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Chronik I R S C H

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gang nach Ockfen wurden die 950 Leute (darunter etwa 100 aus Beurig und 60 aus Ockfen, die<br />

in Stollen und Höhlen auf Irscher Bann gefangen wurden) in zunächst 12 Häusern interniert auf<br />

etwa 25 Tage. Viele hatten nichts zu essen bei sich und litten schwarzen Hunger, bald wurden<br />

in den einzelnen Häusern Gemeinschaftsküchen eingerichtet, herumlaufende Kühe gemolken,<br />

verunglücktes Vieh geschlachtet, im übrigen wurde genommen, wo es war und was einer<br />

brauchte. Auch unser Korb mit den Lebensmitteln war in der Altmühl stehen geblieben. Wie wir<br />

im Bunker auf der anderen Seite mit Milch und Wein versorgt wurden, so fanden sich auch<br />

während der Internierung gute Leute, die an den Pastor dachten. Erbaut haben wir uns an dem<br />

frommen Familiengebet von Leuten, mit denen wir zusammen waren. Zuerst war unser Quartier<br />

im Hause Nr. 179 Palm-Wagner (die selbst zunächst in einem Stollen saß), wo wir Tag und<br />

Nacht auf einem Stühlchen saßen oder hinter dem Ofen auf einem Bündel Stroh lagen. Dann<br />

wurde uns, als ich krank wurde ein Zimmer mit zwei Betten von der Familie Lauer-Pütz Nr 178<br />

abgetreten mit Ofen, aber zerbrochenen Fenstern, im zweiten Stock gelegen und daher der Ari<br />

stark ausgesetzt. Zehn Tage lang lagen wir unter deutschem Ari-Beschuß und mußten immer<br />

wieder über oft schlechte Treppen im Keller ein Plätzchen zu erhaschen suchen. Die Luft und<br />

alles schien verpestet zu sein, da fast alle viele Wochen an einem ruhrartigen Durchfall litten.<br />

Von dem langen Sitzen in den Bunkern und dem Mangel an Bewegung während der Inter-<br />

nierung schwollen vielen die Beine an. Hatte der Pastor schon vor dem Front-Übergang steife<br />

Füße gehabt, so konnte er nun schließlich kaum noch stehen und gehen. Während der "Ge-<br />

fangenschaft" mußte er dreimal auf einem Hand-Wägelchen zu Versehgängen gefahren<br />

werden. Die heilige Kommunion konnten die Sterbenden aber nicht empfangen, weil der Taber-<br />

nakel leer war. Der amerikanische Kapitän kam zu ihm, um ihn auszufragen über die pro-<br />

minenten NS-Leute des Ortes und sich Vorschläge machen zu lassen für den Posten des Orts-<br />

bürgermeisters. Der Pastor empfahl ihm wieder den bisherigen Ortsbürgermeister Konter, der<br />

leider in der ersten Zeit nicht im Dorfe weilte, sondern sich auf einer Siedlung auf der Spein auf-<br />

hielt. 30 Tage war der Pfarrer aus seinem Hause abwesend. Etwa ein Drittel seiner Möbel und<br />

Habseligkeiten war abhanden gekommen oder total zertrümmert oder unbrauchbar, ein weiteres<br />

Drittel beschädigt oder verschmutzt. Fast überall ging die Front schnell über Städte und Dörfer<br />

hinweg ohne nennenswerten Schaden, in Irsch stand sie 25 Tage wegen des Widerstandes auf<br />

den Hochwaldhöhen, daher die entsetzliche Verwüstung in den Häusern. Fast alle Gebäude<br />

wurden beim Front-Übergang beschädigt, 32 schwer, zehn vollständig zerstört. Als die Ameri-<br />

kaner die Saar überquerten, rückten über den Hochwald her deutsche SS-Gebirgstruppen ihnen<br />

entgegen. Gott sei Dank, daß sie zwei Tage Verspätung hatten, andernfalls wäre unser ganzer<br />

Ort vom Erdboden verschwunden. Am 18. März 1944 (Passions-Sonntag) ließ sich der Pfarrer<br />

aus seinem Quartier in Buist auf einem Hand-Wägelchen zur Kirche fahren - in der vorher-<br />

gehenden Nacht lagen darin 1500 deutsche durchziehende Kriegs-Gefangene-, Ortsbürger-<br />

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