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Der Vertrag lautet:<br />
Heute am dritten des Monats Januar achtzehnhundertvierzig und eins, haben Johann Schreiner<br />
Halfen und Ackerer, und Michel Müller auch Ackerer und Halfen, beide wohnhaft in Irsch Kreis<br />
Saarburg folgenden vereinigungs Vertrag verabredet und beschlossen wie folgt.<br />
Ich Johann Schreiner, gebe hiermit dem Michel Müller schriftlich, daß er kann auf meinem Zieh-<br />
brunnen Lebenslang, und nach diesem, der das Hauß bewohnt, Wasser nehmen, hergegen<br />
muß Müller, wenn der Ziehbrunnen Fehler hat die Unkosten helfen bestreiten, und jetzt muß<br />
Müller an Schreiner gleich sechs Thaler bezahlen, und nimmt von Heute an Besitz an dem<br />
Brunnen. Zur Wahrheit und Bestättigung dieses haben beide Contrahierende Theile nebst zwei<br />
zeugen nemlich: Michel Konter Tagelöhner und Mathias Fuhs Drechsler beide wohnhaft in Irsch,<br />
nach deutlicher Vorlesung unterschrieben, In doppelten Original errichtet.<br />
So geschehen zu Irsch am Tage Monate und Jahre wie oben gemeldet.<br />
Die Berufsbezeichnung Ackerer und Halfen in dem Dokument zeigt uns, dass die Bauern<br />
damals mit ihren Pferden bei der Schifffahrt auf der Saar zusätzliche Verdienstmöglichkeit<br />
hatten. Alte Wappen und Hausmarken in der Saarburger Unterstadt beweisen, dass Saarburg<br />
einmal ein Zentrum für die Saarschifffahrt war. Die Saarschiffer bedienten sich der Dienste der<br />
Pferdebauern aus der Umgebung für die Fortbewegung der motorlosen Lastkähne. Beim<br />
"Treideln" zogen die Pferde vom Leinpfad aus die Lastkähne saaraufwärts und wurden dabei<br />
von den Halfen geführt. Der Schiffsführer steuerte gegen, damit der Kahn in der Fahrrinne<br />
blieb.<br />
"Preußens Gloria"<br />
Nach dem Kriege von 1870/71 erreichte Preußen den Höhepunkt seiner Geschichte. Im Spie-<br />
gelsaal von Versailles wurde Wilhelm I zum Kaiser des Deutschen Reiches ausgerufen. Er<br />
schuf ein bürokratisch-militärisches Staatswesen, geprägt von "untertänigstem" Gehorsam und<br />
preußischem Drill. Im Rahmen des "Kulturkampfes" kam es zu vielfältigen Auseinander-<br />
setzungen zwischen der katholischen Kirche, der Zentrumspartei und der preußischen (evange-<br />
lischen) Regierung. Das bis heute umstrittene Dogma zur Unfehlbarkeit von Papst Pius IX trug<br />
zu der Meinung bei, dass die papsttreuen Katholiken und damit auch die katholische Zentrums-<br />
partei "rückständig", "aufklärungsfeindlich" und "politisch unzuverlässig" seien. Die staatliche<br />
Einmischung in kirchliche Angelegenheiten erfuhr durch das Verbot der Jesuiten einen trau-<br />
rigen Höhepunkt. Durch das Schulaufsichtsgesetz vom 11. März 1872 wurde die Aufsicht über<br />
alle öffentlichen und privaten Unterrichts- und Erziehungsanstalten ausschließlich dem Staat<br />
zugestanden. Diesem Gesetz wurden auch die Priesterseminare unterworfen. Der Bischof<br />
durfte die Priester nur mit staatlicher Erlaubnis ernennen. Weil der Trierer Bischof Dr. Matthias<br />
Eberhard sich dieser Anordnung widersetzte, kam er am 6. März 1874 für neun Monate und 25<br />
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