VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG
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3 S 2611/09<br />
<strong>VERWALTUNGSGERICHTSHOF</strong><br />
<strong>BADEN</strong>-<strong>WÜRTTEMBERG</strong><br />
In der Normenkontrollsache<br />
1.<br />
2.<br />
prozessbevollmächtigt:<br />
- zu 1, 2 -<br />
Im Namen des Volkes<br />
Urteil<br />
gegen<br />
Landeshauptstadt Stuttgart - Rechtsamt -,<br />
vertreten durch den Oberbürgermeister,<br />
Marktplatz 1, 70173 Stuttgart<br />
prozessbevollmächtigt:<br />
- Antragstellerinnen -<br />
- Antragsgegnerin -<br />
wegen Gültigkeit der Satzung über die Höhe der zulässigen Mieten für öffentlich<br />
geförderte Wohnungen und Personalfürsorgewohnungen
- 2 -<br />
hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den<br />
Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter<br />
am Verwaltungsgerichtshof Haller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof<br />
Speckmaier, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Pfaundler und den Richter<br />
am Verwaltungsgerichtshof Dr. Keller aufgrund der mündlichen Verhandlung<br />
vom 14. Dezember 2011<br />
für Recht erkannt:<br />
Die Anträge werden abgewiesen.<br />
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldnerinnen.<br />
Die Revision wird nicht zugelassen.<br />
Tatbestand<br />
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen eine Satzung der Antragsgegnerin<br />
über die Höhe der zulässigen Mieten für öffentlich geförderte Wohnungen und<br />
Personalfürsorgewohnungen - im Folgenden: Satzung.<br />
Die Antragstellerinnen sind Wohnungsbaugenossenschaften, die in ihrem Eigentum<br />
stehende öffentlich geförderte wie auch nicht-öffentlich geförderte<br />
Wohnungen vermieten. Die Antragstellerin zu 1. ist derzeit Eigentümerin von<br />
ca. 300 Gebäuden mit über 2.500 Wohneinheiten im Stadtgebiet der Antragsgegnerin.<br />
Die Antragstellerin zu 2. bewirtschaftet 144 Mietwohnhäuser mit<br />
insgesamt 1.100 Wohnungen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin und in deren<br />
Nahraum.<br />
Von dem öffentlich geförderten Eigentum der Antragstellerin zu 1. werden<br />
durch die Satzung insbesondere folgende Objekte betroffen:<br />
XXXXXXXXstraße X-XX/XXXXstraße XXX; XXXXstraße XXX; XXXXXX XXX-<br />
XX X, XXXXXXgasse XX, XXXXXXgasse XX; XXXXXXXXXstraße XX; XXXX-<br />
XXXstraße XX, XX, XX, XXX; XXXXXstraße XX; XXXXstraße XX A+B; XXXX-<br />
XXXXstraße XX, XX; XXXXplatz XX; XXXXX XX, XX, XX; XXXX-XXXXXXXX<br />
Str. XX-XX; XXXXXXstraße XX X-X; XXXXXXXweg X, X, XX; XXXXXXX Straße<br />
XX-XX, XXXXXXXXXXX Straße X; XXXXXXXXXXX Straße X.
- 3 -<br />
Von dem öffentlich geförderten Eigentum der Antragstellerin zu 2. sind insbe-<br />
sondere betroffen:<br />
XXXXXXXX Platz X-XX; XX XXXXXXXX XX; XXXXXXXX Weg XX, XX;<br />
XXXXXstraße XX, XX; XXXXXstraße XX; XXXXXX Weg X-X; XXXXXX Weg X;<br />
XXXXXstraße XX X-X; XXXXXXX Weg X; XXXXXXX Weg X-XX.<br />
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss die Satzung über die Höhe<br />
der zulässigen Mieten für öffentlich geförderte Wohnungen und Personalfürsorgewohnungen<br />
am 18.12.2008; sie wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin<br />
Nr. 52 vom 24.12.2008 ortsüblich bekannt gemacht und trat am 01.01.2009 in<br />
Kraft. Mit Beschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 02.07.2009<br />
wurde die Satzung geändert. Die Änderungssatzung wurde im Amtsblatt der<br />
Antragsgegnerin Nr. 28 vom 09.07.2009 ortsüblich bekannt gemacht. Die Änderungssatzung<br />
trat am 10.07.2009 in Kraft.<br />
Die Antragstellerinnen haben am 01.12.2009 das Normenkontrollverfahren<br />
eingeleitet. Sie beantragen,<br />
die Satzung der Antragsgegnerin über die Höhe der zulässigen Mieten<br />
für öffentlich geförderte Wohnungen und Personalfürsorgewohnungen<br />
vom 18.12.2008 in der geänderten Fassung vom 02.07.2009 für unwirksam<br />
zu erklären.<br />
Zur Begründung tragen die Antragstellerinnen im Wesentlichen vor:<br />
Die Rechtswegzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs sei gegeben. Die<br />
Satzung gehöre dem öffentliche Recht an. Rechtsstreitigkeiten, die den Verwaltungsgerichtsweg<br />
nach § 40 VwGO eröffneten, ergäben sich aus § 26 und<br />
§ 33 LWoFG. Sie seien auch antragsbefugt. Die Satzung wirke in das private<br />
Rechtsverhältnis zwischen ihnen und ihren Mietern hinein. Sie enthalte Verbote<br />
als unmittelbar wirksame Beschränkungen der Ausnutzbarkeit ihres Eigentums.<br />
§ 32 Abs. 3 Satz 5 LWoFG werde durch die kommunale Satzung<br />
konkretisiert, weil diese die konkrete höchstzulässige Miete festlege. Auch<br />
durch öffentliche Mittel gefördertes Eigentum sei vollwertiges privates Eigentum.<br />
Sie könnten sich daher als Vermieter auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen,<br />
der das Recht auf angemessene Verwertung des Eigentums einschließ-
- 4 -<br />
lich des Rechts umfasse, eine angemessene Miete zu verlangen. Schließlich<br />
werde auch das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG<br />
i.S.d. freien Vertragsabschlusses im Rechtsverkehr betroffen.<br />
Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Die angefochtene Satzung sei<br />
rechtsfehlerhaft. Die Antragsgegnerin gehe mit gebäudebezogenen Einzelfestsetzungen<br />
(Anlagen A - C zur Satzung) von Höchstmieten deutlich unter<br />
die vom Gesetzgeber in § 32 Abs. 3 Satz 5 LWoFG vorgesehene 90 %-<br />
Grenze zur ortüblichen Vergleichsmiete (im Folgenden: OVM). Die Antragsgegnerin<br />
habe damit faktisch die vom Gesetzgeber gerade abgeschaffte Kostenmiete<br />
wieder eingeführt, indem sie die Höhe der Kostenmiete auf Dezember<br />
2008 errechnet und diese festgesetzt habe. Die Antragsgegnerin habe im<br />
Frühjahr 2008 mit einem Fragebogen bei den Wohnbauunternehmen gebäudeweise<br />
ohne Differenzierung nach Ausrichtung oder Stockwerk der Wohnung<br />
ausdrücklich die aktuelle Kostenmiete im Januar 2008 erhoben und dann<br />
nach eigenem Gutdünken die Kostenmiete ermittelt und diese mit gewissen<br />
Aufrundungen zur gebäudebezogenen Festsetzung der Höchstbeträge in den<br />
Anlagen der Satzung gemacht. Die Folge sei gewesen, dass als Höchstmieten<br />
die vom Gesetzgeber gerade abgeschafften Kostenmieten aus Dezember<br />
2008 festgesetzt worden seien. Das LWoFG sehe die bisherige Kostenmiete<br />
demgegenüber als vertraglich vereinbarte Miete umgewandelt und als Aus-<br />
gangspunkt vertraglicher Anpassungsmöglichkeiten wie sonst auch im Vertragsrecht.<br />
Das erfolgte „Einfrieren“ der vertraglich geschuldeten Miete auf<br />
die abgeschaffte Kostenmiete sei gesetzes- und rechtswidrig. Aus der Gesetzesbegründung<br />
(LT-Drs. 14/1767, S. 19) folge die - auch durch Mieterhöhungen<br />
zu erreichende - Begrenzung von 90 % der OVM. Eine Wiedereinführung<br />
der alten Kostenmiete sei nicht gewollt gewesen. Hinzu komme, dass die bisherige<br />
Kostenmiete keine statisch festliegende Miete gewesen sei. Sie habe<br />
neben der Einzelmiete auch Umlagen, Zuschläge und Vergütungen umfasst.<br />
Diese hätten bei Änderungen neu berechnet werden können. Diese Flexibilität<br />
entfalle nun zu Unrecht ersatzlos. Außerdem habe die Antragsgegnerin Kostenmieterhöhungen<br />
der Antragstellerin zu 2. mit Wirkung vom 01.12.2008 bei<br />
Satzungserlass nicht berücksichtigt.<br />
Die Satzung sei auch wegen Ungleichbehandlung zu beanstanden. Im Vorteil<br />
und nunmehr teilweise deutlich besser gestellt seien solche Wohnbauunter-
- 5 -<br />
nehmen, die auf den Fragebogen der Antragsgegnerin keine Angaben gemacht<br />
hätten. Denn diesen Unternehmen werde in § 2 Abs. 2 Satzung ledig-<br />
lich ein pauschaler Abschlag auf 78 % der aktuellen OVM auferlegt. Die den<br />
Antragstellerinnen auferlegten Höchstmieten lägen dagegen teilweise deutlich<br />
unter 78 % des Satzes der OVM 2007. Die Antragsgegnerin hätte zur Vermeidung<br />
der Ungleichbehandlung den Sachverhalt ermitteln und die Aus-<br />
kunftspflicht notfalls durchsetzen müssen.<br />
Die Antragsgegnerin gehe mit der pauschalen 78 %-Grenze für die Grundstü-<br />
cke, für die keine Angaben vorlägen, oder für die die Kostenmiete nicht berechnet<br />
worden sei, deutlich unter die vom Gesetzgeber vorgesehene 90 %-<br />
Grenze. Dafür wäre eine sachliche Rechtfertigung ohne Überkompensation<br />
und Wettbewerbsverzerrungen erforderlich gewesen. Diese rechtfertigten sich<br />
nicht aus den Akten und sei auch sonst in gerade dieser Höhe nicht ersichtlich.<br />
Es handle sich um einen willkürlich festgelegten Wert. Es bestehe des<br />
Weiteren keine sachliche Rechtfertigung für die Unterscheidung der Höchstmieten<br />
nur nach Gebäuden, ungeachtet erheblicher Unterschiede des Miet-<br />
werts von unterschiedlichen Wohnungen in einem Gebäude. Lage, Größe,<br />
Baujahr und Ausstattung sowie sonstige Wertunterschiede der Wohnungen<br />
seien weder erhoben noch festgesetzt worden. Die Begrenzung der Erhöhung<br />
von Höchstmieten ab 2011 parallel zum Mietspiegel für freien Wohnraum in<br />
§ 3 führe zu einer immer weiter zunehmenden Schlechterstellung gegenüber<br />
der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zinssprünge in Darlehensverträgen zur Fi-<br />
nanzierung des öffentlich geförderten Wohnraums und Erhöhungen der Erbbauzinsen<br />
könnten nunmehr anders als früher bei der Erhebung der Kostenmiete<br />
nicht mehr an die Mieter weitergegeben werden. Rechtswidrig sei auch<br />
die in § 5 Abs. 2 der Satzung normierte Pflicht, alle Mietaufschläge für<br />
Schönheitsreparaturen bis zum 01.01.2011 zurückzunehmen. Die Vermieter<br />
hätten damit keine Kompensationsmöglichkeiten mehr. Denn bei der Festsetzung<br />
der zulässigen Höchstmieten nach Satzung sei kein Aufschlag für<br />
Schönheitsreparaturen berücksichtigt worden. Bislang seien bei der Kostenmiete<br />
Schönheitsreparaturen Bestandteil der anzusetzenden Kosten gewesen.<br />
Der Mietspiegel gehe noch von einer geringeren Vergleichsmiete aus,<br />
unter der Annahme der Wirksamkeit der Klauseln, mit denen die Schönheitsreparaturen<br />
auf den Mieter übergewälzt und die Mieten infolge dessen
- 6 -<br />
gesenkt worden seien. Im Mietspiegel sei noch nicht die Rechtsprechung des<br />
BGH zu Schönheitsreparaturen berücksichtigt. Dieser Umstand bedeute für<br />
die Antragstellerinnen eine erhebliche finanzielle Belastung, weil sie in diesen<br />
Wohnungen ohne Möglichkeit eines finanziellen Ausgleichs künftig Schönheitsreparaturen<br />
durchführen müssten. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht<br />
ersichtlich. Die Antragsgegnerin habe mit der Satzung zu Lasten der Antragstellerinnen<br />
ihre Sozialausgaben vermindern wollen. Ein weiterer Abwägungsfehler<br />
liege darin, dass sich die Antragsgegnerin in der Beschlussvorlage GR-<br />
Drs. 765/2008 vom 25.11.2008 zum Satzungserlass „verpflichtet“ gesehen<br />
habe. Es fehle zudem ein ausgefertigtes Original des Satzungstextes.<br />
Die Antragsgegnerin beantragt,<br />
den Antrag abzuweisen.<br />
Zur Begründung trägt sie zusammengefasst im Wesentlichen vor:<br />
Die Rechtswegzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs sei nicht gegeben.<br />
Rechtsstreitigkeiten in Anwendung der Satzung seien zivilrechtlicher Natur<br />
und von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. Man habe sich für die<br />
Festlegung eines Höchstbetrags entschieden, da bei einem Prozentsatz aus<br />
der örtlichen Vergleichsmiete Meinungsunterschiede bei der Festlegung dieser<br />
zwischen Vermietern, Mietern und der Antragsgegnerin zu befürchten ge-<br />
wesen wären. Der Gesetzgeber habe die Merkmale der Vergleichsmiete in<br />
§ 558 BGB abschließend normiert. Der geforderte Zuschlag für Schönheitsreparaturen<br />
stelle demnach ein dem § 558 BGB fremdes und systemwidriges<br />
Element dar. § 558 Abs. 2 BGB sehe für die Mietpreisfindung lediglich die<br />
dort genannten objektiven Wohnwertmerkmale vor. Der Vorwurf, die Kostenmiete<br />
sei „nach eigenem Gutdünken“ ermittelt worden, sei unzutreffend. Diese<br />
sei vielmehr auf der Basis der Angaben der Antragstellerinnen ermittelt wor-<br />
den. Dass die Antragstellerin zu 1. wirksame Mieterhöhungen der Kostenmiete<br />
zum 01.12.2008 durchgeführt habe, werde mit Nichtwissen bestritten und<br />
sei auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Des Weiteren bestimme<br />
§ 32 Abs. 3 Satz 3 LWoFG, dass die Miete nicht höher sein dürfe, als es sich<br />
bei einem Abschlag von 10 % gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete<br />
ergebe. In § 32 Abs. 3 Satz 5 LWoFG sei aber nicht geregelt, dass die be-
- 7 -<br />
stimmte Miete nicht geringer sein dürfe. Der Wert von 78 % sei nicht willkür-<br />
lich festgesetzt worden, sondern ergebe sich aus einer Berechnung, in wel-<br />
cher festgestellt worden sei, dass die Kostenmiete der geförderten Wohnun-<br />
gen im Jahre 2009 in Stuttgart im Durchschnitt ca. 5,43 EUR/m² je Monat und<br />
die ortsübliche Vergleichsmiete 2009/2010 ca. 7,-- EUR/m² je Monat betragen<br />
habe. Daraus ergebe sich eine Differenz der Kostenmiete zu der ortsüblichen<br />
Vergleichsmiete in Höhe von 1,57 EUR/m² je Monat, was einer Differenz von<br />
22 % entspreche. Hätte die Antragsgegnerin die Mieten auf 90 % der ortsübli-<br />
chen Vergleichsmiete festgesetzt, wäre dies eine nicht gerechtfertigte Über-<br />
bewertung der Belange der Wohnungsunternehmer gewesen. Zudem sei hervorzuheben,<br />
dass eine Festsetzung der Mieten auf die 90 %-Grenze den<br />
Wettbewerb verzerrt und zu einer Übersubventionierung der betroffenen<br />
Wohnungsunternehmen entgegen § 7 Abs. 3 LWoFG geführt hätte. Eine<br />
Überbewertung der eigenen Entlastung sei nicht gegeben. Die gebäudeweise<br />
Differenzierung der festgesetzten Höchstmieten sei gerechtfertigt. Die wesentlichen<br />
Parameter für die Wohnwerte einer Wohnung seien berücksichtigt<br />
worden. Die Regelung der Erhöhung der Höchstbeträge in § 3 der Satzung sei<br />
nicht systemfremd. Dass die Antragstellerinnen die steigenden Instandhal-<br />
tungs- und Verwaltungskosten durch Mieterhöhung nicht ausreichend ausgleichen<br />
könnten, sei durch den Wechsel auf das Vergleichsmietensystem des<br />
BGB gewollt. Verwaltungs- und Instandhaltungskosten seien keine Bestandteile<br />
zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Durch die Satzung seien<br />
die Wohnungsunternehmen besser gestellt, als sie nach der bisherigen Kostenmiete<br />
stünden, da die durchschnittliche Kostenmiete voraussichtlich geringer<br />
angestiegen wäre als die prozentuale Erhöhung nach dem Mietspiegel.<br />
Wenn die allgemeinen Mieten um 5 % stiegen, sei es sachgerecht, dass auch<br />
die Mieten für geförderte Wohnungen um 5 % stiegen. Eine überproportionale<br />
Steigerung im geförderten Wohnungsbau würde zu einer nicht erwünschten<br />
Besserstellung der Wohnungsunternehmen führen. Kostensprünge durch ver-<br />
einbarte Zinssprünge in Darlehensverträgen oder die Anhebung von Erbbauzinsen<br />
könnten auch im privaten Wohnungsmarkt nicht an den Mieter wieder<br />
weitergegeben werden. Die Pflicht zur Reduzierung der bisherigen Kostenmiete<br />
bei durchgeführtem Mietaufschlag für Schönheitsreparaturen in § 5<br />
Abs. 2 der Satzung sei nicht zu beanstanden. Die Übergangsregelung in § 5
- 8 -<br />
Abs. 2 der Satzung entspreche der gesetzlichen Intention, dass die Sozial-<br />
miete nicht über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen solle und ein Min-<br />
destabstand zur ihr wahren müsse. Dass nunmehr keine Kompensationsmöglichkeit<br />
mehr wie unter dem Kostenmietprinzip bestehe, sei eine Folge der<br />
Abschaffung der Kostenmiete. Insoweit sei auf die Gesetzesmaterialien zu<br />
verweisen (LT-Drs. 14/1767, S. 91). Die Nichtaufnahme eines Aufschlags für<br />
Schönheitsreparaturen im Rahmen der Festsetzung der zulässigen Höchstmieten<br />
in der Satzung sei nicht zu beanstanden. Die Regelung in § 4 (Moder-<br />
nisierung) der Satzung sei weder willkürlich noch abwägungsfehlerhaft. Denn<br />
Erhöhungen aufgrund von Modernisierungen seien weiterhin möglich, sie<br />
müssten jedoch den gesetzlichen Rahmen der §§ 559 ff. BGB und des § 32<br />
Abs. 3 LWoFG einhalten. Dass auch Modernisierungen, die noch 2008 durch-<br />
geführt worden seien, von dieser Regelung betroffen seien, sei nur verständlich,<br />
da nunmehr die Bestimmungen des LWoFG und der Satzung zu beach-<br />
ten seien. Bei der Satzung handle es sich um eine Pflichtsatzung. Ein Original<br />
des Satzungstextes sowie ein von einem Unterzeichnungsberechtigten unter-<br />
zeichnetes Sitzungsprotokoll seien vorhanden.<br />
Die Akten der Antragsgegnerin liegen dem Gericht vor. Sie waren Gegenstand<br />
der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des<br />
Sach- und Streitstands wird hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten<br />
gewechselten Schriftsätze verwiesen.<br />
Entscheidungsgründe<br />
Die Normenkontrollanträge sind unzulässig.<br />
Die Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichtshofs ist<br />
nicht gegeben.<br />
Nach § 47 Abs. 1 VwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof "im Rahmen<br />
seiner Gerichtsbarkeit" über die Gültigkeit der dort genannten Rechtsvor-<br />
schriften. Es muss sich um Verfahren handeln, für die der Verwaltungsgerichtsweg<br />
im Sinne von § 40 VwGO eröffnet ist. Insoweit ist hierfür zu prüfen,<br />
ob sich aus der Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift Rechtsstreitigkeiten<br />
ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist
- 9 -<br />
(BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 - 7 NB 1.95 -, NVwZ 1996, 63; VGH Ba-<br />
den-Württemberg, Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555<br />
[Ls.] = juris; Beschluss vom 29.7.1968 - I 760/65 -, NJW 1968, 2076; Be-<br />
schluss vom 07.12.1988 - 4 S 3038/87 -, VBlBW 1989, 302, 303;<br />
Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 47 Rn. 17; Schmidt, in: Eyermann, VwGO,<br />
13. Aufl. 2010, § 47 Rn. 32; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 43).<br />
Der Zweck dieser gesetzlichen Einschränkung ist darin zu sehen, dass der<br />
Verwaltungsgerichtshof nicht eine Rechtsvorschrift mit allgemein verbindlicher<br />
Wirkung (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) für ungültig erklären können soll, wenn<br />
für Rechtsstreitigkeiten aus der Anwendung derselben die Gerichte anderer<br />
Gerichtsbarkeiten zuständig sind (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom<br />
29.7.1968, a.a.O.).<br />
Nach Maßgabe dessen fehlt es vorliegend an der Rechtswegzuständigkeit<br />
des angerufenen Verwaltungsgerichtshofs. Zwar handelt es sich bei der angefochtenen<br />
Satzung der Antragsgegnerin über die Höhe der zulässigen Mieten<br />
für öffentlich geförderte Wohnungen und Personalfürsorgewohnungen vom<br />
02.07.2009 um eine dem öffentlichen Recht zuzuordnende Rechtsvorschrift<br />
mit Außenwirkung im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Jedoch folgt aus der<br />
öffentlich-rechtlichen Natur der angefochtenen Satzung allein noch nicht die<br />
Rechtswegzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nach § 47 VwGO (VGH<br />
Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555 [Ls.] =<br />
juris). Der Umstand, dass der Gesetzgeber - wie vorliegend in § 32 Abs. 3<br />
Satz 3 LWoFG - den Erlass einer Norm (hier: Satzung) an ein Organ der öffentlichen<br />
Verwaltung delegiert, besagt noch nicht, dass die aus der Anwen-<br />
dung dieser Norm entstehenden Rechtsstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur<br />
sind, wie sich an Bußgeldbescheiden zeigt. Diese können auch dann nur<br />
vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden, wenn sie sich auf verordnungs-<br />
oder satzungsrechtliche Regelungen über Ordnungswidrigkeiten<br />
stützen und die Regelungen von Stellen der öffentlichen Verwaltung mit Außenwirkung<br />
erlassen wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 -7 NB<br />
1.95 -, NVwZ 1996, 63).
- 10 -<br />
Im vorliegenden Fall hat die angefochtene Satzung nach ihrem für die Beur-<br />
teilung der Rechtswegzuständigkeit allein maßgeblichen Inhalt ausschließlich<br />
mietrechtlichen Charakter mit der Folge, dass für die aus der Anwendung die-<br />
ser Satzung entstehenden Rechtsstreitigkeiten die ordentlichen Gerichte zu-<br />
ständig sind. Die Satzung enthält ausschließlich Regelungen zur Bestimmung<br />
der Miethöhe im Rahmen eines zwischen einem Vermieter und einem Mieter<br />
auf privatrechtlicher Grundlage abgeschlossen Mietvertrags nach § 535 BGB<br />
über öffentlich geförderten Wohnraum. Dies zeigen die nachfolgenden Erwä-<br />
gungen.<br />
1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Satzung der Antragsgegnerin ist das<br />
Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen<br />
(Landeswohnraumförderungsgesetz - LWoFG) vom 11.12.2007 - in<br />
Kraft getreten am 01.01.2008 (GBl. S. 581). Nach § 32 Abs. 3 Satz 1 LWoFG<br />
finden auf das Mietverhältnis (über öffentlich geförderten Wohnraum [vgl. § 32<br />
Abs. 1 LWoFG]) zum 01.01.2009 die Vorschriften des allgemeinen Wohn-<br />
raummietrechts nach den Maßgaben dieses Absatzes Anwendung. Diese Bestimmung<br />
bringt in Zusammenschau mit § 32 Abs. 2 Satz 1 LWoFG die Ab-<br />
kehr von der - bisherigen - Kostenmiete hin zur Vergleichsmiete zum Ausdruck<br />
(vgl. hierzu Feßler, WuM 2009, 90). Die Ermittlung der Miethöhe für<br />
Mietverhältnisse über bislang preisgebunden Wohnraum richtet sich gemäß<br />
§ 32 Abs. 3 Satz 1 LWoFG nunmehr ausschließlich nach den Vorschriften des<br />
allgemeinen Wohnraummietrechts (§§ 557 ff. BGB), jedoch unter Beachtung<br />
der in Absatz 3 enthaltenen weiteren Vorgaben. Nach § 32 Abs. 3 Satz 3<br />
LWoFG darf die (sozial geförderte) Wohnung für die Dauer der Bindung nicht<br />
gegen eine höhere Miete zum Gebrauch überlassen werden, als sie die Gemeinde<br />
durch Satzung unter Beachtung des Verbots der Überkompensation<br />
nach § 7 Abs. 3 LWoFG festgelegt hat. In § 32 Abs. 3 Satz 5 LWoFG ist ferner<br />
als gesetzliche Obergrenze bestimmt, dass die in der örtlichen Satzung<br />
nach Satz 3 festzulegende Miete nicht höher sein darf, als sie sich bei einem<br />
Abschlag von 10% gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete (sog. Abstandsgebot)<br />
ergibt. In Anwendung der Vorgaben des Landesgesetzgebers<br />
werden in § 2 Abs. 1 der Satzung für die in den Anlagen A, B und C aufgeführten<br />
Wohnungen (öffentlich geförderte [auch nachsubventionierte] Woh-
- 11 -<br />
nungen) für die Jahre 2009 und 2010 konkrete Mietbeträge (in Euro/m²) fest-<br />
gesetzt und bestimmt, dass diese Wohnungen nicht zu einer höheren Miete<br />
zum Gebrauch überlassen werden dürfen. § 2 Abs. 2 Satz 1 der Satzung be-<br />
stimmt, dass für Wohnungen, die nicht in den Anlagen A, B und C aufgeführt<br />
sind, auf die Dauer der Bindung maximal 78% der ortsüblichen Vergleichsmie-<br />
te verlangt werden dürfen. Für diese öffentlich geförderten Wohnungen wird<br />
damit - auf die Dauer der Bindung - die höchstzulässige Miete auf einen Be-<br />
trag festgesetzt, der sich aus der ortsüblichen Vergleichsmiete abzüglich eines<br />
prozentualen Abschlags von 22 % errechnet. § 3 Abs. 1 der Satzung regelt<br />
die Erhöhung der Höchstbeträge für die in Anlage A, B und C aufgeführten<br />
Wohnungen. § 4 Abs. 1 der Satzung enthält Bestimmungen zu Mieterhöhungen<br />
aufgrund von Modernisierungen. Satz 1 dieser Vorschrift verweist zunächst<br />
auf die Regeln des BGB in den §§ 559 ff. und zugleich auf § 32 Abs. 3<br />
LWoFG, der die Geltung des § 559 Abs. 1 BGB für bestimmte Fälle ein-<br />
schränkt. § 5 der Satzung beinhaltet Übergangsregelungen für einen bestimmten<br />
Zeitraum bezüglich der zulässigen Miethöhe im Vergleich zur ortüb-<br />
lichen Vergleichsmiete. Die gesamten Regelungen sowohl in § 32 LWoFG als<br />
auch in der Satzung der Antragsgegnerin zeigen, dass in Anwendung der in<br />
der Satzung aufgeführten Bestimmungen ausschließlich das dem Privatrecht<br />
zugehörige Mietvertragsverhältnis hinsichtlich der Miethöhe gestaltet wird.<br />
Deshalb sind auch die hieraus entstehenden Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit<br />
einer wirksamen Mietzinsvereinbarung bei einem neuen Mietvertrag<br />
oder über die Zulässigkeit einer Mieterhöhung nach § 558 BGB allein zivilrechtlicher<br />
Natur, über die allein die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben.<br />
Der miet- und damit privatrechtliche Charakter des § 32 Abs. 2 und 3<br />
LWoFG und der angefochtenen Satzung kommt insbesondere in dem maßgeblichen<br />
Vergleichsparameter der ortüblichen Vergleichsmiete zur Bestim-<br />
mung der höchstzulässigen Miete öffentlich geförderter Wohnungen zum Ausdruck.<br />
§ 32 Abs. 3 Satz 5 LWoFG und in dessen folgerichtiger Anwendung die<br />
Satzung der Antragsgegnerin verweist als Ausgangspunkt für die Berechnung<br />
und Festsetzung der höchstzulässigen Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete.<br />
Die für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete maßgebenden<br />
Kriterien sind in § 558 Abs. 2 BGB abschließend aufgeführt. Danach wird die<br />
ortsübliche Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der
- 12 -<br />
Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer<br />
Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren<br />
vereinbart, oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert wor-<br />
den sind. Ausgenommen ist - hierbei - Wohnraum, bei dem die Miethöhe<br />
durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden<br />
ist. Will ein Vermieter daher die Miete in Anwendung des § 558 Abs. 1<br />
BGB bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oder in förderungsrechtlicher Anknüpfung<br />
hieran verlangen, muss er diese nach den in § 558 Abs. 2 BGB<br />
maßgeblichen Parametern ermitteln. Entsteht Streit über die ortsübliche Vergleichsmiete<br />
als Grundlage für ein - förderungsrechtlich modifiziertes - Mie-<br />
terhöhungsverlangen, fällt auch dieser Streit in die Entscheidungskompetenz<br />
der Zivilgerichtsbarkeit. Denn es geht in der Sache um die Durchsetzbarkeit<br />
privatrechtlicher Mieterhöhungsansprüche nach § 558 Abs. 1 BGB. Die Entscheidung,<br />
ob die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend ermittelt wurde, trifft<br />
das in Mietstreitigkeiten zuvörderst berufene und auch sachnähere Zivilgericht;<br />
die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist gerade keine dem<br />
öffentlichen Recht zuzuordnende Frage (BVerwG, Urteil vom 26.01.1996<br />
- 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 = NJW 1996, 2046). Diese Ver-<br />
gleichsmieteermittlung wäre aber erforderlicher Ausgangspunkt auch bei einer<br />
materiellrechtlichen Überprüfung der nach dem LWoFG und der Satzung der<br />
Antragsgegnerin höchstzulässigen Miete - sei es in der Form konkreter Beträge<br />
(§ 2 Abs. 1 der Satzung) oder in Form eines bestimmten prozentualen Abschlags<br />
von der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Diese<br />
Aufgabe obliegt - nach dem oben Dargelegten - den Zivilgerichten. Sie sind<br />
berufen, im Rahmen von Mieterhöhungsstreitigkeiten inzident die in der Sat-<br />
zung festgelegte - am Parameter der ortüblichen Vergleichsmiete ausgerichtete<br />
- höchstzulässige Miete zu überprüfen.<br />
2. Dieser Beurteilung steht, anders als die Antragstellerinnen meinen, auch<br />
nicht entgegen, dass das Landeswohnraumförderungsgesetz und die Satzung<br />
öffentlich geförderten Wohnraum betreffen. Dieser Umstand, dem die Antrag-<br />
stellerinnen eine öffentlich-rechtliche Ausstrahlungswirkung zumessen, vermag<br />
die Rechtswegzuständigkeit nicht zu begründen. Die Auffassung der An-<br />
tragstellerinnen widerspricht gerade dem erklärten Ziel des Landeswohnraum-
- 13 -<br />
förderungsgesetz, das Mietverhältnis über öffentlich geförderten Wohnraum<br />
- in Abkehr von der Kostenmiete - grundsätzlich an das allgemeine Wohn-<br />
raummietrecht anzubinden (§ 32 Abs. 3 Satz 1 LWoFG). Der Landesgesetz-<br />
geber will mit dem Landeswohnraumförderungsgesetz Mietverhältnisse über<br />
öffentlich geförderten Wohnraum ausdrücklich dem Rechtsregime des Bürgerlichen<br />
Gesetzbuchs (§§ 557 ff. BGB) unterstellen. Deshalb finden auch - wie<br />
in § 34 LWoFG ausdrücklich bestimmt - die seit Jahrzehnten für den preisgebundenen<br />
Wohnraum maßgebenden Gesetze wie das Wohnungsbindungsge-<br />
setz (WoBindG), die Neubaumietenverordnung 1970 (NMV 1970) und die<br />
II. Berechnungsverordnung (II. BV) sowie die damit verbundenen Ausfüh-<br />
rungsgesetze seit 01.01.2009 in Baden-Württemberg keine Anwendung mehr.<br />
Das Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen<br />
wurde bereits mit Wirkung zum 01.01.2008 aufgehoben (vgl. § 34 LWoFG;<br />
siehe hierzu im Einzelnen Feßler, WuM 2009, 90).<br />
3. Der Einwand der Antragstellerinnen, die Inzidentkontrolle durch die<br />
ordentlichen Gerichte gewähre nur einen unzureichenden Rechtsschutz, greift<br />
gleichfalls nicht. Denn die Zuständigkeit einer anderen, von der Entscheidung<br />
gerade ausgeschlossenen Gerichtsbarkeit wird nicht schon deshalb begründet,<br />
weil diese (möglicherweise) umfassendere Rechtsschutzmöglichkeiten<br />
aufweist. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet den Rechtsweg nur im Rahmen der<br />
jeweils geltenden Prozessordnung, deren Ausgestaltung dem einfachen Recht<br />
überlassen ist (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -,<br />
ESVGH 53, 555 [Ls.] = juris, m.w.N.).<br />
4. Der Annahme der Unzulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle der angefochtenen<br />
Satzung nach § 47 VwGO steht schließlich auch nicht entgegen,<br />
dass sich in Anwendung von Vorschriften des Landeswohnraumförderungsgesetz<br />
auch Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsgerichtsweg<br />
nach § 40 VwGO eröffnet ist. So darf etwa nach § 19 Abs. 2 Satz 1<br />
LWoFG der Vermieter eine Wohnung nicht gegen eine höhere als die höchstzulässige<br />
Miete zum Gebrauch überlassen. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 LWoFG<br />
kann die zuständige Stelle für die Zeit des Verstoßes gegen - u.a. - § 19<br />
Abs. 2 LWoFG von dem Verfügungsberechtigten, dem Vermieter oder deren
- 14 -<br />
Beauftragten durch Verwaltungsakt Geldleistungen je m² Wohnfläche der<br />
Wohnung erheben, auf die sich der Verstoß bezieht. Gemäß § 1 der Verord-<br />
nung des Wirtschaftsministeriums über die Zuständigkeiten nach dem Lan-<br />
deswohnraumförderungsgesetz (ZuständigkeitsVO-LWoFG) vom 09.10.2009<br />
ist zuständige Stelle i.S.d. Landeswohnraumförderungsgesetzes die Gemein-<br />
de. Wie sich aus diesen Rechtsnormen ergibt, ist Rechtsgrundlage des den<br />
Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO eröffnenden Verwaltungsakts allein<br />
das Landeswohnraumförderungsgesetz. Diese Verwaltungsakte ergehen mit-<br />
hin nicht, wie § 47 Abs. 1 VwGO erfordert, „in Anwendung“ der streitgegen-<br />
ständlichen Satzung. Die in der Satzung enthaltenen Bestimmungen über die<br />
höchstzulässige Miete sind lediglich inzident zu prüfende tatbestandliche Vorfragen<br />
für die von weiteren Voraussetzungen abhängigen Verwaltungsakte<br />
(vgl. zum Verhältnis Fehlbelegungsabgabe und Mietspiegel BVerwG,<br />
26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 = NJW 1996, 2046). Dass dabei<br />
im Streitfall von den Verwaltungsgerichten insoweit auch über zivilrechtliche<br />
Vorfragen zur Höhe der - allgemein bzw. förderungsrechtlich - zulässigen<br />
ortsüblichen Vergleichsmiete entschieden werden muss, ist nichts Ungewöhnliches<br />
(vgl. zur Feststellung eines Notwegrechts nach § 917 BGB BVerwG,<br />
Beschluss vom 11.05.1998 - 4 B 45.98 -, BRS 60 Nr. 182 [1998]) und gibt für<br />
den Rechtsschutz gegen die streitgegenständliche Satzung nichts her.<br />
Die Normenkontrollanträge waren nach alledem als unzulässig abzuweisen.<br />
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 2 VwGO.<br />
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132<br />
Abs. 2 VwGO vorliegt.
- 15 -<br />
Rechtsmittelbelehrung<br />
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.<br />
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schu-<br />
bertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim,<br />
innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb<br />
von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.<br />
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.<br />
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der<br />
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht,<br />
oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.<br />
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen<br />
sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbe-<br />
vollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch<br />
die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Be-<br />
vollmächtigte sind nur Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen<br />
oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaats der Europäischen<br />
Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen<br />
Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt<br />
besitzen, zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen<br />
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben<br />
gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit<br />
Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum<br />
Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen<br />
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben<br />
gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.<br />
Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5<br />
VwGO bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten
- 16 -<br />
juristischen Personen gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmäch-<br />
tigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im<br />
Sinne des § 52 Nr. 4 VwGO betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten<br />
und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärti-<br />
gen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des<br />
Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die<br />
in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen<br />
mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein Beteiligter, der nach<br />
Maßgabe des § 67 Abs. 4 Sätze 3, 5 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt<br />
ist, kann sich selbst vertreten.<br />
Dr. Schaeffer Haller Speckmaier<br />
Pfaundler Dr. Keller<br />
Beschluss<br />
vom 14.12.2011<br />
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1<br />
des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Streitwertkatalog<br />
2004, NVwZ 2004, 1327) endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt.<br />
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.<br />
Dr. Schaeffer Haller Speckmaier