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Sommer 2011 - Tagwerk

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Für ein Menschenrecht<br />

auf Fehler<br />

Um mit unseren Ängsten umgehen zu<br />

können und der Tatsache der eingetretenen<br />

globalen Katastrophe ins Auge schauen zu<br />

können, brauchen wir innere Stärke. Woraus<br />

kann diese Kraft entstehen? Der wichtigste<br />

Faktor für den Aufbau innerer Stärke ist eine<br />

gute soziale Bindung. Die Einbettung in eine<br />

soziale Gemeinschaft, die gemeinsame Werte<br />

miteinander teilt und lebt. Die gemeinsame<br />

Bewältigung von Krisen gibt die Zuversicht,<br />

auch künftigen Herausforderungen<br />

gewachsen zu sein. Oft sind solche Gemeinschaften<br />

anfangs nur kleine Keimzellen. Aber<br />

als Bio-Erzeuger oder -Verbraucher wissen<br />

wir, welche Kräfte in den winzigen Saaten<br />

und Keimen stecken.<br />

Um endlich zukunftsfähig zu werden,<br />

brauchen wir deshalb auch eine Rückbesinnung<br />

auf regionale, überschaubare und<br />

damit menschengerechte Systeme und<br />

Strukturen. Damit wir endlich dort wirken<br />

können, wo auch unsere Wahrnehmung ist,<br />

wo wir die Dinge verstehen. So hat es Wolfgang<br />

Sachs vom Wuppertal-Institut in<br />

seinem Festvortrag in Landshut formuliert<br />

und er hat TAGWERK dabei als beispielhaft<br />

genannt: die Bemühungen um Regionalität<br />

und überschaubare Handelsstrukturen und<br />

um faire Bedingungen für Mensch und<br />

Natur. Natürlich ist die Genossenschaft noch<br />

kein Allheilmittel – aber dass man miteinander<br />

doch ein bisschen stärker ist, lässt<br />

sich schon erkennen. Gleichzeitig allerdings<br />

darf – neben der ganzen Alltagsarbeit – nie<br />

das große Ganze vergessen werden. Also,<br />

lokal handeln, aber eben auch global denken.<br />

Zeit für die Mittagspause<br />

Schließlich brauchen wir eine Orientierung<br />

am richtigen Maß. Die Entwicklung einer<br />

Kultur des maßvollen Umgangs mit Technik<br />

und Ressourcen ist gefragt. Bildung und<br />

Schulung für eine kritische Reflexion der Technik<br />

und einen bewussten, klugen Gebrauch.<br />

11 | Verbraucher<br />

Und nicht zuletzt brauchen wir ein<br />

Menschenrecht auf Fehler. Menschen machen<br />

Fehler. Alle natürlichen Systeme und<br />

Prozesse machen Fehler. Ein organisches<br />

System, das sich keine Fehler erlauben kann,<br />

ist nicht lebensfähig. Wir brauchen deshalb<br />

menschliche, fehlertolerante Technologien.<br />

Kernkraft, auch in ihrer friedlichen Nutzung,<br />

hat jedoch eine Null-Fehler-Toleranz und ist<br />

damit unmenschlich. Das gleiche gilt auch<br />

für die Gentechnik in der Landwirtschaft.<br />

Wie spät ist es eigentlich? Es ist zwölf Uhr!<br />

Und einiges auf unserem Planeten sieht<br />

schon ziemlich katastrophal aus. Zwölf Uhr,<br />

das ist aber auch die richtige Zeit für eine<br />

Mittagspause. Zeit für den Ausstieg aus dem<br />

Hamsterrad. Und was tun wir Menschen am<br />

besten in unserer Mittagspause? Wie wäre es<br />

mit Nichts-Tun? „Wu-wei“ sagen die Chinesen<br />

und meinen damit nicht, gar nichts zu<br />

tun, sondern ein Nichthandeln im Sinne von<br />

„Enthaltung eines gegen die Natur gerichteten<br />

Handelns“. Es ist hilfreich, innezuhalten<br />

und zur Besinnung kommen, um<br />

nicht in Übereifer und blinden Aktionismus<br />

zu verfallen, sondern besonnen, aus einem<br />

Was wir brauchen, sind menschliche,<br />

fehlertolerante Technologien<br />

Zustand innerer Stille heraus und mit Güte<br />

und Respekt für die Erhaltung unseres<br />

Lebensraumes einzutreten. Bayrisch-chinesisch<br />

formuliert: „A weng wu wei huift ollawei“.<br />

Sabine Lackner

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