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KOORDINIERTER SANITÄTSDIENST SERVICE SANITAIRE ...

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1 / 11<br />

<strong>KOORDINIERTER</strong> <strong>SANITÄTSDIENST</strong><br />

Informationsschrift über den KSD in der Schweiz<br />

<strong>SERVICE</strong> <strong>SANITAIRE</strong> COORDONNÉ<br />

Bulletin d’information sur le SSC en Suisse<br />

SERVIZIO SANITARIO COORDINATO<br />

Bollettino d’informazione sul SSC in Svizzera<br />

SRMDM<br />

Das Heft im Heft:<br />

Publikationsorgan<br />

der SGOS<br />

in der Mitte.<br />

H<br />

Kritische Infrastrukturen<br />

Infrastructures critiques<br />

Infrastrutture critiche


IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

Geschäftsstelle<br />

Koordinierter Sanitätsdienst (KSD)<br />

Worblentalstrasse 36<br />

CH-3063 Ittigen<br />

Telefon 031 324 28 42<br />

Fax 031 324 27 44<br />

E-Mail: info-ksd@vtg.admin.ch<br />

www.ksd-ssc.ch<br />

Redaktionskommission<br />

Esther Bärtschi,<br />

Geschäftsstelle KSD, Ittigen<br />

(Vorsitz und Redaktion)<br />

Prof. Dr. med. Sergei Bankoul, Itti gen<br />

Franco Bianchi, Agra<br />

Ursula Jobin,<br />

Romanel-sur-Lausanne<br />

Bruno Messerli, Geschäftsstelle KSD,<br />

Ittigen (Red ak tion)<br />

Dr. med. Stefan Müller, Zürich<br />

Peter Nauck, Zürich<br />

Dr. med. Thomas Syburra, Sion<br />

Dr. med. Mathias Zürcher, Basel<br />

Übersetzungen<br />

Jérôme Benoit<br />

2502 Bienne<br />

032 338 20 01<br />

info@transversal.ch<br />

Yve Delaquis<br />

Sprecherstrasse 5<br />

8032 Zürich<br />

044 364 64 64<br />

yve.delaquis@caralingua.com<br />

Auflage<br />

2’000 Exemplare (Print)<br />

7’000 Exemplare (PDF)<br />

Erscheinungsweise<br />

Zweimal jährlich (29. Jahrgang)<br />

Titelbild<br />

Zentrum elektronische Medien ZEM,<br />

3003 Bern<br />

Redaktionsschluss<br />

2/11 «Neue Technologien in der<br />

Medizin»:<br />

15. Juli 2011<br />

Redaktioneller Hinweis zur<br />

sprachlichen Gleichberechtigung:<br />

Wird aus Gründen der Lesbarkeit nur<br />

die männliche Form verwendet,<br />

sind Frauen ebenso angesprochen.<br />

ISSN 1660-9514


Inhalt<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

3 Editorial<br />

4 Sichergestellte Lebensmittelbelieferung auch im Pandemiefall<br />

8 Fernwärmeausfall im Inselspital – ein spitalkritisches Szenario<br />

11 Wasserversorgung in Notlagen:<br />

Trinkwasser – Lebensnotwendiges Produkt der Natur<br />

15 Vulnerabilität im hoch sensiblen Umfeld der<br />

Einsatzleitzentralen von Schutz & Rettung Zürich<br />

19 In questo numero...<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

20 Editorial<br />

21 Statuscheck der Kritischen Infrastrukturen im Krankenhaus durch<br />

Risikoanalysen<br />

26 Elektronische Kommunikation im Krisenfall<br />

34 Grenzen des Alltags in der Dritten Welt:<br />

Die Sonne «erweitert» den Horizont<br />

40 Schweiz:<br />

Gastland für den NATO/PfP-Workshop «Aeromedical Evacuation»<br />

43 Nachbericht zum Erdbeben in Haiti<br />

47 Mitteilungen des Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft<br />

der Offiziere der Sanitätstruppen<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

48 Editorial<br />

49 Comment assurer l’approvisionnement en denrées alimentaires en cas<br />

de pandémie également<br />

53 Panne du système de chauffage à distance à l’Hôpital de l’Ile – un<br />

scénario à risque pour un hôpital<br />

56 Approvisionnement en eau dans les situations de crise:<br />

L’eau potable, un produit naturel vital<br />

60 De la vulnérabilité des centrales d’intervention<br />

de Protection & Sauvetage Zurich<br />

INFO<br />

64 Agenda<br />

65 Neues von der Schweiz. Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin<br />

(SGNOR)<br />

66 Unermüdlicher Einsatz für den KSD und das IES<br />

69 Der neue Chef der Geschäftsstelle KSD stellt sich vor<br />

70 Vorbereitung und «Public Health»-Massnahmen zur<br />

Pockenbekämpfung nach bioterroristischen Anschlägen<br />

75 Weiterentwicklung der betrieblichen Pandemiepläne nach Bewältigung<br />

der pandemischen Grippe A/H1N1<br />

79 6. Refresher des Vereins Alumni CEFOCA-SFG<br />

80 Engagement incessant pour le SSC et le SII<br />

83 Le nouveau directeur du Bureau du SSC se présente<br />

84 Préparatifs et mesures en matière de santé publique de lutte contre la<br />

variole après des attaques bioterroristes<br />

1


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Kritische Infrastrukturen sind die Lebensadern der<br />

modernen Gesellschaft. Sie sichern unsere Versorgung<br />

mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen<br />

wie Energie, Nahrung oder Kommunikation.<br />

Auch das Gesundheitswesen leistet einen zentralen Beitrag zu unserer Sicherheit,<br />

sei es im Alltag oder bei Grossereignissen. Es ist denn auch einer von zehn in der<br />

Schweiz als kritisch eingestuften Infrastruktursektoren. Im Zentrum stehen dabei<br />

die Bereiche Ärztliche Betreuung und Spitäler, Labors sowie die Versorgung mit<br />

pharmazeutischen Produkten.<br />

Auch der Bundesrat hat seit längerem erkannt, welche Bedeutung der Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen (SKI) heute haben muss: Mit seiner SKI-Grundstrategie<br />

vom Juni 2009 hat er den Auftrag erteilt, sowohl die Widerstandsfähigkeit (Resilienz)<br />

von Kritischen Infrastrukturen als auch diejenige von Staat, Wirtschaft und<br />

Bevölkerung zu verbessern. Unter der koordinierenden Führung durch das Bundesamt<br />

für Bevölkerungsschutz (BABS) und in enger Zusammenarbeit mit den<br />

fachlich zuständigen Stellen laufen zurzeit vielfältige Arbeiten zur Umsetzung dieser<br />

Zielsetzung.<br />

So wird derzeit ein Inventar der Kritischen Infrastrukturen erstellt, das als Planungs-<br />

und Priorisierungsgrundlage auf den Stufen Bund, Kantone und Betreiber dient.<br />

Im Bereich des Gesundheitswesens stehen wir unmittelbar vor Beginn der Arbeiten.<br />

Wir dürfen auch hier wichtige und gute Ergebnisse erwarten, zumal sich das<br />

BABS auf die langjährige bewährte Zusammenarbeit mit dem Koordinierten Sanitätsdienst<br />

(KSD) abstützen kann. In einer späteren Phase wird es darum gehen,<br />

das hohe Schutzniveau im Gesundheitswesen durch umfassende Schutzkonzepte<br />

weiter zu verbessern. Ein Schlüssel dazu liegt insbesondere in der Koordination<br />

der verschiedenen Kritischen Infrastrukturen: Auch das Gesundheitswesen ist<br />

seinerseits auf andere Kritische Infrastrukturen angewiesen – insbesondere die<br />

Versorgung mit Energie.<br />

Die vorliegende Ausgabe der Informationsschrift KSD unterstreicht deshalb die<br />

Notwendigkeit, diese Abhängigkeiten bei der Planung von Massnahmen zu berücksichtigen.<br />

Die folgenden Beiträge sollen dabei auch das Verständnis für die<br />

vielfältigen Herausforderungen im Zusammenhang mit Kritischen Infrastrukturen<br />

fördern.<br />

Ich wünsche Ihnen eine anregende und interessante Lektüre.<br />

Willi Scholl<br />

Direktor Bundesamt für Bevölkerungsschutz<br />

Willi Scholl<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

3


4<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Sichergestellte Lebensmittelbelieferung<br />

auch im Pandemiefall<br />

Peter Mollenkopf, Scana Lebensmittel AG, Leiter Logistik, Althardstrasse 195, 8105 Regensdorf, peter.mollenkopf@scana.ch<br />

Key Words: Lebensmittelbelieferung, Pandemie,<br />

Spitäler<br />

Beim Ausbruch einer Pandemie werden<br />

vorgängig minutiöse Planungen<br />

und währenddessen situationsgerechte<br />

Information, Kommunikation<br />

und Massnahmen notwendig. Die<br />

Sicherstellung der Belieferung von<br />

Spitälern und Heimen mit einem<br />

Grundangebot von Dienstleistungen<br />

und Lebensmitteln hat permanent<br />

oberste Priorität. Auch im Notfall mit<br />

einer hohen Abwesenheitsquote der<br />

Arbeitskräfte kann das Kerngeschäft<br />

gewährleistet werden. Aufgrund<br />

zeitweiliger Verhaltensänderung im<br />

gesellschaftlichen Leben und daraus<br />

resultierend der Meidung von<br />

Gastronomiebetrieben, sowie durch<br />

eine Einschränkung des Sortiments,<br />

reduziert sich gleichermassen der<br />

interne Aufwand für die Erbringung<br />

der Dienstleistungen für andere<br />

Kundensegmente. Zentrale Aufgabe<br />

bei der Bewältigung einer Pandemie<br />

bildet die Planung der personellen<br />

Ressourcen sowie die Analyse und<br />

Identifikation der internen Schlüsselpositionen<br />

und -funktionen sowie<br />

der notwendigen Massnahmen,<br />

diese Funktionen zu schützen und<br />

sicherzustellen.<br />

Im Fall einer Grippe-Pandemie tritt ein<br />

neuartiges Grippevirus auf. Die Pandemie<br />

verläuft meistens in zwei bis<br />

drei Wellen von etwa zwölf Wochen.<br />

Der Grossteil der Menschen ist ansteckungsgefährdet,<br />

aber nicht alle werden<br />

infiziert oder gar krank. Im vom<br />

Bundesamt für Gesundheit (BAG)<br />

skizzierten Szenario ist bei einer Grippe-Pandemie<br />

davon auszugehen,<br />

dass 25 Prozent der Arbeitskräfte<br />

während fünf bis acht Tagen erkranken<br />

und deshalb am Arbeitsplatz ausfallen.<br />

Der effektive Ausfall an Arbeits-<br />

kräften kann jedoch höher sein, da<br />

das Personal beispielsweise wegen<br />

Betreuungsaufgaben zu Hause ausfällt<br />

oder aus Angst vor Ansteckungen<br />

nicht am Arbeitsplatz erscheint. Eine<br />

Abwesenheitsquote von gegen 40<br />

Prozent der Beschäftigten während<br />

zwei Wochen ist daher möglich. Bei<br />

einer Pandemie ist demzufolge insbesondere<br />

mit extremen Personalengpässen<br />

über eine gewisse Zeitdauer<br />

zu rechnen. Darin unterscheidet sich<br />

die Pandemieplanung von vorhandenen<br />

Notfallplänen, welche üblicherweise<br />

von einmaligen kurzzeitigen Ereignissen<br />

ausgehen.<br />

Im nachfolgenden Bericht wird die Situation<br />

und das Verhalten der Firma<br />

Scana Lebensmittel AG erläutert, die<br />

als Grosshändler in der gesamten<br />

Schweiz tätig ist und sich auf die Belieferung<br />

von Gastronomiebetrieben, Hotels,<br />

Heimen und Spitäler usw. mit Lebensmitteln<br />

und Non-Food-Artikeln<br />

fokussiert.<br />

Die Grundlage für sämtliche Massnahmen<br />

im Vorfeld sowie Entscheidungen<br />

und Umsetzungen während einem allfälligen<br />

Influenza-Pandemiefall bildet<br />

der Plan der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO). Zudem basieren die entsprechenden<br />

Massnahmen, Informationen<br />

und Kommunikation auf die<br />

Konzernvorgaben des Migros-Genossenschaftsbundes,<br />

zu welchem die<br />

Firma Scana gehört.<br />

Personalplanung<br />

Eine der zentralsten Aufgaben, die es<br />

im Vorfeld zu bewältigen gilt, ist die Sicherstellung<br />

der Schlüsselaufgaben<br />

und Gewährleistung der Kerndienstleistungen<br />

eines Logistikunternehmens<br />

durch die minutiöse Planung der personellen<br />

Ressourcen.<br />

Das Unternehmen erbringt für seine<br />

Kunden eine Vielzahl von Dienstleistungen.<br />

Auf einen Teil dieser Leistungen ist<br />

die Bevölkerung gerade in Krisensituationen<br />

angewiesen. Erstes Ziel des Unternehmens<br />

im Falle einer Grippe-Pandemie<br />

muss sein, die Erbringung dieser<br />

notwendigen Leistungen möglichst<br />

(lange) aufrecht zu erhalten. Bei einem<br />

Teil dieser Dienstleistungen wird sich<br />

die Nachfrage im Pandemiefall voraussichtlich<br />

sogar erhöhen.<br />

Die Leistungen der übrigen Aufgabenbereiche<br />

können im Pandemiefall reduziert<br />

oder gar eingestellt werden. Aber<br />

auch in den prioritären Aufgabenbereichen<br />

können im Pandemiefall allenfalls<br />

einzelne Teilleistungen gestrichen oder<br />

nur in reduziertem Umfang erbracht<br />

werden. Wichtig ist die Aufrechterhal-<br />

Scana Lebensmittel AG<br />

Scana ist seit 1943 im Zustellgrosshandel<br />

tätig mit schweizweiter<br />

Abdeckung sämtlicher<br />

Marktleistungen und umfassender<br />

Dienstleistungspartner<br />

für institutionelle Betriebe wie<br />

Spitäler, Kliniken, Heime, Residenzen<br />

sowie für Restaurants<br />

und Hotels. Dabei dreht sich alles<br />

um Lebensmittel und Non-<br />

Food-Artikel für den Küchen-,<br />

Kiosk- und Hauswirtschaftsbereich.<br />

Die Tochter des Migros-Genossenschaftsbundes<br />

mit seinen<br />

220 Mitarbeitenden verfügt<br />

über ein Sortiment von über<br />

8’000 Artikeln, über zwei eigene<br />

Logistikzentren in Regensdorf<br />

und Neuendorf sowie fünf<br />

Warenumschlagszentren in Aclens,<br />

Conthey, Landquart, Thun<br />

und San Antonino.


KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Tab. 1: Analyse der Organisationseinheiten und Aufgabenbereiche für die Personalplanung<br />

tung des Kerngeschäfts bzw. die Erbringung<br />

der Schlüsselaufgaben.<br />

Zu berücksichtigen sind auch unternehmensinterne<br />

Aufgabenbereiche wie<br />

die Informatik, die nicht zu den eigentlichen<br />

Kerngeschäften zählt, jedoch für<br />

das Erbringen der Dienstleistungen<br />

unabdingbar sind und stets gewährleistet<br />

werden müssen.<br />

Die betriebliche Pandemieplanung erfordert<br />

eine genaue Analyse der einzelnen<br />

innerbetrieblichen Funktionen und<br />

Prozesse. Dabei stellen sich folgende<br />

Fragen:<br />

Welches sind die Aufgaben und Leistungen,<br />

auf die in keinem Fall verzichtet<br />

werden kann?<br />

Welches sind Schlüsselfunktionen<br />

und Personen bei der Erbringung<br />

notwendiger Leistungen?<br />

Auf welche Leistungen kann während<br />

einer gewissen Zeit (eine bis vier<br />

Wochen) verzichtet werden?<br />

Welche Aufgaben können während<br />

einer gewissen Zeit (eine bis vier Wochen)<br />

teilweise oder ganz von zu<br />

Hause verrichtet werden?<br />

Welche Aufgaben und Funktionen<br />

sind zwingend standortabhängig?<br />

Bei welchen Aufgaben und Funktionen<br />

steht die zuständige Person<br />

zwingend im direkten Kontakt mit<br />

Kunden oder anderen externen Personen?<br />

Bei welchen Aufgaben und Leistungen<br />

besteht eine Abhängigkeit von<br />

Partnern?<br />

Wie sind die Stellvertretungen geregelt?<br />

Im Fokus steht im Besonderen der Bestell-<br />

und Auftragsprozess, da im Krisenfall<br />

nur dieser Hauptprozess unterstützt<br />

und alle intern zur Verfügung<br />

stehenden Ressourcen aufgewendet<br />

werden, um diesen Prozess zu sichern.<br />

Die Scana Lebensmittel AG ist in ihrer<br />

Funktion als Dienstleister und Drehscheibe<br />

besonders gefordert und gefährdet.<br />

In der Krise muss mit einem<br />

unkoordinierten Verhalten der Kunden<br />

und Lieferanten gerechnet werden.<br />

5


6<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Beide Märkte sind gleichermassen von<br />

der Krise betroffen und stehen auch<br />

den gleichen Ressourcenengpässen<br />

und den daraus entstehenden Organisations-<br />

und Ablaufproblemen gegenüber.<br />

Mögliche Folgen davon können<br />

Hamsterkäufe, Terminuntreue, Lieferprobleme<br />

und nicht Verfügbarkeit der<br />

Waren sein.<br />

Die Tab. 1 stellt einen ersten Schritt einer<br />

Analyse auf Stufe Aufgabenbereich/Organisationseinheit<br />

dar. Sämtliche Organisationseinheiten<br />

– wie Beschaffung,<br />

Verkauf, Marketing, Personal, Finanzen,<br />

aber auch Logistik – und deren jeweiligen<br />

Aufgabenbereiche werden aufgeführt,<br />

analysiert und bewertet.<br />

Aus dieser Analyse geht unter anderem<br />

hervor, wer in den einzelnen Organisationseinheiten<br />

als so genannte «Schlüsselposition»<br />

Funktionen ausübt, die für<br />

die Aufrechterhaltung des Betriebs<br />

unverzichtbar sind. Zum Schutz dieser<br />

Personen und zur Sicherstellung dieser<br />

Funktionen sind daher besondere<br />

Massnahmen zu berücksichtigen, wie<br />

Abb. 1: Logistikplattformen der Firma Scana<br />

etwa strikte Anwendung von präventiven<br />

und hygienischen Massnahmen,<br />

die Prüfung und eventuelle Einrichtung<br />

von Isolationsmöglichkeiten und die<br />

mehrfache Stellvertretungsregelung.<br />

Die Stellvertretungsregelung wird für<br />

alle wichtigen Leistungen innerhalb der<br />

Firma Scana sichergestellt. Ebenso<br />

werden für Personen aus weniger relevanten<br />

Organisationseinheiten Crash-<br />

Kurse durchgeführt, um mittels dieser<br />

Personen Engpässe in Abteilungen wie<br />

z. B. dem Bestellbüro oder der Logistik<br />

entgegenwirken zu können. Für den<br />

Fall, dass die Anzahl der Erkrankungen<br />

von Chauffeuren die Dienstleistung der<br />

Warenzustellung verhindert, werden<br />

Vereinbarungen mit externen Logistikpartnern<br />

getroffen, wodurch auf deren<br />

personellen Ressourcen im Notfall zurückgegriffen<br />

werden können.<br />

Eine Pandemieausbreitung in der<br />

Schweiz kann sich regional unterschiedlich<br />

schnell und stark ausbreiten.<br />

Aufgrund der fünf eigenen Logistikplattformen<br />

können bei überproportio-<br />

nalem Ausfall von Arbeitskräften in einem<br />

Landesbereich Fachpersonen aus<br />

einem anderen abgezogen werden<br />

(Abb. 1).<br />

Um die gegenseitige Ansteckung innerhalb<br />

der Firma möglichst zu vermeiden,<br />

ist eine Prüfung durchzuführen, ob Aufgabenbereiche<br />

von Personen gänzlich<br />

von zu Hause aus übernommen werden<br />

können. Hierfür müssen in einem<br />

frühen Stadium der Pandemie die technologischen<br />

Voraussetzungen bei den<br />

jeweiligen Personen geschaffen werden.<br />

Planung und Massnahmen auf<br />

Seiten des Beschaffungsmarkts<br />

Zusätzlich zum eigenen internen Pandemieplan<br />

finden im Vorfeld einer Pandemie<br />

Absprachen mit den Herstellerfirmen<br />

statt, wobei deren Planungen<br />

ebenfalls analysiert und mit den eigenen<br />

abgestimmt werden. Ebenso gilt<br />

es zu berücksichtigen, externe Speditionsfirmen,<br />

die für den Transport vom<br />

Hersteller zur Firma Scana zuständig<br />

sind, gleichermassen zu involvieren.<br />

Persönliche Kontakte zu Lieferantenfirmen<br />

werden im Falle einer Pandemie<br />

möglichst vermieden, die Kommunikation<br />

wird auf die Medien Telefon und<br />

E-Mail limitiert. Die Einhaltung eines<br />

Abstands von mindestens einem Meter<br />

von Person zu Person gilt es zu wahren<br />

innerhalb der gesamten Unternehmung,<br />

insbesondere aber auch einerseits<br />

unter den eigenen Chauffeuren,<br />

andererseits auch im Kontakt mit externen<br />

Chauffeuren bei der Warenanlieferung.<br />

Während der höchsten Pandemiestufe<br />

der WHO wird das Ziel verfolgt, den<br />

Bedarf der Kunden insbesondere im<br />

Bereich von Grundnahrungsmitteln


stets abdecken zu können. Die Vorräte<br />

an Molkereiprodukten, Öl, Konserven<br />

und weiteren Trockenprodukten werden<br />

im Vorfeld hochgefahren. Mögliche<br />

Nachlieferungen werden auf dem Beschaffungsmarkt<br />

sichergestellt. Alternative<br />

Lieferanten im Falle von Engpässen<br />

einzelner Produkte werden geprüft.<br />

Planung und Massnahmen auf<br />

Seiten des Absatzmarkts<br />

Bei einer möglichen Erkrankung von 30<br />

Prozent der Schweizer Bevölkerung<br />

während einer Pandemiewelle von vier<br />

Wochen rechnet die Firma Scana mit<br />

einem Einbruch auf dem Absatzmarkt<br />

von gegen 60 Prozent. Das gesellschaftliche<br />

Leben findet nicht mehr im<br />

gewohnten Rahmen statt. Es kann davon<br />

ausgegangen werden, dass der<br />

Besuch von und der Konsum in Gastronomiebetrieben<br />

wie Restaurants,<br />

öffentlichen Kantinen, Bars, aber auch<br />

Hotels, welche eine grosse Anzahl des<br />

Kundenportfolios ausmachen, aufgrund<br />

der hohen Ansteckungsgefahr<br />

gemieden wird.<br />

Dadurch entsteht eine zwischenzeitlich<br />

starke Verschiebung des Absatzmarkts.<br />

Darüber hinaus gilt die oberste<br />

Priorität, institutionelle Betriebe wie<br />

Spitäler und Heime mit den Dienstleistungen<br />

der Scana fortwährend abdecken<br />

zu können.<br />

Die jeweiligen Pandemieplanungen der<br />

Scana sowie von Spitälern und Heimen<br />

werden abgesprochen und aufeinander<br />

ausgerichtet. Der ständige Dialog in<br />

sämtlichen Phasen der Pandemie bewirkt<br />

eine Transparenz in Bezug auf<br />

den Bedarf seitens des Kunden und<br />

das Dienstleistungsangebot seitens<br />

der Scana. Eine eingeschränkte Menü-<br />

und Verpflegungsplanung in den Institutionen<br />

deckt sich mit der Fokussie-<br />

rung auf ein Grundsortiment bei Scana.<br />

Ein allfälliger Bedarf der Erhöhung der<br />

Lieferfrequenz kann durch die Aufwandsreduktion<br />

für andere Kundensegmente<br />

kompensiert werden.<br />

Um die grippale Ansteckung zu minimieren,<br />

wird auf Besuche durch Kundenberater<br />

wenn immer möglich verzichtet<br />

und die Bestellmöglichkeiten<br />

reduziert. Neben Bestellungen per Telefon<br />

und Fax liegt der Fokus beim<br />

Online-Shop.<br />

Erfahrungswerte und Fazit<br />

Die Erfahrungen der vorwiegend im<br />

Jahr 2009 grassierenden pandemischen<br />

Grippe zeigten, dass trotz enorm<br />

schneller Steigerung der ausgerufenen<br />

Pandemiephasen, und der zeitweilig<br />

höchsten Phase, mit Ausnahme von<br />

Gesichtsschutzmasken und Desinfektionsmitteln<br />

keine Hamsterkäufe auftraten.<br />

Dadurch war auch keine übermässig<br />

erhöhte Einkaufstätigkeit auf dem<br />

Beschaffungsmarkt notwendig.<br />

Im Falle einer möglichen, weniger<br />

glimpflich verlaufenden Pandemie und<br />

einer hohen Abwesenheitsquote der<br />

internen personellen Ressourcen wird<br />

die Aufrechterhaltung der Kerndienstleistungen<br />

durch eine vorgängig umfassende<br />

Personalplanung, der gemeinsamen<br />

Pandemieplanungsabstimmung<br />

auf Lieferanten- und Kundenseite, der<br />

Fokussierung auf ein Basisangebot und<br />

aufgrund der temporären Verkleinerung<br />

der Absatzmarktgrösse sichergestellt<br />

werden können.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

7


8<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Fernwärmeausfall im Inselspital – ein spitalkritisches<br />

Szenario<br />

Hans-Peter Aebischer, Bereichsleiter Technik + Sicherheit, Direktion Betrieb Inselspital Bern, Personalhaus 6 Büro G05, 3010 Bern,<br />

hans-peter.aebischer@insel.ch<br />

Key Words: Versorgungs- und Betriebssicherheit,<br />

Fernwärmeversorgung, Fernwärmeausfall<br />

Die Fernwärmeversorgung im Spital<br />

ist mit vielen Primär- und Sekundärprozessen<br />

verbunden. Ein<br />

Fernwärmeausfall zieht daher eine<br />

tief greifende Beeinträchtigung der<br />

Grundversorgung sowie zeitkritische<br />

Sekundärauswirkungen auf<br />

die Kernprozesse des Spitals nach<br />

sich. Der Versorgungs- und Betriebssicherheit<br />

ist von Anfang an<br />

besondere Beachtung zu schenken,<br />

damit Sicherheit und Qualität im<br />

Universitätsspital jederzeit gewährleistet<br />

werden können. Schwachstellen<br />

eines Versorgungssystems<br />

können durch den Einsatz von redundanten<br />

Systemen verringert werden.<br />

Eine gute Alarmorganisation<br />

und aktualisierte Massnahmenpläne<br />

ermöglichen eine rasche Störungsbehebung.<br />

Bei einem grösseren<br />

Zwischenfall müssen die Entscheidungsträger<br />

zeit- und stufengerecht<br />

eskalieren und die notwendigen<br />

Massnahmen einleiten.<br />

Das Inselspital ist als eines der bedeutendsten<br />

Universitätsspitäler der<br />

Schweiz ein Aushängeschild des<br />

Kantons Bern. Seit 1354 ist es ein<br />

bedeutender Integrationsfaktor und in<br />

der Bevölkerung – wie kaum ein anderes<br />

Unternehmen – verwurzelt<br />

(Abb. 1).<br />

Die Attraktivität auf dem Gesundheitsmarkt<br />

ist gross, die Dienstleistungen<br />

werden geschätzt. Rund<br />

7’000 Mitarbeitende leisten täglich ihr<br />

Bestes in der «Gesundheitsstadt» Inselspital,<br />

damit jährlich über 220’000<br />

Patienten die bestmögliche Medizin,<br />

Pflege und individuelle Betreuung erhalten.<br />

Bedeutung der<br />

Fernwärmeversorgung im Spital<br />

Die Fernwärmeversorgung im Spital<br />

bezieht sich nicht nur auf das Heizen<br />

von Räumen, sondern ist mit vielen verschiedenen<br />

Primär- und Sekundärprozessen<br />

verbunden. Der Ausfall der<br />

Fernwärme bedeutet eine tief greifende<br />

Beeinträchtigung in der Grundversorgung<br />

eines Spitals. Davon können Heizung,<br />

Warmwasser, Dampferzeugung<br />

und Klimatisierung (Lüftung, Kühlung)<br />

betroffen sein.<br />

Daraus ergeben sich zeitkritische Sekundärauswirkungen<br />

auf die Kernprozesse<br />

im Spitalbetrieb. Betroffen wären<br />

bei einem Fernwärmeausfall der OP-<br />

Betrieb, die Sterilisation, die pharmazeutische<br />

Produktion, die Küchen sowie<br />

die Serverräume mit weiteren<br />

Folgen. Die Aufrechterhaltung des Spitalbetriebs<br />

wäre dann ernsthaft gefährdet.<br />

Abb. 1: Areal des Inselspitals<br />

Vorbeugende Massnahmen zur<br />

Minimierung des Risikos<br />

«Fernwärmeausfall»<br />

Für den Bereich Technik + Sicherheit im<br />

Inselspital Bern lautet somit die zentrale<br />

Frage: «Wie kann das Risiko eines<br />

Fernwärmausfalls vermieden beziehungsweise<br />

auf ein vertretbares Minimum<br />

reduziert werden?». Ein Ansatz ist<br />

die Herabsetzung der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

und des Schweregrades<br />

der Auswirkungen eines Fernwärmeausfalls.<br />

Dazu werden im Inselspital<br />

verschiedene Vorkehrungen getroffen.<br />

Um das Risiko zu vermindern, müssen<br />

die Schwachstellen des betroffenen<br />

Systems bekannt sein. Durch eine Risikoanalyse,<br />

in der verschiedene Szenarien<br />

durchgespielt werden, können<br />

sowohl auslösende Faktoren als auch<br />

Auswirkungen eines Fernwärmeausfalls<br />

identifiziert werden. Aufgrund dieser<br />

Bewertung werden entsprechende<br />

vorbeugende Massnahmen definiert.


KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Abb. 2: Heisswasserversorgung: die KVA-Leitungen sind schwarz eingezeichnet. Die Zahlen markieren die drei redundanten Einspeisungen.<br />

9


10<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit<br />

im Ereignisfall setzt das Inselspital<br />

auf so genannte «redundante Systeme».<br />

Im Fall der Fernwärmeversorgung<br />

erfolgt die Einspeisung von drei verschiedenen<br />

Leitungen. Beim Ausfall<br />

einer Leitung können die anderen die<br />

volle Leistung abdecken.<br />

Voraussetzung für den Erfolg redundanter<br />

Versorgungssysteme ist eine<br />

durchgängige Redundanz von der<br />

Produktion – im Fall des Inselspitals<br />

die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA)<br />

– bis zum Verbraucher. In der KVA wird<br />

die Produktion sichergestellt, indem<br />

mehrere Heizkessel und unterschiedliche<br />

Brennstoffe eingesetzt werden.<br />

Ausserdem verfügt die KVA über verschiedene<br />

Ausgangsleitungen und<br />

redundante Druckerhöhungspumpen.<br />

Zudem ist die Stromversorgung durch<br />

Notstromaggregate abgesichert.<br />

Der Risikominderung dient ebenfalls<br />

die enge Zusammenarbeit zwischen<br />

der KVA und dem Inselspital. Bei einem<br />

Zwischenfall in der KVA wird dem Inselspital<br />

eine prioritäre Versorgung garantiert.<br />

Ebenfalls wichtige Vorkehrungen sind<br />

eine gute Alarmorganisation und aktualisierte<br />

Massnahmenpläne, um die<br />

Versorgung im Ereignisfall schnellstmöglich<br />

wieder herzustellen. Wichtig<br />

ist auch das Informationskonzept, mit<br />

dem die betroffenen Nutzer rechtzeitig<br />

in Kenntnis gesetzt werden können.<br />

Tritt ein kurzzeitiger Fernwärmeausfall<br />

im Inselspital ein, ermöglichen die<br />

durchgängige Alarmierung und die rasche<br />

Intervention des 24-Stunden-<br />

Bereitschaftsdienstes die Behebung<br />

des Unterbruchs in kürzester Zeit.<br />

Dank des stufengerechten Informationskonzepts<br />

der Alarmorganisation<br />

werden die vom Fernwärmeausfall betroffenen<br />

Einheiten im Inselspital umgehend<br />

über die Störung informiert. Die<br />

Nutzer können so ihrerseits Massnahmen<br />

einleiten.<br />

Vorgehensweise bei einem<br />

Fernwärmeausfall<br />

Bei einem längeren Fernwärmeausfall<br />

wird das Netz durch ein Lastenmanagement<br />

zusätzlich entlastet.<br />

Kann der Unterbruch der Fernwärme<br />

nicht innert nützlicher Frist behoben<br />

werden, müssen die Entscheidungsträger<br />

zeit- und stufengerecht Massnahmen<br />

auslösen.<br />

Bei längerem Unterbruch (was durch<br />

die vorhergehenden Massnahmen<br />

grundsätzlich zu vermeiden ist) tritt der<br />

KATAPLAN (Katastrophen-Organisation<br />

im Inselspital) in Kraft, da der Spitalbetrieb<br />

so stark beeinträchtigt würde,<br />

dass er nicht aufrecht erhalten werden<br />

kann.<br />

In diesem Fall müssten kritische Patienten<br />

eventuell in andere Spitäler verlegt<br />

oder ganze Abteilungen evakuiert<br />

werden. Die Kommunikation gegen<br />

aussen würde durch den Mediensprecher<br />

übernommen.<br />

Im Spital kann ein Fernwärmeausfall in<br />

kurzer Zeit zu grossen Problemen führen.<br />

Daher sind Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

und Auswirkungen eines solchen<br />

Vorfalls mit geeigneten Vorkehrungen<br />

zu reduzieren.<br />

Schlussfolgerung<br />

Bei einem Zwischenfall muss fachkompetentes<br />

Personal die Störung so rasch<br />

wie möglich beseitigen. Der Versor-<br />

gungs- und Betriebssicherheit ist von<br />

Anfang an besondere Beachtung zu<br />

schenken, damit Sicherheit und Qualität<br />

im Universitätsspital jederzeit gewährleistet<br />

werden können.


KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Wasserversorgung in Notlagen:<br />

Trinkwasser – Lebensnotwendiges Produkt der Natur<br />

Markus Biner, Technischer Berater, Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfaches (SVGW), Grütlistrasse 44, Postfach 2110, 8027 Zürich,<br />

m.biner@svgw.ch<br />

Key Words: Trinkwasser, Lebensmittel,<br />

Schweiz<br />

Trinkwasser ist ein unentbehrliches<br />

Lebensmittel, das durch nichts zu<br />

ersetzen ist. Es ist aber nicht nur<br />

ein Lebensmittel, sondern, was immer<br />

mehr in Vergessenheit gerät,<br />

auch die Basis für die Hygiene sowie<br />

Rohstoff für die Produktion von<br />

Gütern. In unserem wasserreichen<br />

Land wird Trinkwasser zudem zur<br />

Brandbekämpfung eingesetzt. Beinahe<br />

alle der 7,6 Millionen Einwohner<br />

der Schweiz sind an eine moderne<br />

zentrale Wasserversorgung<br />

angeschlossen. Lediglich im Jura,<br />

in den Voralpen und im Alpengebiet<br />

sind Einzelversorgungen anzutreffen.<br />

In der Schweiz werden durch die rund<br />

3’000 Wasserversorgungen unterschiedlicher<br />

Grösse und Rechtsform<br />

jährlich rund eine Milliarde Kubikmeter<br />

Trinkwasser gefördert. Diese Menge<br />

entspricht dem Inhalt des Bielersees.<br />

Dass es ein wasserreiches Land ist,<br />

zeigt die Tatsache, dass die Milliarde<br />

Kubikmeter lediglich zwei Prozent der<br />

jährlichen Niederschläge darstellen. 40<br />

Prozent der Wassergewinnung stammen<br />

von Quellen, 40 Prozent ist Grund-<br />

und 20 Prozent Seewasser. Der durchschnittliche<br />

Tagesverbrauch beträgt<br />

rund 350 Liter pro Einwohner. Allein im<br />

Haushalt benötigen wir 160 Liter Trinkwasser<br />

pro Einwohner und Tag. Diese<br />

Menge entspricht dem Inhalt von zehn<br />

Harassen Mineralwasser. Obwohl wir<br />

das Trinkwasser jederzeit (Tag und<br />

Nacht) ins Haus geliefert bekommen,<br />

zahlen wir im schweizerischen Durchschnitt<br />

lediglich 30 Rappen zur Deckung<br />

unseres täglichen Bedarfs.<br />

http://www.svgw.ch<br />

Zur längerfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung<br />

müssen unsere<br />

Grundwasservor kommen verantwortungsvoll<br />

bewirtschaftet werden und<br />

den bestmöglichen Schutz erhalten.<br />

Das Gewässerschutzgesetz vom 24.<br />

Januar 1991, mit den darauf abgestützten<br />

Verordnungen, die Stoffverordnung<br />

vom 9. Juni 1986 und die<br />

Störfallverordnung vom 27. Februar<br />

1991 bilden hierfür die rechtlichen<br />

Grundlagen. Die frühzeitigen Gewässerschutzmassnahmen,<br />

die fortlaufend<br />

verbessert wurden, bilden eine wesentliche<br />

Voraussetzung für die hohe Qualität<br />

der Wasserreserven. Lediglich 30<br />

Prozent des Trinkwasserbedarfs werden<br />

in der Schweiz mehrstufig aufbereitet.<br />

Dabei handelt es sich mehrheitlich<br />

um Seewasser, das in der Regel mit<br />

klassischen Verfahren, also mit Schnellfiltern,<br />

aufbereitet wird.<br />

Die Wasserversorgung – ein<br />

lebensmittelverarbeitendes<br />

Unternehmen<br />

Die Deckung des grossen Trinkwasserbedarfs<br />

moderner Gesellschaften ist<br />

ohne zentrale Wasserversorgungen gar<br />

nicht möglich. Sie bilden daher eine notwendige<br />

Voraussetzung für eine gesunde,<br />

gesellschaftliche, wirtschaftliche und<br />

soziale Entwicklung. In der Schweiz ist<br />

die Versorgung der Bevölkerung mit<br />

Trinkwasser eine öffentliche Aufgabe, für<br />

welche die Kantone zuständig sind. Diese<br />

wiederum haben diese Aufgabe in<br />

der Regel an die Gemeinden delegiert.<br />

Entsprechend zeichnet sich die Wasserversorgungsstruktur<br />

in der Schweiz<br />

durch eine grosse Zahl von Versorgungen<br />

mit einer geringen Anzahl von versorgten<br />

Einwohnern aus. Grundsätzlich<br />

sind Wasserversorgungen Unternehmen,<br />

die über einen Kundenkreis verfügen,<br />

dem sie das Lebensmittel «Trinkwasser»<br />

liefern. Das Unternehmen<br />

verfügt über Anlagen, Apparate und<br />

Einrichtungen. Gemäss Lebensmittelgesetzgebung<br />

müssen diese nach den<br />

anerkannten Regeln der Technik eingerichtet,<br />

betrieben, erweitert oder abgeändert<br />

werden. Die Einhaltung derselben<br />

wird durch die Befolgung des<br />

Regelwerks der Fachverbände wie des<br />

Schweizerischen Vereins des Gas- und<br />

Wasserfaches (SVGW) erreicht.<br />

Überdies sind die Inhaber der Anlagen,<br />

Apparate und Einrichtungen verpflichtet,<br />

diese durch entsprechend ausgebildete<br />

Personen regelmässig überwachen<br />

und unterhalten zu lassen.<br />

Jeder Betrieb, der Lebensmittel herstellt,<br />

behandelt oder abgibt, muss im<br />

Rahmen seiner Tätigkeit dafür sorgen,<br />

dass die Waren den gesetzlichen Anforderungen<br />

entsprechen.<br />

Die Wasserversorgung – ein<br />

organisatorisch und technisch<br />

sicher funktionierender Betrieb<br />

Die grosse soziale und wirtschaftliche<br />

Bedeutung einer gesicherten Wasserversorgung<br />

und die weit reichenden<br />

Erwartungen der Konsumenten haben<br />

erfreulicherweise dazu geführt, dass<br />

heute in der Schweiz die Sicherheitsanforderungen<br />

an die Wasserversorgung<br />

allgemein sehr hoch sind.<br />

Bei der Überprüfung und Beurteilung<br />

möglicher Schwachpunkte in einer<br />

Wasserversorgung gilt es zu beachten,<br />

dass in der Schweiz qualitative Probleme<br />

generell kritischer sind als quantitative.<br />

Durch schlechte Wasserqualität<br />

können hierzulande Menschen gefährdet<br />

oder zumindest leicht in Panik versetzt<br />

werden.<br />

Wasserinfrastrukturen sind mehr oder<br />

weniger zentralistisch organisierte<br />

11


12<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Strukturen. Generell kann gesagt werden:<br />

je zentraler ein Element im System<br />

positioniert ist, umso grösser ist<br />

sein Einfluss auf das gesamte System.<br />

Solche zentralen Elemente sind Wasserfassungen<br />

und Förderungsanlagen,<br />

Aufbereitungsanlagen, Reservoirs<br />

sowie Transport- und<br />

Hauptleitungen.<br />

Eine Besonderheit gegenüber anderen<br />

Lebensmittelbetrieben besteht im<br />

Transportsystem des Mediums. Üblicherweise<br />

gelangen Lebensmittel in<br />

Chargen bzw. paketweise in den Verkauf<br />

oder zur Abgabe. Bei qualitativen<br />

Beeinträchtigungen ist es darum meist<br />

möglich, den dadurch betroffenen Anteil<br />

exakt zu bezeichnen und die Auslieferung<br />

an die Empfänger zu stoppen.<br />

Dank des Ausweichens auf alternative<br />

Bezugsstellen geschieht dies praktisch<br />

ohne Komforteinbussen für die Kunden.<br />

Nicht so beim Trinkwasser! Dieses<br />

wird kontinuierlich in Leitungen geliefert,<br />

in komplexen hydraulischen Systemen<br />

wie Ringleitungen und Reservoiren<br />

durchmischt und direkt dem<br />

Kunden geliefert. Beim Feststellen einer<br />

Kontamination des Trinkwassers<br />

muss befürchtet werden, dass dieses<br />

bereits von einem Teil der Bevölkerung<br />

genutzt wurde.<br />

Die Betriebe sind bisher jedoch oft<br />

noch sehr unterschiedlich auf die Bewältigung<br />

von Notlagen vorbereitet.<br />

Mit der Wegleitung für die Planung<br />

und Realisierung der Trinkwasserversorgung<br />

in Notlagen (TWN), die<br />

sich auf die Verordnung über die Trinkwasserversorgung<br />

in Notlagen (VTN,<br />

November 1991) stützt, versucht der<br />

SVGW, den Wasserversorgern eine<br />

Hilfestellung zu bieten, um die Vorbereitungen<br />

zur Bewältigung von Notlagen<br />

zu verbessern.<br />

Ursachen von Notlagen und ihre<br />

Folgen<br />

Notlagen können sowohl in Friedens-<br />

wie in Kriegszeiten eintreten:<br />

Naturereignisse<br />

Unwetter/Überschwemmungen<br />

Erdbeben<br />

Erdrutsche<br />

Störfälle<br />

Betriebs- und Transportunfälle mit<br />

wassergefährdenden Stoffen<br />

Industrieunfälle, Grossbrände<br />

Nuklearunfälle<br />

Staumauerschäden<br />

Kriegerische Handlungen und<br />

Sabotage<br />

Sabotage<br />

Einwirkungen durch konventionelle<br />

Waffen<br />

Einwirkungen durch atomare und<br />

chemische Waffen<br />

Die Schäden, die in einer Notlage zu<br />

erwarten sind, können vielfältiger Natur<br />

sein. Sie reichen vom Versiegen<br />

der Wasserressourcen und der Verunreinigung<br />

des Wassers über die Beeinträchtigung<br />

von Betriebsabläufen bis<br />

zur vollständigen Zerstörung von Anlagen<br />

und Werken. Probleme und<br />

Schäden in einer Notlage können<br />

meist auch nicht in allgemeiner Art<br />

«nach Rezeptbuch» gelöst oder behoben<br />

werden. Für jeden Wasserversorgungsbetrieb<br />

sind eigene Szenarien<br />

zu entwickeln, die auf die örtlichen<br />

Gegebenheiten Rücksicht nehmen. In<br />

jedem Schadenfall muss aber das<br />

Überleben der Betroffenen erste Priorität<br />

haben. Für die Bewältigung der<br />

Probleme und der Schäden wird in<br />

erster Linie der Wasserversorgungsbetrieb<br />

selber verantwortlich sein,<br />

dessen Inhaber eine Gemeinde, meh-<br />

rere Gemeinden oder ein Gemeindeverband<br />

sein kann. Falls notwendig,<br />

kann er bei den Wasserversorgungsbetrieben,<br />

mit denen er zur Sicherstellung<br />

der Trinkwasserversorgung in<br />

Notlagen nach Artikel 5 VTN<br />

zusammenarbei ten muss, sowie bei<br />

Gemeinde und Kanton Hilfe anfordern.<br />

Die zivile Katastrophenorganisation<br />

der Gemeinde wird somit erst auf Antrag<br />

des Wasserversorgungsbetriebes<br />

in Aktion treten und dannzumal auch<br />

für die Koordination der Massnahmen<br />

zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung<br />

verantwortlich zeichnen.<br />

Nicht jedes Problem und jeder aufgetretene<br />

Schaden muss zu einer Notlage<br />

führen. Im Gegenteil: je besser ein<br />

Wasserversorgungsbetrieb auf eine<br />

Notlage vorbereitet ist, desto grösser<br />

ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein<br />

Ereignis bewältigt werden kann, bevor<br />

überhaupt eine Notlage eingetreten<br />

ist.<br />

Wer ist wann zuständig für die<br />

Wasserversorgung? (Abb.1)<br />

Im Normalfall (normale Netzversorgung)<br />

sind die Wasserversorgungsunternehmen<br />

für die Versorgung in ihrem<br />

Versorgungsgebiet allein zuständig.<br />

Grundsätzlich sind bei einer Notlage<br />

zwei Zustände zu unterscheiden, die<br />

von der normalen Netzversorgung (N)<br />

abweichen:<br />

Zustand E: Eingeschränkte Netzversorgung<br />

Zustand U: Unterbrochene Netzversorgung<br />

Bei eingeschränkter Netzversorgung<br />

(E) bleibt das Wasserversorgungsunternehmen<br />

alleiniger Wasserversorger.<br />

Der Betrieb wird möglichst lange mit<br />

den vorhandenen Wasserwerksanlagen<br />

aufrecht erhalten. Nach Bedarf


kann über die zuständigen Krisenorganisationen,<br />

sofern vorgän gig geplant,<br />

die praktische Unterstützung beispielsweise<br />

durch Zivilschutz, Feuerwehr und<br />

Landesversor gung angefordert werden.<br />

Bei unterbrochener Netzversorgung (U)<br />

sind die Wasserversorgungsunternehmen<br />

primär mit der Instandstellung ihrer<br />

Wasserversorgungsanlagen betraut.<br />

Die Wasserbereitstellung und<br />

-verteilung obliegt der zuständigen<br />

Krisenorganisation.<br />

Auch bei der unterbrochenen Netzversorgung<br />

werden in erster Linie alle<br />

noch funktionsfähigen Elemente der<br />

normalen Wasserversorgung eingesetzt.<br />

An allen übrigen Orten erfolgt die<br />

Verteilung nach dem Holprinzip: der<br />

Wasserkonsument holt sein Wasser in<br />

einem mitgebrachten Gefäss an einem<br />

Abb. 1: Bewältigung einer Notlage<br />

von der Krisenorganisation festgelegten<br />

Ort.<br />

Aufgabenteilung in einer Notlage<br />

Am Ende der Kette steht der Konsument.<br />

Er ist auf das Trinkwasser angewiesen.<br />

Zu Beginn einer Notlage muss<br />

er auf einen Notvorrat zurückgreifen<br />

können.<br />

Der Hauptakteur ist der Wasserversorger.<br />

In einer Notlage versorgt er die<br />

Konsumen ten in den angeschlossenen<br />

Gemeinden so lange wie möglich autonom.<br />

Für Wiederherstellungs arbeiten<br />

wird er in erster Linie auf seine eigenen<br />

Mittel und diejenigen der Gemeinden in<br />

seinem Versorgungsgebiet zurückgreifen.<br />

So können Gemeinden ihre Feuerwehr<br />

oder den Zivilschutz zur Hilfeleistung<br />

aufbieten. Reicht das nicht aus,<br />

können diese beim Kanton allenfalls<br />

erforder liche Verstärkun gen anfordern.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Der Kanton setzt in einer Notlage auf<br />

Antrag einer Versorgungsregion bzw.<br />

einer Gemeinde das bereitgestellte so<br />

genannte «schwere Material» aus regionalen<br />

Werkhöfen ein. Soweit vorhanden,<br />

bietet er Zivilschutzformationen<br />

oder kantonale Werkgruppen für Hilfeleistungen<br />

auf. Das kantonale Labor<br />

wird die Kontamination von Wasservorkommen<br />

analysieren. Andere kantonale<br />

Behörden werden sich darum bemühen,<br />

der Verunreinigung von Trinkwasser<br />

möglichst zuvorzukommen.<br />

Schliesslich kann der Kanton beim<br />

Bund Hilfeleistungen durch die Armee<br />

anfordern.<br />

Der Bund handelt in einer Notlage<br />

erst nach Aufforderung durch einen<br />

Kanton. Im Vordergrund stehen die<br />

Beratung durch Behördenvertreter<br />

und die Unterstützung mit Mitteln der<br />

Armee.<br />

13


14<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Fazit<br />

Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel.<br />

Nach der Verordnung über die<br />

Sicherstellung der Trinkwasserversorgung<br />

in Notlagen (VTN) sollen die Konsumenten<br />

jederzeit über die festgelegten<br />

Mindestmengen an Trinkwasser<br />

verfügen können. Diese Anforderung<br />

Trinkwasserversorgung in<br />

Notlagen<br />

Interview von Markus Biner mit Urs<br />

Kamm, dipl. Ing. ETH, Leiter Bereich<br />

Wasser, SVGW Zürich<br />

Wieso wurde eine nationale Verordnung<br />

für die Sicherstellung der<br />

Trinkwasserversorgung in Notlagen<br />

geschaffen?<br />

Trinkwasser ist ein unentbehrliches Lebensmittel.<br />

Die Einwohner einer Stadt<br />

oder Gemeinde sind auf einen zuverlässigen<br />

und sicheren Service ihrer<br />

Wasserversorgung angewiesen. Dies<br />

gilt auch für ausserordentliche Situationen.<br />

Auch wenn bei uns grössere<br />

Störungen die Ausnahme bilden, sind<br />

für solche Fälle vorsorgliche Massnahmen<br />

zu treffen. Die wichtigsten davon<br />

sind in der Verordnung umschrieben.<br />

Damit soll erreicht werden, dass auch<br />

nach schwereren Zwischenfällen die<br />

lebensnotwendige Menge an Trinkwasser<br />

verfügbar ist.<br />

Was sind die vordringlichen Ziele<br />

der Verordnung?<br />

Wie bereits erwähnt, geht es primär<br />

darum, dass wir auch in Notfällen über<br />

Trinkwasser verfügen. Die Verordnung<br />

geht allerdings noch weiter. So soll mit<br />

den vorgesehenen Massnahmen auch<br />

gewährleistet werden, dass die normale<br />

Versorgung so lange wie möglich<br />

aufrecht erhalten bleibt und auftretende<br />

Störungen rasch behoben werden.<br />

stellt Aufgaben an alle Beteiligten, an<br />

die Konsumenten, die Gemeinden und<br />

die Wasserversorger, an die Kantone<br />

und an die beteiligten Bundesstellen.<br />

Für die Inhaber der Wasserversorgungsanlagen<br />

soll der Vollzug der Verordnung<br />

ganz allgemein zu einer Erhö-<br />

Urs Kamm, dipl. Ing. ETH, Leiter Bereich<br />

Wasser, SVGW Zürich<br />

Was ist unter Notlage zu verstehen?<br />

Eine Notlage im Sinne der Verordnung<br />

liegt dann vor, wenn die normale Versorgung<br />

mit Trinkwasser, insbesondere<br />

infolge von Naturereignissen, Störfällen,<br />

Sabotagen oder kriegerischen<br />

Handlungen erheblich gefährdet, erheblich<br />

eingeschränkt oder verunmöglicht<br />

ist.<br />

Gilt eine Pandemie als Notlage?<br />

Aufgrund der möglichen Gefahren für<br />

eine Pandemie durch die Vogelgrippe<br />

bzw. die Schweinegrippe hat der SVGW<br />

ein Handbuch für die betriebliche Vorbereitung<br />

auf Pandemiefälle ausgearbeitet,<br />

das auf den Grundlagen des<br />

Bundesamtes für Gesundheit basiert.<br />

Mit gezielten Massnahmen soll sichergestellt<br />

werden, dass die Wasserversorgung<br />

auch unter erschwerten Bedingungen<br />

einer Pandemie vollumfänglich<br />

funktionstüchtig bleibt. Obwohl gewisse<br />

Tätigkeiten reduziert werden müssten,<br />

hung der Betriebssicherheit auch im<br />

Normalbetrieb führen. Eine wirksame<br />

Bewälti gung von Notlagen im Ernstfall<br />

wird nur dann möglich sein, wenn vor<br />

allem die Wasserversor ger und die Gemeindebehörden<br />

entsprechend vorbereitet<br />

sind.<br />

wird angestrebt, dass der Trinkwasserbedarf<br />

der Kunden vollständig gedeckt<br />

werden kann.<br />

Wer ist für die Trinkwasserversorgung<br />

in Notlagen zuständig?<br />

Grundsätzlich sind die Inhaber der<br />

Wasserversorgungsanlagen und die<br />

Kantone für die Trinkwasserversorgung<br />

in Notlagen zuständig. Allerdings hat<br />

auch die Bevölkerung ihren Beitrag in<br />

Form einer Lagerhaltung von Trinkwasser<br />

zu leisten. Das Bundesamt für wirtschaftliche<br />

Landesversorgung hat eine<br />

Broschüre über den empfohlenen Notvorrat<br />

publiziert. Pro Person soll danach<br />

der Notvorrat unter anderem<br />

neun Liter Wasser umfassen.<br />

Wurde die Trinkwasserversorgung in<br />

Notlagen schon überall realisiert?<br />

Die Abteilung Trinkwasser der wirtschaftlichen<br />

Landesversorgung hat<br />

eine detaillierte Befragung bei den Kantonen<br />

über den Stand des Vollzugs der<br />

Verordnung über die Sicherstellung der<br />

Trinkwasserversorgung in Notlagen<br />

durchgeführt und die Antworten ausgewertet.<br />

Dabei hat sich gezeigt, dass die Verordnung<br />

für die meisten dicht besiedelten<br />

Gebiete umgesetzt ist. Lücken<br />

bestehen insbesondere in ländlichen<br />

Gebieten. Die meisten Kantone arbeiten<br />

daran, vorhandene Vollzugslücken<br />

zu schliessen.


KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Vulnerabilität im hoch sensiblen Umfeld der<br />

Einsatzleitzentralen von Schutz & Rettung Zürich<br />

Hptm Reto Trottmann, Abteilungsleiter Einsatzleitzentralen SRZ, Weststrasse 4, 8036 Zürich, reto.trottmann@zuerich.ch<br />

Key Words: Einsatzleitzentrale, Schutz &<br />

Rettung Zürich, Vulnerabilität<br />

Die Einsatzleitzentralen (ELZ) von<br />

Schutz & Rettung Zürich (SRZ) sind<br />

eine zentrale Infrastruktur zur Steuerung<br />

von Rettungsdiensten und<br />

Feuerwehren im Grossraum Zürich.<br />

Die ELZ kann ohne entsprechende<br />

Gegenmassnahmen durch verschiedenste<br />

Ereignisse gestört oder ausser<br />

Betrieb gesetzt werden. Ereignisse<br />

können unter anderem in die<br />

Kategorien «Elementarereignisse»,<br />

«organisatorische Probleme», «personelle<br />

Probleme» und «Technische<br />

Probleme» eingereiht werden. Um<br />

Ausfälle der ELZ zu minimieren, sind<br />

die Prinzipien des Business Continuity<br />

Managements zu beachten<br />

und in alle Prozesse der ELZ einzubauen.<br />

Dies sind: Vorbeugen, Ausfall<br />

erkennen, Notbetrieb herstellen,<br />

Problem dauerhaft lösen sowie<br />

Rückkehr zum Normalbetrieb.<br />

Ausgangslage<br />

Im Kanton Zürich sind heute zwei ELZ<br />

in Betrieb, welche die Notrufnummern<br />

118 und 144 entgegennehmen und<br />

verarbeiten.<br />

Die ELZ Zürich (an der Weststrasse in<br />

Zürich) und die ELZ Flughafen (auf dem<br />

Flughafengelände) werden durch SRZ<br />

betrieben und beide nehmen sowohl<br />

Sanitäts- wie Feuerwehrnotrufe entgegen<br />

und disponieren die entsprechenden<br />

Einsatzmittel. Die Nähe der ELZ<br />

Flughafen zum Flughafen Zürich ist eine<br />

zwingende Grundvoraussetzung für die<br />

Einhaltung der heute geltenden Vorgaben<br />

der International Civil Aviation Organization.<br />

Die beiden ELZ Zürich und Flughafen<br />

sind jeweils für ein Einsatzgebiet Süd<br />

respektive Nord, die für den Sanitäts-<br />

und Feuerwehrbereich klar definiert<br />

sind, verantwortlich. Zusätzlich zum<br />

Empfang der Notrufe und Disposition<br />

der Einsatzmittel nehmen die beiden<br />

ELZ zahlreiche weitere Aufgaben wahr,<br />

wie etwa die Entgegennahme von Alarmen<br />

der Gefahrenmeldeanlagen, Aufgebot<br />

und Disposition verschiedenster<br />

Pikettdienste und Spezialisten, ausserkantonale<br />

Leistungsaufträge, Vermittlung<br />

von Krankentransportdiensten<br />

sowie Koordination von sanitätsdienstlichen<br />

Grossereignissen.<br />

Die ELZ Zürich ist rund um die Uhr mit<br />

mindestens vier bis sechs Disponenten<br />

im Schichtbetrieb besetzt, die ELZ<br />

Flughafen mit drei bis vier Disponenten.<br />

Die Systemlandschaft der Zentralen ist<br />

heute stark heterogen. Als Einsatzleitsystem<br />

(ELS) ist in der ELZ Zürich das<br />

System I/CAD der Firma Intergraph in<br />

Betrieb, das auch bei der Kantonspolizei<br />

Zürich und den beiden Stadtpolizeien<br />

Winterthur und Zürich zum Einsatz<br />

gelangt. In der ELZ Flughafen wird ein<br />

System von Swissphone-Systems eingesetzt.<br />

Ähnlich heterogen ist die Systemlandschaft<br />

in den Bereichen Telefonie,<br />

Funk, Sprachaufzeichnung sowie<br />

Auftrags- und Statusübermittlung. Diese<br />

grosse Vielfalt an unterschiedlichen<br />

Systemen behindert die Zusammenarbeit<br />

der Zentralen und den Datenaustausch,<br />

führt zu Fehlern und erhöht die<br />

Ausbildungs- und Betriebskosten massiv.<br />

In den hoch modern ausgerüsteten<br />

ELZ von SRZ am Flughafen und in der<br />

Stadt Zürich nehmen 50 Disponenten<br />

rund um die Uhr jährlich über 500’000<br />

Anrufe entgegen. Daraus resultieren<br />

rund 100’000 Einsatzdispositionen für<br />

die regional zuständigen Feuerwehren<br />

im Kanton Zürich und die Rettungs-<br />

dienste in den Kantonen Zürich,<br />

Schwyz und Schaffhausen.<br />

Die ELZ des Kantons Zürich sind, wie<br />

auch die Zentralen in anderen Kantonen,<br />

mit einer stetig steigenden Anzahl<br />

von Anrufen konfrontiert. Unabhängig<br />

von den vermehrt auftretenden Elementarereignissen<br />

steigt das Anrufvolumen<br />

jährlich um bis zu sechs Prozent.<br />

Die Gründe dafür liegen hauptsächlich<br />

in gesellschaftlichen Veränderungen<br />

wie die zunehmende Verbreitung von<br />

Mobiltelefonen und der gesunkenen<br />

Hemmschwelle zum Gebrauch der<br />

Notrufnummer.<br />

Vulnerabilität<br />

Das fortwährende Funktionieren komplexer<br />

IT-Infrastrukturen ist zur unabdingbaren<br />

Voraussetzung für nahezu<br />

alle Geschäftsprozesse geworden. Naturkatastrophen<br />

wie Hochwasser,<br />

Sturm und Brand sind nur einige Szenarien,<br />

die eine Organisation bedrohen<br />

können. Für einen unvorhergesehenen<br />

Krisen- und Schadensereignisfall müssen<br />

daher Vorkehrungen getroffen werden.<br />

Mit einem gezielten Risikomanagement<br />

werden Bedrohungen und<br />

Schwachstellen frühzeitig identifiziert<br />

und kontrolliert. Es besteht jedoch immer<br />

auch die Gefahr eines nicht erkannten<br />

Restrisikos. Durch Business<br />

Continuity Management und Disaster<br />

Recovery-Plan sollten diese Gefahren<br />

möglichst klein gehalten werden können,<br />

damit in einem Eintretensfall dadurch<br />

möglichst schnell wieder zum<br />

Normalbetrieb übergegangen werden<br />

kann.<br />

Eine ganzheitliche Betrachtung aller<br />

beteiligten Komponenten muss dabei<br />

beachtet werden, um die einsatzkritischen<br />

Prozesse der ELZ stabil zu betreiben.<br />

15


16<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

Bei SRZ wurden deshalb alle vorhandenen<br />

Systeme auf ihre Notwendigkeit<br />

für den Kernprozess «Alarm entgegegennehmen<br />

– Einsatzkräfte<br />

disponieren – Einsatzkräfte alarmieren»<br />

kategorisiert. Für alle diese einsatzkritischen<br />

Systeme wurde festgelegt,<br />

dass redundante Infrastrukturen<br />

aufgebaut und jeweils zusätzlich ein<br />

reduziert einsatztauglicher Ersatzprozess<br />

ohne Nutzung der entsprechenden<br />

Systeme konzipiert wird. In der<br />

Abb. 1: Umsysteme<br />

Folge wurden Dokumente und<br />

Checklisten erarbeitet, um die Infrastruktur<br />

nach einem Ereignisfall möglichst<br />

schnell wieder in den Alltagsbetrieb<br />

zurück zu führen. Teil- und<br />

Totalausfälle des Einsatzleit- und seiner<br />

Umsysteme (Abb. 1) werden mit<br />

den Disponenten im aktiven Betrieb<br />

in regelmässigen Abständen geübt.<br />

Die daraus gewonnenen Erkenntnisse<br />

fliessen danach in die Prozesse und<br />

Dokumente ein.<br />

Auch die Sicherstellung der Dokumentation<br />

des Wissens der Mitarbeitenden<br />

und dessen Verteilung auf mehrere<br />

Wissensträger gehört zur Risikominimierung.<br />

Gesetzliche Verpflichtungen<br />

und Mindestanforderungen an die Datenverarbeitung<br />

und -speicherung<br />

müssen selbstverständlich ebenfalls<br />

erfüllt werden. Die wichtigsten Systeme<br />

der ELZ sind heute redundant ausgelegt,<br />

damit z. B. bei einem Ausfall eines<br />

einzelnen Server-Systems der Betrieb


ohne Einschränkungen aufrecht erhalten<br />

werden kann.<br />

Zusätzlich zu dieser Redundanz auf<br />

Systemebene wird die Ausfallsicherheit<br />

durch den Einsatz einer geographischen<br />

Rückfallebene erhöht. Diese besteht<br />

aus zusätzlichen, örtlich getrennten<br />

Arbeitsplätzen, die bei einem<br />

Totalausfall der Hauptzentrale in Betrieb<br />

genommen werden. So können<br />

die Leistungsaufträge zumindest in<br />

reduziertem Masse weiterhin erbracht<br />

werden.<br />

Bei der ELZ Zürich hat ein Zusammenschluss<br />

mit der Stadtpolizei Zürich im<br />

Jahre 2008 stattgefunden. Die Datenbanken<br />

des Einsatzleitsystems beider<br />

Parteien werden gegenseitig gespiegelt,<br />

damit im Falle eines Datenverlusts<br />

die Datenbanken wieder hergestellt<br />

Abb. 2: redundante Zentrale<br />

werden können. Diese Zusammenarbeit<br />

zwischen der ELZ Zürich und der<br />

Stadtpolizei Zürich hat sich in den vergangenen<br />

Jahren bewährt und hat so<br />

auch für beide Partner zur Risikominimierung<br />

im Betrieb geführt.<br />

Für die Pager-Alarmierung sind die beiden<br />

Zentralen Zürich und Flughafen<br />

gegenseitig redundant ausgelegt.<br />

Zusätzlich steht uns heute im Rieterpark<br />

eine Infrastruktur zur Verfügung,<br />

die bei einem Totalausfall in Betrieb<br />

genommen werden könnte, dies aber<br />

mit reduziertem Systemumfeld.<br />

Projekt ELZ 2011<br />

Um die Systemlandschaft zu vereinheitlichen<br />

und damit weniger fehleranfällig<br />

zu gestalten, wird im Projekt ELZ 2011<br />

eine neue ELZ geplant und am Flugha-<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

fen Zürich im Prime-Center 2 aufgebaut.<br />

Die Inbetriebnahme der neuen ELZ ist<br />

auf zirka Mitte 2012 geplant.<br />

Ziele des Projekts ELZ 2011:<br />

Es sind 17 vollwertige ELZ-Arbeitsplätze<br />

in der Zentrale eingeplant.<br />

Weiter realisieren wir im Tactical<br />

Operations Center (TOC) zwei vollständige<br />

ELZ-Arbeitsplätze für die<br />

Führung bei Gross- und Sonderlagen.<br />

Um bei Unwetter die Anrufspitzen<br />

von über 1’500 Anrufen pro<br />

Stunde zu bewältigen, werden noch<br />

14 reduzierte Notfall-Arbeitsplätze<br />

eingeplant.<br />

Zusammenführung der räumlich getrennten<br />

Zentralen (Flughafen und<br />

Zürich) in eine gemeinsame Zentrale.<br />

Die Zusammenführung bezweckt einen<br />

flexibleren Personaleinsatz. Mit<br />

dem gleichen Personalbestand wie<br />

17


18<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1/ 11<br />

bei getrennten Zentralen soll in einer<br />

gemeinsamen Zentrale ein grösseres<br />

Anrufvolumen bewältigt werden. Das<br />

Schichtmodell wird dem Anrufvolumen<br />

entsprechend angepasst.<br />

Eine betriebene ELZ mit Redundanz:<br />

Am neuen Standort der ELZ 2011<br />

wird der vollumfängliche Betrieb für<br />

sämtliche SRZ-Leistungsaufträge<br />

aufgebaut und die Einsätze daraus<br />

abgearbeitet. Die bestehende ELZ<br />

Zürich bildet die Rückfallebene für<br />

den Notfall (d. h. bei Totalausfall der<br />

ELZ 2011) und wird nur bei einem<br />

Ausfall der ELZ 2011 in Betrieb genommen.<br />

Die ELZ an der Weststrasse<br />

ist im Normalfall nicht besetzt, kann<br />

jedoch für Ausbildungen usw. verwendet<br />

werden. Sämtliche kritischen<br />

Systeme sind am Redundanzstandort<br />

in ausreichender Verfügbarkeit vorhanden.<br />

Die Systemlandschaft der<br />

ELZ beinhaltet das ELS, das Sprachvermittlungssystem<br />

und die Bildsysteme,<br />

eine eigene Telefonzentrale für<br />

die Notrufnummern, Empfangssysteme<br />

für Gefahrenmeldeanlagen, den<br />

Funk, die Sprachaufzeichnung, die<br />

Pager-Alarmierung und die Auftrags-<br />

und Statusübermittlung. Alle relevanten<br />

Systeme müssen sowohl in der<br />

Hauptzentrale als auch in der Rück-<br />

fallzentrale (ELZ Zürich) einheitlich,<br />

vollständig, unabhängig voneinander<br />

und mit jederzeit identischem Datenbestand<br />

hoch verfügbar vorhanden<br />

sein (Abb. 2).<br />

Mit dieser neuen redundanten Zentrale<br />

können wir mit gutem Gewissen in die<br />

Zukunft schreiten. Es werden maximale<br />

Vorkehrungen getroffen, um die Verwundbarkeit<br />

auf ein Minimum zu beschränken<br />

und den entsprechenden<br />

Anspruchsgruppen (Bevölkerung, Patienten,<br />

Auftraggebern und Stakeholdern)<br />

sicherheitstechnisch gerecht zu<br />

werden.


In questo numero...<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Franco Bianchi, giornalista, via Cantonale, 6927 Agra, membro della commissione di redazione del bollettino d’informazione sul SSC,<br />

fbimedia@bluewin.ch<br />

Parole chiave: infrastrutture critiche<br />

Per una volta, iniziamo dalla… fine<br />

segnalando un piccolo, grande<br />

cambiamento nella proposta della<br />

rivista SSC: in chiusura, al posto<br />

della rubrica AKTUELL (o ATTUA-<br />

LITA che dir si voglia), con questo<br />

numero parte il capitolo INFO. Parzialmente<br />

bilingue (D/F) e sempre<br />

completo di «Agenda», vi sono inseriti<br />

contributi di vario genere:<br />

slegati dal tema principale, ma che<br />

la redazione reputa ugualmente interessanti<br />

oltre che, ben inteso, di<br />

semplice (si fa per dire) servizio per<br />

i lettori. À propos: notevole il successo<br />

della rivista «azzurra» pubblicata,<br />

ora, con cura particolare anche<br />

sul sito web dell’Ente nazionale<br />

(come documento in formato PDF),<br />

oltre che inviato nell’abituale veste<br />

stampata. Ma veniamo all’abituale<br />

riassunto dei vari contributi imperniati<br />

stavolta – sia nelle pagine SSC,<br />

sia nell’inserto curato dalla Società<br />

svizzera degli ufficiali delle truppe<br />

sanitarie (SSUTS) «Swiss Review<br />

of Military and Disaster Medicine»<br />

(SRMDM) – sul tema: «Infrastrutture<br />

critiche». Buona lettura.<br />

Il direttore dell’Ufficio federale della protezione<br />

della popolazione (UFPP) Willi<br />

Scholl e il caporedattore della SSUTS<br />

magg. Thomas Syburra, nei loro editoriali,<br />

spiegano il ruolo strategico d’infrastrutture<br />

e servizi ai quali lo Stato (ovvero,<br />

noi: i cittadini svizzeri) non può<br />

rinunciare e sui quali bisogna sempre<br />

contare. Da qui, l’ipotesi: come regolarsi,<br />

in caso d’emergenza, quando<br />

magari una catastrofe, una ristrettezza<br />

sul fronte degli approvvigionamenti di<br />

materie prime, una lacuna sul frontesicurezza<br />

o, ancora, una crisi nell’ordine<br />

pubblico mandano appunto in «tilt»<br />

una o più di queste (nello specifico)<br />

infrastrutture? Prevenire è meglio di<br />

curare, recita l’adagio, e il Consiglio<br />

Federale l’ha fatto suo approntando il<br />

piano strategico, nel giugno 2009, dedicato<br />

a questo problema: la protezione<br />

delle infrastrutture critiche (PCI). Da<br />

qui, gli spunti di riflessione nei vari contributi<br />

specialistici.<br />

Ospedali e sistema sanitario, per intuibili<br />

ragioni, catalizzano le ipotesi di<br />

azione-reazione, sicché al lettore è offerta<br />

un’ampia carrellata di possibili (ci<br />

auguriamo solo ipotetici) guai e rispettivi<br />

rimedi: vuoi preventivi, vuoi operativi<br />

(cioè dopo che l’evento critico s’è già<br />

prodotto), pure estesi ad altri «settori».<br />

Ecco, dunque, Peter Mollenkopf (direttore<br />

logistico di Scana Lebensmittel<br />

AG, Regensdorf) insistere sull’importanza<br />

della «Sicurezza nella consegna<br />

di generi alimentari, anche nel caso di<br />

Pandemie», mentre Markus Biner (consulente<br />

tecnico dell’Associazione svizzera<br />

degli esperti per il gas e l’acqua,<br />

Zurigo) si occupa di «Rifornimenti di<br />

acqua, in casi d’emergenza», con accento<br />

su «Acqua potabile: prodotto<br />

della natura vitale e indispensabile».<br />

Per avvicinarci alla Sanità, ecco il cap.<br />

Reto Trottmann che, nella sua funzione<br />

di direttore del reparto per la Centrale<br />

d’Ingaggio del servizio Protezione e<br />

Soccorso, a Zurigo, propone alcune<br />

riflessioni sulla «Vulnerabilità (della centrale<br />

medesima) in condizioni di crisi»,<br />

quando cioè si tratta di organizzare,<br />

coordinare, gestire pompieri e sanitari<br />

in situazioni difficili e «sensibili». Di<br />

tutt’altro genere lo scenario ipotizzato<br />

da Hans Peter Aebischer, capo servizio<br />

tecnica e sicurezza (associato alla direzione<br />

operativa) dell’Inselspital di Berna<br />

che scrive di un’emergenza particolare,<br />

nell’Istituto medesimo: in specie, «Il<br />

guasto nel sistema di riscaldamento<br />

dislocato» sicché bisogna sapersi destreggiare<br />

nel garantire, in ogni caso, il<br />

rifornimento (non solo energetico) di<br />

tale risorsa a personale e pazienti degenti.<br />

Pure l’inserto della SSUTS propone<br />

contributi dai quali trarre utili indicazioni.<br />

Come nel caso del «Controllo (check)<br />

delle infrastrutture critiche negli ospedali,<br />

tramite l’analisi dei fattori di rischio»<br />

suggerito da Janine Borchert e Detlef<br />

Cwojdzinski dell’Amministrazione superiore<br />

per la Salute, l’Ambiente e il Consumo,<br />

a Berlino (Germania). Da parte<br />

sua, e nuovamente ipotizzando un’emergenza<br />

concreta, il capo gestione del<br />

servizio Rischi e Sicurezza all’Unispital<br />

di Zurigo, Heinz Ursprung, spiega come<br />

prevenire ed eventualmente gestire «La<br />

comunicazione elettronica, in caso di<br />

crisi» ritenuto che il SOS può giungere<br />

da Pronto Soccorso, rete PC, servizi di<br />

continuità e chi più ne ha, più ne metta.<br />

Da segnalare, infine, «I Confini della quotidianità,<br />

nel Terzo Mondo», là dove «Il<br />

sole allarga gli orizzonti». Un servizio a<br />

«più mani» – prof. dott. med. e dott. h. c.<br />

Martin Oberholzer, decano dell’Accademia<br />

svizzera per la medicina militare e la<br />

medicina in caso di catastrofi (ASMC),<br />

Ittigen; Max Scherrer, già direttore PTT<br />

Cantone Turgovia, Weinfelden; Regina<br />

Decker, Istituto di patologia all’Unispital<br />

Basilea; Ernst Sauerbruch, già caposervizio<br />

in una fabbrica di macchinari per la<br />

lavorazione di polimeri, a Stein am Rhein,<br />

e Herbert Aschwanden, primario di chirurgia<br />

all’ospedale Muvonde di Mvuma,<br />

Zimbabwe – che spazia su energia solare,<br />

rifornimenti energetici, telemedicina e<br />

teleteaching prendendo spunte dalle più<br />

disparate esperienze, in Africa, dove Vita,<br />

Energia e Acqua formano un tutt’uno<br />

(ahinoi) sovente, forse troppo, spezzato<br />

da questo o quel cataclisma.<br />

19


20<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Editorial<br />

Le SSC et les infrastructures critiques<br />

Les infrastructures critiques sont la charpente<br />

qui maintient la structure de l’Etat moderne.<br />

Elles sont les organisations et les instances de<br />

première importance pour les autorités publiques.<br />

Si elles viennent à faire défaut, les<br />

conséquences sont délétères à plusieurs niveaux;<br />

il faut s’attendre à des impasses dans<br />

l’approvisionnement en matières premières,<br />

des lacunes de sécurité, des troubles de<br />

l’ordre public, un collapsus sanitaire. Et que<br />

penser du laboratoire haute sécurité à Spiez?<br />

IMPRESSUM<br />

Offizielles Publikationsorgan der Schweizerischen<br />

Gesellschaft der Offiziere der<br />

Sanitätstruppen (SGOS), 88. Jahrgang<br />

ISSN 1660-9514<br />

Maj Thomas Syburra<br />

Imaginez les conséquences d’une pénurie d’eau potable.<br />

Pensez à la dernière coupure de courant électrique. Un hôpital<br />

peut-il encore fonctionner sans informatique?<br />

Les moyens d’évaluer l’importance des différentes infrastructures<br />

critiques existent. Les catalogues de contre-mesures<br />

en cas de défaillance sont mis à jour continuellement. Le<br />

monde actuel, avec son interdépendance des systèmes, des<br />

réseaux logistiques, et de gestion des ressources en flux<br />

tendu, est vulnérable. Dans ce numéro, nos auteurs vous<br />

dévoilent les arcanes des infrastructures critiques majeures;<br />

vous y découvrirez des aspects cachés et parfois surprenants,<br />

tel le réservoir d’eau potable sur lequel vous roulez<br />

quotidiennement...<br />

Je vous souhaite une lecture aussi passionnante qu’enrichissante!<br />

Votre rédacteur en chef,<br />

Major Thomas Syburra<br />

Chefredaktor<br />

Major Thomas Syburra<br />

Rue du Grand-Pont 46<br />

CH-1950 Sion<br />

E-Mail: t.syburra@rbht.nhs.uk<br />

KSD und Kritische Infrastrukturen<br />

Die Kritischen Infrastrukturen sind das Rückgrat,<br />

welches die Struktur der modernen Staaten<br />

aufrecht erhält. Sie sind die Organisationen<br />

und die Erstinstanzen der öffentlichen Behörden.<br />

Wenn sie zusammenbrechen, ist mit<br />

schwer wiegenden Folgen auf zahlreichen<br />

Ebenen zu rechnen: Engpässe in der Rohstoffversorgung,<br />

Lücken in der Sicherheit, öffentliche<br />

Unruhen, sanitätsdienstlicher Kollaps.<br />

Und was würde zum Beispiel mit dem Hochsicherheitslabor<br />

Spiez geschehen?<br />

Stellen Sie sich einmal die Folgen eines Trinkwassermangels<br />

vor. Oder erinnern Sie sich an den letzten Stromausfall? Kann<br />

ein Krankenhaus heute etwa noch ohne EDV funktionieren?<br />

Die Mittel, um die Bedeutung der verschiedenen Kritischen<br />

Infrastrukturen einzuordnen, sind vorhanden. Die Massnahmenkataloge<br />

für Ausfälle und Notlagen werden regelmässig<br />

aktualisiert. Die heutige Welt, mit ihren gegenseitig voneinander<br />

abhängigen Systemen, mit den komplexen Logistiknetzwerken<br />

und immer tiefer gehaltenen Lagerbeständen, ist<br />

anfällig auf Störungen. Unsere Autoren enthüllen für Sie die<br />

verborgenen Seiten der wichtigsten Kritischen Infrastrukturen.<br />

Sie werden in dieser Ausgabe ungeahnte und manchmal<br />

überraschende Facetten davon entdecken, zum Beispiel das<br />

Trinkwasserreservoir, über das Sie täglich zur Arbeit fahren...<br />

Ich wünsche Ihnen eine bereichernde Lektüre!<br />

Ihr Chefredaktor<br />

Major Thomas Syburra<br />

Redaktion<br />

Oberst Sergei Bankoul, Ittigen<br />

Hptm RKD Dorothee Bürgi, Zürich<br />

Oberst Franco Poretti, Bern<br />

Major Lorenz Richner, Bern<br />

Hptm Frank Rühli, Zürich


SRMDM<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Statuscheck der Kritischen Infrastrukturen im<br />

Krankenhaus durch Risikoanalysen<br />

Janine Borchert und Detlef Cwojdzinski, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin,<br />

Detlef.Cwojdzinski@senguv.berlin.de<br />

Key Words: Kritische Infrastrukturen, Krankenhaus,<br />

Berlin<br />

Das Thema «Vorsorge für die Kritischen<br />

Infrastrukturen (KRITIS)» hat<br />

aktuell an Bedeutung gewonnen.<br />

Auf EU-Ebene wurde eine Richtlinie<br />

erlassen, die zu einem Verfahren<br />

zur Ermittlung und Ausweisung europäischer<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

(EKI) zu einem besseren Schutz<br />

von Infrastrukturen, deren Störung<br />

oder Zerstörung grenzüberschreitende<br />

Auswirkungen hätten, beitragen<br />

soll (Richtlinie 2008/114/EG).<br />

Das durch die Senatsverwaltung<br />

für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

in Berlin erarbeitete<br />

Schutzkonzept für eine Kritische<br />

Infrastruktur wird vorgestellt.<br />

«Kritische Infrastrukturen sind Organisationen<br />

und Einrichtungen mit wichtiger<br />

Bedeutung für das staatliche<br />

Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder<br />

Beeinträchtigung nachhaltig wirkende<br />

Versorgungsengpässe, erhebliche<br />

Störungen der öffentlichen Sicherheit<br />

oder andere dramatische Folgen eintreten<br />

würden.» 1 Zu diesen Kritischen<br />

Infrastrukturen zählen unter anderem<br />

die Trinkwasserversorgung, die Stromversorgung<br />

als auch die Gesundheitsversorgung.<br />

Krankenhäuser sind nicht<br />

nur selbst eine Kritische Infrastruktur,<br />

sondern die in ihnen existierenden<br />

Systeme und Strukturen sind ebenfalls<br />

von einer Vielzahl anderer Kritischen<br />

Infrastrukturen abhängig. Unter Anwendung<br />

bereits vorhandener Leitfäden<br />

zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz<br />

und Katastrophenhilfe in<br />

Bonn oder dem Bundesministerium<br />

des Innern hat die Senatsverwaltung<br />

für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

in Berlin in enger Zusammenarbeit<br />

mit zwei Berliner Kliniken in<br />

Form eines Pilotprojekts ein Schutzkonzept<br />

für eine Kritische Infrastruktur<br />

erarbeitet. Das Ziel dieses Konzepts<br />

ist es, mittels gezielter Analyse möglicher<br />

Gefährdungen und Verwundbarkeiten<br />

besonders die kritischen Bereiche<br />

eines Krankenhauses und somit<br />

einer Kritischen Infrastruktur, zu identifizieren<br />

und daraufhin geeignete<br />

Schutzmassnahmen abzuleiten. Besonders<br />

in Situationen, in denen eine<br />

Vielzahl von Menschen versorgt und<br />

behandelt werden müssen, ist die Erhaltung<br />

der Funktionsfähigkeit des<br />

Krankenhauses mit seinen für die Versorgung<br />

unabdingbaren Elementen<br />

oberster Priorität.<br />

Die einzelnen Konzeptschritte spiegeln<br />

sich in der Abb. 1 wieder.<br />

Im Rahmen des Schutzkonzepts sollen<br />

für das Krankenhaus bestimmte<br />

Schutzziele erreicht werden. Diese Ziele<br />

werden in der ersten Phase der Vorplanung<br />

definiert.<br />

Schutzziele (Z) in einer Klinik können<br />

beispielsweise sein:<br />

Z3 = Schutzziel 3: hat keine unmittelbare<br />

Bedeutung für lebenserhaltende<br />

Prozesse und für die Notversorgung<br />

unerlässliche Prozesse<br />

Z2 = Schutzziel 2: Prozesse sind<br />

nicht für die medizinische Versorgung<br />

notwendig. Deren Wiederherstellung<br />

oder Wiederbeschaffung<br />

ist allerdings sehr schwierig bzw.<br />

sehr teuer und steht nicht im Verhältnis.<br />

Z1 = Schutzziel 1: Erhaltung der<br />

Funktionsfähigkeit lebensnotwendiger<br />

Bereiche, Verhinderung der Gefährdung<br />

von Menschenleben.<br />

Oberste Priorität hat dabei das Schutzziel<br />

Z1.<br />

Der nächste Schritt ist die so genannte<br />

Risikoanalyse. Diese wird in zwei weitere<br />

Handlungsschritte, die Kritikalitäts-<br />

1 Definition Kritischer Infrastrukturen des AK<br />

KRITIS im Bundesministerium des Innern<br />

(BMI) vom 17.11.2003 Abb. 1: Die einzelnen Schritte des Schutzkonzepts für eine Kritische Infrastruktur<br />

21


22<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

analyse und die Risikoidentifikation<br />

untergliedert.<br />

Bei der Kritikalitätsanalyse werden mit<br />

Hilfe einer Tabelle alle Bereiche eines<br />

Krankenhauses aufgelistet bzw. identifiziert.<br />

Diese Bereiche sind zum Beispiel<br />

Intensivstation, Kreisssaal, Bildgebende<br />

Diagnostik und Labore. Im Anschluss<br />

daran werden diesen einzelnen Bereichen<br />

die jeweiligen Schutzziele (Z1; Z2;<br />

Z3), die bereits in der Vorplanung festgelegt<br />

wurden, zugeordnet. Mit Hilfe dieser<br />

Zuordnung ist es möglich, die einzelnen<br />

Bereiche sichtbar zu machen, die für das<br />

Krankenhaus unverzichtbar und damit<br />

als kritisch zu betrachten sind (Abb. 2).<br />

Durch diese Schutzzielzuordnung findet<br />

an dieser Stelle eine Art Filterung<br />

statt, die für die weiterführende Risikoanalyse<br />

hilfreich ist, weil zunächst nur<br />

die Bereiche weiter analysiert werden,<br />

die dem Schutzziel Z1 zugeordnet wurden.<br />

Der Schutz dieser Bereiche hat für<br />

die Erhaltung der Funktionalität lebensnotwendiger<br />

Bereiche innerhalb des<br />

Krankenhauses und die Verhinderung<br />

Verwendete Literatur und weitere Informationen:<br />

der Gefährdung von Menschenleben<br />

oberste Priorität. Eine Analyse der Bereiche<br />

mit der Schutzzielzuordnung Z2<br />

und Z3 kann zu einem späteren Zeitpunkt<br />

durchgeführt werden, da diese<br />

Bereiche aufgrund der geringer bewerteten<br />

Kritikalität weniger Schutzbedarf<br />

haben.<br />

Der nächste Schritt der Risikoanalyse ist<br />

die Risikoidentifikation. Bei der Risikoidentifikation<br />

handelt es sich um die Ermittlung<br />

der Risiken für das betrachtete<br />

Abb. 3: Muster Gefahren (Tabellenauszug)<br />

Krankenhaus. Die Risikoidentifikation<br />

beinhaltet weitere Handlungsschritte:<br />

die Gefährdungsanalyse und die Verwundbarkeitsanalyse.<br />

Aus den einzelnen<br />

Analysen gehen Ergebnisse hervor,<br />

anhand welcher sich im ergänzenden<br />

Schritt das Risiko ermitteln lässt.<br />

Für die Durchführung der Gefährdungsanalyse,<br />

als Teilprozess der Risikoidentifikation,<br />

wird eine Gefahrenliste erstellt,<br />

die für das Krankenhaus und dessen<br />

Standort relevant sein könnten (Abb. 3).<br />

Riegel, Christoph (BBK), In: Bevölkerungsschutz 1/2007, Risikoanalyse:<br />

http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_398098/SharedDocs/Publikationen/Publ__magazin/bsmag__1__07,temp<br />

lateId=raw,property=publicationFile.pdf/bsmag_1_07.pdf<br />

BBK, Schutz Kritischer Infrastruktur, Risikomanagement im Krankenhaus, 2009, Langfassung:<br />

http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_402322/SharedDocs/Publikationen/Praxis__Bevoelkerungsschutz/Langfassung__Leitfaden__Krankenh__Risiko-Kritis,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Langfassung_<br />

Leitfaden_Krankenh_Risiko-Kritis.pdf<br />

BMI Schutz Kritischer Infrastrukturen, -Risiko-Krisenmanagement-, Leitfaden für Unternehmen und Behörden,<br />

2007:<br />

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2008/Leitfaden_Schutz_kritischer_Infrastrukturen.pdf?__blob=publicationFile


SRMDM<br />

Abb. 4: Muster für Fragenkatalog<br />

Bezüglich dieser potenziellen Gefahren<br />

wird im nächsten Schritt deren Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

mit Hilfe eines Fragenkatalogs<br />

abgeschätzt.<br />

Der Fragenkatalog gemäss Abb. 4 ist<br />

dabei zu beantworten.<br />

Die Beantwortung der aufgeführten<br />

Fragen erfolgt mit «ja» oder «nein». Im<br />

Anschluss werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

der jeweiligen Gefahren<br />

anhand einer Stufe von I bis V bewertet.<br />

Stufe I bedeutet eine sehr<br />

geringe Wahrscheinlichkeit, dass die<br />

Gefahr eintritt.<br />

Die Eintrittswahrscheinlichkeit nimmt mit<br />

jeder Stufe stets zu. Die Stufe V bedeutet<br />

demnach, dass die Eintrittwahrscheinlichkeit<br />

sehr hoch ist. Die Stufe<br />

der Eintrittswahrscheinlichkeit bemisst<br />

sich an der Summe der mit «ja» beantworteten<br />

Fragen im Fragenkatalog.<br />

Nachdem potenzielle Gefahren für das<br />

Krankenhaus betrachtet sowie deren<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt<br />

wurde, folgt nunmehr die Verwundbarkeitsanalyse.<br />

Dieser Analyseschritt bezieht sich in diesem<br />

Fall auf die einzelnen in der Kritikalitätsanalyse<br />

ermittelten Bereiche mit dem<br />

Schutzziel Z1. Bei der Verwundbarkeit<br />

wird geprüft, wie anfällig der jeweilige<br />

Bereich mit dem Schutzziel Z1 gegenüber<br />

den in der Gefährdungsanalyse ermittelten<br />

Gefahren ist bzw. inwieweit die<br />

einzelnen Bereiche von einer bestimmten<br />

Gefahr betroffen sein könnten. Demnach<br />

werden hier die Schwachstellen ermittelt,<br />

die hinsichtlich der Gefahreneinwirkung<br />

anfällig sind.<br />

Die einzelnen Bereiche eines Krankenhauses<br />

werden in so genannte «Risikoelemente»<br />

untergliedert. Bei Betrachtung<br />

der einzelnen Bereiche ist<br />

festzustellen, dass jeder Bereich in<br />

seine Elemente zerlegt werden kann,<br />

d.h. ungeachtet, ob Intensivstation,<br />

Bettenstation oder Notaufnahme. Sie<br />

beinhalten stets folgende Elemente:<br />

Personal, technische Anlagen, Gebäude,<br />

Betriebsmittel oder Daten.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Die Unterteilung der Bereiche in seine<br />

Risikoelemente wird auch deshalb für<br />

notwendig erachtet, weil eine präzisere<br />

Untersuchung vorgenommen werden<br />

kann und um entsprechende Sicherheitslücken,<br />

die eine stärkere Verwundbarkeit<br />

des Bereiches hervorrufen können,<br />

zu erkennen. Die Verwundbarkeit<br />

eines jeden Risikoelements bemisst<br />

sich unter anderem an der Qualität bestehender<br />

Vorsorgemassnahmen.<br />

Wenn diese Informationen gewonnen<br />

werden können, ist es möglich, genau<br />

an diesen Punkten den Handlungsbedarf<br />

zu bestimmen und mit entsprechenden<br />

Massnahmen anzusetzen und<br />

damit Risiken zu verringern.<br />

Neben der Unterteilung der Bereiche in<br />

seine Risikoelemente, wird die Verwundbarkeit<br />

mit Hilfe bestimmter Verwundbarkeitskriterien<br />

ermittelt. Auch<br />

für diesen Teil der Risikoanalyse steht<br />

eine Tabelle zur Verfügung, in der sowohl<br />

die einzelnen Risikoelemente, als<br />

auch die ausgewählten Verwundbarkeitskriterien<br />

integriert sind.<br />

Mittels dieser Tabelle wird geprüft, wie<br />

anfällig/verwundbar die Bereiche im<br />

Krankenhaus gegenüber bestimmten<br />

Gefahren sind. Nachdem die Informationen<br />

gewonnen wurden, wird auch<br />

hier eine Verwundbarkeitsstufe, in der<br />

Literatur auch häufig als «Klassen» bezeichnet,<br />

bestimmt (Abb. 5).<br />

Der letzte Schritt der Risikoidentifikation<br />

ist die Risikoermittlung. Das Risiko<br />

setzt sich hierbei aus den Ergebnissen<br />

der Gefährdungs- und Verwundbarkeitsanalyse<br />

zusammen und wird in<br />

einer so genannten «Risikomatrix» abgebildet<br />

(Abb. 6).<br />

Nachdem nunmehr die Risikoanalyse<br />

abgeschlossen ist, werden die ermittel-<br />

23


24<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Abb. 2: Muster Kritikalitätsanalyse (Tabellenauszug)<br />

Abb. 5: Muster Verwundbarkeitsanalyse (Auszug)


SRMDM<br />

ten Risiken in der dritten Phase, der<br />

Risikobewertung, miteinander verglichen<br />

und die Bereiche des Krankenhauses<br />

identifiziert, die bezüglich ihres Risikoanteils<br />

einen übermässigen Anteil am<br />

Gesamtrisiko des Krankenhauses ausmachen.<br />

Die Ergebnisse werden mit den<br />

entsprechenden Verwundbarkeitstabellen<br />

verglichen, denn diese machen es<br />

möglich, die einzelnen Schwachstellen,<br />

die zu einer erhöhten Verwundbarkeit<br />

geführt haben, zu erkennen. Anhand<br />

einer Matrix kann lediglich das Risiko<br />

abgelesen werden. Die Ursachen, die zu<br />

einem erhöhten Risiko geführt haben,<br />

sind dabei nicht erkennbar.<br />

Am Ende des gesamten Prozesses<br />

wird entschieden, inwieweit gegenüber<br />

den bestehenden Risiken Massnahmen<br />

ergriffen werden müssen oder<br />

nicht. Das Krankenhaus hat die Möglichkeit,<br />

die bestehenden Risiken<br />

zu vermeiden,<br />

zu mindern,<br />

Abb. 6: Musterbeispiel Matrix<br />

zu transferieren oder<br />

zu akzeptieren.<br />

Allfällig zu ergreifende Massnahmen<br />

sind hierbei unter Kosten-Nutzen-<br />

Gesichtspunkten jeweils abzuwägen.<br />

Mit Rückblick auf die in den Krankenhäusern<br />

durchgeführten Analysen konnte<br />

teilweise beobachtet werden, dass<br />

bereits während der Untersuchungen<br />

Sicherheitslücken sichtbar wurden und<br />

mit minimalem Aufwand Massnahmen<br />

ergriffen werden konnten, die dazu führten,<br />

das Risiko sofort zu mindern.<br />

Ein Beispiel dafür ist der Anschluss an<br />

die Notstromversorgung von lebenserhaltenden<br />

Geräten oder aber die detaillierte<br />

Betrachtung von Verträgen externer<br />

Dienstleister.<br />

Die Geschäftsführungen der Krankenhäuser<br />

haben die Durchführung der<br />

Risikoanalysen unterstützt.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

In Anbetracht vergangener Ereignisse,<br />

wie der Stromausfall im Münsterland<br />

oder der Orkan «Kyrill», die nur einen<br />

Bruchteil aller Ereignisse darstellen, wird<br />

deutlich, wie gross die Verletzlichkeit unser<br />

Gesellschaft ist. Um auf diese Gefahren<br />

vorbereitet zu sein und abzuwenden,<br />

bedarf es nicht nur eines perfekten Krisenmanagements.<br />

Demnach sollte versucht werden, dass<br />

ein funktionierendes Risikomanagement<br />

neben der bestehenden Krankenhausalarmplanung<br />

als weiterer Teil der<br />

Unternehmensstrategie integriert wird.<br />

Dies schon allein aus dem Grund, um<br />

nicht nur repressiv, sondern auch präventiv<br />

handeln zu können. Die gewonnenen<br />

Informationen aus einer Risikoanalyse<br />

können zum Beispiel als<br />

Handlungsempfehlungen oder Verhaltensregeln<br />

in die bestehende Krankenhausalarmplanung<br />

integriert werden,<br />

so dass diese zu einer Verbesserung<br />

des Krisenmanagements beitragen.<br />

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26<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Elektronische Kommunikation im Krisenfall<br />

Heinz Ursprung, Security & Risk Management, UniversitätsSpital Zürich, Physikstrasse 4, 8091 Zürich, heinz.ursprung@usz.ch<br />

Key Words: IT-Notfallplanung, IT-Netzwerkstörung,<br />

Continuity Management, UniversitätsSpital<br />

Zürich<br />

Treten Störungen mit der elektronischen<br />

Kommunikation auf, müssen<br />

alle betroffenen Dienstleister solange<br />

ohne oder mit eingeschränkter<br />

Kommunikation weiter arbeiten<br />

können, bis die Störung gefunden<br />

und behoben wurde und der normale<br />

störungsfreie Betriebszustand<br />

wieder hergestellt ist! Das Krisenmanagement<br />

wird für alle Kliniken,<br />

Institute und Leistungszentren so<br />

ausgelegt, dass die Dienstleistungen<br />

während der Störungsbehebung<br />

gemeinsam erbracht werden<br />

können unter Berücksichtigung der<br />

Logistik, der Technischen Dienste<br />

und des Betriebs. Dabei spielen die<br />

im Voraus festgelegten Handlungsanweisungen<br />

(Kontinuitätsoptionen)<br />

für die optimale Bewältigung eines<br />

Krisenfalls eine entscheidende<br />

Rolle. Der Vorteil eines Spitals mit<br />

Notfallstation: Man verwendet im<br />

Alltag bereits Prozesse mit «Kontinuitätsoptionen»,<br />

die auch im Ausfallkonzept<br />

vorgesehen sind (Continuity<br />

Management).<br />

Einleitung<br />

«Die Computerpanne am Universitätsspital<br />

Zürich ist am Dienstag früh behoben<br />

worden. Der Schaden sei im Laufe<br />

der Nacht lokalisiert und die schadhafte<br />

EDV-Komponente entfernt worden,<br />

teilte das Spital mit. Auf den verschiedenen<br />

Systemen sei am frühen Morgen<br />

der Normalbetrieb wieder aufgenommen<br />

worden. Das Unispital kämpfte<br />

seit Montagmorgen mit einem Netzwerkunterbruch,<br />

von dem die administrativen<br />

Systeme wie auch Klinik-, Labor-<br />

und Radiologiesysteme betroffen<br />

waren. Die Patientenversorgung und<br />

-sicherheit war laut Communique zu<br />

jeder Zeit gewährleistet. Allerdings hätten<br />

Patientinnen und Patienten längere<br />

Wartezeiten oder eine Terminverschiebung<br />

in Kauf nehmen müssen.»<br />

Diese Meldung der Schweizerischen<br />

Depeschenagentur (SDA) wurde am 1.<br />

März 2005 über die Medien verbreitet.<br />

Man geht in Fachkreisen davon aus,<br />

dass in einem Spital mit seinen vielfältig<br />

verknüpften, 7x24-Stunden-Betriebsabläufen<br />

nie alle Störungen<br />

durch Prävention verhindert werden<br />

können [3]. Im Rahmen einer Nachdiplomarbeit<br />

mit dem Departement<br />

MTEC der ETH Zürich haben wir beispielhaft<br />

ein Leistungszentrum, eine<br />

Klinik und ein Institut ausgewählt für<br />

eine Konzeptstudie «Informatik-Ausfallkonzept<br />

für ein Universitäts-Spital»<br />

[1]. Die Ausführungen in diesem Beitrag<br />

zum Thema «Elektronische Kommunikation<br />

im Krisenfall» basieren auf<br />

dieser Konzeptstudie.<br />

Der Krisenfall – Die<br />

Netzwerkstörung vom<br />

28.2./1.3.2005<br />

Montagmorgen, 08.30 Uhr: Die Erfassung<br />

beim regulären Spitaleintritt<br />

der angemeldeten Patienten im Kliniksystem<br />

wird zunehmend schleppender.<br />

Die zuständigen Informatikmitarbeitenden<br />

werden automatisch alarmiert.<br />

Netzwerktechniker beginnen<br />

mit der Störungsanalyse.<br />

Die IT-Hotline registriert erste Störungsmeldungen.<br />

Die Stationen können elektronisch<br />

keine Medikamente bestellen.<br />

Patienten müssen provisorisch erfasst<br />

werden.<br />

Die Störung weitet sich auf die Netzwerkbereiche<br />

der Services aus, so<br />

dass aus Sicht der Anwender und<br />

Das USZ – eine hoch komplexe<br />

Welt mit der Grösse einer<br />

Kleinstadt<br />

Das UniversitätsSpital Zürich<br />

(USZ) ist ein Spital der öffentlichen<br />

Hand, befindet sich mitten<br />

in der Stadt und ist Eckpfeiler<br />

der medizinischen Grundversorgung<br />

von Stadt und Kanton.<br />

Mit 40 Spezialkliniken und Instituten<br />

bietet es ein umfassendes,<br />

medizinisch breit abgestütztes<br />

Behandlungsangebot<br />

für jährlich etwa 160’000 ambulant<br />

und über 30’000 stationär<br />

behandelte Patienten. Dafür<br />

sind unter anderem rund um<br />

die Uhr verfügbare Informatik-<br />

Dienstleistungen zwingend notwendig<br />

und davon wiederum<br />

hat die elektronische Kommunikation<br />

einen zentralen Stellenwert.<br />

Das USZ beschäftigt<br />

rund 6’100 Mitarbeitende.<br />

Das USZ arbeitet eng mit Instituten<br />

und Labors der Universität<br />

und auch der Eidgenössischen<br />

Technischen Hochschule<br />

(ETH) zusammen und steht in<br />

der medizinischen Forschung<br />

mit an vorderster Stelle. Am<br />

USZ werden stets die neuesten<br />

und erfolgversprechendsten<br />

Behandlungsmethoden eingesetzt.<br />

Einige Behandlungen und<br />

Operationen bietet das USZ als<br />

einziges Schweizer Spital an,<br />

weshalb Patienten aus allen<br />

Kantonen und dem Ausland zu<br />

uns kommen (www.usz.ch).<br />

Die Abbildung 1 veranschaulicht<br />

das komplexe Beziehungsnetzwerk<br />

.


SRMDM<br />

der Service-Verantwortlichen ein<br />

kompletter Ausfall der «elektronischen<br />

Kommunikation» entsteht.<br />

Keine elektronische Auftragsabwicklung<br />

mehr von Laboranalysen.<br />

Röntgenbilder sind nur noch am radiologischen<br />

Untersuchungsgerät<br />

(Modalität) vorhanden.<br />

Essensbestellung ist nicht mehr<br />

elektronisch möglich.<br />

Der Kernstab «Führung in ausserordentlichen<br />

Lagen» (FaoL) wird um 15<br />

Uhr einberufen und beginnt mit der<br />

Lagebeurteilung und Informationsbeschaffung.<br />

Die Mitarbeitenden<br />

werden direkt durch Flugblätter informiert,<br />

welche die Meldeläufer der<br />

Betriebsfeuerwehr verteilen und via<br />

Info-Points. Die Behörden werden<br />

informiert und Medienanfragen beantwortet.<br />

Gegen 23 Uhr kann der Fehler auf ein<br />

Gebäude (Trakt-Router) eingegrenzt<br />

werden. Das USZ bewirtschaftet<br />

über 10’000 Räume!<br />

4 Uhr: Die betroffene Etage mit dem<br />

entsprechenden Etagen-Switch ist<br />

identifiziert!<br />

Der FaoL-Kernstab bleibt mit einer<br />

minimalen Besetzung bis 05.30 Uhr<br />

vor Ort.<br />

Dienstagmorgen, 6 Uhr: Das Gerät,<br />

welches die Störung verursacht, ist<br />

eruiert.<br />

Ab 8 Uhr Wiederinbetriebnahme der<br />

Applikationen, nachdem die Störung<br />

behoben wurde.<br />

Am Dienstagmittag läuft das Gros<br />

der Applikationen wieder.<br />

Der FaoL-Einsatz dauert bis 14 Uhr.<br />

Die Störung dauerte von Montagmorgen<br />

bis Dienstagmittag. Dann konnten<br />

alle Systeme den Informatik-Betrieb<br />

wieder aufnehmen. Die interdisziplinäre<br />

Notfallstation des UniversitätsSpitals<br />

Zürich mit ihrem 7x24-Stundenbetrieb<br />

und knapp 40’000 Patientenkontakten<br />

pro Jahr, war durch diese Informatikstörung<br />

stark betroffen und gefordert.<br />

Die Netzwerkgruppe versuchte zuerst,<br />

die Störung mit eigenen Mitteln zu lokalisieren<br />

und zu beheben, dann wurde<br />

externe Hilfe der Lieferanten angefordert.<br />

Nach einem halben Tag wurde an<br />

den FaoL eskaliert. Gemeinsam und<br />

auf verschiedenen Ebenen konnten wir<br />

diesen Krisenfall erfolgreich meistern.<br />

Die Störquelle löste mehrere Folgefehler<br />

aus, welche sich gegenseitig im gesamten<br />

USZ-Netzwerk beeinflussten.<br />

Deshalb blieb die Ursache längere Zeit<br />

unentdeckt. Erst eine Entkopplung von<br />

Netzwerkteilen ermöglichte die Fehlerlokalisierung.<br />

Ein typischer möglicher<br />

Störungsfall für komplexe Organisationen<br />

mit vielen verschiedenen, zum Teil<br />

eng verknüpften Betriebsabläufen. Die<br />

Ursache war eine zu Beginn nicht überschaubare<br />

und nachvollziehbare komplexe<br />

Störung [3].<br />

Ein Spital mit Notfallstation ist eine komplexe<br />

Organisation hoher Zuverlässigkeit<br />

mit vielen verschiedenen, zum Teil eng<br />

verknüpften Betriebsabläufen [2, 3]. Damit<br />

die Patienten behandelt werden kön-<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

nen, sind nicht nur Ärzte, Pflegepersonal<br />

und die elektronische Kommunikation<br />

notwendig, sondern auch medizinische<br />

und technische Geräte. Es braucht zum<br />

Beispiel die Logistik für Material- und Medikamentenbestellungen<br />

und den Betrieb<br />

für die Transporte, die Reinigung<br />

und die Verpflegung. Auch die Technik<br />

mit Lüftung, Wasser, Strom, Telefon usw.<br />

und die Informatik sind notwendige<br />

Dienstleister. Ohne die Informatik kann<br />

ein Universitätsspital seinen Leistungsauftrag<br />

heute nicht mehr erfüllen.<br />

Notfallstation – im Durchschnitt<br />

jede Viertelstunde eine<br />

Patientenaufnahme<br />

In der Notfallstation des USZ versteht<br />

man unter Normalbetrieb durchschnittlich<br />

alle 14 Minuten rund um die Uhr<br />

eine Patientenaufnahme und alle zehn<br />

Stunden eine Notoperation.<br />

Abb. 1: Das UniversitätsSpital Zürich mit der Notfallstation, dargestellt als Ausschnitt aus dem<br />

VBZ-Netz der Stadt Zürich, veranschaulicht das komplexe Beziehungsnetzwerk.<br />

27


28<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Die Abbildung 2 soll einen Eindruck<br />

vermitteln über die Patientenzahlen in<br />

der Notfallstation, wo die Mitarbeitenden<br />

im Schichtdienst in der Regel wenig<br />

Möglichkeiten haben, die Arbeitsbelastung<br />

zu steuern oder gleichmässig<br />

zu verteilen. Die Kurvenschar zeigt über<br />

mehrere Jahre die Anzahl der Patienten,<br />

die von September bis November<br />

während 24 Stunden aufgenommen<br />

wurden. Zwischen 4 und 6 Uhr werden<br />

am wenigsten Patienten aufgenommen<br />

und von 9 bis 10 Uhr am meisten!<br />

Die Einteilung der Eskalationsstufen<br />

(Abb. 3) zeigt, dass der Alltag per Definition<br />

in einer Notfallstation aus Notfällen<br />

wegen gesundheitlichen Störungen<br />

besteht, mitunter lebensbedrohlichen<br />

«Störungen»!<br />

Das heisst: Alle bisherigen Grossereignisse,<br />

wie oben aufgeführt, wurden mit<br />

der Notfallplanung routinemässig abgewickelt.<br />

Es werden im Alltag bereits<br />

Prozesse verwendet, die im Krisenfall<br />

vorgesehen sind. Das ist unter anderem<br />

eine wichtige Erkenntnis, welche<br />

ein Spital als komplexe Organisation<br />

mit hoher Zuverlässigkeit auszeichnet<br />

[2].<br />

Die Eskalationsstufen zeigen auch, dass<br />

die Notfallstation laufend mit Lagebeurteilungen<br />

konfrontiert ist. Die daraus<br />

abgeleiteten Massnahmen sind spezifisch<br />

für diesen Dienstleister. Mit folgenden<br />

Fragen konnte die Notfallstation<br />

ihren Handlungsbedarf abklären:<br />

Sind Ersatz-Lösungen vorhanden für<br />

die Netzwerkstörung?<br />

Der Patienten-Service wird mit Alternativ-Angeboten<br />

weitergeführt.<br />

Patientenbehandlung und Klinikbetrieb<br />

sind in der Methodenwahl eingeschränkt.<br />

Abb. 2: Eintrittszeiten/Spitzenzeiten von Patienten in der Notfallstation (Bereiche Medizin und Chirurgie)<br />

Gibt es einen Komfort- und Dienstleistungsverlust?<br />

Patienten-Service, Patientenbehandlung<br />

und Klinikbetrieb sind<br />

spürbar eingeschränkt.<br />

Das Patientenwohl ist nicht gefährdet.<br />

Sind Patienten gefährdet?<br />

Patienten können nicht mehr oder<br />

die sichtbaren Verletzungen können<br />

nur noch ambulant behandelt werden.<br />

Notfälle müssen in andere Spitäler<br />

verlegt/umgeleitet werden.<br />

Jeder Dienstleister kann anlog vorgehen,<br />

selbst wenn keine Personen betroffen<br />

sind, sondern nur technische<br />

Services. Wäre die Störung zum Beispiel<br />

ein Brandfall, müssten selbstverständlich<br />

auch die Mitarbeitenden in<br />

die Lagebeurteilung mit einbezogen<br />

werden!


SRMDM<br />

Abb. 3: Eskalationsstufen für das Leistungszentrum Notfallstation<br />

IKC-Labor – Es kann seine<br />

Dienstleistung mehrere Wochen<br />

ohne IT erbringen<br />

Das Institut für Klinische Chemie behandelt<br />

keine Patienten, ist aber mit seinen<br />

350’000 Laboraufträgen pro Jahr ein<br />

Dienstleister, der nicht durch Störungen<br />

ausfallen darf. Damit die über 2,2 Millionen<br />

Labor-Resultate pro Jahr zuverlässig<br />

und korrekt erstellt werden können,<br />

sind auch entsprechende Massnahmen<br />

und Ausfallkonzepte vorgesehen.<br />

Hier zwingt die Akkreditierung der Laborumgebung,<br />

Ausfallkonzepte zu planen<br />

und Risikoüberlegungen durchzuführen.<br />

Das Labor könnte mit der<br />

aktuellen Organisation mehrere Wochen<br />

ohne Informatik weiterarbeiten!<br />

Klinik für Geburtshilfe – Jederzeit<br />

eine Notsektio innert zehn<br />

Minuten!<br />

Aus der Praxis für die Praxis! Abbildung<br />

4 zeigt ein Beispiel, wie bestehende<br />

Dokumentationen für das Krisenmana-<br />

gement genutzt werden können. Das<br />

Handbuch beschreibt den klinischen<br />

Betrieb mit verschiedenen wichtigen<br />

Notfallszenarien. Es dokumentiert damit<br />

auch den Stand und das Verständnis<br />

dieser Klinik für Störungen und<br />

Notfälle. Das ist ein weiteres wichtiges<br />

Beispiel, welches ein Spital als komplexe<br />

Organisation mit hoher Zuverlässigkeit<br />

auszeichnet [2].<br />

Die Abbildung 5 zeigt den Ablauf für<br />

eine «Notsektio» (Kaiserschnitt). Dies<br />

ist ein wichtiger Notfallprozess, der im<br />

klinischen Alltag eingesetzt wird. Er hat<br />

sich bewährt und ist eingespielt. Löst<br />

der zuständige Oberarzt den Alarm<br />

aus, wissen alle genau, was zu tun ist.<br />

Mit diesem Notfallprozess dauert ein<br />

Kaiserschnitt am USZ nur acht bis zehn<br />

Minuten! Er kann auch ohne elektronische<br />

Kommunikation durchgeführt<br />

werden. Dieses Beispiel zeigt, wie «fit»,<br />

vorbereitet und eingeübt die Mitarbeitenden<br />

für die Anwendung der Notfall-<br />

Konzepte sind.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Praxisbeispiel Kontinuitätsplanung: Die<br />

Neonatologie pflegt und überwacht<br />

nach der Geburt die Frühgeborenen<br />

und nutzt für die Kapazitätsplanung<br />

das Informations- und Einsatz-System<br />

(IES) des Bundes [5]. Dies entspricht<br />

faktisch in der Kontinuitätsplanung einem<br />

«Reciprocal Agreement» (siehe<br />

Kontinuitätsoptionen im Störungsfall).<br />

Informatik – Ausfallkonzepte für<br />

die elektronische Kommunikation<br />

im Krisenfall<br />

Ist die elektronische Kommunikation<br />

gestört, kommen zum Beispiel folgende<br />

zwei erprobten Ausfallkonzepte zum<br />

Einsatz:<br />

Im Bereich der Patientenadministration<br />

ein Ausfallsystem für SAP-Anwendungen,<br />

das auch ohne Spitalnetzwerk<br />

die Aufnahme von<br />

Notfallpatienten ermöglicht.<br />

Im Bereich der Pflege ein Ausfallsystem<br />

des Klinikinformationssystems,<br />

damit auch ohne elektronische Kommunikation<br />

die Verordnungen für die<br />

Patienten zur Verfügung stehen. Fällt<br />

die Applikation oder das Netzwerk<br />

Abb. 4: Aus der Praxis klinikspezifisches<br />

Handbuch mit erprobten Notfall-Abläufen [4]<br />

29


30<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

aus, können für alle erfassten Patienten<br />

die Verordnungen für die nächsten<br />

sechs Stunden ausgedruckt werden.<br />

Unter Dienstleistungen, wie die elektronische<br />

Kommunikation, verstehen wir<br />

alle Arten von zu erbringenden Leistungen<br />

für die Patientenbehandlung wie<br />

Informationsaustausch, Auftragserteilung,<br />

Resultatübermittlung usw.<br />

Massnahmen – vermeiden,<br />

verhindern, verringern,<br />

verbessern!<br />

Durch die damalige ungünstige Netzwerkarchitektur<br />

konnte sich die Netzwerkstörung<br />

über das gesamte USZ<br />

ausbreiten. Unvorhersehbar waren die<br />

Folgefehler, die sich gegenseitig beeinflussten,<br />

die eigentliche Ursache «verdeckten»<br />

und dadurch eine rasche<br />

örtliche Eingrenzung verhinderten.<br />

Was hat dieser Krisenfall ausgelöst?<br />

Workshop am 4.3.05 mit folgenden<br />

Zielen: Sofortmassnahmen und Verbesserungsvorschläge,<br />

die Störun-<br />

gen in der elektronischen Kommunikation<br />

vermeiden, die Ausbreitung<br />

verhindern, die Auswirkungen verringern<br />

und die Ersatzverfahren verbessern!<br />

LAN Infrastruktur Audit, April 2005:<br />

Die Konfigurationen der Netzwerkkomponenten<br />

und die Netzwerkstruktur<br />

wurden auf weitere mögliche<br />

Störungen untersucht.<br />

Zusätzlich zu den Sofortmassnahmen<br />

wurde empfohlen, mittel- bis<br />

langfristig die bestehende LAN-Infrastruktur<br />

zu erneuern. Die detaillierten<br />

Schritte wurden in einer<br />

Massnahmentabelle festgehalten<br />

und mit den Kriterien «Dringlichkeit,<br />

Machbarkeit, Risiko, Wirkung und<br />

Aufwand» versehen.<br />

Sofortmassnahmen, August 2005:<br />

Gemäss LAN-Audit eruierte Schwachstellen<br />

in der Netzwerkinfrastruktur<br />

beseitigen. Ein grosser Teil waren Software-<br />

und Konfigurationsanpassungen.<br />

Diese Massnahmen mussten einen<br />

sicheren Betrieb gewährleisten bis<br />

zum geplanten LAN-Projekt 2006.<br />

Abb. 5: Beispiel für einen bestehenden, eingespielten Notfallablauf «Geburtshilfe»<br />

Ausgehend von der IT Security Policy<br />

des USZ wurden in einer Risikoanalyse<br />

potenzielle Bedrohungen<br />

und Risiken im IT-Bereich<br />

systematisch erfasst und gewichtet.<br />

Aus dieser Risikoanalyse wurden<br />

dann alle erforderlichen Massnahmen<br />

abgeleitet mit dem Ziel, die<br />

Sicherheit der Informatik im umfassenden<br />

und ganzheitlichen Sinne<br />

zu erhöhen.<br />

2006 ist im Rahmen eines LAN-Projekts<br />

das USZ-Netzwerk erneuert<br />

worden.<br />

Netzwerksicherheitskonzept 2007:<br />

Das USZ-Netzwerk wurde aus betrieblichen<br />

und sicherheitstechnischen<br />

Gründen gemäss dem Ansatz<br />

der «good security practice» in Netzwerkzonen<br />

unterteilt.<br />

Massnahmen vor oder nach der<br />

Störung – Prävention oder<br />

Continuity Management<br />

Man kann den zeitlichen Ablauf einer<br />

Störung grundsätzlich in drei Schritten<br />

zusammenfassen:<br />

Vor der Störung:<br />

– Vermeidung von Ursachen durch<br />

Prävention<br />

Während der Störung:<br />

– Störungsbehebung beginnen<br />

– Ausbreitung verhindern<br />

– Auswirkungen verringern<br />

– Allenfalls Ersatzverfahren<br />

einsetzen<br />

– Störung finden und beheben<br />

Nach der Störung:<br />

– Aus den Erfahrungen lernen<br />

– Prävention und/oder Störungsbehebung<br />

verbessern<br />

Folgende Vorgaben haben sich für eine<br />

Störungsbewältigung bewährt:<br />

Vermeidung der Ursachen: Wichtige<br />

Systeme müssen entsprechend den<br />

spezifizierten Bedürfnissen bzw. zu


SRMDM<br />

den definierten Einsatzzeiten hoch<br />

verfügbar sein. Ungeplante Systemausfälle<br />

müssen mit geeigneten<br />

Massnahmen entsprechend den tatsächlichen<br />

Be dürfnissen und im<br />

Rahmen der finanziellen und technischen<br />

Möglich keiten minimiert werden.<br />

Verhinderung der Ausbreitung, Verringerung<br />

der Auswirkungen: Fallen<br />

Systeme oder Systemkomponenten<br />

trotz aller Vorsorge aus, muss ein<br />

Zugriff auf die allerwichtigsten Informationen<br />

(Medikationsverordnungen<br />

usw.) dennoch gewährleistet sein;<br />

diesbezüglich müssen geeignete<br />

Massnahmen vorsorglich getroffen<br />

werden.<br />

Ersatzverfahren: Notfallkonzepte sollen<br />

sicherstellen, dass bei einem teilweisen<br />

oder gar vollständigen Ausfall<br />

der Informations- und Kommunikationssysteme<br />

der Klinikbetrieb dennoch<br />

– allenfalls mit tolerierbaren<br />

Einschränkungen – aufrecht erhalten<br />

werden kann.<br />

Verbesserung der Störungsbehebung<br />

und der Zusammenarbeit,<br />

Überprüfung der Kontinuitätsoptionen<br />

und laufende Verbesserung.<br />

Als Prävention bezeichnet man vorbeugende<br />

Massnahmen, um ein unerwünschtes<br />

Ereignis oder eine unerwünschte<br />

Entwicklung zu vermeiden.<br />

Continuity Management muss Dienstleistungen<br />

in Ausnahmesituationen sicherstellen.<br />

Warum nicht die Prävention ausbauen<br />

und damit Störungen und Krisen verhindern?<br />

Für überschaubare einfache<br />

Systeme mit lose gekoppelten linearen<br />

Prozessabläufen kann der Schwerpunkt<br />

auf die Prävention eine optimale<br />

Lösung sein [3]. Die Prävention erreicht<br />

ihre Grenzen, wenn Aufwand und Er-<br />

trag für die vielen verschiedenen möglichen<br />

Störungsszenarien nicht mehr<br />

planbar oder bezahlbar sind. Für ein<br />

Spital genügt die Prävention alleine<br />

nicht; es muss jederzeit mit Störungen<br />

gerechnet werden [3]. In einem Krisenfall<br />

muss man sich, je nach Situation,<br />

auf wesentliche Dienstleistungen beschränken.<br />

Naheliegend ist die Reduktion<br />

oder Verschiebung von geplanten<br />

Behandlungen zu Gunsten der Notfälle,<br />

der ungeplanten Patientenbehandlungen.<br />

Wichtig ist hier zu beachten, dass<br />

der Krisenfall eine betriebliche Störung<br />

sein kann, wie der Ausfall der elektronischen<br />

Kommunikation, aber auch bei<br />

störungsfreiem Spitalbetrieb ein Massenanfall<br />

von Patienten. Hier bestimmt<br />

dann die Kapazitätsplanung die wesentlichen<br />

Dienstleistungen, zum Beispiel<br />

«Eskalationsstufen» Notfallstation<br />

(Abb.3).<br />

Wesentliche Dienstleistungen sind bestimmt<br />

durch den Aufgabenkatalog innerhalb<br />

und ausserhalb der Klink oder<br />

des Instituts und der Erfüllungsgrad, der<br />

minimal für die ungeplanten Patientenbehandlungen<br />

(Notfälle) erforderlich ist.<br />

Innerhalb der Kliniken und Institute sind<br />

die Abhängigkeiten und Abläufe insofern<br />

relevant, als sie im Störungsfall auf<br />

die Kapazität und das Dienstleistungsangebot<br />

Einfluss haben:<br />

Welche Dienstleistung wird noch angeboten<br />

und in welcher Form?<br />

Welche technischen und logistischen<br />

Voraussetzungen müssen gegeben<br />

sein?<br />

Genügen die personellen und finanziellen<br />

Ressourcen?<br />

Sind die Mitarbeitenden informiert<br />

und die Organisation bereit für Übungen<br />

und Tests?<br />

Was ist heute schon vorhanden und<br />

geplant? Was fehlt noch?<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Ausserhalb der Kliniken und Institute<br />

sind im Störungsfall untereinander die<br />

Abweichungen zum störungsfreien Betrieb<br />

für die «End-to-End»-Patientenbehandlung<br />

zu bestimmen.<br />

Ausserhalb des USZ<br />

Die elektronische Kommunikationsstörung<br />

ist eine von vielen Möglichkeiten.<br />

Je nach den Abhängigkeiten und Beziehungen<br />

von verschiedenen Aufgaben<br />

können Dienstleistungsprozesse<br />

über das Spital hinausgehen. Neben<br />

Verbindungen mit Stellen ausserhalb<br />

des Spitals aus den Spitalbereichen<br />

Kliniken, Leistungszentren, Institute,<br />

kann auch der nicht medizinische Betrieb<br />

mit Informatik, Technik und Logistik<br />

das Krisenmanagement beeinflussen,<br />

wie zum Beispiel die Energieversorgung,<br />

Medikamente, Verpflegung,<br />

Verbandsmateriel, Transportdienst,<br />

Medienmitteilungen, Alarmierung von<br />

Mitarbeitenden.<br />

Bestehende Vorgaben –<br />

Organisatorische Unterstützung<br />

für die Krisenbewältigung<br />

Das USZ erhält vom Regierungsrat des<br />

Kantons Zürich einen verbindlichen<br />

Leistungsauftrag, der jährlich neu verhandelt<br />

wird. Die aktuellen kantonalen<br />

Vorgaben bei besonderen und ausserordentlichen<br />

Lagen lauten:<br />

Aufnahme von 50 leicht bis mittelschwer<br />

Verletzten und fünf<br />

Schwerverletzten in der ersten<br />

Stunde<br />

Schutz & Rettung Zürich ist für die<br />

Bewältigung von ausserordentlichen<br />

Lagen im Kanton zuständig<br />

Für die Krisenbewältigung ist im USZ<br />

das Organ FaoL zuständig. Eine ausserordentliche<br />

Lage ist ein unvorsehbares<br />

Ereignis mit weitreichenden Auswirkungen<br />

auf die Führung und Leistungser-<br />

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SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

bringung des USZ bei gleichzeitig hohem<br />

Interesse von Öffentlichkeit und<br />

Politik. Das Organ FaoL stellt den Betrieb<br />

des USZ im Krisenfall oder in ausserordentlichen<br />

Lagen sicher.<br />

Messgrössen für den Handlungsbedarf:<br />

Patienten: Keine Schädigung oder<br />

Gefährdung von Patienten durch die<br />

wesentlichen Dienstleistungen.<br />

Kontinuitätsoptionen: Das sind im<br />

Voraus festgelegte Handlungsanweisungen<br />

für den Krisenfall, die massgeblich<br />

die Reputation beeinflussen<br />

können.<br />

Reputation: Die Reputation bzw. der<br />

Reputationsschaden hat keinen direkten<br />

Zusammenhang mit der Art,<br />

der Grösse oder dem Umfang der<br />

Störung. Der Reputationsschaden<br />

entsteht durch unprofessionelle Problemlösung,<br />

fehlerhaftes Verhalten<br />

der Beteiligten, ungenügende Kommunikation<br />

oder mangelhafte Sorgfaltspflicht.<br />

Ethisches Verhalten kann<br />

zur Erhöhung der Reputation eines<br />

Unternehmens führen. Die Reputation<br />

wird auch in den Bewertungen von<br />

Rating-Agenturen berücksichtigt [2].<br />

Abb. 6: Interdisziplinäre Notfallstation des USZ<br />

Störungen – Unerwartete<br />

Ereignisse, die Herausforderung<br />

im Krisenfall<br />

Per Definition sind Irrtümer, Überraschungen<br />

und das Unerwartete, wie<br />

nicht überschaubare komplexe Störungen,<br />

schwer voraus zu sehen [2].<br />

Störungen jeglicher Art sind zu vermeiden,<br />

vor allem, wenn sie unerwartet<br />

eintreffen. Wir versuchen sie zu verhindern,<br />

indem wir vorausschauend<br />

Massnahmen planen (Prävention). Störungen,<br />

die Sachen oder Personen<br />

gefährden oder schädigen könnten,<br />

sind besonders zu beachten.<br />

Einfache Störungen sind überschaubar<br />

und nachvollziehbar. Man kann sie<br />

durch persönliche Erfahrung oder Planung<br />

verhindern. Ist die Störung trotzdem<br />

aufgetreten, wird sie innert nützlicher<br />

Frist behoben. Ausser Umtriebe<br />

und Ärger bleibt der Schaden unter<br />

Kontrolle. Diese Störungsart tritt auf bei<br />

einfachen sequenziellen Arbeiten, wo<br />

Schritt für Schritt gearbeitet wird(zum<br />

Beispiel Puls messen oder ein Medikament<br />

mit der Spritze verabreichen).<br />

Hier kann die Prävention nützlich sein.<br />

Komplizierte Störungen sind nicht oder<br />

schwer überschaubar und nachvollziehbar.<br />

Man kann sie in der Regel nicht<br />

oder nur teilweise durch die persönliche<br />

Erfahrung oder Planung verhindern.<br />

Ist die Störung trotzdem aufgetreten,<br />

kann sie meistens nicht innert<br />

nützlicher Frist behoben werden. Es<br />

werden Sachen und Personen gefährdet<br />

oder geschädigt und der Schaden<br />

kann ausser Kontrolle geraten. Diese<br />

Art von Störung tritt auf bei schwierigen<br />

Arbeitsschritten und wo verschiedene,<br />

eng verknüpfte Arbeitsabläufe gleichzeitig<br />

durchgeführt werden. Zum Beispiel<br />

bei einer Operation an einem<br />

schwerverletzen Patienten oder im Vorfeld,<br />

wenn dieser Patient in der Notaufnahmestation<br />

eingeliefert wird. Hier<br />

stösst die Prävention an Grenzen, weil<br />

es zu viele mögliche Störungsvarianten<br />

gibt, die man nicht mehr im Voraus planen<br />

kann.<br />

Die Lösung – Darstellung am<br />

Beispiel der elektronischen<br />

Kommunikation<br />

Treten Störungen mit der elektronischen<br />

Kommunikation auf, müssen alle<br />

betroffenen Dienstleister solange ohne<br />

oder mit eingeschränkter Kommunikation<br />

weiter arbeiten können, bis die<br />

Störung gefunden und behoben wurde<br />

und der normale störungsfreie Betriebszustand<br />

wieder hergestellt ist!<br />

Das Krisenmanagement wird für alle<br />

Kliniken, Institute und Leistungszentren<br />

so ausgelegt, dass die Dienstleistungen<br />

während der Störungsbehebung<br />

gemeinsam erbracht werden können<br />

unter Berücksichtigung der Logistik,<br />

der Technischen Dienste und des Betriebs.<br />

Dabei spielen die im Voraus festgelegten<br />

Handlungsanweisungen<br />

(Kontinuitätsoptionen) für die optimale<br />

Bewältigung eines Krisenfalls eine entscheidende<br />

Rolle.


SRMDM<br />

Der Vorteil eines Spitals mit Notfallstation:<br />

Man verwendet im Alltag bereits<br />

Prozesse mit «Kontinuitätsoptionen»,<br />

die auch im Ausfallkonzept vorgesehen<br />

sind (Continuity Management).<br />

Kontinuitätsoptionen im Störungsfall:<br />

Nichts unternehmen<br />

Manuelle Erledigung: Datenerfassung<br />

mit Formular, Kommunikation<br />

mit Telefon, Meldeläufer, Info-Points,<br />

Anschlagbrett<br />

Abkommen mit anderen Bereichen/<br />

Kliniken/Instituten oder externen Betrieben<br />

und Spitälern für Ersatzgeräte<br />

oder Dienstleistungen (Reciprocal<br />

Agreement); die Neonatologie ist ein<br />

Beispiel dafür<br />

Allmähliche Wiederherstellung (Cold<br />

Standby, Gradual Recovery)<br />

Schnelle Wiederherstellung (Warm<br />

Standby, Intermediate Recovery)<br />

Sofortige Wiederherstellung (Hot<br />

Standby, Immediate Recovery)<br />

Durch die korrekte Wahl der Kontinuitätsoptionen<br />

kann die Schadengrösse<br />

bezüglich Patientendienstleistungen<br />

klein gehalten werden und damit auch<br />

der Reputationsschaden:<br />

Kleiner Schaden, Ersatzlösungen vorhanden:<br />

Der Patientenservice wird mit Alternativangeboten<br />

weitergeführt.<br />

Die Patientenbehandlung und der<br />

Klinikbetrieb sind in der Methodenwahl<br />

eingeschränkt.<br />

Mittlerer Schaden, Komfort- und<br />

Dienstleistungs-Verlust:<br />

Der Patientenservice, die Patientenbehandlung<br />

und der Klinikbetrieb<br />

sind spürbar eingeschränkt.<br />

Das Patientenwohl ist nicht gefährdet.<br />

Grosser Schaden, Medieninteresse,<br />

Patienten gefährdet:<br />

Patienten können nicht mehr behandelt<br />

werden oder nur noch ambulant<br />

die sichtbaren Verletzungen<br />

Notfälle müssen in andere Spitäler<br />

verlegt/umgeleitet werden<br />

Fazit für den Krisenfall bzw. für<br />

das Managen von ungeplanten<br />

Ereignissen<br />

Ziel: Vermeidung der Auslöser, Verhinderung<br />

der Ausbreitung, Verringerung<br />

der Auswirkungen<br />

Die Fachwelt geht davon aus, dass<br />

nie alle Störungen verhindert werden<br />

können und deshalb Prävention allein<br />

nicht genügt, auch wenn man<br />

sehr grosse Aufwände betreibt.<br />

Die Zeit nach dem Ereignis umfasst<br />

die Störungsbehebung bis und mit<br />

Rückkehr zum Normalbetrieb. Vorkehrungen<br />

und Umsetzungen fasst<br />

man unter «Continuity Management»<br />

oder im Ausfallkonzept zusammen.<br />

Jede Klinik und jedes Institut ist verantwortlich<br />

dafür, dass ihre wesentlichen<br />

Dienstleistungen im IT-Störungsfall<br />

während einer definierten<br />

Zeitdauer weiterhin zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Die Anwendung identischer Prozesse<br />

im Alltag und auch im Krisenmanagement<br />

machen das Spital zu einer Organisation<br />

mit hoher Zuverlässigkeit<br />

und damit «fit» für die Krisenbewältigung<br />

[2]. Übung und Planung ist<br />

zweite Wahl!<br />

«Elektronische Kommunikation im<br />

Krisenfall» ist ein Beispiel innerhalb<br />

einer sehr komplexen Dienstleistungsumgebung.<br />

Die Ausführungen<br />

in diesem Artikel können auf jede<br />

Dienstleistung angewendet werden.<br />

Die organisatorischen und gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen, die<br />

Prozessabhängigkeiten, die Risiko-<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

und Kontinuitätsparameter sind entsprechend<br />

zu beurteilen und für die<br />

betrachtete Dienstleistung einzeln<br />

festzulegen. Dabei steht die Patienten-<br />

und Personalsicherheit an erster<br />

Stelle. Aus ethischer Sicht sind<br />

finanzielle Kriterien für den einzelnen<br />

Patienten nicht berücksichtigt.<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] Ursprung H., Dipl. El. Ing. ETH, MAS<br />

ETH MTEC/BWI, Leiter Systemtechnik<br />

(USZ 2003-2008) / Boutellier<br />

R., Prof. Dr., MTEC ETH / Heer<br />

F., CIO, ehemaliger Leiter Zentrale<br />

Informatik USZ / Niemeyer C., PhD<br />

Student MTEC, Betreuer Nachdiplomarbeit<br />

[2] Weick K.E. / Sutcliffe K.M., (2003,<br />

deutsche Übersetzung), Das unerwartete<br />

Managen – Wie Unternehmen<br />

aus Extremsituationen lernen,<br />

Klett-Cotta, Stuttgart, ISBN 3-608-<br />

94238-6, Thema: Behandelt die<br />

«High Reliability Organisations<br />

(HRO)» zu Deutsch «Organisationen<br />

hoher Zuverlässigkeit»<br />

[3] Perrow, C. (1987, deutsche Übersetzung),<br />

Normale Katastrophen –<br />

Die unvermeidbaren Risiken der<br />

Grosstechnik, Campus Verlag,<br />

Frankfurt/New York, Thema: Behandelt<br />

die Entkopplung komplexer Systeme<br />

und erläutert das Verhalten auf<br />

Grund dokumentierter Katastrophen<br />

[4] Zimmermann R., Prof. Dr. med., Klinikdirektor<br />

Geburtshilfe, (USZ<br />

2006), Handbuch Geburtshilfe,<br />

Thema: Internes «Kochbuch» des<br />

geburtshilflichen Alltags<br />

[5] Schweizerische Eidgenossenschaft<br />

(2008), Informations- und Einsatz-<br />

System (IES),<br />

http://www.ksd-ssc.ch<br />

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34<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Grenzen des Alltags in der Dritten Welt:<br />

Die Sonne «erweitert» den Horizont<br />

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Martin Oberholzer, Dekan der SAMK, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, martin.oberholzer@vtg.admin.ch, Max Scherrer<br />

(Ehemaliger Leiter der Fernmeldedienste des Kantons Thurgau, Weinfelden), Regina Decker (Institut für Pathologie des Universitätsspitals Basel),<br />

Ernst Sauerbruch (Ehemaliger Geschäftsführer eines Kunststoff-Verarbeitungsmaschinenbauers, Stein am Rhein), Herbert Aschwanden (Chefarzt<br />

der Chirurgie des Spitals Muvonde, Mvuma, Simbabwe)<br />

Key Words: Stromversorgung, Solarstrom,<br />

Afrika, Telemedizin, Teleteaching<br />

Leben, Energie und Wasser bilden<br />

eine Einheit. Die Abhängigkeit des<br />

Lebens von Wasser und Energie<br />

wird einem sehr bewusst, wenn die<br />

Organisation des Zusammenlebens<br />

auf das Nötigste beschränkt und<br />

auf das Natürliche reduziert ist. In<br />

einer solchen Umgebung weist die<br />

Zivilisation, z. B. die Versorgung mit<br />

Elektrizität, nur noch rudimentäre<br />

Strukturen auf, welche nicht mehr<br />

zuverlässig zur Verfügung stehen.<br />

Solche Umstände gehören in vielen<br />

Entwicklungsländern zum Alltag,<br />

vor allem auf dem afrikanischen<br />

Kontinent. Das Verfügen über Elektrizität<br />

und Treibstoff ist hier alles<br />

andere als selbstverständlich.<br />

Liegt das organisierte Funktionieren<br />

einer Gemeinschaft praktisch darnieder,<br />

kann man von einer Katastrophe<br />

sprechen. Das aus dem Griechischen<br />

stammende Wort «Katastrophe» bedeutet<br />

denn auch wörtlich übersetzt:<br />

«Wendung zum Niedergang». Eine permanente<br />

Wendung zum Niedergang<br />

droht, wenn Wasser und Energie nicht<br />

in ausreichendem Masse und in ausreichender<br />

Qualität zur Verfügung stehen.<br />

Dies kann in Simbabwe täglich beobachtet<br />

werden. Simbabwe ist seit 1980<br />

eine Präsidialrepublik und entspricht<br />

dem ehemaligen Südrhodesien. Südrhodesien<br />

war ein blühender Staat mit<br />

einer sehr gut entwickelten Landwirtschaft.<br />

Heute ist der damalige Wohlstand<br />

der Armut gewichen. Viele Personen,<br />

welche die Gesellschaft früher<br />

mitgetragen haben, verliessen das<br />

Land. Sie haben auch Wissen und<br />

Können mitgenommen.<br />

Am Beispiel des Buschspitals Muvonde<br />

(Mvuma) wird beschrieben, wie mit<br />

der heute verfügbaren modernen Kommunikationstechnologie<br />

solches Wissen<br />

mit Unterstützung durch Sonne<br />

praktisch zurückgebracht werden<br />

kann. Mvuma ist ein kleiner Ort in der<br />

Provinz Midlands, 250 Kilometer südlich<br />

der Hauptstadt Harare, auf einer<br />

Höhe von 1’400 m über Meer gelegen.<br />

Die Sonne macht’s möglich<br />

Die üblichen Energiequellen in Simbabwe<br />

sind wie anderswo auf der Welt:<br />

Holz, Treibstoff und Elektrizität. Mit Holz<br />

lassen sich medizinische Geräte, z. B.<br />

in einem Operationssaal, nicht betreiben.<br />

Was aber, wenn die Elektrizität<br />

nicht während 24 Stunden an sieben<br />

Tagen in der Woche verfügbar ist? Und<br />

was dann, wenn der Nachschub von<br />

Dieseltreibstoff zum Betreiben eines<br />

Generators ausbleibt?<br />

Bis vor kurzem lautete die Antwort auf<br />

die beiden gestellten Fragen: Auf operative<br />

Eingriffe muss verzichtet werden,<br />

es sei denn, der Eingriff lässt sich mit<br />

einer Taschenlampe oder gar mit Kerzenlicht<br />

durchführen. Konsequenterweise<br />

ist der Operationssaal im Spital<br />

Muvonde mit einer Taschenlampe, Reservekerzen<br />

und Zündhölzern ausgerüstet.<br />

Mit diesen Utensilien allerdings<br />

lassen sich nur noch Eingriffe als ultima<br />

ratio bei einer akuten Lebensbedrohung<br />

ausführen, also «Katastrophenmedizin»<br />

betreiben.<br />

Ein Spital kann nicht nur ohne Energie<br />

nicht existieren, sondern auch nicht<br />

ohne Wasser. Aus diesem Grund wurde<br />

letztes Jahr im Spital Muvonde eine<br />

Wasserversorgung installiert, welche<br />

sicherstellt, dass das Spital während<br />

24 Stunden über Wasser verfügt. Um<br />

dies zu gewährleisten, werden die<br />

Wasserpumpen jetzt mit Solarenergie<br />

versorgt.<br />

Gegenwärtig geht es darum, sich jenes<br />

Wissen wieder zu beschaffen, welches<br />

durch die Abwanderung verloren ging.<br />

Dafür bietet sich heute die Telemedizin 1<br />

an.<br />

Voraussetzung für einen effizienten Einsatz<br />

der Telemedizin im Spital Muvonde<br />

ist eine konstante Stromversorgung.<br />

Vor sechs Monaten wurden dazu vier<br />

Solar-Module 2 eingerichtet und in Betrieb<br />

genommen. Die Solar-Module<br />

bestehen aus Solarzellen, welche in<br />

eine transparente Kunststoffschicht<br />

eingebettet und elektrisch miteinander<br />

verbunden sind, einer Anschlussdose,<br />

einem Profilrahmen aus Aluminium und<br />

einer von einer Spezialfolie überzogenen<br />

Glasplatte. Der im Spital Muvonde<br />

eingesetzte Typ Solar-Modul liefert theoretisch<br />

135 Watt 3 Elektrizität.<br />

Für die Dimensionierung der Energieversorgung<br />

mit Solarstrom im Spital<br />

Muvonde wurde davon ausgegangen,<br />

dass die effektive Leistung (Watt) eines<br />

Solar-Moduls nur 50 Prozent der Nominalleistung<br />

beträgt. Wichtige Einflussfaktoren<br />

auf die Leistung der Module<br />

sind die Strahlungsintensität der<br />

Sonne, welche vom Einfallswinkel der<br />

Sonnenstrahlen abhängig ist, und die<br />

1 Die Telemedizin dient grundsätzlich einem<br />

strukturierten Dialog auf Distanz zwischen<br />

zwei oder mehreren Personen des Gesundheitswesens<br />

(in der Rolle von Nicht-Experten<br />

und Experten) mittels moderner Kommunikationstechnologie.<br />

Die Personen engagieren<br />

sich für eine möglichst präzise Diagnose,<br />

für eine gezielte Therapie, für die Beurteilung<br />

des Krankheitsverlaufs oder für epidemiologische<br />

Fragen.<br />

2 Die Solar-Module werden auch Photovoltaik-<br />

Module (PV) genannt. Früher wurden sie als<br />

«Solar-Panel» bezeichnet.<br />

3 Die Einheit Watt steht für die Stromleistung<br />

oder für die elektrische Energie pro Zeiteinheit.<br />

1 Watt (Leistung) entspricht 1 Volt<br />

(Spannung), multipliziert mit 1 Ampère<br />

(Stromstärke).


SRMDM<br />

Oberflächentemperatur der Module.<br />

Die nutzbare Sonnenscheindauer in<br />

Muvonde beträgt zirka acht Stunden<br />

pro Tag. So genannte «Schönwetterwolken»<br />

reduzieren die Leistung der<br />

Module ebenso wie Regenwolken. Die<br />

Lufttemperatur beträgt in der Provinz,<br />

in welcher sich das Spital befindet, im<br />

Durchschnitt 27 Grad Celsius. Unter all<br />

diesen Bedingungen kann die im Spital<br />

Muvonde eingerichtete Photovoltaik-<br />

Anlage (nicht-netzgekoppelte Aussendach-Anlage)<br />

mit zwei Panel-Einheiten,<br />

welche je aus zwei in Serie geschalteten<br />

Solar-Modulen bestehen (Abb. 1),<br />

an einem Tag zirka 2.2 reale Kilowattstunden<br />

(2.2 KWh/d) liefern. Die wichtigsten<br />

Charakteristika der Anlage sind<br />

in Tab. 1 zusammengestellt.<br />

Abb. 1: Grobe Schematisierung der<br />

Photovoltaik-Anlage im Spital Muvonde. Ein<br />

einfaches Solar-Modul kann theoretisch 135<br />

Watt Stromleistung erbringen. Werden die<br />

Solar-Module parallel geschaltet, lässt sich<br />

die Stromleistung verdoppeln. Werden sie in<br />

Serie geschaltet, wird die Spannung<br />

verdoppelt. Mit dem Solarregler wird die<br />

Ausgangsspannung so verändert, dass ein<br />

optimaler Stromfluss erreicht wird. Die ganze<br />

Photovoltaik-Anlage hat 14 A Stromstärke<br />

und 34 V Spannung.<br />

Zur Speicherung der Energie, welche<br />

die Solar-Module liefern, dienen Solar-<br />

Batterien. Im Spital Muvonde stehen<br />

zwei Blei-Batterien (Traktionsbatterien)<br />

im Einsatz. Blei-Batterien haben den<br />

Vorteil, dass sie relativ preiswert und<br />

praktisch wartungsfrei sind sowie eine<br />

geringe Selbstentladung und einen hohen<br />

Wirkungsgrad aufweisen. Ihre Lebensdauer<br />

beträgt mindestens fünf<br />

Jahre. Die «Entladetiefe» der Batterien<br />

(Anteil der aus den Batterien entnommenen<br />

Energie, gemessen an der Gesamtkapazität<br />

der Batterien) sollte 25<br />

Prozent nicht überschreiten. Die in Muvonde<br />

verwendeten Batterien haben<br />

eine Kapazität von 250 Ampèrestunden<br />

(250 Ah) bei einer Spannung von<br />

12 Volt (12 V) 4 . Daraus resultiert eine<br />

Speicherkapazität von 3’000 Wattstunden<br />

(3’000 Wh) oder 3.0 Kilowattstunden<br />

(3.0 KWh) pro Batterie, mit zwei<br />

Batterien also total 6 KWh.<br />

Zusammengefasst können die Batterien<br />

in Muvonde pro Tag faktisch bei einer<br />

Entladetiefe von 25 Prozent eine<br />

Leistung von 1.5 KWh zur Verfügung<br />

stellen (25 Prozent von 6 KWh). Tagsüber<br />

bezogener Strom wird direkt aus<br />

der Photovoltaik-Anlage bezogen; er<br />

belastet somit die Batterien nicht.<br />

Jede Photovoltaik-Anlage produziert<br />

kontinuierlich Strom, wenn die Bedingungen<br />

dafür gegeben sind. Nicht direkt<br />

benötigte elektrische Energie wird<br />

üblicherweise im lokalen Stromversorgungsnetz<br />

(und nicht in Batterien) «gespeichert»<br />

oder «zwischengelagert».<br />

Da in Simbabwe kein intaktes Stromversorgungsnetz<br />

existiert, ist diese<br />

Form der Speicherung nicht benötigter<br />

4 Die Spannung Volt ist ein Mass für die Energie,<br />

welche benötigt wird, um eine Ladung<br />

innerhalb eines elektrischen Feldes zu bewegen.<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Elektrizität nicht möglich. Photovoltaik-<br />

Grossanlagen sind deshalb für viele<br />

Länder Afrikas nicht geeignet.<br />

Wenn der Wunsch besteht, das<br />

Wissen auch im Busch zu mehren<br />

Die Chirurgie, welche im Buschspital<br />

Muvonde von einem afrikanischen<br />

Team von Chirurgen unter der Leitung<br />

eines sehr erfahrenen Schweizer Chirurgen<br />

betrieben wird, gehört inzwischen<br />

zu den besten Chirurgien des<br />

seit 1991 nach einem «Strukturanpassungsprogramm»<br />

der Regierung in grosse<br />

Armut abgerutschten Simbabwe.<br />

Deshalb wird das Spital von Patienten<br />

aufgesucht, welche von weit her kommen,<br />

teilweise sogar aus der Hauptstadt<br />

Harare.<br />

Die Diagnostik, welche in Muvonde betrieben<br />

wird, basiert auf sehr einfachen<br />

technischen Möglichkeiten. Mit der Telepathologie<br />

steht heute neu eine Methode<br />

zur Verfügung, welche den auch<br />

in Muvonde vorhandenen Ansprüchen<br />

auf eine exaktere Diagnostik gerecht<br />

werden kann. Der Einsatz der Telepathologie<br />

in Simbabwe kann mit einem<br />

Outsourcing von Informationen verglichen<br />

werden, weil diese Informationen<br />

im eigenen Land wegen der Emigration<br />

von Fachkräften ins Ausland nicht mehr<br />

verfügbar sind.<br />

Das allgemeine Labor des Spitals Muvonde,<br />

in welchem die Präparate der<br />

Gewebe (Histologie) und der Zellen aus<br />

Gewebeabstrichen (Zytologie) hergestellt<br />

werden, ist einfach eingerichtet<br />

und verfügt seit einem Jahr über Wasser<br />

und Elektrizität. Die Erfahrungen haben<br />

gezeigt, dass es Sinn macht, die für die<br />

Telemedizin benötigten Einrichtungen zu<br />

standardisieren. Die Einrichtungen werden<br />

je nach den Bedürfnissen der Partner<br />

in den Entwicklungsländern in stan-<br />

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SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Abb. 2: Teleconferencing vom Typ «Live presentation»<br />

Links: Die Lehrperson gibt die Online Live presentation (im Business Center des Hotels Edelweiss, Ulaanbaatar, Mongolei).<br />

Rechts: Die Studierenden können der Vorlesung im Hörsaal des Universitätsspitals Basel oder irgendwo (z.B. zu Hause) folgen.<br />

Stromquelle Staatliches Stromnetz<br />

Dieselgeneratoren<br />

«Schlüsselinformationen» der Telepathologie Aufbereiten der Informationen<br />

Telemedizinische Verbindung nach aussen<br />

Labor<br />

Mikroskop<br />

Digitalkamera<br />

Computer<br />

Raumbeleuchtung<br />

Strombedarf während dem Tag<br />

Strombedarf während der Nacht<br />

Normalbetrieb Notbetrieb (Inselanlage)<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

8-10 KWh/d 1.3 KWh<br />

0.7 KWh<br />

Photovoltaik-Anlage alleine<br />

Weitergabe und Empfangen der<br />

Informationen<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb nicht möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Betrieb möglich<br />

Batterie maximale Kapazität pro Batterie: 3 KWh<br />

Entladetiefe: 25%<br />

effektive Kapazität pro Batterie: 0.75 KWh<br />

Tab. 1: Übersicht über die Stromversorgung im Spital Muvonde.<br />

Die Prozesse in der Telemedizin sind im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Elektrizität festgelegt. Mit der autonomen Sonnenenergie wird einer<br />

Art demotivierender «Isolation» begegnet, dadurch, dass die autonome Stromversorgung einen Bereich garantiert, aus welchem heraus<br />

Informationen an den Rest der Welt zu jeder Zeit weitergegeben und in welchen hinein Informationen aus der Welt zu jeder Zeit gelangen<br />

können.<br />

Beim Notbetrieb aus der Inselanlage 5 heraus stehen nur noch Computer, Mikroskop, Digitalkamera und eine reduzierte Raumbeleuchtung zur<br />

Verfügung. Diese Geräte können dann während maximal sechs Stunden betrieben werden.<br />

5 Als Inselanlagen werden netzunabhängige,<br />

autarke, fest installierte Anlagen zur Stromversorgung<br />

genannt.<br />

Fussnotentext zu Tab. 2:<br />

a Shared video: Der Diskussionsgegenstand in<br />

der Telekonferenz ist ein Videobild; der Gesprächspartner<br />

(Experte) wird nicht gezeigt.<br />

Das Videobild kann zu jeder Zeit digitalisiert<br />

und automatisch auf der Plattform gespeichert<br />

werden. Eine Chatfunktion und ein<br />

Voice-Streaming (Internet-Telefon) stehen zur<br />

Verfügung.<br />

b Telemedizinsystem der Firma Klughammer<br />

GmbH, Deggendorf (Deutschland)<br />

c Live presentation: Der Diskussionsgegenstand<br />

in der Telekonferenz ist ein digitales<br />

Bild; der Gesprächspartner (Experte) wird im<br />

Videobild gezeigt. Die Präsentation kann als<br />

«Zusammenfassung» (Bilder, Schemen, Tabellen<br />

und Texte zu den einzelnen Objekten)<br />

direkt aus dem System ausgedruckt werden.


SRMDM<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Standardpaket Inhalt Verwendung Telekonferenz Anwendungsfeld<br />

«Hospital» Leuchttisch<br />

Videokamera<br />

Digitalkamera<br />

Mehrfach<br />

beweglicher Halter<br />

Computer<br />

«Teaching» Lautsprecher<br />

Mikrofon<br />

Videokamera<br />

Drucker<br />

Computer<br />

«Pathologie» Mikroskop<br />

«Operationssaal»<br />

«Solarenergie»<br />

(2 KWh-Inselanlage)<br />

Mikroskopkamera<br />

Lautsprecher<br />

Mikrofon<br />

Computer mit<br />

Videokamera<br />

Leuchtquelle mit<br />

Versorgung mit<br />

Sonnenenergie<br />

Lautsprecher<br />

Mikrofon<br />

Videokamera<br />

Fusspedal<br />

Computer mit<br />

Videokamera<br />

Solar-Module (4)<br />

Batterien (2)<br />

Wechselrichter<br />

Solarregler 7<br />

Installationsset<br />

Fotografieren von analogen Röntgenbildern<br />

Übertragung der Bilder auf Campus<br />

Medicus® b<br />

Fixierung der Videokamera<br />

Live Kommunikation mit den Zuhörern<br />

Live Kommunikation mit den Zuhörern<br />

Übertragung des Videobildes des<br />

Lehrers<br />

Übertragung des Videobildes des<br />

interessierenden Objektes<br />

Ausdrucken des Scriptums der Präsentation<br />

mit Links zu verschiedenen URL<br />

Darstellung von interessierenden Regionen<br />

im Gewebe- oder Zellenpräparat<br />

Übertragung der Bilder auf Campus<br />

Medicus®<br />

Live Kommunikation mit Experten<br />

Live Kommunikation mit Experten<br />

Beleuchtung des Operationsfeldes<br />

Live Kommunikation mit dem Experten<br />

Live Kommunikation mit dem Experten<br />

Übertragung des Videobildes des<br />

Operationsfeldes<br />

Digitalisierung des Videobildes und<br />

Übertragung der Bilder auf Campus<br />

Medicus®<br />

Stromerzeugung<br />

Stromspeicherung<br />

Erzeugt aus Gleichstrom 6 Wechselstrom<br />

Shared video a<br />

Live<br />

presentation c<br />

Live presentation<br />

Live presentation<br />

Shared video<br />

Live presentation<br />

Shared video<br />

Live presentation<br />

Shared video<br />

Shared video<br />

Shared video<br />

Shared video<br />

Tab. 2: Übersicht über die standardisierte Einrichtung derjenigen Institutionen, welche Telemedizin einsetzen wollen.<br />

6 Solarzellen erzeugen Gleichstrom.<br />

7 Mit dem Solarregler wird die Ausgangsspannung<br />

geregelt. Er kann die Eingangsspan-<br />

nung nur abschwächen. Die Ausgangsspannung<br />

wird so eingestellt, dass ein optimaler<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Aktive Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

Aktive Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

Aktive Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

Aktive Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

Passive Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Konsultation<br />

Betrieb von Labor<br />

und Telemedizin<br />

Stromfluss in die Batterien oder (theoretisch)<br />

in das Stromnetz geleitet werden kann.<br />

37


38<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

dardisierten «Paketen» geliefert (Tab. 2).<br />

Neben der Bitte um Unterstützung in<br />

der Diagnostik nimmt auch die Nachfrage<br />

nach einer permanenten Weiterbildung<br />

auf Distanz (Teleteaching) in jüngster<br />

Zeit stark zu. Auch für das<br />

Teleteaching steht ein Paket zur Verfügung<br />

(Abb. 2).<br />

Lohnen sich die Investitionen in die<br />

Gewinnung von Solarenergie, um<br />

das Wissen in einem Buschspital zu<br />

mehren? Wie sicher sind überhaupt<br />

Ferndiagnosen in der Pathologie<br />

(Telepathologie)?<br />

Wenn Elektrizität zur Verfügung steht,<br />

lässt sich die Telemedizin [2] sinnvoll<br />

einsetzen. Mit ihr lässt sich nicht nur die<br />

Qualität der Diagnostik und der Therapie<br />

festigen; sie vermittelt auch das<br />

wertvolle Gefühl, bei aller physischen<br />

Abgeschiedenheit doch einer virtuellen<br />

Gemeinschaft anzugehören, welche<br />

die in Muvonde geleistete Arbeit sieht<br />

und bereit ist, die Arbeit zu unterstützen.<br />

Möglicherweise ist es kein Zufall,<br />

dass sich die Telemedizin nach den<br />

Erfahrungen im Teilfachzentrum Tele-<br />

Modell<br />

n = 261<br />

medizin und Bildungstechnologie der<br />

Schweizerischen Akademie für Militär-<br />

und Katastrophenmedizin (SAMK) gerade<br />

in Gegenden etabliert hat, in welchen<br />

die Menschen manchmal das<br />

Gefühl von Eingeschlossensein haben:<br />

im Südpazifik durch das Wasser, in der<br />

Mongolei durch die Steppe, in Palästina<br />

durch die Check Points.<br />

Die Wertigkeit der Telepathologie wurde<br />

2007 in einer Dissertation an der<br />

Medizinischen Fakultät der Universität<br />

Basel untersucht [5]. Dazu standen 261<br />

telepathologische Diagnosen zur Verfügung,<br />

welche für das Referral Hospital<br />

in Honiara (Solomon Islands, ohne<br />

Pathologen vor Ort) gestellt worden<br />

waren. Pro Befund eines jeden Patienten<br />

wurden die in Tab. 3 aufgeführten<br />

drei Fragen beantwortet. Die Sicherheiten<br />

der korrekten Antworten wurden<br />

statistisch eruiert. Die Resultate sind in<br />

Tab. 3 zusammengestellt.<br />

Die Richtigkeit telepathologischer Diagnosen<br />

wird mit dem Kappa-Wert gemessen<br />

[4]. In der Literatur werden für<br />

Frage Antwort Statistische Sicherheit für<br />

die einzelne Antwort<br />

Spezifität Sensitivität<br />

A Liegt ein gutartiger oder bösartiger<br />

Tumor vor?<br />

B Ist der vorliegende Befund<br />

gutartig oder bösartig?<br />

C Falls ein Tumor vorliegt, ist der<br />

Tumor dann gutartig oder<br />

bösartig?<br />

Nein<br />

Ja<br />

Gutartig<br />

Bösartig<br />

Gutartig<br />

Bösartig<br />

1.000<br />

0.994<br />

0.913<br />

0.893<br />

0.876<br />

0.865<br />

die Richtigkeit der Diagnosen Kappa-<br />

Werte zwischen 0.490 und 0.930 publiziert<br />

[1, 3, 6]. Kappa-Werte zwischen<br />

1.000 und ≤ 0.800 bedeuten eine sehr<br />

gute Übereinstimmung zwischen der<br />

beobachteten Antwort und der bekannten<br />

richtigen Antwort, Werte zwischen<br />

> 0.800 und ≤ 0.600 eine gute<br />

Übereinstimmung, und Werte zwischen<br />

> 0.600 und ≤ 0.400 weisen auf eine<br />

nur noch genügend gute Übereinstimmung<br />

hin.<br />

Ob die in Honiara beobachteten Befunde<br />

auch für die Telepathologie in Muvonde<br />

zutreffen, wird im Moment eruiert.<br />

In der modernen Zivilisation ist «Knowledge<br />

Transfer» zu einem viel beachteten<br />

und intensiv bearbeiteten Thema<br />

geworden. In den industrialisierten Ländern<br />

wird das Thema relativ isoliert neben<br />

anderen Themen bearbeitet. In<br />

Entwicklungsländern ist dem nicht so,<br />

weil die Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema nur in einem grösseren Zusammenhang<br />

sinnvoll ist. In Entwicklungs-<br />

Statistische Sicherheit für<br />

beide Antworten<br />

Kappa-Wert<br />

0.905<br />

0.905<br />

0.895<br />

0.895<br />

0.670<br />

Tab. 3: Statistische Sicherheiten von korrekten Antworten, welche im Patientenkollektiv des Referral Hospitals Honiara pro Patient erwartet<br />

werden können.<br />

Für die einzelnen Antworten bedeutet ein Wert von 1.000, dass mit einer Sicherheit von 100 Prozent eine korrekte Antwort erwartet werden<br />

kann, ein Wert von z. B. 0.905, dass mit einer Sicherheit von 90.5 Prozent eine richtige Antwort erwartet werden kann.<br />

0.670


SRMDM<br />

ländern ist es «Not-wendend», bei allen<br />

Investitionen darauf bedacht zu sein,<br />

den Menschen primär zum Überleben<br />

in Würde zu verhelfen und auf Unnötiges<br />

zu verzichten. Neuerungen müssen<br />

deshalb immer als Teil eines dynamischen<br />

Ganzen gesehen werden. Auf<br />

diesem Hintergrund sind auch Wünsche<br />

zur Verbesserung der medizinischen<br />

Versorgung ethisch zu hinterfragen<br />

und die damit verbundenen<br />

Investitionen sorgfältig auf den real resultierenden<br />

Mehrwert hin zu überprüfen.<br />

Ein echter Mehrwert kann nur dann resultieren,<br />

wenn klare Ziele vorgegeben<br />

sind und die Wege dorthin so gut wie<br />

möglich standardisiert werden. Das Ziel<br />

in Muvonde war es, die präoperative<br />

Diagnostik zu verbessern, um die Zahl<br />

explorativer operativer Eingriffe so stark<br />

wie möglich zu reduzieren und die so<br />

frei werdenden finanziellen Mittel noch<br />

zielgerichteter der sehr armen Bevölkerung<br />

zukommen zu lassen. Die zur Erreichung<br />

dieses Ziels benötigte Telemedizin<br />

muss so effizient und so<br />

kostengünstig wie möglich betrieben<br />

werden können. Zur Sicherung deren<br />

Effizienz gehört deshalb ganz entscheidend<br />

eine standardisierte Photovoltaik-<br />

Die Realisierung des Projektes<br />

«Telemedizin in Muvonde» wird<br />

finanziell durch den «Verein zur<br />

Hilfe von Simbabwe», Stein am<br />

Rhein, Schweiz, das Institut für<br />

Pathologie des Universitätsspitals<br />

Basel und durch das Projekt<br />

«Telemedicine and eHealth<br />

in Cross-border Hospital Cooperation<br />

and Healthcare» der<br />

Europäischen Gemeinschaft<br />

ermöglicht.<br />

Anlage, und zur Kostenoptimierung die<br />

Arbeit mit standardisierten «Packages»<br />

(Tab. 2). Die Frage, ob auch in Muvonde<br />

mit dem neuen «Modul» der Telemedizin<br />

ein echter Mehrwert für die Erhaltung<br />

der Gesundheit der im Busch<br />

lebenden Menschen geschaffen werden<br />

kann, ist noch nicht exakt beantwortbar.<br />

Es wurden aber auch in Muvonde<br />

alle Massnahmen getroffen, um<br />

einen Mehrwert zu generieren. Würde<br />

die Telemedizin ohne gezielte Sicherstellung<br />

der für ihren Einsatz benötigten<br />

elektrischen Energie betrieben, wie es<br />

in Entwicklungsländern nötig ist, würde<br />

sie zu einem Spielzeug verkommen.<br />

Literatur<br />

1. Lee, ES, Kim, IS, Choi, JS, et al.<br />

(2003) Accuracy and reproducibility<br />

of telecytology diagnosis of cervical<br />

smears. A tool for quality assurance<br />

programs. Am J Clin Pathol 119:<br />

356-360<br />

2. Oberholzer, M, Kehrer, B, Ettlin,<br />

RA, et al. (2010) Globalisierung in<br />

der Chirurgie. Telemedizin – ein Instrument<br />

zur weltweiten Vernetzung.<br />

Z Herz- Thorax- Gefässchir<br />

24: 73-82<br />

3. Piccolo, D, Soyer, HP, Chimenti, S,<br />

et al. (2004) Diagnosis and categorization<br />

of acral melanocytic lesions<br />

using teledermoscopy. J Telemed<br />

Telecare 10: 346-350<br />

4. Rigby, AS (2000) Statistical methods<br />

in epidemiology. V. Towards an understanding<br />

of the kappa coefficient.<br />

Disabil Rehabil 22: 339-344<br />

5. Schaub, M (2007) Telepathologie mit<br />

iPath in Entwicklungsländern – National<br />

Referral Hospital Honiara (Solomon<br />

Islands) ohne pathologisch geschultes<br />

Personal vor Ort; Sihanouk<br />

Hospital Center of Hope» Phnom<br />

Penh (Kambodscha) mit einem Pathologen<br />

vor Ort<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Inauguraldissertation, medizinische<br />

Fakultät der Universität Basel<br />

6. Yamashiro, K, Kawamura, N, Matsubayashi,<br />

S, et al. (2004) Telecytology<br />

in Hokkaido Island, Japan: results<br />

of primary telecytodiagnosis of<br />

routine cases. Cytopathology 15:<br />

221-227<br />

39


40<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Schweiz: Gastland für den NATO/PfP-Workshop<br />

«Aeromedical Evacuation»<br />

Major Manfred Infanger, Berlin, Dr. med. Zeno Supersaxo, SC Medical Unit, 3626 Hünibach, L. Prikler, Martin Bächtold, Chef Truppenbelange<br />

Sanität, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, martin.baechtold@vtg.admin.ch<br />

Key Words: NATO, Aeromedical Evacuation,<br />

Partnership for Peace, Standardization Agreement<br />

Aeromedical Evacuation (AE) Leistungen<br />

sind jetzt und in Zukunft<br />

gefragter denn je. Staaten, welche<br />

sich nach Katastrophen um die Aufrechterhaltung<br />

der Ordnung oder<br />

Wiederherstellung des Friedens<br />

irgendwo in der Welt bemühen,<br />

wollen ihre Einsatzkräfte, Zivilangestellten,<br />

Militärs und eigene betroffene<br />

Bürger im Ernstfall auch optimal<br />

versorgen können. Weil diese<br />

Einsätze häufig weit entfernt von<br />

der Heimat stattfinden, gewinnt die<br />

AE zunehmend an Bedeutung. Im<br />

Rahmen der Partnership for Peace<br />

(PfP), eine Kooperation zwischen<br />

Ländern und der North Atlantic Treaty<br />

Organization (NATO), werden<br />

militärmedizinische Kurse wie die<br />

AE seit zehn Jahren jeweils in einem<br />

anderen PfP-Land angeboten<br />

und durchgeführt. Um eine effiziente<br />

AE durchführen zu können, wird<br />

gut ausgebildetes Personal benötigt.<br />

Ebenso müssen Infrastruktur<br />

und Organisation Hand in Hand<br />

gehen und gegenseitig abgestimmt<br />

werden. Ziel dieses Workshops ist<br />

der Austausch gemachter Erfahrungen<br />

im realen Einsatz und Vertiefung<br />

der medizinischen sowie<br />

gerätespezifischen Kenntnisse. Es<br />

soll auch geschult werden, wie die<br />

Ressourcen im Ernstfall gemeinsam<br />

genutzt werden können.<br />

Workshop<br />

Teilnehmer dieses Workshops sind<br />

PfP-Länder der NATO, welche gemeinsam<br />

für Frieden und Menschenrechte<br />

einstehen. Die PfP-Länder schliessen<br />

den Balkan, Kaukasus, Zentralasien<br />

sowie nicht NATO-Länder in Europa<br />

wie Österreich, Schweden und die<br />

Schweiz ein. Die Schweiz als Gastland<br />

hat den fünftägigen Workshop vom<br />

13.-17.09.2010 in Dübendorf (Zürich)<br />

durchgeführt. Die Teilnehmer haben<br />

sich intensiv mittels Referaten, Diskussionen<br />

und Besichtigungen mit dem<br />

Thema «Aeromedical Evacuation (AE)»<br />

auseinandergesetzt. Insbesondere<br />

wurden organisatorische und strukturelle<br />

Rahmenbedingugen der AE koordiniert<br />

und optimiert. Mit der Darstellung<br />

von Ausbildungsprogrammen der<br />

einzelnen Länder wurden deren Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten vorgestellt. Im<br />

gegenseitigen Erfahrungstausch aus<br />

realen Einsätzen (Haiti, Irak, Afghanistan)<br />

wurde aufgezeigt, dass die personellen<br />

und infrastrukturellen Voraussetzungen<br />

alleine für eine erfolgreiche<br />

Mission nicht ausreichen. Die richtigen<br />

Lehren aus den gemachten Erfahrungen<br />

sind ebenso entscheidend. Beides<br />

zusammen, Kompetenz und Lehren<br />

führen zu einer Optimierung der Leistungserbringung<br />

der hohen Anforderungen<br />

bei einer AE. Mit ein wichtiges<br />

Ziel war es, eine gemeinsame Doktrin<br />

der AE weiter zu entwickeln.<br />

Organisation AE<br />

Das Standardization Agreement (STA-<br />

NAG) 3204 beschreibt die AE-Doktrin.<br />

Nach Definition ist die AE der Transport<br />

von Patienten unter medizinischer Supervision<br />

nach oder zwischen medizinischen<br />

Behandlungszentren durch<br />

Flugzeuge. Es werden dabei drei sich<br />

ergänzende Phasen unterschieden:<br />

Front AE, taktische und strategische<br />

AE (Tab. 1). Der zeitliche Ablauf der<br />

strategischen AE gliedert sich in dringend<br />

(


SRMDM<br />

Tab. 2: Medica Timelines (evidence base) Quelle: STANAG<br />

deutlich kürzere Zeiten gefordert (dringend:<br />


42<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Abb. 3: Windendemonstration durch die Rega (16.9.2010) Abb. 4: Innensicht des IPS-Containers in der C-130 Herkules der<br />

Österreichischen Luftwaffe<br />

vorgestellt. Diskussionen und Erfahrungsaustausch<br />

mit den daraus gezogenen<br />

Lehren realer Einsätze rundeten<br />

das Programm ab. Nebst der Arbeit im<br />

Workshop konnten sich die Teilnehmer<br />

auch über die Leistungsfähikeit der Sanität<br />

der Schweizer Armee informieren.<br />

Die Einsatzfähigkeit der schweizerischen<br />

zivilen und militärischen AE wurden<br />

mittels praktischen Demonstrationen<br />

von Flug- und medizinischem<br />

Material unter Beweis gestellt. Das Interesse<br />

der Teilnehmer war sehr gross.<br />

Dabei war nicht zu übersehen, dass die<br />

perfekte Organisation unter dem Patronat<br />

von Divisionär Stettbacher, Oberfeldarzt<br />

der Schweizer Armee, einen<br />

sichtlich grossen Eindruck über das<br />

Gastland Schweiz hinterlassen hat.<br />

«…..the role of Aeromedical<br />

Evacuation is very important<br />

to the joint effort of a force<br />

and to ensure rapid access to<br />

definitive treatment»<br />

(Quelle: ACE 85-8, MEDICAL<br />

SUPPORT PRINCIPLES, PO-<br />

LICIES AND PLANNING PA-<br />

RAMETERS)


SRMDM<br />

Nachbericht zum Erdbeben in Haiti<br />

Key Words: Erdbeben, Haiti, Rehabilitation<br />

Drei Monate nach dem verheerenden<br />

Erdbeben vom Januar 2010 ist<br />

die internationale Hilfe im grossen<br />

Stil für den «kleinen Mann» in Haiti<br />

noch nicht angekommen. Wenige<br />

Wochen nach der Katastrophe wurde<br />

die internationale, rasch hochgefahrene<br />

medizinische Hilfe auch<br />

schon wieder abgebrochen und<br />

das darniederliegende Gesundheitswesen,<br />

bis auf wenige Leistungen<br />

durch die Nichtregierungsorganisation<br />

(NGO’s), sich selber<br />

überlassen. Zurück bleiben von den<br />

rund 300’000 Verletzten über 4’000<br />

Amputierte und viele, die weitere<br />

Behandlung ihrer noch nicht stabilen<br />

Frakturen, plastische Rekonstruktionen<br />

und intensive Rehabilitationen<br />

benötigen. Das über 50<br />

Jahre schon funktionierende, durch<br />

eine US-Stiftung geführte, Albert-<br />

Schweitzer-Spital leistet auch hier<br />

wiederum grosse Pionierarbeit.<br />

Über meine Eindrücke als medizinischer<br />

Soforthelfer der Direktion für Entwicklung<br />

und Zusammenarbeit (DEZA)<br />

wurde ab dem fünften Tag nach dem<br />

Erdbeben in Port-au-Prince in der Informationsschrift<br />

KSD 2/10 ausführlich<br />

berichtet.<br />

Drei Monate später bin ich als freiwilliger<br />

Chirurg und Traumatologe für wenige<br />

Wochen ins Albert-Schweitzer-<br />

Spital nach Haiti zurückgekehrt. Bei der<br />

Ankunft in Port-au-Prince ist eigentlich<br />

alles noch in etwa so, wie ich es verlassen<br />

hatte. Nur dass unterdessen, als<br />

weitere Bedrohung der immer noch auf<br />

der Strasse lebenden Bevölkerung, die<br />

Regenzeit begann. Alles ist saftiger<br />

grüner (Abb. 1), die Ruinen etwas aufgeräumter;<br />

überall führen kleine Wege<br />

durch den Schutt (Abb. 2 ), die Zelte<br />

wurden durch eine Zusatzplane gegen<br />

den Monsunregen geschützt, alles im<br />

Mikrokosmos ist etwas besser organisiert<br />

(Abb. 3). Auf den überfüllten Plätzen<br />

wurden Trockenlatrinen aufgestellt,<br />

aber der Gestank und die massive Zerstörung<br />

der Stadt beherrschen weiterhin<br />

den Alltag.<br />

Auf der drei- bis vierstündigen Busfahrt<br />

ins Landesinnere (mitten im «Nowhere»<br />

liegt das Hôpital Albert Schweitzer<br />

[www.hashaiti.org]), zeigen sich an den<br />

Abhängen um die Stadt nach wie vor<br />

weit verstreute Notzelte der Flüchtlingscamps,<br />

an einer Stelle sogar ein<br />

frisch aus Fertighäusern erstelltes Vorzeige-Flüchtlingsdorf.<br />

Das in den 50-er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts durch das amerikanische<br />

Ehepaar Mellon-Grant sehr fortschrittlich<br />

erstellte, nun aber etwas veraltete<br />

«Urwaldspital» ist vom direkten Erdbeben<br />

verschont geblieben. In der Folge<br />

wurden aber zusätzlich zur täglichen<br />

regionalen Arbeitsbelastung bis Ende<br />

Januar noch rund 1’500 Erdbebenopfer<br />

aus der Hauptstadt, die hierher<br />

rausgekarrt wurden, mitversorgt.<br />

Diese Versorgung konnte nur dank der<br />

Hilfe von freiwilligen Chirurgenteams<br />

(hauptsächlich aus den USA und Kanada,<br />

aber auch aus der Schweiz), die<br />

sich alle paar Wochen ablösten, geleistet<br />

werden. Diese enorme Fluktuation<br />

ist nicht unproblematisch. Aber so<br />

erhält man zumindest genügend Personal,<br />

gut ausgebildete und hoch motivierte<br />

Leute, die wegen enger beruflicher<br />

Gebundenheit im Heimatland nur<br />

in ihren Ferien verfügbar sind.<br />

Dr. Rolf Maibach ist Spitaldirektor und<br />

somit Verantwortlicher für die Planung<br />

und den Einsatz dieser Teams, ein pen-<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Dr. med. Felix Herkert, FMH Allgemeine Chirurgie und FMH Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sowie Spezialisierung in Kriegs- und<br />

Katastrophenchirurgie, Leitender Arzt Chirurgie, Regionalspital Prättigau, 7220 Schiers, felix.herkert@flurystiftung.ch<br />

sionierter Pädiater aus Ilanz, Graubünden,<br />

unterstützt durch die «Bündner<br />

Partnerschaft Hôpital Albert Schweitzer<br />

Haiti» (www.hopitalalbertschweitzer.org).<br />

Die gross angelegte initiale internationale<br />

medizinische Hilfe auf Platz wurde<br />

nach fünf bis sieben Wochen zurückgezogen<br />

und die ganze Misere dem<br />

ohnehin erheblich reduzierten lokalen<br />

Gesundheitssystem – soweit da noch<br />

von «System» gesprochen werden darf<br />

– überlassen. Dieses sieht sich nun unter<br />

anderem mit 4’000 Amputierten,<br />

ohne mengenmässig entsprechende<br />

Rehabilitationsmöglichkeiten, konfrontiert<br />

(Abb. 4).<br />

Aber auch hier hat das Albert-Schweitzer-Spital<br />

hervorragende Arbeit geleistet,<br />

indem es bereits einen Monat nach<br />

dem Erdbeben die grösste US-Prothesenwerkstatt<br />

verpflichten konnte, in<br />

den nächsten Jahren vier Prothesenbauer,<br />

die hier vier Haitianer ausbilden<br />

und trainieren, zur Verfügung zu stellen<br />

und aus einem privaten Fonds aus den<br />

USA sämtliche Prothesenkosten zu<br />

übernehmen.<br />

Durch freiwillige internationale Physiotherapeuten<br />

wird sichergestellt, dass<br />

sämtliche Amputierte bei der Abgabe<br />

der Prothese gleich in deren Handhabung<br />

intensiv trainiert werden (Abb. 5)<br />

und die Prothetiker allfällige Korrekturen<br />

wiederum gleich vornehmen können.<br />

Hier findet eine hoch motivierte,<br />

enge Zusammenarbeit zwischen den<br />

Haiti-Helfer Rolf Maibach und<br />

Marianne Barthelmy-Kaufmann<br />

sind zum Schweizer, beziehungsweise<br />

zur Schweizerin,<br />

des Jahres 2010 gewählt worden.<br />

43


44<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Abbildungen 1 bis 4 (von oben nach unten) Abbildungen 5 bis 8 (von oben nach unten)


SRMDM<br />

Abbildungen 9 und 10<br />

verschiedenen Spezialisten im kleinen<br />

Team statt, inklusive den Orthopäden,<br />

die Stumpfkorrekturen vornehmen.<br />

Auf diese Weise wird es möglich, dass<br />

pro Woche bis 40 Prothesen (Bein- und<br />

Armtypen) ausgeliefert werden können<br />

(Abb. 6). Wir haben in Haiti nun wahrscheinlich<br />

die effizienteste Prothesenwerkstatt<br />

der westlichen Welt – allenfalls<br />

nur noch von China überboten.<br />

Aber bei 4’000 Amputierten dauert es<br />

dennoch mehr als zwei Jahre, bis jeder<br />

seine Prothese hat, und dann beginnt<br />

das Reparieren und Neuanpassen.<br />

Wegen der vielen, infolge der multiplen<br />

Notamputationen nicht optimal geformten<br />

Stümpfe und der schwierigen<br />

Nachsorge, können keine, wie etwa<br />

weltweit durch das IKRK hergestellte<br />

Vakuum-Prothesen angeboten werden,<br />

sondern nur die einfachsten Prothesentypen,<br />

die durch Gurten am<br />

Rumpf befestigt werden (Abb. 7).<br />

Zur Unterstützung dieser vornehmen<br />

Aufgabe ist anfangs Sommer auch ein<br />

Schweizer Orthopädie-Techniker-, Orthopäden-<br />

und Physiotherapeuten-<br />

Team aus der Zürcher Klinik Balgrist für<br />

mehrere Wochen ins Albert-Schweitzer-Spital<br />

angereist.<br />

Aber auch sonst sieht man im Spital<br />

– neben dem hektischen akuten Notfallbetrieb<br />

– überall noch Spuren vom<br />

drei Monate zurückliegenden Erdbeben:<br />

Da ist ein 7-jähriger Bub mit Schädeltrauma,<br />

der das rechte Auge verloren<br />

hat, eine posttraumatische invalidisierende<br />

Volkmann’sche Kontraktur am<br />

rechten Arm und eine Fibrose der peronaealen<br />

Muskulatur nach Verschüttung<br />

unter den Trümmern davonträgt,<br />

aber täglich stundenlang fröhlich mit<br />

seinen Verwandten Fussball spielt oder<br />

zu zeichnen versucht (Abb. 8). Dieser<br />

Bub steht stellvertretend für all die vielen<br />

Opfer, die Muskelfibrosen nach den<br />

Einklemmungen unter den Trümmern<br />

davontragen. Hier muss bei der Rehabilitation<br />

ein sehr mühsamer und nur<br />

schwer zu gewinnender Kampf geführt<br />

werden. Mittels rezidivierendem Aufdehnen<br />

unter Narkose mit offener<br />

Durchtrennung der schlimmsten Fibrosestränge<br />

und nachfolgenden Quengelschienen,<br />

die über Wochen immer<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

mehr gestreckt werden müssen, soll<br />

versucht werden, wieder eine gewisse<br />

physiologische Funktion zurück zu erhalten<br />

(Abb. 9).<br />

Bei den notfallmässigen Wundversorgungen,<br />

sofern überhaupt solche in<br />

den ersten Tagen zu erhalten waren,<br />

konnte die endgültige Wiederherstellung<br />

oft aus Zeit- und Mittelgründen<br />

nicht erreicht werden. So zum Beispiel<br />

bei einer jungen Frau mit einer durchgreifenden<br />

Oberlippenverletzung, die<br />

nun bei Unterlassung der primären<br />

Muskelnaht – neben weiteren erdbebenbedingten<br />

Verunstaltungen – auch<br />

noch eine Insuffizienz des Mundschlusses<br />

mit entsprechendem Flüssigkeitsaustritt<br />

hat. Eine einfache, wenig Zeit in<br />

Anspruch nehmende Revision in Lokalanästhesie<br />

mit Narbenresektion und<br />

peinlich genauer Adaptation des M.<br />

Orbicularis Oris hat ihr funktionell, und<br />

sicher auch kosmetisch und somit<br />

punkto Selbstwertgefühl, erheblich geholfen<br />

(Abb. 10).<br />

Bei all den geschlossenen und offenen<br />

Extremitätenfrakturen war die Versorgung<br />

mit einem Fixateur Externe – sobald<br />

45


46<br />

SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE<br />

Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin<br />

Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe<br />

Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe<br />

Abbildungen 11 und 12<br />

das Material verfügbar war, sterilisiert<br />

werden konnte und die Patienten irgendwo<br />

einen fixen Platz hatten – sicher die<br />

Methode der Wahl zur Stabilisation dieser<br />

Unmenge von Frakturen. Allerdings<br />

ist auch diese Methode nicht ganz unproblematisch,<br />

da mangelnde sterile<br />

Verhältnisse, schlechte Nachsorge und<br />

ungenügende Compliance Infektionen<br />

der Pin-Tracts oder offene Frakturenden<br />

den Erfolg zunichte machen können. Mit<br />

dem Resultat einer infizierten atrophen,<br />

nicht heilenden Pseudarthrose respektive<br />

Lockerung der Steinmann-Nägel<br />

durch Infekt mit Unmöglichkeit der weiteren<br />

Stabilisierung (Abb. 11).<br />

Osteosynthesen mittels Platten oder<br />

intramedullären Nägeln sind unter diesen<br />

Bedingungen einerseits besonders<br />

durch erhöhte Infektgefahr, andererseits<br />

durch Mangel an entsprechend<br />

geeignetem Material gefährdet. So<br />

musste bei dieser Überzahl von Frakturen<br />

zum Teil zu kleines oder sonst<br />

wie ungeeignetes Osteosynthesematerial<br />

verwendet werden.<br />

Bei einer jungen Frau mit zu klein gewähltem<br />

Implantat, bei der in der Folge Platte<br />

und Schrauben gebrochen waren, haben<br />

wir versucht, die Misere durch ein durch<br />

unsere Orthopädie-Techniker angefertigtes<br />

Oberschenkel-Brace nach Sarmiento<br />

unblutig zu retten.<br />

Grundbedingung ist aber, dass obige<br />

Osteosynthese völlig in sich zusammengesintert<br />

ist und das Femur durchs<br />

Periost bereits gegen Scherkräfte gut<br />

geschient wird (Abb. 12).<br />

Für die medizinische Zukunft Haitis<br />

sieht es gegenwärtig nicht gut aus, da<br />

seit dieser erneuten einschneidenden<br />

Katastrophe viele Akademiker das<br />

Land in Richtung den USA und Kanada<br />

verlassen.<br />

Andererseits verdrängen gutmeinende<br />

NGO, welche neu Ambulatorien betreiben<br />

(oft mit teuer bezahlten Ausländern),<br />

die Patienten von den verbliebenen<br />

medizinischen lokalen Institutionen<br />

und konkurrenzieren die haitianischen<br />

Ärzte, welche dadurch wirtschaftliche<br />

Einbussen haben.<br />

Haiti, das in regelmässigen Abständen<br />

Erdbeben, Überschwemmungen und<br />

Hurrikanen ausgesetzt ist, steht nun<br />

nach dem verheerenden Erdbeben statistisch<br />

bereits wieder vor der nächsten<br />

Naturkatastrophe. Und in der Tat: Im<br />

Sommer 2010 fegten Hurrikane über<br />

die Insel und im Herbst forderte eine<br />

Cholera-Epidemie zahlreiche weitere<br />

Opfer. Ganz zu schweigen von der seit<br />

Jahrzehnten andauernden politischen<br />

und wirtschaftlichen Instabilität, die<br />

durch diese Krise wiederum unter massiver<br />

Belastung steht.


SRMDM<br />

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN<br />

1 / 11<br />

Mitteilungen des Präsidenten der Schweizerischen<br />

Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen<br />

Oberst Hugo Battaglia, Mösliweg 6, 6353 Weggis, milhugo@bluewin.ch<br />

Die Jahrestagung in Bern war ein Erfolg.<br />

Unter der Leitung von Oberst<br />

Sergei Bankoul, dem bisherigen Direktor<br />

der Schweizerischen Akademie für<br />

Militär- und Katastrophenmedizin<br />

(SAMK), konnte sich die SAMK sehr<br />

positiv präsentieren. Die Vorträge waren<br />

auch für Nicht-Ärzte spannend.<br />

Wir sind uns dessen bewusst, dass wir<br />

eher Mediziner-lastig sind, verfolgen<br />

diesen Weg aber auch deshalb, damit<br />

wir von der FMH die für uns wichtigen<br />

Credit Points erhalten. Dies ist eine<br />

nachhaltige Richtung, die wir eingeschlagen<br />

haben. So ist es uns auch<br />

möglich, vermehrt finanzielle Unterstützung<br />

zu akquirieren.<br />

Wir werden aber, nachdem sich die finanzielle<br />

Situation gut entwickelt, vermehrt<br />

auch Programme speziell für die<br />

Nicht-Ärzte prüfen.<br />

Die Zeitschrift Swiss Review of Military<br />

and Disaster Medicine (SRMDM) entwickelt<br />

sich gut. Mit unserem Chefredaktor<br />

Major Thomas Syburra haben<br />

wir einen weitsichtigen Lenker der Zeitschrift.<br />

Mit der Webseite hatten wir unsere liebe<br />

Mühe, die Technik wollte nicht immer<br />

Schritt halten. Nun ist die Website<br />

schön gestaltet, und wir hoffen, dass<br />

auch sie sich gut entwickeln wird.<br />

Wir haben an der GV 2010 einen neuen<br />

Kassier gewählt. Hptm Pierre-Alain<br />

Rouiller ist schon viele Jahre im Vor-<br />

Kontakt:<br />

Dr. med. Hugo Battaglia<br />

Mösliweg 6<br />

6353 Weggis<br />

milhugo@bluewin.ch<br />

stand tätig und als Kaufmann und Finanzspezialist<br />

für das Amt geradezu<br />

prädestiniert. Ich wünsche ihm viel Erfolg<br />

und freue mich auf die Zusammenarbeit.<br />

Hptm Reinhard Kern danke ich, dass<br />

er diese Doppelbelastung als Vizepräsident<br />

und Kassier in den letzten Jahren<br />

übernommen hatte. Als Vizepräsident<br />

wird er weiterhin aktiv sein.<br />

Und noch dies: Ich wurde für eine zweite<br />

– und nach Statuten – letzte Amtsperiode<br />

als Präsident wiedergewählt.<br />

Ich freue mich auf diese zweite Amtsperiode<br />

mit vielen weiteren schönen<br />

Begegnungen.<br />

Der Internationale Tag 2011 findet am<br />

17. September 2011 am Universitäts-<br />

spital Basel statt. Ich freue mich, Sie<br />

dort wieder anzutreffen.<br />

Bitte informieren Sie uns über Adressänderungen,<br />

damit wir Sie rechtzeitig<br />

einladen können.<br />

Der Präsident<br />

Oberst Hugo Battaglia<br />

Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der<br />

Sanitätstruppen (SGOS)<br />

Oberst Hugo Battaglia, Präsident<br />

Oberst Kurt Jäger, Vizepräsident<br />

Hptm Reinhard Kern, Vizepräsident<br />

Oberst i Gst Thomas Rohrbach, Verbindungsoffizier<br />

Maj Thomas Syburra, Chefredaktor<br />

Hptm Pierre-Alain Rouiller, Kassier<br />

Oberst Sergei Bankoul<br />

Oblt RKD Ruth Pulver<br />

Hptm Frank J. Rühli<br />

Divisionär Andreas Stettbacher, Gast<br />

Oberst Martin von Planta, Past Präsident<br />

Oberst Adrian Schmitt, Vertreter Veterinäre<br />

Melanie Butz, Sekretariat<br />

www.medof.ch<br />

47


48<br />

Editorial<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Chère lectrice, cher lecteur,<br />

Les infrastructures critiques sont les artères vitales<br />

de la société moderne. Elles assurent notre approvisionnement<br />

en prestations et en biens essentiels<br />

tels que l’énergie, la nourriture ou la communication.<br />

La santé publique contribue aussi grandement à notre sécurité, que ce soit au<br />

quotidien ou lors d’événements majeurs. C’est la raison pour laquelle elle constitue<br />

l’un des dix secteurs infrastructurels considérés comme critiques en Suisse.<br />

Elle intervient principalement dans les domaines des soins médicaux et hôpitaux,<br />

des laboratoires et de l’approvisionnement en produits phramaceutiques.<br />

L’importance de la protection des infrastructures critiques (PIC), le Conseil fédéral<br />

l’a lui aussi reconnue depuis longtemps. Preuve en est sa stratégie générale pour<br />

la protection des infrastructures critiques, qu’il a adoptée en juin 2009 dans le but<br />

d’améliorer la capacité de résistance (résilience) aussi bien des infrastructures<br />

critiques que de l’Etat, de l’économie et de la population. D’importants travaux<br />

visant à réaliser cet objectif sont actuellement en cours, sous la direction de l’Office<br />

fédéral de la protection de la population (OFPP) et en étroite collaboration<br />

avec les services spécialisés compétents.<br />

L’inventaire des infrastructures critiques qui est présentement élaboré dans ce<br />

cadre servira par exemple de base de planification et de priorisation à l’échelon<br />

de la Confédération, des cantons et des exploitants. Quant aux travaux dans le<br />

domaine de la santé publique, ils vont débuter très prochainement. Et nous nous<br />

attendons ici aussi à de bons résultats, puisque l’OFPP peut une fois de plus<br />

s’appuyer sur la précieuse collaboration avec le Service sanitaire coordonné (SSC).<br />

Il s’agira ensuite, dans une phase ultérieure, de continuer à améliorer le haut degré<br />

de protection dont bénéficie déjà ce domaine, à travers notamment des concepts<br />

de protection étendus. A cet égard, la clé du succès réside principalement dans<br />

la coordination des infrastructures de niveau critique différent, puisque la santé<br />

publique dépend elle aussi d’autres infrastructures critiques, notamment l’approvisionnement<br />

en énergie.<br />

La présente édition du bulletin d’information sur le SSC souligne donc la nécessité<br />

de tenir compte de ces interdépendances dans la planification des mesures<br />

appropriées. Les articles qui suivent veulent dès lors également vous aider à mieux<br />

comprendre les différents défis se rapportant aux infrastructures critiques.<br />

Je vous souhaite une lecture très enrichissante.<br />

Willi Scholl<br />

Directeur de l’Office fédéral de la protection de la population<br />

Willi Scholl


INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Comment assurer l’approvisionnement en denrées<br />

alimentaires en cas de pandémie également<br />

Peter Mollenkopf, Scana Alimentation SA, responsable de la logistique, Althardstrasse 195, 8105 Regensdorf, peter.mollenkopf@scana.ch<br />

Mots-clés: approvisionnement en denrées<br />

alimentaires, pandémie, hôpitaux<br />

Avant qu’une pandémie n’éclate,<br />

il est nécessaire de procéder au<br />

préalable à des planifications minutieuses.<br />

Une fois qu’elle a éclaté, il<br />

est indispensable d’informer et de<br />

communiquer en fonction de la situation<br />

tout en prenant les mesures<br />

adéquates. Il est notamment de la<br />

plus grande importance de veiller<br />

à ce que les hôpitaux et les foyers<br />

disposent en permanence du minimum<br />

vital en termes de nourriture<br />

ainsi que de services. Même en cas<br />

d’urgence entraînant un fort taux<br />

d’absentéisme parmi le personnel,<br />

nous devons être en mesure d’assurer<br />

l’essentiel de notre travail.<br />

En raison du changement temporaire<br />

de comportement au sein de<br />

la population et de la désertion des<br />

établissements de restauration qui<br />

en résulte ainsi que de la réduction<br />

de l’assortiment, la charge de travail<br />

interne liée à la fourniture de<br />

prestations au profit d’autres segments<br />

de clientèle se réduit proportionnellement.<br />

Le secret d’une gestion<br />

réussie d’une pandémie réside<br />

dans la planification judicieuse des<br />

ressources en personnel ainsi que<br />

dans l’analyse et l’identification<br />

aussi bien des positions et fonctions-clés<br />

internes que des mesures<br />

visant à protéger et garantir<br />

ces dernières.<br />

Prenons le cas d’une pandémie de<br />

grippe, qui se traduit par l’apparition<br />

d’un nouveau virus grippal. Le plus<br />

souvent, elle se manifeste en deux ou<br />

trois vagues successives d’environ<br />

douze semaines chacune. La plupart<br />

des gens sont exposés au risque de<br />

contamination mais tous ne sont pas<br />

infectés. Certains ne tombent même<br />

pas malades. Dans le scénario qu’il a<br />

esquissé en cas de pandémie de<br />

grippe, l’Office fédéral de la santé publique<br />

(OFSP) part de l’hypothèse que<br />

le 25 % des travailleurs seront malades<br />

pendant cinq à huit jours et donc absents<br />

de leur poste de travail. Le taux<br />

d’absentéisme effectif du personnel<br />

peut toutefois être bien plus élevé,<br />

puisqu’une partie n’ira pas travailler<br />

non plus, que ce soit par obligation de<br />

rester à la maison pour s’occuper d’enfants<br />

malades ou par crainte d’être infectée.<br />

Il n’est donc pas impossible du<br />

tout que le taux d’absentéisme global<br />

se monte à 40 % ou presque, et ce sur<br />

deux semaines. En cas de pandémie,<br />

les employeurs doivent donc s’attendre<br />

à des difficultés extrêmes en termes de<br />

personnel sur une période donnée. En<br />

cela, la planification des pandémies se<br />

distingue des plans d’urgence existants,<br />

puisque ces derniers se fondent<br />

habituellement sur des événements<br />

ponctuels de courte durée.<br />

L’objectif du présent article est de décrire<br />

la fonction de la maison Scana<br />

Alimentation SA, une entreprise de<br />

commerce de gros active dans tout le<br />

pays et focalisée sur la livraison de produits<br />

alimentaires et non alimentaires à<br />

des restaurants, hôtels, foyers, hôpitaux,<br />

etc.<br />

Le plan de lutte contre les pandémies<br />

de l’Organisation mondiale de la santé<br />

(OMS) sert de base à toutes les mesures<br />

prises en amont ainsi qu’aux décisions<br />

et réalisations qui interviennent en cas<br />

de pandémie éventuelle de type Influenza.<br />

Les mesures préconisées ainsi que<br />

les tâches d’information et de communication<br />

qui s’y rapportent se fondent de<br />

plus sur les directives internes de la<br />

Fédération des coopératives Migros,<br />

dont fait partie Scana.<br />

Planification des ressources en<br />

personnel<br />

L’une des tâches principales à remplir<br />

au préalable consiste à assurer les<br />

tâches-clés ainsi qu’à garantir les prestations<br />

de base, à travers notamment<br />

une planification minutieuse des ressources<br />

en personnel.<br />

L’entreprise fournit toute une palette de<br />

prestations pour ses clients. Et c’est<br />

précisément d’une partie d’entre elles<br />

dont la population a besoin en cas de<br />

crise. Lors d’une pandémie de grippe,<br />

elle doit donc prioritairement viser à les<br />

maintenir le plus longtemps possible.<br />

Pour une partie de ces prestations, la<br />

demande en cas de pandémie va<br />

Scana Alimentation SA<br />

Scana est active depuis 1943<br />

dans le commerce alimentaire<br />

de gros partout en Suisse et<br />

constitue un partenaire important<br />

pour les exploitations<br />

institutionnelles telles que les<br />

hôpitaux, cliniques, foyers et<br />

résidences ainsi que pour les<br />

restaurants et hôtels. Toutes<br />

les prestations qu’elle fournit<br />

se concentrent sur les denrées<br />

alimentaires et les articles non<br />

alimentaires pour les domaines<br />

de la cuisine, des kiosques et<br />

des ménages.<br />

La filiale de la Fédération des<br />

coopératives Migros, avec ses<br />

220 collaborateurs, dispose<br />

d’un assortiment de plus de<br />

8’000 articles, de deux centres<br />

logistiques à Regensdorf et<br />

Neuendorf ainsi que de cinq<br />

centres de manutention à<br />

Aclens, Conthey, Landquart,<br />

Thoune et San Antonino.<br />

49


50<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Tableau 1: Analyse des unités organisationnelles et domaines de compétence pour la planification des ressources en personnel<br />

même augmenter, selon toute vraisemblance.<br />

Dans une telle situation, les prestations<br />

touchant aux autres secteurs<br />

peuvent être réduites, voire même<br />

suspendues. Il est même possible que<br />

certaines prestations ressortissant aux<br />

domaines de compétence prioritaires<br />

doivent être supprimées ou qu’elles ne<br />

puissent être fournies que partiellement.<br />

L’important est que l’établissement<br />

puisse continuer à tourner,<br />

c’est-à-dire que les tâches-clés soient<br />

garanties.<br />

Il faut également tenir compte des secteurs<br />

d’activités internes à l’entreprise,<br />

tels que l’informatique, qui ne fait pas<br />

partie des processus-clés proprement<br />

dits mais sans qui les prestations ne<br />

pourraient pas être fournies.<br />

La planification des pandémies au niveau<br />

de l’entreprise nécessite une analyse<br />

précise des fonctions et processus<br />

inhérents à cette dernière. Les questions<br />

qui en découlent sont les suivantes:<br />

Quelles sont les tâches et prestations<br />

auxquelles il n’est absolument<br />

pas possible de renoncer?<br />

Quelles sont les fonctions et personnes<br />

nécessaires pour fournir les<br />

prestations requises?<br />

A quelles prestations est-il possible<br />

de renoncer pendant un certain laps<br />

de temps (entre une et quatre semaines)?<br />

Quelles tâches peuvent être partiellement<br />

ou entièrement effectuées<br />

depuis la maison pendant un certain<br />

laps de temps (entre une et quatre<br />

semaines)?<br />

Quelles tâches et fonctions sont obligatoirement<br />

liées à un emplacement<br />

précis?<br />

Pour quelles tâches et fonctions la<br />

personne compétente doit-elle obligatoirement<br />

être en contact direct<br />

avec des clients ou d’autres personnes<br />

externes?<br />

Pour quelles tâches et prestations<br />

existe-t-il une dépendance vis-à-vis<br />

de partenaires?


Comment les suppléances sont-elles<br />

réglées?<br />

Un accent tout particulier est mis sur le<br />

processus de commande et d’ordre,<br />

puisque seul ce processus-clé subsiste<br />

en cas de crise et que toutes les ressources<br />

disponibles à l’interne sont<br />

mises à contribution pour garantir sa<br />

pérennité.<br />

En sa qualité de prestataire de services<br />

ainsi que de plaque-tournante, l’entreprise<br />

Scana Alimentation SA doit faire<br />

face à des menaces et à des défis particuliers.<br />

En cas de crise, il faut s’attendre<br />

à ce que les clients et les fournisseurs<br />

réagissent de manière<br />

désordonnée. Les deux marchés sont<br />

touchés par la crise de la même manière<br />

et font face aux mêmes complications,<br />

que ce soit le manque de personnel<br />

ou les problèmes qui en<br />

découlent sur le plan de l’organisation<br />

et des processus. Une telle situation<br />

peut se traduire par des achats visant<br />

à constituer des réserves, par le nonrespect<br />

des délais, par des problèmes<br />

de livraison ou encore par l’indisponibilité<br />

des marchandises.<br />

Le tableau 1 représente la première<br />

étape d’une analyse à l’échelon du<br />

domaine de compétence et de l’unité<br />

organisationnelle. Toutes les unités<br />

organisationnelles, telles que l’acquisition,<br />

la vente, le marketing, le personnel,<br />

les finances mais aussi la logistique,<br />

ainsi que leurs domaines de<br />

compétence respectifs sont illustrés,<br />

analysés et évalués.<br />

Cette analyse permet notamment de<br />

déterminer les personnes qui, au sein<br />

des diverses unités organisationnelles,<br />

occupent une «position-clé» et assument<br />

à ce titre des fonctions qui sont<br />

indispensables au maintien des activités<br />

de l’entreprise. Afin de les protéger<br />

et de préserver ainsi ces fonctions, il<br />

est nécessaire de prendre un certain<br />

nombre de mesures, comme par ex.<br />

l’application stricte de mesures préventives<br />

et hygiéniques, l’identification et<br />

l’aménagement éventuel de possibilités<br />

d’isolement et la réglementation des<br />

suppléances.<br />

La réglementation des suppléances<br />

est garantie au sein de l’entreprise<br />

Scana pour toutes les prestations<br />

importantes. Des cours intensifs sont<br />

en outre organisés pour les personnes<br />

issues d’unités organisationnelles<br />

moins importantes, afin qu’elles<br />

puissent combler les absences de<br />

personnel dans des départements tels<br />

que le bureau des commandes ou la<br />

logistique. Et si le nombre de chauffeurs<br />

malades entrave la bonne<br />

marche de la livraison des marchandises,<br />

des accords sont passés avec<br />

des partenaires logistiques externes<br />

pour la mise à disposition de personnel<br />

en cas d’urgence.<br />

Fig. 1: Plateformes logistiques de l’entreprise Scana<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

En Suisse, une pandémie peut<br />

s’étendre plus ou moins vite et de manière<br />

plus ou moins marquée en fonction<br />

de la région. Grâce à la mise sur<br />

pied de cinq plateformes logistiques, il<br />

est possible, en cas de défection massive<br />

de personnel dans une région du<br />

pays, de faire appel à des spécialistes<br />

d’une autre région (fig. 1).<br />

Afin d’éviter au maximum la contamination<br />

réciproque au sein de l’entreprise,<br />

il faut examiner si certaines personnes<br />

peuvent remplir leurs tâches<br />

entièrement depuis la maison. C’est<br />

pourquoi il est nécessaire de créer les<br />

conditions technologiques nécessaires<br />

à cet effet auprès des personnes<br />

concernées à un stade précoce de la<br />

pandémie.<br />

Planification et mesures<br />

applicables au marché des<br />

acquisitions<br />

En plus du propre plan interne de lutte<br />

contre les pandémies, des discussions<br />

sont menées en amont avec les fabricants,<br />

afin d’analyser leurs planifica-<br />

51


52<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

tions et de les harmoniser avec les<br />

nôtres. Il y a également lieu d’impliquer<br />

dans le processus les entreprises externes<br />

chargées du transport des marchandises<br />

depuis le fabricant à la maison<br />

Scana.<br />

En cas de pandémie, il faut éviter les<br />

contacts personnels avec les entreprises<br />

de livraison. Les communications<br />

se limitent donc à des conversations<br />

par téléphone et par courrier<br />

électronique. Il faut aussi respecter une<br />

distance minimale d’un mètre entre les<br />

personnes dans toute l’entreprise,<br />

notamment entre les propres chauffeurs<br />

et en cas de contact avec des<br />

chauffeurs externes lors de la livraison<br />

des marchandises.<br />

Lorsque le niveau maximal de pandémie<br />

de l’OMS est atteint, notre objectif<br />

est de pouvoir couvrir en permanence<br />

les besoins des clients, notamment<br />

dans le domaine des aliments de base.<br />

Les stocks de produits laitiers, d’huile,<br />

de conserves et d’autres produits secs<br />

sont donc augmentés au préalable.<br />

Nous veillons aussi à ce que les livraisons<br />

complémentaires puissent être<br />

garanties sur le marché des acquisitions.<br />

En cas de problèmes de livraison<br />

de certains produits, nous recherchons<br />

des fournisseurs alternatifs.<br />

Planification et mesures<br />

applicables au secteur des ventes<br />

Si 30 % de la population suisse devait<br />

tomber malade en cas de vague pandémique<br />

de quatre semaines, l’entreprise<br />

Scana estime à 60 % la chute des<br />

ventes. Avec une société tournant au<br />

ralenti et le risque élevé de contagion,<br />

elle part du principe que les gens vont<br />

éviter de se rendre dans les établissements<br />

gastronomiques tels que restaurants,<br />

cafétérias publiques et bars,<br />

mais aussi dans les hôtels, qui constituent<br />

une part importante de son portefeuille<br />

de clients.<br />

On assiste donc à un important transfert<br />

temporaire du secteur des ventes.<br />

Dans le même temps, l’objectif prioritaire<br />

pour Scana consiste à maintenir<br />

en permanence les prestations fournies<br />

à l’attention des exploitations institutionnelles<br />

telles que les hôpitaux et les<br />

foyers.<br />

Les planifications effectuées par Scana<br />

ainsi que par les hôpitaux et les<br />

foyers en matière de lutte contre les<br />

pandémies sont coordonnées et harmonisées.<br />

Un dialogue permanent<br />

durant toutes les phases de la pandémie<br />

permet d’instaurer une certaine<br />

transparence en relation avec<br />

les besoins de la clientèle et la palette<br />

des prestations offertes par Scana.<br />

Une planification restreinte des repas<br />

et de la nourriture fait écho à la nécessité<br />

pour cette dernière de se<br />

concentrer sur un assortiment de<br />

base. Un éventuel besoin d’augmenter<br />

la fréquence de livraison peut être<br />

compensé par la réduction de la<br />

charge de travail dans d’autres segments<br />

de clientèle.<br />

Afin de minimiser l’infection grippale, il<br />

faut renoncer aux visites des conseillers<br />

à la clientèle à chaque fois que<br />

c’est possible et réduire les possibilités<br />

de commande. Outre les commandes<br />

par téléphone et par fax, l’accent est<br />

mis sur les achats en ligne.<br />

Expériences et bilan<br />

Les expériences vécues, principalement<br />

lors de la pandémie de grippe en<br />

2009, ont montré qu’en dépit de l’élévation<br />

extrêmement rapide des phases<br />

pandémiques ainsi que de la proclama-<br />

tion temporaire du niveau de pandémie<br />

le plus élevé, la population suisse n’a<br />

pas procédé à des achats visant à<br />

constituer des réserves, à l’exception<br />

peut-être des masques de protection<br />

faciaux et des moyens de désinfection.<br />

Aucune activité d’achat anormalement<br />

élevée n’a donc été nécessaire sur le<br />

marché des acquisitions.<br />

En cas de pandémie plus grave entraînant<br />

un taux d’absentéisme élevé<br />

parmi le personnel de l’entreprise, les<br />

prestations de base peuvent être maintenues<br />

grâce à une planification préventive<br />

intégrale du personnel, à une<br />

harmonisation commune du plan de<br />

lutte contre la pandémie du côté des<br />

fournisseurs et des clients, à une focalisation<br />

sur une offre de base et à une<br />

diminution temporaire de la taille du<br />

secteur des ventes.<br />

Traduction: Jérôme Benoit


INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Panne du système de chauffage à distance à l’Hôpital<br />

de l’Ile – un scénario à risque pour un hôpital<br />

Hans-Peter Aebischer, responsable technique et sécurité et exploitation, Hôpital de l’Ile, Berne, Maison du personnel 6, bureau G05,<br />

3010 Berne, hans-peter.aebischer@insel.ch<br />

Mots-clés: sécurité d’approvisionnement et<br />

d’exploitation, approvisionnement en chauffage<br />

à distance, panne du système de chauffage<br />

à distance<br />

À l’hôpital, l’approvisionnement en<br />

chauffage à distance comporte de<br />

nombreux processus primaires et<br />

secondaires. Dès lors, une panne<br />

du système de chauffage à distance<br />

se traduit par de graves<br />

perturbations de l’approvisionnement<br />

de base ainsi que par des<br />

effets secondaires, étalés dans le<br />

temps, sur les processus principaux<br />

de l’hôpital. Pour cette raison,<br />

il importe d’accorder d’emblée une<br />

attention particulière à la sécurité<br />

d’approvisionnement et d’exploitation<br />

afin de toujours garantir une<br />

qualité optimale de ces deux facteurs<br />

dans l’hôpital universitaire.<br />

Par ailleurs, il est possible d’atténuer<br />

les points faibles d’un système<br />

d’approvisionnement en remplaçant<br />

des systèmes redondants.<br />

Ainsi, une bonne organisation du<br />

système d’alerte de même que des<br />

plans catastrophes régulièrement<br />

mis à jour permettent-ils de réagir<br />

rapidement en cas de panne. Lors<br />

d’une catastrophe majeure, les organismes<br />

responsables sont tenus<br />

d’intervenir à temps et de prendre<br />

les mesures appropriées.<br />

L’Hôpital de l’Ile est l’un des plus importants<br />

hôpitaux universitaires de<br />

Suisse, un véritable label de qualité du<br />

canton de Berne. Depuis 1354, profondément<br />

ancré dans la population<br />

comme peu d’autres entreprises, il joue<br />

un rôle d’intégrateur incontournable<br />

(Fig. 1).<br />

Sur le marché de la santé publique, son<br />

attrait est grand, ses prestations de<br />

services estimes de toutes parts. Jour<br />

après jour, près de 7’000 collaborateurs<br />

œuvrent pour le bien-être d’autrui<br />

dans cette «ville-santé» pour que, année<br />

après année, plus de 220’000<br />

patients bénéficient d’une médecine et<br />

de soins de pointe ainsi que d’un encadrement<br />

individuel.<br />

L’importance du chauffage à<br />

distance à l’hôpital<br />

À l’hôpital, le chauffage à distance ne<br />

permet pas uniquement de chauffer<br />

des pièces, le système étant interconnecté<br />

à de multiples processus primaires<br />

et secondaires. Ainsi, lorsque<br />

ce système tombe en panne, les<br />

conséquences affectent le chauffage,<br />

l’eau chaude, la génération de vapeur<br />

ainsi que la climatisation (aération, refroidissement).<br />

Il en résulte une série d’impacts secondaires<br />

étalés dans le temps dont l’incidence<br />

toucherait la plupart des processus<br />

essentiels de l’hôpital, comme que<br />

Fig. 1: Le plan de l’Hôpital de l’Ile<br />

le fonctionnement des salles d’opération,<br />

les activités de stérilisation, la production<br />

pharmaceutique, les cuisines<br />

ainsi que les serveurs informatiques. En<br />

cas de panne, la poursuite de toutes<br />

ces activités serait gravement menacée.<br />

Mesures préventives pour<br />

minimiser le risque d’une panne<br />

du système de chauffage à<br />

distance<br />

Dans le cas des ressorts Technique +<br />

Sécurité de l’Hôpital de l’Ile de Berne,<br />

il s’agissait de répondre à la question<br />

centrale suivante: «Comment éviter<br />

une panne du système de chauffage à<br />

distance, voire réduire les conséquences<br />

à un niveau acceptable?».<br />

Pour commencer, il importe d’atténuer<br />

le degré de probabilité et l’indice de<br />

gravité des conséquences d’une telle<br />

panne. Pour ce faire, un catalogue de<br />

mesures a été pris par les responsables<br />

de l’Hôpital de l’Ile.<br />

53


54<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Fig. 2: L’approvisionnement en eau chaude: les canalisations de l’installation d’incinération des ordures sont signalées en noir, les chiffres correspondent aux trois sources d’alimentation<br />

redondantes.


Ainsi, pour réduire ce type de risque,<br />

les points faibles du système doivent<br />

d’abord avoir été décelés. Partant de<br />

divers scénarios et diverses simulations,<br />

une analyse des risques permet<br />

alors d’identifier les facteurs susceptibles<br />

de déclencher une telle panne et<br />

d’évaluer ses conséquences et ses<br />

répercussions. Une fois cet exercice<br />

accompli, il est possible d’arrêter et de<br />

prendre des mesures préventives appropriées.<br />

Afin de garantir la sécurité d’exploitation<br />

de l’établissement en cas de catastrophe,<br />

l’Hôpital de l’Ile a opté pour la<br />

formule des «systèmes redondants».<br />

Cela signifie, pour ce qui est de l’approvisionnement<br />

en chauffage à distance,<br />

que trois canalisations sont alimentées<br />

séparément. Dès lors, lorsqu’une panne<br />

touche une de ses canalisations, les<br />

deux autres «prennent la relèvent» pour<br />

couvrir les besoins (Fig. 2).<br />

Pour qu’un système d’approvisionnement<br />

redondant fonctionne, la fonction<br />

de redondance doit être garantie pour<br />

l’ensemble des étapes de la production;<br />

dans le cas de l’Hôpital de l’Ile, de<br />

l’installation d’incinération des ordures<br />

jusqu’aux consommateurs. En effet,<br />

c’est dans cette installation que la production<br />

est assurée où plusieurs chaudières<br />

et divers types de combustibles<br />

sont utilisés. De plus, l’installation<br />

d’incinération compte plusieurs<br />

conduites de sortie ainsi que des<br />

pompes redondantes de surpression.<br />

Enfin, l’approvisionnement en électricité<br />

est garanti par des génératrices.<br />

Chercher à se prémunir contre des<br />

risques sert également à renforcer<br />

l’étroite coopération entre le centre<br />

d’incinération et l’Hôpital de l’Ile. Ainsi,<br />

en cas d’événement majeur détecté<br />

dans le centre, l’Hôpital de l’Ile bénéficierait<br />

d’un traitement d’approvisionnement<br />

prioritaire.<br />

D’autres mesures de prévention importantes<br />

concernent l’organisation du<br />

système d’alerte et son bon fonctionnement<br />

ainsi que des plans catastrophes<br />

régulièrement mis à jour pour<br />

garantir qu’en cas d’incident, l’approvisionnement<br />

soit rétabli aussi rapidement<br />

que possible. Dans ce contexte,<br />

la façon dont l’information est relayée<br />

aux utilisateurs concernés joue un rôle<br />

tout aussi crucial.<br />

Lorsqu’une brève panne du système<br />

de chauffage à distance survient, une<br />

alerte générale ainsi qu’une intervention<br />

rapide du service de permanence,<br />

en place 24 heures sur 24, permettent<br />

de résoudre la panne en très peu de<br />

temps.<br />

Grâce au plan d’information échelonné<br />

du système d’organisation en cas<br />

d’alerte, les unités de l’Hôpital de l’Ile<br />

touchées par une panne du chauffage<br />

à distance sont immédiatement informées<br />

lorsqu’un incident survient. De<br />

cette façon, les utilisateurs peuvent y<br />

réagir sans tarder en prenant les mesures<br />

indiquées.<br />

Panne du système de chauffage à<br />

distance: comment procéder<br />

Lorsque le système de chauffage à<br />

distance connaît une défaillance de<br />

longue durée, il est possible de délester<br />

le réseau grâce à une gestion des<br />

charges.<br />

Quand il n’est pas possible d’intervenir<br />

rapidement en cas d’interruption du<br />

chauffage à distance, les entités et les<br />

responsables concernés doivent mettre<br />

en œuvre les mesures échelonnées.<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Si une interruption perdure (phénomène<br />

à éviter par principe grâce aux<br />

mesures décrites précédemment), le<br />

«KATAPLAN» (l’organisation conceptuelle<br />

de l’Hôpital de l’Ile en cas de<br />

catastrophes) doit être déclenché,<br />

comme le bon fonctionnement de l’hôpital<br />

sera perturbé un tel point qu’il ne<br />

pourra pas être assuré.<br />

Dans ce cas de figure, les patients<br />

dans un état critique devront sans<br />

doute être transférés vers d’autres<br />

hôpitaux, voire des divisions entières<br />

évacuées. De plus, le porte-parole de<br />

l’établissement sera tenu d’informer les<br />

médias.<br />

Quand un système de chauffage à distance<br />

tombe en panne dans un établissement<br />

hospitalier, les problèmes qui<br />

en découlent sont énormes. Pour cette<br />

raison, il est essentiel de faire en sorte<br />

que les phénomènes redoutés ne<br />

puissent pas s’amorcer et de réduire<br />

les conséquences d’une telle défaillance<br />

avec des moyens et des dispositifs<br />

de prévention appropriés.<br />

Conclusions<br />

En cas d’événement majeur, des spécialistes<br />

compétents doivent supprimer<br />

la panne dans les meilleurs délais. Il<br />

importe d’accorder d’emblée une attention<br />

particulière à la sécurité d’approvisionnement<br />

et d’exploitation afin<br />

de toujours garantir une qualité optimale<br />

de ces fonctions dans l’Hôpital<br />

universitaire.<br />

Traduction: Yve Delaquis<br />

55


56<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

Approvisionnement en eau dans les situations de crise:<br />

L’eau potable, un produit naturel vital<br />

Markus Biner, conseiller technique, Société Suisse de l’Industrie du Gaz et des Eaux (SSIGE), Grütlistrasse 44, Case postale 2110, 8027 Zurich<br />

m.biner@svgw.ch<br />

Mots-clés: eau potable, denrées alimentaires,<br />

Suisse<br />

L’eau potable est une denrée alimentaire<br />

indispensable que rien<br />

ne peut remplacer. Elle est aussi<br />

– et nous l’oublions souvent – à la<br />

base de notre hygiène et intervient<br />

dans le processus de production<br />

de nombreux biens. Dans un pays<br />

comme le nôtre, riche en eau, l’eau<br />

potable est par ailleurs utilisée<br />

pour lutter contre les incendies. La<br />

totalité ou presque des 7,6 millions<br />

d’habitants du pays sont raccordés<br />

à un réseau centralisé et moderne.<br />

Seuls le Jura, les Préalpes et les<br />

Alpes abritent encore des systèmes<br />

d’approvisionnement individuels.<br />

En Suisse, quelque 3’000 installations<br />

d’approvisionnement en eau de taille et<br />

de forme juridique variées acheminent<br />

chaque année près d’un milliard de<br />

mètres cubes d’eau potable, ce qui<br />

correspond approximativement au<br />

contenu du lac de Bienne. Cette quantité<br />

ne représente toutefois que le 2 %<br />

des précipitations qui s’abattent<br />

chaque année sur notre pays, ce qui<br />

traduit bien sa richesse en eau. Quant<br />

à l’origine de celle-ci, 40 % provient de<br />

sources, 40 % de nappes phréatiques<br />

et 20 % de lacs. La consommation<br />

moyenne se monte à 350 litres par<br />

habitant et par jour, dont 160 litres<br />

d’eau potable par habitant et par jour<br />

pour les seuls besoins ménagers. Cette<br />

quantité correspond au contenu de dix<br />

harasses d’eau minérale. Bien que<br />

l’eau potable nous soit livrée à la maison<br />

à tout moment (jour et nuit), nous<br />

ne payons en moyenne suisse que 30<br />

centimes pour notre consommation<br />

quotidienne.<br />

Afin d’assurer l’approvisionnement en<br />

eau potable à long terme, nous devons<br />

prendre soin de nos nappes phréatiques<br />

et les protéger au mieux. La loi<br />

fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection<br />

des eaux et les ordonnances<br />

qui s’en inspirent, soit l’ordonnance du<br />

9 juin 1986 sur les substances dangereuses<br />

pour l’environnement et l’ordonnance<br />

du 27 février 1991 sur la protection<br />

contre les accidents majeurs,<br />

constituent les bases juridiques nécessaires<br />

à cet effet. Quant aux mesures<br />

précoces prises pour protéger les<br />

eaux, qui n’ont cessé d’être améliorées<br />

au fil du temps, elles sont absolument<br />

nécessaires pour garantir la haute qualité<br />

de nos réserves d’eau. En Suisse,<br />

30 % seulement du besoin en eau<br />

potable est traité sur plusieurs niveaux.<br />

Il s’agit le plus souvent d’eau de lac, qui<br />

est en règle générale traitée à l’aide<br />

d’une procédure classique, c’est-àdire<br />

avec des filtres rapides.<br />

L’approvisionnement en eau, une<br />

industrie de traitement des<br />

denrées alimentaires<br />

Sans installations centralisées d’approvisionnement<br />

en eau, il n’est tout simplement<br />

pas possible de couvrir l’important<br />

besoin en eau potable de nos<br />

sociétés modernes. Elles sont donc<br />

nécessaires pour que ces dernières<br />

puissent se développer sainement sur<br />

le double plan économique et social.<br />

En Suisse, l’approvisionnement de la<br />

population en eau potable est une<br />

tâche publique qui incombe aux cantons,<br />

mais que ces derniers ont généralement<br />

déléguée aux communes. La<br />

structure de l’approvisionnement en<br />

eau dans le pays se caractérise dès<br />

lors par un grand nombre d’installations<br />

qui alimentent chacune un cercle<br />

restreint d’habitants. D’une manière<br />

générale, ces installations sont des<br />

entreprises qui ont une clientèle à qui<br />

elles fournissent le produit «eau po-<br />

table». L’entreprise dispose d’installations,<br />

d’appareils et d’équipements qui<br />

doivent être aménagés, exploités,<br />

améliorés ou modifiés selon les normes<br />

techniques en vigueur, conformément<br />

à la loi sur les denrées alimentaires. En<br />

suivant les règles fixées par les unions<br />

professionnelles telles que la Société<br />

suisse de l’industrie du gaz et des eaux<br />

(SSIGE), les entreprises n’auront aucun<br />

mal à respecter les normes en question.<br />

De plus, les propriétaires des installations,<br />

appareils et équipements sont<br />

tenus de les faire surveiller et entretenir<br />

régulièrement par des personnes spécialement<br />

formées à cet effet.<br />

Chaque exploitation qui fabrique, traite<br />

ou livre des denrées alimentaires doit<br />

veiller, dans le cadre de ses activités, à<br />

ce que les marchandises répondent<br />

aux normes légales.<br />

L’approvisionnement en eau, une<br />

exploitation organisationnellement<br />

et techniquement sûre<br />

La grande importance sociale et économique<br />

liée à un système fiable d’approvisionnement<br />

en eau et les grosses<br />

attentes des consommateurs ont heureusement<br />

fait que les critères de sécurité<br />

aujourd’hui applicables en Suisse<br />

pour l’approvisionnement en eau sont<br />

très stricts.<br />

Lors de la vérification et de l’évaluation<br />

des éventuels points faibles des systèmes<br />

existants d’approvisionnement<br />

en eau du pays, il faut tenir compte du<br />

fait que les problèmes qualitatifs sont<br />

généralement plus graves que les problèmes<br />

quantitatifs. Une eau de mauvaise<br />

qualité peut en effet vite menacer<br />

la population ou à tout le moins la faire<br />

légèrement paniquer.


Les infrastructures d’approvisionnement<br />

en eau sont des structures organisées<br />

de manière plus ou moins centralisée.<br />

D’une manière générale, nous<br />

pouvons dire que plus un élément est<br />

positionné de manière centrale dans un<br />

système, plus son influence est grande<br />

sur tout le système. Les aménagements<br />

de captation et de transport de<br />

l’eau, les installations de traitement, les<br />

réservoirs ainsi que les conduites de<br />

transport et les conduites principales<br />

constituent de tels éléments centraux.<br />

Une particularité de cette industrie par<br />

rapport à d’autres entreprises alimentaires<br />

réside dans le système de transport.<br />

Habituellement, les aliments sont<br />

livrés sur palettes ou dans des paquets.<br />

En cas de problème au niveau de la<br />

qualité, il est donc la plupart du temps<br />

possible de déterminer très exactement<br />

la partie qui est concernée et d’interrompre<br />

la livraison au destinataire. Et<br />

comme les clients peuvent se rabattre<br />

sur des points de ravitaillement alternatifs,<br />

leur confort n’en pâtit presque pas.<br />

Il en va tout autrement pour l’eau potable!<br />

Celle-ci est livrée en continu à<br />

travers des conduites avant d’être mélangée<br />

dans des systèmes hydrauliques<br />

complexes tels que des conduites en<br />

circuit fermé et des réservoirs puis directement<br />

livrée à la clientèle. En cas de<br />

contamination de l’eau potable, il est<br />

ainsi à craindre qu’une partie de la population<br />

l’a déjà consommée.<br />

A ce jour, le niveau de préparation des<br />

entreprises en vue d’une éventuelle<br />

situation de crise varie souvent considérablement.<br />

Grâce aux instructions<br />

pour l’approvisionnement en eau potable<br />

en temps de crise et sa planification<br />

(AEC), qui s’appuient sur l’ordonnance<br />

du 20 novembre 1991 sur la<br />

garantie de l’approvisionnement en eau<br />

potable en temps de crise (OAEC), la<br />

SSIGE essaie d’aider les fournisseurs<br />

d’eau à mieux se préparer aux situations<br />

de crise.<br />

Les causes des situations de crise<br />

et leurs conséquences<br />

Les situations de crise peuvent surgir<br />

aussi bien en temps de paix qu’en cas<br />

de guerre:<br />

Catastrophes naturelles<br />

Intempéries/inondations<br />

Tremblements de terre<br />

Glissements de terrain<br />

Accidents majeurs<br />

Accidents d’exploitation et de transport<br />

avec des matières polluantes<br />

Accidents industriels, incendies majeurs<br />

Accidents nucléaires<br />

Dégâts aux barrages<br />

Actions de guerre et de sabotage<br />

Sabotages<br />

Opérations avec armes conventionnelles<br />

Opérations avec armes atomiques et<br />

chimiques<br />

Les dégâts auxquels il faut s’attendre<br />

en cas de crise peuvent être de diverses<br />

natures. Ils vont du tarissement<br />

et de la contamination des ressources<br />

en eau jusqu’à la destruction totale<br />

d’installations et d’ouvrages en passant<br />

par l’altération des processus<br />

opératifs. Très souvent, les problèmes<br />

et dégâts qui surgissent en cas de crise<br />

ne peuvent pas non plus être résolus<br />

ou réparés selon les instructions<br />

d’usage. Il faut en effet développer des<br />

scénarii propres pour chaque exploita-<br />

http://www.svgw.ch<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

tion d’approvisionnement en eau, scénarii<br />

qui tiennent compte des<br />

contraintes locales. Bien sûr, lors de<br />

chaque sinistre, la survie des personnes<br />

touchées reste prioritaire.<br />

Quant à la gestion des problèmes et<br />

dommages, elle incombe en premier<br />

lieu à l’entreprise chargée de l’approvisionnement<br />

en eau, dont le propriétaire<br />

peut être une commune, plusieurs<br />

communes ou un regroupement de<br />

communes. Si nécessaire, elle peut<br />

demander de l’aide auprès des exploitations<br />

avec lesquelles elle doit collaborer<br />

pour assurer l’approvisionnement<br />

en eau potable en temps de crise selon<br />

l’article 5 OAEC ainsi qu’auprès de la<br />

commune et du canton. L’organisation<br />

civile en cas de catastrophe de la commune<br />

n’intervient dès lors que sur demande<br />

de l’entreprise d’approvisionnement<br />

en eau concernée et assume dès<br />

lors l’entière responsabilité de la coordination<br />

des mesures visant à garantir<br />

l’approvisionnement en eau potable. Il<br />

faut toutefois souligner le fait que tout<br />

problème ou dommage ne doit pas<br />

nécessairement conduire à une situation<br />

de crise, bien au contraire. Mieux<br />

une entreprise d’approvisionnement en<br />

eau est préparée à une telle situation,<br />

plus la probabilité est grande qu’un<br />

incident puisse être maîtrisé avant<br />

même de se retrouver en présence<br />

d’une crise.<br />

Qui est responsable de l’approvisionnement<br />

en eau et à quel moment?<br />

(Fig. 1)<br />

En situation normale (approvisionnement<br />

normal en eau via le réseau), les<br />

entreprises chargées de l’approvisionnement<br />

en eau sont seules responsables<br />

dans leur secteur.<br />

En situation de crise, on distingue en<br />

règle générale deux états, qui s’écartent<br />

57


58<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

de l’approvisionnement normal via le<br />

réseau (N):<br />

Etat R: approvisionnement restreint<br />

via le réseau<br />

Etat I: approvisionnement interrompu<br />

via le réseau<br />

En cas d’approvisionnement restreint<br />

(R), l’entreprise d’approvisionnement<br />

en eau reste le seul fournisseur d’eau.<br />

L’exploitation se poursuit le plus longtemps<br />

possible avec les installations<br />

existantes. En cas de besoin et pour<br />

autant qu’elle ait procédé aux planifications<br />

nécessaires au préalable, elle<br />

peut demander l’appui de la protection<br />

civile, du service du feu ou de l’approvisionnement<br />

économique du pays, via<br />

leurs organisations respectives en cas<br />

de crise.<br />

En cas d’interruption du réseau (I), les<br />

entreprises d’approvisionnement en<br />

eau doivent en priorité remettre en état<br />

leurs installations. Quant au traitement<br />

et à la distribution de l’eau, ils in-<br />

Fig. 1: gestion d’une situation de crise<br />

combent dans l’intervalle à l’organisation<br />

compétente en cas de crise.<br />

Même en cas d’interruption de l’approvisionnement<br />

en eau, ce sont en premier<br />

lieu tous les éléments encore<br />

fonctionnels du système d’approvisionnement<br />

normal qui sont utilisés. Partout<br />

ailleurs, la distribution se fait selon<br />

le principe de la sollicitation: le consommateur<br />

vient chercher son eau avec un<br />

récipient dans un endroit défini par<br />

l’organisation de crise.<br />

Répartition des tâches en cas de<br />

crise<br />

Le consommateur se trouve en bout de<br />

chaîne. Il a besoin d’eau potable. Dès<br />

lors, en cas de crise, il doit pouvoir<br />

compter sur des provisions.<br />

L’acteur principal est le fournisseur<br />

d’eau. En cas de crise, il approvisionne<br />

de manière autonome les consommateurs<br />

dans les communes raccordées<br />

au réseau aussi longtemps que pos-<br />

sible. Pour les travaux de remise en<br />

état, il fera appel en premier lieu à ses<br />

propres moyens et à ceux des communes<br />

qui se trouvent dans son secteur.<br />

Ces dernières peuvent alors<br />

convoquer leurs services du feu ou la<br />

protection civile pour lui venir en aide.<br />

Si cela ne suffit pas, elles peuvent demander<br />

des renforts auprès du canton.<br />

En cas de crise, si une région d’approvisionnement<br />

ou une commune en fait<br />

la demande, le canton lui met à disposition<br />

du «matériel lourd», qu’il entrepose<br />

dans des centres régionaux<br />

d’intervention. Il peut également détacher<br />

des formations de la protection<br />

civile ou des groupes d’intervention<br />

cantonaux, pour autant qu’il dispose<br />

de tels éléments. Quant au laboratoire<br />

cantonal, il va analyser la contamination<br />

des réserves d’eau. D’autres autorités<br />

cantonales vont, pour leur part,<br />

s’efforcer d’éviter toute propagation de<br />

la pollution de l’eau. Enfin, le canton<br />

peut demander l’aide de la Confédération,<br />

à travers l’intervention de l’armée.<br />

La Confédération n’intervient en cas de<br />

crise que sur demande d’un canton,<br />

fournissant alors avant tout des conseils<br />

spécialisés et des moyens militaires.<br />

Conclusion<br />

L’eau est notre aliment le plus important.<br />

Conformément à l’ordonnance<br />

sur la garantie de l’approvisionnement<br />

en eau potable en temps de crise<br />

(OAEC), les consommateurs doivent<br />

disposer à tout moment des quantités<br />

d’eau potable minimales prédéfinies.<br />

Cette exigence entraîne un certain<br />

nombre de tâches pour toutes les parties<br />

impliquées, que ce soit les<br />

consommateurs, les communes, les<br />

fournisseurs, les cantons ou les services<br />

fédéraux concernés.


Pour les propriétaires des installations<br />

d’approvisionnement en eau, la mise<br />

en œuvre de l’ordonnance doit globalement<br />

entraîner une amélioration de la<br />

sécurité d’exploitation, en temps normal<br />

également. Il ne sera en effet pos-<br />

Approvisionnement en eau<br />

potable en temps de crise<br />

Interview de Markus Biner avec Urs<br />

Kamm, ingénieur EPF, chef Département<br />

Eau, SSIGE Zurich<br />

Pourquoi une ordonnance visant à<br />

garantir l’approvisionnement en eau<br />

potable en temps de crise a-t-elle<br />

été élaborée au niveau national?<br />

L’eau potable est une denrée alimentaire<br />

indispensable. Les habitants<br />

d’une ville ou d’une commune ont besoin<br />

que l’approvisionnement en eau<br />

fonctionne de manière fiable et sûre,<br />

également dans les situations extraordinaires.<br />

Même si les perturbations<br />

importantes sont rares chez nous,<br />

nous devons tout de même prendre<br />

des mesures préventives dans une telle<br />

perspective. Les principales sont<br />

consignées dans l’ordonnance en<br />

question. De cette manière, nous pouvons<br />

faire en sorte que la population<br />

dispose de la quantité d’eau potable<br />

nécessaire à sa survie même après des<br />

incidents graves.<br />

Quels sont les objectifs prioritaires<br />

de l’ordonnance?<br />

Comme je l’ai déjà mentionné, il s’agit<br />

avant tout de veiller à ce que nous disposions<br />

d’eau potable en temps de<br />

crise également. L’ordonnance va toutefois<br />

encore plus loin. Les mesures<br />

prévues visent ainsi à assurer le plus<br />

longtemps possible l’approvisionnement<br />

normal et à résoudre rapidement<br />

les éventuelles perturbations du réseau.<br />

sible de maîtriser efficacement de<br />

vraies crises que si les fournisseurs<br />

d’eau et les autorités communales sont<br />

prêts à y faire face.<br />

Traduction: Jérôme Benoit<br />

Urs Kamm, ingénieur EPF, chef Département<br />

Eau, SSIGE Zurich<br />

Que faut-il comprendre par «temps<br />

de crise»?<br />

Une crise au sens de l’ordonnance survient<br />

lorsque l’approvisionnement normal<br />

en eau potable est fortement menacé,<br />

gravement entravé ou interrompu,<br />

en particulier à la suite de catastrophes<br />

naturelles, d’accidents majeurs, de sabotages<br />

ou d’actions de guerre.<br />

Une pandémie est-elle considérée<br />

comme une crise?<br />

S’appuyant sur les risques potentiels de<br />

pandémie provoquée par la grippe aviaire<br />

ou la grippe porcine, la SSIGE a élaboré<br />

un manuel destiné à préparer les entreprises<br />

à affronter une pandémie, lequel<br />

se fonde sur les directives de l’Office fédéral<br />

de la santé publique. Grâce à des<br />

mesures ciblées, nous voulons que le<br />

système d’approvisionnement en eau<br />

reste pleinement fonctionnel, même<br />

dans une situation particulièrement difficile<br />

comme peut l’être une pandémie.<br />

Certaines activités devraient certes être<br />

réduites, mais notre but serait de couvrir<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

entièrement les besoins en matière d’eau<br />

potable de notre clientèle.<br />

Qui est responsable de l’approvisionnement<br />

en eau potable en<br />

temps de crise?<br />

D’une manière générale, ce sont les<br />

propriétaires des installations d’approvisionnement<br />

en eau et les cantons qui<br />

sont responsables de l’approvisionnement<br />

en eau potable en temps de crise.<br />

La population doit toutefois aussi apporter<br />

son eau au moulin en constituant<br />

des réserves d’eau potable.<br />

L’Office fédéral pour l’approvisionnement<br />

économique du pays a pour sa<br />

part publié une brochure sur les provisions<br />

recommandées en cas de crise,<br />

qui préconise par exemple une réserve<br />

d’eau potable de 9 litres par personne.<br />

L’approvisionnement en eau potable<br />

en temps de crise a-t-il déjà été réalisé<br />

partout?<br />

La division de l’eau potable de l’approvisionnement<br />

économique du pays a<br />

effectué un sondage approfondi auprès<br />

des cantons sur le niveau de réalisation<br />

de l’ordonnance sur la garantie de l’approvisionnement<br />

en eau potable en<br />

temps de crise et a évalué les réponses.<br />

Il a été constaté à cette occasion que<br />

l’ordonnance était mise en œuvre dans<br />

la plupart des régions à forte densité de<br />

population. Des lacunes existent encore,<br />

notamment dans les zones rurales.<br />

La plupart des cantons s’efforcent<br />

actuellement de les combler.<br />

59


60<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

De la vulnérabilité des centrales d’intervention<br />

de Protection & Sauvetage Zurich<br />

Cap Reto Trottmann, responsable des centrales d’intervention PSZ, Weststrasse 4, 8036 Zurich, reto.trottmann@zuerich.ch<br />

Mots-clés: centrale d’intervention, Protection<br />

& Sauvetage Zurich, vulnérabilité<br />

Les centrales d’intervention de Protection<br />

& Sauvetage Zurich (PSZ)<br />

constituent une infrastructure centrale<br />

visant à coordonner et piloter<br />

les services de sauvetage ainsi que<br />

les services du feu dans la région de<br />

Zurich. Sans mesures appropriées,<br />

ces centrales peuvent être perturbées<br />

ou neutralisées par les événements<br />

les plus divers, qu’il s’agisse<br />

d’incidents élémentaires, de complications<br />

organisationnelles, de problèmes<br />

liés au personnel ou de difficultés<br />

techniques. Afin de minimiser<br />

l’impact d’une éventuelle panne, il<br />

faut intégrer à tous les processus<br />

inhérents aux centrales les principes<br />

liés à la gestion de la continuité des<br />

activités (Business Continuity Management),<br />

à savoir la prévention,<br />

l’identification de la panne, l’établissement<br />

de l’exploitation de secours,<br />

la résolution durable du problème<br />

ainsi que le rétablissement de l’activité<br />

normale.<br />

Etat des lieux<br />

Deux centrales d’intervention sont aujourd’hui<br />

actives dans le canton de<br />

Zurich, l’une opérant le numéro d’appel<br />

d’urgence 118 et l’autre le 144.<br />

La centrale d’intervention Zurich (située<br />

à la Weststrasse en ville de Zurich) et la<br />

centrale d’intervention Aéroport (située<br />

dans le périmètre de l’aéroport) sont<br />

l’une et l’autre exploitées par PSZ. Elles<br />

répondent toutes deux aux appels<br />

d’urgence, que ce soit pour une intervention<br />

du service de sauvetage ou des<br />

pompiers, et déploient les moyens<br />

nécessaires à cet effet. Et si la centrale<br />

d’intervention aéroportuaire est installée<br />

à proximité immédiate de l’aéroport<br />

de Zurich, c’est pour répondre aux exi-<br />

gences de l’Organisation de l’aviation<br />

civile internationale (OACI).<br />

Les deux centrales d’intervention couvrent<br />

chacune un secteur d’engagement<br />

bien défini, celle de Zurich au sud<br />

et celle de l’aéroport au nord. Outre la<br />

réception des appels d’urgence et la<br />

mise à disposition des moyens d’engagement,<br />

elles assument de nombreuses<br />

autres tâches, telles que le<br />

traitement des messages transmis par<br />

les systèmes d’alarme, la mise sur pied<br />

et le déploiement des divers services<br />

de piquet et spécialistes, les mandats<br />

de prestations extra-cantonaux, le<br />

transport de malades ainsi que la coordination<br />

des événements sanitaires<br />

majeurs.<br />

Grâce au travail par équipe, les deux<br />

centrales d’intervention sont desservies<br />

en permanence, par quatre à six<br />

personnes à Zurich et trois à quatre à<br />

l’aéroport.<br />

Le paysage systémique des centrales<br />

est aujourd’hui très hétérogène. La centrale<br />

de Zurich utilise par exemple le<br />

logiciel de gestion des interventions I/<br />

CAD de la maison Intergraph, qui est<br />

également employé par la police cantonale<br />

zurichoise ainsi que les polices des<br />

villes de Winterthur et Zurich. Quant à la<br />

centrale d’intervention aéroportuaire,<br />

elle utilise un système de l’entreprise<br />

Swissphone-Systems. Dans les domaines<br />

de la téléphonie, de la communication<br />

radio, de l’enregistrement ainsi<br />

que de la transmission d’ordres et du<br />

statut, le paysage systémique est tout<br />

aussi hétérogène. Cette grande diversité<br />

de systèmes entrave la collaboration<br />

entre les centrales et l’échange de<br />

données, provoque des erreurs et augmente<br />

massivement les coûts de formation<br />

et d’exploitation.<br />

Dotées d’un équipement à la pointe de<br />

la technologie, les deux centrales d’intervention<br />

de PSZ emploient au total 50<br />

personnes pour répondre à tout moment<br />

aux 500’000 appels et plus<br />

qu’elles reçoivent chaque année. Il en<br />

résulte quelque 100’000 interventions<br />

pour les services du feu compétents<br />

dans le canton de Zurich ainsi que pour<br />

les services de sauvetage dans les cantons<br />

de Zurich, Schwyz et Schaffhouse.<br />

Les centrales d’intervention du canton<br />

de Zurich sont, à l’instar des centrales<br />

dans d’autres cantons, confrontées à<br />

un nombre toujours croissant d’appels.<br />

Indépendamment des événements élémentaires<br />

toujours plus nombreux, le<br />

volume des appels connaît chaque<br />

année une croissance pouvant aller<br />

jusqu’à 6 %. Les raisons de cette explosion<br />

résident principalement dans<br />

l’évolution de la société, qui compte<br />

par exemple de plus en plus d’utilisateurs<br />

de téléphones mobiles et qui<br />

hésite de moins en moins à composer<br />

les numéros d’appel d’urgence.<br />

Vulnérabilité<br />

Aujourd’hui, il est devenu indispensable<br />

pour tous les processus métiers<br />

ou presque que les infrastructures informatiques<br />

complexes continuent à<br />

fonctionner en cas d’événements critiques.<br />

Les catastrophes naturelles<br />

telles que les inondations, les tempêtes<br />

ou les incendies ne sont par exemple<br />

que quelques-uns des scénarii qui<br />

peuvent menacer une organisation.<br />

Des dispositions doivent donc être<br />

prises dans la perspective d’une crise<br />

ou d’un sinistre imprévus. Et même si<br />

une gestion ciblée des risques permet<br />

d’identifier suffisamment tôt les menaces<br />

ainsi que les points faibles et de<br />

les contrôler, un risque résiduel non<br />

identifié ne peut toutefois jamais être


complètement exclu. Grâce à la gestion<br />

de la continuité des activités et à la<br />

planification de la remise en état consécutive<br />

à une catastrophe, il est toutefois<br />

possible de minimiser ce risque au<br />

maximum et de revenir ainsi le plus<br />

rapidement possible à la normale.<br />

Afin de pouvoir exploiter de manière<br />

stable les processus opérationnels critiques<br />

des centrales, il faut avoir une<br />

vision globale de toutes les composantes<br />

impliquées.<br />

Fig. 1: systèmes périphériques<br />

PSZ a donc procédé à une catégorisation<br />

de tous les systèmes existants en<br />

fonction de leur nécessité pour le processus-clé<br />

consistant à réceptionner<br />

l’alarme avant de déployer et d’alerter<br />

les forces d’intervention. Pour tous ces<br />

systèmes critiques, il a été décidé de<br />

mettre sur pied des infrastructures redondantes<br />

et de concevoir pour chacun<br />

d’entre eux un processus de remplacement<br />

à la capacité d’engagement<br />

réduite, sans pour autant utiliser les<br />

systèmes en question. Des documents<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

et listes de contrôle ont dès lors été<br />

élaborés afin de pouvoir rétablir le plus<br />

rapidement possible le fonctionnement<br />

normal de l’infrastructure après un incident.<br />

Les centrales procèdent par ailleurs<br />

à des simulations de pannes partielles<br />

et totales du système de gestion<br />

des interventions et de ses systèmes<br />

périphériques (voir fig. 1) à intervalles<br />

réguliers, afin que leur personnel puisse<br />

se préparer au mieux à ce type de situations.<br />

Les leçons qui en sont tirées<br />

permettent ensuite d’améliorer la do-<br />

61


62<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

cumentation technique et les processus<br />

existants.<br />

La documentation du savoir des collaborateurs<br />

et sa répartition sur plusieurs<br />

experts permettent également de minimiser<br />

les risques. Bien évidemment, les<br />

obligations légales et les exigences minimales<br />

liées au traitement et à l’enregistrement<br />

des données doivent, elles<br />

aussi, être remplies. Les principaux systèmes<br />

des centrales d’intervention sont<br />

aujourd’hui aménagés de manière redondante,<br />

afin que l’exploitation puisse<br />

se poursuivre sans restriction en cas de<br />

panne d’un système isolé.<br />

En plus de cette redondance systémique,<br />

la protection contre les pannes<br />

est améliorée grâce à la mise en place<br />

d’un échelon géographique de repli,<br />

constitué de places de travail supplé-<br />

Fig. 2: centrale de repli<br />

mentaires réparties en plusieurs endroits,<br />

lequel peut être mis en service<br />

en cas de panne totale de la centrale<br />

principale. Les prestations minimales<br />

requises peuvent ainsi se poursuivre.<br />

En ce qui concerne la centrale d’intervention<br />

de Zurich, un regroupement a<br />

eu lieu avec la police municipale zurichoise<br />

en 2008. A cette occasion, il a<br />

été décidé que les banques opérationnelles<br />

de données des deux parties<br />

devaient s’alimenter mutuellement, afin<br />

qu’elles puissent être rétablies en cas<br />

de perte de données dans l’une ou<br />

l’autre. Cette collaboration entre la centrale<br />

d’intervention de Zurich et la police<br />

municipale zurichoise a fait ses<br />

preuves au cours des dernières années<br />

et a permis aux deux partenaires de<br />

minimiser les risques au sein de leurs<br />

organisations respectives.<br />

En ce qui concerne la transmission de<br />

l’alarme par téléavertisseur, les deux<br />

centrales de Zurich et de l’aéroport<br />

sont équipées de sorte à pouvoir intervenir<br />

à la place de l’autre.<br />

De plus, nous disposons aujourd’hui au<br />

Rieterpark d’une infrastructure qui<br />

pourrait être mise en service en cas de<br />

panne totale, dans un environnement<br />

systémique réduit.<br />

Le projet de centrale<br />

d’intervention 2011<br />

Afin d’harmoniser le paysage systémique<br />

et de rendre le système moins<br />

vulnérable aux pannes, le projet de<br />

centrale d’intervention 2011 planifie<br />

une nouvelle centrale à l’aéroport de<br />

Zurich dans le Prime Center 2. La mise<br />

en service de la nouvelle centrale est<br />

planifiée pour le milieu de l’année 2012.


Les objectifs du projet de centrale d’intervention<br />

2011 sont les suivants:<br />

Planification de 17 places de travail<br />

complètes dévolues à la gestion des<br />

interventions dans la nouvelle centrale.<br />

Nous mettons également sur<br />

pied deux places de travail complètes<br />

dans le Tactical Operations<br />

Center (TOC) pour la conduite en cas<br />

de situations extraordinaires. Nous<br />

planifions enfin 14 places de travail<br />

de secours, dotées d’un équipement<br />

réduit, pour faire face aux pics des<br />

appels en cas d’intempéries, sachant<br />

qu’il peut y en avoir plus de<br />

1’500 par heure.<br />

Regroupement des centrales géographiquement<br />

séparées (aéroport<br />

et ville de Zurich) en une centrale<br />

commune. Le regroupement vise à<br />

pouvoir engager le personnel de<br />

manière plus flexible. Avec un effectif<br />

en personnel inchangé par rapport à<br />

la situation actuelle, la centrale commune<br />

pourra répondre à un plus<br />

grand nombre d’appels. Le modèle<br />

de travail par équipes sera adapté en<br />

fonction du volume des appels.<br />

Mise en place d’une centrale d’intervention<br />

exploitée de manière redondante:<br />

tous les mandats de prestations<br />

de PSZ et les engagements qui<br />

en découlent seront entièrement<br />

fournis à partir du nouvel emplacement<br />

de la centrale d’intervention<br />

2011. Quant à la centrale d’intervention<br />

existante en ville de Zurich, elle<br />

constituera l’échelon de repli en cas<br />

d’urgence et ne sera mise en service<br />

qu’en cas de panne totale de cette<br />

dernière. Elle ne sera pas occupée<br />

en temps normal mais pourra par<br />

exemple être utilisée pour des cours<br />

de formation. Tous les systèmes critiques<br />

devront y être disponibles en<br />

suffisance. Le paysage systémique<br />

de la centrale d’intervention englobe<br />

le logiciel de gestion des interventions,<br />

le système de communication<br />

et de transmission des images, une<br />

propre centrale téléphonique pour<br />

les numéros d’urgence, des équipements<br />

de réception pour les messages<br />

transmis par les systèmes<br />

d’alarme, un réseau radio, un appareil<br />

d’enregistrement, un système de<br />

transmission de l’alerte par téléavertisseur<br />

ainsi qu’un programme de<br />

transmission des ordres et du statut.<br />

Tous les systèmes importants<br />

doivent être uniformément et complètement<br />

installés aussi bien dans<br />

la centrale principale que dans la<br />

centrale de repli (en ville de Zurich),<br />

afin qu’elles puissent toutes deux<br />

fonctionner de manière autonome<br />

avec un stock de données en tous<br />

points identique (voir la fig. 2).<br />

Grâce à cette nouvelle centrale, nous<br />

pouvons regarder l’avenir avec<br />

confiance. Tout sera fait pour minimiser<br />

sa vulnérabilité et répondre ainsi aux<br />

exigences des groupes-cibles concernés<br />

(population, patients, mandants et<br />

parties prenantes) en matière de sécurité.<br />

Traduction: Jérôme Benoit<br />

INFRASTRUCTURES CRITIQUES<br />

1 / 11<br />

63


64<br />

AGENDA<br />

1 / 11<br />

RAPPORTE KSD<br />

Informationsveranstaltung NNPN 21.6.2011 Bern, Kaserne<br />

Informationsrapport KSD<br />

Auskunft: info-ksd@vtg.admin.ch<br />

27.10.2011 Fribourg<br />

KURSE SFG<br />

Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG)<br />

für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität, Teil A «Grundlagen, Prinzipien,<br />

Partner»<br />

Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG)<br />

für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität, Teil B «Human Factors and<br />

Training»<br />

Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG): Hospital (Pilotkurs)<br />

für Notfallpflegefachpersonen und Ärzte für klinische Notfallmedizin<br />

Auskunft: info@cefoca-sfg.ch, www.cefoca-sfg.ch<br />

11.–13.5.2011 Luzern<br />

23./24.11.2011 Basel<br />

28./29.11.2011 Bern, Kaserne<br />

AHLS-Kurs (in Englisch); Advanced HAZMAT Life support<br />

Auskunft: mzuercher@uhbs.ch<br />

27./28.6.2011 Spiez<br />

COURS CEFOCA<br />

Module 2: «Accident majeur: Cours pour professionnels de la chaîne des<br />

urgences»<br />

23.-25.6.2011 Lausanne, CHUV<br />

Module 3: «Accidents majeurs: Conduite et leadership sanitaire» 6./7.10.2011 Lausanne, CHUV<br />

Module 6: «Plan catastrophe et gestion de crise à l’hôpital»<br />

Renseignement: brigitte.kalbermatten@chuv.ch<br />

29./30.9.2011 Lausanne, CHUV<br />

FACHKURSE BEWÄLTIGUNG VON ABC-EREIGNISSEN<br />

Technische und medizinische Dekontaminationsspezialisten 26.5.2011 Spiez<br />

Spécialistes de décontamination techniques et médicaux<br />

Auskunft/Renseignement: info.abc@vtg.admin.ch<br />

27.5.2011 Spiez<br />

VERANSTALTUNGEN DER PARTNER<br />

Notfallsymposium SGNOR/VRS<br />

Auskunft: www.vrs.ch<br />

27./28.5.2011 Bern, BEA-Expo<br />

4. Nationale ABC-Schutz Konferenz<br />

Auskunft: pia.feuz@babs.admin.ch<br />

6./7.9.2011 Bern, Kaserne<br />

Internationale Tagung SGOS<br />

Auskunft: melanie.butz@bluewin.ch<br />

17.9.2011 Basel, Unispital<br />

Bevölkerungsschutzkonferenz<br />

Auskunft: www.bevoelkerungsschutz.admin.ch<br />

17./18.11.2011 Davos<br />

Breitling Sion Air Show<br />

Auskunft: www.breitlingsionairshow.com<br />

16.–18.9.2011 Sion<br />

Breitling Sion Air Show (Grösstes Flugmeeting der Schweiz im 2011)<br />

Die Breitling Sion Air Show ist ein Flugfestival in all seinen Formen in einer einzigartigen Umgebung im Herzen<br />

der Alpen. Als Ereignis, das nun alle vier Jahre stattfinden soll, bietet es ein einmaliges Schaufenster für den<br />

Einsatz der Schweizer Armee, ihre Qualität im Sanitätsdienst sowie ihre moderne Spitzentechnologie.<br />

Das Flugfestival richtet sich mit seinem Einsatzkonzept an ein breites Publikum von KSD-Partnern und dient<br />

gleichzeitig als Bühne für den Einsatz des Informations- und Einsatz-Systems (IES) sowie des San Hist Manager.


INFO<br />

1 / 11<br />

Neues von der Schweiz. Gesellschaft für Notfall- und<br />

Rettungsmedizin (SGNOR)<br />

Dr. med. Stefan Müller, Ärztlicher Leiter Schutz & Rettung Zürich, Neumühlequai 40, 8035 Zürich, stefan.mueller@zuerich.ch<br />

Nach äusserst arbeitsintensiven, hektischen<br />

Frühjahres- und Sommermonaten<br />

2010 waren Herbst und Winter ein<br />

wenig ruhiger. Dies heisst aber nicht,<br />

dass wir uns hätten zurücklehnen und<br />

ausruhen können. Folgende zukunftsgerichtete<br />

Projekte beschäftigten uns<br />

bereits im zweiten Halbjahr 2010:<br />

Ultraschall<br />

Die Arbeitsgruppe Sonografie (Vorsitz:<br />

Hans Matter, Schlieren) hat ein Fähigkeitsprogramm<br />

«Notfallsonografie» erarbeitet,<br />

für welches in den kommenden<br />

Monaten der Konsens mit der<br />

Schweizerischen Gesellschaft für Ultraschall<br />

in der Medizin (SGUM) gesucht<br />

wird. Wir hoffen sehr, dass die Anstrengungen<br />

der Kommissionsmitglieder in<br />

einen künftigen Fähigkeitsausweis<br />

münden! Joseph Osterwalder (St. Gallen)<br />

führt die Arbeiten auf europäischer<br />

Ebene mit unseren Nachbarn weiter.<br />

Klinische Notfallmedizin<br />

Nachdem im Sommer 2009 der Fähigkeitsausweis<br />

«Klinische Notfallmedizin<br />

SGNOR» durch das Schweizerische<br />

Institut für Weiter- und Fortbildung<br />

SIFW FMH (vormals: Kommission für<br />

Weiter- und Fortbildung KWFB) in<br />

Kraft gesetzt wurde (wir berichteten),<br />

haben in der Zwischenzeit mehr als<br />

die Hälfte (308 von 523) der Inhaber<br />

der SGNOR-internen Bestätigung des<br />

Programms Klinische Notfallmedizin,<br />

welches durch die Mitgliederversammlung<br />

SGNOR 2005 in Kraft gesetzt<br />

wurde, die Umwandlung in den<br />

entsprechenden Fähigkeitsausweis<br />

vorgenommen.<br />

www.sgnor.ch<br />

Die Prüfungskommission «Klinische<br />

Notfallmedizin» ist daran, die Prüfungen,<br />

die Bestandteil des Fähigkeitsausweises<br />

sind, zu erarbeiten. Die erste<br />

Prüfung wird im November 2011 stattfinden.<br />

RescuePoint®<br />

Anfangs November 2010 war es soweit:<br />

alle Mitglieder der SGNOR konnten<br />

in die gemeinsame eLearning-Plattform<br />

RescuePoint® aufgenommen<br />

werden und haben nun Zugang zum<br />

SGNOR-Angebot:<br />

webNAK Module (2 von 6 geplanten<br />

Modulen): Einführung, Ereignis mit<br />

zahlreichen Patienten<br />

Sanitätsdienstliche Bewältigung von<br />

ABC-Ereignissen (Konzept «Nationaler<br />

ABC-Schutz Schweiz», 6 von 7<br />

geplanten Modulen der Geschäftsstelle<br />

Koordinierter Sanitätsdienst<br />

[KSD])<br />

Stress und Stressbewältigung für<br />

Einsatzkräfte und Betroffene (Modul<br />

der Geschäftsstelle KSD)<br />

Sämtliche Trailer<br />

Kongresse<br />

Nach 2007 findet in diesem Jahr wiederum<br />

ein gemeinsames Notfallsymposium<br />

SGNOR/VRS statt. Der Vorstand<br />

SGNOR freut sich heute schon auf<br />

zahlreiche Teilnehmende am 27.-28.<br />

Mai 2011 in Bern! Alle Informationen<br />

finden Sie unter<br />

www.notfallsymposium.ch<br />

www.bbscongress.ch.<br />

Die Vorarbeiten gehen im Organisationskomitee<br />

(Vertreter SGNOR: Heinz<br />

Bähler, Zeno Supersaxo, Gabriela<br />

Kaufmann) und im Wissenschaftskomitee<br />

(Vertreter SGNOR: Roland Albrecht,<br />

Beat Lehmann) zügig voran. Auf keinen<br />

Fall dürfen Sie das umfangreiche<br />

SGNOR-Programm am SGI-Kongress<br />

verpassen (08. – 11. September 2011<br />

in Interlaken). Die Wissenschaftskommission<br />

(Vorsitz: Roland Bingisser, Basel)<br />

bereitet ein interessantes notfallmedizinisches<br />

Spektrum vor.<br />

Wir freuen uns, die Arbeiten gemeinsam<br />

anzupacken!<br />

65


66<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Unermüdlicher Einsatz für den KSD und das IES<br />

Esther Bärtschi, Stv. Chefin Geschäftsstelle KSD, esther.baertschi@vtg.admin.ch und Dr. med. Andreas Stettbacher, Beauftragter des Bundesrates<br />

für den KSD, andreas.stettbacher@vtg.admin.ch, beide Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen<br />

Mit Rudolf Junker verabschiedet<br />

sich der Motor einer ganzen Ära<br />

des Koordinierten Sanitätsdienstes<br />

(KSD) – Grund genug, seinen Werdegang<br />

und seine Werke an dieser<br />

Stelle zu würdigen.<br />

Rudolf Junker trat am 1.1.1998 in die<br />

damalige Untergruppe Sanität des Generalstabes<br />

ein und wurde durch seinen<br />

Vorgänger (Rudolf Wenger) während<br />

drei Monaten in die komplexe<br />

Materie des Koordinierten Sanitätsdienstes<br />

(KSD) eingeführt. In seiner<br />

Funktion als militärischer Kommandant<br />

einer Spitalabteilung waren ihm der<br />

KSD und die zivil-militärische Zusammenarbeit<br />

nicht fremd. In einer ersten<br />

Einarbeitungsphase ging es darum,<br />

viele Kontakte zu Behörden, Ämtern,<br />

Kantonen und Persönlichkeiten zu<br />

knüpfen. Rudolf Junker verschaffte<br />

sich rasch grosse Anerkennung und<br />

sicherte sich die Unterstützung seiner<br />

Mitarbeitenden und des KSD-Netzwerks:<br />

Er war charmant, sehr hilfsbereit<br />

und motivierend.<br />

Topmotiviert, mit neuen Ideen und viel<br />

Enthusiasmus übernahm er am<br />

1.4.1998 das Zepter als Chef des damaligen<br />

Sekretariates KSD (heute Geschäftsstelle<br />

KSD). Ein frischer Wind<br />

blies vom Bundes-KSD in die ganze<br />

Schweiz zu allen KSD-Partnern! Eine<br />

erste sichtbare Massnahme war beispielsweise,<br />

dass er die Informationsschrift<br />

KSD, die bis Ende 1998 im Format<br />

A5 erschien, als A4-Broschüre<br />

realisieren liess und sämtliche Informationsmittel<br />

über den KSD modernisiert<br />

wurden.<br />

Von seinem Vorgänger übernahm er<br />

das Konzept KSD 96. Mit gezielten Informationen<br />

und Schulungen gelang es<br />

ihm und seinen Mitarbeitenden, die<br />

Idee des KSD weiter zu verbreiten und<br />

auch die noch oft vorhandene «alte»<br />

Philosophie (nämlich KSD = Krieg) endgültig<br />

aus den Köpfen verschwinden zu<br />

lassen. Rudolf Junker hat den KSD für<br />

die Gegenwart fit gemacht und ihm<br />

prägend seinen Stempel aufgedrückt.<br />

In seinem 13-jährigen Wirken dürfen als<br />

Meilensteine besonders erwähnt werden:<br />

Die Einführung des Informations-<br />

und Einsatz-Systems (IES-KSD) in<br />

der ganzen Schweiz<br />

Die neue Verordnung über den KSD<br />

(2005)<br />

Hospitalisationskonzept Schweiz<br />

UEFA EURO 08<br />

Konzepte wie Sanitätsdienstliche<br />

Führung im Grossereignis, Psycho-<br />

logische Nothilfe, ABC-Dekontamination<br />

von Personen, geschützte<br />

Spitäler, Alarmplan Brandverletzte<br />

Schweiz, bei denen vereinheitlichte<br />

Vorgaben durch den Bund bzw. eine<br />

Unité de doctrine sinnvoll sind.<br />

Informations- und Einsatz-System<br />

(IES)<br />

Als herausragende Errungenschaft<br />

kann die webbasierte Informatikplattform,<br />

welche die Prozesse der Führungs-<br />

und Einsatzorganisationen im<br />

Alltag, in besonderen und ausserordentlichen<br />

Lagen unterstützt, dem unermüdlichen<br />

Wirken von Rudolf Junker<br />

angerechnet werden. Das IES bildet die<br />

schweizweite Plattform für die Vorbereitung<br />

und Ereignisbewältigung in allen<br />

Lagen und bietet vielerlei Funktio-<br />

Abb. 1: Dr. med. Andreas Stettbacher, der Beauftragte des Bundesrates für den KSD,<br />

verabschiedet am Informationsrapport KSD vom 1.12.2010 Herrn Rudolf Junker (links) und<br />

überreicht ihm als Dank einen Zinnteller.


nalitäten an: Übersicht der Ressourcen<br />

im Gesundheitswesen, Personen- und<br />

Patientenmanagement, Kommunikation<br />

und Alarmierung, Übersicht Notfallaufnahmekapazitäten,<br />

elektronische<br />

Lagedarstellung mit GIS, Kollaboration,<br />

Dokumentenaustausch und andere<br />

mehr. Seit 2005 steht die Informatik-<br />

Plattform IES den KSD-Partnern zur<br />

Verfügung. An der Strategischen Führungsübung<br />

(SFU) 2005, bei den World<br />

Economic Foren (WEF) und an der<br />

UEFA EURO 08 kommunizierten die<br />

KSD-Partner über das IES oder holten<br />

daraus wichtige Informationen und Daten.<br />

Der schweizweite Durchbruch gelang<br />

dem IES vollends. Der Konzern<br />

SAP zeichnete das IES sogar mit dem<br />

SAP-Effizienzpreis aus! Heute ist das<br />

IES schweizweit eingeführt und gilt als<br />

System für den Sicherheitsverbund<br />

Schweiz und nicht bloss als System für<br />

den Sanitätsdienst. Das IES unterstützt<br />

auch die Pandemieplanung Schweiz<br />

und wird den aktuellen Bedürfnissen<br />

entsprechend laufend weiter entwickelt<br />

(«Offline-Client», «Barcode Reader»,<br />

IES-Tool «Kontaktmanagement», San<br />

Hist Manager). Rudolf Junker engagierte<br />

sich in all den Jahren unermüdlich für<br />

die Implementierung des IES. Als überzeugender<br />

Antreiber und Motivator hat<br />

er es geschafft, ein so komplexes Projekt<br />

zum Erfolg zu bringen. Im KSD-<br />

Netzwerk wurde er so sehr mit dem IES<br />

identifiziert, dass viele vom «Mister IES»<br />

sprachen….<br />

Neue Verordnung über den KSD<br />

(2005)<br />

Als grundlegenden Meilenstein darf die<br />

per 1.6.2005 in Kraft gesetzte neue<br />

Verordnung über den KSD (VKSD) bezeichnet<br />

werden, mit der die fast<br />

30-jährige Verordnung vom 1.9.1976<br />

über die Vorbereitung des KSD abgelöst<br />

worden ist. In der VKSD wurde<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Abb. 2: Rudolf Junker (links) liess bei wichtigen Konzepten (ABC-Dekontamination von<br />

Personen) auch das Know-How und die Unterstützung von ausländischen Experten (Detlef<br />

Cwojdzinski und Karl Pessenbacher [rechts]) einfliessen.<br />

auch das sanitätsdienstliche Koordinationsgremium<br />

(SANKO) verankert. Insbesondere<br />

durch seinen Kernstab ist<br />

das SANKO bei Bedarf rasch einsetzbar<br />

und handlungsfähig. Das SANKO<br />

war an der UEFA EURO 08 erstmals<br />

über längere Zeit im Einsatz und hat<br />

seine Feuertaufe bestanden. Für künftige<br />

Aufgaben muss es allerdings noch<br />

«fit for mission» gemacht werden.<br />

Hospitalisationskonzept Schweiz<br />

UEFA EURO 08<br />

Besonders stolz war Rudolf Junker,<br />

dass er im Rahmen des Teilprojekts<br />

«Sicherheit» der UEFA EURO 08 den<br />

KSD im Nakos.ch einbringen durfte. In<br />

enger Zusammenarbeit und in Koordination<br />

mit den Kantonen, insbesondere<br />

den sanitätsdienstlichen Verantwortlichen<br />

der Host Cities, entstand<br />

rechtzeitig vor Beginn der UEFA EURO<br />

08 ein von allen Beteiligten gemeinsam<br />

getragenes «Hospitalisationskonzept<br />

Schweiz UEFA EURO 08». Dieses dien-<br />

te auch den nicht direkt durch die UEFA<br />

EURO 08 betroffenen Spitälern für Planungen.<br />

Die übergeordnete Koordination<br />

unter den Host Cities und die<br />

schweizweite Koordination waren zutreffend<br />

und notwendig.<br />

Breit abgestützte Projekte<br />

Erkenntnisse und Lehren aus dem «C-<br />

Terroranschlag» von 1995 auf die U-<br />

Bahn in Tokyo und den darauf folgenden<br />

Ereignissen «Anthrax» und «SARS»<br />

machten deutlich, dass in der Schweiz<br />

– insbesondere im Bereich Dekontamination<br />

von Patienten – schwer wiegende<br />

Mängel und Lücken bestehen. Der<br />

Beauftragte des Bundesrates für den<br />

KSD erteilte der Geschäftsstelle KSD<br />

2004 den Auftrag, eine Arbeitsgruppe<br />

zu bilden mit dem Auftrag, rasch ein<br />

möglichst effizientes, modernes und in<br />

seinen Abläufen für zivile und militärische<br />

Verantwortliche und Einsatzkräfte<br />

einheitliches Schweizer Konzept (ABC-<br />

Dekontamination) zu erarbeiten. Für<br />

67


68<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Rudolf Junker war klar, dass eine solche<br />

Arbeitsgruppe fachlich breit abgestützt<br />

sein muss, damit ein fertiges<br />

Konzept bei allen Involvierten Zustimmung<br />

fand. Noch bevor dieses Konzept<br />

ganz beendet war, nutzte Rudolf Junker<br />

bei einem Referat in Ahrweiler im Herbst<br />

2005 die Gelegenheit, die damals noch<br />

provisorischen Inhalte einem deutschen<br />

Fachpublikum vorzustellen und den<br />

Puls zu fühlen, ob das schweizerische<br />

und das deutsche Konzept kompatibel<br />

seien….. Er knüpfte wichtige Kontakte<br />

zu zahlreichen Experten, Fachspezialisten<br />

und Verantwortlichen unseres<br />

Nachbarlandes. Nach der FIFA WM 06<br />

in Deutschland organisierte er für eine<br />

grössere Schweizer Delegation einen<br />

zweitägigen Erfahrungsaustausch mit<br />

deutschen und österreichischen Experten<br />

in Berlin (Herbst 2006). Rechtzeitig<br />

vor der UEFA EURO 08 waren auch<br />

Empfehlungen für die ABC-Dekontamination<br />

für Akut- und Dekontaminationsspitäler<br />

fertiggestellt. Rudolf Junker<br />

setzte sich unbürokratisch dafür ein,<br />

dass die Dekontaminationsspitäler der<br />

EURO-Austragungsorte mit einheitlichem<br />

Material ausgerüstet wurden und<br />

das Berufspersonal der Spitäler in Spiez<br />

durch Spezialisten des Kompetenzzentrums<br />

ABC des Führungsstabes der<br />

Armee als technische Dekontaminationsspezialisten<br />

ausgebildet wurde. Parallel<br />

dazu wurden erste Module des<br />

E-Learnings «Bewältigung von ABC-<br />

Ereignissen» in Rekordzeit realisiert und<br />

auf dem Learning-Management-System<br />

(LMS) des VBS zur Verfügung gestellt.<br />

Rudolf Junker war bestrebt, mit<br />

diesen Konzepten, Materialbeschaffungen<br />

und Ausbildungsmodulen die zivilen<br />

Partner nachhaltig – und nicht nur<br />

im Hinblick auf die UEFA EURO 08 – zu<br />

unterstützen. Damit setzte er eine wichtige<br />

Massnahme im nationalen Konzept<br />

ABC-Schutz um.<br />

In ähnlicher Weise und mit ebenso grossem<br />

Elan und Geschick nahm Rudolf<br />

Junker auch die anderen, erwähnten<br />

Konzepte an die Hand.<br />

«IES, we can!»<br />

Zahlreiche Einladungen für Referate,<br />

Podien, Tagungen, Erfahrungsaustausch<br />

(im Inland und immer häufiger<br />

auch im Ausland), Übungen usw. nahm<br />

er gerne an, obwohl dies immer auch<br />

mit zusätzlicher Arbeit verbunden war<br />

und viele Referate in Nachtstunden fertiggestellt<br />

wurden. Jede Veranstaltung<br />

war bereichernd. Er lernte neue Fachleute<br />

kennen und konnte seine Erfahrungen<br />

austauschen und bei nächster<br />

Gelegenheit davon profitieren. Je länger<br />

desto mehr arbeitete er auch in<br />

zahlreichen externen Projekten mit<br />

oder übernahm bei diesen den Lead.<br />

So drohten denn auch ab und zu die<br />

Wellen über seinem Kopf zusammenzuschlagen,<br />

doch Rudolf Junker gelang<br />

es immer wieder, Oberwasser zu<br />

behalten und Balance zu finden.<br />

Diener von drei Beauftragten KSD<br />

In seiner Amtszeit diente er drei Oberfeldärzten<br />

und Beauftragten des Bundesrates<br />

für den KSD, nämlich Dr. med.<br />

Peter Eichenberger, Dr. med. Gianpiero<br />

A. Lupi und zuletzt Dr. med. Andreas<br />

Stettbacher.<br />

Er erlebte auch viele Neuunterstellungen<br />

der Sanität und damit auch der<br />

Geschäftsstelle KSD: von der Untergruppe<br />

Sanität zum Führungsstab der<br />

Armee und weiter zur Logistikbasis der<br />

Armee, um schliesslich im Stab des<br />

Chefs der Armee anzukommen. Seit<br />

nunmehr zwei Jahren ist die Sanität<br />

wieder der Logistikbasis der Armee zugeordnet.<br />

2009 wurde die Geschäftsstelle<br />

KSD durch das Inspektorat VBS<br />

revidiert, um die Ansiedelung zu klären<br />

Abb. 3: Rudolf Junker freut sich sichtlich auf<br />

seine neue Herausforderung.<br />

und weitere Massnahmen auszuloten.<br />

Rudolf Junker hat die Umsetzung zügig<br />

an die Hand genommen und die Geschäftsstelle<br />

KSD für die kommenden<br />

Herausforderungen vorbereitet.<br />

Sein Credo: Wertschätzung und<br />

Transparenz<br />

Wenn Rudolf Junker sich nun nach 13<br />

«bewegten» Jahren Bundesdienst<br />

selbstständig macht und neu ethische<br />

Fragestellungen im Geschäftsalltag von<br />

Unternehmen analysiert, kann er mit<br />

Stolz auf wegweisende und nachhaltige<br />

Konzepte des KSD zurückblicken.<br />

Als unermüdlicher Kämpfer machte er<br />

vieles möglich, das vorerst kaum realisierbar<br />

schien! Verbunden mit unserem<br />

aufrichtigen Dank für sein langjähriges<br />

Wirken wünschen wir ihm für die Zukunft<br />

alles Gute und vor allem beste<br />

Gesundheit! Wir freuen uns sehr auf<br />

weitere Begegnungen.


INFO<br />

1 / 11<br />

Der neue Chef der Geschäftsstelle KSD stellt sich vor<br />

Stefan Trachsel, Chef Geschäftsstelle KSD, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, stefan.trachsel@vtg.admin.ch<br />

Nach 13-jähriger Amtszeit von Rudolf<br />

Junker durfte ich am 1. Februar 2011<br />

die Leitung der Geschäftsstelle KSD<br />

übernehmen. Diese Funktion übernahm<br />

ich nicht ganz «unvorbereitet», da ich<br />

bereits vor einigen Jahren in der Geschäftsstelle<br />

KSD arbeitete und auch in<br />

meiner Funktion als Stabschef des<br />

Oberfeldarztes schon Tuchfühlung mit<br />

der mir nun übertragenen Aufgabe hatte.<br />

Am 1. Februar 2011 begann für mich<br />

somit ein neuer interes san ter Lebensabschnitt<br />

und ich freue mich auf eine konstruktive<br />

und ereignisreiche Zusammenarbeit<br />

mit meinen Mitarbeitenden<br />

der Geschäftsstelle KSD, dem Beauftragten<br />

des Bundesrates für den KSD<br />

und natürlich mit Ihnen, den Exponenten<br />

des KSD-Netzwerks.<br />

Nach Abschluss meiner berufsbegleitenden<br />

Weiterausbildung zum Executive<br />

MBA erhoffe ich mir nun einen idealen<br />

Einstieg in die komplexen Geschäfte<br />

des KSD. Die Geschäftsstelle KSD<br />

ist ein Dienstleistungsunternehmen<br />

und wir werden auch in Zukunft alles<br />

dafür tun, um das «KSD-System» zufrieden<br />

zu stellen. Angesichts der immer<br />

knapper werdenden Finan zen und<br />

den gleichzeitig steigenden Anforderungen<br />

ist es umso wichtiger, dass das<br />

Richtige getan wird. Als kunden- und<br />

prozessorientierte Verwaltungsstelle<br />

wollen wir deshalb unser Augenmerk<br />

noch stärker auf unsere wichtigsten<br />

Anspruchsgruppen und deren Bedürfnisse<br />

fokussieren und mit einer klaren<br />

strategischen Ausrichtung in den<br />

nächsten Jahren in unsere Kundenbeziehungen<br />

«investieren». Ich möchte<br />

den Weg, den mein Vorgänger eingeschlagen<br />

hat, fortsetzen. Es geht mir<br />

darum, die in der Vergangenheit erzielten<br />

Resultate und wertvollen Errungenschaften<br />

zu erhalten und dabei eine<br />

stetige Weiter entwicklung mit den not-<br />

wendigen Anpassungen<br />

und Neuerungen zu vollziehen.<br />

Ansetzen müssen wir<br />

in erster Linie bei der Einsatzfähigkeit.<br />

Wir müssen<br />

aus den Erkenntnissen der<br />

H1N1-Pandemie die richtigen<br />

Schlüsse ziehen und<br />

«unser» sanitätsdienstliches<br />

Koordi nationsgremium<br />

(SANKO) noch besser auf<br />

dessen künftige Einsatztauglichkeit<br />

aufbauen («fit<br />

for mission»). Die Geschäftsstelle<br />

KSD wird da-<br />

bei dem SANKO als einheitliche Eintritts-<br />

und Kontaktstelle für die Koordination<br />

und Steuerung sanitätsdienstlicher<br />

Ereignisse, bei denen der Bund<br />

koordiniert oder führt, aktiv zur Seite<br />

stehen. Im Weiteren wollen wir unser<br />

«Juwel», das Informations- und Einsatz-System<br />

(IES), in Kürze flächendeckend<br />

in der gan zen Schweiz eingeführt<br />

haben, in Einsätzen überprüfen<br />

und wo nötig validieren.<br />

Wir können unseren Auftrag als Kompetenzzentrum<br />

des Bundes für die Koordination<br />

der sanitätsdienstlichen<br />

Partner im Gesundheitswesen zur Gewährleistung<br />

einer bestmöglichen sanitätsdienstlichen<br />

Versorgung aller Patienten<br />

in allen Lagen nur wahrnehmen,<br />

wenn wir die Ansprüche und Bedürfnisse<br />

unserer Leistungsempfänger eruieren<br />

und erkennen. Nur so haben wir<br />

Gewähr, dass wir das Richtige tun und<br />

unsere Leistungen dementsprechend<br />

Wirkung erzielen. Unser Geschäftszweck<br />

soll unbedingt mit den Wertvorstellungen<br />

und Er wartungen der wichtigsten<br />

Anspruchsgruppen übereinstimmen.<br />

Dazu gehört, dass ich und<br />

meine Mitarbeitenden deshalb alle<br />

Gelegenheiten wahrnehmen werden,<br />

unsere wichtigsten Leistungsempfän-<br />

Stefan Trachsel, neuer<br />

Chef der Geschäftsstelle<br />

KSD<br />

ger aktiv zu bewirtschaften.<br />

Zum einen bedeutet dies,<br />

auch weiterhin die politischen<br />

Entscheidungsträger<br />

des Bundes und der Kantone<br />

für die Problematik zu<br />

sensi bilisieren und zum anderen<br />

die behördlichen,<br />

nichtstaatlichen und wirtschaftlichen<br />

Organe mit<br />

geeigneten Produkten und<br />

Hilfsmitteln «für den Fall des<br />

Falles» koordinativ zu unterstützen.<br />

Aber erst mit gemeinsamer Anstrengung<br />

wird auch eine breite Bevölkerungsschicht<br />

die Wichtigkeit unserer<br />

Koordinationsaufgabe und die Vorteile,<br />

die ihr durch das «System KSD» zuteil<br />

werden, erkennen und anerkennen.<br />

Nur mit Ihrer Hilfe werden wir es schaffen,<br />

die Geschäftsstelle KSD und die<br />

Aufgaben des KSD zum vollen Erfolg<br />

zu bringen. Erfolg heisst hier, die jederzeit<br />

bestmögliche sanitätsdienstliche<br />

Versorgung aller Patienten in allen Lagen<br />

zu ermöglichen. In diesem Sinne<br />

danke ich Ihnen schon jetzt für alle Anstrengungen<br />

und die weiterhin gute<br />

Unterstützung zugunsten der gemeinsamen<br />

Sache.<br />

Gemeinsam mit meinen Mitarbeitenden<br />

der Geschäftsstelle KSD werde ich alles<br />

daran set zen, dass unsere Leistungen<br />

weiterhin auf hohem Niveau erbracht<br />

werden. Ich bin des halb froh,<br />

von meinem Vorgänger ein sehr motiviertes<br />

und funktionierendes Team<br />

übernehmen zu dürfen.<br />

Auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit!<br />

Ihr Stefan Trachsel,<br />

Chef Geschäftsstelle KSD<br />

69


70<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Vorbereitung und «Public Health»-Massnahmen zur<br />

Pockenbekämpfung nach bioterroristischen Anschlägen<br />

Dipl.sc nat env ETH, MSC Public Health Andrea Bühlmann, Bundesamt für Gesundheit, Öffentliche Gesundheit, Abteilung Übertragbare Krankheiten,<br />

Schwarztorstrasse 96, 3007 Bern, epi@bag.admin.ch<br />

Key Words: B-Terror, Pocken, Infektionskrankheit<br />

Die Eradikation der Pocken liegt bereits<br />

30 Jahre zurück. Dies ist eine<br />

der spektakulärsten epidemiologischen<br />

Erfolgsgeschichten, welche<br />

durch die Impfkampagne der<br />

World Health Organization (WHO)<br />

in den 70-er Jahren erreicht wurde.<br />

Die Pocken sind bisher die einzige<br />

Infektionskrankheit, welche ausgerottet<br />

werden konnte. Trotz dieses<br />

ausschlaggebenden Erfolges gelten<br />

die Pocken als eines der potentesten<br />

biologischen Agenzien,<br />

welche durch bioterroristische Ereignisse<br />

wieder in die Bevölkerung<br />

ausgetragen werden könnten. Trotz<br />

mehrjähriger Ruhephase vor Terroranschlägen<br />

durch Bioagenzien<br />

ist es wichtig, die Vorbereitung auf<br />

solche Ereignisse zu verfolgen und<br />

weiter zu entwickeln. Die Vorbereitung<br />

und Bewältigung von Krisen<br />

ist in den letzten Jahren im Bereich<br />

der Pandemie in der Schweiz fortgeschritten.<br />

Dies bietet eine gute Gelegenheit,<br />

von den Erfahrungen und<br />

Synergien für die Vorbereitung zur<br />

Bekämpfung einer potenziell möglichen<br />

bioterroristischen Austragung<br />

von Pockenviren zu profitieren.<br />

Nach der Bewältigung der Pandemischen<br />

Grippe H1N1 (2009) sind der<br />

Bund und die Kantone mit der Identifizierung<br />

und Verbesserung der<br />

Schwachstellen in der Krisenvorbereitung<br />

beschäftigt. Die Akteure der Krisenvorbereitung<br />

sollen die Erkenntnisse<br />

aus der Pandemie nutzen und<br />

bereits erreichte Meilensteine in der<br />

Pandemievorbereitung auf ein allfälliges<br />

B-Terror-Ereignis anpassen.<br />

Als Ergänzung zur ABC-Schutzstrategie<br />

der Schweiz [1], in der Pocken als<br />

eines der Referenzszenarien aufgeführt<br />

ist, hat das Bundesamt für Gesundheit<br />

(BAG) im «Public Health»-Bereich einen<br />

Expertenbericht für die Wiederaustragung<br />

der Pocken [2] erstellen lassen.<br />

Er soll diejenigen Kantone unterstützen,<br />

die sich im Rahmen des ABC-<br />

Schutzes der Schweiz auf das Szenario<br />

«Pocken» vorbereiten.<br />

Dieses Grundlagendokument der Pockenvorbereitung<br />

orientiert sich in der<br />

Struktur am Influenza-Pandemieplan<br />

Schweiz 2006 [3], welcher in den letzten<br />

Jahren überarbeitet und die jüngste<br />

aktualisierte Version 2009 [4] nun an<br />

die neuen Erkenntnisse der Pandemischen<br />

Grippe H1N1 (2009) angepasst<br />

wird. Diese Überarbeitung verfolgt das<br />

Ziel, das Planungsinstrumentarium des<br />

Pandemieplans zu flexibilisieren, indem<br />

die bisherigen starren Abhängigkeiten<br />

der Strategien und Massnahmen von<br />

den globalen WHO-Phasen aufgehoben<br />

werden.<br />

Die Vorbereitung und Ereignisbewältigung<br />

eines Pockenanschlags orientiert<br />

sich aufgrund der Viruseigenschaften<br />

und Art der Austragung von Pocken<br />

nach wie vor an verschiedenen Alertphasen,<br />

die nach der aktuellen Bedrohungslage<br />

und Ausmass des Ausbruchs<br />

definiert sind.<br />

Nebst dem aktuellen mikrobiologischen,<br />

medizinischen und epidemiologischen<br />

Wissensstand werden die verschiedenen<br />

Alertphasen und Szenarien<br />

sowie der Stand der Vorbereitung auf<br />

einen Pockenausbruch und dessen<br />

Bekämpfung beschrieben. Aufgrund<br />

der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

werden Strategien entwickelt, die im<br />

Ereignisfall zu berücksichtigen sind. Die<br />

Bewältigung eines B-Terror-Ereignisses<br />

mit Pocken wird nicht nur eine Heraus-<br />

forderung des Gesundheitswesens<br />

sein, sondern alle für die Gesellschaft<br />

wichtigen Bereiche betreffen. Vorhergehende<br />

Krisen (z.B. SARS) haben<br />

verdeutlicht, dass die Menschen an<br />

vorderster Front (Spitäler, Flughäfen,<br />

Grenzen) prioritär geschützt werden<br />

sollen. Um die Immunisierung dieser<br />

Bevölkerungsgruppen bei Bedarf abzudecken,<br />

wird die Beschaffung von neuen<br />

Pockenimpfstoffen im Eidgenössischen<br />

Departement für Verteidigung,<br />

Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)<br />

diskutiert.<br />

Dieser Artikel beschreibt den Stand der<br />

Pockenvorbereitung in der Schweiz<br />

und richtet sich an alle Akteure, die in<br />

die Krisenvorbereitung involviert sind.<br />

Das ausführliche Dokument der Pockenvorbereitung<br />

wurde den Kantonen<br />

als Grundlagendokument zur Verfügung<br />

gestellt, wird aber aus Sicherheitsgründen<br />

für die Öffentlichkeit nicht<br />

zugänglich sein.<br />

Risikoabschätzung<br />

Die Pocken sind eine der verheerendsten<br />

Krankheiten, welche die Menschheit<br />

schon über mehrere tausend Jahre<br />

begleiten. Bereits vor 3’000 Jahren<br />

traten immer wieder Pockenepidemien<br />

in Indien, Ägypten und China auf. Im 6.<br />

Jahrhundert nach Christus wurden sie<br />

aus Asien nach Europa eingeschleppt<br />

und später durch die Kolonialisierung<br />

in alle Erdteile verbreitet.<br />

1967 lancierte die WHO ein weltweites<br />

intensives Impfprogramm zur Ausmerzung<br />

der Pocken. Die Anstrengungen<br />

der WHO führten über die folgenden<br />

Jahre zu einer massiven Abnahme der<br />

gefürchteten Erkrankung, bis schliesslich<br />

der letzte natürliche Fall 1977 in<br />

Somalia auftrat. Da es in der Folge zu<br />

keinen weiteren Erkrankungen mehr


kam, erklärte die WHO am 8. Mai 1980<br />

die Krankheit weltweit als ausgerottet.<br />

Rund 30 Jahre nach der Eradikation<br />

der Pocken und der weltweiten Einstellung<br />

der Pockenimpfungen würde eine<br />

absichtliche Freisetzung des Pockenvirus<br />

eine schwere Gefährdung der Öffentlichen<br />

Gesundheit bedeuten und<br />

auch in der Schweiz zu einer Krise im<br />

Gesundheitssystem und zu einer Notlage<br />

in zahlreichen gesellschaftlichen<br />

Bereichen führen. Aufgrund der hohen<br />

Infektiosität und des schweren Krankheitsbildes<br />

der Pocken kommt das Variolavirus<br />

als biologische Waffe in Frage<br />

und wird von der WHO als eines der<br />

potentesten Agenzien in Bezug auf bioterroristische<br />

Bedrohungen eingeschätzt.<br />

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren<br />

Bestände von Pockenviren offiziell<br />

noch in zwei Hochsicherheitslaboratorien:<br />

das eine in den USA (Centers for<br />

Disease Control and Prevention [CDC]<br />

Atlanta), das andere in Russland (State<br />

Center of Virology and Biotechnology<br />

[VECTOR], Koltsovo).<br />

Eine Wiedereinführung des Virus in die<br />

Bevölkerung könnte durch eine unvorhergesehene<br />

Freisetzung aus einem<br />

der zwei Hochsicherheitslaboratorien,<br />

die offiziell Pockenviren lagern bzw. aus<br />

einem Labor, welches «vergessene»<br />

Virusstämme besitzt, durch einen bioterroristischen<br />

Anschlag mit Pockenviren,<br />

Verwendung des Virus als biologische<br />

Waffe, oder durch eine Anpassung<br />

eines tierischen Orthopoxvirus an den<br />

Menschen erfolgen. Durch die schnelle<br />

Entwicklung der Molekularbiologie ist<br />

nicht auszuschliessen, dass mittels<br />

Gentechnologie pockenverwandte Viren<br />

in Laboratorien hergestellt werden,<br />

obwohl Experimente mit genmanipulierten<br />

Variola Virus verboten und die<br />

Verwendung von nicht infektiösem Material<br />

mit Variola Gensequenzen strikten<br />

WHO Einschränkungen unterliegt.<br />

(WHO policies: http://www.who.int/<br />

csr/disease/smallpox/research/en/).<br />

Die Bekämpfungsstrategie der<br />

Pocken<br />

Die für die Pockenbekämpfung vorgesehene<br />

Strategie verfolgt das Ziel, das<br />

Pockenvirus möglichst rasch zu lokalisieren,<br />

zu bekämpfen und zu eliminieren,<br />

um eine Ausbreitung in der Bevölkerung<br />

zu begrenzen und damit die<br />

Folgen einer solchen Bedrohung so gut<br />

wie möglich zu beschränken. Um ein<br />

schnelles Agieren zu ermöglichen, sind<br />

eine Sensibilisierung der Ärzteschaft<br />

sowie weitere Massnahmen für eine<br />

effiziente Früherkennung essentiell.<br />

Die Schweiz, beruhend auf dem Phasenmodell<br />

der WHO, wird für die Bedrohung<br />

durch Pockenviren zwischen<br />

fünf Phasen unterscheiden:<br />

Phase 0: Theoretisches Risiko einer<br />

Bedrohung (aktuelle Situation)<br />

Phase 1: Erhöhte Bedrohung<br />

Phase 2: Bestätigter Fall ausserhalb<br />

der Schweiz<br />

Phase 3: Bestätigter Fall in der<br />

Schweiz<br />

Phase 4: Viele Infektionsherde in der<br />

Schweiz<br />

Die Interventionen beinhalten epidemiologische<br />

Abklärungen und verschiedene<br />

«Public Health»-Massnahmen<br />

wie die Isolierung von Pockenfällen<br />

und das Kontaktmanagement, welche<br />

die Ausbreitung der Krankheit unterbrechen<br />

sollen. Der Bekämpfungserfolg<br />

einer Pockenepidemie basiert im<br />

Allgemeinen auf einem schnellen Eingriff<br />

und der Isolierung der identifizierten<br />

Fälle bzw. der Compliance der<br />

Quarantäne der Verdachtsfälle, um eine<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Übertragung des Virus einzuschränken.<br />

Weitere Empfehlungen beziehen sich<br />

auf die Strategie der Impfung, welche<br />

je nach Alertphase und Ausmass des<br />

Ausbruchs an die aktuelle Situation angepasst<br />

werden muss. Die Pockenimpfung<br />

ist durch eine Reihe von Impfkomplikationen<br />

belastet, so dass erst bei<br />

einer realen Bedrohung durch Pocken<br />

die Impfung in Betracht gezogen wird.<br />

Als nationale Impfstrategie für Pocken<br />

wird, wie von der WHO vorgeschlagen,<br />

ein mehrstufiges zielgruppen- und bedrohungslagespezifisches<br />

Vorgehen<br />

verfolgt. Einzelimpfungen würden entlang<br />

von Übertragungsketten ausgedehnt,<br />

unterstützt von der Immunisierung<br />

von Interventionsteams und<br />

Berufsgruppen (z.B. Personen im Gesundheitswesen),<br />

die Kontakt mit Pockenfällen<br />

haben könnten. Nur im Falle,<br />

dass diese Strategie nicht ausreichend<br />

sein sollte, würde eine breitflächigere<br />

Impfung in Betracht gezogen. Für die<br />

Planung und Organisation einer grossflächigeren<br />

Impfung sollen auf Erfahrungen<br />

der Pandemievorbereitung zurückgegriffen<br />

werden.<br />

Das BAG unterstützt die Kantone bei<br />

der Umsetzung der Empfehlungen und<br />

in der Koordination der Massnahmen,<br />

falls mehrere Kantone betroffen sind.<br />

Im Weiteren stellt das BAG die Kommunikation<br />

und Koordination, wie dies<br />

im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften<br />

2005 (IGV 2005)<br />

vorgegeben ist, mit ausländischen<br />

Partnern sicher.<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Die legale Basis für eine koordinierte internationale<br />

Zusammenarbeit bieten die<br />

durch eine Totalrevision angepassten<br />

IGV 2005 [5], welche am 15. Juni 2007<br />

71


72<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

in Kraft getreten sind. Die IGV 2005 sind<br />

ein umfassendes Instrument zur Vorbeugung,<br />

Überwachung und Bekämpfung<br />

der internationalen Verbreitung von<br />

akuten Gesundheitsgefährdungen und<br />

sind für Infektionskrankheiten das zentrale,<br />

völkerrechtlich verbindliche Instrument.<br />

Gemäss den IGV 2005 muss<br />

beim Wiederauftreten der Pocken die<br />

WHO informiert werden. Vermutlich<br />

würde dies als eine gesundheitliche<br />

Notlage von internationaler Tragweite<br />

eingestuft.<br />

Auf nationaler Ebene sind die grundlegenden<br />

legalen Rahmenbedingungen<br />

durch das Epidemiengesetz (SR<br />

818.101) aus dem Jahr 1970 festgelegt,<br />

welche durch die bevorstehende Totalrevision<br />

den heutigen Anforderungen<br />

angepasst werden. Weitere gesetzliche<br />

Grundlagen bilden das Heilmittelgesetz<br />

(SR 812.21), die Meldeverordnung (SR<br />

818.141.1), die Verordnung über den<br />

Koordinierten Sanitätsdienst (SR<br />

501.31) und die Verordnung über die<br />

militärische Katastrophenhilfe im Inland<br />

(SR 510.31). Zu erwähnen ist auch die<br />

Verordnung über die Organisation von<br />

Einsätzen bei ABC- und Naturereignissen<br />

(ABCN-Einsatzverordnung), die am<br />

1.1.2011 in Kraft getreten ist.<br />

Führungsabläufe<br />

Die Strukturen und Prozesse des Bundes<br />

sind bislang nicht speziell auf den<br />

Fall eines Bioterror-Ereignisses ausgerichtet.<br />

Unter der Leitung des Bundesamtes<br />

für Bevölkerungsschutz (BABS)<br />

wurde die neue ABCN-Einsatzverordnung<br />

erarbeitet, die als Kernstück einen<br />

Bundesstab zur Vorbereitung und<br />

Ereignisbewältigung vorsieht.<br />

Bis dieser Bundesstab operationell ist,<br />

würde für die medizinische Bewältigung<br />

des Pockenausbruchs basierend<br />

auf Art.10 des Epidemiengesetzes<br />

sinnvollerweise ein Krisenstab «Pocken»,<br />

wie etwa der Sonderstab Pandemie,<br />

eingesetzt. Weitere Gremien auf<br />

Ausbruchsebene würden im Falle eines<br />

Pockenereignisses in ihren Zuständigkeitsbereichen<br />

eingesetzt.<br />

Pockenschutzimpfung<br />

Mit den Anthrax-Anschlägen Ende<br />

2001 in den USA war der Einsatz von<br />

biologischen Kampfstoffen nicht<br />

mehr nur ein militärisches Thema,<br />

sondern durch die terroristische Verwendung<br />

auch eine Bedrohung für<br />

die Zivilbevölkerung. Vor dem Hintergrund<br />

dieser potenziellen Bedrohungssituation<br />

hat die Schweiz 2002<br />

drei Millionen Dosen Pockenimpfstoff<br />

für den Fall einer vorsätzlichen Freisetzung<br />

und des Wiederauftretens<br />

der Pocken eingelagert. 2001 wurde<br />

die Qualität des Pockenimpfstoffs<br />

(Lancy Vaxina Berna) im Rahmen einer<br />

klinischen Studie zur Immunreaktion<br />

und Verträglichkeit am Institut für<br />

Sozial- und Präventivmedizin (ISPM)<br />

Zürich durchgeführt.<br />

Es handelt sich dabei um einen Impfstoff,<br />

der bereits für die Pockenausrottungskampagne<br />

der WHO Ende der<br />

60-er und anfangs der 70-er Jahre<br />

eingesetzt wurde. Der Impfstoff verursacht<br />

gravierende, unerwünschte Nebenwirkungen<br />

(Eczema Vaccinatum,<br />

Vaccinia generalista, Postvakzinale<br />

Enzephalitis, Postvakzinale Myokarditis).<br />

Pro Million geimpfter Personen<br />

muss gemäss historischen Daten mit<br />

etwa 1’000 unerwünschten Nebenwirkungen<br />

und einem Todesfall bis zwei<br />

Todesfällen gerechnet werden. Würden<br />

Personen mit bekannten Kontraindikationen<br />

geimpft, wäre von einer noch<br />

höheren Anzahl Nebenwirkungen auszugehen.<br />

Im Vorfeld des Irakkrieges entstand ein<br />

deutlicher Druck hinsichtlich einer prophylaktischen<br />

Impfung der Bevölkerung.<br />

Das BAG hat daraufhin eine Pockenimpfstrategie<br />

entwickelt und im<br />

BAG Bulletin 12/03 [6] über den damaligen<br />

Stand der Pockenschutzimpfung<br />

in der Schweiz informiert. Sie beruhte<br />

auf der Schaffung mehrerer, auf die ganze<br />

Schweiz verteilte Impfzentren mit<br />

Personal, das geimpft und geschult ist.<br />

Die Impfung und Schulung sollte im<br />

Rahmen einer – von der kantonalen<br />

Ethikkommission genehmigten –klinischen<br />

Studie des ISPM Zürich bei rund<br />

150 bis 200 aus dem Medizinalpersonal<br />

rekrutierten Personen durchgeführt werden.<br />

Eine Umfrage von in der Schweiz<br />

tätigen Infektiologen ergab, dass eine<br />

prophylaktische Impfung aus Sicht der<br />

Befragten nur im Falle einer Bedrohungssituation<br />

sinnvoll ist. Eine Interessensabwägung<br />

zwischen dem bestmöglichen<br />

Schutz der Öffentlichen<br />

Gesundheit und den nicht auszuschliessenden<br />

Nebenwirkungen der geplanten<br />

Pockenimpfung hat das BAG dazu<br />

bewogen, auf die klinische Studie sowie<br />

den systematischen Aufbau von Impfzentren<br />

in der Schweiz zu verzichten.<br />

2006 wurde eine erneute Studie für<br />

die Schätzung der Prävalenz der wichtigsten<br />

Kontraindikationen der Pockenimpfung<br />

in der Schweizer Bevölkerung<br />

am ISPM Zürich, als<br />

Entscheidungsgrundlage für weitere<br />

Impfempfehlungen, durchgeführt. Diese<br />

Studie hat ergeben, dass etwa 45<br />

Prozent der Schweizer Bevölkerung<br />

Kontraindikationen (dermatologische<br />

Erkrankungen, immunsuppressive<br />

Faktoren, kardiovaskuläre Erkrankungen)<br />

aufweisen.<br />

Derzeit wird die Entwicklung und Verfügbarkeit<br />

neuerer Generationen Po-


ckenimpfstoffe aktiv verfolgt und eine<br />

Anpassung der Versorgungsstrategie<br />

für Pockenimpfstoffe geprüft.<br />

Labordiagnostik<br />

Das Zentrallabor für Virologie der Universitätsspitäler<br />

in Genf (HUG) verfügt<br />

über die nötigen Sicherheitsausrüstungen<br />

(Biosicherheitsstufe 4D) und kann<br />

den labordiagnostischen Pockennachweis<br />

erbringen. Es erfüllt die Voraussetzungen,<br />

eine Primärdiagnostik mittels<br />

molekularer oder immunologischer Methoden<br />

für Organismen der Gruppe 4<br />

durchzuführen. Im Laufe des Jahres<br />

2011 soll das Sicherheitslabor für Biosicherheitsstufe<br />

4 am Labor Spiez in Betrieb<br />

genommen werden und wäre somit<br />

im Stande, die Referenzdiagnostik<br />

für Viren der höchsten Gefährdungsklasse<br />

wie die der Pocken durchzuführen.<br />

Gegenwärtig verfügt das Labor<br />

Spiez über die notwendigen Methoden<br />

und Bewilligungen, um die Differentialdiagnostik<br />

für Orthopoxviren (Orthopox<br />

bis und mit Risikogruppe 3) für klinische<br />

Proben sowie Umweltproben durchzuführen.<br />

Meldeabläufe<br />

Die Schweiz verfügt über ein Meldesystem<br />

für Infektionskrankheiten. Gemäss<br />

Artikel 27 des Epidemiengesetzes sind<br />

Spitäler, Ärzte und Laboratorien verpflichtet,<br />

dem Kantonsarzt innert einer<br />

Frist von zwei Stunden einen Pockenverdacht<br />

zu melden, welcher seinerseits<br />

das BAG informiert. Durch frühzeitiges<br />

Melden jedes Pockenverdachts<br />

kann der Kantonsarzt sofort die entsprechenden<br />

individuellen und kollektiven<br />

Massnahmen treffen und den Ursprung<br />

der Ansteckung ermitteln.<br />

Gemäss den IGV 2005 müssen alle<br />

Pockenfälle der WHO gemeldet werden,<br />

welche die Information den weiteren<br />

Mitgliedstaaten zur Verfügung stellt.<br />

Kontaktmanagement<br />

Das Kontaktmanagement wird vom<br />

Kantonsärztlichen Dienst nach Laborbestätigung<br />

eingeleitet:<br />

Personen, die potenziell einem Infektionsrisiko<br />

ausgesetzt waren, müssen<br />

innerhalb von drei Tagen nach der Exposition<br />

gefunden werden (contact<br />

tracing), damit sie geimpft und 17 Tage<br />

unter Quarantäne gestellt werden können.<br />

Im Allgemeinen sind dies Angehörige<br />

bzw. Arbeitskollegen des bestätigten<br />

Pockenpatienten, von denen Name<br />

und Adresse bekannt sind. Der Kantonsärztliche<br />

Dienst ist verantwortlich<br />

für die Erstellung von Kontaktlisten.<br />

Falls Fluggäste mit dem Pockenfall in<br />

Kontakt gekommen sein könnten, ist<br />

es möglich, diese mittels Passagierlisten<br />

der Fluggesellschaften zurück zu<br />

verfolgen. Weitere mögliche Kontaktpersonen<br />

wie z. B. Flugpassagiere,<br />

welche sich zur gleichen Zeit am Flughafen<br />

aufhielten, können nur über die<br />

Medien erreicht werden. Die Information<br />

über Verhaltensempfehlungen erfolgt<br />

durch Absprachen des Bundes<br />

mit den entsprechenden Kantonen.<br />

Gesundheitssystem<br />

Pockenverdachtsfälle und bestätigte<br />

Fälle dürfen nur in die dafür eingerichteten<br />

Spitäler überwiesen werden. Spitäler,<br />

die Pockenpatienten aufnehmen<br />

können, sollten deshalb im Voraus designiert<br />

werden. Welche Spitäler dafür<br />

geeignet sind, und wie viele Isolierungsräume<br />

für Pocken jeweils in einer<br />

Krisensituation genutzt werden können,<br />

sollte künftig geklärt werden. Jede<br />

Pflegeanstalt, die über eine Notfallstation<br />

verfügt, sollte die Aufnahme von<br />

Pockenverdachtsfällen oder erkrankten<br />

Personen einplanen und nebst der Bereitstellung<br />

von Isolierungsräumen für<br />

Patienten auch die Sensibilisierung, die<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Ausbildung und die mögliche Impfung<br />

des betroffenen Notfallpersonals gewährleisten.<br />

Das Personal in Arztpraxen und Spitälern<br />

ist bei einem Pockenausbruch einem<br />

hohen Kontaminationsrisiko ausgesetzt,<br />

weshalb ein adäquater<br />

Umgang mit Pockenverdachtsfällen<br />

oder Pockenfällen nötig ist.<br />

Für die Vorbereitung der Pockenbekämpfung<br />

scheint es sinnvoll, dass Spitäler<br />

und Arztpraxen die Details der<br />

Massnahmen selbstständig planen.<br />

Dabei steht ihnen ein Dokument, gestützt<br />

auf Empfehlungen der Swiss-<br />

NOSO zur Versorgung von Patienten mit<br />

viralem hämorrhagischem Fieber [7], zur<br />

Verfügung.<br />

Vorbereitung an den Flughäfen<br />

Gegenwärtig besitzen alle Schweizer<br />

Flughäfen mit internationalen Flügen<br />

eigene Notfallpläne für die Prävention<br />

und Bewältigung von Ereignissen mit<br />

Infektionskrankheiten. Diese Notfallpläne<br />

basieren auf der Verordnung des<br />

Eidgenössischen Departementes des<br />

Innern (EDI) vom 15. Dezember 2003<br />

zur Prävention von neu- und wiederauftretenden<br />

Infektionskrankheiten und<br />

wurden 2009 an die Vorgaben der IGV<br />

2005 angepasst.<br />

Für die Krisenbewältigung bestehen<br />

seit der SARS-Epidemie Kontakte zwischen<br />

Vertretern des Notfallmanagements<br />

der drei Landesflughäfen Basel,<br />

Genf und Zürich. Zudem wurde für<br />

Ereignisse, welche potenziell die Öffentliche<br />

Gesundheit bedrohen, das<br />

Flughafennetzwerk für Reisemedizin<br />

gegründet. In diesem Netzwerk haben<br />

Vertreter aller Flughäfen mit regelmässigen<br />

internationalen Linienflügen<br />

Einsitz.<br />

73


74<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Kommunikation und internationale<br />

Zusammenarbeit<br />

Eine internationale Zusammenarbeit ist<br />

notwendig, um bei einem allfälligen<br />

Wiederauftreten der Pocken eine Epidemie<br />

zu verhindern, das Pockenvirus<br />

zu bekämpfen und wieder auszurotten.<br />

Daher soll die Vorbereitung auf einen<br />

Pockenausbruch auf internationaler<br />

Ebene koordiniert werden. Die Aufgabe<br />

der WHO besteht darin, die Mitgliedstaaten<br />

und die Gesundheitsbehörden<br />

dabei zu unterstützen, auf das Risiko<br />

und das Auftreten von Epidemien zu<br />

reagieren. Im Hinblick auf eine verstärkte<br />

Sensibilisierung und eine bessere<br />

Überwachung hat die WHO ein weltweites<br />

Frühwarn- und Reaktionssystem<br />

für den Epidemiefall, das Global<br />

Outbreak Alert and Response Network<br />

(GOARN), aufgebaut. Es gewährleistet<br />

den Ländern einen raschen Zugang zu<br />

Fachleuten und zu den erforderlichen<br />

Ressourcen. Dank dem GOARN können<br />

die entscheidenden Informationen<br />

über Ausbrüche verarbeitet, rasch und<br />

zuverlässig an die wichtigsten Akteure<br />

im Bereich der Öffentlichen Gesundheit<br />

auf internationaler Ebene weitergeleitet<br />

und Massnahmen einfacher koordiniert<br />

werden.<br />

Das BAG wird während den Ausbruchsphasen<br />

den Informationsaustausch und<br />

die Koordination mit internationalen Organisationen<br />

(WHO, CDC, ECDC) pflegen<br />

und neue internationale Erkenntnisse<br />

und Empfehlungen zur Vorbereitung<br />

der Pockenbekämpfung nach bioterroristischen<br />

Anschlägen aufnehmen. Gemäss<br />

den IGV 2005 soll im Falle einer<br />

gesundheitlichen Notlage von internationaler<br />

Tragweite, welche die Pocken<br />

zweifellos darstellen würden, eine enge<br />

Zusammenarbeit zwischen der WHO<br />

und dem vom Ereignis betroffenen Staat<br />

angestrebt werden.<br />

Auf nationaler Ebene werden Plattformen<br />

und Arbeitsgruppen geschaffen<br />

und verwaltungsinterne Kommunikationsabläufe<br />

definiert. Der Bundesratssprecher<br />

koordiniert die Information<br />

und Kommunikation zwischen dem<br />

Bund und den Kantonen sowie innerhalb<br />

des Bundes.<br />

Ausblick<br />

Durch die politische Stabilität in Westeuropa<br />

und der geringen Wahrscheinlichkeit<br />

eines B-Terror-Ereignisses ist<br />

die Dringlichkeit der Pockenvorbereitung<br />

gering. Deshalb könnten verwaltungsinterne<br />

Entscheidungen und die<br />

Krisenvorbereitung beim Bund und in<br />

den Kantonen aufgeschoben werden.<br />

Gegenwärtig beschäftigen sich der<br />

Bund und die Kantone primär mit der<br />

Aufnahme der aus der Pandemischen<br />

Grippe (H1N1) 2009 gewonnenen Erkenntnisse<br />

in die Krisenvorbereitung,<br />

welche auch für B-Terror-Ereignisse<br />

wichtig sind. Neuerungen, welche in<br />

die Totalrevision des Epidemiengesetzes<br />

aufgenommen wurden, sind die<br />

Stärkung der Bundeskompetenzen bei<br />

der Koordination von Vollzugsmassnahmen<br />

und die Koordination unter<br />

den Kantonen sowie die Regelung der<br />

Kompetenzen eines Einsatzorgans für<br />

bevorstehende Krisen.<br />

Literatur<br />

[1] Strategie «ABC-Schutz Schweiz».<br />

KomABC 2007-06-D.<br />

[2] Piffaretti JC, Convert M. Grundlagen<br />

für die Vorbereitung auf ein allfälliges<br />

Wiederauftreten der Pocken. 2009.<br />

Vertraulich.<br />

[3] Influenza-Pandemieplan Schweiz<br />

2006. Strategien und Massnahmen<br />

in Vorbereitung auf eine Influenza-<br />

Pandemie. 2006.<br />

[4] Influenza-Pandemieplan Schweiz.<br />

Strategien und Massnahmen in Vor-<br />

bereitung auf eine Influenza-Pandemie.<br />

2009.<br />

[5] Internationale Gesundheitsvorschriften<br />

(2005). SR 0.818.103.<br />

[6] BAG Bulletin. Pockenschutzimpfung<br />

in der Schweiz. 2003;13:212-<br />

3.<br />

[7] Hugenot S, Sax H, Chappuis F,<br />

Mühlemann K, Francioli P, Raeber<br />

PA, Hatz C, Widmer FA, Siegl G, et<br />

les membres du groupe Swiss-NO-<br />

SO. Prise en charge des patients<br />

suspects de fièvre hémorragique<br />

virale. Recommandations pour la<br />

Suisse. Swiss-NOSO 2002;3:18-<br />

24.


INFO<br />

1 / 11<br />

Weiterentwicklung der betrieblichen Pandemiepläne<br />

nach Bewältigung der pandemischen Grippe A/H1N1<br />

Dr. med. Ulrich Erlinger, Vizedirektor, Stadtärztlicher Dienst Zürich, Walchestrasse 31, Postfach 3251, 8021 Zürich, ulrich.erlinger@zuerich.ch<br />

Key Words: Pandemie, Pandemiepläne, Infektionskrankheiten<br />

Mit der Ausbreitung der Vogelgrippe<br />

und der Ansteckung von Menschen<br />

durch den Vogelgrippeerreger H5N1<br />

entstand die Sorge, der Erreger<br />

könnte mutieren und eine schwere<br />

Grippepandemie verursachen.<br />

Pandemiepläne von öffentlichen<br />

Verwaltungen und Unternehmen<br />

auf allen Ebenen und weltweit zur<br />

Vorbereitung auf diesen Fall waren<br />

die Folge. Während des Ausbruchs<br />

der pandemischen Grippe A/H1N1<br />

wurden die betrieblichen Pandemiepläne<br />

zum grössten Teil nicht<br />

gebraucht. Bei vielen Personen in<br />

den Betrieben, die an der Pandemieplanung<br />

beteiligt waren, entstand<br />

der Eindruck, die Pläne seien<br />

übervorsorglich erstellt worden und<br />

eine Grippepandemie sei eigentlich<br />

keine Bedrohung, die eine solch<br />

aufwändige Planung rechtfertige.<br />

Nach der Grippepandemie 2009<br />

besteht die Gefahr, dass die Pläne<br />

in Vergessenheit geraten. Nur äusserst<br />

motivierte Beteiligte sind dabei,<br />

die Pläne zu überarbeiten. Der<br />

Artikel will die Pandemieplanungen<br />

in ein anderes Licht rücken, indem<br />

er aufzeigt, dass die bestehenden<br />

Pandemiepläne so verstanden und<br />

angepasst werden können, dass<br />

sie auf alle Ausbrüche von Infektionskrankheiten<br />

und biologische<br />

Bedrohungen vorbereiten, wenn sie<br />

als Grundgerüst gestaltet werden,<br />

das kurzfristig an die Bedrohung<br />

angepasst werden kann.<br />

Einleitung<br />

Wegen der weltweiten Verbreitung des<br />

Vogelgrippevirus H5N1, das vereinzelt<br />

auch Menschen ansteckt, haben sich<br />

viele Nationen und auch die Schweiz<br />

(Bund, Kantone, Gemeinden sowie vie-<br />

le Unternehmen) seit 2005 auf den Fall<br />

einer schweren Grippepandemie beim<br />

Menschen mit H5N1 vorbereitet. Ob,<br />

wann und in welchem Ausmass eine<br />

solche Grippepandemie mit H5N1 ausbrechen<br />

würde, war nicht sicher [1].<br />

Während des Ausbruchs der pandemischen<br />

Grippe mit dem Erreger A/H1N1<br />

im 2009 mussten die in den Pandemieplänen<br />

vorbereiteten Massnahmen<br />

zum Schutz der Bevölkerung und zum<br />

Erhalt der Kontinuität in den Betrieben<br />

kaum umgesetzt werden, weil die Grippe<br />

überwiegend mild verlief [2-5]. Im<br />

Gegenteil: es musste aktiv verhindert<br />

werden, dass Massnahmen in Betrieben,<br />

wie zum Beispiel die Verteilung<br />

von Personenschutzmaterial, umgesetzt<br />

wurden, weil ihre Auslösung in<br />

vielen betrieblichen Pandemieplänen<br />

an die von der World Health Organization<br />

(WHO) definierten Pandemiephasen<br />

gekoppelt waren [6].<br />

Eine schwere Grippe mit H5N1 ist aber<br />

nur eine von unbekannt vielen gefährlichen<br />

Infektionskrankheiten, die sich<br />

über das übliche Mass hinaus in der<br />

Stadtbevölkerung verbreiten könnten.<br />

Viele Infektionskrankheiten (wie zum<br />

Beispiel Tuberkulose) sind immer in unserer<br />

Gesellschaft präsent, aber unter<br />

Kontrolle [7]. In den vergangenen Jahrzehnten<br />

sind neue Infektionskrankheiten<br />

aufgetaucht: Der Ausbruch des<br />

Acquired Immunodeficiency Syndroms<br />

(AIDS) hat die Welt und auch Zürich in<br />

den 80-er Jahren relativ unvorbereitet<br />

getroffen [8] und grosse Verunsicherung<br />

ausgelöst, obwohl sich Human<br />

Immunodeficiency Viren (HIV) bei Menschen<br />

nicht so leicht verbreiten können<br />

wie Grippeviren. Inzwischen gibt es<br />

zwar wenige Neuansteckungen pro<br />

Jahr, aber es wurde viel getan, um die<br />

Übertragung von HI-Viren zum Beispiel<br />

über Bluttransfusionen zu verhindern<br />

und das Risikoverhalten in der Bevölkerung<br />

zu ändern [9-11].<br />

Auch ausserhalb von Asien hat das Severe<br />

Acute Respiratory Syndrom<br />

(SARS) 2003 zu grosser Verunsicherung<br />

geführt [12-14]. Die Analysen<br />

nach dem ersten SARS-Ausbruch deuten<br />

darauf hin, dass die 2003 getroffenen<br />

Massnahmen zur Eindämmung der<br />

Pandemie in der Schweiz richtig waren<br />

[15]. Unklar bleibt, ob eine Bewältigung<br />

der SARS-Pandemie in Zürich ähnlich<br />

konsequent möglich gewesen wäre wie<br />

in Hong Kong oder Singapur, wenn sie<br />

in die Stadt Einzug gehalten hätte. Sicherlich<br />

wären die aktuellen Pandemieplanungen<br />

der Stadt Zürich nach einer<br />

Anpassung an die Eigenschaften des<br />

Erregers auch bei einem SARS-Ausbruch<br />

sehr hilfreich gewesen.<br />

Mögliche Ursachen von<br />

unüblichen Ausbrüchen von<br />

Infektionskrankheiten<br />

Die Ursachen für Ausbrüche von Infektionskrankheiten<br />

sind vielfältig und<br />

nicht immer ist klar, warum an einem<br />

bestimmten Ort zu einer bestimmten<br />

Zeit eine Infektionskrankheit ausbricht.<br />

Die Entstehung neuer Infektionskrankheiten<br />

oder deren Anpassung an neue<br />

Wirte hängt mit den beiden Evolutionsmechanismen<br />

Mutation und Selektion<br />

zusammen. Gewisse Bedingungen<br />

fördern das Stattfinden dieser beiden<br />

Vorgänge, liegen aber im Bereich der<br />

Biologie der Infektionserreger oft im<br />

Verborgenen. Deshalb kann auch für<br />

einen gut untersuchten Erreger wie<br />

H5N1 nicht vorhergesagt werden, ob<br />

er sich an den Menschen als Wirt anpassen<br />

wird. Allgemein gibt es jedoch<br />

Bedingungen, die eine Verbreitung und<br />

Entwicklung von Erregern beim Menschen<br />

fördern. Dazu gehören vor allem<br />

75


76<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

ein Nachlassen der Hygiene, sinkende<br />

Impfraten, engeres Zusammenleben<br />

vor allem mit Tieren und auch ein nachhaltiger<br />

Temperaturanstieg. Wenn die<br />

Jahresdurchschnittstemperatur um<br />

mehrere Grad steigt, ist etwa damit zu<br />

rechnen, dass Salmonellosen durch zu<br />

wenig gekühlte Lebensmittel zunehmen,<br />

bis sich ein Bewusstsein für das<br />

veränderte Risiko in der Bevölkerung<br />

gebildet hat [16].<br />

Mutationen<br />

Eine wichtige Rolle bei der Entstehung<br />

von Pandemien und Epidemien haben<br />

Veränderungen im Erbgut von Erregern,<br />

die sie befähigen, sich effektiver<br />

zu verbreiten und gefährlicher zu werden<br />

[17]. Noroviren zum Beispiel scheinen<br />

für den Menschen in den vergangenen<br />

beiden Jahren ansteckender<br />

geworden zu sein [18]. Sollten sie für<br />

den Menschen ebenfalls gefährlicher<br />

werden, würden sie ein ernsthaftes Gefahrenpotenzial<br />

darstellen. Mutationen<br />

spielen auch bei der Anpassung von<br />

Zoonosen an den Menschen eine entscheidende<br />

Rolle [17]. Wiederholt und<br />

schwer vorhersagbar kommt es vor,<br />

dass sich tierische Krankheitserreger<br />

an den Menschen anpassen und so<br />

Erreger einer Anthroponose werden,<br />

also einer Erkrankung, die vor allem<br />

zwischen Menschen übertragen wird.<br />

Das Aquired Immuno-Deficiency Syndrom<br />

(AIDS) ist eine solche Anthroponose.<br />

Wann genau Human Immunodeficiency<br />

Viren (HIV) mutiert sind, bevor<br />

sie Menschen anstecken konnten,<br />

kann nur ungenau rekonstruiert werden<br />

[8, 19]. Andererseits können Krankheitserreger,<br />

die in der Regel den Menschen<br />

befallen, durch Mutationen, im<br />

Fall der Tuberkulose zum Beispiel<br />

durch die Schwächung des Immunsystems<br />

im Rahmen einer AIDS-Erkrankung<br />

sowie infrastrukturelle Mängel bei<br />

der Überwachung und Behandlung der<br />

Tuberkulose, fähig werden, einer bisher<br />

erfolgreichen Behandlung zu widerstehen<br />

[20, 21]. In Osteuropa und Zentralasien<br />

werden bereits ca. 15 Prozent<br />

der Neuinfektionen an Tuberkulose<br />

durch multiresistente Bakterienstämme<br />

(MDR-TB=multi drug restistant tuberculosis)<br />

verursacht [22-25]. Eine Ansteckung<br />

von 53 Patienten mit einer so<br />

genannten «extended resistant tuberculosis»<br />

(XDR-TB) in Südafrika im Jahr<br />

2006 forderte 52 Todesopfer [26]. Auch<br />

in der Schweiz sind Fälle von XDR-TB<br />

beschrieben [27]. Staphylokokken und<br />

auch Escherichia coli werden ebenfalls<br />

gegen Behandlungen widerstandsfähiger<br />

oder gar resistent [28-31]. Stränge<br />

von methicillin-resistenten Staphylokokken<br />

aureus (MRSA) tauchen in<br />

jüngster Zeit vermehrt ausserhalb der<br />

Spitäler auf. Durch relativ kleine Mutationen<br />

sind diese MRSA-Stränge auch<br />

für gesunde Menschen gefährlich bis<br />

tödlich und ansteckender geworden<br />

[32-35]. Das aktuellste Beispiel sind<br />

neu in den Fokus gerückte gram-negative<br />

Enterobakterien, die durch so genannte<br />

«New Delhi metallo-ß-Laktamase<br />

1» (NDM-1) gegen fast alle<br />

Antibiotika resistent werden [36].<br />

Impfraten<br />

Die Folgen der niedrigen Impfraten in<br />

der Schweiz bei der Impfung gegen<br />

Masern sind bereits deutlich [37] und<br />

international beachtet. Kaum zu bewältigen<br />

wären die Folgen von sinkenden<br />

Impfraten bei den Impfungen gegen<br />

Kinderlähmung, Diphterie, Keuchhusten,<br />

Wundstarrkrampf oder Haemophilus<br />

influenzae B, dem Erreger einer der<br />

schwersten bakteriellen Erkrankungen<br />

im Kindesalter. Für Ausbrüche dieser<br />

Erkrankungen muss eigentlich keine<br />

Epidemieplanung erfolgen, weil wirksame<br />

und sichere Impfungen zur Verfü-<br />

gung stehen. Am Beispiel der Masern<br />

ist jedoch ersichtlich, dass die Impfungen<br />

zum Teil nicht genutzt werden und<br />

im Frühjahr 2010 ein grosser Bedarf an<br />

Kinderspitalbetten für Masernpatienten<br />

entstand. Ausserdem müssen Schüler<br />

vom Unterricht ausgeschlossen werden,<br />

die nicht geimpft sind, wenn deren<br />

Geschwister im gleichen Hauhalt an<br />

Masern erkrankt sind.<br />

Klimaveränderungen<br />

Der Klimawandel hat vielfältige Auswirkungen<br />

auf die globale Öffentliche Gesundheit.<br />

Viele der bedeutenden und<br />

tödlichen Infektionskrankheiten, die<br />

durch Wasser, Lebensmittel oder Insekten<br />

übertragen werden, reagieren<br />

stark auf einen Temperaturanstieg.<br />

Dazu zählen z. B. die Malaria und das<br />

Dengue-Fieber, das sich in den vergangenen<br />

Jahren stark ausgebreitet hat.<br />

Die Erreger beider Erkrankungen werden<br />

durch Insekten übertragen, die<br />

sich wärme- und wetterabhängig verbreiten<br />

[16, 38, 39]. Beide Erkrankungen<br />

werden deshalb auch zu den indirekt<br />

übertragenen Anthroponosen<br />

gerechnet. Auch das durch Insekten<br />

übertragene Chikungunya-Fieber ist<br />

eine der Erkrankungen, die sich wärmeabhängig<br />

verbreiten. Der Ausbruch<br />

der Erkrankung im Sommer 2007 in<br />

Italien spricht für ein Ausbreitungspotenzial<br />

der Erkrankung, die normalerweise<br />

in Afrika und in Indien auftritt, in<br />

Richtung Europa [40]. Solche Ausbrüche<br />

sind im Rahmen der Klimaerwärmung<br />

auch in der Schweiz denkbar.<br />

Vorsätzliche Freisetzung von<br />

Krankheitserregern<br />

Die vorsätzliche Verbreitung von Krankheitserregern<br />

ist im Laufe der Zeit immer<br />

wieder versucht und unternommen<br />

worden [41]. Auch vorsätzlich<br />

verbreitete kleine Mengen von Bacillus


anthracis, dem Erreger von Milzbrand<br />

(Anthrax), mit fünf Toten haben in den<br />

USA 2001 zu grosser Verunsicherung<br />

in der Bevölkerung geführt [42]. Zu den<br />

potenziellen biologischen Kampfstoffen<br />

gehören verschiedene Bakterien, Viren<br />

und Gifte. Zu den bakteriellen Kampfstoffen<br />

gehören unter anderem die Erreger<br />

der Pest, des Milzbrandes, des<br />

Q-Fiebers und der Tularämie (Hasenpest).<br />

Zu den viralen Kampfstoffen zählen<br />

die Erreger der Pocken, von Ebola<br />

und anderer hämorrhagischen Fieber<br />

und des Gelbfiebers. Als biologische<br />

Waffen einsetzbare Toxine sind zum<br />

Beispiel Botulinustoxin und Rizin<br />

[41,43]. Die ABC-Abwehr ist Teil der<br />

Schweizer Armee und bereitet eine Abwehr<br />

der beschriebenen biologischen<br />

Waffen vor [44]. Auch im Herbst 2008<br />

ist es im Zuge der Finanzkrise dazu gekommen,<br />

dass Unternehmen in den<br />

USA aus Rache mit falschem Anthraxpulver<br />

bedroht wurden.<br />

Internationaler Handel mit Tieren<br />

und internationaler<br />

Personenverkehr<br />

Der weltweit zunehmende Personenverkehr<br />

im Tourismus trägt dazu bei,<br />

dass Krankheiten zwischen den verschiedenen<br />

Erdteilen ausgetauscht<br />

werden. Das Problem der Einschleppung<br />

von Tropenkrankheiten durch<br />

Seefahrer nach Nordeuropa wurde<br />

spätestens im 19. Jahrhundert erkannt<br />

und ernst genommen. 1900 entstand<br />

aus dem damaligen Seemannskrankenhaus<br />

in Hamburg das heutige Bernhard-Nocht-Institut<br />

für Tropenmedizin,<br />

das sich die Erforschung und Behandlung<br />

von Tropenkrankheiten zur Aufgabe<br />

gemacht hat. Das 1943 gegründete<br />

Schweizerische Tropeninstitut in Basel<br />

widmet sich den gleichen Aufgaben<br />

[45, 46]. Heute gehören Reiserückkehrer<br />

mit Fieber zum Patientengut jeder<br />

Zentrumsklinik [47,48]. Krankheitsübertragende<br />

Insekten überstehen<br />

zum Teil Flugreisen und sind in der<br />

Lage, am Zielort in Nordeuropa Menschen<br />

anzustecken. Diese seltenen<br />

Fälle werden auch «Airport- und Baggage-Malaria»<br />

genannt [48]. Es ist auch<br />

möglich, dass Malaria in Nordeuropa<br />

von einem einheimischen Insekt übertragen<br />

wird [49].<br />

Tierproduktionsindustrie und<br />

Zoonosen<br />

Unbestritten ist, dass das rasante<br />

Wachstum der asiatischen Tierproduktionsindustrie,<br />

insbesondere der grossindustriellen<br />

Geflügelzucht, zum Ausbreitungspotenzial<br />

der Vogelgrippe<br />

beigetragen hat [1]. Auch andere Tierseuchen,<br />

zum Beispiel die Maul- und<br />

Klauenseuche, werden wegen dem<br />

internationalen Tierhandel immer wieder<br />

nach Westeuropa eingeschleppt<br />

[50]. Die konsequente Umsetzung von<br />

Massnahmen gegen die Bovine Spongioforme<br />

Enzephalopathie (BSE) bei<br />

Rindern, zum Beispiel das Verbot von<br />

Tiermehl als Tierfutter, hat in der<br />

Schweiz bei Tieren praktisch zu deren<br />

Verschwinden geführt. Die Prionenhypothese,<br />

nach der sich Menschen<br />

durch den Verzehr von Fleisch erkrankter<br />

Rinder durch Prionen mit BSE anstecken<br />

können, bleibt allerdings unbewiesen<br />

[51]. Momentan gibt es 24<br />

Zoonosen (Krankheiten, die vom Tier<br />

auf den Menschen und in Gegenrichtung<br />

übertragbar sind), die das Bundesamt<br />

für Veterinärwesen (BVET) bei<br />

lebenden Tieren kontrolliert, acht Zoonosen,<br />

die bei der Fleischkontrolle kon-<br />

Das Literaturverzeichnis ist<br />

bei der Redaktion oder beim<br />

Autor erhältlich.<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

trolliert werden und zwölf andere überwachte<br />

Zoonosen, unter ihnen auch<br />

die Frühsommer-Meningoencephalitis<br />

und das West-Nil Fieber [52].<br />

Wechselwirkungen zwischen den<br />

verschiedenen Ursachen<br />

Darüber, wie der Klimawandel, die Mutationsfähigkeit<br />

von Erregern, die Reisetätigkeit<br />

und der internationale Handel<br />

bei der Entstehung zusammenwirken,<br />

gibt es noch keine prinzipiellen<br />

Erkenntnisse. Eine Erkrankung wie<br />

SARS ist jedoch als ein zeitgemässes<br />

Modell zu sehen, bei dem ein Erreger<br />

durch Mutation für den Menschen gefährlich<br />

und von Mensch zu Mensch<br />

übertragbar und durch interkontinentalen<br />

Flugverkehr schnell verbreitet wurde<br />

[53]. Bei allen Wechselwirkungen<br />

und evolutionären Entwicklungen spielen<br />

chemische, physiologische und<br />

biologische Prozesse eine Rolle. Diese<br />

Prozesse beschleunigen sich bei Erwärmung<br />

im Allgemeinen. Denkbar ist<br />

auch, dass krankheitsübertragende<br />

Insekten, auch Vektoren genannt, die<br />

durch Reisetätigkeit zu uns gelangen,<br />

durch die Klimaerwärmung hier lebensfähig<br />

werden [17].<br />

Risikoeinschätzung<br />

Viele Entwicklungen der vergangenen<br />

Jahrzehnte sprechen dafür, dass Infektionskrankheiten<br />

global gesehen für die<br />

Menschheit eines der gravierendsten<br />

Gesundheitsprobleme bleiben. Durch<br />

den globalen Personenaustausch, die<br />

Klimaerwärmung, falschen Einsatz von<br />

Antibiotika, Massentierproduktion sowie<br />

die Globalisierung des Nahrungsmittelhandels<br />

ist damit zu rechnen,<br />

dass Pandemien und Epidemien auch<br />

in der Schweiz auftreten werden. Die<br />

erwähnten Krankheiten, die zwar repräsentativ<br />

für die mikrobiologische<br />

Vielfalt der Krankheitserreger sind, aber<br />

77


78<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

nur einen kleinen Ausschnitt des Möglichen<br />

zeigen, machen die potenzielle<br />

Vielfalt der Szenarien von solchen Ausbrüchen<br />

deutlich. Unter anderem durch<br />

den grossen Vernetzungsgrad und industrielle<br />

Prinzipien wie Just-in-Time-<br />

Lagerung sind westliche Gesellschaften<br />

sehr erfolgreich, aber auch vor<br />

allem ökonomisch vulnerabel gegenüber<br />

Krankheitsausbrüchen, die mediales<br />

internationales Aufsehen erregen<br />

und die Bevölkerung psychologisch<br />

verunsichern. Sowohl ein gefährlicheres<br />

oder auch noch ansteckenderes<br />

Norovirus sowie eine Erkrankung wie<br />

SARS oder ein neuer SARS-Ausbruch<br />

in den nächsten Jahren käme wohl für<br />

kaum einen Experten überraschend.<br />

Multiresistente und extrem resistente<br />

Erreger der Tuberkulose sorgen für grosse<br />

Aufmerksamkeit in Osteuropa und<br />

Südafrika. Völlig neuartige Zoonosen<br />

mit Ursprung in China, Afrika oder Indonesien<br />

sind jederzeit möglich. Eine<br />

quantitative Aussage zur Gesamtwahrscheinlichkeit<br />

wäre spekulativ.<br />

Obwohl biologische Kampfstoffe<br />

schwer herzustellen und einzusetzen<br />

sind, ist die Gefahr eines solchen Anschlags<br />

auf die Gesellschaft oder auch<br />

der Einsatz gegen Unternehmen sicher<br />

gegeben.<br />

Pandemiepläne<br />

Zur Bekämpfung jeden Ausbruchs einer<br />

Infektionskrankheit, sei es Brechdurchfall,<br />

verschiedene Atemwegserkrankungen<br />

oder Grippe, kommen<br />

neben den medizinischen Behandlungen<br />

immer dieselben Hauptmassnahmen<br />

zum Einsatz:<br />

Hygiene wie Lebensmittel- und<br />

Handhygiene,<br />

persönliche Schutzmassnahmen,<br />

Social Distancing,<br />

Isolierung.<br />

Diese Massnahmen, die im Ernstfall<br />

koordiniert und schnell umgesetzt werden<br />

müssen, stehen bei allen Pandemieplanungen<br />

im Vordergrund. Auch<br />

die Vorbereitungen auf eine hohe Absenzenrate<br />

bei Mitarbeitenden sind in<br />

jedem Fall sinnvoll. Eine Norovirenepidemie<br />

kann in einem Betrieb oder nach<br />

Veränderung des Erregers eben auch<br />

in mehreren Betrieben eine ebenso<br />

hohe Absenzenrate zur Folge haben<br />

wie die derzeit modellierte Absenzenrate<br />

bei einer Grippepandemie.<br />

Die Planung zur Bewältigung einer<br />

schweren Grippepandemie hat den<br />

Vorteil, dass die Ansteckungsgefahr<br />

von Grippeviren sehr hoch und die Erkrankung<br />

sehr schwer und potenziell<br />

tödlich ist. Insofern kann von einem<br />

«worst-case-scenario» einer Epidemie<br />

bzw. Pandemie gesprochen werden.<br />

Bei so vielen Möglichkeiten von Krankheitsausbrüchen<br />

ist es aber ohnehin<br />

nicht sinnvoll, die Planung auf eine Art<br />

der Erkrankung, und dann auch noch<br />

auf einen speziellen Virustyp, zu beschränken.<br />

Weil die Grippe hauptsächlich<br />

durch Tröpfchen in der Luft übertragen<br />

wird, ist die Pandemieplanung<br />

auch darauf ausgerichtet. Eine Anpassung<br />

an die Eigenschaften eines neuen<br />

Erregers kann erforderlich sein. Deshalb<br />

muss die Pandemieplanung auf<br />

der Detailebene flexibel bleiben. Eine<br />

grosse und gefährliche Norovirenepidemie<br />

zum Beispiel würde einen Rückgriff<br />

auf Massnahmen wie Social Distancing<br />

und eine Hygienekampagne<br />

ermöglichen. Die persönlichen Schutzmassnahmen<br />

kämen aber in anderen<br />

Situationen zum Einsatz: In Abwesenheit<br />

von menschlichen Ausscheidungen,<br />

zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr,<br />

wäre das Tragen von<br />

Hygienemasken nicht angezeigt. Auch<br />

ein Mindestabstand von einem Meter<br />

bei sozialen Kontakten wäre weniger<br />

sinnvoll. Die Inkubationszeit und die<br />

Infektiösität lägen für einen anderen<br />

Zeitraum vor. Bei der medizinischen<br />

Behandlung würden, im Gegensatz zur<br />

Behandlung der Grippe, Flüssigkeitsersatz<br />

in den Vordergrund rücken und die<br />

Beatmung in den Hintergrund.<br />

Schlussfolgerung<br />

Infektionskrankheiten bleiben für die<br />

Menschheit und für die Schweiz eine<br />

bleibende Bedrohung. Die Komplexität<br />

der Infektiologie und Immunologie sowie<br />

die dynamische Entwicklung von<br />

Infektionskrankheiten, die sich für die<br />

Menschen oft im Verborgenen abspielt,<br />

sorgen dafür, dass neue Erreger und<br />

Erkrankungen überraschend auftreten<br />

können. Die Planung zur Bewältigung<br />

eines grösseren Ausbruchs einer Infektionskrankheit<br />

ist eine Notwendigkeit<br />

für eine konkurrenzfähige, wirtschaftlich<br />

bedeutende Gesellschaft. Die Szenarien<br />

eines Ausbruchs sind zwar sehr<br />

vielfältig. Die bisherigen Pandemieplanungen<br />

können jedoch aufgrund ihres<br />

hauptsächlich allgemeinen Charakters<br />

gut an die Eigenschaften eines neuen<br />

Erregers angepasst werden. Dass die<br />

betrieblichen Pandemieplanungen auf<br />

eine hauptsächlich durch Tröpfchen in<br />

der Luft übertragbare Krankheit ausgerichtet<br />

sind, ist dabei ein grosser Vorteil,<br />

denn dieser Übertragungsweg<br />

prädisponiert eine Infektionskrankheit,<br />

sich rasch auszubreiten. Um die bestehenden<br />

Pandemiepläne noch wertvoller<br />

zu machen, kann überlegt werden,<br />

wie sie kurzfristig an verschiedene Szenarien<br />

(zum Beispiel Durchfallerkrankungen)<br />

angepasst werden können.


6. Refresher des Vereins Alumni CEFOCA-SFG<br />

Rund 40 Teilnehmer besuchten den<br />

6. Refresher, welcher am 23. Oktober<br />

2010 in Müns terlingen stattgefunden<br />

hat. Die Themen reichten<br />

vom MANV-Konzept des Kantons<br />

Thurgau über den PLS Reader,<br />

Defusing-Debriefing, Gigathlon, bis<br />

hin zum Grossbrand Frigo Basel.<br />

Münsterlingen bot eine hervorragende<br />

Infrastruktur und eine fantastische Kulisse<br />

für den 6. Refresher. Die Eröffnungsrede<br />

des Gemeindeammanns<br />

mit einem kurzen Abriss über den<br />

Standort Münsterlingen war informativ<br />

und unterhaltsam. In einer lebhaften<br />

Ansprache leitete Toni Oetterli, Präsident<br />

des Vereins Alumni CEFOCA-<br />

SFG, zur Fortbildung über. Danach<br />

fan den die Referenten eine aufmerksame<br />

Zuhörerschaft.<br />

Im ersten Vortrag zeigte Harry Huber,<br />

Koordinator des Rettungswesens<br />

Kanton Thurgau, auf, dass der Kanton<br />

über ein gut ausgebildetes und zukunftorientiertes<br />

Rettungswesen verfügt.<br />

Insbesondere beeindruckt das<br />

funktionelle und schlagkräftige Konzept<br />

für die Bewältigung von Grossereignissen,<br />

das bereits seit mehre-<br />

ren Jahren in Aufbau ist und zum<br />

Einsatz kommt.<br />

Ursula Blatter, stellvertretende Abteilungsleiterin<br />

der Einsatzzentrale Schutz<br />

& Rettung Zürich, stellte als nächstes<br />

den PLS-Reader vor, der seit Sommer<br />

2010 im Einsatz steht. Dem Nutzen der<br />

schnellen Datenerfassung und des<br />

Transfers ins Informations- und Einsatzsystem,<br />

sowie deren schnelle Auswertung<br />

stehen noch die Nachteile bei<br />

Wettereinflüssen und der eingeschränkte<br />

Einsatzradius gegenüber.<br />

Nach einer kurzen Erfrischungspause<br />

brachte uns Privatdozent Jan Bauke,<br />

Abteilungsleiter Berufsfeuerwehr Nord<br />

bei Schutz & Rettung nahe, was Einsatzkräfte<br />

über emotionale Reaktionen<br />

nach Einsätzen wissen sollten. Als Leiter<br />

des Debriefing-Teams bei der Gebäudeversicherung<br />

Zürich (GVZ) kann<br />

er auf breite Erfahrung zurückgreifen.<br />

Ein Vortrag, der besonders durch die<br />

Praxisnähe und Anwendbarkeit im täglichen<br />

Leben bestach.<br />

Im letzten Vortrag des Morgens zeigte<br />

uns Dr. med. Walter Kistler, Chefarzt<br />

Sportmedizin und Innere Medizin Spital<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Dr. med. Elinor Schwab, Vorstandsmitglied des Vereins Alumni CEFOCA-SFG, Forrenbergstrasse 31, 8472 Seuzach, schwab.te@gmx.ch<br />

Abb. 1: Toni Oetterli, Präsident des Vereins<br />

Alumni CEFOCA-SFG<br />

Abb. 2: Die Vorstandsmitglieder Elinor<br />

Schwab und Jürgen Bauerdick<br />

Davos, eindrücklich, was alles vor und<br />

während eines Gigathlons medizinisch<br />

(und auch sportlich) verlangt wird. Die<br />

Herausforderung für die sanitätsdienstliche<br />

Betreuung ist immens, da diese<br />

über weite Distanz, in unwegsamem<br />

Gelände und bei jeder Witterung rund<br />

um die Uhr zu gewährleisten ist. Dazu<br />

kommt der zeitliche und personelle<br />

Aufwand, der für die zuletzt 6’700 Athleten<br />

geleistet wird. In den Pausen fanden<br />

anregende Gespräche und ein<br />

rege dis kutierter Erfahrungs- und Meinungsaustausch<br />

statt.<br />

Am Nachmittag begeisterte uns Oberleutnant<br />

Michel Wälchli, Berufsfeuerwehr<br />

Basel-Stadt, mit seinem Bericht<br />

über die Einsatzleitung im Frigo-Brand.<br />

Die Einsatzkräfte standen über 17 Tage<br />

während 24 Stunden im Dienst. Aus<br />

einer alltäglichen Situation war innert<br />

kurzer Zeit ein Gross einsatz geworden,<br />

in dem sich die geübten Führungsstrukturen<br />

bewährten und aus dem die<br />

Erfahrungswerte für zukünftige Grosseinsätze<br />

einfliessen werden.<br />

Viel positives Echo konnte für den Fortbildungstag<br />

gehört werden und der<br />

zum Teil sehr weite Weg hat sich für die<br />

Teilnehmer auf jeden Fall gelohnt. Der<br />

Dank für den geglückten Event des Vereins<br />

Alumni CEFOCA-SFG geht an die<br />

Gastgeber, die Referenten und die Organisatoren.<br />

79


80<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Engagement incessant pour le SSC et le SII<br />

Esther Bärtschi, suppléante du directeur du Bureau du SSC, esther.baertschi@vtg.admin.ch et Andreas Stettbacher, dr.med., Mandataire du<br />

Conseil fédéral pour le SSC, andreas.stettbacher@vtg.admin.ch, tous deux à la Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen<br />

Prendre congé de Rudolf Junker,<br />

c’est tirer un trait sous toute une<br />

ère du Service Sanitaire Coordonné<br />

(SSC). Raison suffisante – s’il en fallait<br />

une – pour rendre hommage ici<br />

à son devenir et à son travail.<br />

Le 1.1.1998, Rudolf Junker est entré<br />

en service de ce qui s’appelait autrefois<br />

le Sous-groupe sanitaire de l’État-major.<br />

Trois mois durant, il fut préparé à sa<br />

mission par son prédécesseur (Rudolf<br />

Wenger) et s’est familiarisé avec les<br />

sujets complexes du Service Sanitaire<br />

Coordonné (SSC). En sa qualité de<br />

commandant militaire d’une division<br />

d’hôpital, le SSC et la collaboration<br />

entre les milieux civils et militaires représentaient<br />

déjà des terrains connus<br />

pour lui. Durant la première phase<br />

d’introduction à sa nouvelle tâche,<br />

nouer un maximum de contacts avec<br />

les autorités, instances et organismes,<br />

cantons et interlocuteurs importants<br />

ont marqué son quotidien. En très peu<br />

de temps, Rudolf Junker s’est fait un<br />

nom, récoltant au passage le soutien<br />

de ses collaborateurs et de l’ensemble<br />

du réseau du SSC. Toujours charmant,<br />

toujours serviable, toujours motivant.<br />

Et c’est avec cette motivation, les<br />

poches pleines de nouvelles idées et<br />

d’enthousiasme, qu’il reprit le sceptre<br />

du Chef de l’ancien Secrétariat du SSC<br />

(aujourd’hui le Bureau du SSC) le 1er<br />

avril 1998. À partir de cette date, un<br />

vent nouveau allait souffler partout en<br />

Suisse et pour tous les partenaires du<br />

SSC! Une des premières mesures portant<br />

sa griffe était celle de transformer<br />

le Bulletin d’information qui, jusqu’à fin<br />

1998, paraissait en format A5, sous<br />

forme de brochure en format A4; dans<br />

le même temps, tous les moyens d’information<br />

du SSC subissaient une cure<br />

de modernisation approfondie.<br />

De son prédécesseur, Rudolf Junker<br />

avait repris le «Concept SSC 96». Misant<br />

sur des informations et des formations<br />

ciblées, ses collaborateurs et luimême<br />

sont parvenus à étendre la<br />

notion et les principes du SSC, aussi<br />

pour progressivement éliminer des<br />

têtes l’équation surannée: SSC =<br />

guerre. Rudolf Junker a préparé le SSC<br />

au monde d’aujourd’hui et l’a marqué<br />

à tout jamais de son empreinte.<br />

Durant ses 13 ans d’activité, mentionnons<br />

surtout les jalons suivants qu’il a<br />

posés:<br />

L’introduction du Système d’Information<br />

et d’Intervention (SII) sur<br />

l’ensemble du territoire helvétique<br />

La nouvelle Ordonnance sur le SSC<br />

(2005)<br />

Le Plan d’hospitalisation Suisse pour<br />

l’UEFA-EURO 2008<br />

Des programmes tels que la Conduite<br />

sanitaire lors d’événements majeurs,<br />

l’Aide psychologique d’urgence, le<br />

Programme de décontamination<br />

NBC, les réseau d’hôpitaux protégés,<br />

le Plan d’alerte suisse pour Grands<br />

Brûlés, c’est-à-dire un ensemble de<br />

situations pour lesquelles des directives<br />

uniformes émanant de la Confédération,<br />

ou une unité de doctrine<br />

homogène pour l’ensemble du pays,<br />

semblaient requises et utiles.<br />

Le Système d’Information et<br />

d’Intervention (SII)<br />

Parmi les diverses nouveautés remarquables<br />

mises en place par, et imputables<br />

à l’engagement inlassable de<br />

Fig. 1: Lors du Rapport d’information du SSC du 1.12.2010, Andreas Stettbacher, médecin et<br />

le Mandataire du Conseil fédéral pour le SSC, prend congé Rudolf Junker et lui remet une<br />

assiette en étain pour le remercier de ses précieux services.


Rudolf Junker, mentionnons la plateforme<br />

informatique axée sur la Toile,<br />

destinée à soutenir au quotidien les<br />

processus organisationnels de<br />

conduite et d’intervention, notamment<br />

lors de situations exceptionnelles. Aujourd’hui,<br />

le SII est devenu la plateforme<br />

suisse en matière de préparation<br />

et de gestion de crises et de catastrophes<br />

de tous genres, et comporte<br />

une multitude de fonctions: vue synoptique<br />

des ressources dans la Santé<br />

publique, gestion de personnes et de<br />

patients, modes de communication et<br />

d’alerte, vue d’ensemble des capacités<br />

d’admissions d’urgence dans les hôpitaux,<br />

représentation électronique au<br />

moyen du GIS, modes de collaboration,<br />

échange de documents, etc. Depuis<br />

2005, la plate-forme informatisée<br />

SII est à la disposition de tous les partenaires<br />

du SSC. Dans le cadre des<br />

exercices de conduite stratégique<br />

(ECS) de 2005, lors des différents<br />

World Economic Forums (WEF) ainsi<br />

que durant l’UEFA-EURO 2008, le SII a<br />

maintes fois servi d’outil de communication<br />

principal à tous les partenaires<br />

du SSC, tant pour l’échange que pour<br />

le transfert d’informations et de données.<br />

De plus, le système a même été<br />

récompensé par le groupe SAP qui lui<br />

décerna son prix d’efficience! Aujourd’hui,<br />

le SII est utilisé partout en<br />

Suisse, notamment par le Réseau national<br />

de sécurité et il n’est plus considéré<br />

comme un simple outil des services<br />

sanitaires. Le SII sert également<br />

à planifier les activités et les mesures<br />

pertinentes en cas de pandémie; en<br />

outre, il est régulièrement mis à jour et<br />

adapté aux nouveaux besoins («Offline<br />

Client», «Barcode Reader», «Tool-SII»,<br />

«Gestion des contacts», San Hist Manager).<br />

Toutes ces années durant,<br />

l’infatigable Rudolf Junker s’est engagé<br />

pour la mise en œuvre du SII. Promo-<br />

teur et défenseur convaincant de ce<br />

projet complexe, il a su l’imposer et le<br />

faire adopter avec succès. D’ailleurs,<br />

au sein de l’univers SSC, il fut à ce<br />

point identifié au SII que sous peu, le<br />

sobriquet «Monsieur SII» ne manqua<br />

pas de lui être attribué.<br />

Nouvelle Ordonnance sur le SSC<br />

(2005)<br />

Entrée en vigueur le 1.6.2005 et remplaçant<br />

l’Ordonnance précédente datant<br />

de près de 30 ans, la Nouvelle<br />

Ordonnance sur le SSC (OSSC) peut<br />

incontestablement être qualifiée de jalon<br />

majeur. L’OSSC a également permis<br />

d’intégrer en son sein le groupe de<br />

coordination des services sanitaires<br />

(OSANC). Grâce à la structure de sa<br />

cellule principale, l’OSANC peut être<br />

mobilisé et activé rapidement. C’est<br />

d’ailleurs lors de l’UEFA-EURO 2008<br />

qu’il est entré en fonction pour la première<br />

fois et plus longuement, où il a<br />

pleinement fait ses preuves. Cela dit, il<br />

sera nécessaire de «revoir la copie»<br />

pour de futures missions.<br />

Le Concept d’hospitalisation<br />

Suisse lors de l’UEFA-EURO 2008<br />

Rudolf Junker n’était pas peu fier<br />

d’avoir pu intégrer le SSC à l’État-major<br />

de coordination nationale Suisse<br />

(NAKOS.CH) dans le cadre du projet<br />

partiel «Sécurité» de l’UEFA-EURO<br />

2008. C’est ainsi, en collaboration et<br />

en coordination étroites avec tous les<br />

cantons concernés – notamment avec<br />

les responsables des services sanitaires<br />

des Villes hôtes – que prit forme<br />

le «Concept d’hospitalisation Suisse<br />

pour l’UEFA-EURO 2008» en amont de<br />

la Coupe. Ce projet s’est avéré utile<br />

non pas uniquement pour les hôpitaux<br />

directement impliqués durant l’EURO<br />

2008; le travail de coordination générale<br />

entre les Villes hôtes et les respon-<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

sables de ces mesures pour l’ensemble<br />

du pays a clairement répondu à des<br />

besoins spécifiques et indispensables.<br />

Un support généralisé pour tous<br />

les projets<br />

Le savoir-faire et les leçons tirées de<br />

l’attentat terroriste «C» de 1995 perpétré<br />

dans le métro de Tokyo, suivi de peu<br />

par les événements «Anthrax» et<br />

«SRAS», ont mis en lumière que la<br />

Suisse comptait une foule de défaillances<br />

et de lacunes, notamment en<br />

matière de décontamination de patients<br />

touchés. En 2004, le Mandataire<br />

du Conseil fédéral pour le SSC chargeait<br />

le Bureau du SSC d’instaurer un<br />

groupe de travail dont la mission<br />

consistait à élaborer, aussi rapidement<br />

que possible, un programme suisse<br />

uniforme moderne et efficace (Décontamination<br />

NBC) destiné à gérer les<br />

différents processus des responsables<br />

et des forces d’intervention civils et<br />

militaires. Pour Rudolf Junker, ce type<br />

de projet ne pouvait fonctionner que s’il<br />

bénéficiait d’un aval généralisé de la<br />

part de tous les milieux impliqués. Dès<br />

lors, avant même que le projet ne soit<br />

complètement ficelé, Rudolf Junker<br />

saisit l’occasion fournie lors d’une<br />

conférence donnée à Ahrweiler, en<br />

automne 2005, pour présenter à un<br />

parterre de spécialistes allemands les<br />

teneurs, certes encore provisoires, du<br />

Concept, aussi dans le but de vérifier<br />

si les formules helvétique et allemande<br />

étaient compatibles... Dans le même<br />

temps, il put nouer des contacts importants<br />

avec des experts, des spécialistes<br />

et autres responsables du pays<br />

voisin. En automne 2006, donc après<br />

Le Mondial FIFA en Allemagne, il a organisé<br />

une réunion d’échange de deux<br />

jours à Berlin pour une grande délégation<br />

suisse, avec des experts allemands<br />

et autrichiens. Suffisamment tôt<br />

81


82<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

avant le coup d’envoi de l’UEFA-EURO<br />

2008, un catalogue de mesures et de<br />

recommandations en matière de décontamination<br />

NBC, destiné aux hôpitaux<br />

de soins aigus et de décontamination,<br />

sortait de presse. Outrepassant<br />

les méandres bureaucratiques usuels,<br />

Rudolf Junker s’engagea pour que les<br />

hôpitaux de décontamination des sites<br />

organisateurs de matches de l’EURO<br />

2008 soient tous dotés du même matériel<br />

et que le personnel soignant de<br />

ces établissements soit formé en<br />

conséquence, à Spiez, par des spécialistes<br />

en décontamination du Centre de<br />

compétence NBC de l’État-major de<br />

l’armée. En parallèle, les premiers modules<br />

du cours de formation à distance<br />

«Gestion de sinistres NBC» avaient été<br />

élaborés à vitesse grand V et mis en<br />

ligne sur la plate-forme du Learning-<br />

Management-System (LMS) du DDPS.<br />

L’objectif visé par Rudolf Junker: soutenir<br />

et promouvoir de façon durable,<br />

grâce à ces programmes, l’acquisition<br />

de matériel et l’élaboration de modules<br />

de formation par les partenaires civils,<br />

non pas aux seules fins de l’UEFA-<br />

EURO 2008. Par cette façon de procéder,<br />

il concrétisait une mesure importante<br />

du programme national de<br />

protection NBC.<br />

Et c’est dans cet esprit, avec le même<br />

élan et les mêmes compétences, que<br />

Rudolf Junker s’est attaqué à tous les<br />

autres projets et concepts mentionnés.<br />

«IES, we can!»<br />

Par la suite, Rudolf Junker a accepté<br />

une multitude d’invitations pour tenir<br />

des conférences, participer à des<br />

tables rondes et autres colloques, organiser<br />

des réunions d’échange d’expériences<br />

ainsi que des exercices pratiques<br />

(en Suisse d’abord, mais aussi<br />

toujours plus fréquemment à l’étran-<br />

ger), bien que toutes ces sollicitations<br />

représentaient du travail supplémentaire<br />

et qu’un grand nombre de ses<br />

présentations étaient rédigées tard<br />

dans la nuit. Chacune des manifestations<br />

auxquelles il participait était enrichissante,<br />

constituant également pour<br />

lui l’occasion de rencontrer de nouveaux<br />

spécialistes, d’échanger du savoir-faire<br />

et d’en tirer profit, le moment<br />

venu. De plus en plus souvent, sa présence<br />

fut requise lors de projets externes<br />

– s’il n’en assumait pas directement<br />

la direction. Plus d’une fois,<br />

d’aucuns pensaient qu’il finirait par se<br />

noyer dans cet océan d’activités et de<br />

responsabilités. Que nenni: Rudolf Junker<br />

sut toujours surmonter les difficultés<br />

et maintenir l’équilibre.<br />

Au service de trois mandataires<br />

du SSC<br />

Durant son mandat, Rudolf Junker a été<br />

au service de trois médecins en chef de<br />

l’armée et Mandataires du Conseil fédéral<br />

pour le SSC, à savoir Messieurs<br />

Peter Eichenberger, Gianpiero A. Lupi et<br />

Andreas Stettbacher.<br />

Pendant cette même période, il avait<br />

dû faire avec un grand nombre de nouvelles<br />

subordinations dans les services<br />

sanitaires et, par conséquent, aussi au<br />

Bureau du SSC: du sous-groupe Services<br />

sanitaires jusqu’à l’état-major de<br />

conduite de l’armée, de la base logistique<br />

de l’armée jusque dans l’état-major<br />

du chef de l’armée. Aujourd’hui,<br />

c’est-à-dire depuis près de deux ans,<br />

les Services sanitaires ont réintégré la<br />

base logistique de l’armée. En 2009, le<br />

Bureau du SSC a fait l’objet d’une révision<br />

par inspectorat du DDPS afin<br />

d’évaluer son appartenance et, si nécessaire,<br />

déclencher de nouvelles<br />

mesures. Et une fois encore, Rudolf<br />

Junker s’est chargé de mener cette<br />

barque à bon port, préparant le Bureau<br />

du SSC à relever tous les nouveaux<br />

défis sur son chemin.<br />

Son credo: l’estime et la<br />

transparence<br />

Si aujourd’hui, après 13 années «mouvementées»,<br />

Rudolf Junker a décidé de<br />

se mettre à son compte pour, entre<br />

autres choses, analyser des points de<br />

vue éthiques dans le quotidien de diverses<br />

entreprises, il peut, non sans<br />

fierté, se targuer d’avoir mené à terme<br />

une foule de projets futuristes et durables<br />

du SSC. En sa qualité de battant<br />

infatigable, il a rendu possible ce qui<br />

semblait impossible au départ!<br />

De pair avec notre profonde gratitude<br />

pour ses longues années de dévouement<br />

et d’engagement, nous voeux<br />

sincères de réussite, de bonheur et,<br />

surtout, de santé l’accompagnent pour<br />

la suite de son chemin! Que les siens<br />

et les nôtres se croisent encore moult<br />

fois.<br />

Traduction: Yve Delaquis<br />

Fig. 2: C’est manifeste: Rudolf Junker se<br />

réjouit d’entamer ses nouvelles fonctions.


INFO<br />

1 / 11<br />

Le nouveau directeur du Bureau du SSC se présente<br />

Stefan Trachsel, directeur du Bureau du SSC, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, stefan.trachsel@vtg.admin.ch<br />

Après que Rudolf Junker ait occupé ce<br />

poste 13 années durant, j’ai eu le plaisir<br />

de lui succéder pour reprendre la direction<br />

du Bureau du SSC le 1er février<br />

2011. Cette fonction, je ne l’ai pas endossée<br />

«du jour au lendemain» puisque<br />

j’avais déjà œuvré au sein du Bureau il<br />

y a quelques années. De plus, en ma<br />

qualité d’ancien chef d’état-major du<br />

médecin en chef de l’armée, j’ai pu me<br />

familiariser progressivement avec la<br />

tâche que l’on m’a confiée. Un nouveau<br />

chapitre intéressant s’est ouvert pour<br />

moi le 1er février 2011 et je me réjouis<br />

de collaborer de façon constructive et<br />

animée avec les effectifs du Bureau du<br />

SSC, le Mandataire du Conseil fédéral<br />

pour le SSC et, bien sûr, avec vous<br />

toutes et tous, les acteurs du réseau du<br />

SSC. Mais: permettez-moi de me présenter<br />

un peu plus à vous, tout d’abord.<br />

Lorsque j’aurai terminé ma formation<br />

continue en accompagnement professionnel<br />

menant à un Executive MBA,<br />

j’espère être parfaitement «armé» pour<br />

diriger les activités complexes et diverses<br />

du SSC. Son Bureau est devenu l’équivalent<br />

d’une entreprise de prestations de<br />

services et demain comme hier, nous ferons<br />

notre possible pour que le «système<br />

SSC» fonctionne à la satisfaction de tous.<br />

Compte tenu de ressources financières<br />

toujours plus maigres, mais, dans le<br />

même temps, d’attentes et de besoins<br />

toujours plus pointus, il importera de toujours<br />

prendre les bonnes mesures et actions.<br />

En notre fonction d’unité administrative<br />

orientée sur les clients et les<br />

processus, nous voulons nous concentrer<br />

encore davantage sur nos principaux<br />

groupes cibles et leurs exigences afin de<br />

nous «investir» de façon plus stratégique,<br />

ces prochaines années, dans les rapports<br />

que nous entretenons avec nos clients.<br />

Par là, je souhaite également poursuivre<br />

la voie qu’a ouverte et tracée mon prédé-<br />

cesseur. Ce qui m’importe<br />

surtout est de préserver les<br />

résultats et autres précieux<br />

acquis du passé afin de les<br />

faire évoluer en les adaptant<br />

régulièrement à de nouvelles<br />

donnes. Pour commencer,<br />

nous mettrons l’accent sur la<br />

disponibilité d’intervention des<br />

forces et effectifs concernés.<br />

Partant des leçons apprises<br />

de la pandémie H1N1, nous<br />

devrons en tirer les conclusions<br />

qui s’imposent et prépa-<br />

rer encore mieux que dans le passé<br />

«notre» Organe sanitaire de coordination<br />

(OSANC) à ses futures missions («fit for<br />

mission»). Pour ce faire, le Bureau du SSC<br />

épaulera activement l’OSANC en sa qualité<br />

d’unité homogène d’accès et de<br />

contact destinée à coordonner et à piloter<br />

des événements sanitaires placés sous la<br />

conduite de la Confédération. De plus,<br />

nous envisageons d’activer sous peu sur<br />

l’ensemble du territoire suisse notre «petit<br />

joyau», c’est-à-dire le Système d’Information<br />

et d’Intervention (SII), le tester lors<br />

d’interventions réelles et le valider partout<br />

où nécessaire.<br />

Nous ne pourrons mener à bien notre mandat<br />

de Centre de compétences de la<br />

Confédération, chargé de coordonner le<br />

travail des partenaires sanitaires dans le<br />

monde de la Santé publique pour assurer<br />

un encadrement aussi optimal que possible<br />

de tous les patients dans toute situation<br />

que si nous connaissons et savons<br />

évaluer correctement les attentes et les<br />

besoins de tous les destinataires de nos<br />

prestations de service. De cette façon seulement,<br />

nous serons certains de faire ce qui<br />

est réellement attendu de nous et de susciter<br />

les réactions appropriées. L’objet et la<br />

raison d’être de nos activités doivent impérativement<br />

concorder avec les principes et<br />

les attentes de nos principaux interlocu-<br />

Stefan Trachsel, nouveau<br />

directeur du Bureau du<br />

SSC<br />

teurs. Cela signifie par ailleurs<br />

que mes collaborateurs et moimême<br />

saisirons chaque occasion<br />

pour suivre de près et activement<br />

les bénéficiaires de nos<br />

services. Fera également partie<br />

de nos tâches, le devoir de<br />

continuer à sensibiliser les acteurs<br />

politiques de la Confédération<br />

et des cantons à notre<br />

travail et d’assister les organes<br />

étatiques, non étatiques et<br />

économiques en leur proposant<br />

des produits, des services<br />

et des instruments appropriés «pour le jour<br />

où….».<br />

Ce n’est que si nous œuvrons de concert<br />

que le grand public saura reconnaître et<br />

apprécier le rôle de notre mission de coordinateur<br />

de même que les atouts que le<br />

«Système SSC» comporte. En d’autres<br />

termes, ce ne sera qu’avec votre appui et<br />

soutien que nous parviendrons à garantir<br />

durablement le succès du Bureau et des<br />

activités du SSC. Et par succès, j’entends<br />

la capacité d’assurer partout et en tout<br />

temps un encadrement aussi optimal que<br />

possible de patients, toutes situations<br />

confondues. C’est dans cet esprit que je<br />

voudrais, aujourd’hui déjà, vous remercier<br />

toutes et tous de votre engagement et<br />

votre appui en faveur de cette, de notre<br />

cause commune. De conserve avec mes<br />

collègues du Bureau du SSC, je ferai mon<br />

possible pour toujours fournir des prestations<br />

de service de qualité et de haut niveau.<br />

Je ne peux, dès lors, que remercier<br />

mon prédécesseur de m’avoir laissé une<br />

équipe rodée et très performante. À notre<br />

future collaboration: qu’elle soit fructueuse<br />

et, je l’espère, souvent couronnée de succès!<br />

Stefan Trachsel<br />

Directeur du Bureau du SSC<br />

Traduction: Yve Delaquis<br />

83


84<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Préparatifs et mesures en matière de santé publique de<br />

lutte contre la variole après des attaques bioterroristes<br />

Andrea Bühlmann, dipl.sc. nat env ETH, MSC Public Health, Office fédéral de la Santé Publique, santé publique, Division Maladies transmissibles,<br />

Schwarztorstrasse 96, 3007 Berne, epi@bag.admin.ch<br />

Mots-clés: attentats bioterroristes, variole,<br />

maladies transmissibles<br />

L’éradication de la variole remonte à<br />

une trentaine d’années. Il s’agissait<br />

alors d’une histoire épidémiologique<br />

à succès inédite, à savoir la campagne<br />

de vaccination de l’Organisation<br />

mondiale de la santé (OMS)<br />

dans les années 70. À ce jour, la variole<br />

est l’unique maladie infectieuse<br />

ayant pu être éradiquée. Or, malgré<br />

ce résultat notoire, la variole est aujourd’hui<br />

encore un des agents biologiques<br />

les plus puissants susceptibles<br />

d’être transmis à la population<br />

par des événements bioterroristes.<br />

Bien que nous n’ayons plus connu<br />

d’attaques terroristes comprenant<br />

des agents biologiques depuis plusieurs<br />

années, il est essentiel de se<br />

préparer à une telle éventualité et<br />

d’optimiser les acquis. En Suisse,<br />

les programmes de gestion de<br />

crises, notamment en cas de pandémie,<br />

ont fait d’énormes progrès.<br />

Cette situation s’avère idéale pour<br />

bénéficier des expériences et des<br />

synergies en matière de préparation<br />

à la lutte contre une éventuelle<br />

transmission bioterroriste du virus<br />

de la variole.<br />

Après avoir surmonté la grippe pandémique<br />

(H1N1) 2009, la Confédération et<br />

les cantons se sont penchés sur les<br />

possibilités d’identification et d’amélioration<br />

des points faibles dans la préparation<br />

de crises. Les acteurs de ce<br />

«catalogue de préparatifs» pourront<br />

puiser dans les acquis issus de la gestion<br />

de la pandémie et adapter les jalons<br />

existants aux mesures de préparations<br />

à un événement de bioterrorisme.<br />

Pour compléter la stratégie de protection<br />

ABC mise en place par la Suisse<br />

[1], dans laquelle la variole est mention-<br />

née comme l’un des scénarios de référence,<br />

l’Office fédéral de la Santé<br />

(OFSP) a fait rédiger un rapport d’experts<br />

sur l’éventualité d’une propagation<br />

nouvelle de la variole [2] pour le<br />

domaine dit «Public Health». Ce rapport<br />

doit permettre aux cantons de se<br />

préparer au scénario «variole» dans le<br />

cadre d’un programme de protection<br />

ABC.<br />

Ce document de base sur la variole se<br />

fonde sur la structure du Plan suisse de<br />

pandémie Influenza de 2006 [3], revu<br />

ces dernières années et adapté, dans<br />

sa plus récente version 2009 [4] aux<br />

leçons tirées de la grippe pandémique<br />

(H1N1) 2009. Ce travail de réadaptation<br />

avait pour but d’offrir plus de souplesse<br />

aux instruments de planification<br />

du plan de pandémie, en démarquant<br />

les stratégies et les mesures du suivi<br />

par endroits trop rigide des phases globales<br />

édictées par l’OMS.<br />

Préparer et définir les mesures permettant<br />

de gérer un attentat au virus de la<br />

variole part d’une analyse des propriétés<br />

du virus et du mode de propagation<br />

de cette maladie. Les options d’intervention<br />

sont déclinées selon divers niveaux<br />

d’alerte, définis en fonction de la<br />

menace effective ainsi que de l’étendue<br />

possible de l’épidémie.<br />

Outre les connaissances actuelles en<br />

microbiologie, médecine et épidémiologie,<br />

chacune des phases d’alerte,<br />

chacun des scénarios envisageables<br />

de même que les préparatifs et mesures<br />

de lutte élaborés en vue d’une<br />

épidémie de variole sont définis de<br />

manière précise. Au vu des conditions<br />

légales en vigueur, diverses stratégies<br />

sont conçues, qui sont à prendre en<br />

compte le moment venu. Maîtriser un<br />

attentat terroriste biologique à la variole<br />

représentera un défi majeur non seulement<br />

pour l’ensemble des organismes<br />

de la santé, mais pour tous les domaines<br />

de la vie publique. Diverses<br />

crises surmontées dans le passé<br />

(comme le SRAS) ont mis en évidence<br />

que les personnes travaillant au front<br />

(hôpitaux, aéroports, frontières) devaient<br />

être protégées de façon prioritaire.<br />

Pour assurer l’immunisation de<br />

ces groupes de la population, l’acquisition<br />

de nouveaux lots de vaccins a fait<br />

l’objet de débats au sein du Département<br />

fédéral de la Défense, de la Protection<br />

de la population et du Sport<br />

(DDPS).<br />

Le présent article décrit l’état actuel<br />

des possibilités de vaccination contre<br />

la variole en Suisse, et s’adresse à tous<br />

les acteurs impliqués dans les préparatifs<br />

à une telle crise. Le document de<br />

base exhaustif a été mis à la disposition<br />

des cantons, mais ne le sera pas du<br />

grand public, pour des raisons de sécurité.<br />

Évaluation des risques<br />

La variole est l’une des maladies les plus<br />

terrifiantes qui soit, côtoyant l’être humain<br />

depuis des millénaires. Il y a 3’000<br />

ans déjà, des épidémies de variole ont<br />

frappé l’Inde, l’Égypte, et la Chine. Au<br />

VIe siècle après Jésus-Christ, elle débarquait<br />

en Europe depuis l’Asie, pour<br />

se propager aux quatre coins du monde,<br />

par le biais de la colonisation.<br />

En 1967, l’OMS lançait un vaste programme<br />

de vaccination mondial en vue<br />

d’éradiquer la variole. Des années durant,<br />

les efforts de l’OMS se sont traduits<br />

par un recul massif de cette terrible<br />

maladie jusqu’à ce que, en 1977,<br />

le dernier cas naturel était signalé en<br />

Somalie. Restée sans suite, la maladie<br />

fut déclarée le 8 mai 1980 par l’OMS


comme étant éradiquée sur toute la<br />

planète. Près de 30 ans après sa disparition<br />

et la cessation internationale<br />

des campagnes de vaccination, une<br />

libération intentionnelle du virus de la<br />

variole constituerait une menace grave<br />

pour la santé publique; de plus, même<br />

en Suisse, elle déclencherait une crise<br />

dans tout le système de santé publique,<br />

voire une situation d’urgence<br />

dans de nombreux secteurs de la société.<br />

Vu le haut degré d’infectiosité et<br />

la gravité de la pathologie, le virus de la<br />

variole peut effectivement être utilisé<br />

comme arme biologique, raison pour<br />

laquelle l’OMS le considère comme l’un<br />

des agents de menace terroriste les<br />

plus puissants de nos jours.<br />

Pour l’heure, des cultures de ce virus<br />

n’existent officiellement que dans deux<br />

laboratoires de haute sécurité dont un<br />

se trouve aux États-Unis (Centers for<br />

Disease Control and Prevention – CDC)<br />

et l’autre en Russie (State Center of<br />

Virology and Biotechnology [VECTOR],<br />

Koltsovo).<br />

Dès lors, sa réintroduction dans la population<br />

pourrait provenir soit d’une libération<br />

inattendue du virus de l’un de<br />

ces deux laboratoires de haute sécurité<br />

abritant officiellement le virus de la<br />

variole, ou d’un laboratoire qui dispose<br />

de souches «oubliées», soit dans le but<br />

d’un attentat bioterroriste à la variole,<br />

de l’utilisation du virus comme arme<br />

biologique soit d’une adaptation à l’être<br />

humain d’un orthopoxvirus d’origine<br />

animale. Compte tenu du développement<br />

rapide de la biologie moléculaire,<br />

il ne faut pas exclure la possibilité de<br />

produire, en laboratoire, des virus comparables<br />

à celui de la variole au moyen<br />

de technologies génétiques, bien que<br />

les expérimentations avec le virus Variola<br />

génétiquement modifié ainsi que<br />

l’utilisation de matériel non contagieux<br />

comportant des séquences génétiques<br />

de Variola soient soumises à des restrictions<br />

strictes de la part de l’OMS<br />

(WHO policies: http://www.who.int/<br />

csr/disease/smallpox/research/en/).<br />

Stratégie de lutte contre la variole<br />

La stratégie mise en place pour lutter<br />

contre une épidémie de variole a pour<br />

but de localiser aussi rapidement que<br />

possible le virus, de freiner sa propagation<br />

puis de l’éliminer pour circonscrire<br />

son impact dans la population et, dès<br />

lors, de limiter autant que possible les<br />

conséquences d’une telle menace.<br />

Pour assurer une mise en œuvre rapide<br />

des mesures, il est essentiel de sensibiliser<br />

le corps médical et de prévoir<br />

d’autres mesures permettant de détecter<br />

la situation rapidement et correctement.<br />

Se fondant sur le modèle des phases<br />

de réaction de l’OMS, la Suisse a opté<br />

pour une structure à cinq échelons en<br />

cas d’épidémie de variole:<br />

Phase 0: risque théorique d’une<br />

menace (situation actuelle)<br />

Phase 1: risque accru de menace<br />

Phase 2: cas avéré et confirmé hors<br />

des frontières suisses<br />

Phase 3: cas avéré et confirmé en<br />

Suisse<br />

Phase 4: foyers d’infection multiples<br />

en Suisse<br />

Les divers modes d’intervention comprennent<br />

des analyses épidémiologiques<br />

ainsi qu’une série de mesures<br />

dites de «Public Health», comme l’isolement<br />

de patients atteints et la gestion<br />

des contacts, pour éviter toute propagation<br />

de la maladie. En règle générale,<br />

lutter contre une épidémie de variole<br />

implique une intervention rapide et<br />

l’isolement de cas identifiés, c’est-à-<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

dire une compliance quant à la mise en<br />

quarantaine des cas suspects pour<br />

circonscrire la transmission du virus.<br />

D’autres recommandations concernent<br />

la stratégie de la campagne de vaccination,<br />

à adapter à la situation réelle en<br />

fonction de la phase d’alerte et de<br />

l’étendue de l’épidémie. Le vaccin<br />

contre la variole implique hélas une<br />

série de complications, raison pour<br />

laquelle une vaccination ne sera prise<br />

en considération qu’à partir du moment<br />

où une menace réelle est avérée.<br />

Comme le suggère l’OMS, activer une<br />

stratégie nationale de vaccination<br />

contre la variole se fera de manière<br />

échelonnée et ciblée sur des groupes<br />

à risque, en fonction de la dangerosité<br />

de la menace. Des vaccinations individuelles<br />

sont prévues pour l’ensemble<br />

des chaînes de transmission, complétées<br />

par l’immunisation des équipes<br />

d’intervention et de certaines catégories<br />

professionnelles (comme les professions<br />

médicales) susceptibles<br />

d’avoir des contacts avec des personnes<br />

atteintes. Si cette stratégie ne<br />

devait pas suffire ou aboutir, une campagne<br />

de vaccination plus étendue<br />

serait envisagée. Dans un tel cas de<br />

figure, la planification et l’organisation<br />

d’une telle campagne à grande échelle<br />

devraient s’inspirer des expériences<br />

faites dans le cadre de la préparation à<br />

d’autres types de pandémie.<br />

L’OFSP soutient les cantons dans la<br />

mise en œuvre des recommandations<br />

et dans la coordination des mesures à<br />

partir de l’instant où plusieurs cantons<br />

seraient concernés. Par ailleurs, l’OFSP<br />

se charge des activités de communication<br />

et de coordination avec d’éventuels<br />

partenaires étrangers, comme<br />

prévu dans le cadre du Règlement<br />

sanitaire international (RSI 2005).<br />

85


86<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

Bases juridiques<br />

La révision totale du RSI 2005 [5], entré<br />

en vigueur le 15 juin 2007, a permis de<br />

jeter les bases juridiques d’une collaboration<br />

internationale coordonnée. Le<br />

RSI 2005 est un instrument très performant<br />

pour prévenir, surveiller et lutter<br />

contre la propagation internationale de<br />

menaces sanitaires aiguës; de plus, ce<br />

règlement est reconnu comme l’instrument<br />

de droit international, central et<br />

contraignant en présence de maladies<br />

contagieuses. Conformément au RSI<br />

2005, l’OMS devrait être informée immédiatement<br />

si la variole réapparaissait<br />

quelque part. Sans doute aussi, ce<br />

type d’événement serait classé comme<br />

urgence sanitaire de portée internationale.<br />

À l’échelle nationale, les bases légales<br />

et les conditions générales sont définies<br />

dans la Loi sur les épidémies (RS<br />

818.101) de 1970; suite à la révision<br />

totale prochaine, elles seront adaptées<br />

aux exigences actuelles. D’autres bases<br />

légales figurent dans la Loi fédérale sur<br />

les produits thérapeutiques (RS 812.21),<br />

l’Ordonnance sur la déclaration (RS<br />

818.141.1), l’Ordonnance sur le Service<br />

sanitaire coordonné (RS 501.31) et<br />

l’Ordonnance sur l’aide militaire en cas<br />

de catastrophe en Suisse (RS 510.31).<br />

Mentionnons enfin l’Ordonnance sur<br />

l’organisation des interventions en cas<br />

d’événement ABC et d’événement naturel<br />

(Ordonnance sur les interventions<br />

ABCN), entrée en vigueur le 01.01.2011.<br />

Processus de conduite<br />

À ce jour, les structures et les processus<br />

de la Confédération ne sont pas<br />

spécialement axés sur les cas de bioterrorisme.<br />

Sous la direction de l’Office<br />

fédéral de la Protection de la population<br />

(OFPP), la nouvelle Ordonnance<br />

d’intervention a été élaborée. Celle-ci<br />

prévoit, entre autres choses, la création<br />

d’un État-major fédéral de la préparation<br />

à, et de la gestion d’événements<br />

majeurs.<br />

Jusqu’à ce que cet État-major fédéral<br />

soit opérationnel, une cellule de crise<br />

«Variole» a vu le jour, conformément à<br />

l’article 10 de la Loi sur les épidémies, et<br />

à l’instar de la cellule de crise «Pandémie»,<br />

afin d’assurer la gestion médicale<br />

d’une épidémie de variole. Par ailleurs, si<br />

une épidémie de la variole était détectée,<br />

d’autres entités et organismes entreraient<br />

en fonction, selon leur domaine de<br />

compétences et de responsabilités.<br />

Vaccination contre la variole<br />

Rappelons-nous les attentats à l’anthrax<br />

aux États-Unis, fin 2001. Le recours<br />

à des agents de guerre biologiques<br />

n’a pas été perçu comme un<br />

sujet purement militaire dès lors qu’une<br />

utilisation terroriste de telles substances<br />

était également devenue une menace<br />

pour la population civile. Compte tenu<br />

de ce type de situation potentielle à<br />

risque, la Suisse a acquis trois millions<br />

de doses de vaccin contre la variole en<br />

2002 pour prévenir tout cas de libération<br />

intentionnelle du virus de la variole<br />

et, dès lors, d’une nouvelle propagation<br />

de la maladie. En 2001, l’Institut de<br />

médecine sociale et préventive de Zurich<br />

(IMSP) a évalué la qualité de ce vaccin<br />

(Lancy Vaxina Berna) dans le cadre<br />

de diverses études cliniques pour tester<br />

ses capacités immunitaires et sa tolérabilité<br />

par l’organisme.<br />

En l’occurrence, il s’agissait d’un vaccin<br />

qui avait déjà été utilisé à la fin des années<br />

60 et au début des années 70 par<br />

l’OMS, durant sa campagne d’éradication<br />

de la variole. Le produit donnait lieu<br />

à une série d’effets secondaires indésirables<br />

majeurs: eczéma vaccinatum,<br />

vaccinai generalista, encéphalite postvaccinale,<br />

myocardite postvaccinale.<br />

Ainsi, selon des données historiques, il<br />

faut compter avec près de 1’000 cas<br />

d’effets secondaires indésirables, voire<br />

d’un à deux décès, sur un million de<br />

personnes vaccinées. De plus, si des<br />

personnes présentant des contre-indications<br />

connues avaient été vaccinées,<br />

il aurait fallu s’attendre à un nombre<br />

encore plus élevé d’effets indésirables.<br />

En amont de la guerre en Irak, une forte<br />

pression concernant une vaccination<br />

prophylactique de la population s’était<br />

fait sentir. Peu après, l’OFSP avait élaboré<br />

une stratégie de vaccination<br />

contre la variole et informé les milieux<br />

concernés sur la situation en Suisse<br />

dans son bulletin 12/03 [6]. Cette stratégie<br />

misait sur la création d’une série<br />

de centres de vaccination répartie sur<br />

l’ensemble du territoire helvétique,<br />

avec du personnel vacciné et formé à<br />

la tâche. La campagne de vaccination<br />

et la formation idoine devaient se dérouler<br />

dans le cadre d’une étude clinique<br />

– approuvée par la commission<br />

d’éthique cantonale – de l’ISPM à Zurich,<br />

menée auprès de 150 à 200 personnes<br />

recrutées parmi le personnel<br />

médical. Une enquête lancée auprès<br />

des infectiologues travaillant en Suisse<br />

a fait apparaître, qu’aux yeux des sondés,<br />

une campagne de vaccination<br />

prophylactique n’avait de sens qu’en<br />

cas de menaces avérées. Une évaluation<br />

des avantages et des inconvénients,<br />

c’est-à-dire entre la meilleure<br />

protection possible pour la population,<br />

d’une part et, de l’autre, les nombreux<br />

effets secondaires indésirables, inhérents<br />

à la vaccination contre la variole,<br />

avait finalement poussé l’OFSP à renoncer<br />

à l’étude clinique de même qu’à<br />

la mise en place systématique de<br />

centres de vaccination en Suisse.


En 2006, une nouvelle étude d’estimation<br />

de la prévalence, dans la population<br />

suisse, des principales contre-indications<br />

d’une campagne de vaccination<br />

contre la variole, également effectuée<br />

par l’ISPM à Zurich, a servi de document<br />

de base en vue d’émettre de nouvelles<br />

recommandations de vaccination.<br />

L’étude a démontré qu’environ 45 % de<br />

la population helvétique présentaient<br />

des contre-indications comme des<br />

maladies dermatologiques, des facteurs<br />

immunosuppresseurs et autres pathologies<br />

cardio-vasculaires.<br />

Pour l’heure, l’élaboration et la mise à<br />

disposition d’une nouvelle génération<br />

de vaccins sont des options suivies de<br />

près, tout comme l’adaptation de la<br />

stratégie d’approvisionnement des<br />

vaccins contre la variole.<br />

Diagnostic des laboratoires<br />

Le laboratoire central de virologie des<br />

hôpitaux universitaires de Genève<br />

(HUG) dispose des installations de sécurité<br />

requises (niveau de biosécurité<br />

4D) et est en mesure de fournir en laboratoire<br />

les preuves d’une prévalence de<br />

la variole. Il remplit les conditions nécessaires<br />

pour établir un diagnostic<br />

primaire au moyen de méthodes moléculaires<br />

et immunologiques pour des<br />

organismes du groupe 4. Dans le courant<br />

de l’année 2011, le laboratoire de<br />

sécurité et ses installations de niveau 4<br />

en matière de biosécurité devraient<br />

entrer en fonction au Laboratoire de<br />

Spiez. Ce dernier serait alors en mesure<br />

d’établir le diagnostic de référence<br />

pour les virus de la plus haute classe<br />

de dangerosité, celle dont fait partie la<br />

variole. Aujourd’hui, le Laboratoire de<br />

Spiez travaille déjà avec les méthodes<br />

et les autorisations requises pour établir<br />

des diagnostics différentiels des<br />

orthopoxvirus (orthopox jusqu’au<br />

groupe de risque 3), d’échantillons cliniques<br />

et d’échantillons provenant de<br />

l’environnement.<br />

Processus de déclaration<br />

La Suisse dispose d’un système de<br />

déclaration pour les maladies transmissibles.<br />

Conformément à l’article 27 de<br />

la Loi sur les épidémies, les hôpitaux,<br />

les médecins et les laboratoires sont<br />

tenus de signaler, dans les deux heures<br />

suivant la détection, tout cas suspect<br />

de variole au médecin cantonal, qui en<br />

informe l’OFSP. En signalant tout cas<br />

suspect de variole, le médecin cantonal<br />

peut immédiatement prendre les mesures<br />

individuelles et collectives qui<br />

s’imposent tout en cherchant à découvrir<br />

l’origine de la contamination. Selon<br />

le RSI 2005, tous les cas de variole<br />

doivent être signalés à l’OMS qui, de<br />

son côté, transmet ces informations<br />

aux autres États membres.<br />

Gestion des contacts<br />

La gestion des contacts est mise en<br />

place et activée par le médecin cantonal<br />

aussitôt qu’un laboratoire a confirmé<br />

l’existence d’un cas de variole.<br />

Toute personne qui pourrait avoir été<br />

exposée à une contamination potentielle<br />

doit être retrouvée (contact tracing)<br />

dans les trois jours suivants l’exposition<br />

afin de se faire vacciner et, être placée<br />

en quarantaine pour une période de 17<br />

jours. En règle générale, il s’agit de<br />

proches, voire de collègues de travail du<br />

patient effectivement atteint de variole,<br />

dont les noms et adresses sont connus.<br />

Le Service du médecin cantonal doit<br />

établir les listes des contacts. Lorsque<br />

des passagers d’un avion sont entrés<br />

en contact avec un cas de variole, il est<br />

possible d’en retrouver la trace grâce<br />

aux listes de passagers de la compagnie<br />

d’aviation concernée. D’autres<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

personnes potentiellement contaminées,<br />

comme les passagers présents à<br />

l’aéroport pendant cette période, ne<br />

peuvent être retrouvées, voire jointes,<br />

que par le biais des médias. Les recommandations<br />

et règles de comportement<br />

à suivre sont élaborées de concert par<br />

la Confédération et les cantons concernés.<br />

Système de santé<br />

Les cas suspects ainsi que les cas<br />

confirmés de variole ne peuvent être<br />

traités que dans les hôpitaux spécialement<br />

équipés à cet effet. Ainsi, il importe<br />

de désigner en amont les établissements<br />

hospitaliers capables d’admettre<br />

de tels patients. Reste à définir, dès lors,<br />

quels hôpitaux et combien de chambres<br />

d’isolement pour ce type de patients<br />

sont estimés adéquats en temps de<br />

crise. Chaque établissement médical<br />

disposant d’une division des urgences<br />

doit prévoir la possibilité d’admettre des<br />

patients potentiellement atteints de variole<br />

ainsi que tout autre malade; de<br />

plus, outre une mise à disposition obligatoire<br />

de chambres d’isolement, sensibiliser,<br />

former et, si nécessaire, vacciner<br />

le personnel soignant travaillant<br />

dans ces divisions doivent également<br />

être garantis.<br />

Si une épidémie de variole était avérée,<br />

le personnel des cabinets médicaux et<br />

des hôpitaux serait exposé à un risque<br />

majeur de contamination, raison pour<br />

laquelle il est essentiel d’apprendre<br />

comment gérer correctement des cas<br />

suspects et/ou avérés de variole.<br />

Dans le cadre de la préparation de la<br />

lutte contre la variole, laisser les mains<br />

libres aux hôpitaux et aux cabinets<br />

médicaux quant aux détails concrets<br />

des mesures, semble être la démarche<br />

la plus raisonnable. Pour ce faire, ils<br />

87


88<br />

INFO<br />

1 / 11<br />

disposent d’un document fondé sur<br />

des recommandations de Swiss-NO-<br />

SO et qui portait sur le traitement de<br />

patients souffrant de fièvre virale hémorragique<br />

[7].<br />

Préparatifs dans les aéroports<br />

De nos jours, tous les aéroports suisses<br />

à trafic international disposent de<br />

propres Plans d’urgence axés sur la<br />

prévention et la gestion d’événements<br />

majeurs impliquant des maladies<br />

contagieuses. Ces Plans d’urgence se<br />

fondent sur l’Ordonnance du département<br />

fédéral de l’intérieur (DFI) du 15<br />

décembre 2003 sur la prévention des<br />

maladies infectieuses émergentes et<br />

ré-émergentes; en 2009, ils ont été<br />

adaptés aux directives du RSI 2005.<br />

Depuis l’épidémie du SRAS, un réseau<br />

d’interlocuteurs a été mis en place pour<br />

gérer de telles crises. Celui-ci est composé<br />

de représentants des trois aéroports<br />

nationaux de Bâle, Genève et<br />

Zurich, qui sont chargés de la gestion<br />

d’urgences. Par ailleurs, pour pallier<br />

aux événements susceptibles de représenter<br />

une menace pour la santé publique,<br />

le Réseau aéroportuaire pour la<br />

santé des voyageurs a été mis sur pied.<br />

Font partie de ce réseau des représentants<br />

de tous les aéroports à trafic international<br />

régulier.<br />

Communication et collaboration internationale<br />

En cas de survenue éventuelle de la<br />

variole, une collaboration internationale<br />

s’impose pour éviter une épidémie, lancer<br />

des mesures de lutte contre la propagation<br />

du virus et éradiquer à nouveau<br />

la maladie. Aussi s’agit-il de<br />

coordonner sur le plan international la<br />

préparation de mesures et d’activités<br />

permettant d’éviter l’apparition d’une<br />

épidémie de variole. Dans ce contexte,<br />

il incombe à l’OMS d’offrir son soutien<br />

à tous les États membres ainsi qu’aux<br />

autorités sanitaires pour réagir face à<br />

un tel risque, voire à l’apparition d’épidémies.<br />

Afin de renforcer les campagnes<br />

de sensibilisation et d’améliorer<br />

les activités de surveillance, l’OMS a<br />

mis en place un système mondial<br />

d’alerte précoce et de réaction pour la<br />

prévention et le contrôle des maladies<br />

transmissibles, appelé Global Outbreak<br />

Alert and Response Network (GOARN).<br />

Ce système permet aux pays concernés<br />

d’accéder rapidement à des spécialistes<br />

ainsi qu’aux ressources requises.<br />

Grâce au réseau GOARN, des<br />

informations essentielles sur une éventuelle<br />

propagation de maladie transmissible<br />

sont traitées de manière rapide<br />

et fiable, puis transmises aux<br />

principaux acteurs de la santé publique<br />

à un échelon international; de plus, ce<br />

réseau permet de coordonner aisément<br />

les mesures qui s’imposent.<br />

Durant les phases de propagation de<br />

la maladie, l’OFSP se chargera d’assurer<br />

l’échange d’informations et la coordination<br />

avec les organisations internationales<br />

(OMS, CDC et ECDC) tout en<br />

prenant connaissance de nouvelles<br />

découvertes et recommandations internationales<br />

en matière de préparation<br />

de lutte antivariolique après des attentats<br />

bioterroristes.<br />

Dans le cas d’une urgence sanitaire de<br />

portée internationale, comme le serait<br />

incontestablement une épidémie de<br />

variole, le RSI 2005 prévoit une collaboration<br />

étroite entre l’OMS et l’État<br />

concerné par un tel événement.<br />

Sur le plan national, des plates-formes<br />

et des groupes de travail seront constitués;<br />

de plus, une série de procédures<br />

administratives en matière de communication<br />

sera définie. Le porte-parole<br />

du Conseil fédéral coordonne les informations<br />

et la communication entre la<br />

Confédération et les cantons ainsi<br />

qu’au sein de l’administration fédérale<br />

elle-même.<br />

Perspectives<br />

Vu la stabilité politique en Europe de<br />

l’Ouest et le risque minime de voir s’y<br />

produire un événement bioterroriste, il<br />

semble peu urgent de devoir préparer<br />

des mesures de lutte contre la variole.<br />

Pour cette raison, les décisions administratives<br />

ainsi que les préparatifs, au<br />

niveau fédéral et cantonal, liés à la ges-<br />

tion d’une telle crise, ont été reportées.<br />

Pour l’heure, la Confédération et les<br />

cantons se concentrent prioritairement<br />

sur l’analyse des leçons tirées de la<br />

pandémie de grippe (H1N1) en 2009,<br />

connaissances qui s’avéreront également<br />

utiles dans l’éventualité d’un attentat<br />

bioterroriste. Les nouveautés<br />

prises en compte dans la révision totale<br />

de la Loi sur les épidémies constitueront<br />

autant de possibilités de renforcer<br />

les compétences fédérales pour ses<br />

activités de coordination de mesures<br />

exécutoires, entre autres entre les cantons,<br />

et de mieux régler les compétences<br />

d’un organisme d’intervention<br />

qui aurait à gérer de telles crises.<br />

Bibliographie<br />

[1] Stratégie de protection ABC pour la<br />

Suisse. ComABC 2007-06-F.<br />

[2] Piffaretti JC, Convert M. Bases pour<br />

la préparation à un éventuel retour de<br />

la variole. 2009. Confidentiel.<br />

[3] Plan suisse de pandémie Influenza<br />

de 2006. Stratégies et mesures en<br />

préparation pour le cas d’une pandémie<br />

d’influenza. 2006.<br />

[4] Plan suisse de pandémie Influenza<br />

de 2006. Stratégies et mesures en<br />

préparation pour le cas d’une pandémie<br />

d’influenza. 2009.<br />

[5] Règlement sanitaire international<br />

(2005). RS 0.818.103.<br />

[6] Bulletin OFSP. Vaccination contre la<br />

variole en Suisse. 2003;13:212-3.<br />

[7] Hugenot S, Sax H, Chappuis F,<br />

Mühlemann K, Francioli P, Raeber PA,<br />

Hatz C, Widmer FA, Siegl G, et les<br />

membres du groupe Swiss-NOSO.<br />

Prise en charge des patients suspects<br />

de fièvre hémorragique virale.<br />

Recommandations pour la Suisse.<br />

Swiss-NOSO 2002;3:18-24.<br />

Traduction: Yve Delaquis

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