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Sommer 2011 - Tagwerk

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Dass es fünf vor zwölf ist, wissen<br />

wir schon lange. Fünf vor zwölf<br />

für die Ozeane, für die Regenwälder,<br />

für die Artenvielfalt.<br />

Spätestens seit die Kernspaltung<br />

zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte<br />

die Selbstauslöschung<br />

allen menschlichen<br />

Lebens möglich gemacht hat,<br />

gilt dieses fünf vor zwölf. Es ist<br />

allerhöchste Zeit.<br />

Wie lange ist es eigentlich schon fünf<br />

vor zwölf? Ist die Zeit stehen geblieben?<br />

Nein, das ist sie nicht! Aber das Fortschreiten<br />

der Zeit ist, ebenso wie globale<br />

ökologische Veränderungen, ein schleichender<br />

Prozess und liegt damit oft außerhalb<br />

unserer Wahrnehmung. Von der Evolution<br />

her sind wir eben noch ein ganz anderes<br />

Tempo gewohnt – an Holzvorräte für den<br />

Winter musste der Mensch da denken. Und<br />

er durfte in eben diesem Winter nicht das<br />

Saatgut für das kommende Frühjahr aufessen.<br />

Das waren überschaubare Zeiträume, und<br />

wer dennoch diese Zusammenhänge nicht<br />

beachten wollte, der wurde mit Hungern<br />

oder Frieren schnell bestraft. Das alles war<br />

natürlich ein bisschen einfacher und leichter<br />

zu durchschauen als die Auswirkungen von<br />

Technologien wie Gentechnik und Kernspaltung<br />

und von komplexen Systemen wie Klima<br />

und Finanzmärkten. Von den unglaublich<br />

langen Strahlungszeiten des Atommülls, mit<br />

dem wir noch unzählige Generationen belasten,<br />

gar nicht zu reden.<br />

Aber dann wurden wir doch aufgeweckt.<br />

Denn irgendwann geraten diese nahezu<br />

unsichtbaren Prozesse doch an einen kritischen<br />

Punkt und werden schlagartig akut:<br />

bei der Finanzkrise zum Beispiel und jetzt bei<br />

der atomaren Katastrophe von Fukushima.<br />

Verbraucher | 10<br />

VERBRAUCHER<br />

Fünf vor zwölf Oder: Wie spät ist es eigentlich?<br />

Wie spät ist es nun tatsächlich? Bei diesem<br />

plötzlichen Aufwachen müssen wir feststellen,<br />

dass unsere inneren Uhren nachgehen.<br />

Die Katastrophe ist schon da! Fünf vor<br />

zwölf haben wir längst verschlafen! Es geht<br />

gar nicht mehr darum, etwas zu verhindern,<br />

jetzt geht es erst mal um Schadensbegrenzung.<br />

Und dann hoffentlich auch um eine<br />

Neuorientierung.<br />

Wach bleiben<br />

Emotional macht es dabei einen großen<br />

Unterschied, ob wir das Gefühl haben, wir<br />

stehen vor einer Katastrophe, oder ob diese<br />

schon eingetreten ist. Eine Katastrophe, die<br />

schon da ist, macht Angst. Angst lähmt. Starke<br />

Angst ist schwer erträglich. Und was machen<br />

wir dann meistens? Wir setzen eine<br />

unserer stärksten Kräfte ein: die Verdrängung.<br />

Eigentlich eine wichtige Fähigkeit, die<br />

wir brauchen, um handlungsfähig zu bleiben,<br />

und nicht von Emotionen überflutet zu<br />

werden. Angesichts der globalen Probleme<br />

wäre Verdrängung jedoch fatal. Wir können<br />

es uns einfach nicht leisten, alles Unangenehme<br />

zu verleugnen und in das ewig sich<br />

drehende Hamsterrad von Konsum und<br />

Unterhaltung zu fliehen.<br />

Also, wie schaffen wir es, nun wirklich wach<br />

zu bleiben? Wie können wir mit nachlassender<br />

Berichterstattung von Fukushima vermeiden,<br />

erneut zu versinken in der üblichen<br />

Alltagsgeschäftigkeit und so weiterzumachen,<br />

als sei nichts gewesen. „Die meisten<br />

Menschen“, sagte Winston Churchill, „stolpern<br />

zwar gelegentlich über die Wahrheit,<br />

aber sie rappeln sich auf und gehen weiter,<br />

als sei nichts geschehen“. Was also brauchen<br />

wir für eine zukunftsfähige Weltordnung?<br />

Und was brauchen wir, um uns unseren<br />

Ängsten zu stellen und endlich zu handeln?

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