromversorgung von lebenserhaltenden<br />
Geräten oder aber die detaillierte<br />
Betrachtung von Verträgen externer<br />
Dienstleister.<br />
Die Geschäftsführungen der Krankenhäuser<br />
haben die Durchführung der<br />
Risikoanalysen unterstützt.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
In Anbetracht vergangener Ereignisse,<br />
wie der Stromausfall im Münsterland<br />
oder der Orkan «Kyrill», die nur einen<br />
Bruchteil aller Ereignisse darstellen, wird<br />
deutlich, wie gross die Verletzlichkeit unser<br />
Gesellschaft ist. Um auf diese Gefahren<br />
vorbereitet zu sein und abzuwenden,<br />
bedarf es nicht nur eines perfekten Krisenmanagements.<br />
Demnach sollte versucht werden, dass<br />
ein funktionierendes Risikomanagement<br />
neben der bestehenden Krankenhausalarmplanung<br />
als weiterer Teil der<br />
Unternehmensstrategie integriert wird.<br />
Dies schon allein aus dem Grund, um<br />
nicht nur repressiv, sondern auch präventiv<br />
handeln zu können. Die gewonnenen<br />
Informationen aus einer Risikoanalyse<br />
können zum Beispiel als<br />
Handlungsempfehlungen oder Verhaltensregeln<br />
in die bestehende Krankenhausalarmplanung<br />
integriert werden,<br />
so dass diese zu einer Verbesserung<br />
des Krisenmanagements beitragen.<br />
25
26<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Elektronische Kommunikation im Krisenfall<br />
Heinz Ursprung, Security & Risk Management, UniversitätsSpital Zürich, Physikstrasse 4, 8091 Zürich, heinz.ursprung@usz.ch<br />
Key Words: IT-Notfallplanung, IT-Netzwerkstörung,<br />
Continuity Management, UniversitätsSpital<br />
Zürich<br />
Treten Störungen mit der elektronischen<br />
Kommunikation auf, müssen<br />
alle betroffenen Dienstleister solange<br />
ohne oder mit eingeschränkter<br />
Kommunikation weiter arbeiten<br />
können, bis die Störung gefunden<br />
und behoben wurde und der normale<br />
störungsfreie Betriebszustand<br />
wieder hergestellt ist! Das Krisenmanagement<br />
wird für alle Kliniken,<br />
Institute und Leistungszentren so<br />
ausgelegt, dass die Dienstleistungen<br />
während der Störungsbehebung<br />
gemeinsam erbracht werden<br />
können unter Berücksichtigung der<br />
Logistik, der Technischen Dienste<br />
und des Betriebs. Dabei spielen die<br />
im Voraus festgelegten Handlungsanweisungen<br />
(Kontinuitätsoptionen)<br />
für die optimale Bewältigung eines<br />
Krisenfalls eine entscheidende<br />
Rolle. Der Vorteil eines Spitals mit<br />
Notfallstation: Man verwendet im<br />
Alltag bereits Prozesse mit «Kontinuitätsoptionen»,<br />
die auch im Ausfallkonzept<br />
vorgesehen sind (Continuity<br />
Management).<br />
Einleitung<br />
«Die Computerpanne am Universitätsspital<br />
Zürich ist am Dienstag früh behoben<br />
worden. Der Schaden sei im Laufe<br />
der Nacht lokalisiert und die schadhafte<br />
EDV-Komponente entfernt worden,<br />
teilte das Spital mit. Auf den verschiedenen<br />
Systemen sei am frühen Morgen<br />
der Normalbetrieb wieder aufgenommen<br />
worden. Das Unispital kämpfte<br />
seit Montagmorgen mit einem Netzwerkunterbruch,<br />
von dem die administrativen<br />
Systeme wie auch Klinik-, Labor-<br />
und Radiologiesysteme betroffen<br />
waren. Die Patientenversorgung und<br />
-sicherheit war laut Communique zu<br />
jeder Zeit gewährleistet. Allerdings hätten<br />
Patientinnen und Patienten längere<br />
Wartezeiten oder eine Terminverschiebung<br />
in Kauf nehmen müssen.»<br />
Diese Meldung der Schweizerischen<br />
Depeschenagentur (SDA) wurde am 1.<br />
März 2005 über die Medien verbreitet.<br />
Man geht in Fachkreisen davon aus,<br />
dass in einem Spital mit seinen vielfältig<br />
verknüpften, 7x24-Stunden-Betriebsabläufen<br />
nie alle Störungen<br />
durch Prävention verhindert werden<br />
können [3]. Im Rahmen einer Nachdiplomarbeit<br />
mit dem Departement<br />
MTEC der ETH Zürich haben wir beispielhaft<br />
ein Leistungszentrum, eine<br />
Klinik und ein Institut ausgewählt für<br />
eine Konzeptstudie «Informatik-Ausfallkonzept<br />
für ein Universitäts-Spital»<br />
[1]. Die Ausführungen in diesem Beitrag<br />
zum Thema «Elektronische Kommunikation<br />
im Krisenfall» basieren auf<br />
dieser Konzeptstudie.<br />
Der Krisenfall – Die<br />
Netzwerkstörung vom<br />
28.2./1.3.2005<br />
Montagmorgen, 08.30 Uhr: Die Erfassung<br />
beim regulären Spitaleintritt<br />
der angemeldeten Patienten im Kliniksystem<br />
wird zunehmend schleppender.<br />
Die zuständigen Informatikmitarbeitenden<br />
werden automatisch alarmiert.<br />
Netzwerktechniker beginnen<br />
mit der Störungsanalyse.<br />
Die IT-Hotline registriert erste Störungsmeldungen.<br />
Die Stationen können elektronisch<br />
keine Medikamente bestellen.<br />
Patienten müssen provisorisch erfasst<br />
werden.<br />
Die Störung weitet sich auf die Netzwerkbereiche<br />
der Services aus, so<br />
dass aus Sicht der Anwender und<br />
Das USZ – eine hoch komplexe<br />
Welt mit der Grösse einer<br />
Kleinstadt<br />
Das UniversitätsSpital Zürich<br />
(USZ) ist ein Spital der öffentlichen<br />
Hand, befindet sich mitten<br />
in der Stadt und ist Eckpfeiler<br />
der medizinischen Grundversorgung<br />
von Stadt und Kanton.<br />
Mit 40 Spezialkliniken und Instituten<br />
bietet es ein umfassendes,<br />
medizinisch breit abgestütztes<br />
Behandlungsangebot<br />
für jährlich etwa 160’000 ambulant<br />
und über 30’000 stationär<br />
behandelte Patienten. Dafür<br />
sind unter anderem rund um<br />
die Uhr verfügbare Informatik-<br />
Dienstleistungen zwingend notwendig<br />
und davon wiederum<br />
hat die elektronische Kommunikation<br />
einen zentralen Stellenwert.<br />
Das USZ beschäftigt<br />
rund 6’100 Mitarbeitende.<br />
Das USZ arbeitet eng mit Instituten<br />
und Labors der Universität<br />
und auch der Eidgenössischen<br />
Technischen Hochschule<br />
(ETH) zusammen und steht in<br />
der medizinischen Forschung<br />
mit an vorderster Stelle. Am<br />
USZ werden stets die neuesten<br />
und erfolgversprechendsten<br />
Behandlungsmethoden eingesetzt.<br />
Einige Behandlungen und<br />
Operationen bietet das USZ als<br />
einziges Schweizer Spital an,<br />
weshalb Patienten aus allen<br />
Kantonen und dem Ausland zu<br />
uns kommen (www.usz.ch).<br />
Die Abbildung 1 veranschaulicht<br />
das komplexe Beziehungsnetzwerk<br />
.
SRMDM<br />
der Service-Verantwortlichen ein<br />
kompletter Ausfall der «elektronischen<br />
Kommunikation» entsteht.<br />
Keine elektronische Auftragsabwicklung<br />
mehr von Laboranalysen.<br />
Röntgenbilder sind nur noch am radiologischen<br />
Untersuchungsgerät<br />
(Modalität) vorhanden.<br />
Essensbestellung ist nicht mehr<br />
elektronisch möglich.<br />
Der Kernstab «Führung in ausserordentlichen<br />
Lagen» (FaoL) wird um 15<br />
Uhr einberufen und beginnt mit der<br />
Lagebeurteilung und Informationsbeschaffung.<br />
Die Mitarbeitenden<br />
werden direkt durch Flugblätter informiert,<br />
welche die Meldeläufer der<br />
Betriebsfeuerwehr verteilen und via<br />
Info-Points. Die Behörden werden<br />
informiert und Medienanfragen beantwortet.<br />
Gegen 23 Uhr kann der Fehler auf ein<br />
Gebäude (Trakt-Router) eingegrenzt<br />
werden. Das USZ bewirtschaftet<br />
über 10’000 Räume!<br />
4 Uhr: Die betroffene Etage mit dem<br />
entsprechenden Etagen-Switch ist<br />
identifiziert!<br />
Der FaoL-Kernstab bleibt mit einer<br />
minimalen Besetzung bis 05.30 Uhr<br />
vor Ort.<br />
Dienstagmorgen, 6 Uhr: Das Gerät,<br />
welches die Störung verursacht, ist<br />
eruiert.<br />
Ab 8 Uhr Wiederinbetriebnahme der<br />
Applikationen, nachdem die Störung<br />
behoben wurde.<br />
Am Dienstagmittag läuft das Gros<br />
der Applikationen wieder.<br />
Der FaoL-Einsatz dauert bis 14 Uhr.<br />
Die Störung dauerte von Montagmorgen<br />
bis Dienstagmittag. Dann konnten<br />
alle Systeme den Informatik-Betrieb<br />
wieder aufnehmen. Die interdisziplinäre<br />
Notfallstation des UniversitätsSpitals<br />
Zürich mit ihrem 7x24-Stundenbetrieb<br />
und knapp 40’000 Patientenkontakten<br />
pro Jahr, war durch diese Informatikstörung<br />
stark betroffen und gefordert.<br />
Die Netzwerkgruppe versuchte zuerst,<br />
die Störung mit eigenen Mitteln zu lokalisieren<br />
und zu beheben, dann wurde<br />
externe Hilfe der Lieferanten angefordert.<br />
Nach einem halben Tag wurde an<br />
den FaoL eskaliert. Gemeinsam und<br />
auf verschiedenen Ebenen konnten wir<br />
diesen Krisenfall erfolgreich meistern.<br />
Die Störquelle löste mehrere Folgefehler<br />
aus, welche sich gegenseitig im gesamten<br />
USZ-Netzwerk beeinflussten.<br />
Deshalb blieb die Ursache längere Zeit<br />
unentdeckt. Erst eine Entkopplung von<br />
Netzwerkteilen ermöglichte die Fehlerlokalisierung.<br />
Ein typischer möglicher<br />
Störungsfall für komplexe Organisationen<br />
mit vielen verschiedenen, zum Teil<br />
eng verknüpften Betriebsabläufen. Die<br />
Ursache war eine zu Beginn nicht überschaubare<br />
und nachvollziehbare komplexe<br />
Störung [3].<br />
Ein Spital mit Notfallstation ist eine komplexe<br />
Organisation hoher Zuverlässigkeit<br />
mit vielen verschiedenen, zum Teil eng<br />
verknüpften Betriebsabläufen [2, 3]. Damit<br />
die Patienten behandelt werden kön-<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
nen, sind nicht nur Ärzte, Pflegepersonal<br />
und die elektronische Kommunikation<br />
notwendig, sondern auch medizinische<br />
und technische Geräte. Es braucht zum<br />
Beispiel die Logistik für Material- und Medikamentenbestellungen<br />
und den Betrieb<br />
für die Transporte, die Reinigung<br />
und die Verpflegung. Auch die Technik<br />
mit Lüftung, Wasser, Strom, Telefon usw.<br />
und die Informatik sind notwendige<br />
Dienstleister. Ohne die Informatik kann<br />
ein Universitätsspital seinen Leistungsauftrag<br />
heute nicht mehr erfüllen.<br />
Notfallstation – im Durchschnitt<br />
jede Viertelstunde eine<br />
Patientenaufnahme<br />
In der Notfallstation des USZ versteht<br />
man unter Normalbetrieb durchschnittlich<br />
alle 14 Minuten rund um die Uhr<br />
eine Patientenaufnahme und alle zehn<br />
Stunden eine Notoperation.<br />
Abb. 1: Das UniversitätsSpital Zürich mit der Notfallstation, dargestellt als Ausschnitt aus dem<br />
VBZ-Netz der Stadt Zürich, veranschaulicht das komplexe Beziehungsnetzwerk.<br />
27
28<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Die Abbildung 2 soll einen Eindruck<br />
vermitteln über die Patientenzahlen in<br />
der Notfallstation, wo die Mitarbeitenden<br />
im Schichtdienst in der Regel wenig<br />
Möglichkeiten haben, die Arbeitsbelastung<br />
zu steuern oder gleichmässig<br />
zu verteilen. Die Kurvenschar zeigt über<br />
mehrere Jahre die Anzahl der Patienten,<br />
die von September bis November<br />
während 24 Stunden aufgenommen<br />
wurden. Zwischen 4 und 6 Uhr werden<br />
am wenigsten Patienten aufgenommen<br />
und von 9 bis 10 Uhr am meisten!<br />
Die Einteilung der Eskalationsstufen<br />
(Abb. 3) zeigt, dass der Alltag per Definition<br />
in einer Notfallstation aus Notfällen<br />
wegen gesundheitlichen Störungen<br />
besteht, mitunter lebensbedrohlichen<br />
«Störungen»!<br />
Das heisst: Alle bisherigen Grossereignisse,<br />
wie oben aufgeführt, wurden mit<br />
der Notfallplanung routinemässig abgewickelt.<br />
Es werden im Alltag bereits<br />
Prozesse verwendet, die im Krisenfall<br />
vorgesehen sind. Das ist unter anderem<br />
eine wichtige Erkenntnis, welche<br />
ein Spital als komplexe Organisation<br />
mit hoher Zuverlässigkeit auszeichnet<br />
[2].<br />
Die Eskalationsstufen zeigen auch, dass<br />
die Notfallstation laufend mit Lagebeurteilungen<br />
konfrontiert ist. Die daraus<br />
abgeleiteten Massnahmen sind spezifisch<br />
für diesen Dienstleister. Mit folgenden<br />
Fragen konnte die Notfallstation<br />
ihren Handlungsbedarf abklären:<br />
Sind Ersatz-Lösungen vorhanden für<br />
die Netzwerkstörung?<br />
Der Patienten-Service wird mit Alternativ-Angeboten<br />
weitergeführt.<br />
Patientenbehandlung und Klinikbetrieb<br />
sind in der Methodenwahl eingeschränkt.<br />
Abb. 2: Eintrittszeiten/Spitzenzeiten von Patienten in der Notfallstation (Bereiche Medizin und Chirurgie)<br />
Gibt es einen Komfort- und Dienstleistungsverlust?<br />
Patienten-Service, Patientenbehandlung<br />
und Klinikbetrieb sind<br />
spürbar eingeschränkt.<br />
Das Patientenwohl ist nicht gefährdet.<br />
Sind Patienten gefährdet?<br />
Patienten können nicht mehr oder<br />
die sichtbaren Verletzungen können<br />
nur noch ambulant behandelt werden.<br />
Notfälle müssen in andere Spitäler<br />
verlegt/umgeleitet werden.<br />
Jeder Dienstleister kann anlog vorgehen,<br />
selbst wenn keine Personen betroffen<br />
sind, sondern nur technische<br />
Services. Wäre die Störung zum Beispiel<br />
ein Brandfall, müssten selbstverständlich<br />
auch die Mitarbeitenden in<br />
die Lagebeurteilung mit einbezogen<br />
werden!
SRMDM<br />
Abb. 3: Eskalationsstufen für das Leistungszentrum Notfallstation<br />
IKC-Labor – Es kann seine<br />
Dienstleistung mehrere Wochen<br />
ohne IT erbringen<br />
Das Institut für Klinische Chemie behandelt<br />
keine Patienten, ist aber mit seinen<br />
350’000 Laboraufträgen pro Jahr ein<br />
Dienstleister, der nicht durch Störungen<br />
ausfallen darf. Damit die über 2,2 Millionen<br />
Labor-Resultate pro Jahr zuverlässig<br />
und korrekt erstellt werden können,<br />
sind auch entsprechende Massnahmen<br />
und Ausfallkonzepte vorgesehen.<br />
Hier zwingt die Akkreditierung der Laborumgebung,<br />
Ausfallkonzepte zu planen<br />
und Risikoüberlegungen durchzuführen.<br />
Das Labor könnte mit der<br />
aktuellen Organisation mehrere Wochen<br />
ohne Informatik weiterarbeiten!<br />
Klinik für Geburtshilfe – Jederzeit<br />
eine Notsektio innert zehn<br />
Minuten!<br />
Aus der Praxis für die Praxis! Abbildung<br />
4 zeigt ein Beispiel, wie bestehende<br />
Dokumentationen für das Krisenmana-<br />
gement genutzt werden können. Das<br />
Handbuch beschreibt den klinischen<br />
Betrieb mit verschiedenen wichtigen<br />
Notfallszenarien. Es dokumentiert damit<br />
auch den Stand und das Verständnis<br />
dieser Klinik für Störungen und<br />
Notfälle. Das ist ein weiteres wichtiges<br />
Beispiel, welches ein Spital als komplexe<br />
Organisation mit hoher Zuverlässigkeit<br />
auszeichnet [2].<br />
Die Abbildung 5 zeigt den Ablauf für<br />
eine «Notsektio» (Kaiserschnitt). Dies<br />
ist ein wichtiger Notfallprozess, der im<br />
klinischen Alltag eingesetzt wird. Er hat<br />
sich bewährt und ist eingespielt. Löst<br />
der zuständige Oberarzt den Alarm<br />
aus, wissen alle genau, was zu tun ist.<br />
Mit diesem Notfallprozess dauert ein<br />
Kaiserschnitt am USZ nur acht bis zehn<br />
Minuten! Er kann auch ohne elektronische<br />
Kommunikation durchgeführt<br />
werden. Dieses Beispiel zeigt, wie «fit»,<br />
vorbereitet und eingeübt die Mitarbeitenden<br />
für die Anwendung der Notfall-<br />
Konzepte sind.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Praxisbeispiel Kontinuitätsplanung: Die<br />
Neonatologie pflegt und überwacht<br />
nach der Geburt die Frühgeborenen<br />
und nutzt für die Kapazitätsplanung<br />
das Informations- und Einsatz-System<br />
(IES) des Bundes [5]. Dies entspricht<br />
faktisch in der Kontinuitätsplanung einem<br />
«Reciprocal Agreement» (siehe<br />
Kontinuitätsoptionen im Störungsfall).<br />
Informatik – Ausfallkonzepte für<br />
die elektronische Kommunikation<br />
im Krisenfall<br />
Ist die elektronische Kommunikation<br />
gestört, kommen zum Beispiel folgende<br />
zwei erprobten Ausfallkonzepte zum<br />
Einsatz:<br />
Im Bereich der Patientenadministration<br />
ein Ausfallsystem für SAP-Anwendungen,<br />
das auch ohne Spitalnetzwerk<br />
die Aufnahme von<br />
Notfallpatienten ermöglicht.<br />
Im Bereich der Pflege ein Ausfallsystem<br />
des Klinikinformationssystems,<br />
damit auch ohne elektronische Kommunikation<br />
die Verordnungen für die<br />
Patienten zur Verfügung stehen. Fällt<br />
die Applikation oder das Netzwerk<br />
Abb. 4: Aus der Praxis klinikspezifisches<br />
Handbuch mit erprobten Notfall-Abläufen [4]<br />
29
30<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
aus, können für alle erfassten Patienten<br />
die Verordnungen für die nächsten<br />
sechs Stunden ausgedruckt werden.<br />
Unter Dienstleistungen, wie die elektronische<br />
Kommunikation, verstehen wir<br />
alle Arten von zu erbringenden Leistungen<br />
für die Patientenbehandlung wie<br />
Informationsaustausch, Auftragserteilung,<br />
Resultatübermittlung usw.<br />
Massnahmen – vermeiden,<br />
verhindern, verringern,<br />
verbessern!<br />
Durch die damalige ungünstige Netzwerkarchitektur<br />
konnte sich die Netzwerkstörung<br />
über das gesamte USZ<br />
ausbreiten. Unvorhersehbar waren die<br />
Folgefehler, die sich gegenseitig beeinflussten,<br />
die eigentliche Ursache «verdeckten»<br />
und dadurch eine rasche<br />
örtliche Eingrenzung verhinderten.<br />
Was hat dieser Krisenfall ausgelöst?<br />
Workshop am 4.3.05 mit folgenden<br />
Zielen: Sofortmassnahmen und Verbesserungsvorschläge,<br />
die Störun-<br />
gen in der elektronischen Kommunikation<br />
vermeiden, die Ausbreitung<br />
verhindern, die Auswirkungen verringern<br />
und die Ersatzverfahren verbessern!<br />
LAN Infrastruktur Audit, April 2005:<br />
Die Konfigurationen der Netzwerkkomponenten<br />
und die Netzwerkstruktur<br />
wurden auf weitere mögliche<br />
Störungen untersucht.<br />
Zusätzlich zu den Sofortmassnahmen<br />
wurde empfohlen, mittel- bis<br />
langfristig die bestehende LAN-Infrastruktur<br />
zu erneuern. Die detaillierten<br />
Schritte wurden in einer<br />
Massnahmentabelle festgehalten<br />
und mit den Kriterien «Dringlichkeit,<br />
Machbarkeit, Risiko, Wirkung und<br />
Aufwand» versehen.<br />
Sofortmassnahmen, August 2005:<br />
Gemäss LAN-Audit eruierte Schwachstellen<br />
in der Netzwerkinfrastruktur<br />
beseitigen. Ein grosser Teil waren Software-<br />
und Konfigurationsanpassungen.<br />
Diese Massnahmen mussten einen<br />
sicheren Betrieb gewährleisten bis<br />
zum geplanten LAN-Projekt 2006.<br />
Abb. 5: Beispiel für einen bestehenden, eingespielten Notfallablauf «Geburtshilfe»<br />
Ausgehend von der IT Security Policy<br />
des USZ wurden in einer Risikoanalyse<br />
potenzielle Bedrohungen<br />
und Risiken im IT-Bereich<br />
systematisch erfasst und gewichtet.<br />
Aus dieser Risikoanalyse wurden<br />
dann alle erforderlichen Massnahmen<br />
abgeleitet mit dem Ziel, die<br />
Sicherheit der Informatik im umfassenden<br />
und ganzheitlichen Sinne<br />
zu erhöhen.<br />
2006 ist im Rahmen eines LAN-Projekts<br />
das USZ-Netzwerk erneuert<br />
worden.<br />
Netzwerksicherheitskonzept 2007:<br />
Das USZ-Netzwerk wurde aus betrieblichen<br />
und sicherheitstechnischen<br />
Gründen gemäss dem Ansatz<br />
der «good security practice» in Netzwerkzonen<br />
unterteilt.<br />
Massnahmen vor oder nach der<br />
Störung – Prävention oder<br />
Continuity Management<br />
Man kann den zeitlichen Ablauf einer<br />
Störung grundsätzlich in drei Schritten<br />
zusammenfassen:<br />
Vor der Störung:<br />
– Vermeidung von Ursachen durch<br />
Prävention<br />
Während der Störung:<br />
– Störungsbehebung beginnen<br />
– Ausbreitung verhindern<br />
– Auswirkungen verringern<br />
– Allenfalls Ersatzverfahren<br />
einsetzen<br />
– Störung finden und beheben<br />
Nach der Störung:<br />
– Aus den Erfahrungen lernen<br />
– Prävention und/oder Störungsbehebung<br />
verbessern<br />
Folgende Vorgaben haben sich für eine<br />
Störungsbewältigung bewährt:<br />
Vermeidung der Ursachen: Wichtige<br />
Systeme müssen entsprechend den<br />
spezifizierten Bedürfnissen bzw. zu
SRMDM<br />
den definierten Einsatzzeiten hoch<br />
verfügbar sein. Ungeplante Systemausfälle<br />
müssen mit geeigneten<br />
Massnahmen entsprechend den tatsächlichen<br />
Be dürfnissen und im<br />
Rahmen der finanziellen und technischen<br />
Möglich keiten minimiert werden.<br />
Verhinderung der Ausbreitung, Verringerung<br />
der Auswirkungen: Fallen<br />
Systeme oder Systemkomponenten<br />
trotz aller Vorsorge aus, muss ein<br />
Zugriff auf die allerwichtigsten Informationen<br />
(Medikationsverordnungen<br />
usw.) dennoch gewährleistet sein;<br />
diesbezüglich müssen geeignete<br />
Massnahmen vorsorglich getroffen<br />
werden.<br />
Ersatzverfahren: Notfallkonzepte sollen<br />
sicherstellen, dass bei einem teilweisen<br />
oder gar vollständigen Ausfall<br />
der Informations- und Kommunikationssysteme<br />
der Klinikbetrieb dennoch<br />
– allenfalls mit tolerierbaren<br />
Einschränkungen – aufrecht erhalten<br />
werden kann.<br />
Verbesserung der Störungsbehebung<br />
und der Zusammenarbeit,<br />
Überprüfung der Kontinuitätsoptionen<br />
und laufende Verbesserung.<br />
Als Prävention bezeichnet man vorbeugende<br />
Massnahmen, um ein unerwünschtes<br />
Ereignis oder eine unerwünschte<br />
Entwicklung zu vermeiden.<br />
Continuity Management muss Dienstleistungen<br />
in Ausnahmesituationen sicherstellen.<br />
Warum nicht die Prävention ausbauen<br />
und damit Störungen und Krisen verhindern?<br />
Für überschaubare einfache<br />
Systeme mit lose gekoppelten linearen<br />
Prozessabläufen kann der Schwerpunkt<br />
auf die Prävention eine optimale<br />
Lösung sein [3]. Die Prävention erreicht<br />
ihre Grenzen, wenn Aufwand und Er-<br />
trag für die vielen verschiedenen möglichen<br />
Störungsszenarien nicht mehr<br />
planbar oder bezahlbar sind. Für ein<br />
Spital genügt die Prävention alleine<br />
nicht; es muss jederzeit mit Störungen<br />
gerechnet werden [3]. In einem Krisenfall<br />
muss man sich, je nach Situation,<br />
auf wesentliche Dienstleistungen beschränken.<br />
Naheliegend ist die Reduktion<br />
oder Verschiebung von geplanten<br />
Behandlungen zu Gunsten der Notfälle,<br />
der ungeplanten Patientenbehandlungen.<br />
Wichtig ist hier zu beachten, dass<br />
der Krisenfall eine betriebliche Störung<br />
sein kann, wie der Ausfall der elektronischen<br />
Kommunikation, aber auch bei<br />
störungsfreiem Spitalbetrieb ein Massenanfall<br />
von Patienten. Hier bestimmt<br />
dann die Kapazitätsplanung die wesentlichen<br />
Dienstleistungen, zum Beispiel<br />
«Eskalationsstufen» Notfallstation<br />
(Abb.3).<br />
Wesentliche Dienstleistungen sind bestimmt<br />
durch den Aufgabenkatalog innerhalb<br />
und ausserhalb der Klink oder<br />
des Instituts und der Erfüllungsgrad, der<br />
minimal für die ungeplanten Patientenbehandlungen<br />
(Notfälle) erforderlich ist.<br />
Innerhalb der Kliniken und Institute sind<br />
die Abhängigkeiten und Abläufe insofern<br />
relevant, als sie im Störungsfall auf<br />
die Kapazität und das Dienstleistungsangebot<br />
Einfluss haben:<br />
Welche Dienstleistung wird noch angeboten<br />
und in welcher Form?<br />
Welche technischen und logistischen<br />
Voraussetzungen müssen gegeben<br />
sein?<br />
Genügen die personellen und finanziellen<br />
Ressourcen?<br />
Sind die Mitarbeitenden informiert<br />
und die Organisation bereit für Übungen<br />
und Tests?<br />
Was ist heute schon vorhanden und<br />
geplant? Was fehlt noch?<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Ausserhalb der Kliniken und Institute<br />
sind im Störungsfall untereinander die<br />
Abweichungen zum störungsfreien Betrieb<br />
für die «End-to-End»-Patientenbehandlung<br />
zu bestimmen.<br />
Ausserhalb des USZ<br />
Die elektronische Kommunikationsstörung<br />
ist eine von vielen Möglichkeiten.<br />
Je nach den Abhängigkeiten und Beziehungen<br />
von verschiedenen Aufgaben<br />
können Dienstleistungsprozesse<br />
über das Spital hinausgehen. Neben<br />
Verbindungen mit Stellen ausserhalb<br />
des Spitals aus den Spitalbereichen<br />
Kliniken, Leistungszentren, Institute,<br />
kann auch der nicht medizinische Betrieb<br />
mit Informatik, Technik und Logistik<br />
das Krisenmanagement beeinflussen,<br />
wie zum Beispiel die Energieversorgung,<br />
Medikamente, Verpflegung,<br />
Verbandsmateriel, Transportdienst,<br />
Medienmitteilungen, Alarmierung von<br />
Mitarbeitenden.<br />
Bestehende Vorgaben –<br />
Organisatorische Unterstützung<br />
für die Krisenbewältigung<br />
Das USZ erhält vom Regierungsrat des<br />
Kantons Zürich einen verbindlichen<br />
Leistungsauftrag, der jährlich neu verhandelt<br />
wird. Die aktuellen kantonalen<br />
Vorgaben bei besonderen und ausserordentlichen<br />
Lagen lauten:<br />
Aufnahme von 50 leicht bis mittelschwer<br />
Verletzten und fünf<br />
Schwerverletzten in der ersten<br />
Stunde<br />
Schutz & Rettung Zürich ist für die<br />
Bewältigung von ausserordentlichen<br />
Lagen im Kanton zuständig<br />
Für die Krisenbewältigung ist im USZ<br />
das Organ FaoL zuständig. Eine ausserordentliche<br />
Lage ist ein unvorsehbares<br />
Ereignis mit weitreichenden Auswirkungen<br />
auf die Führung und Leistungser-<br />
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SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
bringung des USZ bei gleichzeitig hohem<br />
Interesse von Öffentlichkeit und<br />
Politik. Das Organ FaoL stellt den Betrieb<br />
des USZ im Krisenfall oder in ausserordentlichen<br />
Lagen sicher.<br />
Messgrössen für den Handlungsbedarf:<br />
Patienten: Keine Schädigung oder<br />
Gefährdung von Patienten durch die<br />
wesentlichen Dienstleistungen.<br />
Kontinuitätsoptionen: Das sind im<br />
Voraus festgelegte Handlungsanweisungen<br />
für den Krisenfall, die massgeblich<br />
die Reputation beeinflussen<br />
können.<br />
Reputation: Die Reputation bzw. der<br />
Reputationsschaden hat keinen direkten<br />
Zusammenhang mit der Art,<br />
der Grösse oder dem Umfang der<br />
Störung. Der Reputationsschaden<br />
entsteht durch unprofessionelle Problemlösung,<br />
fehlerhaftes Verhalten<br />
der Beteiligten, ungenügende Kommunikation<br />
oder mangelhafte Sorgfaltspflicht.<br />
Ethisches Verhalten kann<br />
zur Erhöhung der Reputation eines<br />
Unternehmens führen. Die Reputation<br />
wird auch in den Bewertungen von<br />
Rating-Agenturen berücksichtigt [2].<br />
Abb. 6: Interdisziplinäre Notfallstation des USZ<br />
Störungen – Unerwartete<br />
Ereignisse, die Herausforderung<br />
im Krisenfall<br />
Per Definition sind Irrtümer, Überraschungen<br />
und das Unerwartete, wie<br />
nicht überschaubare komplexe Störungen,<br />
schwer voraus zu sehen [2].<br />
Störungen jeglicher Art sind zu vermeiden,<br />
vor allem, wenn sie unerwartet<br />
eintreffen. Wir versuchen sie zu verhindern,<br />
indem wir vorausschauend<br />
Massnahmen planen (Prävention). Störungen,<br />
die Sachen oder Personen<br />
gefährden oder schädigen könnten,<br />
sind besonders zu beachten.<br />
Einfache Störungen sind überschaubar<br />
und nachvollziehbar. Man kann sie<br />
durch persönliche Erfahrung oder Planung<br />
verhindern. Ist die Störung trotzdem<br />
aufgetreten, wird sie innert nützlicher<br />
Frist behoben. Ausser Umtriebe<br />
und Ärger bleibt der Schaden unter<br />
Kontrolle. Diese Störungsart tritt auf bei<br />
einfachen sequenziellen Arbeiten, wo<br />
Schritt für Schritt gearbeitet wird(zum<br />
Beispiel Puls messen oder ein Medikament<br />
mit der Spritze verabreichen).<br />
Hier kann die Prävention nützlich sein.<br />
Komplizierte Störungen sind nicht oder<br />
schwer überschaubar und nachvollziehbar.<br />
Man kann sie in der Regel nicht<br />
oder nur teilweise durch die persönliche<br />
Erfahrung oder Planung verhindern.<br />
Ist die Störung trotzdem aufgetreten,<br />
kann sie meistens nicht innert<br />
nützlicher Frist behoben werden. Es<br />
werden Sachen und Personen gefährdet<br />
oder geschädigt und der Schaden<br />
kann ausser Kontrolle geraten. Diese<br />
Art von Störung tritt auf bei schwierigen<br />
Arbeitsschritten und wo verschiedene,<br />
eng verknüpfte Arbeitsabläufe gleichzeitig<br />
durchgeführt werden. Zum Beispiel<br />
bei einer Operation an einem<br />
schwerverletzen Patienten oder im Vorfeld,<br />
wenn dieser Patient in der Notaufnahmestation<br />
eingeliefert wird. Hier<br />
stösst die Prävention an Grenzen, weil<br />
es zu viele mögliche Störungsvarianten<br />
gibt, die man nicht mehr im Voraus planen<br />
kann.<br />
Die Lösung – Darstellung am<br />
Beispiel der elektronischen<br />
Kommunikation<br />
Treten Störungen mit der elektronischen<br />
Kommunikation auf, müssen alle<br />
betroffenen Dienstleister solange ohne<br />
oder mit eingeschränkter Kommunikation<br />
weiter arbeiten können, bis die<br />
Störung gefunden und behoben wurde<br />
und der normale störungsfreie Betriebszustand<br />
wieder hergestellt ist!<br />
Das Krisenmanagement wird für alle<br />
Kliniken, Institute und Leistungszentren<br />
so ausgelegt, dass die Dienstleistungen<br />
während der Störungsbehebung<br />
gemeinsam erbracht werden können<br />
unter Berücksichtigung der Logistik,<br />
der Technischen Dienste und des Betriebs.<br />
Dabei spielen die im Voraus festgelegten<br />
Handlungsanweisungen<br />
(Kontinuitätsoptionen) für die optimale<br />
Bewältigung eines Krisenfalls eine entscheidende<br />
Rolle.
SRMDM<br />
Der Vorteil eines Spitals mit Notfallstation:<br />
Man verwendet im Alltag bereits<br />
Prozesse mit «Kontinuitätsoptionen»,<br />
die auch im Ausfallkonzept vorgesehen<br />
sind (Continuity Management).<br />
Kontinuitätsoptionen im Störungsfall:<br />
Nichts unternehmen<br />
Manuelle Erledigung: Datenerfassung<br />
mit Formular, Kommunikation<br />
mit Telefon, Meldeläufer, Info-Points,<br />
Anschlagbrett<br />
Abkommen mit anderen Bereichen/<br />
Kliniken/Instituten oder externen Betrieben<br />
und Spitälern für Ersatzgeräte<br />
oder Dienstleistungen (Reciprocal<br />
Agreement); die Neonatologie ist ein<br />
Beispiel dafür<br />
Allmähliche Wiederherstellung (Cold<br />
Standby, Gradual Recovery)<br />
Schnelle Wiederherstellung (Warm<br />
Standby, Intermediate Recovery)<br />
Sofortige Wiederherstellung (Hot<br />
Standby, Immediate Recovery)<br />
Durch die korrekte Wahl der Kontinuitätsoptionen<br />
kann die Schadengrösse<br />
bezüglich Patientendienstleistungen<br />
klein gehalten werden und damit auch<br />
der Reputationsschaden:<br />
Kleiner Schaden, Ersatzlösungen vorhanden:<br />
Der Patientenservice wird mit Alternativangeboten<br />
weitergeführt.<br />
Die Patientenbehandlung und der<br />
Klinikbetrieb sind in der Methodenwahl<br />
eingeschränkt.<br />
Mittlerer Schaden, Komfort- und<br />
Dienstleistungs-Verlust:<br />
Der Patientenservice, die Patientenbehandlung<br />
und der Klinikbetrieb<br />
sind spürbar eingeschränkt.<br />
Das Patientenwohl ist nicht gefährdet.<br />
Grosser Schaden, Medieninteresse,<br />
Patienten gefährdet:<br />
Patienten können nicht mehr behandelt<br />
werden oder nur noch ambulant<br />
die sichtbaren Verletzungen<br />
Notfälle müssen in andere Spitäler<br />
verlegt/umgeleitet werden<br />
Fazit für den Krisenfall bzw. für<br />
das Managen von ungeplanten<br />
Ereignissen<br />
Ziel: Vermeidung der Auslöser, Verhinderung<br />
der Ausbreitung, Verringerung<br />
der Auswirkungen<br />
Die Fachwelt geht davon aus, dass<br />
nie alle Störungen verhindert werden<br />
können und deshalb Prävention allein<br />
nicht genügt, auch wenn man<br />
sehr grosse Aufwände betreibt.<br />
Die Zeit nach dem Ereignis umfasst<br />
die Störungsbehebung bis und mit<br />
Rückkehr zum Normalbetrieb. Vorkehrungen<br />
und Umsetzungen fasst<br />
man unter «Continuity Management»<br />
oder im Ausfallkonzept zusammen.<br />
Jede Klinik und jedes Institut ist verantwortlich<br />
dafür, dass ihre wesentlichen<br />
Dienstleistungen im IT-Störungsfall<br />
während einer definierten<br />
Zeitdauer weiterhin zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Die Anwendung identischer Prozesse<br />
im Alltag und auch im Krisenmanagement<br />
machen das Spital zu einer Organisation<br />
mit hoher Zuverlässigkeit<br />
und damit «fit» für die Krisenbewältigung<br />
[2]. Übung und Planung ist<br />
zweite Wahl!<br />
«Elektronische Kommunikation im<br />
Krisenfall» ist ein Beispiel innerhalb<br />
einer sehr komplexen Dienstleistungsumgebung.<br />
Die Ausführungen<br />
in diesem Artikel können auf jede<br />
Dienstleistung angewendet werden.<br />
Die organisatorischen und gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen, die<br />
Prozessabhängigkeiten, die Risiko-<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
und Kontinuitätsparameter sind entsprechend<br />
zu beurteilen und für die<br />
betrachtete Dienstleistung einzeln<br />
festzulegen. Dabei steht die Patienten-<br />
und Personalsicherheit an erster<br />
Stelle. Aus ethischer Sicht sind<br />
finanzielle Kriterien für den einzelnen<br />
Patienten nicht berücksichtigt.<br />
Literaturverzeichnis<br />
[1] Ursprung H., Dipl. El. Ing. ETH, MAS<br />
ETH MTEC/BWI, Leiter Systemtechnik<br />
(USZ 2003-2008) / Boutellier<br />
R., Prof. Dr., MTEC ETH / Heer<br />
F., CIO, ehemaliger Leiter Zentrale<br />
Informatik USZ / Niemeyer C., PhD<br />
Student MTEC, Betreuer Nachdiplomarbeit<br />
[2] Weick K.E. / Sutcliffe K.M., (2003,<br />
deutsche Übersetzung), Das unerwartete<br />
Managen – Wie Unternehmen<br />
aus Extremsituationen lernen,<br />
Klett-Cotta, Stuttgart, ISBN 3-608-<br />
94238-6, Thema: Behandelt die<br />
«High Reliability Organisations<br />
(HRO)» zu Deutsch «Organisationen<br />
hoher Zuverlässigkeit»<br />
[3] Perrow, C. (1987, deutsche Übersetzung),<br />
Normale Katastrophen –<br />
Die unvermeidbaren Risiken der<br />
Grosstechnik, Campus Verlag,<br />
Frankfurt/New York, Thema: Behandelt<br />
die Entkopplung komplexer Systeme<br />
und erläutert das Verhalten auf<br />
Grund dokumentierter Katastrophen<br />
[4] Zimmermann R., Prof. Dr. med., Klinikdirektor<br />
Geburtshilfe, (USZ<br />
2006), Handbuch Geburtshilfe,<br />
Thema: Internes «Kochbuch» des<br />
geburtshilflichen Alltags<br />
[5] Schweizerische Eidgenossenschaft<br />
(2008), Informations- und Einsatz-<br />
System (IES),<br />
http://www.ksd-ssc.ch<br />
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34<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Grenzen des Alltags in der Dritten Welt:<br />
Die Sonne «erweitert» den Horizont<br />
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Martin Oberholzer, Dekan der SAMK, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, martin.oberholzer@vtg.admin.ch, Max Scherrer<br />
(Ehemaliger Leiter der Fernmeldedienste des Kantons Thurgau, Weinfelden), Regina Decker (Institut für Pathologie des Universitätsspitals Basel),<br />
Ernst Sauerbruch (Ehemaliger Geschäftsführer eines Kunststoff-Verarbeitungsmaschinenbauers, Stein am Rhein), Herbert Aschwanden (Chefarzt<br />
der Chirurgie des Spitals Muvonde, Mvuma, Simbabwe)<br />
Key Words: Stromversorgung, Solarstrom,<br />
Afrika, Telemedizin, Teleteaching<br />
Leben, Energie und Wasser bilden<br />
eine Einheit. Die Abhängigkeit des<br />
Lebens von Wasser und Energie<br />
wird einem sehr bewusst, wenn die<br />
Organisation des Zusammenlebens<br />
auf das Nötigste beschränkt und<br />
auf das Natürliche reduziert ist. In<br />
einer solchen Umgebung weist die<br />
Zivilisation, z. B. die Versorgung mit<br />
Elektrizität, nur noch rudimentäre<br />
Strukturen auf, welche nicht mehr<br />
zuverlässig zur Verfügung stehen.<br />
Solche Umstände gehören in vielen<br />
Entwicklungsländern zum Alltag,<br />
vor allem auf dem afrikanischen<br />
Kontinent. Das Verfügen über Elektrizität<br />
und Treibstoff ist hier alles<br />
andere als selbstverständlich.<br />
Liegt das organisierte Funktionieren<br />
einer Gemeinschaft praktisch darnieder,<br />
kann man von einer Katastrophe<br />
sprechen. Das aus dem Griechischen<br />
stammende Wort «Katastrophe» bedeutet<br />
denn auch wörtlich übersetzt:<br />
«Wendung zum Niedergang». Eine permanente<br />
Wendung zum Niedergang<br />
droht, wenn Wasser und Energie nicht<br />
in ausreichendem Masse und in ausreichender<br />
Qualität zur Verfügung stehen.<br />
Dies kann in Simbabwe täglich beobachtet<br />
werden. Simbabwe ist seit 1980<br />
eine Präsidialrepublik und entspricht<br />
dem ehemaligen Südrhodesien. Südrhodesien<br />
war ein blühender Staat mit<br />
einer sehr gut entwickelten Landwirtschaft.<br />
Heute ist der damalige Wohlstand<br />
der Armut gewichen. Viele Personen,<br />
welche die Gesellschaft früher<br />
mitgetragen haben, verliessen das<br />
Land. Sie haben auch Wissen und<br />
Können mitgenommen.<br />
Am Beispiel des Buschspitals Muvonde<br />
(Mvuma) wird beschrieben, wie mit<br />
der heute verfügbaren modernen Kommunikationstechnologie<br />
solches Wissen<br />
mit Unterstützung durch Sonne<br />
praktisch zurückgebracht werden<br />
kann. Mvuma ist ein kleiner Ort in der<br />
Provinz Midlands, 250 Kilometer südlich<br />
der Hauptstadt Harare, auf einer<br />
Höhe von 1’400 m über Meer gelegen.<br />
Die Sonne macht’s möglich<br />
Die üblichen Energiequellen in Simbabwe<br />
sind wie anderswo auf der Welt:<br />
Holz, Treibstoff und Elektrizität. Mit Holz<br />
lassen sich medizinische Geräte, z. B.<br />
in einem Operationssaal, nicht betreiben.<br />
Was aber, wenn die Elektrizität<br />
nicht während 24 Stunden an sieben<br />
Tagen in der Woche verfügbar ist? Und<br />
was dann, wenn der Nachschub von<br />
Dieseltreibstoff zum Betreiben eines<br />
Generators ausbleibt?<br />
Bis vor kurzem lautete die Antwort auf<br />
die beiden gestellten Fragen: Auf operative<br />
Eingriffe muss verzichtet werden,<br />
es sei denn, der Eingriff lässt sich mit<br />
einer Taschenlampe oder gar mit Kerzenlicht<br />
durchführen. Konsequenterweise<br />
ist der Operationssaal im Spital<br />
Muvonde mit einer Taschenlampe, Reservekerzen<br />
und Zündhölzern ausgerüstet.<br />
Mit diesen Utensilien allerdings<br />
lassen sich nur noch Eingriffe als ultima<br />
ratio bei einer akuten Lebensbedrohung<br />
ausführen, also «Katastrophenmedizin»<br />
betreiben.<br />
Ein Spital kann nicht nur ohne Energie<br />
nicht existieren, sondern auch nicht<br />
ohne Wasser. Aus diesem Grund wurde<br />
letztes Jahr im Spital Muvonde eine<br />
Wasserversorgung installiert, welche<br />
sicherstellt, dass das Spital während<br />
24 Stunden über Wasser verfügt. Um<br />
dies zu gewährleisten, werden die<br />
Wasserpumpen jetzt mit Solarenergie<br />
versorgt.<br />
Gegenwärtig geht es darum, sich jenes<br />
Wissen wieder zu beschaffen, welches<br />
durch die Abwanderung verloren ging.<br />
Dafür bietet sich heute die Telemedizin 1<br />
an.<br />
Voraussetzung für einen effizienten Einsatz<br />
der Telemedizin im Spital Muvonde<br />
ist eine konstante Stromversorgung.<br />
Vor sechs Monaten wurden dazu vier<br />
Solar-Module 2 eingerichtet und in Betrieb<br />
genommen. Die Solar-Module<br />
bestehen aus Solarzellen, welche in<br />
eine transparente Kunststoffschicht<br />
eingebettet und elektrisch miteinander<br />
verbunden sind, einer Anschlussdose,<br />
einem Profilrahmen aus Aluminium und<br />
einer von einer Spezialfolie überzogenen<br />
Glasplatte. Der im Spital Muvonde<br />
eingesetzte Typ Solar-Modul liefert theoretisch<br />
135 Watt 3 Elektrizität.<br />
Für die Dimensionierung der Energieversorgung<br />
mit Solarstrom im Spital<br />
Muvonde wurde davon ausgegangen,<br />
dass die effektive Leistung (Watt) eines<br />
Solar-Moduls nur 50 Prozent der Nominalleistung<br />
beträgt. Wichtige Einflussfaktoren<br />
auf die Leistung der Module<br />
sind die Strahlungsintensität der<br />
Sonne, welche vom Einfallswinkel der<br />
Sonnenstrahlen abhängig ist, und die<br />
1 Die Telemedizin dient grundsätzlich einem<br />
strukturierten Dialog auf Distanz zwischen<br />
zwei oder mehreren Personen des Gesundheitswesens<br />
(in der Rolle von Nicht-Experten<br />
und Experten) mittels moderner Kommunikationstechnologie.<br />
Die Personen engagieren<br />
sich für eine möglichst präzise Diagnose,<br />
für eine gezielte Therapie, für die Beurteilung<br />
des Krankheitsverlaufs oder für epidemiologische<br />
Fragen.<br />
2 Die Solar-Module werden auch Photovoltaik-<br />
Module (PV) genannt. Früher wurden sie als<br />
«Solar-Panel» bezeichnet.<br />
3 Die Einheit Watt steht für die Stromleistung<br />
oder für die elektrische Energie pro Zeiteinheit.<br />
1 Watt (Leistung) entspricht 1 Volt<br />
(Spannung), multipliziert mit 1 Ampère<br />
(Stromstärke).
SRMDM<br />
Oberflächentemperatur der Module.<br />
Die nutzbare Sonnenscheindauer in<br />
Muvonde beträgt zirka acht Stunden<br />
pro Tag. So genannte «Schönwetterwolken»<br />
reduzieren die Leistung der<br />
Module ebenso wie Regenwolken. Die<br />
Lufttemperatur beträgt in der Provinz,<br />
in welcher sich das Spital befindet, im<br />
Durchschnitt 27 Grad Celsius. Unter all<br />
diesen Bedingungen kann die im Spital<br />
Muvonde eingerichtete Photovoltaik-<br />
Anlage (nicht-netzgekoppelte Aussendach-Anlage)<br />
mit zwei Panel-Einheiten,<br />
welche je aus zwei in Serie geschalteten<br />
Solar-Modulen bestehen (Abb. 1),<br />
an einem Tag zirka 2.2 reale Kilowattstunden<br />
(2.2 KWh/d) liefern. Die wichtigsten<br />
Charakteristika der Anlage sind<br />
in Tab. 1 zusammengestellt.<br />
Abb. 1: Grobe Schematisierung der<br />
Photovoltaik-Anlage im Spital Muvonde. Ein<br />
einfaches Solar-Modul kann theoretisch 135<br />
Watt Stromleistung erbringen. Werden die<br />
Solar-Module parallel geschaltet, lässt sich<br />
die Stromleistung verdoppeln. Werden sie in<br />
Serie geschaltet, wird die Spannung<br />
verdoppelt. Mit dem Solarregler wird die<br />
Ausgangsspannung so verändert, dass ein<br />
optimaler Stromfluss erreicht wird. Die ganze<br />
Photovoltaik-Anlage hat 14 A Stromstärke<br />
und 34 V Spannung.<br />
Zur Speicherung der Energie, welche<br />
die Solar-Module liefern, dienen Solar-<br />
Batterien. Im Spital Muvonde stehen<br />
zwei Blei-Batterien (Traktionsbatterien)<br />
im Einsatz. Blei-Batterien haben den<br />
Vorteil, dass sie relativ preiswert und<br />
praktisch wartungsfrei sind sowie eine<br />
geringe Selbstentladung und einen hohen<br />
Wirkungsgrad aufweisen. Ihre Lebensdauer<br />
beträgt mindestens fünf<br />
Jahre. Die «Entladetiefe» der Batterien<br />
(Anteil der aus den Batterien entnommenen<br />
Energie, gemessen an der Gesamtkapazität<br />
der Batterien) sollte 25<br />
Prozent nicht überschreiten. Die in Muvonde<br />
verwendeten Batterien haben<br />
eine Kapazität von 250 Ampèrestunden<br />
(250 Ah) bei einer Spannung von<br />
12 Volt (12 V) 4 . Daraus resultiert eine<br />
Speicherkapazität von 3’000 Wattstunden<br />
(3’000 Wh) oder 3.0 Kilowattstunden<br />
(3.0 KWh) pro Batterie, mit zwei<br />
Batterien also total 6 KWh.<br />
Zusammengefasst können die Batterien<br />
in Muvonde pro Tag faktisch bei einer<br />
Entladetiefe von 25 Prozent eine<br />
Leistung von 1.5 KWh zur Verfügung<br />
stellen (25 Prozent von 6 KWh). Tagsüber<br />
bezogener Strom wird direkt aus<br />
der Photovoltaik-Anlage bezogen; er<br />
belastet somit die Batterien nicht.<br />
Jede Photovoltaik-Anlage produziert<br />
kontinuierlich Strom, wenn die Bedingungen<br />
dafür gegeben sind. Nicht direkt<br />
benötigte elektrische Energie wird<br />
üblicherweise im lokalen Stromversorgungsnetz<br />
(und nicht in Batterien) «gespeichert»<br />
oder «zwischengelagert».<br />
Da in Simbabwe kein intaktes Stromversorgungsnetz<br />
existiert, ist diese<br />
Form der Speicherung nicht benötigter<br />
4 Die Spannung Volt ist ein Mass für die Energie,<br />
welche benötigt wird, um eine Ladung<br />
innerhalb eines elektrischen Feldes zu bewegen.<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Elektrizität nicht möglich. Photovoltaik-<br />
Grossanlagen sind deshalb für viele<br />
Länder Afrikas nicht geeignet.<br />
Wenn der Wunsch besteht, das<br />
Wissen auch im Busch zu mehren<br />
Die Chirurgie, welche im Buschspital<br />
Muvonde von einem afrikanischen<br />
Team von Chirurgen unter der Leitung<br />
eines sehr erfahrenen Schweizer Chirurgen<br />
betrieben wird, gehört inzwischen<br />
zu den besten Chirurgien des<br />
seit 1991 nach einem «Strukturanpassungsprogramm»<br />
der Regierung in grosse<br />
Armut abgerutschten Simbabwe.<br />
Deshalb wird das Spital von Patienten<br />
aufgesucht, welche von weit her kommen,<br />
teilweise sogar aus der Hauptstadt<br />
Harare.<br />
Die Diagnostik, welche in Muvonde betrieben<br />
wird, basiert auf sehr einfachen<br />
technischen Möglichkeiten. Mit der Telepathologie<br />
steht heute neu eine Methode<br />
zur Verfügung, welche den auch<br />
in Muvonde vorhandenen Ansprüchen<br />
auf eine exaktere Diagnostik gerecht<br />
werden kann. Der Einsatz der Telepathologie<br />
in Simbabwe kann mit einem<br />
Outsourcing von Informationen verglichen<br />
werden, weil diese Informationen<br />
im eigenen Land wegen der Emigration<br />
von Fachkräften ins Ausland nicht mehr<br />
verfügbar sind.<br />
Das allgemeine Labor des Spitals Muvonde,<br />
in welchem die Präparate der<br />
Gewebe (Histologie) und der Zellen aus<br />
Gewebeabstrichen (Zytologie) hergestellt<br />
werden, ist einfach eingerichtet<br />
und verfügt seit einem Jahr über Wasser<br />
und Elektrizität. Die Erfahrungen haben<br />
gezeigt, dass es Sinn macht, die für die<br />
Telemedizin benötigten Einrichtungen zu<br />
standardisieren. Die Einrichtungen werden<br />
je nach den Bedürfnissen der Partner<br />
in den Entwicklungsländern in stan-<br />
35
36<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Abb. 2: Teleconferencing vom Typ «Live presentation»<br />
Links: Die Lehrperson gibt die Online Live presentation (im Business Center des Hotels Edelweiss, Ulaanbaatar, Mongolei).<br />
Rechts: Die Studierenden können der Vorlesung im Hörsaal des Universitätsspitals Basel oder irgendwo (z.B. zu Hause) folgen.<br />
Stromquelle Staatliches Stromnetz<br />
Dieselgeneratoren<br />
«Schlüsselinformationen» der Telepathologie Aufbereiten der Informationen<br />
Telemedizinische Verbindung nach aussen<br />
Labor<br />
Mikroskop<br />
Digitalkamera<br />
Computer<br />
Raumbeleuchtung<br />
Strombedarf während dem Tag<br />
Strombedarf während der Nacht<br />
Normalbetrieb Notbetrieb (Inselanlage)<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
8-10 KWh/d 1.3 KWh<br />
0.7 KWh<br />
Photovoltaik-Anlage alleine<br />
Weitergabe und Empfangen der<br />
Informationen<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb nicht möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Betrieb möglich<br />
Batterie maximale Kapazität pro Batterie: 3 KWh<br />
Entladetiefe: 25%<br />
effektive Kapazität pro Batterie: 0.75 KWh<br />
Tab. 1: Übersicht über die Stromversorgung im Spital Muvonde.<br />
Die Prozesse in der Telemedizin sind im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Elektrizität festgelegt. Mit der autonomen Sonnenenergie wird einer<br />
Art demotivierender «Isolation» begegnet, dadurch, dass die autonome Stromversorgung einen Bereich garantiert, aus welchem heraus<br />
Informationen an den Rest der Welt zu jeder Zeit weitergegeben und in welchen hinein Informationen aus der Welt zu jeder Zeit gelangen<br />
können.<br />
Beim Notbetrieb aus der Inselanlage 5 heraus stehen nur noch Computer, Mikroskop, Digitalkamera und eine reduzierte Raumbeleuchtung zur<br />
Verfügung. Diese Geräte können dann während maximal sechs Stunden betrieben werden.<br />
5 Als Inselanlagen werden netzunabhängige,<br />
autarke, fest installierte Anlagen zur Stromversorgung<br />
genannt.<br />
Fussnotentext zu Tab. 2:<br />
a Shared video: Der Diskussionsgegenstand in<br />
der Telekonferenz ist ein Videobild; der Gesprächspartner<br />
(Experte) wird nicht gezeigt.<br />
Das Videobild kann zu jeder Zeit digitalisiert<br />
und automatisch auf der Plattform gespeichert<br />
werden. Eine Chatfunktion und ein<br />
Voice-Streaming (Internet-Telefon) stehen zur<br />
Verfügung.<br />
b Telemedizinsystem der Firma Klughammer<br />
GmbH, Deggendorf (Deutschland)<br />
c Live presentation: Der Diskussionsgegenstand<br />
in der Telekonferenz ist ein digitales<br />
Bild; der Gesprächspartner (Experte) wird im<br />
Videobild gezeigt. Die Präsentation kann als<br />
«Zusammenfassung» (Bilder, Schemen, Tabellen<br />
und Texte zu den einzelnen Objekten)<br />
direkt aus dem System ausgedruckt werden.
SRMDM<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Standardpaket Inhalt Verwendung Telekonferenz Anwendungsfeld<br />
«Hospital» Leuchttisch<br />
Videokamera<br />
Digitalkamera<br />
Mehrfach<br />
beweglicher Halter<br />
Computer<br />
«Teaching» Lautsprecher<br />
Mikrofon<br />
Videokamera<br />
Drucker<br />
Computer<br />
«Pathologie» Mikroskop<br />
«Operationssaal»<br />
«Solarenergie»<br />
(2 KWh-Inselanlage)<br />
Mikroskopkamera<br />
Lautsprecher<br />
Mikrofon<br />
Computer mit<br />
Videokamera<br />
Leuchtquelle mit<br />
Versorgung mit<br />
Sonnenenergie<br />
Lautsprecher<br />
Mikrofon<br />
Videokamera<br />
Fusspedal<br />
Computer mit<br />
Videokamera<br />
Solar-Module (4)<br />
Batterien (2)<br />
Wechselrichter<br />
Solarregler 7<br />
Installationsset<br />
Fotografieren von analogen Röntgenbildern<br />
Übertragung der Bilder auf Campus<br />
Medicus® b<br />
Fixierung der Videokamera<br />
Live Kommunikation mit den Zuhörern<br />
Live Kommunikation mit den Zuhörern<br />
Übertragung des Videobildes des<br />
Lehrers<br />
Übertragung des Videobildes des<br />
interessierenden Objektes<br />
Ausdrucken des Scriptums der Präsentation<br />
mit Links zu verschiedenen URL<br />
Darstellung von interessierenden Regionen<br />
im Gewebe- oder Zellenpräparat<br />
Übertragung der Bilder auf Campus<br />
Medicus®<br />
Live Kommunikation mit Experten<br />
Live Kommunikation mit Experten<br />
Beleuchtung des Operationsfeldes<br />
Live Kommunikation mit dem Experten<br />
Live Kommunikation mit dem Experten<br />
Übertragung des Videobildes des<br />
Operationsfeldes<br />
Digitalisierung des Videobildes und<br />
Übertragung der Bilder auf Campus<br />
Medicus®<br />
Stromerzeugung<br />
Stromspeicherung<br />
Erzeugt aus Gleichstrom 6 Wechselstrom<br />
Shared video a<br />
Live<br />
presentation c<br />
Live presentation<br />
Live presentation<br />
Shared video<br />
Live presentation<br />
Shared video<br />
Live presentation<br />
Shared video<br />
Shared video<br />
Shared video<br />
Shared video<br />
Tab. 2: Übersicht über die standardisierte Einrichtung derjenigen Institutionen, welche Telemedizin einsetzen wollen.<br />
6 Solarzellen erzeugen Gleichstrom.<br />
7 Mit dem Solarregler wird die Ausgangsspannung<br />
geregelt. Er kann die Eingangsspan-<br />
nung nur abschwächen. Die Ausgangsspannung<br />
wird so eingestellt, dass ein optimaler<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Aktive Aus- und<br />
Weiterbildung<br />
Aktive Aus- und<br />
Weiterbildung<br />
Aktive Aus- und<br />
Weiterbildung<br />
Aktive Aus- und<br />
Weiterbildung<br />
Passive Aus- und<br />
Weiterbildung<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Konsultation<br />
Betrieb von Labor<br />
und Telemedizin<br />
Stromfluss in die Batterien oder (theoretisch)<br />
in das Stromnetz geleitet werden kann.<br />
37
38<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
dardisierten «Paketen» geliefert (Tab. 2).<br />
Neben der Bitte um Unterstützung in<br />
der Diagnostik nimmt auch die Nachfrage<br />
nach einer permanenten Weiterbildung<br />
auf Distanz (Teleteaching) in jüngster<br />
Zeit stark zu. Auch für das<br />
Teleteaching steht ein Paket zur Verfügung<br />
(Abb. 2).<br />
Lohnen sich die Investitionen in die<br />
Gewinnung von Solarenergie, um<br />
das Wissen in einem Buschspital zu<br />
mehren? Wie sicher sind überhaupt<br />
Ferndiagnosen in der Pathologie<br />
(Telepathologie)?<br />
Wenn Elektrizität zur Verfügung steht,<br />
lässt sich die Telemedizin [2] sinnvoll<br />
einsetzen. Mit ihr lässt sich nicht nur die<br />
Qualität der Diagnostik und der Therapie<br />
festigen; sie vermittelt auch das<br />
wertvolle Gefühl, bei aller physischen<br />
Abgeschiedenheit doch einer virtuellen<br />
Gemeinschaft anzugehören, welche<br />
die in Muvonde geleistete Arbeit sieht<br />
und bereit ist, die Arbeit zu unterstützen.<br />
Möglicherweise ist es kein Zufall,<br />
dass sich die Telemedizin nach den<br />
Erfahrungen im Teilfachzentrum Tele-<br />
Modell<br />
n = 261<br />
medizin und Bildungstechnologie der<br />
Schweizerischen Akademie für Militär-<br />
und Katastrophenmedizin (SAMK) gerade<br />
in Gegenden etabliert hat, in welchen<br />
die Menschen manchmal das<br />
Gefühl von Eingeschlossensein haben:<br />
im Südpazifik durch das Wasser, in der<br />
Mongolei durch die Steppe, in Palästina<br />
durch die Check Points.<br />
Die Wertigkeit der Telepathologie wurde<br />
2007 in einer Dissertation an der<br />
Medizinischen Fakultät der Universität<br />
Basel untersucht [5]. Dazu standen 261<br />
telepathologische Diagnosen zur Verfügung,<br />
welche für das Referral Hospital<br />
in Honiara (Solomon Islands, ohne<br />
Pathologen vor Ort) gestellt worden<br />
waren. Pro Befund eines jeden Patienten<br />
wurden die in Tab. 3 aufgeführten<br />
drei Fragen beantwortet. Die Sicherheiten<br />
der korrekten Antworten wurden<br />
statistisch eruiert. Die Resultate sind in<br />
Tab. 3 zusammengestellt.<br />
Die Richtigkeit telepathologischer Diagnosen<br />
wird mit dem Kappa-Wert gemessen<br />
[4]. In der Literatur werden für<br />
Frage Antwort Statistische Sicherheit für<br />
die einzelne Antwort<br />
Spezifität Sensitivität<br />
A Liegt ein gutartiger oder bösartiger<br />
Tumor vor?<br />
B Ist der vorliegende Befund<br />
gutartig oder bösartig?<br />
C Falls ein Tumor vorliegt, ist der<br />
Tumor dann gutartig oder<br />
bösartig?<br />
Nein<br />
Ja<br />
Gutartig<br />
Bösartig<br />
Gutartig<br />
Bösartig<br />
1.000<br />
0.994<br />
0.913<br />
0.893<br />
0.876<br />
0.865<br />
die Richtigkeit der Diagnosen Kappa-<br />
Werte zwischen 0.490 und 0.930 publiziert<br />
[1, 3, 6]. Kappa-Werte zwischen<br />
1.000 und ≤ 0.800 bedeuten eine sehr<br />
gute Übereinstimmung zwischen der<br />
beobachteten Antwort und der bekannten<br />
richtigen Antwort, Werte zwischen<br />
> 0.800 und ≤ 0.600 eine gute<br />
Übereinstimmung, und Werte zwischen<br />
> 0.600 und ≤ 0.400 weisen auf eine<br />
nur noch genügend gute Übereinstimmung<br />
hin.<br />
Ob die in Honiara beobachteten Befunde<br />
auch für die Telepathologie in Muvonde<br />
zutreffen, wird im Moment eruiert.<br />
In der modernen Zivilisation ist «Knowledge<br />
Transfer» zu einem viel beachteten<br />
und intensiv bearbeiteten Thema<br />
geworden. In den industrialisierten Ländern<br />
wird das Thema relativ isoliert neben<br />
anderen Themen bearbeitet. In<br />
Entwicklungsländern ist dem nicht so,<br />
weil die Auseinandersetzung mit dem<br />
Thema nur in einem grösseren Zusammenhang<br />
sinnvoll ist. In Entwicklungs-<br />
Statistische Sicherheit für<br />
beide Antworten<br />
Kappa-Wert<br />
0.905<br />
0.905<br />
0.895<br />
0.895<br />
0.670<br />
Tab. 3: Statistische Sicherheiten von korrekten Antworten, welche im Patientenkollektiv des Referral Hospitals Honiara pro Patient erwartet<br />
werden können.<br />
Für die einzelnen Antworten bedeutet ein Wert von 1.000, dass mit einer Sicherheit von 100 Prozent eine korrekte Antwort erwartet werden<br />
kann, ein Wert von z. B. 0.905, dass mit einer Sicherheit von 90.5 Prozent eine richtige Antwort erwartet werden kann.<br />
0.670
SRMDM<br />
ländern ist es «Not-wendend», bei allen<br />
Investitionen darauf bedacht zu sein,<br />
den Menschen primär zum Überleben<br />
in Würde zu verhelfen und auf Unnötiges<br />
zu verzichten. Neuerungen müssen<br />
deshalb immer als Teil eines dynamischen<br />
Ganzen gesehen werden. Auf<br />
diesem Hintergrund sind auch Wünsche<br />
zur Verbesserung der medizinischen<br />
Versorgung ethisch zu hinterfragen<br />
und die damit verbundenen<br />
Investitionen sorgfältig auf den real resultierenden<br />
Mehrwert hin zu überprüfen.<br />
Ein echter Mehrwert kann nur dann resultieren,<br />
wenn klare Ziele vorgegeben<br />
sind und die Wege dorthin so gut wie<br />
möglich standardisiert werden. Das Ziel<br />
in Muvonde war es, die präoperative<br />
Diagnostik zu verbessern, um die Zahl<br />
explorativer operativer Eingriffe so stark<br />
wie möglich zu reduzieren und die so<br />
frei werdenden finanziellen Mittel noch<br />
zielgerichteter der sehr armen Bevölkerung<br />
zukommen zu lassen. Die zur Erreichung<br />
dieses Ziels benötigte Telemedizin<br />
muss so effizient und so<br />
kostengünstig wie möglich betrieben<br />
werden können. Zur Sicherung deren<br />
Effizienz gehört deshalb ganz entscheidend<br />
eine standardisierte Photovoltaik-<br />
Die Realisierung des Projektes<br />
«Telemedizin in Muvonde» wird<br />
finanziell durch den «Verein zur<br />
Hilfe von Simbabwe», Stein am<br />
Rhein, Schweiz, das Institut für<br />
Pathologie des Universitätsspitals<br />
Basel und durch das Projekt<br />
«Telemedicine and eHealth<br />
in Cross-border Hospital Cooperation<br />
and Healthcare» der<br />
Europäischen Gemeinschaft<br />
ermöglicht.<br />
Anlage, und zur Kostenoptimierung die<br />
Arbeit mit standardisierten «Packages»<br />
(Tab. 2). Die Frage, ob auch in Muvonde<br />
mit dem neuen «Modul» der Telemedizin<br />
ein echter Mehrwert für die Erhaltung<br />
der Gesundheit der im Busch<br />
lebenden Menschen geschaffen werden<br />
kann, ist noch nicht exakt beantwortbar.<br />
Es wurden aber auch in Muvonde<br />
alle Massnahmen getroffen, um<br />
einen Mehrwert zu generieren. Würde<br />
die Telemedizin ohne gezielte Sicherstellung<br />
der für ihren Einsatz benötigten<br />
elektrischen Energie betrieben, wie es<br />
in Entwicklungsländern nötig ist, würde<br />
sie zu einem Spielzeug verkommen.<br />
Literatur<br />
1. Lee, ES, Kim, IS, Choi, JS, et al.<br />
(2003) Accuracy and reproducibility<br />
of telecytology diagnosis of cervical<br />
smears. A tool for quality assurance<br />
programs. Am J Clin Pathol 119:<br />
356-360<br />
2. Oberholzer, M, Kehrer, B, Ettlin,<br />
RA, et al. (2010) Globalisierung in<br />
der Chirurgie. Telemedizin – ein Instrument<br />
zur weltweiten Vernetzung.<br />
Z Herz- Thorax- Gefässchir<br />
24: 73-82<br />
3. Piccolo, D, Soyer, HP, Chimenti, S,<br />
et al. (2004) Diagnosis and categorization<br />
of acral melanocytic lesions<br />
using teledermoscopy. J Telemed<br />
Telecare 10: 346-350<br />
4. Rigby, AS (2000) Statistical methods<br />
in epidemiology. V. Towards an understanding<br />
of the kappa coefficient.<br />
Disabil Rehabil 22: 339-344<br />
5. Schaub, M (2007) Telepathologie mit<br />
iPath in Entwicklungsländern – National<br />
Referral Hospital Honiara (Solomon<br />
Islands) ohne pathologisch geschultes<br />
Personal vor Ort; Sihanouk<br />
Hospital Center of Hope» Phnom<br />
Penh (Kambodscha) mit einem Pathologen<br />
vor Ort<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Inauguraldissertation, medizinische<br />
Fakultät der Universität Basel<br />
6. Yamashiro, K, Kawamura, N, Matsubayashi,<br />
S, et al. (2004) Telecytology<br />
in Hokkaido Island, Japan: results<br />
of primary telecytodiagnosis of<br />
routine cases. Cytopathology 15:<br />
221-227<br />
39
40<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Schweiz: Gastland für den NATO/PfP-Workshop<br />
«Aeromedical Evacuation»<br />
Major Manfred Infanger, Berlin, Dr. med. Zeno Supersaxo, SC Medical Unit, 3626 Hünibach, L. Prikler, Martin Bächtold, Chef Truppenbelange<br />
Sanität, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, martin.baechtold@vtg.admin.ch<br />
Key Words: NATO, Aeromedical Evacuation,<br />
Partnership for Peace, Standardization Agreement<br />
Aeromedical Evacuation (AE) Leistungen<br />
sind jetzt und in Zukunft<br />
gefragter denn je. Staaten, welche<br />
sich nach Katastrophen um die Aufrechterhaltung<br />
der Ordnung oder<br />
Wiederherstellung des Friedens<br />
irgendwo in der Welt bemühen,<br />
wollen ihre Einsatzkräfte, Zivilangestellten,<br />
Militärs und eigene betroffene<br />
Bürger im Ernstfall auch optimal<br />
versorgen können. Weil diese<br />
Einsätze häufig weit entfernt von<br />
der Heimat stattfinden, gewinnt die<br />
AE zunehmend an Bedeutung. Im<br />
Rahmen der Partnership for Peace<br />
(PfP), eine Kooperation zwischen<br />
Ländern und der North Atlantic Treaty<br />
Organization (NATO), werden<br />
militärmedizinische Kurse wie die<br />
AE seit zehn Jahren jeweils in einem<br />
anderen PfP-Land angeboten<br />
und durchgeführt. Um eine effiziente<br />
AE durchführen zu können, wird<br />
gut ausgebildetes Personal benötigt.<br />
Ebenso müssen Infrastruktur<br />
und Organisation Hand in Hand<br />
gehen und gegenseitig abgestimmt<br />
werden. Ziel dieses Workshops ist<br />
der Austausch gemachter Erfahrungen<br />
im realen Einsatz und Vertiefung<br />
der medizinischen sowie<br />
gerätespezifischen Kenntnisse. Es<br />
soll auch geschult werden, wie die<br />
Ressourcen im Ernstfall gemeinsam<br />
genutzt werden können.<br />
Workshop<br />
Teilnehmer dieses Workshops sind<br />
PfP-Länder der NATO, welche gemeinsam<br />
für Frieden und Menschenrechte<br />
einstehen. Die PfP-Länder schliessen<br />
den Balkan, Kaukasus, Zentralasien<br />
sowie nicht NATO-Länder in Europa<br />
wie Österreich, Schweden und die<br />
Schweiz ein. Die Schweiz als Gastland<br />
hat den fünftägigen Workshop vom<br />
13.-17.09.2010 in Dübendorf (Zürich)<br />
durchgeführt. Die Teilnehmer haben<br />
sich intensiv mittels Referaten, Diskussionen<br />
und Besichtigungen mit dem<br />
Thema «Aeromedical Evacuation (AE)»<br />
auseinandergesetzt. Insbesondere<br />
wurden organisatorische und strukturelle<br />
Rahmenbedingugen der AE koordiniert<br />
und optimiert. Mit der Darstellung<br />
von Ausbildungsprogrammen der<br />
einzelnen Länder wurden deren Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten vorgestellt. Im<br />
gegenseitigen Erfahrungstausch aus<br />
realen Einsätzen (Haiti, Irak, Afghanistan)<br />
wurde aufgezeigt, dass die personellen<br />
und infrastrukturellen Voraussetzungen<br />
alleine für eine erfolgreiche<br />
Mission nicht ausreichen. Die richtigen<br />
Lehren aus den gemachten Erfahrungen<br />
sind ebenso entscheidend. Beides<br />
zusammen, Kompetenz und Lehren<br />
führen zu einer Optimierung der Leistungserbringung<br />
der hohen Anforderungen<br />
bei einer AE. Mit ein wichtiges<br />
Ziel war es, eine gemeinsame Doktrin<br />
der AE weiter zu entwickeln.<br />
Organisation AE<br />
Das Standardization Agreement (STA-<br />
NAG) 3204 beschreibt die AE-Doktrin.<br />
Nach Definition ist die AE der Transport<br />
von Patienten unter medizinischer Supervision<br />
nach oder zwischen medizinischen<br />
Behandlungszentren durch<br />
Flugzeuge. Es werden dabei drei sich<br />
ergänzende Phasen unterschieden:<br />
Front AE, taktische und strategische<br />
AE (Tab. 1). Der zeitliche Ablauf der<br />
strategischen AE gliedert sich in dringend<br />
(
SRMDM<br />
Tab. 2: Medica Timelines (evidence base) Quelle: STANAG<br />
deutlich kürzere Zeiten gefordert (dringend:<br />
42<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Abb. 3: Windendemonstration durch die Rega (16.9.2010) Abb. 4: Innensicht des IPS-Containers in der C-130 Herkules der<br />
Österreichischen Luftwaffe<br />
vorgestellt. Diskussionen und Erfahrungsaustausch<br />
mit den daraus gezogenen<br />
Lehren realer Einsätze rundeten<br />
das Programm ab. Nebst der Arbeit im<br />
Workshop konnten sich die Teilnehmer<br />
auch über die Leistungsfähikeit der Sanität<br />
der Schweizer Armee informieren.<br />
Die Einsatzfähigkeit der schweizerischen<br />
zivilen und militärischen AE wurden<br />
mittels praktischen Demonstrationen<br />
von Flug- und medizinischem<br />
Material unter Beweis gestellt. Das Interesse<br />
der Teilnehmer war sehr gross.<br />
Dabei war nicht zu übersehen, dass die<br />
perfekte Organisation unter dem Patronat<br />
von Divisionär Stettbacher, Oberfeldarzt<br />
der Schweizer Armee, einen<br />
sichtlich grossen Eindruck über das<br />
Gastland Schweiz hinterlassen hat.<br />
«…..the role of Aeromedical<br />
Evacuation is very important<br />
to the joint effort of a force<br />
and to ensure rapid access to<br />
definitive treatment»<br />
(Quelle: ACE 85-8, MEDICAL<br />
SUPPORT PRINCIPLES, PO-<br />
LICIES AND PLANNING PA-<br />
RAMETERS)
SRMDM<br />
Nachbericht zum Erdbeben in Haiti<br />
Key Words: Erdbeben, Haiti, Rehabilitation<br />
Drei Monate nach dem verheerenden<br />
Erdbeben vom Januar 2010 ist<br />
die internationale Hilfe im grossen<br />
Stil für den «kleinen Mann» in Haiti<br />
noch nicht angekommen. Wenige<br />
Wochen nach der Katastrophe wurde<br />
die internationale, rasch hochgefahrene<br />
medizinische Hilfe auch<br />
schon wieder abgebrochen und<br />
das darniederliegende Gesundheitswesen,<br />
bis auf wenige Leistungen<br />
durch die Nichtregierungsorganisation<br />
(NGO’s), sich selber<br />
überlassen. Zurück bleiben von den<br />
rund 300’000 Verletzten über 4’000<br />
Amputierte und viele, die weitere<br />
Behandlung ihrer noch nicht stabilen<br />
Frakturen, plastische Rekonstruktionen<br />
und intensive Rehabilitationen<br />
benötigen. Das über 50<br />
Jahre schon funktionierende, durch<br />
eine US-Stiftung geführte, Albert-<br />
Schweitzer-Spital leistet auch hier<br />
wiederum grosse Pionierarbeit.<br />
Über meine Eindrücke als medizinischer<br />
Soforthelfer der Direktion für Entwicklung<br />
und Zusammenarbeit (DEZA)<br />
wurde ab dem fünften Tag nach dem<br />
Erdbeben in Port-au-Prince in der Informationsschrift<br />
KSD 2/10 ausführlich<br />
berichtet.<br />
Drei Monate später bin ich als freiwilliger<br />
Chirurg und Traumatologe für wenige<br />
Wochen ins Albert-Schweitzer-<br />
Spital nach Haiti zurückgekehrt. Bei der<br />
Ankunft in Port-au-Prince ist eigentlich<br />
alles noch in etwa so, wie ich es verlassen<br />
hatte. Nur dass unterdessen, als<br />
weitere Bedrohung der immer noch auf<br />
der Strasse lebenden Bevölkerung, die<br />
Regenzeit begann. Alles ist saftiger<br />
grüner (Abb. 1), die Ruinen etwas aufgeräumter;<br />
überall führen kleine Wege<br />
durch den Schutt (Abb. 2 ), die Zelte<br />
wurden durch eine Zusatzplane gegen<br />
den Monsunregen geschützt, alles im<br />
Mikrokosmos ist etwas besser organisiert<br />
(Abb. 3). Auf den überfüllten Plätzen<br />
wurden Trockenlatrinen aufgestellt,<br />
aber der Gestank und die massive Zerstörung<br />
der Stadt beherrschen weiterhin<br />
den Alltag.<br />
Auf der drei- bis vierstündigen Busfahrt<br />
ins Landesinnere (mitten im «Nowhere»<br />
liegt das Hôpital Albert Schweitzer<br />
[www.hashaiti.org]), zeigen sich an den<br />
Abhängen um die Stadt nach wie vor<br />
weit verstreute Notzelte der Flüchtlingscamps,<br />
an einer Stelle sogar ein<br />
frisch aus Fertighäusern erstelltes Vorzeige-Flüchtlingsdorf.<br />
Das in den 50-er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts durch das amerikanische<br />
Ehepaar Mellon-Grant sehr fortschrittlich<br />
erstellte, nun aber etwas veraltete<br />
«Urwaldspital» ist vom direkten Erdbeben<br />
verschont geblieben. In der Folge<br />
wurden aber zusätzlich zur täglichen<br />
regionalen Arbeitsbelastung bis Ende<br />
Januar noch rund 1’500 Erdbebenopfer<br />
aus der Hauptstadt, die hierher<br />
rausgekarrt wurden, mitversorgt.<br />
Diese Versorgung konnte nur dank der<br />
Hilfe von freiwilligen Chirurgenteams<br />
(hauptsächlich aus den USA und Kanada,<br />
aber auch aus der Schweiz), die<br />
sich alle paar Wochen ablösten, geleistet<br />
werden. Diese enorme Fluktuation<br />
ist nicht unproblematisch. Aber so<br />
erhält man zumindest genügend Personal,<br />
gut ausgebildete und hoch motivierte<br />
Leute, die wegen enger beruflicher<br />
Gebundenheit im Heimatland nur<br />
in ihren Ferien verfügbar sind.<br />
Dr. Rolf Maibach ist Spitaldirektor und<br />
somit Verantwortlicher für die Planung<br />
und den Einsatz dieser Teams, ein pen-<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Dr. med. Felix Herkert, FMH Allgemeine Chirurgie und FMH Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sowie Spezialisierung in Kriegs- und<br />
Katastrophenchirurgie, Leitender Arzt Chirurgie, Regionalspital Prättigau, 7220 Schiers, felix.herkert@flurystiftung.ch<br />
sionierter Pädiater aus Ilanz, Graubünden,<br />
unterstützt durch die «Bündner<br />
Partnerschaft Hôpital Albert Schweitzer<br />
Haiti» (www.hopitalalbertschweitzer.org).<br />
Die gross angelegte initiale internationale<br />
medizinische Hilfe auf Platz wurde<br />
nach fünf bis sieben Wochen zurückgezogen<br />
und die ganze Misere dem<br />
ohnehin erheblich reduzierten lokalen<br />
Gesundheitssystem – soweit da noch<br />
von «System» gesprochen werden darf<br />
– überlassen. Dieses sieht sich nun unter<br />
anderem mit 4’000 Amputierten,<br />
ohne mengenmässig entsprechende<br />
Rehabilitationsmöglichkeiten, konfrontiert<br />
(Abb. 4).<br />
Aber auch hier hat das Albert-Schweitzer-Spital<br />
hervorragende Arbeit geleistet,<br />
indem es bereits einen Monat nach<br />
dem Erdbeben die grösste US-Prothesenwerkstatt<br />
verpflichten konnte, in<br />
den nächsten Jahren vier Prothesenbauer,<br />
die hier vier Haitianer ausbilden<br />
und trainieren, zur Verfügung zu stellen<br />
und aus einem privaten Fonds aus den<br />
USA sämtliche Prothesenkosten zu<br />
übernehmen.<br />
Durch freiwillige internationale Physiotherapeuten<br />
wird sichergestellt, dass<br />
sämtliche Amputierte bei der Abgabe<br />
der Prothese gleich in deren Handhabung<br />
intensiv trainiert werden (Abb. 5)<br />
und die Prothetiker allfällige Korrekturen<br />
wiederum gleich vornehmen können.<br />
Hier findet eine hoch motivierte,<br />
enge Zusammenarbeit zwischen den<br />
Haiti-Helfer Rolf Maibach und<br />
Marianne Barthelmy-Kaufmann<br />
sind zum Schweizer, beziehungsweise<br />
zur Schweizerin,<br />
des Jahres 2010 gewählt worden.<br />
43
44<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Abbildungen 1 bis 4 (von oben nach unten) Abbildungen 5 bis 8 (von oben nach unten)
SRMDM<br />
Abbildungen 9 und 10<br />
verschiedenen Spezialisten im kleinen<br />
Team statt, inklusive den Orthopäden,<br />
die Stumpfkorrekturen vornehmen.<br />
Auf diese Weise wird es möglich, dass<br />
pro Woche bis 40 Prothesen (Bein- und<br />
Armtypen) ausgeliefert werden können<br />
(Abb. 6). Wir haben in Haiti nun wahrscheinlich<br />
die effizienteste Prothesenwerkstatt<br />
der westlichen Welt – allenfalls<br />
nur noch von China überboten.<br />
Aber bei 4’000 Amputierten dauert es<br />
dennoch mehr als zwei Jahre, bis jeder<br />
seine Prothese hat, und dann beginnt<br />
das Reparieren und Neuanpassen.<br />
Wegen der vielen, infolge der multiplen<br />
Notamputationen nicht optimal geformten<br />
Stümpfe und der schwierigen<br />
Nachsorge, können keine, wie etwa<br />
weltweit durch das IKRK hergestellte<br />
Vakuum-Prothesen angeboten werden,<br />
sondern nur die einfachsten Prothesentypen,<br />
die durch Gurten am<br />
Rumpf befestigt werden (Abb. 7).<br />
Zur Unterstützung dieser vornehmen<br />
Aufgabe ist anfangs Sommer auch ein<br />
Schweizer Orthopädie-Techniker-, Orthopäden-<br />
und Physiotherapeuten-<br />
Team aus der Zürcher Klinik Balgrist für<br />
mehrere Wochen ins Albert-Schweitzer-Spital<br />
angereist.<br />
Aber auch sonst sieht man im Spital<br />
– neben dem hektischen akuten Notfallbetrieb<br />
– überall noch Spuren vom<br />
drei Monate zurückliegenden Erdbeben:<br />
Da ist ein 7-jähriger Bub mit Schädeltrauma,<br />
der das rechte Auge verloren<br />
hat, eine posttraumatische invalidisierende<br />
Volkmann’sche Kontraktur am<br />
rechten Arm und eine Fibrose der peronaealen<br />
Muskulatur nach Verschüttung<br />
unter den Trümmern davonträgt,<br />
aber täglich stundenlang fröhlich mit<br />
seinen Verwandten Fussball spielt oder<br />
zu zeichnen versucht (Abb. 8). Dieser<br />
Bub steht stellvertretend für all die vielen<br />
Opfer, die Muskelfibrosen nach den<br />
Einklemmungen unter den Trümmern<br />
davontragen. Hier muss bei der Rehabilitation<br />
ein sehr mühsamer und nur<br />
schwer zu gewinnender Kampf geführt<br />
werden. Mittels rezidivierendem Aufdehnen<br />
unter Narkose mit offener<br />
Durchtrennung der schlimmsten Fibrosestränge<br />
und nachfolgenden Quengelschienen,<br />
die über Wochen immer<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
mehr gestreckt werden müssen, soll<br />
versucht werden, wieder eine gewisse<br />
physiologische Funktion zurück zu erhalten<br />
(Abb. 9).<br />
Bei den notfallmässigen Wundversorgungen,<br />
sofern überhaupt solche in<br />
den ersten Tagen zu erhalten waren,<br />
konnte die endgültige Wiederherstellung<br />
oft aus Zeit- und Mittelgründen<br />
nicht erreicht werden. So zum Beispiel<br />
bei einer jungen Frau mit einer durchgreifenden<br />
Oberlippenverletzung, die<br />
nun bei Unterlassung der primären<br />
Muskelnaht – neben weiteren erdbebenbedingten<br />
Verunstaltungen – auch<br />
noch eine Insuffizienz des Mundschlusses<br />
mit entsprechendem Flüssigkeitsaustritt<br />
hat. Eine einfache, wenig Zeit in<br />
Anspruch nehmende Revision in Lokalanästhesie<br />
mit Narbenresektion und<br />
peinlich genauer Adaptation des M.<br />
Orbicularis Oris hat ihr funktionell, und<br />
sicher auch kosmetisch und somit<br />
punkto Selbstwertgefühl, erheblich geholfen<br />
(Abb. 10).<br />
Bei all den geschlossenen und offenen<br />
Extremitätenfrakturen war die Versorgung<br />
mit einem Fixateur Externe – sobald<br />
45
46<br />
SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />
Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />
Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />
Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />
Abbildungen 11 und 12<br />
das Material verfügbar war, sterilisiert<br />
werden konnte und die Patienten irgendwo<br />
einen fixen Platz hatten – sicher die<br />
Methode der Wahl zur Stabilisation dieser<br />
Unmenge von Frakturen. Allerdings<br />
ist auch diese Methode nicht ganz unproblematisch,<br />
da mangelnde sterile<br />
Verhältnisse, schlechte Nachsorge und<br />
ungenügende Compliance Infektionen<br />
der Pin-Tracts oder offene Frakturenden<br />
den Erfolg zunichte machen können. Mit<br />
dem Resultat einer infizierten atrophen,<br />
nicht heilenden Pseudarthrose respektive<br />
Lockerung der Steinmann-Nägel<br />
durch Infekt mit Unmöglichkeit der weiteren<br />
Stabilisierung (Abb. 11).<br />
Osteosynthesen mittels Platten oder<br />
intramedullären Nägeln sind unter diesen<br />
Bedingungen einerseits besonders<br />
durch erhöhte Infektgefahr, andererseits<br />
durch Mangel an entsprechend<br />
geeignetem Material gefährdet. So<br />
musste bei dieser Überzahl von Frakturen<br />
zum Teil zu kleines oder sonst<br />
wie ungeeignetes Osteosynthesematerial<br />
verwendet werden.<br />
Bei einer jungen Frau mit zu klein gewähltem<br />
Implantat, bei der in der Folge Platte<br />
und Schrauben gebrochen waren, haben<br />
wir versucht, die Misere durch ein durch<br />
unsere Orthopädie-Techniker angefertigtes<br />
Oberschenkel-Brace nach Sarmiento<br />
unblutig zu retten.<br />
Grundbedingung ist aber, dass obige<br />
Osteosynthese völlig in sich zusammengesintert<br />
ist und das Femur durchs<br />
Periost bereits gegen Scherkräfte gut<br />
geschient wird (Abb. 12).<br />
Für die medizinische Zukunft Haitis<br />
sieht es gegenwärtig nicht gut aus, da<br />
seit dieser erneuten einschneidenden<br />
Katastrophe viele Akademiker das<br />
Land in Richtung den USA und Kanada<br />
verlassen.<br />
Andererseits verdrängen gutmeinende<br />
NGO, welche neu Ambulatorien betreiben<br />
(oft mit teuer bezahlten Ausländern),<br />
die Patienten von den verbliebenen<br />
medizinischen lokalen Institutionen<br />
und konkurrenzieren die haitianischen<br />
Ärzte, welche dadurch wirtschaftliche<br />
Einbussen haben.<br />
Haiti, das in regelmässigen Abständen<br />
Erdbeben, Überschwemmungen und<br />
Hurrikanen ausgesetzt ist, steht nun<br />
nach dem verheerenden Erdbeben statistisch<br />
bereits wieder vor der nächsten<br />
Naturkatastrophe. Und in der Tat: Im<br />
Sommer 2010 fegten Hurrikane über<br />
die Insel und im Herbst forderte eine<br />
Cholera-Epidemie zahlreiche weitere<br />
Opfer. Ganz zu schweigen von der seit<br />
Jahrzehnten andauernden politischen<br />
und wirtschaftlichen Instabilität, die<br />
durch diese Krise wiederum unter massiver<br />
Belastung steht.
SRMDM<br />
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />
1 / 11<br />
Mitteilungen des Präsidenten der Schweizerischen<br />
Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen<br />
Oberst Hugo Battaglia, Mösliweg 6, 6353 Weggis, milhugo@bluewin.ch<br />
Die Jahrestagung in Bern war ein Erfolg.<br />
Unter der Leitung von Oberst<br />
Sergei Bankoul, dem bisherigen Direktor<br />
der Schweizerischen Akademie für<br />
Militär- und Katastrophenmedizin<br />
(SAMK), konnte sich die SAMK sehr<br />
positiv präsentieren. Die Vorträge waren<br />
auch für Nicht-Ärzte spannend.<br />
Wir sind uns dessen bewusst, dass wir<br />
eher Mediziner-lastig sind, verfolgen<br />
diesen Weg aber auch deshalb, damit<br />
wir von der FMH die für uns wichtigen<br />
Credit Points erhalten. Dies ist eine<br />
nachhaltige Richtung, die wir eingeschlagen<br />
haben. So ist es uns auch<br />
möglich, vermehrt finanzielle Unterstützung<br />
zu akquirieren.<br />
Wir werden aber, nachdem sich die finanzielle<br />
Situation gut entwickelt, vermehrt<br />
auch Programme speziell für die<br />
Nicht-Ärzte prüfen.<br />
Die Zeitschrift Swiss Review of Military<br />
and Disaster Medicine (SRMDM) entwickelt<br />
sich gut. Mit unserem Chefredaktor<br />
Major Thomas Syburra haben<br />
wir einen weitsichtigen Lenker der Zeitschrift.<br />
Mit der Webseite hatten wir unsere liebe<br />
Mühe, die Technik wollte nicht immer<br />
Schritt halten. Nun ist die Website<br />
schön gestaltet, und wir hoffen, dass<br />
auch sie sich gut entwickeln wird.<br />
Wir haben an der GV 2010 einen neuen<br />
Kassier gewählt. Hptm Pierre-Alain<br />
Rouiller ist schon viele Jahre im Vor-<br />
Kontakt:<br />
Dr. med. Hugo Battaglia<br />
Mösliweg 6<br />
6353 Weggis<br />
milhugo@bluewin.ch<br />
stand tätig und als Kaufmann und Finanzspezialist<br />
für das Amt geradezu<br />
prädestiniert. Ich wünsche ihm viel Erfolg<br />
und freue mich auf die Zusammenarbeit.<br />
Hptm Reinhard Kern danke ich, dass<br />
er diese Doppelbelastung als Vizepräsident<br />
und Kassier in den letzten Jahren<br />
übernommen hatte. Als Vizepräsident<br />
wird er weiterhin aktiv sein.<br />
Und noch dies: Ich wurde für eine zweite<br />
– und nach Statuten – letzte Amtsperiode<br />
als Präsident wiedergewählt.<br />
Ich freue mich auf diese zweite Amtsperiode<br />
mit vielen weiteren schönen<br />
Begegnungen.<br />
Der Internationale Tag 2011 findet am<br />
17. September 2011 am Universitäts-<br />
spital Basel statt. Ich freue mich, Sie<br />
dort wieder anzutreffen.<br />
Bitte informieren Sie uns über Adressänderungen,<br />
damit wir Sie rechtzeitig<br />
einladen können.<br />
Der Präsident<br />
Oberst Hugo Battaglia<br />
Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der<br />
Sanitätstruppen (SGOS)<br />
Oberst Hugo Battaglia, Präsident<br />
Oberst Kurt Jäger, Vizepräsident<br />
Hptm Reinhard Kern, Vizepräsident<br />
Oberst i Gst Thomas Rohrbach, Verbindungsoffizier<br />
Maj Thomas Syburra, Chefredaktor<br />
Hptm Pierre-Alain Rouiller, Kassier<br />
Oberst Sergei Bankoul<br />
Oblt RKD Ruth Pulver<br />
Hptm Frank J. Rühli<br />
Divisionär Andreas Stettbacher, Gast<br />
Oberst Martin von Planta, Past Präsident<br />
Oberst Adrian Schmitt, Vertreter Veterinäre<br />
Melanie Butz, Sekretariat<br />
www.medof.ch<br />
47
48<br />
Editorial<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Chère lectrice, cher lecteur,<br />
Les infrastructures critiques sont les artères vitales<br />
de la société moderne. Elles assurent notre approvisionnement<br />
en prestations et en biens essentiels<br />
tels que l’énergie, la nourriture ou la communication.<br />
La santé publique contribue aussi grandement à notre sécurité, que ce soit au<br />
quotidien ou lors d’événements majeurs. C’est la raison pour laquelle elle constitue<br />
l’un des dix secteurs infrastructurels considérés comme critiques en Suisse.<br />
Elle intervient principalement dans les domaines des soins médicaux et hôpitaux,<br />
des laboratoires et de l’approvisionnement en produits phramaceutiques.<br />
L’importance de la protection des infrastructures critiques (PIC), le Conseil fédéral<br />
l’a lui aussi reconnue depuis longtemps. Preuve en est sa stratégie générale pour<br />
la protection des infrastructures critiques, qu’il a adoptée en juin 2009 dans le but<br />
d’améliorer la capacité de résistance (résilience) aussi bien des infrastructures<br />
critiques que de l’Etat, de l’économie et de la population. D’importants travaux<br />
visant à réaliser cet objectif sont actuellement en cours, sous la direction de l’Office<br />
fédéral de la protection de la population (OFPP) et en étroite collaboration<br />
avec les services spécialisés compétents.<br />
L’inventaire des infrastructures critiques qui est présentement élaboré dans ce<br />
cadre servira par exemple de base de planification et de priorisation à l’échelon<br />
de la Confédération, des cantons et des exploitants. Quant aux travaux dans le<br />
domaine de la santé publique, ils vont débuter très prochainement. Et nous nous<br />
attendons ici aussi à de bons résultats, puisque l’OFPP peut une fois de plus<br />
s’appuyer sur la précieuse collaboration avec le Service sanitaire coordonné (SSC).<br />
Il s’agira ensuite, dans une phase ultérieure, de continuer à améliorer le haut degré<br />
de protection dont bénéficie déjà ce domaine, à travers notamment des concepts<br />
de protection étendus. A cet égard, la clé du succès réside principalement dans<br />
la coordination des infrastructures de niveau critique différent, puisque la santé<br />
publique dépend elle aussi d’autres infrastructures critiques, notamment l’approvisionnement<br />
en énergie.<br />
La présente édition du bulletin d’information sur le SSC souligne donc la nécessité<br />
de tenir compte de ces interdépendances dans la planification des mesures<br />
appropriées. Les articles qui suivent veulent dès lors également vous aider à mieux<br />
comprendre les différents défis se rapportant aux infrastructures critiques.<br />
Je vous souhaite une lecture très enrichissante.<br />
Willi Scholl<br />
Directeur de l’Office fédéral de la protection de la population<br />
Willi Scholl
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Comment assurer l’approvisionnement en denrées<br />
alimentaires en cas de pandémie également<br />
Peter Mollenkopf, Scana Alimentation SA, responsable de la logistique, Althardstrasse 195, 8105 Regensdorf, peter.mollenkopf@scana.ch<br />
Mots-clés: approvisionnement en denrées<br />
alimentaires, pandémie, hôpitaux<br />
Avant qu’une pandémie n’éclate,<br />
il est nécessaire de procéder au<br />
préalable à des planifications minutieuses.<br />
Une fois qu’elle a éclaté, il<br />
est indispensable d’informer et de<br />
communiquer en fonction de la situation<br />
tout en prenant les mesures<br />
adéquates. Il est notamment de la<br />
plus grande importance de veiller<br />
à ce que les hôpitaux et les foyers<br />
disposent en permanence du minimum<br />
vital en termes de nourriture<br />
ainsi que de services. Même en cas<br />
d’urgence entraînant un fort taux<br />
d’absentéisme parmi le personnel,<br />
nous devons être en mesure d’assurer<br />
l’essentiel de notre travail.<br />
En raison du changement temporaire<br />
de comportement au sein de<br />
la population et de la désertion des<br />
établissements de restauration qui<br />
en résulte ainsi que de la réduction<br />
de l’assortiment, la charge de travail<br />
interne liée à la fourniture de<br />
prestations au profit d’autres segments<br />
de clientèle se réduit proportionnellement.<br />
Le secret d’une gestion<br />
réussie d’une pandémie réside<br />
dans la planification judicieuse des<br />
ressources en personnel ainsi que<br />
dans l’analyse et l’identification<br />
aussi bien des positions et fonctions-clés<br />
internes que des mesures<br />
visant à protéger et garantir<br />
ces dernières.<br />
Prenons le cas d’une pandémie de<br />
grippe, qui se traduit par l’apparition<br />
d’un nouveau virus grippal. Le plus<br />
souvent, elle se manifeste en deux ou<br />
trois vagues successives d’environ<br />
douze semaines chacune. La plupart<br />
des gens sont exposés au risque de<br />
contamination mais tous ne sont pas<br />
infectés. Certains ne tombent même<br />
pas malades. Dans le scénario qu’il a<br />
esquissé en cas de pandémie de<br />
grippe, l’Office fédéral de la santé publique<br />
(OFSP) part de l’hypothèse que<br />
le 25 % des travailleurs seront malades<br />
pendant cinq à huit jours et donc absents<br />
de leur poste de travail. Le taux<br />
d’absentéisme effectif du personnel<br />
peut toutefois être bien plus élevé,<br />
puisqu’une partie n’ira pas travailler<br />
non plus, que ce soit par obligation de<br />
rester à la maison pour s’occuper d’enfants<br />
malades ou par crainte d’être infectée.<br />
Il n’est donc pas impossible du<br />
tout que le taux d’absentéisme global<br />
se monte à 40 % ou presque, et ce sur<br />
deux semaines. En cas de pandémie,<br />
les employeurs doivent donc s’attendre<br />
à des difficultés extrêmes en termes de<br />
personnel sur une période donnée. En<br />
cela, la planification des pandémies se<br />
distingue des plans d’urgence existants,<br />
puisque ces derniers se fondent<br />
habituellement sur des événements<br />
ponctuels de courte durée.<br />
L’objectif du présent article est de décrire<br />
la fonction de la maison Scana<br />
Alimentation SA, une entreprise de<br />
commerce de gros active dans tout le<br />
pays et focalisée sur la livraison de produits<br />
alimentaires et non alimentaires à<br />
des restaurants, hôtels, foyers, hôpitaux,<br />
etc.<br />
Le plan de lutte contre les pandémies<br />
de l’Organisation mondiale de la santé<br />
(OMS) sert de base à toutes les mesures<br />
prises en amont ainsi qu’aux décisions<br />
et réalisations qui interviennent en cas<br />
de pandémie éventuelle de type Influenza.<br />
Les mesures préconisées ainsi que<br />
les tâches d’information et de communication<br />
qui s’y rapportent se fondent de<br />
plus sur les directives internes de la<br />
Fédération des coopératives Migros,<br />
dont fait partie Scana.<br />
Planification des ressources en<br />
personnel<br />
L’une des tâches principales à remplir<br />
au préalable consiste à assurer les<br />
tâches-clés ainsi qu’à garantir les prestations<br />
de base, à travers notamment<br />
une planification minutieuse des ressources<br />
en personnel.<br />
L’entreprise fournit toute une palette de<br />
prestations pour ses clients. Et c’est<br />
précisément d’une partie d’entre elles<br />
dont la population a besoin en cas de<br />
crise. Lors d’une pandémie de grippe,<br />
elle doit donc prioritairement viser à les<br />
maintenir le plus longtemps possible.<br />
Pour une partie de ces prestations, la<br />
demande en cas de pandémie va<br />
Scana Alimentation SA<br />
Scana est active depuis 1943<br />
dans le commerce alimentaire<br />
de gros partout en Suisse et<br />
constitue un partenaire important<br />
pour les exploitations<br />
institutionnelles telles que les<br />
hôpitaux, cliniques, foyers et<br />
résidences ainsi que pour les<br />
restaurants et hôtels. Toutes<br />
les prestations qu’elle fournit<br />
se concentrent sur les denrées<br />
alimentaires et les articles non<br />
alimentaires pour les domaines<br />
de la cuisine, des kiosques et<br />
des ménages.<br />
La filiale de la Fédération des<br />
coopératives Migros, avec ses<br />
220 collaborateurs, dispose<br />
d’un assortiment de plus de<br />
8’000 articles, de deux centres<br />
logistiques à Regensdorf et<br />
Neuendorf ainsi que de cinq<br />
centres de manutention à<br />
Aclens, Conthey, Landquart,<br />
Thoune et San Antonino.<br />
49
50<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Tableau 1: Analyse des unités organisationnelles et domaines de compétence pour la planification des ressources en personnel<br />
même augmenter, selon toute vraisemblance.<br />
Dans une telle situation, les prestations<br />
touchant aux autres secteurs<br />
peuvent être réduites, voire même<br />
suspendues. Il est même possible que<br />
certaines prestations ressortissant aux<br />
domaines de compétence prioritaires<br />
doivent être supprimées ou qu’elles ne<br />
puissent être fournies que partiellement.<br />
L’important est que l’établissement<br />
puisse continuer à tourner,<br />
c’est-à-dire que les tâches-clés soient<br />
garanties.<br />
Il faut également tenir compte des secteurs<br />
d’activités internes à l’entreprise,<br />
tels que l’informatique, qui ne fait pas<br />
partie des processus-clés proprement<br />
dits mais sans qui les prestations ne<br />
pourraient pas être fournies.<br />
La planification des pandémies au niveau<br />
de l’entreprise nécessite une analyse<br />
précise des fonctions et processus<br />
inhérents à cette dernière. Les questions<br />
qui en découlent sont les suivantes:<br />
Quelles sont les tâches et prestations<br />
auxquelles il n’est absolument<br />
pas possible de renoncer?<br />
Quelles sont les fonctions et personnes<br />
nécessaires pour fournir les<br />
prestations requises?<br />
A quelles prestations est-il possible<br />
de renoncer pendant un certain laps<br />
de temps (entre une et quatre semaines)?<br />
Quelles tâches peuvent être partiellement<br />
ou entièrement effectuées<br />
depuis la maison pendant un certain<br />
laps de temps (entre une et quatre<br />
semaines)?<br />
Quelles tâches et fonctions sont obligatoirement<br />
liées à un emplacement<br />
précis?<br />
Pour quelles tâches et fonctions la<br />
personne compétente doit-elle obligatoirement<br />
être en contact direct<br />
avec des clients ou d’autres personnes<br />
externes?<br />
Pour quelles tâches et prestations<br />
existe-t-il une dépendance vis-à-vis<br />
de partenaires?
Comment les suppléances sont-elles<br />
réglées?<br />
Un accent tout particulier est mis sur le<br />
processus de commande et d’ordre,<br />
puisque seul ce processus-clé subsiste<br />
en cas de crise et que toutes les ressources<br />
disponibles à l’interne sont<br />
mises à contribution pour garantir sa<br />
pérennité.<br />
En sa qualité de prestataire de services<br />
ainsi que de plaque-tournante, l’entreprise<br />
Scana Alimentation SA doit faire<br />
face à des menaces et à des défis particuliers.<br />
En cas de crise, il faut s’attendre<br />
à ce que les clients et les fournisseurs<br />
réagissent de manière<br />
désordonnée. Les deux marchés sont<br />
touchés par la crise de la même manière<br />
et font face aux mêmes complications,<br />
que ce soit le manque de personnel<br />
ou les problèmes qui en<br />
découlent sur le plan de l’organisation<br />
et des processus. Une telle situation<br />
peut se traduire par des achats visant<br />
à constituer des réserves, par le nonrespect<br />
des délais, par des problèmes<br />
de livraison ou encore par l’indisponibilité<br />
des marchandises.<br />
Le tableau 1 représente la première<br />
étape d’une analyse à l’échelon du<br />
domaine de compétence et de l’unité<br />
organisationnelle. Toutes les unités<br />
organisationnelles, telles que l’acquisition,<br />
la vente, le marketing, le personnel,<br />
les finances mais aussi la logistique,<br />
ainsi que leurs domaines de<br />
compétence respectifs sont illustrés,<br />
analysés et évalués.<br />
Cette analyse permet notamment de<br />
déterminer les personnes qui, au sein<br />
des diverses unités organisationnelles,<br />
occupent une «position-clé» et assument<br />
à ce titre des fonctions qui sont<br />
indispensables au maintien des activités<br />
de l’entreprise. Afin de les protéger<br />
et de préserver ainsi ces fonctions, il<br />
est nécessaire de prendre un certain<br />
nombre de mesures, comme par ex.<br />
l’application stricte de mesures préventives<br />
et hygiéniques, l’identification et<br />
l’aménagement éventuel de possibilités<br />
d’isolement et la réglementation des<br />
suppléances.<br />
La réglementation des suppléances<br />
est garantie au sein de l’entreprise<br />
Scana pour toutes les prestations<br />
importantes. Des cours intensifs sont<br />
en outre organisés pour les personnes<br />
issues d’unités organisationnelles<br />
moins importantes, afin qu’elles<br />
puissent combler les absences de<br />
personnel dans des départements tels<br />
que le bureau des commandes ou la<br />
logistique. Et si le nombre de chauffeurs<br />
malades entrave la bonne<br />
marche de la livraison des marchandises,<br />
des accords sont passés avec<br />
des partenaires logistiques externes<br />
pour la mise à disposition de personnel<br />
en cas d’urgence.<br />
Fig. 1: Plateformes logistiques de l’entreprise Scana<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
En Suisse, une pandémie peut<br />
s’étendre plus ou moins vite et de manière<br />
plus ou moins marquée en fonction<br />
de la région. Grâce à la mise sur<br />
pied de cinq plateformes logistiques, il<br />
est possible, en cas de défection massive<br />
de personnel dans une région du<br />
pays, de faire appel à des spécialistes<br />
d’une autre région (fig. 1).<br />
Afin d’éviter au maximum la contamination<br />
réciproque au sein de l’entreprise,<br />
il faut examiner si certaines personnes<br />
peuvent remplir leurs tâches<br />
entièrement depuis la maison. C’est<br />
pourquoi il est nécessaire de créer les<br />
conditions technologiques nécessaires<br />
à cet effet auprès des personnes<br />
concernées à un stade précoce de la<br />
pandémie.<br />
Planification et mesures<br />
applicables au marché des<br />
acquisitions<br />
En plus du propre plan interne de lutte<br />
contre les pandémies, des discussions<br />
sont menées en amont avec les fabricants,<br />
afin d’analyser leurs planifica-<br />
51
52<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
tions et de les harmoniser avec les<br />
nôtres. Il y a également lieu d’impliquer<br />
dans le processus les entreprises externes<br />
chargées du transport des marchandises<br />
depuis le fabricant à la maison<br />
Scana.<br />
En cas de pandémie, il faut éviter les<br />
contacts personnels avec les entreprises<br />
de livraison. Les communications<br />
se limitent donc à des conversations<br />
par téléphone et par courrier<br />
électronique. Il faut aussi respecter une<br />
distance minimale d’un mètre entre les<br />
personnes dans toute l’entreprise,<br />
notamment entre les propres chauffeurs<br />
et en cas de contact avec des<br />
chauffeurs externes lors de la livraison<br />
des marchandises.<br />
Lorsque le niveau maximal de pandémie<br />
de l’OMS est atteint, notre objectif<br />
est de pouvoir couvrir en permanence<br />
les besoins des clients, notamment<br />
dans le domaine des aliments de base.<br />
Les stocks de produits laitiers, d’huile,<br />
de conserves et d’autres produits secs<br />
sont donc augmentés au préalable.<br />
Nous veillons aussi à ce que les livraisons<br />
complémentaires puissent être<br />
garanties sur le marché des acquisitions.<br />
En cas de problèmes de livraison<br />
de certains produits, nous recherchons<br />
des fournisseurs alternatifs.<br />
Planification et mesures<br />
applicables au secteur des ventes<br />
Si 30 % de la population suisse devait<br />
tomber malade en cas de vague pandémique<br />
de quatre semaines, l’entreprise<br />
Scana estime à 60 % la chute des<br />
ventes. Avec une société tournant au<br />
ralenti et le risque élevé de contagion,<br />
elle part du principe que les gens vont<br />
éviter de se rendre dans les établissements<br />
gastronomiques tels que restaurants,<br />
cafétérias publiques et bars,<br />
mais aussi dans les hôtels, qui constituent<br />
une part importante de son portefeuille<br />
de clients.<br />
On assiste donc à un important transfert<br />
temporaire du secteur des ventes.<br />
Dans le même temps, l’objectif prioritaire<br />
pour Scana consiste à maintenir<br />
en permanence les prestations fournies<br />
à l’attention des exploitations institutionnelles<br />
telles que les hôpitaux et les<br />
foyers.<br />
Les planifications effectuées par Scana<br />
ainsi que par les hôpitaux et les<br />
foyers en matière de lutte contre les<br />
pandémies sont coordonnées et harmonisées.<br />
Un dialogue permanent<br />
durant toutes les phases de la pandémie<br />
permet d’instaurer une certaine<br />
transparence en relation avec<br />
les besoins de la clientèle et la palette<br />
des prestations offertes par Scana.<br />
Une planification restreinte des repas<br />
et de la nourriture fait écho à la nécessité<br />
pour cette dernière de se<br />
concentrer sur un assortiment de<br />
base. Un éventuel besoin d’augmenter<br />
la fréquence de livraison peut être<br />
compensé par la réduction de la<br />
charge de travail dans d’autres segments<br />
de clientèle.<br />
Afin de minimiser l’infection grippale, il<br />
faut renoncer aux visites des conseillers<br />
à la clientèle à chaque fois que<br />
c’est possible et réduire les possibilités<br />
de commande. Outre les commandes<br />
par téléphone et par fax, l’accent est<br />
mis sur les achats en ligne.<br />
Expériences et bilan<br />
Les expériences vécues, principalement<br />
lors de la pandémie de grippe en<br />
2009, ont montré qu’en dépit de l’élévation<br />
extrêmement rapide des phases<br />
pandémiques ainsi que de la proclama-<br />
tion temporaire du niveau de pandémie<br />
le plus élevé, la population suisse n’a<br />
pas procédé à des achats visant à<br />
constituer des réserves, à l’exception<br />
peut-être des masques de protection<br />
faciaux et des moyens de désinfection.<br />
Aucune activité d’achat anormalement<br />
élevée n’a donc été nécessaire sur le<br />
marché des acquisitions.<br />
En cas de pandémie plus grave entraînant<br />
un taux d’absentéisme élevé<br />
parmi le personnel de l’entreprise, les<br />
prestations de base peuvent être maintenues<br />
grâce à une planification préventive<br />
intégrale du personnel, à une<br />
harmonisation commune du plan de<br />
lutte contre la pandémie du côté des<br />
fournisseurs et des clients, à une focalisation<br />
sur une offre de base et à une<br />
diminution temporaire de la taille du<br />
secteur des ventes.<br />
Traduction: Jérôme Benoit
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Panne du système de chauffage à distance à l’Hôpital<br />
de l’Ile – un scénario à risque pour un hôpital<br />
Hans-Peter Aebischer, responsable technique et sécurité et exploitation, Hôpital de l’Ile, Berne, Maison du personnel 6, bureau G05,<br />
3010 Berne, hans-peter.aebischer@insel.ch<br />
Mots-clés: sécurité d’approvisionnement et<br />
d’exploitation, approvisionnement en chauffage<br />
à distance, panne du système de chauffage<br />
à distance<br />
À l’hôpital, l’approvisionnement en<br />
chauffage à distance comporte de<br />
nombreux processus primaires et<br />
secondaires. Dès lors, une panne<br />
du système de chauffage à distance<br />
se traduit par de graves<br />
perturbations de l’approvisionnement<br />
de base ainsi que par des<br />
effets secondaires, étalés dans le<br />
temps, sur les processus principaux<br />
de l’hôpital. Pour cette raison,<br />
il importe d’accorder d’emblée une<br />
attention particulière à la sécurité<br />
d’approvisionnement et d’exploitation<br />
afin de toujours garantir une<br />
qualité optimale de ces deux facteurs<br />
dans l’hôpital universitaire.<br />
Par ailleurs, il est possible d’atténuer<br />
les points faibles d’un système<br />
d’approvisionnement en remplaçant<br />
des systèmes redondants.<br />
Ainsi, une bonne organisation du<br />
système d’alerte de même que des<br />
plans catastrophes régulièrement<br />
mis à jour permettent-ils de réagir<br />
rapidement en cas de panne. Lors<br />
d’une catastrophe majeure, les organismes<br />
responsables sont tenus<br />
d’intervenir à temps et de prendre<br />
les mesures appropriées.<br />
L’Hôpital de l’Ile est l’un des plus importants<br />
hôpitaux universitaires de<br />
Suisse, un véritable label de qualité du<br />
canton de Berne. Depuis 1354, profondément<br />
ancré dans la population<br />
comme peu d’autres entreprises, il joue<br />
un rôle d’intégrateur incontournable<br />
(Fig. 1).<br />
Sur le marché de la santé publique, son<br />
attrait est grand, ses prestations de<br />
services estimes de toutes parts. Jour<br />
après jour, près de 7’000 collaborateurs<br />
œuvrent pour le bien-être d’autrui<br />
dans cette «ville-santé» pour que, année<br />
après année, plus de 220’000<br />
patients bénéficient d’une médecine et<br />
de soins de pointe ainsi que d’un encadrement<br />
individuel.<br />
L’importance du chauffage à<br />
distance à l’hôpital<br />
À l’hôpital, le chauffage à distance ne<br />
permet pas uniquement de chauffer<br />
des pièces, le système étant interconnecté<br />
à de multiples processus primaires<br />
et secondaires. Ainsi, lorsque<br />
ce système tombe en panne, les<br />
conséquences affectent le chauffage,<br />
l’eau chaude, la génération de vapeur<br />
ainsi que la climatisation (aération, refroidissement).<br />
Il en résulte une série d’impacts secondaires<br />
étalés dans le temps dont l’incidence<br />
toucherait la plupart des processus<br />
essentiels de l’hôpital, comme que<br />
Fig. 1: Le plan de l’Hôpital de l’Ile<br />
le fonctionnement des salles d’opération,<br />
les activités de stérilisation, la production<br />
pharmaceutique, les cuisines<br />
ainsi que les serveurs informatiques. En<br />
cas de panne, la poursuite de toutes<br />
ces activités serait gravement menacée.<br />
Mesures préventives pour<br />
minimiser le risque d’une panne<br />
du système de chauffage à<br />
distance<br />
Dans le cas des ressorts Technique +<br />
Sécurité de l’Hôpital de l’Ile de Berne,<br />
il s’agissait de répondre à la question<br />
centrale suivante: «Comment éviter<br />
une panne du système de chauffage à<br />
distance, voire réduire les conséquences<br />
à un niveau acceptable?».<br />
Pour commencer, il importe d’atténuer<br />
le degré de probabilité et l’indice de<br />
gravité des conséquences d’une telle<br />
panne. Pour ce faire, un catalogue de<br />
mesures a été pris par les responsables<br />
de l’Hôpital de l’Ile.<br />
53
54<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Fig. 2: L’approvisionnement en eau chaude: les canalisations de l’installation d’incinération des ordures sont signalées en noir, les chiffres correspondent aux trois sources d’alimentation<br />
redondantes.
Ainsi, pour réduire ce type de risque,<br />
les points faibles du système doivent<br />
d’abord avoir été décelés. Partant de<br />
divers scénarios et diverses simulations,<br />
une analyse des risques permet<br />
alors d’identifier les facteurs susceptibles<br />
de déclencher une telle panne et<br />
d’évaluer ses conséquences et ses<br />
répercussions. Une fois cet exercice<br />
accompli, il est possible d’arrêter et de<br />
prendre des mesures préventives appropriées.<br />
Afin de garantir la sécurité d’exploitation<br />
de l’établissement en cas de catastrophe,<br />
l’Hôpital de l’Ile a opté pour la<br />
formule des «systèmes redondants».<br />
Cela signifie, pour ce qui est de l’approvisionnement<br />
en chauffage à distance,<br />
que trois canalisations sont alimentées<br />
séparément. Dès lors, lorsqu’une panne<br />
touche une de ses canalisations, les<br />
deux autres «prennent la relèvent» pour<br />
couvrir les besoins (Fig. 2).<br />
Pour qu’un système d’approvisionnement<br />
redondant fonctionne, la fonction<br />
de redondance doit être garantie pour<br />
l’ensemble des étapes de la production;<br />
dans le cas de l’Hôpital de l’Ile, de<br />
l’installation d’incinération des ordures<br />
jusqu’aux consommateurs. En effet,<br />
c’est dans cette installation que la production<br />
est assurée où plusieurs chaudières<br />
et divers types de combustibles<br />
sont utilisés. De plus, l’installation<br />
d’incinération compte plusieurs<br />
conduites de sortie ainsi que des<br />
pompes redondantes de surpression.<br />
Enfin, l’approvisionnement en électricité<br />
est garanti par des génératrices.<br />
Chercher à se prémunir contre des<br />
risques sert également à renforcer<br />
l’étroite coopération entre le centre<br />
d’incinération et l’Hôpital de l’Ile. Ainsi,<br />
en cas d’événement majeur détecté<br />
dans le centre, l’Hôpital de l’Ile bénéficierait<br />
d’un traitement d’approvisionnement<br />
prioritaire.<br />
D’autres mesures de prévention importantes<br />
concernent l’organisation du<br />
système d’alerte et son bon fonctionnement<br />
ainsi que des plans catastrophes<br />
régulièrement mis à jour pour<br />
garantir qu’en cas d’incident, l’approvisionnement<br />
soit rétabli aussi rapidement<br />
que possible. Dans ce contexte,<br />
la façon dont l’information est relayée<br />
aux utilisateurs concernés joue un rôle<br />
tout aussi crucial.<br />
Lorsqu’une brève panne du système<br />
de chauffage à distance survient, une<br />
alerte générale ainsi qu’une intervention<br />
rapide du service de permanence,<br />
en place 24 heures sur 24, permettent<br />
de résoudre la panne en très peu de<br />
temps.<br />
Grâce au plan d’information échelonné<br />
du système d’organisation en cas<br />
d’alerte, les unités de l’Hôpital de l’Ile<br />
touchées par une panne du chauffage<br />
à distance sont immédiatement informées<br />
lorsqu’un incident survient. De<br />
cette façon, les utilisateurs peuvent y<br />
réagir sans tarder en prenant les mesures<br />
indiquées.<br />
Panne du système de chauffage à<br />
distance: comment procéder<br />
Lorsque le système de chauffage à<br />
distance connaît une défaillance de<br />
longue durée, il est possible de délester<br />
le réseau grâce à une gestion des<br />
charges.<br />
Quand il n’est pas possible d’intervenir<br />
rapidement en cas d’interruption du<br />
chauffage à distance, les entités et les<br />
responsables concernés doivent mettre<br />
en œuvre les mesures échelonnées.<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Si une interruption perdure (phénomène<br />
à éviter par principe grâce aux<br />
mesures décrites précédemment), le<br />
«KATAPLAN» (l’organisation conceptuelle<br />
de l’Hôpital de l’Ile en cas de<br />
catastrophes) doit être déclenché,<br />
comme le bon fonctionnement de l’hôpital<br />
sera perturbé un tel point qu’il ne<br />
pourra pas être assuré.<br />
Dans ce cas de figure, les patients<br />
dans un état critique devront sans<br />
doute être transférés vers d’autres<br />
hôpitaux, voire des divisions entières<br />
évacuées. De plus, le porte-parole de<br />
l’établissement sera tenu d’informer les<br />
médias.<br />
Quand un système de chauffage à distance<br />
tombe en panne dans un établissement<br />
hospitalier, les problèmes qui<br />
en découlent sont énormes. Pour cette<br />
raison, il est essentiel de faire en sorte<br />
que les phénomènes redoutés ne<br />
puissent pas s’amorcer et de réduire<br />
les conséquences d’une telle défaillance<br />
avec des moyens et des dispositifs<br />
de prévention appropriés.<br />
Conclusions<br />
En cas d’événement majeur, des spécialistes<br />
compétents doivent supprimer<br />
la panne dans les meilleurs délais. Il<br />
importe d’accorder d’emblée une attention<br />
particulière à la sécurité d’approvisionnement<br />
et d’exploitation afin<br />
de toujours garantir une qualité optimale<br />
de ces fonctions dans l’Hôpital<br />
universitaire.<br />
Traduction: Yve Delaquis<br />
55
56<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
Approvisionnement en eau dans les situations de crise:<br />
L’eau potable, un produit naturel vital<br />
Markus Biner, conseiller technique, Société Suisse de l’Industrie du Gaz et des Eaux (SSIGE), Grütlistrasse 44, Case postale 2110, 8027 Zurich<br />
m.biner@svgw.ch<br />
Mots-clés: eau potable, denrées alimentaires,<br />
Suisse<br />
L’eau potable est une denrée alimentaire<br />
indispensable que rien<br />
ne peut remplacer. Elle est aussi<br />
– et nous l’oublions souvent – à la<br />
base de notre hygiène et intervient<br />
dans le processus de production<br />
de nombreux biens. Dans un pays<br />
comme le nôtre, riche en eau, l’eau<br />
potable est par ailleurs utilisée<br />
pour lutter contre les incendies. La<br />
totalité ou presque des 7,6 millions<br />
d’habitants du pays sont raccordés<br />
à un réseau centralisé et moderne.<br />
Seuls le Jura, les Préalpes et les<br />
Alpes abritent encore des systèmes<br />
d’approvisionnement individuels.<br />
En Suisse, quelque 3’000 installations<br />
d’approvisionnement en eau de taille et<br />
de forme juridique variées acheminent<br />
chaque année près d’un milliard de<br />
mètres cubes d’eau potable, ce qui<br />
correspond approximativement au<br />
contenu du lac de Bienne. Cette quantité<br />
ne représente toutefois que le 2 %<br />
des précipitations qui s’abattent<br />
chaque année sur notre pays, ce qui<br />
traduit bien sa richesse en eau. Quant<br />
à l’origine de celle-ci, 40 % provient de<br />
sources, 40 % de nappes phréatiques<br />
et 20 % de lacs. La consommation<br />
moyenne se monte à 350 litres par<br />
habitant et par jour, dont 160 litres<br />
d’eau potable par habitant et par jour<br />
pour les seuls besoins ménagers. Cette<br />
quantité correspond au contenu de dix<br />
harasses d’eau minérale. Bien que<br />
l’eau potable nous soit livrée à la maison<br />
à tout moment (jour et nuit), nous<br />
ne payons en moyenne suisse que 30<br />
centimes pour notre consommation<br />
quotidienne.<br />
Afin d’assurer l’approvisionnement en<br />
eau potable à long terme, nous devons<br />
prendre soin de nos nappes phréatiques<br />
et les protéger au mieux. La loi<br />
fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection<br />
des eaux et les ordonnances<br />
qui s’en inspirent, soit l’ordonnance du<br />
9 juin 1986 sur les substances dangereuses<br />
pour l’environnement et l’ordonnance<br />
du 27 février 1991 sur la protection<br />
contre les accidents majeurs,<br />
constituent les bases juridiques nécessaires<br />
à cet effet. Quant aux mesures<br />
précoces prises pour protéger les<br />
eaux, qui n’ont cessé d’être améliorées<br />
au fil du temps, elles sont absolument<br />
nécessaires pour garantir la haute qualité<br />
de nos réserves d’eau. En Suisse,<br />
30 % seulement du besoin en eau<br />
potable est traité sur plusieurs niveaux.<br />
Il s’agit le plus souvent d’eau de lac, qui<br />
est en règle générale traitée à l’aide<br />
d’une procédure classique, c’est-àdire<br />
avec des filtres rapides.<br />
L’approvisionnement en eau, une<br />
industrie de traitement des<br />
denrées alimentaires<br />
Sans installations centralisées d’approvisionnement<br />
en eau, il n’est tout simplement<br />
pas possible de couvrir l’important<br />
besoin en eau potable de nos<br />
sociétés modernes. Elles sont donc<br />
nécessaires pour que ces dernières<br />
puissent se développer sainement sur<br />
le double plan économique et social.<br />
En Suisse, l’approvisionnement de la<br />
population en eau potable est une<br />
tâche publique qui incombe aux cantons,<br />
mais que ces derniers ont généralement<br />
déléguée aux communes. La<br />
structure de l’approvisionnement en<br />
eau dans le pays se caractérise dès<br />
lors par un grand nombre d’installations<br />
qui alimentent chacune un cercle<br />
restreint d’habitants. D’une manière<br />
générale, ces installations sont des<br />
entreprises qui ont une clientèle à qui<br />
elles fournissent le produit «eau po-<br />
table». L’entreprise dispose d’installations,<br />
d’appareils et d’équipements qui<br />
doivent être aménagés, exploités,<br />
améliorés ou modifiés selon les normes<br />
techniques en vigueur, conformément<br />
à la loi sur les denrées alimentaires. En<br />
suivant les règles fixées par les unions<br />
professionnelles telles que la Société<br />
suisse de l’industrie du gaz et des eaux<br />
(SSIGE), les entreprises n’auront aucun<br />
mal à respecter les normes en question.<br />
De plus, les propriétaires des installations,<br />
appareils et équipements sont<br />
tenus de les faire surveiller et entretenir<br />
régulièrement par des personnes spécialement<br />
formées à cet effet.<br />
Chaque exploitation qui fabrique, traite<br />
ou livre des denrées alimentaires doit<br />
veiller, dans le cadre de ses activités, à<br />
ce que les marchandises répondent<br />
aux normes légales.<br />
L’approvisionnement en eau, une<br />
exploitation organisationnellement<br />
et techniquement sûre<br />
La grande importance sociale et économique<br />
liée à un système fiable d’approvisionnement<br />
en eau et les grosses<br />
attentes des consommateurs ont heureusement<br />
fait que les critères de sécurité<br />
aujourd’hui applicables en Suisse<br />
pour l’approvisionnement en eau sont<br />
très stricts.<br />
Lors de la vérification et de l’évaluation<br />
des éventuels points faibles des systèmes<br />
existants d’approvisionnement<br />
en eau du pays, il faut tenir compte du<br />
fait que les problèmes qualitatifs sont<br />
généralement plus graves que les problèmes<br />
quantitatifs. Une eau de mauvaise<br />
qualité peut en effet vite menacer<br />
la population ou à tout le moins la faire<br />
légèrement paniquer.
Les infrastructures d’approvisionnement<br />
en eau sont des structures organisées<br />
de manière plus ou moins centralisée.<br />
D’une manière générale, nous<br />
pouvons dire que plus un élément est<br />
positionné de manière centrale dans un<br />
système, plus son influence est grande<br />
sur tout le système. Les aménagements<br />
de captation et de transport de<br />
l’eau, les installations de traitement, les<br />
réservoirs ainsi que les conduites de<br />
transport et les conduites principales<br />
constituent de tels éléments centraux.<br />
Une particularité de cette industrie par<br />
rapport à d’autres entreprises alimentaires<br />
réside dans le système de transport.<br />
Habituellement, les aliments sont<br />
livrés sur palettes ou dans des paquets.<br />
En cas de problème au niveau de la<br />
qualité, il est donc la plupart du temps<br />
possible de déterminer très exactement<br />
la partie qui est concernée et d’interrompre<br />
la livraison au destinataire. Et<br />
comme les clients peuvent se rabattre<br />
sur des points de ravitaillement alternatifs,<br />
leur confort n’en pâtit presque pas.<br />
Il en va tout autrement pour l’eau potable!<br />
Celle-ci est livrée en continu à<br />
travers des conduites avant d’être mélangée<br />
dans des systèmes hydrauliques<br />
complexes tels que des conduites en<br />
circuit fermé et des réservoirs puis directement<br />
livrée à la clientèle. En cas de<br />
contamination de l’eau potable, il est<br />
ainsi à craindre qu’une partie de la population<br />
l’a déjà consommée.<br />
A ce jour, le niveau de préparation des<br />
entreprises en vue d’une éventuelle<br />
situation de crise varie souvent considérablement.<br />
Grâce aux instructions<br />
pour l’approvisionnement en eau potable<br />
en temps de crise et sa planification<br />
(AEC), qui s’appuient sur l’ordonnance<br />
du 20 novembre 1991 sur la<br />
garantie de l’approvisionnement en eau<br />
potable en temps de crise (OAEC), la<br />
SSIGE essaie d’aider les fournisseurs<br />
d’eau à mieux se préparer aux situations<br />
de crise.<br />
Les causes des situations de crise<br />
et leurs conséquences<br />
Les situations de crise peuvent surgir<br />
aussi bien en temps de paix qu’en cas<br />
de guerre:<br />
Catastrophes naturelles<br />
Intempéries/inondations<br />
Tremblements de terre<br />
Glissements de terrain<br />
Accidents majeurs<br />
Accidents d’exploitation et de transport<br />
avec des matières polluantes<br />
Accidents industriels, incendies majeurs<br />
Accidents nucléaires<br />
Dégâts aux barrages<br />
Actions de guerre et de sabotage<br />
Sabotages<br />
Opérations avec armes conventionnelles<br />
Opérations avec armes atomiques et<br />
chimiques<br />
Les dégâts auxquels il faut s’attendre<br />
en cas de crise peuvent être de diverses<br />
natures. Ils vont du tarissement<br />
et de la contamination des ressources<br />
en eau jusqu’à la destruction totale<br />
d’installations et d’ouvrages en passant<br />
par l’altération des processus<br />
opératifs. Très souvent, les problèmes<br />
et dégâts qui surgissent en cas de crise<br />
ne peuvent pas non plus être résolus<br />
ou réparés selon les instructions<br />
d’usage. Il faut en effet développer des<br />
scénarii propres pour chaque exploita-<br />
http://www.svgw.ch<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
tion d’approvisionnement en eau, scénarii<br />
qui tiennent compte des<br />
contraintes locales. Bien sûr, lors de<br />
chaque sinistre, la survie des personnes<br />
touchées reste prioritaire.<br />
Quant à la gestion des problèmes et<br />
dommages, elle incombe en premier<br />
lieu à l’entreprise chargée de l’approvisionnement<br />
en eau, dont le propriétaire<br />
peut être une commune, plusieurs<br />
communes ou un regroupement de<br />
communes. Si nécessaire, elle peut<br />
demander de l’aide auprès des exploitations<br />
avec lesquelles elle doit collaborer<br />
pour assurer l’approvisionnement<br />
en eau potable en temps de crise selon<br />
l’article 5 OAEC ainsi qu’auprès de la<br />
commune et du canton. L’organisation<br />
civile en cas de catastrophe de la commune<br />
n’intervient dès lors que sur demande<br />
de l’entreprise d’approvisionnement<br />
en eau concernée et assume dès<br />
lors l’entière responsabilité de la coordination<br />
des mesures visant à garantir<br />
l’approvisionnement en eau potable. Il<br />
faut toutefois souligner le fait que tout<br />
problème ou dommage ne doit pas<br />
nécessairement conduire à une situation<br />
de crise, bien au contraire. Mieux<br />
une entreprise d’approvisionnement en<br />
eau est préparée à une telle situation,<br />
plus la probabilité est grande qu’un<br />
incident puisse être maîtrisé avant<br />
même de se retrouver en présence<br />
d’une crise.<br />
Qui est responsable de l’approvisionnement<br />
en eau et à quel moment?<br />
(Fig. 1)<br />
En situation normale (approvisionnement<br />
normal en eau via le réseau), les<br />
entreprises chargées de l’approvisionnement<br />
en eau sont seules responsables<br />
dans leur secteur.<br />
En situation de crise, on distingue en<br />
règle générale deux états, qui s’écartent<br />
57
58<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
de l’approvisionnement normal via le<br />
réseau (N):<br />
Etat R: approvisionnement restreint<br />
via le réseau<br />
Etat I: approvisionnement interrompu<br />
via le réseau<br />
En cas d’approvisionnement restreint<br />
(R), l’entreprise d’approvisionnement<br />
en eau reste le seul fournisseur d’eau.<br />
L’exploitation se poursuit le plus longtemps<br />
possible avec les installations<br />
existantes. En cas de besoin et pour<br />
autant qu’elle ait procédé aux planifications<br />
nécessaires au préalable, elle<br />
peut demander l’appui de la protection<br />
civile, du service du feu ou de l’approvisionnement<br />
économique du pays, via<br />
leurs organisations respectives en cas<br />
de crise.<br />
En cas d’interruption du réseau (I), les<br />
entreprises d’approvisionnement en<br />
eau doivent en priorité remettre en état<br />
leurs installations. Quant au traitement<br />
et à la distribution de l’eau, ils in-<br />
Fig. 1: gestion d’une situation de crise<br />
combent dans l’intervalle à l’organisation<br />
compétente en cas de crise.<br />
Même en cas d’interruption de l’approvisionnement<br />
en eau, ce sont en premier<br />
lieu tous les éléments encore<br />
fonctionnels du système d’approvisionnement<br />
normal qui sont utilisés. Partout<br />
ailleurs, la distribution se fait selon<br />
le principe de la sollicitation: le consommateur<br />
vient chercher son eau avec un<br />
récipient dans un endroit défini par<br />
l’organisation de crise.<br />
Répartition des tâches en cas de<br />
crise<br />
Le consommateur se trouve en bout de<br />
chaîne. Il a besoin d’eau potable. Dès<br />
lors, en cas de crise, il doit pouvoir<br />
compter sur des provisions.<br />
L’acteur principal est le fournisseur<br />
d’eau. En cas de crise, il approvisionne<br />
de manière autonome les consommateurs<br />
dans les communes raccordées<br />
au réseau aussi longtemps que pos-<br />
sible. Pour les travaux de remise en<br />
état, il fera appel en premier lieu à ses<br />
propres moyens et à ceux des communes<br />
qui se trouvent dans son secteur.<br />
Ces dernières peuvent alors<br />
convoquer leurs services du feu ou la<br />
protection civile pour lui venir en aide.<br />
Si cela ne suffit pas, elles peuvent demander<br />
des renforts auprès du canton.<br />
En cas de crise, si une région d’approvisionnement<br />
ou une commune en fait<br />
la demande, le canton lui met à disposition<br />
du «matériel lourd», qu’il entrepose<br />
dans des centres régionaux<br />
d’intervention. Il peut également détacher<br />
des formations de la protection<br />
civile ou des groupes d’intervention<br />
cantonaux, pour autant qu’il dispose<br />
de tels éléments. Quant au laboratoire<br />
cantonal, il va analyser la contamination<br />
des réserves d’eau. D’autres autorités<br />
cantonales vont, pour leur part,<br />
s’efforcer d’éviter toute propagation de<br />
la pollution de l’eau. Enfin, le canton<br />
peut demander l’aide de la Confédération,<br />
à travers l’intervention de l’armée.<br />
La Confédération n’intervient en cas de<br />
crise que sur demande d’un canton,<br />
fournissant alors avant tout des conseils<br />
spécialisés et des moyens militaires.<br />
Conclusion<br />
L’eau est notre aliment le plus important.<br />
Conformément à l’ordonnance<br />
sur la garantie de l’approvisionnement<br />
en eau potable en temps de crise<br />
(OAEC), les consommateurs doivent<br />
disposer à tout moment des quantités<br />
d’eau potable minimales prédéfinies.<br />
Cette exigence entraîne un certain<br />
nombre de tâches pour toutes les parties<br />
impliquées, que ce soit les<br />
consommateurs, les communes, les<br />
fournisseurs, les cantons ou les services<br />
fédéraux concernés.
Pour les propriétaires des installations<br />
d’approvisionnement en eau, la mise<br />
en œuvre de l’ordonnance doit globalement<br />
entraîner une amélioration de la<br />
sécurité d’exploitation, en temps normal<br />
également. Il ne sera en effet pos-<br />
Approvisionnement en eau<br />
potable en temps de crise<br />
Interview de Markus Biner avec Urs<br />
Kamm, ingénieur EPF, chef Département<br />
Eau, SSIGE Zurich<br />
Pourquoi une ordonnance visant à<br />
garantir l’approvisionnement en eau<br />
potable en temps de crise a-t-elle<br />
été élaborée au niveau national?<br />
L’eau potable est une denrée alimentaire<br />
indispensable. Les habitants<br />
d’une ville ou d’une commune ont besoin<br />
que l’approvisionnement en eau<br />
fonctionne de manière fiable et sûre,<br />
également dans les situations extraordinaires.<br />
Même si les perturbations<br />
importantes sont rares chez nous,<br />
nous devons tout de même prendre<br />
des mesures préventives dans une telle<br />
perspective. Les principales sont<br />
consignées dans l’ordonnance en<br />
question. De cette manière, nous pouvons<br />
faire en sorte que la population<br />
dispose de la quantité d’eau potable<br />
nécessaire à sa survie même après des<br />
incidents graves.<br />
Quels sont les objectifs prioritaires<br />
de l’ordonnance?<br />
Comme je l’ai déjà mentionné, il s’agit<br />
avant tout de veiller à ce que nous disposions<br />
d’eau potable en temps de<br />
crise également. L’ordonnance va toutefois<br />
encore plus loin. Les mesures<br />
prévues visent ainsi à assurer le plus<br />
longtemps possible l’approvisionnement<br />
normal et à résoudre rapidement<br />
les éventuelles perturbations du réseau.<br />
sible de maîtriser efficacement de<br />
vraies crises que si les fournisseurs<br />
d’eau et les autorités communales sont<br />
prêts à y faire face.<br />
Traduction: Jérôme Benoit<br />
Urs Kamm, ingénieur EPF, chef Département<br />
Eau, SSIGE Zurich<br />
Que faut-il comprendre par «temps<br />
de crise»?<br />
Une crise au sens de l’ordonnance survient<br />
lorsque l’approvisionnement normal<br />
en eau potable est fortement menacé,<br />
gravement entravé ou interrompu,<br />
en particulier à la suite de catastrophes<br />
naturelles, d’accidents majeurs, de sabotages<br />
ou d’actions de guerre.<br />
Une pandémie est-elle considérée<br />
comme une crise?<br />
S’appuyant sur les risques potentiels de<br />
pandémie provoquée par la grippe aviaire<br />
ou la grippe porcine, la SSIGE a élaboré<br />
un manuel destiné à préparer les entreprises<br />
à affronter une pandémie, lequel<br />
se fonde sur les directives de l’Office fédéral<br />
de la santé publique. Grâce à des<br />
mesures ciblées, nous voulons que le<br />
système d’approvisionnement en eau<br />
reste pleinement fonctionnel, même<br />
dans une situation particulièrement difficile<br />
comme peut l’être une pandémie.<br />
Certaines activités devraient certes être<br />
réduites, mais notre but serait de couvrir<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
entièrement les besoins en matière d’eau<br />
potable de notre clientèle.<br />
Qui est responsable de l’approvisionnement<br />
en eau potable en<br />
temps de crise?<br />
D’une manière générale, ce sont les<br />
propriétaires des installations d’approvisionnement<br />
en eau et les cantons qui<br />
sont responsables de l’approvisionnement<br />
en eau potable en temps de crise.<br />
La population doit toutefois aussi apporter<br />
son eau au moulin en constituant<br />
des réserves d’eau potable.<br />
L’Office fédéral pour l’approvisionnement<br />
économique du pays a pour sa<br />
part publié une brochure sur les provisions<br />
recommandées en cas de crise,<br />
qui préconise par exemple une réserve<br />
d’eau potable de 9 litres par personne.<br />
L’approvisionnement en eau potable<br />
en temps de crise a-t-il déjà été réalisé<br />
partout?<br />
La division de l’eau potable de l’approvisionnement<br />
économique du pays a<br />
effectué un sondage approfondi auprès<br />
des cantons sur le niveau de réalisation<br />
de l’ordonnance sur la garantie de l’approvisionnement<br />
en eau potable en<br />
temps de crise et a évalué les réponses.<br />
Il a été constaté à cette occasion que<br />
l’ordonnance était mise en œuvre dans<br />
la plupart des régions à forte densité de<br />
population. Des lacunes existent encore,<br />
notamment dans les zones rurales.<br />
La plupart des cantons s’efforcent<br />
actuellement de les combler.<br />
59
60<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
De la vulnérabilité des centrales d’intervention<br />
de Protection & Sauvetage Zurich<br />
Cap Reto Trottmann, responsable des centrales d’intervention PSZ, Weststrasse 4, 8036 Zurich, reto.trottmann@zuerich.ch<br />
Mots-clés: centrale d’intervention, Protection<br />
& Sauvetage Zurich, vulnérabilité<br />
Les centrales d’intervention de Protection<br />
& Sauvetage Zurich (PSZ)<br />
constituent une infrastructure centrale<br />
visant à coordonner et piloter<br />
les services de sauvetage ainsi que<br />
les services du feu dans la région de<br />
Zurich. Sans mesures appropriées,<br />
ces centrales peuvent être perturbées<br />
ou neutralisées par les événements<br />
les plus divers, qu’il s’agisse<br />
d’incidents élémentaires, de complications<br />
organisationnelles, de problèmes<br />
liés au personnel ou de difficultés<br />
techniques. Afin de minimiser<br />
l’impact d’une éventuelle panne, il<br />
faut intégrer à tous les processus<br />
inhérents aux centrales les principes<br />
liés à la gestion de la continuité des<br />
activités (Business Continuity Management),<br />
à savoir la prévention,<br />
l’identification de la panne, l’établissement<br />
de l’exploitation de secours,<br />
la résolution durable du problème<br />
ainsi que le rétablissement de l’activité<br />
normale.<br />
Etat des lieux<br />
Deux centrales d’intervention sont aujourd’hui<br />
actives dans le canton de<br />
Zurich, l’une opérant le numéro d’appel<br />
d’urgence 118 et l’autre le 144.<br />
La centrale d’intervention Zurich (située<br />
à la Weststrasse en ville de Zurich) et la<br />
centrale d’intervention Aéroport (située<br />
dans le périmètre de l’aéroport) sont<br />
l’une et l’autre exploitées par PSZ. Elles<br />
répondent toutes deux aux appels<br />
d’urgence, que ce soit pour une intervention<br />
du service de sauvetage ou des<br />
pompiers, et déploient les moyens<br />
nécessaires à cet effet. Et si la centrale<br />
d’intervention aéroportuaire est installée<br />
à proximité immédiate de l’aéroport<br />
de Zurich, c’est pour répondre aux exi-<br />
gences de l’Organisation de l’aviation<br />
civile internationale (OACI).<br />
Les deux centrales d’intervention couvrent<br />
chacune un secteur d’engagement<br />
bien défini, celle de Zurich au sud<br />
et celle de l’aéroport au nord. Outre la<br />
réception des appels d’urgence et la<br />
mise à disposition des moyens d’engagement,<br />
elles assument de nombreuses<br />
autres tâches, telles que le<br />
traitement des messages transmis par<br />
les systèmes d’alarme, la mise sur pied<br />
et le déploiement des divers services<br />
de piquet et spécialistes, les mandats<br />
de prestations extra-cantonaux, le<br />
transport de malades ainsi que la coordination<br />
des événements sanitaires<br />
majeurs.<br />
Grâce au travail par équipe, les deux<br />
centrales d’intervention sont desservies<br />
en permanence, par quatre à six<br />
personnes à Zurich et trois à quatre à<br />
l’aéroport.<br />
Le paysage systémique des centrales<br />
est aujourd’hui très hétérogène. La centrale<br />
de Zurich utilise par exemple le<br />
logiciel de gestion des interventions I/<br />
CAD de la maison Intergraph, qui est<br />
également employé par la police cantonale<br />
zurichoise ainsi que les polices des<br />
villes de Winterthur et Zurich. Quant à la<br />
centrale d’intervention aéroportuaire,<br />
elle utilise un système de l’entreprise<br />
Swissphone-Systems. Dans les domaines<br />
de la téléphonie, de la communication<br />
radio, de l’enregistrement ainsi<br />
que de la transmission d’ordres et du<br />
statut, le paysage systémique est tout<br />
aussi hétérogène. Cette grande diversité<br />
de systèmes entrave la collaboration<br />
entre les centrales et l’échange de<br />
données, provoque des erreurs et augmente<br />
massivement les coûts de formation<br />
et d’exploitation.<br />
Dotées d’un équipement à la pointe de<br />
la technologie, les deux centrales d’intervention<br />
de PSZ emploient au total 50<br />
personnes pour répondre à tout moment<br />
aux 500’000 appels et plus<br />
qu’elles reçoivent chaque année. Il en<br />
résulte quelque 100’000 interventions<br />
pour les services du feu compétents<br />
dans le canton de Zurich ainsi que pour<br />
les services de sauvetage dans les cantons<br />
de Zurich, Schwyz et Schaffhouse.<br />
Les centrales d’intervention du canton<br />
de Zurich sont, à l’instar des centrales<br />
dans d’autres cantons, confrontées à<br />
un nombre toujours croissant d’appels.<br />
Indépendamment des événements élémentaires<br />
toujours plus nombreux, le<br />
volume des appels connaît chaque<br />
année une croissance pouvant aller<br />
jusqu’à 6 %. Les raisons de cette explosion<br />
résident principalement dans<br />
l’évolution de la société, qui compte<br />
par exemple de plus en plus d’utilisateurs<br />
de téléphones mobiles et qui<br />
hésite de moins en moins à composer<br />
les numéros d’appel d’urgence.<br />
Vulnérabilité<br />
Aujourd’hui, il est devenu indispensable<br />
pour tous les processus métiers<br />
ou presque que les infrastructures informatiques<br />
complexes continuent à<br />
fonctionner en cas d’événements critiques.<br />
Les catastrophes naturelles<br />
telles que les inondations, les tempêtes<br />
ou les incendies ne sont par exemple<br />
que quelques-uns des scénarii qui<br />
peuvent menacer une organisation.<br />
Des dispositions doivent donc être<br />
prises dans la perspective d’une crise<br />
ou d’un sinistre imprévus. Et même si<br />
une gestion ciblée des risques permet<br />
d’identifier suffisamment tôt les menaces<br />
ainsi que les points faibles et de<br />
les contrôler, un risque résiduel non<br />
identifié ne peut toutefois jamais être
complètement exclu. Grâce à la gestion<br />
de la continuité des activités et à la<br />
planification de la remise en état consécutive<br />
à une catastrophe, il est toutefois<br />
possible de minimiser ce risque au<br />
maximum et de revenir ainsi le plus<br />
rapidement possible à la normale.<br />
Afin de pouvoir exploiter de manière<br />
stable les processus opérationnels critiques<br />
des centrales, il faut avoir une<br />
vision globale de toutes les composantes<br />
impliquées.<br />
Fig. 1: systèmes périphériques<br />
PSZ a donc procédé à une catégorisation<br />
de tous les systèmes existants en<br />
fonction de leur nécessité pour le processus-clé<br />
consistant à réceptionner<br />
l’alarme avant de déployer et d’alerter<br />
les forces d’intervention. Pour tous ces<br />
systèmes critiques, il a été décidé de<br />
mettre sur pied des infrastructures redondantes<br />
et de concevoir pour chacun<br />
d’entre eux un processus de remplacement<br />
à la capacité d’engagement<br />
réduite, sans pour autant utiliser les<br />
systèmes en question. Des documents<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
et listes de contrôle ont dès lors été<br />
élaborés afin de pouvoir rétablir le plus<br />
rapidement possible le fonctionnement<br />
normal de l’infrastructure après un incident.<br />
Les centrales procèdent par ailleurs<br />
à des simulations de pannes partielles<br />
et totales du système de gestion<br />
des interventions et de ses systèmes<br />
périphériques (voir fig. 1) à intervalles<br />
réguliers, afin que leur personnel puisse<br />
se préparer au mieux à ce type de situations.<br />
Les leçons qui en sont tirées<br />
permettent ensuite d’améliorer la do-<br />
61
62<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
cumentation technique et les processus<br />
existants.<br />
La documentation du savoir des collaborateurs<br />
et sa répartition sur plusieurs<br />
experts permettent également de minimiser<br />
les risques. Bien évidemment, les<br />
obligations légales et les exigences minimales<br />
liées au traitement et à l’enregistrement<br />
des données doivent, elles<br />
aussi, être remplies. Les principaux systèmes<br />
des centrales d’intervention sont<br />
aujourd’hui aménagés de manière redondante,<br />
afin que l’exploitation puisse<br />
se poursuivre sans restriction en cas de<br />
panne d’un système isolé.<br />
En plus de cette redondance systémique,<br />
la protection contre les pannes<br />
est améliorée grâce à la mise en place<br />
d’un échelon géographique de repli,<br />
constitué de places de travail supplé-<br />
Fig. 2: centrale de repli<br />
mentaires réparties en plusieurs endroits,<br />
lequel peut être mis en service<br />
en cas de panne totale de la centrale<br />
principale. Les prestations minimales<br />
requises peuvent ainsi se poursuivre.<br />
En ce qui concerne la centrale d’intervention<br />
de Zurich, un regroupement a<br />
eu lieu avec la police municipale zurichoise<br />
en 2008. A cette occasion, il a<br />
été décidé que les banques opérationnelles<br />
de données des deux parties<br />
devaient s’alimenter mutuellement, afin<br />
qu’elles puissent être rétablies en cas<br />
de perte de données dans l’une ou<br />
l’autre. Cette collaboration entre la centrale<br />
d’intervention de Zurich et la police<br />
municipale zurichoise a fait ses<br />
preuves au cours des dernières années<br />
et a permis aux deux partenaires de<br />
minimiser les risques au sein de leurs<br />
organisations respectives.<br />
En ce qui concerne la transmission de<br />
l’alarme par téléavertisseur, les deux<br />
centrales de Zurich et de l’aéroport<br />
sont équipées de sorte à pouvoir intervenir<br />
à la place de l’autre.<br />
De plus, nous disposons aujourd’hui au<br />
Rieterpark d’une infrastructure qui<br />
pourrait être mise en service en cas de<br />
panne totale, dans un environnement<br />
systémique réduit.<br />
Le projet de centrale<br />
d’intervention 2011<br />
Afin d’harmoniser le paysage systémique<br />
et de rendre le système moins<br />
vulnérable aux pannes, le projet de<br />
centrale d’intervention 2011 planifie<br />
une nouvelle centrale à l’aéroport de<br />
Zurich dans le Prime Center 2. La mise<br />
en service de la nouvelle centrale est<br />
planifiée pour le milieu de l’année 2012.
Les objectifs du projet de centrale d’intervention<br />
2011 sont les suivants:<br />
Planification de 17 places de travail<br />
complètes dévolues à la gestion des<br />
interventions dans la nouvelle centrale.<br />
Nous mettons également sur<br />
pied deux places de travail complètes<br />
dans le Tactical Operations<br />
Center (TOC) pour la conduite en cas<br />
de situations extraordinaires. Nous<br />
planifions enfin 14 places de travail<br />
de secours, dotées d’un équipement<br />
réduit, pour faire face aux pics des<br />
appels en cas d’intempéries, sachant<br />
qu’il peut y en avoir plus de<br />
1’500 par heure.<br />
Regroupement des centrales géographiquement<br />
séparées (aéroport<br />
et ville de Zurich) en une centrale<br />
commune. Le regroupement vise à<br />
pouvoir engager le personnel de<br />
manière plus flexible. Avec un effectif<br />
en personnel inchangé par rapport à<br />
la situation actuelle, la centrale commune<br />
pourra répondre à un plus<br />
grand nombre d’appels. Le modèle<br />
de travail par équipes sera adapté en<br />
fonction du volume des appels.<br />
Mise en place d’une centrale d’intervention<br />
exploitée de manière redondante:<br />
tous les mandats de prestations<br />
de PSZ et les engagements qui<br />
en découlent seront entièrement<br />
fournis à partir du nouvel emplacement<br />
de la centrale d’intervention<br />
2011. Quant à la centrale d’intervention<br />
existante en ville de Zurich, elle<br />
constituera l’échelon de repli en cas<br />
d’urgence et ne sera mise en service<br />
qu’en cas de panne totale de cette<br />
dernière. Elle ne sera pas occupée<br />
en temps normal mais pourra par<br />
exemple être utilisée pour des cours<br />
de formation. Tous les systèmes critiques<br />
devront y être disponibles en<br />
suffisance. Le paysage systémique<br />
de la centrale d’intervention englobe<br />
le logiciel de gestion des interventions,<br />
le système de communication<br />
et de transmission des images, une<br />
propre centrale téléphonique pour<br />
les numéros d’urgence, des équipements<br />
de réception pour les messages<br />
transmis par les systèmes<br />
d’alarme, un réseau radio, un appareil<br />
d’enregistrement, un système de<br />
transmission de l’alerte par téléavertisseur<br />
ainsi qu’un programme de<br />
transmission des ordres et du statut.<br />
Tous les systèmes importants<br />
doivent être uniformément et complètement<br />
installés aussi bien dans<br />
la centrale principale que dans la<br />
centrale de repli (en ville de Zurich),<br />
afin qu’elles puissent toutes deux<br />
fonctionner de manière autonome<br />
avec un stock de données en tous<br />
points identique (voir la fig. 2).<br />
Grâce à cette nouvelle centrale, nous<br />
pouvons regarder l’avenir avec<br />
confiance. Tout sera fait pour minimiser<br />
sa vulnérabilité et répondre ainsi aux<br />
exigences des groupes-cibles concernés<br />
(population, patients, mandants et<br />
parties prenantes) en matière de sécurité.<br />
Traduction: Jérôme Benoit<br />
INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />
1 / 11<br />
63
64<br />
AGENDA<br />
1 / 11<br />
RAPPORTE KSD<br />
Informationsveranstaltung NNPN 21.6.2011 Bern, Kaserne<br />
Informationsrapport KSD<br />
Auskunft: info-ksd@vtg.admin.ch<br />
27.10.2011 Fribourg<br />
KURSE SFG<br />
Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG)<br />
für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität, Teil A «Grundlagen, Prinzipien,<br />
Partner»<br />
Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG)<br />
für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität, Teil B «Human Factors and<br />
Training»<br />
Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG): Hospital (Pilotkurs)<br />
für Notfallpflegefachpersonen und Ärzte für klinische Notfallmedizin<br />
Auskunft: info@cefoca-sfg.ch, www.cefoca-sfg.ch<br />
11.–13.5.2011 Luzern<br />
23./24.11.2011 Basel<br />
28./29.11.2011 Bern, Kaserne<br />
AHLS-Kurs (in Englisch); Advanced HAZMAT Life support<br />
Auskunft: mzuercher@uhbs.ch<br />
27./28.6.2011 Spiez<br />
COURS CEFOCA<br />
Module 2: «Accident majeur: Cours pour professionnels de la chaîne des<br />
urgences»<br />
23.-25.6.2011 Lausanne, CHUV<br />
Module 3: «Accidents majeurs: Conduite et leadership sanitaire» 6./7.10.2011 Lausanne, CHUV<br />
Module 6: «Plan catastrophe et gestion de crise à l’hôpital»<br />
Renseignement: brigitte.kalbermatten@chuv.ch<br />
29./30.9.2011 Lausanne, CHUV<br />
FACHKURSE BEWÄLTIGUNG VON ABC-EREIGNISSEN<br />
Technische und medizinische Dekontaminationsspezialisten 26.5.2011 Spiez<br />
Spécialistes de décontamination techniques et médicaux<br />
Auskunft/Renseignement: info.abc@vtg.admin.ch<br />
27.5.2011 Spiez<br />
VERANSTALTUNGEN DER PARTNER<br />
Notfallsymposium SGNOR/VRS<br />
Auskunft: www.vrs.ch<br />
27./28.5.2011 Bern, BEA-Expo<br />
4. Nationale ABC-Schutz Konferenz<br />
Auskunft: pia.feuz@babs.admin.ch<br />
6./7.9.2011 Bern, Kaserne<br />
Internationale Tagung SGOS<br />
Auskunft: melanie.butz@bluewin.ch<br />
17.9.2011 Basel, Unispital<br />
Bevölkerungsschutzkonferenz<br />
Auskunft: www.bevoelkerungsschutz.admin.ch<br />
17./18.11.2011 Davos<br />
Breitling Sion Air Show<br />
Auskunft: www.breitlingsionairshow.com<br />
16.–18.9.2011 Sion<br />
Breitling Sion Air Show (Grösstes Flugmeeting der Schweiz im 2011)<br />
Die Breitling Sion Air Show ist ein Flugfestival in all seinen Formen in einer einzigartigen Umgebung im Herzen<br />
der Alpen. Als Ereignis, das nun alle vier Jahre stattfinden soll, bietet es ein einmaliges Schaufenster für den<br />
Einsatz der Schweizer Armee, ihre Qualität im Sanitätsdienst sowie ihre moderne Spitzentechnologie.<br />
Das Flugfestival richtet sich mit seinem Einsatzkonzept an ein breites Publikum von KSD-Partnern und dient<br />
gleichzeitig als Bühne für den Einsatz des Informations- und Einsatz-Systems (IES) sowie des San Hist Manager.
INFO<br />
1 / 11<br />
Neues von der Schweiz. Gesellschaft für Notfall- und<br />
Rettungsmedizin (SGNOR)<br />
Dr. med. Stefan Müller, Ärztlicher Leiter Schutz & Rettung Zürich, Neumühlequai 40, 8035 Zürich, stefan.mueller@zuerich.ch<br />
Nach äusserst arbeitsintensiven, hektischen<br />
Frühjahres- und Sommermonaten<br />
2010 waren Herbst und Winter ein<br />
wenig ruhiger. Dies heisst aber nicht,<br />
dass wir uns hätten zurücklehnen und<br />
ausruhen können. Folgende zukunftsgerichtete<br />
Projekte beschäftigten uns<br />
bereits im zweiten Halbjahr 2010:<br />
Ultraschall<br />
Die Arbeitsgruppe Sonografie (Vorsitz:<br />
Hans Matter, Schlieren) hat ein Fähigkeitsprogramm<br />
«Notfallsonografie» erarbeitet,<br />
für welches in den kommenden<br />
Monaten der Konsens mit der<br />
Schweizerischen Gesellschaft für Ultraschall<br />
in der Medizin (SGUM) gesucht<br />
wird. Wir hoffen sehr, dass die Anstrengungen<br />
der Kommissionsmitglieder in<br />
einen künftigen Fähigkeitsausweis<br />
münden! Joseph Osterwalder (St. Gallen)<br />
führt die Arbeiten auf europäischer<br />
Ebene mit unseren Nachbarn weiter.<br />
Klinische Notfallmedizin<br />
Nachdem im Sommer 2009 der Fähigkeitsausweis<br />
«Klinische Notfallmedizin<br />
SGNOR» durch das Schweizerische<br />
Institut für Weiter- und Fortbildung<br />
SIFW FMH (vormals: Kommission für<br />
Weiter- und Fortbildung KWFB) in<br />
Kraft gesetzt wurde (wir berichteten),<br />
haben in der Zwischenzeit mehr als<br />
die Hälfte (308 von 523) der Inhaber<br />
der SGNOR-internen Bestätigung des<br />
Programms Klinische Notfallmedizin,<br />
welches durch die Mitgliederversammlung<br />
SGNOR 2005 in Kraft gesetzt<br />
wurde, die Umwandlung in den<br />
entsprechenden Fähigkeitsausweis<br />
vorgenommen.<br />
www.sgnor.ch<br />
Die Prüfungskommission «Klinische<br />
Notfallmedizin» ist daran, die Prüfungen,<br />
die Bestandteil des Fähigkeitsausweises<br />
sind, zu erarbeiten. Die erste<br />
Prüfung wird im November 2011 stattfinden.<br />
RescuePoint®<br />
Anfangs November 2010 war es soweit:<br />
alle Mitglieder der SGNOR konnten<br />
in die gemeinsame eLearning-Plattform<br />
RescuePoint® aufgenommen<br />
werden und haben nun Zugang zum<br />
SGNOR-Angebot:<br />
webNAK Module (2 von 6 geplanten<br />
Modulen): Einführung, Ereignis mit<br />
zahlreichen Patienten<br />
Sanitätsdienstliche Bewältigung von<br />
ABC-Ereignissen (Konzept «Nationaler<br />
ABC-Schutz Schweiz», 6 von 7<br />
geplanten Modulen der Geschäftsstelle<br />
Koordinierter Sanitätsdienst<br />
[KSD])<br />
Stress und Stressbewältigung für<br />
Einsatzkräfte und Betroffene (Modul<br />
der Geschäftsstelle KSD)<br />
Sämtliche Trailer<br />
Kongresse<br />
Nach 2007 findet in diesem Jahr wiederum<br />
ein gemeinsames Notfallsymposium<br />
SGNOR/VRS statt. Der Vorstand<br />
SGNOR freut sich heute schon auf<br />
zahlreiche Teilnehmende am 27.-28.<br />
Mai 2011 in Bern! Alle Informationen<br />
finden Sie unter<br />
www.notfallsymposium.ch<br />
www.bbscongress.ch.<br />
Die Vorarbeiten gehen im Organisationskomitee<br />
(Vertreter SGNOR: Heinz<br />
Bähler, Zeno Supersaxo, Gabriela<br />
Kaufmann) und im Wissenschaftskomitee<br />
(Vertreter SGNOR: Roland Albrecht,<br />
Beat Lehmann) zügig voran. Auf keinen<br />
Fall dürfen Sie das umfangreiche<br />
SGNOR-Programm am SGI-Kongress<br />
verpassen (08. – 11. September 2011<br />
in Interlaken). Die Wissenschaftskommission<br />
(Vorsitz: Roland Bingisser, Basel)<br />
bereitet ein interessantes notfallmedizinisches<br />
Spektrum vor.<br />
Wir freuen uns, die Arbeiten gemeinsam<br />
anzupacken!<br />
65
66<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Unermüdlicher Einsatz für den KSD und das IES<br />
Esther Bärtschi, Stv. Chefin Geschäftsstelle KSD, esther.baertschi@vtg.admin.ch und Dr. med. Andreas Stettbacher, Beauftragter des Bundesrates<br />
für den KSD, andreas.stettbacher@vtg.admin.ch, beide Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen<br />
Mit Rudolf Junker verabschiedet<br />
sich der Motor einer ganzen Ära<br />
des Koordinierten Sanitätsdienstes<br />
(KSD) – Grund genug, seinen Werdegang<br />
und seine Werke an dieser<br />
Stelle zu würdigen.<br />
Rudolf Junker trat am 1.1.1998 in die<br />
damalige Untergruppe Sanität des Generalstabes<br />
ein und wurde durch seinen<br />
Vorgänger (Rudolf Wenger) während<br />
drei Monaten in die komplexe<br />
Materie des Koordinierten Sanitätsdienstes<br />
(KSD) eingeführt. In seiner<br />
Funktion als militärischer Kommandant<br />
einer Spitalabteilung waren ihm der<br />
KSD und die zivil-militärische Zusammenarbeit<br />
nicht fremd. In einer ersten<br />
Einarbeitungsphase ging es darum,<br />
viele Kontakte zu Behörden, Ämtern,<br />
Kantonen und Persönlichkeiten zu<br />
knüpfen. Rudolf Junker verschaffte<br />
sich rasch grosse Anerkennung und<br />
sicherte sich die Unterstützung seiner<br />
Mitarbeitenden und des KSD-Netzwerks:<br />
Er war charmant, sehr hilfsbereit<br />
und motivierend.<br />
Topmotiviert, mit neuen Ideen und viel<br />
Enthusiasmus übernahm er am<br />
1.4.1998 das Zepter als Chef des damaligen<br />
Sekretariates KSD (heute Geschäftsstelle<br />
KSD). Ein frischer Wind<br />
blies vom Bundes-KSD in die ganze<br />
Schweiz zu allen KSD-Partnern! Eine<br />
erste sichtbare Massnahme war beispielsweise,<br />
dass er die Informationsschrift<br />
KSD, die bis Ende 1998 im Format<br />
A5 erschien, als A4-Broschüre<br />
realisieren liess und sämtliche Informationsmittel<br />
über den KSD modernisiert<br />
wurden.<br />
Von seinem Vorgänger übernahm er<br />
das Konzept KSD 96. Mit gezielten Informationen<br />
und Schulungen gelang es<br />
ihm und seinen Mitarbeitenden, die<br />
Idee des KSD weiter zu verbreiten und<br />
auch die noch oft vorhandene «alte»<br />
Philosophie (nämlich KSD = Krieg) endgültig<br />
aus den Köpfen verschwinden zu<br />
lassen. Rudolf Junker hat den KSD für<br />
die Gegenwart fit gemacht und ihm<br />
prägend seinen Stempel aufgedrückt.<br />
In seinem 13-jährigen Wirken dürfen als<br />
Meilensteine besonders erwähnt werden:<br />
Die Einführung des Informations-<br />
und Einsatz-Systems (IES-KSD) in<br />
der ganzen Schweiz<br />
Die neue Verordnung über den KSD<br />
(2005)<br />
Hospitalisationskonzept Schweiz<br />
UEFA EURO 08<br />
Konzepte wie Sanitätsdienstliche<br />
Führung im Grossereignis, Psycho-<br />
logische Nothilfe, ABC-Dekontamination<br />
von Personen, geschützte<br />
Spitäler, Alarmplan Brandverletzte<br />
Schweiz, bei denen vereinheitlichte<br />
Vorgaben durch den Bund bzw. eine<br />
Unité de doctrine sinnvoll sind.<br />
Informations- und Einsatz-System<br />
(IES)<br />
Als herausragende Errungenschaft<br />
kann die webbasierte Informatikplattform,<br />
welche die Prozesse der Führungs-<br />
und Einsatzorganisationen im<br />
Alltag, in besonderen und ausserordentlichen<br />
Lagen unterstützt, dem unermüdlichen<br />
Wirken von Rudolf Junker<br />
angerechnet werden. Das IES bildet die<br />
schweizweite Plattform für die Vorbereitung<br />
und Ereignisbewältigung in allen<br />
Lagen und bietet vielerlei Funktio-<br />
Abb. 1: Dr. med. Andreas Stettbacher, der Beauftragte des Bundesrates für den KSD,<br />
verabschiedet am Informationsrapport KSD vom 1.12.2010 Herrn Rudolf Junker (links) und<br />
überreicht ihm als Dank einen Zinnteller.
nalitäten an: Übersicht der Ressourcen<br />
im Gesundheitswesen, Personen- und<br />
Patientenmanagement, Kommunikation<br />
und Alarmierung, Übersicht Notfallaufnahmekapazitäten,<br />
elektronische<br />
Lagedarstellung mit GIS, Kollaboration,<br />
Dokumentenaustausch und andere<br />
mehr. Seit 2005 steht die Informatik-<br />
Plattform IES den KSD-Partnern zur<br />
Verfügung. An der Strategischen Führungsübung<br />
(SFU) 2005, bei den World<br />
Economic Foren (WEF) und an der<br />
UEFA EURO 08 kommunizierten die<br />
KSD-Partner über das IES oder holten<br />
daraus wichtige Informationen und Daten.<br />
Der schweizweite Durchbruch gelang<br />
dem IES vollends. Der Konzern<br />
SAP zeichnete das IES sogar mit dem<br />
SAP-Effizienzpreis aus! Heute ist das<br />
IES schweizweit eingeführt und gilt als<br />
System für den Sicherheitsverbund<br />
Schweiz und nicht bloss als System für<br />
den Sanitätsdienst. Das IES unterstützt<br />
auch die Pandemieplanung Schweiz<br />
und wird den aktuellen Bedürfnissen<br />
entsprechend laufend weiter entwickelt<br />
(«Offline-Client», «Barcode Reader»,<br />
IES-Tool «Kontaktmanagement», San<br />
Hist Manager). Rudolf Junker engagierte<br />
sich in all den Jahren unermüdlich für<br />
die Implementierung des IES. Als überzeugender<br />
Antreiber und Motivator hat<br />
er es geschafft, ein so komplexes Projekt<br />
zum Erfolg zu bringen. Im KSD-<br />
Netzwerk wurde er so sehr mit dem IES<br />
identifiziert, dass viele vom «Mister IES»<br />
sprachen….<br />
Neue Verordnung über den KSD<br />
(2005)<br />
Als grundlegenden Meilenstein darf die<br />
per 1.6.2005 in Kraft gesetzte neue<br />
Verordnung über den KSD (VKSD) bezeichnet<br />
werden, mit der die fast<br />
30-jährige Verordnung vom 1.9.1976<br />
über die Vorbereitung des KSD abgelöst<br />
worden ist. In der VKSD wurde<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Abb. 2: Rudolf Junker (links) liess bei wichtigen Konzepten (ABC-Dekontamination von<br />
Personen) auch das Know-How und die Unterstützung von ausländischen Experten (Detlef<br />
Cwojdzinski und Karl Pessenbacher [rechts]) einfliessen.<br />
auch das sanitätsdienstliche Koordinationsgremium<br />
(SANKO) verankert. Insbesondere<br />
durch seinen Kernstab ist<br />
das SANKO bei Bedarf rasch einsetzbar<br />
und handlungsfähig. Das SANKO<br />
war an der UEFA EURO 08 erstmals<br />
über längere Zeit im Einsatz und hat<br />
seine Feuertaufe bestanden. Für künftige<br />
Aufgaben muss es allerdings noch<br />
«fit for mission» gemacht werden.<br />
Hospitalisationskonzept Schweiz<br />
UEFA EURO 08<br />
Besonders stolz war Rudolf Junker,<br />
dass er im Rahmen des Teilprojekts<br />
«Sicherheit» der UEFA EURO 08 den<br />
KSD im Nakos.ch einbringen durfte. In<br />
enger Zusammenarbeit und in Koordination<br />
mit den Kantonen, insbesondere<br />
den sanitätsdienstlichen Verantwortlichen<br />
der Host Cities, entstand<br />
rechtzeitig vor Beginn der UEFA EURO<br />
08 ein von allen Beteiligten gemeinsam<br />
getragenes «Hospitalisationskonzept<br />
Schweiz UEFA EURO 08». Dieses dien-<br />
te auch den nicht direkt durch die UEFA<br />
EURO 08 betroffenen Spitälern für Planungen.<br />
Die übergeordnete Koordination<br />
unter den Host Cities und die<br />
schweizweite Koordination waren zutreffend<br />
und notwendig.<br />
Breit abgestützte Projekte<br />
Erkenntnisse und Lehren aus dem «C-<br />
Terroranschlag» von 1995 auf die U-<br />
Bahn in Tokyo und den darauf folgenden<br />
Ereignissen «Anthrax» und «SARS»<br />
machten deutlich, dass in der Schweiz<br />
– insbesondere im Bereich Dekontamination<br />
von Patienten – schwer wiegende<br />
Mängel und Lücken bestehen. Der<br />
Beauftragte des Bundesrates für den<br />
KSD erteilte der Geschäftsstelle KSD<br />
2004 den Auftrag, eine Arbeitsgruppe<br />
zu bilden mit dem Auftrag, rasch ein<br />
möglichst effizientes, modernes und in<br />
seinen Abläufen für zivile und militärische<br />
Verantwortliche und Einsatzkräfte<br />
einheitliches Schweizer Konzept (ABC-<br />
Dekontamination) zu erarbeiten. Für<br />
67
68<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Rudolf Junker war klar, dass eine solche<br />
Arbeitsgruppe fachlich breit abgestützt<br />
sein muss, damit ein fertiges<br />
Konzept bei allen Involvierten Zustimmung<br />
fand. Noch bevor dieses Konzept<br />
ganz beendet war, nutzte Rudolf Junker<br />
bei einem Referat in Ahrweiler im Herbst<br />
2005 die Gelegenheit, die damals noch<br />
provisorischen Inhalte einem deutschen<br />
Fachpublikum vorzustellen und den<br />
Puls zu fühlen, ob das schweizerische<br />
und das deutsche Konzept kompatibel<br />
seien….. Er knüpfte wichtige Kontakte<br />
zu zahlreichen Experten, Fachspezialisten<br />
und Verantwortlichen unseres<br />
Nachbarlandes. Nach der FIFA WM 06<br />
in Deutschland organisierte er für eine<br />
grössere Schweizer Delegation einen<br />
zweitägigen Erfahrungsaustausch mit<br />
deutschen und österreichischen Experten<br />
in Berlin (Herbst 2006). Rechtzeitig<br />
vor der UEFA EURO 08 waren auch<br />
Empfehlungen für die ABC-Dekontamination<br />
für Akut- und Dekontaminationsspitäler<br />
fertiggestellt. Rudolf Junker<br />
setzte sich unbürokratisch dafür ein,<br />
dass die Dekontaminationsspitäler der<br />
EURO-Austragungsorte mit einheitlichem<br />
Material ausgerüstet wurden und<br />
das Berufspersonal der Spitäler in Spiez<br />
durch Spezialisten des Kompetenzzentrums<br />
ABC des Führungsstabes der<br />
Armee als technische Dekontaminationsspezialisten<br />
ausgebildet wurde. Parallel<br />
dazu wurden erste Module des<br />
E-Learnings «Bewältigung von ABC-<br />
Ereignissen» in Rekordzeit realisiert und<br />
auf dem Learning-Management-System<br />
(LMS) des VBS zur Verfügung gestellt.<br />
Rudolf Junker war bestrebt, mit<br />
diesen Konzepten, Materialbeschaffungen<br />
und Ausbildungsmodulen die zivilen<br />
Partner nachhaltig – und nicht nur<br />
im Hinblick auf die UEFA EURO 08 – zu<br />
unterstützen. Damit setzte er eine wichtige<br />
Massnahme im nationalen Konzept<br />
ABC-Schutz um.<br />
In ähnlicher Weise und mit ebenso grossem<br />
Elan und Geschick nahm Rudolf<br />
Junker auch die anderen, erwähnten<br />
Konzepte an die Hand.<br />
«IES, we can!»<br />
Zahlreiche Einladungen für Referate,<br />
Podien, Tagungen, Erfahrungsaustausch<br />
(im Inland und immer häufiger<br />
auch im Ausland), Übungen usw. nahm<br />
er gerne an, obwohl dies immer auch<br />
mit zusätzlicher Arbeit verbunden war<br />
und viele Referate in Nachtstunden fertiggestellt<br />
wurden. Jede Veranstaltung<br />
war bereichernd. Er lernte neue Fachleute<br />
kennen und konnte seine Erfahrungen<br />
austauschen und bei nächster<br />
Gelegenheit davon profitieren. Je länger<br />
desto mehr arbeitete er auch in<br />
zahlreichen externen Projekten mit<br />
oder übernahm bei diesen den Lead.<br />
So drohten denn auch ab und zu die<br />
Wellen über seinem Kopf zusammenzuschlagen,<br />
doch Rudolf Junker gelang<br />
es immer wieder, Oberwasser zu<br />
behalten und Balance zu finden.<br />
Diener von drei Beauftragten KSD<br />
In seiner Amtszeit diente er drei Oberfeldärzten<br />
und Beauftragten des Bundesrates<br />
für den KSD, nämlich Dr. med.<br />
Peter Eichenberger, Dr. med. Gianpiero<br />
A. Lupi und zuletzt Dr. med. Andreas<br />
Stettbacher.<br />
Er erlebte auch viele Neuunterstellungen<br />
der Sanität und damit auch der<br />
Geschäftsstelle KSD: von der Untergruppe<br />
Sanität zum Führungsstab der<br />
Armee und weiter zur Logistikbasis der<br />
Armee, um schliesslich im Stab des<br />
Chefs der Armee anzukommen. Seit<br />
nunmehr zwei Jahren ist die Sanität<br />
wieder der Logistikbasis der Armee zugeordnet.<br />
2009 wurde die Geschäftsstelle<br />
KSD durch das Inspektorat VBS<br />
revidiert, um die Ansiedelung zu klären<br />
Abb. 3: Rudolf Junker freut sich sichtlich auf<br />
seine neue Herausforderung.<br />
und weitere Massnahmen auszuloten.<br />
Rudolf Junker hat die Umsetzung zügig<br />
an die Hand genommen und die Geschäftsstelle<br />
KSD für die kommenden<br />
Herausforderungen vorbereitet.<br />
Sein Credo: Wertschätzung und<br />
Transparenz<br />
Wenn Rudolf Junker sich nun nach 13<br />
«bewegten» Jahren Bundesdienst<br />
selbstständig macht und neu ethische<br />
Fragestellungen im Geschäftsalltag von<br />
Unternehmen analysiert, kann er mit<br />
Stolz auf wegweisende und nachhaltige<br />
Konzepte des KSD zurückblicken.<br />
Als unermüdlicher Kämpfer machte er<br />
vieles möglich, das vorerst kaum realisierbar<br />
schien! Verbunden mit unserem<br />
aufrichtigen Dank für sein langjähriges<br />
Wirken wünschen wir ihm für die Zukunft<br />
alles Gute und vor allem beste<br />
Gesundheit! Wir freuen uns sehr auf<br />
weitere Begegnungen.
INFO<br />
1 / 11<br />
Der neue Chef der Geschäftsstelle KSD stellt sich vor<br />
Stefan Trachsel, Chef Geschäftsstelle KSD, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, stefan.trachsel@vtg.admin.ch<br />
Nach 13-jähriger Amtszeit von Rudolf<br />
Junker durfte ich am 1. Februar 2011<br />
die Leitung der Geschäftsstelle KSD<br />
übernehmen. Diese Funktion übernahm<br />
ich nicht ganz «unvorbereitet», da ich<br />
bereits vor einigen Jahren in der Geschäftsstelle<br />
KSD arbeitete und auch in<br />
meiner Funktion als Stabschef des<br />
Oberfeldarztes schon Tuchfühlung mit<br />
der mir nun übertragenen Aufgabe hatte.<br />
Am 1. Februar 2011 begann für mich<br />
somit ein neuer interes san ter Lebensabschnitt<br />
und ich freue mich auf eine konstruktive<br />
und ereignisreiche Zusammenarbeit<br />
mit meinen Mitarbeitenden<br />
der Geschäftsstelle KSD, dem Beauftragten<br />
des Bundesrates für den KSD<br />
und natürlich mit Ihnen, den Exponenten<br />
des KSD-Netzwerks.<br />
Nach Abschluss meiner berufsbegleitenden<br />
Weiterausbildung zum Executive<br />
MBA erhoffe ich mir nun einen idealen<br />
Einstieg in die komplexen Geschäfte<br />
des KSD. Die Geschäftsstelle KSD<br />
ist ein Dienstleistungsunternehmen<br />
und wir werden auch in Zukunft alles<br />
dafür tun, um das «KSD-System» zufrieden<br />
zu stellen. Angesichts der immer<br />
knapper werdenden Finan zen und<br />
den gleichzeitig steigenden Anforderungen<br />
ist es umso wichtiger, dass das<br />
Richtige getan wird. Als kunden- und<br />
prozessorientierte Verwaltungsstelle<br />
wollen wir deshalb unser Augenmerk<br />
noch stärker auf unsere wichtigsten<br />
Anspruchsgruppen und deren Bedürfnisse<br />
fokussieren und mit einer klaren<br />
strategischen Ausrichtung in den<br />
nächsten Jahren in unsere Kundenbeziehungen<br />
«investieren». Ich möchte<br />
den Weg, den mein Vorgänger eingeschlagen<br />
hat, fortsetzen. Es geht mir<br />
darum, die in der Vergangenheit erzielten<br />
Resultate und wertvollen Errungenschaften<br />
zu erhalten und dabei eine<br />
stetige Weiter entwicklung mit den not-<br />
wendigen Anpassungen<br />
und Neuerungen zu vollziehen.<br />
Ansetzen müssen wir<br />
in erster Linie bei der Einsatzfähigkeit.<br />
Wir müssen<br />
aus den Erkenntnissen der<br />
H1N1-Pandemie die richtigen<br />
Schlüsse ziehen und<br />
«unser» sanitätsdienstliches<br />
Koordi nationsgremium<br />
(SANKO) noch besser auf<br />
dessen künftige Einsatztauglichkeit<br />
aufbauen («fit<br />
for mission»). Die Geschäftsstelle<br />
KSD wird da-<br />
bei dem SANKO als einheitliche Eintritts-<br />
und Kontaktstelle für die Koordination<br />
und Steuerung sanitätsdienstlicher<br />
Ereignisse, bei denen der Bund<br />
koordiniert oder führt, aktiv zur Seite<br />
stehen. Im Weiteren wollen wir unser<br />
«Juwel», das Informations- und Einsatz-System<br />
(IES), in Kürze flächendeckend<br />
in der gan zen Schweiz eingeführt<br />
haben, in Einsätzen überprüfen<br />
und wo nötig validieren.<br />
Wir können unseren Auftrag als Kompetenzzentrum<br />
des Bundes für die Koordination<br />
der sanitätsdienstlichen<br />
Partner im Gesundheitswesen zur Gewährleistung<br />
einer bestmöglichen sanitätsdienstlichen<br />
Versorgung aller Patienten<br />
in allen Lagen nur wahrnehmen,<br />
wenn wir die Ansprüche und Bedürfnisse<br />
unserer Leistungsempfänger eruieren<br />
und erkennen. Nur so haben wir<br />
Gewähr, dass wir das Richtige tun und<br />
unsere Leistungen dementsprechend<br />
Wirkung erzielen. Unser Geschäftszweck<br />
soll unbedingt mit den Wertvorstellungen<br />
und Er wartungen der wichtigsten<br />
Anspruchsgruppen übereinstimmen.<br />
Dazu gehört, dass ich und<br />
meine Mitarbeitenden deshalb alle<br />
Gelegenheiten wahrnehmen werden,<br />
unsere wichtigsten Leistungsempfän-<br />
Stefan Trachsel, neuer<br />
Chef der Geschäftsstelle<br />
KSD<br />
ger aktiv zu bewirtschaften.<br />
Zum einen bedeutet dies,<br />
auch weiterhin die politischen<br />
Entscheidungsträger<br />
des Bundes und der Kantone<br />
für die Problematik zu<br />
sensi bilisieren und zum anderen<br />
die behördlichen,<br />
nichtstaatlichen und wirtschaftlichen<br />
Organe mit<br />
geeigneten Produkten und<br />
Hilfsmitteln «für den Fall des<br />
Falles» koordinativ zu unterstützen.<br />
Aber erst mit gemeinsamer Anstrengung<br />
wird auch eine breite Bevölkerungsschicht<br />
die Wichtigkeit unserer<br />
Koordinationsaufgabe und die Vorteile,<br />
die ihr durch das «System KSD» zuteil<br />
werden, erkennen und anerkennen.<br />
Nur mit Ihrer Hilfe werden wir es schaffen,<br />
die Geschäftsstelle KSD und die<br />
Aufgaben des KSD zum vollen Erfolg<br />
zu bringen. Erfolg heisst hier, die jederzeit<br />
bestmögliche sanitätsdienstliche<br />
Versorgung aller Patienten in allen Lagen<br />
zu ermöglichen. In diesem Sinne<br />
danke ich Ihnen schon jetzt für alle Anstrengungen<br />
und die weiterhin gute<br />
Unterstützung zugunsten der gemeinsamen<br />
Sache.<br />
Gemeinsam mit meinen Mitarbeitenden<br />
der Geschäftsstelle KSD werde ich alles<br />
daran set zen, dass unsere Leistungen<br />
weiterhin auf hohem Niveau erbracht<br />
werden. Ich bin des halb froh,<br />
von meinem Vorgänger ein sehr motiviertes<br />
und funktionierendes Team<br />
übernehmen zu dürfen.<br />
Auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit!<br />
Ihr Stefan Trachsel,<br />
Chef Geschäftsstelle KSD<br />
69
70<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Vorbereitung und «Public Health»-Massnahmen zur<br />
Pockenbekämpfung nach bioterroristischen Anschlägen<br />
Dipl.sc nat env ETH, MSC Public Health Andrea Bühlmann, Bundesamt für Gesundheit, Öffentliche Gesundheit, Abteilung Übertragbare Krankheiten,<br />
Schwarztorstrasse 96, 3007 Bern, epi@bag.admin.ch<br />
Key Words: B-Terror, Pocken, Infektionskrankheit<br />
Die Eradikation der Pocken liegt bereits<br />
30 Jahre zurück. Dies ist eine<br />
der spektakulärsten epidemiologischen<br />
Erfolgsgeschichten, welche<br />
durch die Impfkampagne der<br />
World Health Organization (WHO)<br />
in den 70-er Jahren erreicht wurde.<br />
Die Pocken sind bisher die einzige<br />
Infektionskrankheit, welche ausgerottet<br />
werden konnte. Trotz dieses<br />
ausschlaggebenden Erfolges gelten<br />
die Pocken als eines der potentesten<br />
biologischen Agenzien,<br />
welche durch bioterroristische Ereignisse<br />
wieder in die Bevölkerung<br />
ausgetragen werden könnten. Trotz<br />
mehrjähriger Ruhephase vor Terroranschlägen<br />
durch Bioagenzien<br />
ist es wichtig, die Vorbereitung auf<br />
solche Ereignisse zu verfolgen und<br />
weiter zu entwickeln. Die Vorbereitung<br />
und Bewältigung von Krisen<br />
ist in den letzten Jahren im Bereich<br />
der Pandemie in der Schweiz fortgeschritten.<br />
Dies bietet eine gute Gelegenheit,<br />
von den Erfahrungen und<br />
Synergien für die Vorbereitung zur<br />
Bekämpfung einer potenziell möglichen<br />
bioterroristischen Austragung<br />
von Pockenviren zu profitieren.<br />
Nach der Bewältigung der Pandemischen<br />
Grippe H1N1 (2009) sind der<br />
Bund und die Kantone mit der Identifizierung<br />
und Verbesserung der<br />
Schwachstellen in der Krisenvorbereitung<br />
beschäftigt. Die Akteure der Krisenvorbereitung<br />
sollen die Erkenntnisse<br />
aus der Pandemie nutzen und<br />
bereits erreichte Meilensteine in der<br />
Pandemievorbereitung auf ein allfälliges<br />
B-Terror-Ereignis anpassen.<br />
Als Ergänzung zur ABC-Schutzstrategie<br />
der Schweiz [1], in der Pocken als<br />
eines der Referenzszenarien aufgeführt<br />
ist, hat das Bundesamt für Gesundheit<br />
(BAG) im «Public Health»-Bereich einen<br />
Expertenbericht für die Wiederaustragung<br />
der Pocken [2] erstellen lassen.<br />
Er soll diejenigen Kantone unterstützen,<br />
die sich im Rahmen des ABC-<br />
Schutzes der Schweiz auf das Szenario<br />
«Pocken» vorbereiten.<br />
Dieses Grundlagendokument der Pockenvorbereitung<br />
orientiert sich in der<br />
Struktur am Influenza-Pandemieplan<br />
Schweiz 2006 [3], welcher in den letzten<br />
Jahren überarbeitet und die jüngste<br />
aktualisierte Version 2009 [4] nun an<br />
die neuen Erkenntnisse der Pandemischen<br />
Grippe H1N1 (2009) angepasst<br />
wird. Diese Überarbeitung verfolgt das<br />
Ziel, das Planungsinstrumentarium des<br />
Pandemieplans zu flexibilisieren, indem<br />
die bisherigen starren Abhängigkeiten<br />
der Strategien und Massnahmen von<br />
den globalen WHO-Phasen aufgehoben<br />
werden.<br />
Die Vorbereitung und Ereignisbewältigung<br />
eines Pockenanschlags orientiert<br />
sich aufgrund der Viruseigenschaften<br />
und Art der Austragung von Pocken<br />
nach wie vor an verschiedenen Alertphasen,<br />
die nach der aktuellen Bedrohungslage<br />
und Ausmass des Ausbruchs<br />
definiert sind.<br />
Nebst dem aktuellen mikrobiologischen,<br />
medizinischen und epidemiologischen<br />
Wissensstand werden die verschiedenen<br />
Alertphasen und Szenarien<br />
sowie der Stand der Vorbereitung auf<br />
einen Pockenausbruch und dessen<br />
Bekämpfung beschrieben. Aufgrund<br />
der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
werden Strategien entwickelt, die im<br />
Ereignisfall zu berücksichtigen sind. Die<br />
Bewältigung eines B-Terror-Ereignisses<br />
mit Pocken wird nicht nur eine Heraus-<br />
forderung des Gesundheitswesens<br />
sein, sondern alle für die Gesellschaft<br />
wichtigen Bereiche betreffen. Vorhergehende<br />
Krisen (z.B. SARS) haben<br />
verdeutlicht, dass die Menschen an<br />
vorderster Front (Spitäler, Flughäfen,<br />
Grenzen) prioritär geschützt werden<br />
sollen. Um die Immunisierung dieser<br />
Bevölkerungsgruppen bei Bedarf abzudecken,<br />
wird die Beschaffung von neuen<br />
Pockenimpfstoffen im Eidgenössischen<br />
Departement für Verteidigung,<br />
Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)<br />
diskutiert.<br />
Dieser Artikel beschreibt den Stand der<br />
Pockenvorbereitung in der Schweiz<br />
und richtet sich an alle Akteure, die in<br />
die Krisenvorbereitung involviert sind.<br />
Das ausführliche Dokument der Pockenvorbereitung<br />
wurde den Kantonen<br />
als Grundlagendokument zur Verfügung<br />
gestellt, wird aber aus Sicherheitsgründen<br />
für die Öffentlichkeit nicht<br />
zugänglich sein.<br />
Risikoabschätzung<br />
Die Pocken sind eine der verheerendsten<br />
Krankheiten, welche die Menschheit<br />
schon über mehrere tausend Jahre<br />
begleiten. Bereits vor 3’000 Jahren<br />
traten immer wieder Pockenepidemien<br />
in Indien, Ägypten und China auf. Im 6.<br />
Jahrhundert nach Christus wurden sie<br />
aus Asien nach Europa eingeschleppt<br />
und später durch die Kolonialisierung<br />
in alle Erdteile verbreitet.<br />
1967 lancierte die WHO ein weltweites<br />
intensives Impfprogramm zur Ausmerzung<br />
der Pocken. Die Anstrengungen<br />
der WHO führten über die folgenden<br />
Jahre zu einer massiven Abnahme der<br />
gefürchteten Erkrankung, bis schliesslich<br />
der letzte natürliche Fall 1977 in<br />
Somalia auftrat. Da es in der Folge zu<br />
keinen weiteren Erkrankungen mehr
kam, erklärte die WHO am 8. Mai 1980<br />
die Krankheit weltweit als ausgerottet.<br />
Rund 30 Jahre nach der Eradikation<br />
der Pocken und der weltweiten Einstellung<br />
der Pockenimpfungen würde eine<br />
absichtliche Freisetzung des Pockenvirus<br />
eine schwere Gefährdung der Öffentlichen<br />
Gesundheit bedeuten und<br />
auch in der Schweiz zu einer Krise im<br />
Gesundheitssystem und zu einer Notlage<br />
in zahlreichen gesellschaftlichen<br />
Bereichen führen. Aufgrund der hohen<br />
Infektiosität und des schweren Krankheitsbildes<br />
der Pocken kommt das Variolavirus<br />
als biologische Waffe in Frage<br />
und wird von der WHO als eines der<br />
potentesten Agenzien in Bezug auf bioterroristische<br />
Bedrohungen eingeschätzt.<br />
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren<br />
Bestände von Pockenviren offiziell<br />
noch in zwei Hochsicherheitslaboratorien:<br />
das eine in den USA (Centers for<br />
Disease Control and Prevention [CDC]<br />
Atlanta), das andere in Russland (State<br />
Center of Virology and Biotechnology<br />
[VECTOR], Koltsovo).<br />
Eine Wiedereinführung des Virus in die<br />
Bevölkerung könnte durch eine unvorhergesehene<br />
Freisetzung aus einem<br />
der zwei Hochsicherheitslaboratorien,<br />
die offiziell Pockenviren lagern bzw. aus<br />
einem Labor, welches «vergessene»<br />
Virusstämme besitzt, durch einen bioterroristischen<br />
Anschlag mit Pockenviren,<br />
Verwendung des Virus als biologische<br />
Waffe, oder durch eine Anpassung<br />
eines tierischen Orthopoxvirus an den<br />
Menschen erfolgen. Durch die schnelle<br />
Entwicklung der Molekularbiologie ist<br />
nicht auszuschliessen, dass mittels<br />
Gentechnologie pockenverwandte Viren<br />
in Laboratorien hergestellt werden,<br />
obwohl Experimente mit genmanipulierten<br />
Variola Virus verboten und die<br />
Verwendung von nicht infektiösem Material<br />
mit Variola Gensequenzen strikten<br />
WHO Einschränkungen unterliegt.<br />
(WHO policies: http://www.who.int/<br />
csr/disease/smallpox/research/en/).<br />
Die Bekämpfungsstrategie der<br />
Pocken<br />
Die für die Pockenbekämpfung vorgesehene<br />
Strategie verfolgt das Ziel, das<br />
Pockenvirus möglichst rasch zu lokalisieren,<br />
zu bekämpfen und zu eliminieren,<br />
um eine Ausbreitung in der Bevölkerung<br />
zu begrenzen und damit die<br />
Folgen einer solchen Bedrohung so gut<br />
wie möglich zu beschränken. Um ein<br />
schnelles Agieren zu ermöglichen, sind<br />
eine Sensibilisierung der Ärzteschaft<br />
sowie weitere Massnahmen für eine<br />
effiziente Früherkennung essentiell.<br />
Die Schweiz, beruhend auf dem Phasenmodell<br />
der WHO, wird für die Bedrohung<br />
durch Pockenviren zwischen<br />
fünf Phasen unterscheiden:<br />
Phase 0: Theoretisches Risiko einer<br />
Bedrohung (aktuelle Situation)<br />
Phase 1: Erhöhte Bedrohung<br />
Phase 2: Bestätigter Fall ausserhalb<br />
der Schweiz<br />
Phase 3: Bestätigter Fall in der<br />
Schweiz<br />
Phase 4: Viele Infektionsherde in der<br />
Schweiz<br />
Die Interventionen beinhalten epidemiologische<br />
Abklärungen und verschiedene<br />
«Public Health»-Massnahmen<br />
wie die Isolierung von Pockenfällen<br />
und das Kontaktmanagement, welche<br />
die Ausbreitung der Krankheit unterbrechen<br />
sollen. Der Bekämpfungserfolg<br />
einer Pockenepidemie basiert im<br />
Allgemeinen auf einem schnellen Eingriff<br />
und der Isolierung der identifizierten<br />
Fälle bzw. der Compliance der<br />
Quarantäne der Verdachtsfälle, um eine<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Übertragung des Virus einzuschränken.<br />
Weitere Empfehlungen beziehen sich<br />
auf die Strategie der Impfung, welche<br />
je nach Alertphase und Ausmass des<br />
Ausbruchs an die aktuelle Situation angepasst<br />
werden muss. Die Pockenimpfung<br />
ist durch eine Reihe von Impfkomplikationen<br />
belastet, so dass erst bei<br />
einer realen Bedrohung durch Pocken<br />
die Impfung in Betracht gezogen wird.<br />
Als nationale Impfstrategie für Pocken<br />
wird, wie von der WHO vorgeschlagen,<br />
ein mehrstufiges zielgruppen- und bedrohungslagespezifisches<br />
Vorgehen<br />
verfolgt. Einzelimpfungen würden entlang<br />
von Übertragungsketten ausgedehnt,<br />
unterstützt von der Immunisierung<br />
von Interventionsteams und<br />
Berufsgruppen (z.B. Personen im Gesundheitswesen),<br />
die Kontakt mit Pockenfällen<br />
haben könnten. Nur im Falle,<br />
dass diese Strategie nicht ausreichend<br />
sein sollte, würde eine breitflächigere<br />
Impfung in Betracht gezogen. Für die<br />
Planung und Organisation einer grossflächigeren<br />
Impfung sollen auf Erfahrungen<br />
der Pandemievorbereitung zurückgegriffen<br />
werden.<br />
Das BAG unterstützt die Kantone bei<br />
der Umsetzung der Empfehlungen und<br />
in der Koordination der Massnahmen,<br />
falls mehrere Kantone betroffen sind.<br />
Im Weiteren stellt das BAG die Kommunikation<br />
und Koordination, wie dies<br />
im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften<br />
2005 (IGV 2005)<br />
vorgegeben ist, mit ausländischen<br />
Partnern sicher.<br />
Rechtliche Grundlagen<br />
Die legale Basis für eine koordinierte internationale<br />
Zusammenarbeit bieten die<br />
durch eine Totalrevision angepassten<br />
IGV 2005 [5], welche am 15. Juni 2007<br />
71
72<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
in Kraft getreten sind. Die IGV 2005 sind<br />
ein umfassendes Instrument zur Vorbeugung,<br />
Überwachung und Bekämpfung<br />
der internationalen Verbreitung von<br />
akuten Gesundheitsgefährdungen und<br />
sind für Infektionskrankheiten das zentrale,<br />
völkerrechtlich verbindliche Instrument.<br />
Gemäss den IGV 2005 muss<br />
beim Wiederauftreten der Pocken die<br />
WHO informiert werden. Vermutlich<br />
würde dies als eine gesundheitliche<br />
Notlage von internationaler Tragweite<br />
eingestuft.<br />
Auf nationaler Ebene sind die grundlegenden<br />
legalen Rahmenbedingungen<br />
durch das Epidemiengesetz (SR<br />
818.101) aus dem Jahr 1970 festgelegt,<br />
welche durch die bevorstehende Totalrevision<br />
den heutigen Anforderungen<br />
angepasst werden. Weitere gesetzliche<br />
Grundlagen bilden das Heilmittelgesetz<br />
(SR 812.21), die Meldeverordnung (SR<br />
818.141.1), die Verordnung über den<br />
Koordinierten Sanitätsdienst (SR<br />
501.31) und die Verordnung über die<br />
militärische Katastrophenhilfe im Inland<br />
(SR 510.31). Zu erwähnen ist auch die<br />
Verordnung über die Organisation von<br />
Einsätzen bei ABC- und Naturereignissen<br />
(ABCN-Einsatzverordnung), die am<br />
1.1.2011 in Kraft getreten ist.<br />
Führungsabläufe<br />
Die Strukturen und Prozesse des Bundes<br />
sind bislang nicht speziell auf den<br />
Fall eines Bioterror-Ereignisses ausgerichtet.<br />
Unter der Leitung des Bundesamtes<br />
für Bevölkerungsschutz (BABS)<br />
wurde die neue ABCN-Einsatzverordnung<br />
erarbeitet, die als Kernstück einen<br />
Bundesstab zur Vorbereitung und<br />
Ereignisbewältigung vorsieht.<br />
Bis dieser Bundesstab operationell ist,<br />
würde für die medizinische Bewältigung<br />
des Pockenausbruchs basierend<br />
auf Art.10 des Epidemiengesetzes<br />
sinnvollerweise ein Krisenstab «Pocken»,<br />
wie etwa der Sonderstab Pandemie,<br />
eingesetzt. Weitere Gremien auf<br />
Ausbruchsebene würden im Falle eines<br />
Pockenereignisses in ihren Zuständigkeitsbereichen<br />
eingesetzt.<br />
Pockenschutzimpfung<br />
Mit den Anthrax-Anschlägen Ende<br />
2001 in den USA war der Einsatz von<br />
biologischen Kampfstoffen nicht<br />
mehr nur ein militärisches Thema,<br />
sondern durch die terroristische Verwendung<br />
auch eine Bedrohung für<br />
die Zivilbevölkerung. Vor dem Hintergrund<br />
dieser potenziellen Bedrohungssituation<br />
hat die Schweiz 2002<br />
drei Millionen Dosen Pockenimpfstoff<br />
für den Fall einer vorsätzlichen Freisetzung<br />
und des Wiederauftretens<br />
der Pocken eingelagert. 2001 wurde<br />
die Qualität des Pockenimpfstoffs<br />
(Lancy Vaxina Berna) im Rahmen einer<br />
klinischen Studie zur Immunreaktion<br />
und Verträglichkeit am Institut für<br />
Sozial- und Präventivmedizin (ISPM)<br />
Zürich durchgeführt.<br />
Es handelt sich dabei um einen Impfstoff,<br />
der bereits für die Pockenausrottungskampagne<br />
der WHO Ende der<br />
60-er und anfangs der 70-er Jahre<br />
eingesetzt wurde. Der Impfstoff verursacht<br />
gravierende, unerwünschte Nebenwirkungen<br />
(Eczema Vaccinatum,<br />
Vaccinia generalista, Postvakzinale<br />
Enzephalitis, Postvakzinale Myokarditis).<br />
Pro Million geimpfter Personen<br />
muss gemäss historischen Daten mit<br />
etwa 1’000 unerwünschten Nebenwirkungen<br />
und einem Todesfall bis zwei<br />
Todesfällen gerechnet werden. Würden<br />
Personen mit bekannten Kontraindikationen<br />
geimpft, wäre von einer noch<br />
höheren Anzahl Nebenwirkungen auszugehen.<br />
Im Vorfeld des Irakkrieges entstand ein<br />
deutlicher Druck hinsichtlich einer prophylaktischen<br />
Impfung der Bevölkerung.<br />
Das BAG hat daraufhin eine Pockenimpfstrategie<br />
entwickelt und im<br />
BAG Bulletin 12/03 [6] über den damaligen<br />
Stand der Pockenschutzimpfung<br />
in der Schweiz informiert. Sie beruhte<br />
auf der Schaffung mehrerer, auf die ganze<br />
Schweiz verteilte Impfzentren mit<br />
Personal, das geimpft und geschult ist.<br />
Die Impfung und Schulung sollte im<br />
Rahmen einer – von der kantonalen<br />
Ethikkommission genehmigten –klinischen<br />
Studie des ISPM Zürich bei rund<br />
150 bis 200 aus dem Medizinalpersonal<br />
rekrutierten Personen durchgeführt werden.<br />
Eine Umfrage von in der Schweiz<br />
tätigen Infektiologen ergab, dass eine<br />
prophylaktische Impfung aus Sicht der<br />
Befragten nur im Falle einer Bedrohungssituation<br />
sinnvoll ist. Eine Interessensabwägung<br />
zwischen dem bestmöglichen<br />
Schutz der Öffentlichen<br />
Gesundheit und den nicht auszuschliessenden<br />
Nebenwirkungen der geplanten<br />
Pockenimpfung hat das BAG dazu<br />
bewogen, auf die klinische Studie sowie<br />
den systematischen Aufbau von Impfzentren<br />
in der Schweiz zu verzichten.<br />
2006 wurde eine erneute Studie für<br />
die Schätzung der Prävalenz der wichtigsten<br />
Kontraindikationen der Pockenimpfung<br />
in der Schweizer Bevölkerung<br />
am ISPM Zürich, als<br />
Entscheidungsgrundlage für weitere<br />
Impfempfehlungen, durchgeführt. Diese<br />
Studie hat ergeben, dass etwa 45<br />
Prozent der Schweizer Bevölkerung<br />
Kontraindikationen (dermatologische<br />
Erkrankungen, immunsuppressive<br />
Faktoren, kardiovaskuläre Erkrankungen)<br />
aufweisen.<br />
Derzeit wird die Entwicklung und Verfügbarkeit<br />
neuerer Generationen Po-
ckenimpfstoffe aktiv verfolgt und eine<br />
Anpassung der Versorgungsstrategie<br />
für Pockenimpfstoffe geprüft.<br />
Labordiagnostik<br />
Das Zentrallabor für Virologie der Universitätsspitäler<br />
in Genf (HUG) verfügt<br />
über die nötigen Sicherheitsausrüstungen<br />
(Biosicherheitsstufe 4D) und kann<br />
den labordiagnostischen Pockennachweis<br />
erbringen. Es erfüllt die Voraussetzungen,<br />
eine Primärdiagnostik mittels<br />
molekularer oder immunologischer Methoden<br />
für Organismen der Gruppe 4<br />
durchzuführen. Im Laufe des Jahres<br />
2011 soll das Sicherheitslabor für Biosicherheitsstufe<br />
4 am Labor Spiez in Betrieb<br />
genommen werden und wäre somit<br />
im Stande, die Referenzdiagnostik<br />
für Viren der höchsten Gefährdungsklasse<br />
wie die der Pocken durchzuführen.<br />
Gegenwärtig verfügt das Labor<br />
Spiez über die notwendigen Methoden<br />
und Bewilligungen, um die Differentialdiagnostik<br />
für Orthopoxviren (Orthopox<br />
bis und mit Risikogruppe 3) für klinische<br />
Proben sowie Umweltproben durchzuführen.<br />
Meldeabläufe<br />
Die Schweiz verfügt über ein Meldesystem<br />
für Infektionskrankheiten. Gemäss<br />
Artikel 27 des Epidemiengesetzes sind<br />
Spitäler, Ärzte und Laboratorien verpflichtet,<br />
dem Kantonsarzt innert einer<br />
Frist von zwei Stunden einen Pockenverdacht<br />
zu melden, welcher seinerseits<br />
das BAG informiert. Durch frühzeitiges<br />
Melden jedes Pockenverdachts<br />
kann der Kantonsarzt sofort die entsprechenden<br />
individuellen und kollektiven<br />
Massnahmen treffen und den Ursprung<br />
der Ansteckung ermitteln.<br />
Gemäss den IGV 2005 müssen alle<br />
Pockenfälle der WHO gemeldet werden,<br />
welche die Information den weiteren<br />
Mitgliedstaaten zur Verfügung stellt.<br />
Kontaktmanagement<br />
Das Kontaktmanagement wird vom<br />
Kantonsärztlichen Dienst nach Laborbestätigung<br />
eingeleitet:<br />
Personen, die potenziell einem Infektionsrisiko<br />
ausgesetzt waren, müssen<br />
innerhalb von drei Tagen nach der Exposition<br />
gefunden werden (contact<br />
tracing), damit sie geimpft und 17 Tage<br />
unter Quarantäne gestellt werden können.<br />
Im Allgemeinen sind dies Angehörige<br />
bzw. Arbeitskollegen des bestätigten<br />
Pockenpatienten, von denen Name<br />
und Adresse bekannt sind. Der Kantonsärztliche<br />
Dienst ist verantwortlich<br />
für die Erstellung von Kontaktlisten.<br />
Falls Fluggäste mit dem Pockenfall in<br />
Kontakt gekommen sein könnten, ist<br />
es möglich, diese mittels Passagierlisten<br />
der Fluggesellschaften zurück zu<br />
verfolgen. Weitere mögliche Kontaktpersonen<br />
wie z. B. Flugpassagiere,<br />
welche sich zur gleichen Zeit am Flughafen<br />
aufhielten, können nur über die<br />
Medien erreicht werden. Die Information<br />
über Verhaltensempfehlungen erfolgt<br />
durch Absprachen des Bundes<br />
mit den entsprechenden Kantonen.<br />
Gesundheitssystem<br />
Pockenverdachtsfälle und bestätigte<br />
Fälle dürfen nur in die dafür eingerichteten<br />
Spitäler überwiesen werden. Spitäler,<br />
die Pockenpatienten aufnehmen<br />
können, sollten deshalb im Voraus designiert<br />
werden. Welche Spitäler dafür<br />
geeignet sind, und wie viele Isolierungsräume<br />
für Pocken jeweils in einer<br />
Krisensituation genutzt werden können,<br />
sollte künftig geklärt werden. Jede<br />
Pflegeanstalt, die über eine Notfallstation<br />
verfügt, sollte die Aufnahme von<br />
Pockenverdachtsfällen oder erkrankten<br />
Personen einplanen und nebst der Bereitstellung<br />
von Isolierungsräumen für<br />
Patienten auch die Sensibilisierung, die<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Ausbildung und die mögliche Impfung<br />
des betroffenen Notfallpersonals gewährleisten.<br />
Das Personal in Arztpraxen und Spitälern<br />
ist bei einem Pockenausbruch einem<br />
hohen Kontaminationsrisiko ausgesetzt,<br />
weshalb ein adäquater<br />
Umgang mit Pockenverdachtsfällen<br />
oder Pockenfällen nötig ist.<br />
Für die Vorbereitung der Pockenbekämpfung<br />
scheint es sinnvoll, dass Spitäler<br />
und Arztpraxen die Details der<br />
Massnahmen selbstständig planen.<br />
Dabei steht ihnen ein Dokument, gestützt<br />
auf Empfehlungen der Swiss-<br />
NOSO zur Versorgung von Patienten mit<br />
viralem hämorrhagischem Fieber [7], zur<br />
Verfügung.<br />
Vorbereitung an den Flughäfen<br />
Gegenwärtig besitzen alle Schweizer<br />
Flughäfen mit internationalen Flügen<br />
eigene Notfallpläne für die Prävention<br />
und Bewältigung von Ereignissen mit<br />
Infektionskrankheiten. Diese Notfallpläne<br />
basieren auf der Verordnung des<br />
Eidgenössischen Departementes des<br />
Innern (EDI) vom 15. Dezember 2003<br />
zur Prävention von neu- und wiederauftretenden<br />
Infektionskrankheiten und<br />
wurden 2009 an die Vorgaben der IGV<br />
2005 angepasst.<br />
Für die Krisenbewältigung bestehen<br />
seit der SARS-Epidemie Kontakte zwischen<br />
Vertretern des Notfallmanagements<br />
der drei Landesflughäfen Basel,<br />
Genf und Zürich. Zudem wurde für<br />
Ereignisse, welche potenziell die Öffentliche<br />
Gesundheit bedrohen, das<br />
Flughafennetzwerk für Reisemedizin<br />
gegründet. In diesem Netzwerk haben<br />
Vertreter aller Flughäfen mit regelmässigen<br />
internationalen Linienflügen<br />
Einsitz.<br />
73
74<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Kommunikation und internationale<br />
Zusammenarbeit<br />
Eine internationale Zusammenarbeit ist<br />
notwendig, um bei einem allfälligen<br />
Wiederauftreten der Pocken eine Epidemie<br />
zu verhindern, das Pockenvirus<br />
zu bekämpfen und wieder auszurotten.<br />
Daher soll die Vorbereitung auf einen<br />
Pockenausbruch auf internationaler<br />
Ebene koordiniert werden. Die Aufgabe<br />
der WHO besteht darin, die Mitgliedstaaten<br />
und die Gesundheitsbehörden<br />
dabei zu unterstützen, auf das Risiko<br />
und das Auftreten von Epidemien zu<br />
reagieren. Im Hinblick auf eine verstärkte<br />
Sensibilisierung und eine bessere<br />
Überwachung hat die WHO ein weltweites<br />
Frühwarn- und Reaktionssystem<br />
für den Epidemiefall, das Global<br />
Outbreak Alert and Response Network<br />
(GOARN), aufgebaut. Es gewährleistet<br />
den Ländern einen raschen Zugang zu<br />
Fachleuten und zu den erforderlichen<br />
Ressourcen. Dank dem GOARN können<br />
die entscheidenden Informationen<br />
über Ausbrüche verarbeitet, rasch und<br />
zuverlässig an die wichtigsten Akteure<br />
im Bereich der Öffentlichen Gesundheit<br />
auf internationaler Ebene weitergeleitet<br />
und Massnahmen einfacher koordiniert<br />
werden.<br />
Das BAG wird während den Ausbruchsphasen<br />
den Informationsaustausch und<br />
die Koordination mit internationalen Organisationen<br />
(WHO, CDC, ECDC) pflegen<br />
und neue internationale Erkenntnisse<br />
und Empfehlungen zur Vorbereitung<br />
der Pockenbekämpfung nach bioterroristischen<br />
Anschlägen aufnehmen. Gemäss<br />
den IGV 2005 soll im Falle einer<br />
gesundheitlichen Notlage von internationaler<br />
Tragweite, welche die Pocken<br />
zweifellos darstellen würden, eine enge<br />
Zusammenarbeit zwischen der WHO<br />
und dem vom Ereignis betroffenen Staat<br />
angestrebt werden.<br />
Auf nationaler Ebene werden Plattformen<br />
und Arbeitsgruppen geschaffen<br />
und verwaltungsinterne Kommunikationsabläufe<br />
definiert. Der Bundesratssprecher<br />
koordiniert die Information<br />
und Kommunikation zwischen dem<br />
Bund und den Kantonen sowie innerhalb<br />
des Bundes.<br />
Ausblick<br />
Durch die politische Stabilität in Westeuropa<br />
und der geringen Wahrscheinlichkeit<br />
eines B-Terror-Ereignisses ist<br />
die Dringlichkeit der Pockenvorbereitung<br />
gering. Deshalb könnten verwaltungsinterne<br />
Entscheidungen und die<br />
Krisenvorbereitung beim Bund und in<br />
den Kantonen aufgeschoben werden.<br />
Gegenwärtig beschäftigen sich der<br />
Bund und die Kantone primär mit der<br />
Aufnahme der aus der Pandemischen<br />
Grippe (H1N1) 2009 gewonnenen Erkenntnisse<br />
in die Krisenvorbereitung,<br />
welche auch für B-Terror-Ereignisse<br />
wichtig sind. Neuerungen, welche in<br />
die Totalrevision des Epidemiengesetzes<br />
aufgenommen wurden, sind die<br />
Stärkung der Bundeskompetenzen bei<br />
der Koordination von Vollzugsmassnahmen<br />
und die Koordination unter<br />
den Kantonen sowie die Regelung der<br />
Kompetenzen eines Einsatzorgans für<br />
bevorstehende Krisen.<br />
Literatur<br />
[1] Strategie «ABC-Schutz Schweiz».<br />
KomABC 2007-06-D.<br />
[2] Piffaretti JC, Convert M. Grundlagen<br />
für die Vorbereitung auf ein allfälliges<br />
Wiederauftreten der Pocken. 2009.<br />
Vertraulich.<br />
[3] Influenza-Pandemieplan Schweiz<br />
2006. Strategien und Massnahmen<br />
in Vorbereitung auf eine Influenza-<br />
Pandemie. 2006.<br />
[4] Influenza-Pandemieplan Schweiz.<br />
Strategien und Massnahmen in Vor-<br />
bereitung auf eine Influenza-Pandemie.<br />
2009.<br />
[5] Internationale Gesundheitsvorschriften<br />
(2005). SR 0.818.103.<br />
[6] BAG Bulletin. Pockenschutzimpfung<br />
in der Schweiz. 2003;13:212-<br />
3.<br />
[7] Hugenot S, Sax H, Chappuis F,<br />
Mühlemann K, Francioli P, Raeber<br />
PA, Hatz C, Widmer FA, Siegl G, et<br />
les membres du groupe Swiss-NO-<br />
SO. Prise en charge des patients<br />
suspects de fièvre hémorragique<br />
virale. Recommandations pour la<br />
Suisse. Swiss-NOSO 2002;3:18-<br />
24.
INFO<br />
1 / 11<br />
Weiterentwicklung der betrieblichen Pandemiepläne<br />
nach Bewältigung der pandemischen Grippe A/H1N1<br />
Dr. med. Ulrich Erlinger, Vizedirektor, Stadtärztlicher Dienst Zürich, Walchestrasse 31, Postfach 3251, 8021 Zürich, ulrich.erlinger@zuerich.ch<br />
Key Words: Pandemie, Pandemiepläne, Infektionskrankheiten<br />
Mit der Ausbreitung der Vogelgrippe<br />
und der Ansteckung von Menschen<br />
durch den Vogelgrippeerreger H5N1<br />
entstand die Sorge, der Erreger<br />
könnte mutieren und eine schwere<br />
Grippepandemie verursachen.<br />
Pandemiepläne von öffentlichen<br />
Verwaltungen und Unternehmen<br />
auf allen Ebenen und weltweit zur<br />
Vorbereitung auf diesen Fall waren<br />
die Folge. Während des Ausbruchs<br />
der pandemischen Grippe A/H1N1<br />
wurden die betrieblichen Pandemiepläne<br />
zum grössten Teil nicht<br />
gebraucht. Bei vielen Personen in<br />
den Betrieben, die an der Pandemieplanung<br />
beteiligt waren, entstand<br />
der Eindruck, die Pläne seien<br />
übervorsorglich erstellt worden und<br />
eine Grippepandemie sei eigentlich<br />
keine Bedrohung, die eine solch<br />
aufwändige Planung rechtfertige.<br />
Nach der Grippepandemie 2009<br />
besteht die Gefahr, dass die Pläne<br />
in Vergessenheit geraten. Nur äusserst<br />
motivierte Beteiligte sind dabei,<br />
die Pläne zu überarbeiten. Der<br />
Artikel will die Pandemieplanungen<br />
in ein anderes Licht rücken, indem<br />
er aufzeigt, dass die bestehenden<br />
Pandemiepläne so verstanden und<br />
angepasst werden können, dass<br />
sie auf alle Ausbrüche von Infektionskrankheiten<br />
und biologische<br />
Bedrohungen vorbereiten, wenn sie<br />
als Grundgerüst gestaltet werden,<br />
das kurzfristig an die Bedrohung<br />
angepasst werden kann.<br />
Einleitung<br />
Wegen der weltweiten Verbreitung des<br />
Vogelgrippevirus H5N1, das vereinzelt<br />
auch Menschen ansteckt, haben sich<br />
viele Nationen und auch die Schweiz<br />
(Bund, Kantone, Gemeinden sowie vie-<br />
le Unternehmen) seit 2005 auf den Fall<br />
einer schweren Grippepandemie beim<br />
Menschen mit H5N1 vorbereitet. Ob,<br />
wann und in welchem Ausmass eine<br />
solche Grippepandemie mit H5N1 ausbrechen<br />
würde, war nicht sicher [1].<br />
Während des Ausbruchs der pandemischen<br />
Grippe mit dem Erreger A/H1N1<br />
im 2009 mussten die in den Pandemieplänen<br />
vorbereiteten Massnahmen<br />
zum Schutz der Bevölkerung und zum<br />
Erhalt der Kontinuität in den Betrieben<br />
kaum umgesetzt werden, weil die Grippe<br />
überwiegend mild verlief [2-5]. Im<br />
Gegenteil: es musste aktiv verhindert<br />
werden, dass Massnahmen in Betrieben,<br />
wie zum Beispiel die Verteilung<br />
von Personenschutzmaterial, umgesetzt<br />
wurden, weil ihre Auslösung in<br />
vielen betrieblichen Pandemieplänen<br />
an die von der World Health Organization<br />
(WHO) definierten Pandemiephasen<br />
gekoppelt waren [6].<br />
Eine schwere Grippe mit H5N1 ist aber<br />
nur eine von unbekannt vielen gefährlichen<br />
Infektionskrankheiten, die sich<br />
über das übliche Mass hinaus in der<br />
Stadtbevölkerung verbreiten könnten.<br />
Viele Infektionskrankheiten (wie zum<br />
Beispiel Tuberkulose) sind immer in unserer<br />
Gesellschaft präsent, aber unter<br />
Kontrolle [7]. In den vergangenen Jahrzehnten<br />
sind neue Infektionskrankheiten<br />
aufgetaucht: Der Ausbruch des<br />
Acquired Immunodeficiency Syndroms<br />
(AIDS) hat die Welt und auch Zürich in<br />
den 80-er Jahren relativ unvorbereitet<br />
getroffen [8] und grosse Verunsicherung<br />
ausgelöst, obwohl sich Human<br />
Immunodeficiency Viren (HIV) bei Menschen<br />
nicht so leicht verbreiten können<br />
wie Grippeviren. Inzwischen gibt es<br />
zwar wenige Neuansteckungen pro<br />
Jahr, aber es wurde viel getan, um die<br />
Übertragung von HI-Viren zum Beispiel<br />
über Bluttransfusionen zu verhindern<br />
und das Risikoverhalten in der Bevölkerung<br />
zu ändern [9-11].<br />
Auch ausserhalb von Asien hat das Severe<br />
Acute Respiratory Syndrom<br />
(SARS) 2003 zu grosser Verunsicherung<br />
geführt [12-14]. Die Analysen<br />
nach dem ersten SARS-Ausbruch deuten<br />
darauf hin, dass die 2003 getroffenen<br />
Massnahmen zur Eindämmung der<br />
Pandemie in der Schweiz richtig waren<br />
[15]. Unklar bleibt, ob eine Bewältigung<br />
der SARS-Pandemie in Zürich ähnlich<br />
konsequent möglich gewesen wäre wie<br />
in Hong Kong oder Singapur, wenn sie<br />
in die Stadt Einzug gehalten hätte. Sicherlich<br />
wären die aktuellen Pandemieplanungen<br />
der Stadt Zürich nach einer<br />
Anpassung an die Eigenschaften des<br />
Erregers auch bei einem SARS-Ausbruch<br />
sehr hilfreich gewesen.<br />
Mögliche Ursachen von<br />
unüblichen Ausbrüchen von<br />
Infektionskrankheiten<br />
Die Ursachen für Ausbrüche von Infektionskrankheiten<br />
sind vielfältig und<br />
nicht immer ist klar, warum an einem<br />
bestimmten Ort zu einer bestimmten<br />
Zeit eine Infektionskrankheit ausbricht.<br />
Die Entstehung neuer Infektionskrankheiten<br />
oder deren Anpassung an neue<br />
Wirte hängt mit den beiden Evolutionsmechanismen<br />
Mutation und Selektion<br />
zusammen. Gewisse Bedingungen<br />
fördern das Stattfinden dieser beiden<br />
Vorgänge, liegen aber im Bereich der<br />
Biologie der Infektionserreger oft im<br />
Verborgenen. Deshalb kann auch für<br />
einen gut untersuchten Erreger wie<br />
H5N1 nicht vorhergesagt werden, ob<br />
er sich an den Menschen als Wirt anpassen<br />
wird. Allgemein gibt es jedoch<br />
Bedingungen, die eine Verbreitung und<br />
Entwicklung von Erregern beim Menschen<br />
fördern. Dazu gehören vor allem<br />
75
76<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
ein Nachlassen der Hygiene, sinkende<br />
Impfraten, engeres Zusammenleben<br />
vor allem mit Tieren und auch ein nachhaltiger<br />
Temperaturanstieg. Wenn die<br />
Jahresdurchschnittstemperatur um<br />
mehrere Grad steigt, ist etwa damit zu<br />
rechnen, dass Salmonellosen durch zu<br />
wenig gekühlte Lebensmittel zunehmen,<br />
bis sich ein Bewusstsein für das<br />
veränderte Risiko in der Bevölkerung<br />
gebildet hat [16].<br />
Mutationen<br />
Eine wichtige Rolle bei der Entstehung<br />
von Pandemien und Epidemien haben<br />
Veränderungen im Erbgut von Erregern,<br />
die sie befähigen, sich effektiver<br />
zu verbreiten und gefährlicher zu werden<br />
[17]. Noroviren zum Beispiel scheinen<br />
für den Menschen in den vergangenen<br />
beiden Jahren ansteckender<br />
geworden zu sein [18]. Sollten sie für<br />
den Menschen ebenfalls gefährlicher<br />
werden, würden sie ein ernsthaftes Gefahrenpotenzial<br />
darstellen. Mutationen<br />
spielen auch bei der Anpassung von<br />
Zoonosen an den Menschen eine entscheidende<br />
Rolle [17]. Wiederholt und<br />
schwer vorhersagbar kommt es vor,<br />
dass sich tierische Krankheitserreger<br />
an den Menschen anpassen und so<br />
Erreger einer Anthroponose werden,<br />
also einer Erkrankung, die vor allem<br />
zwischen Menschen übertragen wird.<br />
Das Aquired Immuno-Deficiency Syndrom<br />
(AIDS) ist eine solche Anthroponose.<br />
Wann genau Human Immunodeficiency<br />
Viren (HIV) mutiert sind, bevor<br />
sie Menschen anstecken konnten,<br />
kann nur ungenau rekonstruiert werden<br />
[8, 19]. Andererseits können Krankheitserreger,<br />
die in der Regel den Menschen<br />
befallen, durch Mutationen, im<br />
Fall der Tuberkulose zum Beispiel<br />
durch die Schwächung des Immunsystems<br />
im Rahmen einer AIDS-Erkrankung<br />
sowie infrastrukturelle Mängel bei<br />
der Überwachung und Behandlung der<br />
Tuberkulose, fähig werden, einer bisher<br />
erfolgreichen Behandlung zu widerstehen<br />
[20, 21]. In Osteuropa und Zentralasien<br />
werden bereits ca. 15 Prozent<br />
der Neuinfektionen an Tuberkulose<br />
durch multiresistente Bakterienstämme<br />
(MDR-TB=multi drug restistant tuberculosis)<br />
verursacht [22-25]. Eine Ansteckung<br />
von 53 Patienten mit einer so<br />
genannten «extended resistant tuberculosis»<br />
(XDR-TB) in Südafrika im Jahr<br />
2006 forderte 52 Todesopfer [26]. Auch<br />
in der Schweiz sind Fälle von XDR-TB<br />
beschrieben [27]. Staphylokokken und<br />
auch Escherichia coli werden ebenfalls<br />
gegen Behandlungen widerstandsfähiger<br />
oder gar resistent [28-31]. Stränge<br />
von methicillin-resistenten Staphylokokken<br />
aureus (MRSA) tauchen in<br />
jüngster Zeit vermehrt ausserhalb der<br />
Spitäler auf. Durch relativ kleine Mutationen<br />
sind diese MRSA-Stränge auch<br />
für gesunde Menschen gefährlich bis<br />
tödlich und ansteckender geworden<br />
[32-35]. Das aktuellste Beispiel sind<br />
neu in den Fokus gerückte gram-negative<br />
Enterobakterien, die durch so genannte<br />
«New Delhi metallo-ß-Laktamase<br />
1» (NDM-1) gegen fast alle<br />
Antibiotika resistent werden [36].<br />
Impfraten<br />
Die Folgen der niedrigen Impfraten in<br />
der Schweiz bei der Impfung gegen<br />
Masern sind bereits deutlich [37] und<br />
international beachtet. Kaum zu bewältigen<br />
wären die Folgen von sinkenden<br />
Impfraten bei den Impfungen gegen<br />
Kinderlähmung, Diphterie, Keuchhusten,<br />
Wundstarrkrampf oder Haemophilus<br />
influenzae B, dem Erreger einer der<br />
schwersten bakteriellen Erkrankungen<br />
im Kindesalter. Für Ausbrüche dieser<br />
Erkrankungen muss eigentlich keine<br />
Epidemieplanung erfolgen, weil wirksame<br />
und sichere Impfungen zur Verfü-<br />
gung stehen. Am Beispiel der Masern<br />
ist jedoch ersichtlich, dass die Impfungen<br />
zum Teil nicht genutzt werden und<br />
im Frühjahr 2010 ein grosser Bedarf an<br />
Kinderspitalbetten für Masernpatienten<br />
entstand. Ausserdem müssen Schüler<br />
vom Unterricht ausgeschlossen werden,<br />
die nicht geimpft sind, wenn deren<br />
Geschwister im gleichen Hauhalt an<br />
Masern erkrankt sind.<br />
Klimaveränderungen<br />
Der Klimawandel hat vielfältige Auswirkungen<br />
auf die globale Öffentliche Gesundheit.<br />
Viele der bedeutenden und<br />
tödlichen Infektionskrankheiten, die<br />
durch Wasser, Lebensmittel oder Insekten<br />
übertragen werden, reagieren<br />
stark auf einen Temperaturanstieg.<br />
Dazu zählen z. B. die Malaria und das<br />
Dengue-Fieber, das sich in den vergangenen<br />
Jahren stark ausgebreitet hat.<br />
Die Erreger beider Erkrankungen werden<br />
durch Insekten übertragen, die<br />
sich wärme- und wetterabhängig verbreiten<br />
[16, 38, 39]. Beide Erkrankungen<br />
werden deshalb auch zu den indirekt<br />
übertragenen Anthroponosen<br />
gerechnet. Auch das durch Insekten<br />
übertragene Chikungunya-Fieber ist<br />
eine der Erkrankungen, die sich wärmeabhängig<br />
verbreiten. Der Ausbruch<br />
der Erkrankung im Sommer 2007 in<br />
Italien spricht für ein Ausbreitungspotenzial<br />
der Erkrankung, die normalerweise<br />
in Afrika und in Indien auftritt, in<br />
Richtung Europa [40]. Solche Ausbrüche<br />
sind im Rahmen der Klimaerwärmung<br />
auch in der Schweiz denkbar.<br />
Vorsätzliche Freisetzung von<br />
Krankheitserregern<br />
Die vorsätzliche Verbreitung von Krankheitserregern<br />
ist im Laufe der Zeit immer<br />
wieder versucht und unternommen<br />
worden [41]. Auch vorsätzlich<br />
verbreitete kleine Mengen von Bacillus
anthracis, dem Erreger von Milzbrand<br />
(Anthrax), mit fünf Toten haben in den<br />
USA 2001 zu grosser Verunsicherung<br />
in der Bevölkerung geführt [42]. Zu den<br />
potenziellen biologischen Kampfstoffen<br />
gehören verschiedene Bakterien, Viren<br />
und Gifte. Zu den bakteriellen Kampfstoffen<br />
gehören unter anderem die Erreger<br />
der Pest, des Milzbrandes, des<br />
Q-Fiebers und der Tularämie (Hasenpest).<br />
Zu den viralen Kampfstoffen zählen<br />
die Erreger der Pocken, von Ebola<br />
und anderer hämorrhagischen Fieber<br />
und des Gelbfiebers. Als biologische<br />
Waffen einsetzbare Toxine sind zum<br />
Beispiel Botulinustoxin und Rizin<br />
[41,43]. Die ABC-Abwehr ist Teil der<br />
Schweizer Armee und bereitet eine Abwehr<br />
der beschriebenen biologischen<br />
Waffen vor [44]. Auch im Herbst 2008<br />
ist es im Zuge der Finanzkrise dazu gekommen,<br />
dass Unternehmen in den<br />
USA aus Rache mit falschem Anthraxpulver<br />
bedroht wurden.<br />
Internationaler Handel mit Tieren<br />
und internationaler<br />
Personenverkehr<br />
Der weltweit zunehmende Personenverkehr<br />
im Tourismus trägt dazu bei,<br />
dass Krankheiten zwischen den verschiedenen<br />
Erdteilen ausgetauscht<br />
werden. Das Problem der Einschleppung<br />
von Tropenkrankheiten durch<br />
Seefahrer nach Nordeuropa wurde<br />
spätestens im 19. Jahrhundert erkannt<br />
und ernst genommen. 1900 entstand<br />
aus dem damaligen Seemannskrankenhaus<br />
in Hamburg das heutige Bernhard-Nocht-Institut<br />
für Tropenmedizin,<br />
das sich die Erforschung und Behandlung<br />
von Tropenkrankheiten zur Aufgabe<br />
gemacht hat. Das 1943 gegründete<br />
Schweizerische Tropeninstitut in Basel<br />
widmet sich den gleichen Aufgaben<br />
[45, 46]. Heute gehören Reiserückkehrer<br />
mit Fieber zum Patientengut jeder<br />
Zentrumsklinik [47,48]. Krankheitsübertragende<br />
Insekten überstehen<br />
zum Teil Flugreisen und sind in der<br />
Lage, am Zielort in Nordeuropa Menschen<br />
anzustecken. Diese seltenen<br />
Fälle werden auch «Airport- und Baggage-Malaria»<br />
genannt [48]. Es ist auch<br />
möglich, dass Malaria in Nordeuropa<br />
von einem einheimischen Insekt übertragen<br />
wird [49].<br />
Tierproduktionsindustrie und<br />
Zoonosen<br />
Unbestritten ist, dass das rasante<br />
Wachstum der asiatischen Tierproduktionsindustrie,<br />
insbesondere der grossindustriellen<br />
Geflügelzucht, zum Ausbreitungspotenzial<br />
der Vogelgrippe<br />
beigetragen hat [1]. Auch andere Tierseuchen,<br />
zum Beispiel die Maul- und<br />
Klauenseuche, werden wegen dem<br />
internationalen Tierhandel immer wieder<br />
nach Westeuropa eingeschleppt<br />
[50]. Die konsequente Umsetzung von<br />
Massnahmen gegen die Bovine Spongioforme<br />
Enzephalopathie (BSE) bei<br />
Rindern, zum Beispiel das Verbot von<br />
Tiermehl als Tierfutter, hat in der<br />
Schweiz bei Tieren praktisch zu deren<br />
Verschwinden geführt. Die Prionenhypothese,<br />
nach der sich Menschen<br />
durch den Verzehr von Fleisch erkrankter<br />
Rinder durch Prionen mit BSE anstecken<br />
können, bleibt allerdings unbewiesen<br />
[51]. Momentan gibt es 24<br />
Zoonosen (Krankheiten, die vom Tier<br />
auf den Menschen und in Gegenrichtung<br />
übertragbar sind), die das Bundesamt<br />
für Veterinärwesen (BVET) bei<br />
lebenden Tieren kontrolliert, acht Zoonosen,<br />
die bei der Fleischkontrolle kon-<br />
Das Literaturverzeichnis ist<br />
bei der Redaktion oder beim<br />
Autor erhältlich.<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
trolliert werden und zwölf andere überwachte<br />
Zoonosen, unter ihnen auch<br />
die Frühsommer-Meningoencephalitis<br />
und das West-Nil Fieber [52].<br />
Wechselwirkungen zwischen den<br />
verschiedenen Ursachen<br />
Darüber, wie der Klimawandel, die Mutationsfähigkeit<br />
von Erregern, die Reisetätigkeit<br />
und der internationale Handel<br />
bei der Entstehung zusammenwirken,<br />
gibt es noch keine prinzipiellen<br />
Erkenntnisse. Eine Erkrankung wie<br />
SARS ist jedoch als ein zeitgemässes<br />
Modell zu sehen, bei dem ein Erreger<br />
durch Mutation für den Menschen gefährlich<br />
und von Mensch zu Mensch<br />
übertragbar und durch interkontinentalen<br />
Flugverkehr schnell verbreitet wurde<br />
[53]. Bei allen Wechselwirkungen<br />
und evolutionären Entwicklungen spielen<br />
chemische, physiologische und<br />
biologische Prozesse eine Rolle. Diese<br />
Prozesse beschleunigen sich bei Erwärmung<br />
im Allgemeinen. Denkbar ist<br />
auch, dass krankheitsübertragende<br />
Insekten, auch Vektoren genannt, die<br />
durch Reisetätigkeit zu uns gelangen,<br />
durch die Klimaerwärmung hier lebensfähig<br />
werden [17].<br />
Risikoeinschätzung<br />
Viele Entwicklungen der vergangenen<br />
Jahrzehnte sprechen dafür, dass Infektionskrankheiten<br />
global gesehen für die<br />
Menschheit eines der gravierendsten<br />
Gesundheitsprobleme bleiben. Durch<br />
den globalen Personenaustausch, die<br />
Klimaerwärmung, falschen Einsatz von<br />
Antibiotika, Massentierproduktion sowie<br />
die Globalisierung des Nahrungsmittelhandels<br />
ist damit zu rechnen,<br />
dass Pandemien und Epidemien auch<br />
in der Schweiz auftreten werden. Die<br />
erwähnten Krankheiten, die zwar repräsentativ<br />
für die mikrobiologische<br />
Vielfalt der Krankheitserreger sind, aber<br />
77
78<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
nur einen kleinen Ausschnitt des Möglichen<br />
zeigen, machen die potenzielle<br />
Vielfalt der Szenarien von solchen Ausbrüchen<br />
deutlich. Unter anderem durch<br />
den grossen Vernetzungsgrad und industrielle<br />
Prinzipien wie Just-in-Time-<br />
Lagerung sind westliche Gesellschaften<br />
sehr erfolgreich, aber auch vor<br />
allem ökonomisch vulnerabel gegenüber<br />
Krankheitsausbrüchen, die mediales<br />
internationales Aufsehen erregen<br />
und die Bevölkerung psychologisch<br />
verunsichern. Sowohl ein gefährlicheres<br />
oder auch noch ansteckenderes<br />
Norovirus sowie eine Erkrankung wie<br />
SARS oder ein neuer SARS-Ausbruch<br />
in den nächsten Jahren käme wohl für<br />
kaum einen Experten überraschend.<br />
Multiresistente und extrem resistente<br />
Erreger der Tuberkulose sorgen für grosse<br />
Aufmerksamkeit in Osteuropa und<br />
Südafrika. Völlig neuartige Zoonosen<br />
mit Ursprung in China, Afrika oder Indonesien<br />
sind jederzeit möglich. Eine<br />
quantitative Aussage zur Gesamtwahrscheinlichkeit<br />
wäre spekulativ.<br />
Obwohl biologische Kampfstoffe<br />
schwer herzustellen und einzusetzen<br />
sind, ist die Gefahr eines solchen Anschlags<br />
auf die Gesellschaft oder auch<br />
der Einsatz gegen Unternehmen sicher<br />
gegeben.<br />
Pandemiepläne<br />
Zur Bekämpfung jeden Ausbruchs einer<br />
Infektionskrankheit, sei es Brechdurchfall,<br />
verschiedene Atemwegserkrankungen<br />
oder Grippe, kommen<br />
neben den medizinischen Behandlungen<br />
immer dieselben Hauptmassnahmen<br />
zum Einsatz:<br />
Hygiene wie Lebensmittel- und<br />
Handhygiene,<br />
persönliche Schutzmassnahmen,<br />
Social Distancing,<br />
Isolierung.<br />
Diese Massnahmen, die im Ernstfall<br />
koordiniert und schnell umgesetzt werden<br />
müssen, stehen bei allen Pandemieplanungen<br />
im Vordergrund. Auch<br />
die Vorbereitungen auf eine hohe Absenzenrate<br />
bei Mitarbeitenden sind in<br />
jedem Fall sinnvoll. Eine Norovirenepidemie<br />
kann in einem Betrieb oder nach<br />
Veränderung des Erregers eben auch<br />
in mehreren Betrieben eine ebenso<br />
hohe Absenzenrate zur Folge haben<br />
wie die derzeit modellierte Absenzenrate<br />
bei einer Grippepandemie.<br />
Die Planung zur Bewältigung einer<br />
schweren Grippepandemie hat den<br />
Vorteil, dass die Ansteckungsgefahr<br />
von Grippeviren sehr hoch und die Erkrankung<br />
sehr schwer und potenziell<br />
tödlich ist. Insofern kann von einem<br />
«worst-case-scenario» einer Epidemie<br />
bzw. Pandemie gesprochen werden.<br />
Bei so vielen Möglichkeiten von Krankheitsausbrüchen<br />
ist es aber ohnehin<br />
nicht sinnvoll, die Planung auf eine Art<br />
der Erkrankung, und dann auch noch<br />
auf einen speziellen Virustyp, zu beschränken.<br />
Weil die Grippe hauptsächlich<br />
durch Tröpfchen in der Luft übertragen<br />
wird, ist die Pandemieplanung<br />
auch darauf ausgerichtet. Eine Anpassung<br />
an die Eigenschaften eines neuen<br />
Erregers kann erforderlich sein. Deshalb<br />
muss die Pandemieplanung auf<br />
der Detailebene flexibel bleiben. Eine<br />
grosse und gefährliche Norovirenepidemie<br />
zum Beispiel würde einen Rückgriff<br />
auf Massnahmen wie Social Distancing<br />
und eine Hygienekampagne<br />
ermöglichen. Die persönlichen Schutzmassnahmen<br />
kämen aber in anderen<br />
Situationen zum Einsatz: In Abwesenheit<br />
von menschlichen Ausscheidungen,<br />
zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr,<br />
wäre das Tragen von<br />
Hygienemasken nicht angezeigt. Auch<br />
ein Mindestabstand von einem Meter<br />
bei sozialen Kontakten wäre weniger<br />
sinnvoll. Die Inkubationszeit und die<br />
Infektiösität lägen für einen anderen<br />
Zeitraum vor. Bei der medizinischen<br />
Behandlung würden, im Gegensatz zur<br />
Behandlung der Grippe, Flüssigkeitsersatz<br />
in den Vordergrund rücken und die<br />
Beatmung in den Hintergrund.<br />
Schlussfolgerung<br />
Infektionskrankheiten bleiben für die<br />
Menschheit und für die Schweiz eine<br />
bleibende Bedrohung. Die Komplexität<br />
der Infektiologie und Immunologie sowie<br />
die dynamische Entwicklung von<br />
Infektionskrankheiten, die sich für die<br />
Menschen oft im Verborgenen abspielt,<br />
sorgen dafür, dass neue Erreger und<br />
Erkrankungen überraschend auftreten<br />
können. Die Planung zur Bewältigung<br />
eines grösseren Ausbruchs einer Infektionskrankheit<br />
ist eine Notwendigkeit<br />
für eine konkurrenzfähige, wirtschaftlich<br />
bedeutende Gesellschaft. Die Szenarien<br />
eines Ausbruchs sind zwar sehr<br />
vielfältig. Die bisherigen Pandemieplanungen<br />
können jedoch aufgrund ihres<br />
hauptsächlich allgemeinen Charakters<br />
gut an die Eigenschaften eines neuen<br />
Erregers angepasst werden. Dass die<br />
betrieblichen Pandemieplanungen auf<br />
eine hauptsächlich durch Tröpfchen in<br />
der Luft übertragbare Krankheit ausgerichtet<br />
sind, ist dabei ein grosser Vorteil,<br />
denn dieser Übertragungsweg<br />
prädisponiert eine Infektionskrankheit,<br />
sich rasch auszubreiten. Um die bestehenden<br />
Pandemiepläne noch wertvoller<br />
zu machen, kann überlegt werden,<br />
wie sie kurzfristig an verschiedene Szenarien<br />
(zum Beispiel Durchfallerkrankungen)<br />
angepasst werden können.
6. Refresher des Vereins Alumni CEFOCA-SFG<br />
Rund 40 Teilnehmer besuchten den<br />
6. Refresher, welcher am 23. Oktober<br />
2010 in Müns terlingen stattgefunden<br />
hat. Die Themen reichten<br />
vom MANV-Konzept des Kantons<br />
Thurgau über den PLS Reader,<br />
Defusing-Debriefing, Gigathlon, bis<br />
hin zum Grossbrand Frigo Basel.<br />
Münsterlingen bot eine hervorragende<br />
Infrastruktur und eine fantastische Kulisse<br />
für den 6. Refresher. Die Eröffnungsrede<br />
des Gemeindeammanns<br />
mit einem kurzen Abriss über den<br />
Standort Münsterlingen war informativ<br />
und unterhaltsam. In einer lebhaften<br />
Ansprache leitete Toni Oetterli, Präsident<br />
des Vereins Alumni CEFOCA-<br />
SFG, zur Fortbildung über. Danach<br />
fan den die Referenten eine aufmerksame<br />
Zuhörerschaft.<br />
Im ersten Vortrag zeigte Harry Huber,<br />
Koordinator des Rettungswesens<br />
Kanton Thurgau, auf, dass der Kanton<br />
über ein gut ausgebildetes und zukunftorientiertes<br />
Rettungswesen verfügt.<br />
Insbesondere beeindruckt das<br />
funktionelle und schlagkräftige Konzept<br />
für die Bewältigung von Grossereignissen,<br />
das bereits seit mehre-<br />
ren Jahren in Aufbau ist und zum<br />
Einsatz kommt.<br />
Ursula Blatter, stellvertretende Abteilungsleiterin<br />
der Einsatzzentrale Schutz<br />
& Rettung Zürich, stellte als nächstes<br />
den PLS-Reader vor, der seit Sommer<br />
2010 im Einsatz steht. Dem Nutzen der<br />
schnellen Datenerfassung und des<br />
Transfers ins Informations- und Einsatzsystem,<br />
sowie deren schnelle Auswertung<br />
stehen noch die Nachteile bei<br />
Wettereinflüssen und der eingeschränkte<br />
Einsatzradius gegenüber.<br />
Nach einer kurzen Erfrischungspause<br />
brachte uns Privatdozent Jan Bauke,<br />
Abteilungsleiter Berufsfeuerwehr Nord<br />
bei Schutz & Rettung nahe, was Einsatzkräfte<br />
über emotionale Reaktionen<br />
nach Einsätzen wissen sollten. Als Leiter<br />
des Debriefing-Teams bei der Gebäudeversicherung<br />
Zürich (GVZ) kann<br />
er auf breite Erfahrung zurückgreifen.<br />
Ein Vortrag, der besonders durch die<br />
Praxisnähe und Anwendbarkeit im täglichen<br />
Leben bestach.<br />
Im letzten Vortrag des Morgens zeigte<br />
uns Dr. med. Walter Kistler, Chefarzt<br />
Sportmedizin und Innere Medizin Spital<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Dr. med. Elinor Schwab, Vorstandsmitglied des Vereins Alumni CEFOCA-SFG, Forrenbergstrasse 31, 8472 Seuzach, schwab.te@gmx.ch<br />
Abb. 1: Toni Oetterli, Präsident des Vereins<br />
Alumni CEFOCA-SFG<br />
Abb. 2: Die Vorstandsmitglieder Elinor<br />
Schwab und Jürgen Bauerdick<br />
Davos, eindrücklich, was alles vor und<br />
während eines Gigathlons medizinisch<br />
(und auch sportlich) verlangt wird. Die<br />
Herausforderung für die sanitätsdienstliche<br />
Betreuung ist immens, da diese<br />
über weite Distanz, in unwegsamem<br />
Gelände und bei jeder Witterung rund<br />
um die Uhr zu gewährleisten ist. Dazu<br />
kommt der zeitliche und personelle<br />
Aufwand, der für die zuletzt 6’700 Athleten<br />
geleistet wird. In den Pausen fanden<br />
anregende Gespräche und ein<br />
rege dis kutierter Erfahrungs- und Meinungsaustausch<br />
statt.<br />
Am Nachmittag begeisterte uns Oberleutnant<br />
Michel Wälchli, Berufsfeuerwehr<br />
Basel-Stadt, mit seinem Bericht<br />
über die Einsatzleitung im Frigo-Brand.<br />
Die Einsatzkräfte standen über 17 Tage<br />
während 24 Stunden im Dienst. Aus<br />
einer alltäglichen Situation war innert<br />
kurzer Zeit ein Gross einsatz geworden,<br />
in dem sich die geübten Führungsstrukturen<br />
bewährten und aus dem die<br />
Erfahrungswerte für zukünftige Grosseinsätze<br />
einfliessen werden.<br />
Viel positives Echo konnte für den Fortbildungstag<br />
gehört werden und der<br />
zum Teil sehr weite Weg hat sich für die<br />
Teilnehmer auf jeden Fall gelohnt. Der<br />
Dank für den geglückten Event des Vereins<br />
Alumni CEFOCA-SFG geht an die<br />
Gastgeber, die Referenten und die Organisatoren.<br />
79
80<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Engagement incessant pour le SSC et le SII<br />
Esther Bärtschi, suppléante du directeur du Bureau du SSC, esther.baertschi@vtg.admin.ch et Andreas Stettbacher, dr.med., Mandataire du<br />
Conseil fédéral pour le SSC, andreas.stettbacher@vtg.admin.ch, tous deux à la Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen<br />
Prendre congé de Rudolf Junker,<br />
c’est tirer un trait sous toute une<br />
ère du Service Sanitaire Coordonné<br />
(SSC). Raison suffisante – s’il en fallait<br />
une – pour rendre hommage ici<br />
à son devenir et à son travail.<br />
Le 1.1.1998, Rudolf Junker est entré<br />
en service de ce qui s’appelait autrefois<br />
le Sous-groupe sanitaire de l’État-major.<br />
Trois mois durant, il fut préparé à sa<br />
mission par son prédécesseur (Rudolf<br />
Wenger) et s’est familiarisé avec les<br />
sujets complexes du Service Sanitaire<br />
Coordonné (SSC). En sa qualité de<br />
commandant militaire d’une division<br />
d’hôpital, le SSC et la collaboration<br />
entre les milieux civils et militaires représentaient<br />
déjà des terrains connus<br />
pour lui. Durant la première phase<br />
d’introduction à sa nouvelle tâche,<br />
nouer un maximum de contacts avec<br />
les autorités, instances et organismes,<br />
cantons et interlocuteurs importants<br />
ont marqué son quotidien. En très peu<br />
de temps, Rudolf Junker s’est fait un<br />
nom, récoltant au passage le soutien<br />
de ses collaborateurs et de l’ensemble<br />
du réseau du SSC. Toujours charmant,<br />
toujours serviable, toujours motivant.<br />
Et c’est avec cette motivation, les<br />
poches pleines de nouvelles idées et<br />
d’enthousiasme, qu’il reprit le sceptre<br />
du Chef de l’ancien Secrétariat du SSC<br />
(aujourd’hui le Bureau du SSC) le 1er<br />
avril 1998. À partir de cette date, un<br />
vent nouveau allait souffler partout en<br />
Suisse et pour tous les partenaires du<br />
SSC! Une des premières mesures portant<br />
sa griffe était celle de transformer<br />
le Bulletin d’information qui, jusqu’à fin<br />
1998, paraissait en format A5, sous<br />
forme de brochure en format A4; dans<br />
le même temps, tous les moyens d’information<br />
du SSC subissaient une cure<br />
de modernisation approfondie.<br />
De son prédécesseur, Rudolf Junker<br />
avait repris le «Concept SSC 96». Misant<br />
sur des informations et des formations<br />
ciblées, ses collaborateurs et luimême<br />
sont parvenus à étendre la<br />
notion et les principes du SSC, aussi<br />
pour progressivement éliminer des<br />
têtes l’équation surannée: SSC =<br />
guerre. Rudolf Junker a préparé le SSC<br />
au monde d’aujourd’hui et l’a marqué<br />
à tout jamais de son empreinte.<br />
Durant ses 13 ans d’activité, mentionnons<br />
surtout les jalons suivants qu’il a<br />
posés:<br />
L’introduction du Système d’Information<br />
et d’Intervention (SII) sur<br />
l’ensemble du territoire helvétique<br />
La nouvelle Ordonnance sur le SSC<br />
(2005)<br />
Le Plan d’hospitalisation Suisse pour<br />
l’UEFA-EURO 2008<br />
Des programmes tels que la Conduite<br />
sanitaire lors d’événements majeurs,<br />
l’Aide psychologique d’urgence, le<br />
Programme de décontamination<br />
NBC, les réseau d’hôpitaux protégés,<br />
le Plan d’alerte suisse pour Grands<br />
Brûlés, c’est-à-dire un ensemble de<br />
situations pour lesquelles des directives<br />
uniformes émanant de la Confédération,<br />
ou une unité de doctrine<br />
homogène pour l’ensemble du pays,<br />
semblaient requises et utiles.<br />
Le Système d’Information et<br />
d’Intervention (SII)<br />
Parmi les diverses nouveautés remarquables<br />
mises en place par, et imputables<br />
à l’engagement inlassable de<br />
Fig. 1: Lors du Rapport d’information du SSC du 1.12.2010, Andreas Stettbacher, médecin et<br />
le Mandataire du Conseil fédéral pour le SSC, prend congé Rudolf Junker et lui remet une<br />
assiette en étain pour le remercier de ses précieux services.
Rudolf Junker, mentionnons la plateforme<br />
informatique axée sur la Toile,<br />
destinée à soutenir au quotidien les<br />
processus organisationnels de<br />
conduite et d’intervention, notamment<br />
lors de situations exceptionnelles. Aujourd’hui,<br />
le SII est devenu la plateforme<br />
suisse en matière de préparation<br />
et de gestion de crises et de catastrophes<br />
de tous genres, et comporte<br />
une multitude de fonctions: vue synoptique<br />
des ressources dans la Santé<br />
publique, gestion de personnes et de<br />
patients, modes de communication et<br />
d’alerte, vue d’ensemble des capacités<br />
d’admissions d’urgence dans les hôpitaux,<br />
représentation électronique au<br />
moyen du GIS, modes de collaboration,<br />
échange de documents, etc. Depuis<br />
2005, la plate-forme informatisée<br />
SII est à la disposition de tous les partenaires<br />
du SSC. Dans le cadre des<br />
exercices de conduite stratégique<br />
(ECS) de 2005, lors des différents<br />
World Economic Forums (WEF) ainsi<br />
que durant l’UEFA-EURO 2008, le SII a<br />
maintes fois servi d’outil de communication<br />
principal à tous les partenaires<br />
du SSC, tant pour l’échange que pour<br />
le transfert d’informations et de données.<br />
De plus, le système a même été<br />
récompensé par le groupe SAP qui lui<br />
décerna son prix d’efficience! Aujourd’hui,<br />
le SII est utilisé partout en<br />
Suisse, notamment par le Réseau national<br />
de sécurité et il n’est plus considéré<br />
comme un simple outil des services<br />
sanitaires. Le SII sert également<br />
à planifier les activités et les mesures<br />
pertinentes en cas de pandémie; en<br />
outre, il est régulièrement mis à jour et<br />
adapté aux nouveaux besoins («Offline<br />
Client», «Barcode Reader», «Tool-SII»,<br />
«Gestion des contacts», San Hist Manager).<br />
Toutes ces années durant,<br />
l’infatigable Rudolf Junker s’est engagé<br />
pour la mise en œuvre du SII. Promo-<br />
teur et défenseur convaincant de ce<br />
projet complexe, il a su l’imposer et le<br />
faire adopter avec succès. D’ailleurs,<br />
au sein de l’univers SSC, il fut à ce<br />
point identifié au SII que sous peu, le<br />
sobriquet «Monsieur SII» ne manqua<br />
pas de lui être attribué.<br />
Nouvelle Ordonnance sur le SSC<br />
(2005)<br />
Entrée en vigueur le 1.6.2005 et remplaçant<br />
l’Ordonnance précédente datant<br />
de près de 30 ans, la Nouvelle<br />
Ordonnance sur le SSC (OSSC) peut<br />
incontestablement être qualifiée de jalon<br />
majeur. L’OSSC a également permis<br />
d’intégrer en son sein le groupe de<br />
coordination des services sanitaires<br />
(OSANC). Grâce à la structure de sa<br />
cellule principale, l’OSANC peut être<br />
mobilisé et activé rapidement. C’est<br />
d’ailleurs lors de l’UEFA-EURO 2008<br />
qu’il est entré en fonction pour la première<br />
fois et plus longuement, où il a<br />
pleinement fait ses preuves. Cela dit, il<br />
sera nécessaire de «revoir la copie»<br />
pour de futures missions.<br />
Le Concept d’hospitalisation<br />
Suisse lors de l’UEFA-EURO 2008<br />
Rudolf Junker n’était pas peu fier<br />
d’avoir pu intégrer le SSC à l’État-major<br />
de coordination nationale Suisse<br />
(NAKOS.CH) dans le cadre du projet<br />
partiel «Sécurité» de l’UEFA-EURO<br />
2008. C’est ainsi, en collaboration et<br />
en coordination étroites avec tous les<br />
cantons concernés – notamment avec<br />
les responsables des services sanitaires<br />
des Villes hôtes – que prit forme<br />
le «Concept d’hospitalisation Suisse<br />
pour l’UEFA-EURO 2008» en amont de<br />
la Coupe. Ce projet s’est avéré utile<br />
non pas uniquement pour les hôpitaux<br />
directement impliqués durant l’EURO<br />
2008; le travail de coordination générale<br />
entre les Villes hôtes et les respon-<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
sables de ces mesures pour l’ensemble<br />
du pays a clairement répondu à des<br />
besoins spécifiques et indispensables.<br />
Un support généralisé pour tous<br />
les projets<br />
Le savoir-faire et les leçons tirées de<br />
l’attentat terroriste «C» de 1995 perpétré<br />
dans le métro de Tokyo, suivi de peu<br />
par les événements «Anthrax» et<br />
«SRAS», ont mis en lumière que la<br />
Suisse comptait une foule de défaillances<br />
et de lacunes, notamment en<br />
matière de décontamination de patients<br />
touchés. En 2004, le Mandataire<br />
du Conseil fédéral pour le SSC chargeait<br />
le Bureau du SSC d’instaurer un<br />
groupe de travail dont la mission<br />
consistait à élaborer, aussi rapidement<br />
que possible, un programme suisse<br />
uniforme moderne et efficace (Décontamination<br />
NBC) destiné à gérer les<br />
différents processus des responsables<br />
et des forces d’intervention civils et<br />
militaires. Pour Rudolf Junker, ce type<br />
de projet ne pouvait fonctionner que s’il<br />
bénéficiait d’un aval généralisé de la<br />
part de tous les milieux impliqués. Dès<br />
lors, avant même que le projet ne soit<br />
complètement ficelé, Rudolf Junker<br />
saisit l’occasion fournie lors d’une<br />
conférence donnée à Ahrweiler, en<br />
automne 2005, pour présenter à un<br />
parterre de spécialistes allemands les<br />
teneurs, certes encore provisoires, du<br />
Concept, aussi dans le but de vérifier<br />
si les formules helvétique et allemande<br />
étaient compatibles... Dans le même<br />
temps, il put nouer des contacts importants<br />
avec des experts, des spécialistes<br />
et autres responsables du pays<br />
voisin. En automne 2006, donc après<br />
Le Mondial FIFA en Allemagne, il a organisé<br />
une réunion d’échange de deux<br />
jours à Berlin pour une grande délégation<br />
suisse, avec des experts allemands<br />
et autrichiens. Suffisamment tôt<br />
81
82<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
avant le coup d’envoi de l’UEFA-EURO<br />
2008, un catalogue de mesures et de<br />
recommandations en matière de décontamination<br />
NBC, destiné aux hôpitaux<br />
de soins aigus et de décontamination,<br />
sortait de presse. Outrepassant<br />
les méandres bureaucratiques usuels,<br />
Rudolf Junker s’engagea pour que les<br />
hôpitaux de décontamination des sites<br />
organisateurs de matches de l’EURO<br />
2008 soient tous dotés du même matériel<br />
et que le personnel soignant de<br />
ces établissements soit formé en<br />
conséquence, à Spiez, par des spécialistes<br />
en décontamination du Centre de<br />
compétence NBC de l’État-major de<br />
l’armée. En parallèle, les premiers modules<br />
du cours de formation à distance<br />
«Gestion de sinistres NBC» avaient été<br />
élaborés à vitesse grand V et mis en<br />
ligne sur la plate-forme du Learning-<br />
Management-System (LMS) du DDPS.<br />
L’objectif visé par Rudolf Junker: soutenir<br />
et promouvoir de façon durable,<br />
grâce à ces programmes, l’acquisition<br />
de matériel et l’élaboration de modules<br />
de formation par les partenaires civils,<br />
non pas aux seules fins de l’UEFA-<br />
EURO 2008. Par cette façon de procéder,<br />
il concrétisait une mesure importante<br />
du programme national de<br />
protection NBC.<br />
Et c’est dans cet esprit, avec le même<br />
élan et les mêmes compétences, que<br />
Rudolf Junker s’est attaqué à tous les<br />
autres projets et concepts mentionnés.<br />
«IES, we can!»<br />
Par la suite, Rudolf Junker a accepté<br />
une multitude d’invitations pour tenir<br />
des conférences, participer à des<br />
tables rondes et autres colloques, organiser<br />
des réunions d’échange d’expériences<br />
ainsi que des exercices pratiques<br />
(en Suisse d’abord, mais aussi<br />
toujours plus fréquemment à l’étran-<br />
ger), bien que toutes ces sollicitations<br />
représentaient du travail supplémentaire<br />
et qu’un grand nombre de ses<br />
présentations étaient rédigées tard<br />
dans la nuit. Chacune des manifestations<br />
auxquelles il participait était enrichissante,<br />
constituant également pour<br />
lui l’occasion de rencontrer de nouveaux<br />
spécialistes, d’échanger du savoir-faire<br />
et d’en tirer profit, le moment<br />
venu. De plus en plus souvent, sa présence<br />
fut requise lors de projets externes<br />
– s’il n’en assumait pas directement<br />
la direction. Plus d’une fois,<br />
d’aucuns pensaient qu’il finirait par se<br />
noyer dans cet océan d’activités et de<br />
responsabilités. Que nenni: Rudolf Junker<br />
sut toujours surmonter les difficultés<br />
et maintenir l’équilibre.<br />
Au service de trois mandataires<br />
du SSC<br />
Durant son mandat, Rudolf Junker a été<br />
au service de trois médecins en chef de<br />
l’armée et Mandataires du Conseil fédéral<br />
pour le SSC, à savoir Messieurs<br />
Peter Eichenberger, Gianpiero A. Lupi et<br />
Andreas Stettbacher.<br />
Pendant cette même période, il avait<br />
dû faire avec un grand nombre de nouvelles<br />
subordinations dans les services<br />
sanitaires et, par conséquent, aussi au<br />
Bureau du SSC: du sous-groupe Services<br />
sanitaires jusqu’à l’état-major de<br />
conduite de l’armée, de la base logistique<br />
de l’armée jusque dans l’état-major<br />
du chef de l’armée. Aujourd’hui,<br />
c’est-à-dire depuis près de deux ans,<br />
les Services sanitaires ont réintégré la<br />
base logistique de l’armée. En 2009, le<br />
Bureau du SSC a fait l’objet d’une révision<br />
par inspectorat du DDPS afin<br />
d’évaluer son appartenance et, si nécessaire,<br />
déclencher de nouvelles<br />
mesures. Et une fois encore, Rudolf<br />
Junker s’est chargé de mener cette<br />
barque à bon port, préparant le Bureau<br />
du SSC à relever tous les nouveaux<br />
défis sur son chemin.<br />
Son credo: l’estime et la<br />
transparence<br />
Si aujourd’hui, après 13 années «mouvementées»,<br />
Rudolf Junker a décidé de<br />
se mettre à son compte pour, entre<br />
autres choses, analyser des points de<br />
vue éthiques dans le quotidien de diverses<br />
entreprises, il peut, non sans<br />
fierté, se targuer d’avoir mené à terme<br />
une foule de projets futuristes et durables<br />
du SSC. En sa qualité de battant<br />
infatigable, il a rendu possible ce qui<br />
semblait impossible au départ!<br />
De pair avec notre profonde gratitude<br />
pour ses longues années de dévouement<br />
et d’engagement, nous voeux<br />
sincères de réussite, de bonheur et,<br />
surtout, de santé l’accompagnent pour<br />
la suite de son chemin! Que les siens<br />
et les nôtres se croisent encore moult<br />
fois.<br />
Traduction: Yve Delaquis<br />
Fig. 2: C’est manifeste: Rudolf Junker se<br />
réjouit d’entamer ses nouvelles fonctions.
INFO<br />
1 / 11<br />
Le nouveau directeur du Bureau du SSC se présente<br />
Stefan Trachsel, directeur du Bureau du SSC, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, stefan.trachsel@vtg.admin.ch<br />
Après que Rudolf Junker ait occupé ce<br />
poste 13 années durant, j’ai eu le plaisir<br />
de lui succéder pour reprendre la direction<br />
du Bureau du SSC le 1er février<br />
2011. Cette fonction, je ne l’ai pas endossée<br />
«du jour au lendemain» puisque<br />
j’avais déjà œuvré au sein du Bureau il<br />
y a quelques années. De plus, en ma<br />
qualité d’ancien chef d’état-major du<br />
médecin en chef de l’armée, j’ai pu me<br />
familiariser progressivement avec la<br />
tâche que l’on m’a confiée. Un nouveau<br />
chapitre intéressant s’est ouvert pour<br />
moi le 1er février 2011 et je me réjouis<br />
de collaborer de façon constructive et<br />
animée avec les effectifs du Bureau du<br />
SSC, le Mandataire du Conseil fédéral<br />
pour le SSC et, bien sûr, avec vous<br />
toutes et tous, les acteurs du réseau du<br />
SSC. Mais: permettez-moi de me présenter<br />
un peu plus à vous, tout d’abord.<br />
Lorsque j’aurai terminé ma formation<br />
continue en accompagnement professionnel<br />
menant à un Executive MBA,<br />
j’espère être parfaitement «armé» pour<br />
diriger les activités complexes et diverses<br />
du SSC. Son Bureau est devenu l’équivalent<br />
d’une entreprise de prestations de<br />
services et demain comme hier, nous ferons<br />
notre possible pour que le «système<br />
SSC» fonctionne à la satisfaction de tous.<br />
Compte tenu de ressources financières<br />
toujours plus maigres, mais, dans le<br />
même temps, d’attentes et de besoins<br />
toujours plus pointus, il importera de toujours<br />
prendre les bonnes mesures et actions.<br />
En notre fonction d’unité administrative<br />
orientée sur les clients et les<br />
processus, nous voulons nous concentrer<br />
encore davantage sur nos principaux<br />
groupes cibles et leurs exigences afin de<br />
nous «investir» de façon plus stratégique,<br />
ces prochaines années, dans les rapports<br />
que nous entretenons avec nos clients.<br />
Par là, je souhaite également poursuivre<br />
la voie qu’a ouverte et tracée mon prédé-<br />
cesseur. Ce qui m’importe<br />
surtout est de préserver les<br />
résultats et autres précieux<br />
acquis du passé afin de les<br />
faire évoluer en les adaptant<br />
régulièrement à de nouvelles<br />
donnes. Pour commencer,<br />
nous mettrons l’accent sur la<br />
disponibilité d’intervention des<br />
forces et effectifs concernés.<br />
Partant des leçons apprises<br />
de la pandémie H1N1, nous<br />
devrons en tirer les conclusions<br />
qui s’imposent et prépa-<br />
rer encore mieux que dans le passé<br />
«notre» Organe sanitaire de coordination<br />
(OSANC) à ses futures missions («fit for<br />
mission»). Pour ce faire, le Bureau du SSC<br />
épaulera activement l’OSANC en sa qualité<br />
d’unité homogène d’accès et de<br />
contact destinée à coordonner et à piloter<br />
des événements sanitaires placés sous la<br />
conduite de la Confédération. De plus,<br />
nous envisageons d’activer sous peu sur<br />
l’ensemble du territoire suisse notre «petit<br />
joyau», c’est-à-dire le Système d’Information<br />
et d’Intervention (SII), le tester lors<br />
d’interventions réelles et le valider partout<br />
où nécessaire.<br />
Nous ne pourrons mener à bien notre mandat<br />
de Centre de compétences de la<br />
Confédération, chargé de coordonner le<br />
travail des partenaires sanitaires dans le<br />
monde de la Santé publique pour assurer<br />
un encadrement aussi optimal que possible<br />
de tous les patients dans toute situation<br />
que si nous connaissons et savons<br />
évaluer correctement les attentes et les<br />
besoins de tous les destinataires de nos<br />
prestations de service. De cette façon seulement,<br />
nous serons certains de faire ce qui<br />
est réellement attendu de nous et de susciter<br />
les réactions appropriées. L’objet et la<br />
raison d’être de nos activités doivent impérativement<br />
concorder avec les principes et<br />
les attentes de nos principaux interlocu-<br />
Stefan Trachsel, nouveau<br />
directeur du Bureau du<br />
SSC<br />
teurs. Cela signifie par ailleurs<br />
que mes collaborateurs et moimême<br />
saisirons chaque occasion<br />
pour suivre de près et activement<br />
les bénéficiaires de nos<br />
services. Fera également partie<br />
de nos tâches, le devoir de<br />
continuer à sensibiliser les acteurs<br />
politiques de la Confédération<br />
et des cantons à notre<br />
travail et d’assister les organes<br />
étatiques, non étatiques et<br />
économiques en leur proposant<br />
des produits, des services<br />
et des instruments appropriés «pour le jour<br />
où….».<br />
Ce n’est que si nous œuvrons de concert<br />
que le grand public saura reconnaître et<br />
apprécier le rôle de notre mission de coordinateur<br />
de même que les atouts que le<br />
«Système SSC» comporte. En d’autres<br />
termes, ce ne sera qu’avec votre appui et<br />
soutien que nous parviendrons à garantir<br />
durablement le succès du Bureau et des<br />
activités du SSC. Et par succès, j’entends<br />
la capacité d’assurer partout et en tout<br />
temps un encadrement aussi optimal que<br />
possible de patients, toutes situations<br />
confondues. C’est dans cet esprit que je<br />
voudrais, aujourd’hui déjà, vous remercier<br />
toutes et tous de votre engagement et<br />
votre appui en faveur de cette, de notre<br />
cause commune. De conserve avec mes<br />
collègues du Bureau du SSC, je ferai mon<br />
possible pour toujours fournir des prestations<br />
de service de qualité et de haut niveau.<br />
Je ne peux, dès lors, que remercier<br />
mon prédécesseur de m’avoir laissé une<br />
équipe rodée et très performante. À notre<br />
future collaboration: qu’elle soit fructueuse<br />
et, je l’espère, souvent couronnée de succès!<br />
Stefan Trachsel<br />
Directeur du Bureau du SSC<br />
Traduction: Yve Delaquis<br />
83
84<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Préparatifs et mesures en matière de santé publique de<br />
lutte contre la variole après des attaques bioterroristes<br />
Andrea Bühlmann, dipl.sc. nat env ETH, MSC Public Health, Office fédéral de la Santé Publique, santé publique, Division Maladies transmissibles,<br />
Schwarztorstrasse 96, 3007 Berne, epi@bag.admin.ch<br />
Mots-clés: attentats bioterroristes, variole,<br />
maladies transmissibles<br />
L’éradication de la variole remonte à<br />
une trentaine d’années. Il s’agissait<br />
alors d’une histoire épidémiologique<br />
à succès inédite, à savoir la campagne<br />
de vaccination de l’Organisation<br />
mondiale de la santé (OMS)<br />
dans les années 70. À ce jour, la variole<br />
est l’unique maladie infectieuse<br />
ayant pu être éradiquée. Or, malgré<br />
ce résultat notoire, la variole est aujourd’hui<br />
encore un des agents biologiques<br />
les plus puissants susceptibles<br />
d’être transmis à la population<br />
par des événements bioterroristes.<br />
Bien que nous n’ayons plus connu<br />
d’attaques terroristes comprenant<br />
des agents biologiques depuis plusieurs<br />
années, il est essentiel de se<br />
préparer à une telle éventualité et<br />
d’optimiser les acquis. En Suisse,<br />
les programmes de gestion de<br />
crises, notamment en cas de pandémie,<br />
ont fait d’énormes progrès.<br />
Cette situation s’avère idéale pour<br />
bénéficier des expériences et des<br />
synergies en matière de préparation<br />
à la lutte contre une éventuelle<br />
transmission bioterroriste du virus<br />
de la variole.<br />
Après avoir surmonté la grippe pandémique<br />
(H1N1) 2009, la Confédération et<br />
les cantons se sont penchés sur les<br />
possibilités d’identification et d’amélioration<br />
des points faibles dans la préparation<br />
de crises. Les acteurs de ce<br />
«catalogue de préparatifs» pourront<br />
puiser dans les acquis issus de la gestion<br />
de la pandémie et adapter les jalons<br />
existants aux mesures de préparations<br />
à un événement de bioterrorisme.<br />
Pour compléter la stratégie de protection<br />
ABC mise en place par la Suisse<br />
[1], dans laquelle la variole est mention-<br />
née comme l’un des scénarios de référence,<br />
l’Office fédéral de la Santé<br />
(OFSP) a fait rédiger un rapport d’experts<br />
sur l’éventualité d’une propagation<br />
nouvelle de la variole [2] pour le<br />
domaine dit «Public Health». Ce rapport<br />
doit permettre aux cantons de se<br />
préparer au scénario «variole» dans le<br />
cadre d’un programme de protection<br />
ABC.<br />
Ce document de base sur la variole se<br />
fonde sur la structure du Plan suisse de<br />
pandémie Influenza de 2006 [3], revu<br />
ces dernières années et adapté, dans<br />
sa plus récente version 2009 [4] aux<br />
leçons tirées de la grippe pandémique<br />
(H1N1) 2009. Ce travail de réadaptation<br />
avait pour but d’offrir plus de souplesse<br />
aux instruments de planification<br />
du plan de pandémie, en démarquant<br />
les stratégies et les mesures du suivi<br />
par endroits trop rigide des phases globales<br />
édictées par l’OMS.<br />
Préparer et définir les mesures permettant<br />
de gérer un attentat au virus de la<br />
variole part d’une analyse des propriétés<br />
du virus et du mode de propagation<br />
de cette maladie. Les options d’intervention<br />
sont déclinées selon divers niveaux<br />
d’alerte, définis en fonction de la<br />
menace effective ainsi que de l’étendue<br />
possible de l’épidémie.<br />
Outre les connaissances actuelles en<br />
microbiologie, médecine et épidémiologie,<br />
chacune des phases d’alerte,<br />
chacun des scénarios envisageables<br />
de même que les préparatifs et mesures<br />
de lutte élaborés en vue d’une<br />
épidémie de variole sont définis de<br />
manière précise. Au vu des conditions<br />
légales en vigueur, diverses stratégies<br />
sont conçues, qui sont à prendre en<br />
compte le moment venu. Maîtriser un<br />
attentat terroriste biologique à la variole<br />
représentera un défi majeur non seulement<br />
pour l’ensemble des organismes<br />
de la santé, mais pour tous les domaines<br />
de la vie publique. Diverses<br />
crises surmontées dans le passé<br />
(comme le SRAS) ont mis en évidence<br />
que les personnes travaillant au front<br />
(hôpitaux, aéroports, frontières) devaient<br />
être protégées de façon prioritaire.<br />
Pour assurer l’immunisation de<br />
ces groupes de la population, l’acquisition<br />
de nouveaux lots de vaccins a fait<br />
l’objet de débats au sein du Département<br />
fédéral de la Défense, de la Protection<br />
de la population et du Sport<br />
(DDPS).<br />
Le présent article décrit l’état actuel<br />
des possibilités de vaccination contre<br />
la variole en Suisse, et s’adresse à tous<br />
les acteurs impliqués dans les préparatifs<br />
à une telle crise. Le document de<br />
base exhaustif a été mis à la disposition<br />
des cantons, mais ne le sera pas du<br />
grand public, pour des raisons de sécurité.<br />
Évaluation des risques<br />
La variole est l’une des maladies les plus<br />
terrifiantes qui soit, côtoyant l’être humain<br />
depuis des millénaires. Il y a 3’000<br />
ans déjà, des épidémies de variole ont<br />
frappé l’Inde, l’Égypte, et la Chine. Au<br />
VIe siècle après Jésus-Christ, elle débarquait<br />
en Europe depuis l’Asie, pour<br />
se propager aux quatre coins du monde,<br />
par le biais de la colonisation.<br />
En 1967, l’OMS lançait un vaste programme<br />
de vaccination mondial en vue<br />
d’éradiquer la variole. Des années durant,<br />
les efforts de l’OMS se sont traduits<br />
par un recul massif de cette terrible<br />
maladie jusqu’à ce que, en 1977,<br />
le dernier cas naturel était signalé en<br />
Somalie. Restée sans suite, la maladie<br />
fut déclarée le 8 mai 1980 par l’OMS
comme étant éradiquée sur toute la<br />
planète. Près de 30 ans après sa disparition<br />
et la cessation internationale<br />
des campagnes de vaccination, une<br />
libération intentionnelle du virus de la<br />
variole constituerait une menace grave<br />
pour la santé publique; de plus, même<br />
en Suisse, elle déclencherait une crise<br />
dans tout le système de santé publique,<br />
voire une situation d’urgence<br />
dans de nombreux secteurs de la société.<br />
Vu le haut degré d’infectiosité et<br />
la gravité de la pathologie, le virus de la<br />
variole peut effectivement être utilisé<br />
comme arme biologique, raison pour<br />
laquelle l’OMS le considère comme l’un<br />
des agents de menace terroriste les<br />
plus puissants de nos jours.<br />
Pour l’heure, des cultures de ce virus<br />
n’existent officiellement que dans deux<br />
laboratoires de haute sécurité dont un<br />
se trouve aux États-Unis (Centers for<br />
Disease Control and Prevention – CDC)<br />
et l’autre en Russie (State Center of<br />
Virology and Biotechnology [VECTOR],<br />
Koltsovo).<br />
Dès lors, sa réintroduction dans la population<br />
pourrait provenir soit d’une libération<br />
inattendue du virus de l’un de<br />
ces deux laboratoires de haute sécurité<br />
abritant officiellement le virus de la<br />
variole, ou d’un laboratoire qui dispose<br />
de souches «oubliées», soit dans le but<br />
d’un attentat bioterroriste à la variole,<br />
de l’utilisation du virus comme arme<br />
biologique soit d’une adaptation à l’être<br />
humain d’un orthopoxvirus d’origine<br />
animale. Compte tenu du développement<br />
rapide de la biologie moléculaire,<br />
il ne faut pas exclure la possibilité de<br />
produire, en laboratoire, des virus comparables<br />
à celui de la variole au moyen<br />
de technologies génétiques, bien que<br />
les expérimentations avec le virus Variola<br />
génétiquement modifié ainsi que<br />
l’utilisation de matériel non contagieux<br />
comportant des séquences génétiques<br />
de Variola soient soumises à des restrictions<br />
strictes de la part de l’OMS<br />
(WHO policies: http://www.who.int/<br />
csr/disease/smallpox/research/en/).<br />
Stratégie de lutte contre la variole<br />
La stratégie mise en place pour lutter<br />
contre une épidémie de variole a pour<br />
but de localiser aussi rapidement que<br />
possible le virus, de freiner sa propagation<br />
puis de l’éliminer pour circonscrire<br />
son impact dans la population et, dès<br />
lors, de limiter autant que possible les<br />
conséquences d’une telle menace.<br />
Pour assurer une mise en œuvre rapide<br />
des mesures, il est essentiel de sensibiliser<br />
le corps médical et de prévoir<br />
d’autres mesures permettant de détecter<br />
la situation rapidement et correctement.<br />
Se fondant sur le modèle des phases<br />
de réaction de l’OMS, la Suisse a opté<br />
pour une structure à cinq échelons en<br />
cas d’épidémie de variole:<br />
Phase 0: risque théorique d’une<br />
menace (situation actuelle)<br />
Phase 1: risque accru de menace<br />
Phase 2: cas avéré et confirmé hors<br />
des frontières suisses<br />
Phase 3: cas avéré et confirmé en<br />
Suisse<br />
Phase 4: foyers d’infection multiples<br />
en Suisse<br />
Les divers modes d’intervention comprennent<br />
des analyses épidémiologiques<br />
ainsi qu’une série de mesures<br />
dites de «Public Health», comme l’isolement<br />
de patients atteints et la gestion<br />
des contacts, pour éviter toute propagation<br />
de la maladie. En règle générale,<br />
lutter contre une épidémie de variole<br />
implique une intervention rapide et<br />
l’isolement de cas identifiés, c’est-à-<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
dire une compliance quant à la mise en<br />
quarantaine des cas suspects pour<br />
circonscrire la transmission du virus.<br />
D’autres recommandations concernent<br />
la stratégie de la campagne de vaccination,<br />
à adapter à la situation réelle en<br />
fonction de la phase d’alerte et de<br />
l’étendue de l’épidémie. Le vaccin<br />
contre la variole implique hélas une<br />
série de complications, raison pour<br />
laquelle une vaccination ne sera prise<br />
en considération qu’à partir du moment<br />
où une menace réelle est avérée.<br />
Comme le suggère l’OMS, activer une<br />
stratégie nationale de vaccination<br />
contre la variole se fera de manière<br />
échelonnée et ciblée sur des groupes<br />
à risque, en fonction de la dangerosité<br />
de la menace. Des vaccinations individuelles<br />
sont prévues pour l’ensemble<br />
des chaînes de transmission, complétées<br />
par l’immunisation des équipes<br />
d’intervention et de certaines catégories<br />
professionnelles (comme les professions<br />
médicales) susceptibles<br />
d’avoir des contacts avec des personnes<br />
atteintes. Si cette stratégie ne<br />
devait pas suffire ou aboutir, une campagne<br />
de vaccination plus étendue<br />
serait envisagée. Dans un tel cas de<br />
figure, la planification et l’organisation<br />
d’une telle campagne à grande échelle<br />
devraient s’inspirer des expériences<br />
faites dans le cadre de la préparation à<br />
d’autres types de pandémie.<br />
L’OFSP soutient les cantons dans la<br />
mise en œuvre des recommandations<br />
et dans la coordination des mesures à<br />
partir de l’instant où plusieurs cantons<br />
seraient concernés. Par ailleurs, l’OFSP<br />
se charge des activités de communication<br />
et de coordination avec d’éventuels<br />
partenaires étrangers, comme<br />
prévu dans le cadre du Règlement<br />
sanitaire international (RSI 2005).<br />
85
86<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
Bases juridiques<br />
La révision totale du RSI 2005 [5], entré<br />
en vigueur le 15 juin 2007, a permis de<br />
jeter les bases juridiques d’une collaboration<br />
internationale coordonnée. Le<br />
RSI 2005 est un instrument très performant<br />
pour prévenir, surveiller et lutter<br />
contre la propagation internationale de<br />
menaces sanitaires aiguës; de plus, ce<br />
règlement est reconnu comme l’instrument<br />
de droit international, central et<br />
contraignant en présence de maladies<br />
contagieuses. Conformément au RSI<br />
2005, l’OMS devrait être informée immédiatement<br />
si la variole réapparaissait<br />
quelque part. Sans doute aussi, ce<br />
type d’événement serait classé comme<br />
urgence sanitaire de portée internationale.<br />
À l’échelle nationale, les bases légales<br />
et les conditions générales sont définies<br />
dans la Loi sur les épidémies (RS<br />
818.101) de 1970; suite à la révision<br />
totale prochaine, elles seront adaptées<br />
aux exigences actuelles. D’autres bases<br />
légales figurent dans la Loi fédérale sur<br />
les produits thérapeutiques (RS 812.21),<br />
l’Ordonnance sur la déclaration (RS<br />
818.141.1), l’Ordonnance sur le Service<br />
sanitaire coordonné (RS 501.31) et<br />
l’Ordonnance sur l’aide militaire en cas<br />
de catastrophe en Suisse (RS 510.31).<br />
Mentionnons enfin l’Ordonnance sur<br />
l’organisation des interventions en cas<br />
d’événement ABC et d’événement naturel<br />
(Ordonnance sur les interventions<br />
ABCN), entrée en vigueur le 01.01.2011.<br />
Processus de conduite<br />
À ce jour, les structures et les processus<br />
de la Confédération ne sont pas<br />
spécialement axés sur les cas de bioterrorisme.<br />
Sous la direction de l’Office<br />
fédéral de la Protection de la population<br />
(OFPP), la nouvelle Ordonnance<br />
d’intervention a été élaborée. Celle-ci<br />
prévoit, entre autres choses, la création<br />
d’un État-major fédéral de la préparation<br />
à, et de la gestion d’événements<br />
majeurs.<br />
Jusqu’à ce que cet État-major fédéral<br />
soit opérationnel, une cellule de crise<br />
«Variole» a vu le jour, conformément à<br />
l’article 10 de la Loi sur les épidémies, et<br />
à l’instar de la cellule de crise «Pandémie»,<br />
afin d’assurer la gestion médicale<br />
d’une épidémie de variole. Par ailleurs, si<br />
une épidémie de la variole était détectée,<br />
d’autres entités et organismes entreraient<br />
en fonction, selon leur domaine de<br />
compétences et de responsabilités.<br />
Vaccination contre la variole<br />
Rappelons-nous les attentats à l’anthrax<br />
aux États-Unis, fin 2001. Le recours<br />
à des agents de guerre biologiques<br />
n’a pas été perçu comme un<br />
sujet purement militaire dès lors qu’une<br />
utilisation terroriste de telles substances<br />
était également devenue une menace<br />
pour la population civile. Compte tenu<br />
de ce type de situation potentielle à<br />
risque, la Suisse a acquis trois millions<br />
de doses de vaccin contre la variole en<br />
2002 pour prévenir tout cas de libération<br />
intentionnelle du virus de la variole<br />
et, dès lors, d’une nouvelle propagation<br />
de la maladie. En 2001, l’Institut de<br />
médecine sociale et préventive de Zurich<br />
(IMSP) a évalué la qualité de ce vaccin<br />
(Lancy Vaxina Berna) dans le cadre<br />
de diverses études cliniques pour tester<br />
ses capacités immunitaires et sa tolérabilité<br />
par l’organisme.<br />
En l’occurrence, il s’agissait d’un vaccin<br />
qui avait déjà été utilisé à la fin des années<br />
60 et au début des années 70 par<br />
l’OMS, durant sa campagne d’éradication<br />
de la variole. Le produit donnait lieu<br />
à une série d’effets secondaires indésirables<br />
majeurs: eczéma vaccinatum,<br />
vaccinai generalista, encéphalite postvaccinale,<br />
myocardite postvaccinale.<br />
Ainsi, selon des données historiques, il<br />
faut compter avec près de 1’000 cas<br />
d’effets secondaires indésirables, voire<br />
d’un à deux décès, sur un million de<br />
personnes vaccinées. De plus, si des<br />
personnes présentant des contre-indications<br />
connues avaient été vaccinées,<br />
il aurait fallu s’attendre à un nombre<br />
encore plus élevé d’effets indésirables.<br />
En amont de la guerre en Irak, une forte<br />
pression concernant une vaccination<br />
prophylactique de la population s’était<br />
fait sentir. Peu après, l’OFSP avait élaboré<br />
une stratégie de vaccination<br />
contre la variole et informé les milieux<br />
concernés sur la situation en Suisse<br />
dans son bulletin 12/03 [6]. Cette stratégie<br />
misait sur la création d’une série<br />
de centres de vaccination répartie sur<br />
l’ensemble du territoire helvétique,<br />
avec du personnel vacciné et formé à<br />
la tâche. La campagne de vaccination<br />
et la formation idoine devaient se dérouler<br />
dans le cadre d’une étude clinique<br />
– approuvée par la commission<br />
d’éthique cantonale – de l’ISPM à Zurich,<br />
menée auprès de 150 à 200 personnes<br />
recrutées parmi le personnel<br />
médical. Une enquête lancée auprès<br />
des infectiologues travaillant en Suisse<br />
a fait apparaître, qu’aux yeux des sondés,<br />
une campagne de vaccination<br />
prophylactique n’avait de sens qu’en<br />
cas de menaces avérées. Une évaluation<br />
des avantages et des inconvénients,<br />
c’est-à-dire entre la meilleure<br />
protection possible pour la population,<br />
d’une part et, de l’autre, les nombreux<br />
effets secondaires indésirables, inhérents<br />
à la vaccination contre la variole,<br />
avait finalement poussé l’OFSP à renoncer<br />
à l’étude clinique de même qu’à<br />
la mise en place systématique de<br />
centres de vaccination en Suisse.
En 2006, une nouvelle étude d’estimation<br />
de la prévalence, dans la population<br />
suisse, des principales contre-indications<br />
d’une campagne de vaccination<br />
contre la variole, également effectuée<br />
par l’ISPM à Zurich, a servi de document<br />
de base en vue d’émettre de nouvelles<br />
recommandations de vaccination.<br />
L’étude a démontré qu’environ 45 % de<br />
la population helvétique présentaient<br />
des contre-indications comme des<br />
maladies dermatologiques, des facteurs<br />
immunosuppresseurs et autres pathologies<br />
cardio-vasculaires.<br />
Pour l’heure, l’élaboration et la mise à<br />
disposition d’une nouvelle génération<br />
de vaccins sont des options suivies de<br />
près, tout comme l’adaptation de la<br />
stratégie d’approvisionnement des<br />
vaccins contre la variole.<br />
Diagnostic des laboratoires<br />
Le laboratoire central de virologie des<br />
hôpitaux universitaires de Genève<br />
(HUG) dispose des installations de sécurité<br />
requises (niveau de biosécurité<br />
4D) et est en mesure de fournir en laboratoire<br />
les preuves d’une prévalence de<br />
la variole. Il remplit les conditions nécessaires<br />
pour établir un diagnostic<br />
primaire au moyen de méthodes moléculaires<br />
et immunologiques pour des<br />
organismes du groupe 4. Dans le courant<br />
de l’année 2011, le laboratoire de<br />
sécurité et ses installations de niveau 4<br />
en matière de biosécurité devraient<br />
entrer en fonction au Laboratoire de<br />
Spiez. Ce dernier serait alors en mesure<br />
d’établir le diagnostic de référence<br />
pour les virus de la plus haute classe<br />
de dangerosité, celle dont fait partie la<br />
variole. Aujourd’hui, le Laboratoire de<br />
Spiez travaille déjà avec les méthodes<br />
et les autorisations requises pour établir<br />
des diagnostics différentiels des<br />
orthopoxvirus (orthopox jusqu’au<br />
groupe de risque 3), d’échantillons cliniques<br />
et d’échantillons provenant de<br />
l’environnement.<br />
Processus de déclaration<br />
La Suisse dispose d’un système de<br />
déclaration pour les maladies transmissibles.<br />
Conformément à l’article 27 de<br />
la Loi sur les épidémies, les hôpitaux,<br />
les médecins et les laboratoires sont<br />
tenus de signaler, dans les deux heures<br />
suivant la détection, tout cas suspect<br />
de variole au médecin cantonal, qui en<br />
informe l’OFSP. En signalant tout cas<br />
suspect de variole, le médecin cantonal<br />
peut immédiatement prendre les mesures<br />
individuelles et collectives qui<br />
s’imposent tout en cherchant à découvrir<br />
l’origine de la contamination. Selon<br />
le RSI 2005, tous les cas de variole<br />
doivent être signalés à l’OMS qui, de<br />
son côté, transmet ces informations<br />
aux autres États membres.<br />
Gestion des contacts<br />
La gestion des contacts est mise en<br />
place et activée par le médecin cantonal<br />
aussitôt qu’un laboratoire a confirmé<br />
l’existence d’un cas de variole.<br />
Toute personne qui pourrait avoir été<br />
exposée à une contamination potentielle<br />
doit être retrouvée (contact tracing)<br />
dans les trois jours suivants l’exposition<br />
afin de se faire vacciner et, être placée<br />
en quarantaine pour une période de 17<br />
jours. En règle générale, il s’agit de<br />
proches, voire de collègues de travail du<br />
patient effectivement atteint de variole,<br />
dont les noms et adresses sont connus.<br />
Le Service du médecin cantonal doit<br />
établir les listes des contacts. Lorsque<br />
des passagers d’un avion sont entrés<br />
en contact avec un cas de variole, il est<br />
possible d’en retrouver la trace grâce<br />
aux listes de passagers de la compagnie<br />
d’aviation concernée. D’autres<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
personnes potentiellement contaminées,<br />
comme les passagers présents à<br />
l’aéroport pendant cette période, ne<br />
peuvent être retrouvées, voire jointes,<br />
que par le biais des médias. Les recommandations<br />
et règles de comportement<br />
à suivre sont élaborées de concert par<br />
la Confédération et les cantons concernés.<br />
Système de santé<br />
Les cas suspects ainsi que les cas<br />
confirmés de variole ne peuvent être<br />
traités que dans les hôpitaux spécialement<br />
équipés à cet effet. Ainsi, il importe<br />
de désigner en amont les établissements<br />
hospitaliers capables d’admettre<br />
de tels patients. Reste à définir, dès lors,<br />
quels hôpitaux et combien de chambres<br />
d’isolement pour ce type de patients<br />
sont estimés adéquats en temps de<br />
crise. Chaque établissement médical<br />
disposant d’une division des urgences<br />
doit prévoir la possibilité d’admettre des<br />
patients potentiellement atteints de variole<br />
ainsi que tout autre malade; de<br />
plus, outre une mise à disposition obligatoire<br />
de chambres d’isolement, sensibiliser,<br />
former et, si nécessaire, vacciner<br />
le personnel soignant travaillant<br />
dans ces divisions doivent également<br />
être garantis.<br />
Si une épidémie de variole était avérée,<br />
le personnel des cabinets médicaux et<br />
des hôpitaux serait exposé à un risque<br />
majeur de contamination, raison pour<br />
laquelle il est essentiel d’apprendre<br />
comment gérer correctement des cas<br />
suspects et/ou avérés de variole.<br />
Dans le cadre de la préparation de la<br />
lutte contre la variole, laisser les mains<br />
libres aux hôpitaux et aux cabinets<br />
médicaux quant aux détails concrets<br />
des mesures, semble être la démarche<br />
la plus raisonnable. Pour ce faire, ils<br />
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88<br />
INFO<br />
1 / 11<br />
disposent d’un document fondé sur<br />
des recommandations de Swiss-NO-<br />
SO et qui portait sur le traitement de<br />
patients souffrant de fièvre virale hémorragique<br />
[7].<br />
Préparatifs dans les aéroports<br />
De nos jours, tous les aéroports suisses<br />
à trafic international disposent de<br />
propres Plans d’urgence axés sur la<br />
prévention et la gestion d’événements<br />
majeurs impliquant des maladies<br />
contagieuses. Ces Plans d’urgence se<br />
fondent sur l’Ordonnance du département<br />
fédéral de l’intérieur (DFI) du 15<br />
décembre 2003 sur la prévention des<br />
maladies infectieuses émergentes et<br />
ré-émergentes; en 2009, ils ont été<br />
adaptés aux directives du RSI 2005.<br />
Depuis l’épidémie du SRAS, un réseau<br />
d’interlocuteurs a été mis en place pour<br />
gérer de telles crises. Celui-ci est composé<br />
de représentants des trois aéroports<br />
nationaux de Bâle, Genève et<br />
Zurich, qui sont chargés de la gestion<br />
d’urgences. Par ailleurs, pour pallier<br />
aux événements susceptibles de représenter<br />
une menace pour la santé publique,<br />
le Réseau aéroportuaire pour la<br />
santé des voyageurs a été mis sur pied.<br />
Font partie de ce réseau des représentants<br />
de tous les aéroports à trafic international<br />
régulier.<br />
Communication et collaboration internationale<br />
En cas de survenue éventuelle de la<br />
variole, une collaboration internationale<br />
s’impose pour éviter une épidémie, lancer<br />
des mesures de lutte contre la propagation<br />
du virus et éradiquer à nouveau<br />
la maladie. Aussi s’agit-il de<br />
coordonner sur le plan international la<br />
préparation de mesures et d’activités<br />
permettant d’éviter l’apparition d’une<br />
épidémie de variole. Dans ce contexte,<br />
il incombe à l’OMS d’offrir son soutien<br />
à tous les États membres ainsi qu’aux<br />
autorités sanitaires pour réagir face à<br />
un tel risque, voire à l’apparition d’épidémies.<br />
Afin de renforcer les campagnes<br />
de sensibilisation et d’améliorer<br />
les activités de surveillance, l’OMS a<br />
mis en place un système mondial<br />
d’alerte précoce et de réaction pour la<br />
prévention et le contrôle des maladies<br />
transmissibles, appelé Global Outbreak<br />
Alert and Response Network (GOARN).<br />
Ce système permet aux pays concernés<br />
d’accéder rapidement à des spécialistes<br />
ainsi qu’aux ressources requises.<br />
Grâce au réseau GOARN, des<br />
informations essentielles sur une éventuelle<br />
propagation de maladie transmissible<br />
sont traitées de manière rapide<br />
et fiable, puis transmises aux<br />
principaux acteurs de la santé publique<br />
à un échelon international; de plus, ce<br />
réseau permet de coordonner aisément<br />
les mesures qui s’imposent.<br />
Durant les phases de propagation de<br />
la maladie, l’OFSP se chargera d’assurer<br />
l’échange d’informations et la coordination<br />
avec les organisations internationales<br />
(OMS, CDC et ECDC) tout en<br />
prenant connaissance de nouvelles<br />
découvertes et recommandations internationales<br />
en matière de préparation<br />
de lutte antivariolique après des attentats<br />
bioterroristes.<br />
Dans le cas d’une urgence sanitaire de<br />
portée internationale, comme le serait<br />
incontestablement une épidémie de<br />
variole, le RSI 2005 prévoit une collaboration<br />
étroite entre l’OMS et l’État<br />
concerné par un tel événement.<br />
Sur le plan national, des plates-formes<br />
et des groupes de travail seront constitués;<br />
de plus, une série de procédures<br />
administratives en matière de communication<br />
sera définie. Le porte-parole<br />
du Conseil fédéral coordonne les informations<br />
et la communication entre la<br />
Confédération et les cantons ainsi<br />
qu’au sein de l’administration fédérale<br />
elle-même.<br />
Perspectives<br />
Vu la stabilité politique en Europe de<br />
l’Ouest et le risque minime de voir s’y<br />
produire un événement bioterroriste, il<br />
semble peu urgent de devoir préparer<br />
des mesures de lutte contre la variole.<br />
Pour cette raison, les décisions administratives<br />
ainsi que les préparatifs, au<br />
niveau fédéral et cantonal, liés à la ges-<br />
tion d’une telle crise, ont été reportées.<br />
Pour l’heure, la Confédération et les<br />
cantons se concentrent prioritairement<br />
sur l’analyse des leçons tirées de la<br />
pandémie de grippe (H1N1) en 2009,<br />
connaissances qui s’avéreront également<br />
utiles dans l’éventualité d’un attentat<br />
bioterroriste. Les nouveautés<br />
prises en compte dans la révision totale<br />
de la Loi sur les épidémies constitueront<br />
autant de possibilités de renforcer<br />
les compétences fédérales pour ses<br />
activités de coordination de mesures<br />
exécutoires, entre autres entre les cantons,<br />
et de mieux régler les compétences<br />
d’un organisme d’intervention<br />
qui aurait à gérer de telles crises.<br />
Bibliographie<br />
[1] Stratégie de protection ABC pour la<br />
Suisse. ComABC 2007-06-F.<br />
[2] Piffaretti JC, Convert M. Bases pour<br />
la préparation à un éventuel retour de<br />
la variole. 2009. Confidentiel.<br />
[3] Plan suisse de pandémie Influenza<br />
de 2006. Stratégies et mesures en<br />
préparation pour le cas d’une pandémie<br />
d’influenza. 2006.<br />
[4] Plan suisse de pandémie Influenza<br />
de 2006. Stratégies et mesures en<br />
préparation pour le cas d’une pandémie<br />
d’influenza. 2009.<br />
[5] Règlement sanitaire international<br />
(2005). RS 0.818.103.<br />
[6] Bulletin OFSP. Vaccination contre la<br />
variole en Suisse. 2003;13:212-3.<br />
[7] Hugenot S, Sax H, Chappuis F,<br />
Mühlemann K, Francioli P, Raeber PA,<br />
Hatz C, Widmer FA, Siegl G, et les<br />
membres du groupe Swiss-NOSO.<br />
Prise en charge des patients suspects<br />
de fièvre hémorragique virale.<br />
Recommandations pour la Suisse.<br />
Swiss-NOSO 2002;3:18-24.<br />
Traduction: Yve Delaquis