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Projektbericht LAQua (PDF) - an der Hochschule für Technik und ...

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<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft des Saarl<strong>an</strong>des<br />

Leben <strong>und</strong> Altern im Quartier (<strong>LAQua</strong>)<br />

-<br />

Untersuchung <strong>der</strong> subjektiven <strong>und</strong> objektiven Wohnbedingungen von älter<br />

werdenden <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen im Stadtteil Alt-Saarbrücken<br />

Ein Projekt <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft des Saarl<strong>an</strong>des in Kooperation mit<br />

dem Stadtteilforum, dem Stadtteilbüro, <strong>der</strong> Ev<strong>an</strong>gelischen Frauenhilfe <strong>und</strong> den Bürgern<br />

<strong>und</strong> Bürgerinnen von Alt-Saarbrücken<br />

Projektabschlussbericht<br />

Meyer, Martha<br />

Mischke, Claudia<br />

HTW des Saarl<strong>an</strong>des


Kooperationspartner<br />

Stadtteilforum, Stadtteilbüro <strong>und</strong> Ev<strong>an</strong>gelische Frauenhilfe Alt-Saarbrücken<br />

Bürger <strong>und</strong> Bürgerinnen aus Alt-Saarbrücken<br />

Autoren<br />

Prof. Dr. Martha Meyer<br />

Claudia Mischke, MPH<br />

Fakultät <strong>für</strong> Sozialwissenschaften<br />

Studienbereich Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Pflegewissenschaften<br />

<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft des Saarl<strong>an</strong>des<br />

Goebenstr. 40<br />

66117 Saarbrücken<br />

Tel.: (0681) 5867 – 644 / -643<br />

Email: mmeyer@htw-saarl<strong>an</strong>d.de / mischke@htw-saarl<strong>an</strong>d.de<br />

Url: www.htw-saarl<strong>an</strong>d.de/sowi/<br />

Bild Titelseite: Aufnahme während des ersten Stadtteilspazierg<strong>an</strong>gs<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Unser D<strong>an</strong>k gilt<br />

allen Bürgern <strong>und</strong> Bürgerinnen <strong>für</strong> ihre aktive Teilnahme <strong>an</strong> den Stadtteilspaziergängen<br />

<strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en, ohne ihre Beteiligung wäre die Durchführung des Projektes nicht<br />

möglich gewesen,<br />

den beiden Fotografen Werner Joh<strong>an</strong>n <strong>und</strong> Rolf Stein, die uns bei den<br />

Stadtteilspaziergängen begleitet <strong>und</strong> ihre Aufnahmen <strong>für</strong> dieses Projekt zur Verfügung<br />

gestellt haben,<br />

Christine Paulußen <strong>und</strong> Ingrid Becker von <strong>der</strong> ev<strong>an</strong>gelischen Frauenhilfe sowie Thomas<br />

Hippchen <strong>und</strong> Ursula Klein vom Stadtteilbüro, auf <strong>der</strong>en tatkräftige <strong>und</strong> engagierte<br />

Unterstützung wir uns immer verlassen konnten <strong>und</strong><br />

Esther Berkemer <strong>und</strong> Dr. Dagmar Renaud <strong>für</strong> die Unterstützung bei <strong>der</strong> Datenerhebung<br />

während <strong>der</strong> Stadtteilspaziergänge <strong>und</strong> <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt.<br />

St<strong>an</strong>d: November 2009


Leben <strong>und</strong> Altern im Quartier (<strong>LAQua</strong>) - Untersuchung <strong>der</strong> subjektiven <strong>und</strong> objektiven<br />

Wohnbedingungen von älter werdenden <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen im Stadtteil Alt -<br />

Saarbrücken<br />

Inhalt<br />

1. Hintergr<strong>und</strong>........................................................................................................ 1<br />

2. Ziel <strong>und</strong> Fragestellungen des Projekts ................................................................. 2<br />

3. Theoretischer Ansatz des Projektes .................................................................... 2<br />

4. Methodisches Vorgehen ..................................................................................... 3<br />

5. Stichprobe <strong>und</strong> Spaziergänge ............................................................................. 4<br />

6. Ergebnisse ........................................................................................................ 9<br />

6.1 Sicherheit ........................................................................................................ 10<br />

6.2 Grün<strong>an</strong>lagen/Natur ........................................................................................... 11<br />

6.3 Verkehrssituationen (Parken, Straßen queren, Verbindungen zwischen<br />

verschiedenen Orten) ....................................................................................... 15<br />

6.4 Straßenbild (Zust<strong>an</strong>d Bürgersteige, Straßen, Sauberkeit, Bänke) ........................ 18<br />

6.5 Öffentliche Verkehrsmittel (Haltestellen, Anbindung (Ziele, Zeiten),<br />

Hilfsbereitschaft, Kosten) .................................................................................. 21<br />

6.6 Einkaufssituation .............................................................................................. 22<br />

6.7 Treffpunkte <strong>und</strong> Ausgehen ................................................................................ 27<br />

6.8 Sport- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten ....................................................................... 29<br />

6.9 Kirchen ............................................................................................................ 30<br />

6.10 Ärztliche Versorgung ........................................................................................ 31<br />

7. Zukunftswerkstatt ............................................................................................. 32<br />

8. Fazit ................................................................................................................ 40<br />

9. Literatur ........................................................................................................... 40<br />

10. Anh<strong>an</strong>g ........................................................................................................... 41<br />

(1) Fotos <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt .............................................................................. 41


1. Hintergr<strong>und</strong><br />

Das Projekt ‚Leben <strong>und</strong> Altern im Quartier‘ steht im Kontext <strong>der</strong> Initiative <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Technik</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft (HTW) „<strong>Hochschule</strong> in <strong>der</strong> Stadt“, welche sich weiter in den Stadtteil<br />

„Alt-Saarbrücken“ hinein entwickeln möchte, um nicht nur die Verweilattraktivität <strong>für</strong><br />

Studierende zu erhöhen, son<strong>der</strong>n auch die HTW u.a. durch Forschungsaktivitäten im<br />

Stadtteil besser zu vernetzen. Das Projekt ‚Leben <strong>und</strong> Altern im Quartier´ ist eines von<br />

insgesamt vier Projekten in diesem Kontext <strong>und</strong> fokussiert auf die subjektiven <strong>und</strong> objektiven<br />

Wohn- <strong>und</strong> Lebensbedingungen von älter werdenden <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen im<br />

Stadtteilviertel Alt-Saarbrücken. Diese Gruppe wurde aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

demographischen, sozial- sowie siedlungsstrukturellen Situation im Stadtteilviertel Alt-<br />

Saarbrücken in den Projektmittelpunkt gestellt.<br />

Die demographischen Verän<strong>der</strong>ungen, einhergehend mit einer sowohl schrumpfenden als<br />

auch immer älter werdenden Wohnbevölkerung, bringen <strong>für</strong> die Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />

vielschichtige Probleme mit sich. Dies trifft ebenso <strong>für</strong> das Saarl<strong>an</strong>d <strong>und</strong> die<br />

L<strong>an</strong>deshauptstadt Saarbrücken zu (L<strong>an</strong>deshauptstadt Saarbrücken, 2008).<br />

In qu<strong>an</strong>titativer Hinsicht nimmt die Bevölkerung durch inter- bzw. innerregionale<br />

Bevölkerungsw<strong>an</strong><strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Stadt Saarbrücken ab; in struktureller Hinsicht<br />

bewirkt <strong>der</strong> demographische W<strong>an</strong>del eine immer älter werdende Wohnbevölkerung mit einer<br />

Zunahme <strong>der</strong> Bevölkerung mit Migrationshintergr<strong>und</strong>. Davon sind die Stadtteile<br />

unterschiedlich stark betroffen. Die demographischen Verän<strong>der</strong>ungen ziehen einen<br />

wirtschaftlichen Strukturw<strong>an</strong>del nach sich, was sich <strong>an</strong> den Trends <strong>für</strong> verän<strong>der</strong>te<br />

Verteilungsstrukturen <strong>für</strong> Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungen ablesen lässt (Geschäfte schließen,<br />

weil die Nachfrage zurück geht).<br />

Die Folgen hieraus treffen auch auf den Stadtteil Alt-Saarbrücken zu <strong>und</strong> lassen sich wie<br />

folgt zusammenfassen:<br />

aus einer ökonomischen Perspektive: Ein Bevölkerungsrückg<strong>an</strong>g im Stadtteil mit<br />

zurückgehen<strong>der</strong> Nachfrage nach Wohnraum, nach Konsumgütern sowie einem<br />

Rückg<strong>an</strong>g von H<strong>an</strong>del <strong>und</strong> Dienstleistungen,<br />

aus einer infrastrukturellen Perspektive: <strong>der</strong> Bevölkerungsrückg<strong>an</strong>g zieht eine<br />

potenzielle Unterauslastung <strong>der</strong> bestehenden öffentlichen <strong>und</strong> privaten<br />

Infrastrukturnetzwerke nach sich, was wie<strong>der</strong>um steigende Kosten verursacht, durch<br />

altersbedingte Bevölkerungsverschiebungen besteht aber die Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Umw<strong>an</strong>dlung <strong>und</strong> Ergänzung <strong>der</strong> sozialen Infrastruktur,<br />

aus sozialer Perspektive kommt es zu einer räumlichen Entmischung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung in Arme <strong>und</strong> Reiche, Mobile <strong>und</strong> Immobile, Deutsche <strong>und</strong> Nicht-<br />

Deutsche,<br />

aus immobilien- <strong>und</strong> wohnungswirtschaftlicher Perspektive bedeutet diese<br />

Entwicklung, dass die Nachfrage sinkt, die Marktpreise <strong>für</strong> Wohnraum in den<br />

betroffenen Stadtteilen nachgeben <strong>und</strong> die Leerstände steigen,<br />

eine Wohnbevölkerung mit geringer Kaufkraft zieht dem <strong>für</strong> sie erschwinglichen,<br />

günstigen Wohnraum hinterher,<br />

aus siedlungsstruktureller Perspektive machen sich die demographischen Folgen in<br />

einem Funktionsverlust von Stadtbereichen bemerkbar, es kommt zu<br />

Brachflächenbildung <strong>und</strong> schleichen<strong>der</strong> „Verslumung“.<br />

1


Zusammenfassend hat sich <strong>der</strong> Stadtteil also, insbeson<strong>der</strong>e im unteren Bereich,<br />

kontinuierlich von einem ehemals bevorzugten Wohnviertel hin zu einem Stadtteil mit einer<br />

tendenziell „sozial schwachen“, verarmenden <strong>und</strong> älter werdenden Wohnbevölkerung<br />

fortentwickelt.<br />

2. Ziel <strong>und</strong> Fragestellungen des Projekts<br />

Das Konzept ‚<strong>Hochschule</strong> in <strong>der</strong> Stadt‘ soll auf <strong>der</strong> oben beschriebenen „Realität“ die<br />

Verweilattraktivität <strong>und</strong> die aktuelle Wohn- <strong>und</strong> Lebenssituation des Stadtteils Alt-<br />

Saarbrücken untersuchen. Hierzu wird zunächst eine empirische Daten- <strong>und</strong><br />

Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage zur subjektiven <strong>und</strong> objektiven Wohnsituation von älteren <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

behin<strong>der</strong>ten Menschen geschaffen, um darauf aufbauend Einflussfaktoren <strong>der</strong> sozialen,<br />

räumlichen <strong>und</strong> infrastrukturellen Umwelt zu identifizieren. Zum Abschluss werden<br />

themenbezogenen H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen sowie Lösungsstrategien zur weiteren<br />

Bearbeitung in Projektgruppen (z.B. soziale Aktivitäten, Ges<strong>und</strong>heit, Informationsbedarf,<br />

Wohnen, Pflegeunterstützung usw.) abgeleitet.<br />

Folgende Fragestellungen sollen hierbei untersucht werden:<br />

Wie schätzen Menschen ihre subjektiven <strong>und</strong> objektiven Wohnbedingungen ein?<br />

Welche sozialen, räumlichen <strong>und</strong> infrastrukturellen Ressourcen bietet <strong>der</strong> Stadtteil?<br />

Mit welchen Initiativen k<strong>an</strong>n das Stadtteilbüro seinen sozialpräventiven Anspruch<br />

umsetzen, damit ältere <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>te Menschen im Stadtteil „erfolgreich“<br />

altern?<br />

3. Theoretischer Ansatz des Projektes<br />

Untersuchungen von Hieber et al. zeigen, dass gerade im höheren Alter ein enger<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Wohnstabilität bzw. Stadtteilverb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> den spezifischen<br />

Angeboten besteht (Hieber, Oswald, Wahl & Mollenkopf, 2005). Hierbei ist bedeutsam, dass<br />

sich Wohn<strong>an</strong>sprüche <strong>und</strong> –wünsche im Laufe des Lebens w<strong>an</strong>deln können. Häufig sind sie<br />

auf den Überg<strong>an</strong>g zwischen verschiedenen Lebensphasen/-abschnitten sowie<br />

demografische <strong>und</strong> soziale Merkmale zurückzuführen (vgl. Häußerm<strong>an</strong>n & Siebel, 2000;<br />

Kalisch, 2009). Laut einer BBR-Umfrage gewinnen im Hinblick auf die Wohnzufriedenheit<br />

bestimmte Aspekte mit zunehmendem Lebensalter <strong>an</strong> Gewicht. Hierzu gehören u.a. das<br />

Gefühl von Sicherheit, Unabhängigkeit <strong>und</strong> Eigenständigkeit, <strong>der</strong> Schutz vor Kriminalität,<br />

eine ruhige Wohnlage, die Sauberkeit von Straßen <strong>und</strong> Plätzen, die Einkaufsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Erreichbarkeit, die Versorgung mit Ärzten/Kr<strong>an</strong>kenhäusern, die Entfernung zu<br />

Haltestellen <strong>und</strong> die (zeitliche <strong>und</strong> räumliche) Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs,<br />

öffentliche Parks o<strong>der</strong> Grünlagen <strong>und</strong> die Gestaltung bzw. <strong>der</strong> Erhalt des Straßenbilds. Das<br />

monatliche Haushaltsnettoeinkommen hat hingegen kaum einen Einfluss auf die<br />

Zufriedenheit mit dem Wohnquartier <strong>und</strong> dem Verbleib im bzw. dem Wegzug aus dem<br />

Quartier {Büscher, Emmert & Hurrelm<strong>an</strong>n, 2009, p. 46; Kalisch, 2009, p. 9ff; Hieber et al.,<br />

2005, p. 299).<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Komplementaritäts-Kongruenz-Theorie zur Person-Umwelt-Passung<br />

gehen wir davon aus, dass die erlebte Stadtteilverb<strong>und</strong>enheit <strong>der</strong> Menschen abhängig ist<br />

von <strong>der</strong> Übereinstimmung von Wohnbedürfnissen <strong>und</strong> Wohnbedingungen <strong>und</strong> als ein<br />

Indikator <strong>für</strong> gelingendes Leben <strong>und</strong> Wohnen im Alter her<strong>an</strong>gezogen werden k<strong>an</strong>n (Saup<br />

1999, Wahl 2002, Hieber et.al.2005). Insbeson<strong>der</strong>e ältere Menschen, o<strong>der</strong> Menschen, die<br />

2


auf Gr<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>er Lebensumstände wie z.B. Arbeitslosigkeit, Verarmung, das<br />

Vorh<strong>an</strong>densein funktionaler o<strong>der</strong> mentaler H<strong>an</strong>dicaps, <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> des Verlustes von<br />

Familiennetzen usw. auf eine gute Person-Umwelt-Passung <strong>an</strong>gewiesen sind, benötigen<br />

sozial-ökologische Umwelten, die diese Einschränkungen o<strong>der</strong> Verluste durch<br />

entsprechende Dienstleistungen möglichst umfassend kompensieren.<br />

Komplementaritäts- Kongruenz-Theorie zur Person-Umwelt-Passung<br />

Die erlebte Stadtteilverb<strong>und</strong>enheit ist abhängig von <strong>der</strong> Übereinstimmung von<br />

Wohnbedürfnissen <strong>und</strong> Wohnbedingungen<br />

Sie gilt u.a. als ein Indikator <strong>für</strong> „gelingendes“ Leben <strong>und</strong> Wohnen im Alter<br />

Vulnerable Gruppen (z.B. Menschen in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen, Ältere <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

Behin<strong>der</strong>te) sind auf eine gute Person-Umwelt-Passung <strong>an</strong>gewiesen<br />

Das Projekt „Leben <strong>und</strong> Altern im Quartier“ hat zum Ziel, die Lebens- <strong>und</strong> Wohnbedingungen<br />

älterer Bewohner <strong>und</strong> Bewohnerinnen im Stadtvierteil Alt-Saarbrücken zu erfassen <strong>und</strong><br />

H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen <strong>für</strong> eine Verbesserung <strong>der</strong> Person-Umwelt-Passung zu entwickeln.<br />

4. Methodisches Vorgehen<br />

Mit Hilfe einer kleinräumigen, nicht-repräsentativen Sozialraum<strong>an</strong>alyse wird eine<br />

„Stadtteilkarte“ erstellt. Hierzu werden Feldbegehungen, sogen<strong>an</strong>nte „empirische<br />

Spaziergänge“, mit Anwohnern <strong>und</strong> Anwohnerinnen zur Identifikation von Themen- <strong>und</strong><br />

Problemfel<strong>der</strong>n durchgeführt.<br />

Empirische Spaziergänge gehören zu den qualitativen Forschungsmethoden <strong>und</strong> werden<br />

insbeson<strong>der</strong>e zur Untersuchung von Orten, Stadtteilen o<strong>der</strong> eines ausgewählten Gebietes<br />

her<strong>an</strong>gezogen. Mit diesem Vorgehen können wesentliche Informationen über die soziale<br />

Bedeutung des öffentlichen Raums gewonnen werden, die als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> weitere o<strong>der</strong><br />

beginnende Arbeiten genutzt werden können.<br />

Wir nutzen die Methode <strong>der</strong> empirischen Spaziergänge, um nachvollziehen zu können, wie<br />

ältere <strong>und</strong> gehbehin<strong>der</strong>te Menschen ihr Stadtviertel erleben. Daher lassen wir uns von<br />

diesen Menschen durch Alt-Saarbrücken führen <strong>und</strong> Orte zeigen,<br />

die <strong>für</strong> sie eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung haben.<br />

die sie mit schönen o<strong>der</strong> auch weniger schönen Erinnerungen in Verbindung bringen.<br />

<strong>der</strong>en Vorh<strong>an</strong>densein, Verän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Fehlen ihnen auffällt, weil sie eine<br />

Bedeutung zur Bewältigung ihres Alltags haben (z.B. Einkaufsmöglichkeiten,<br />

Ruhebänke, Park<strong>an</strong>lagen).<br />

<strong>der</strong>en Bedeutung sich <strong>für</strong> sie im Laufe <strong>der</strong> Jahre geän<strong>der</strong>t hat.<br />

<strong>an</strong> denen sie sich Verän<strong>der</strong>ungen wünschen, um sie (weiterhin) nutzen zu können.<br />

Die Erzählungen <strong>und</strong> Beobachtungen während dieser Spaziergänge werden dokumentiert<br />

<strong>und</strong> ausgewertet. Ziel ist es, eine Stadtteilkarte zu erstellen, die bedeutsame Orte <strong>für</strong> ältere<br />

Menschen aufzeigt.<br />

Die Teilnehmerrekrutierung erfolgt über das Stadtteilbüro <strong>und</strong> die ev<strong>an</strong>gelische Frauenhilfe.<br />

3


In einer zweiten Projektphase werden die Ergebnisse mit Anwohnerinnen <strong>und</strong> Anwohnern<br />

Alt-Saarbrückens <strong>und</strong> Akteuren im Stadtteil (u.a. Run<strong>der</strong> Tisch Altenhilfe, Stadtteilbüro Alt-<br />

Saarbrücken, ev. Frauenhilfe, Kirchengemeinden, Ges<strong>und</strong>heitsdienstleister) in zwei<br />

Fokusgruppen diskutiert. Hierdurch sollen zusätzliche Ergebnisse zu den subjektiven <strong>und</strong><br />

objektiven Wohnbedingungen von älter werdenden <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen im<br />

Stadtteil gewonnen werden.<br />

5. Stichprobe <strong>und</strong> Spaziergänge<br />

Insgesamt führten uns sechs Gruppen mit drei bis sechs älteren Bewohner/innen durch ihren<br />

Stadtteil. 21 Frauen <strong>und</strong> sieben Männer zwischen 59 <strong>und</strong> 86 Jahren nahmen <strong>an</strong> den<br />

empirischen Stadtteilspaziergängen teil. Bis auf einen Teilnehmer wohnen alle seit l<strong>an</strong>ger<br />

Zeit in Alt-Saarbrücken, sechs von ihnen bereits ohne Unterbrechung seit ihrer Geburt.<br />

Einige <strong>der</strong> Bewohner <strong>und</strong> Bewohnerinnen leben mit mehr o<strong>der</strong> weniger auffälligen bzw.<br />

einschneidenden körperlichen Einschränkungen: z.B. unterschiedlich starke Sehschwäche,<br />

Geheinschränkungen z.B. verursacht durch Schmerzen, Arthrose, B<strong>an</strong>dscheibenvorfälle<br />

o<strong>der</strong> Hüftprobleme, Stoffwechselerkr<strong>an</strong>kungen, Kontinenzprobleme o<strong>der</strong><br />

Krebserkr<strong>an</strong>kungen. Mehrere Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen pflegen bzw. haben in <strong>der</strong><br />

Verg<strong>an</strong>genheit ihren Partner / ihre Partnerin gepflegt <strong>und</strong> berichten ihre Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Perspektive Pflegen<strong>der</strong> Angehöriger.<br />

Die Stadtteilspaziergänge dauerten zwischen ein <strong>und</strong> zwei St<strong>und</strong>en, sie f<strong>an</strong>den im Zeitraum<br />

Juni bis August 2009 <strong>an</strong> verschiedenen Nachmittagen statt. Mit Impulsfragen wurden die<br />

Spaziergänge <strong>und</strong> die Erzählungen gestartet <strong>und</strong> auch im Verlauf bei Bedarf wie<strong>der</strong><br />

<strong>an</strong>gestoßen. Die empirischen Spaziergänge lebten dabei von <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Gruppendynamik <strong>und</strong> den Beiträgen <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen, sie waren<br />

sozusagen die Initiatoren <strong>und</strong> Inform<strong>an</strong>ten. Das Forscherteam begleitete diese Spaziergänge<br />

als teilnehmende Beobachter. Lediglich den sechsten Spazierg<strong>an</strong>g versuchten wir in eine<br />

bestimmte – bisher noch nicht aufgesuchte – Gegend des Stadtteilviertels zu lenken. Wir<br />

wollten heraus finden, ob dieser Bereich in Vergessenheit geraten ist o<strong>der</strong> aus welchen<br />

Gründen die Spaziergänge uns hier bisher nicht hingeführt hatten. Wir verfolgten hierbei<br />

zwei Vermutungen:<br />

1. Die Gegend gilt selbst bei unseren Studenten aufgr<strong>und</strong> eines m<strong>an</strong>gelnden<br />

Sicherheitsgefühls, beson<strong>der</strong>s in den Abendst<strong>und</strong>en, als wenig attraktiv, wieso sollte sie<br />

also von <strong>der</strong> älteren Generation bevorzugt werden?<br />

2. Die Gegend ist tatsächlich in Vergessenheit geraten, sie gehört nicht in das „Alltagsbild“<br />

eines Alt-Saarbrückeners.<br />

Interess<strong>an</strong>terweise bestätigte sich zunächst die zweite Vermutung, die Bürger <strong>und</strong><br />

Bürgerinnen nutzen <strong>an</strong><strong>der</strong>e Wege, um in die Stadt zu gel<strong>an</strong>gen, <strong>und</strong> als Einkaufsstraße wird<br />

die Eisenbahnstraße als uninteress<strong>an</strong>t erlebt. Der Bereich hat lediglich als Durchg<strong>an</strong>gsweg<br />

zur Innenstadt o<strong>der</strong> zu den nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten bzw. <strong>der</strong> Apotheke eine Bedeutung.<br />

Allerdings zeigte sich in den beiden Gruppendiskussionen, die im Oktober stattf<strong>an</strong>den, dass<br />

AnwohnerInnen dieser Gegend bei den Begehungen nicht präsent waren. Dies k<strong>an</strong>n ein<br />

möglicher Gr<strong>und</strong> sein <strong>für</strong> die eher geringe Aufmerksamkeit, die diese Straßenzüge in den<br />

Spaziergängen erhalten haben.<br />

Insgesamt erk<strong>und</strong>eten wir fast den gesamten unteren Bereich von Alt-Saarbrücken. Im<br />

Einzelnen führten uns die Stadtspaziergänge durch folgende Straßen <strong>und</strong> Gegenden:<br />

4


Spazierg<strong>an</strong>g 1:<br />

Deutschherrnstraße (Café Schniss) – Gersweilerstraße – Calypso-Bad – DFG –<br />

Richtweg – Moltkestraße bis Kreuzung Deutschherrnstr./Moltkestr.<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Spazierg<strong>an</strong>g 2:<br />

Ev. Kirchengemeinde/Gärtnerstr.2 – Fr<strong>an</strong>coisstr. – Hildebr<strong>an</strong>dstr. - Deutschherrnstr.<br />

– Friedhofsallee – Komturstr. – alter Friedhof – Pfählerstr. – Deutschhausweg<br />

(Schuckeweg) – Deutschherrnstr. – Ebersteinstr. – Heuduckstr. bis Neukauf<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

5


(Quelle: eigene Aufnahmen, 2009)<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009) (Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Spazierg<strong>an</strong>g 3:<br />

Gärtnerstr. – Deutschherrenstr. – Dellengartentreppe vorbei – Deutschherrenpfad –<br />

Alter Friedhof – Friedhofallee – Kin<strong>der</strong>gartentor – Komturstr. – Pfählerstr. –<br />

Bruchschnei<strong>der</strong>sdell – Pfählerstr. – Graf-Simon-Str. – Deutschhauspfad<br />

(Schuckeberg) – Deutschherrnstr. zurück zum Ausg<strong>an</strong>gspunkt<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

6


(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009) (Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Spazierg<strong>an</strong>g 4:<br />

Café Schniss – Deutschherrnstr. – Vorstadtstr. – Keplerstr. – Ludwigsplatz –<br />

Heinrichstr. – Löwengasse – Schloßstr. (N<strong>an</strong>tesserplatz) – Schloßplatz <strong>und</strong><br />

Schlossgarten – Altneugasse – N<strong>an</strong>tesserplatz – zurück über Vorstadtstr. – Ende:<br />

Ecke Metzerstr. / Deutschherrnstr.<br />

(Bei diesem Spazierg<strong>an</strong>g wurden wir von keinem Fotografen begleitet)<br />

Spazierg<strong>an</strong>g 5<br />

Café Schniss – Deutscherrnstraße – Ebersteinstr. – Heuduckstr. – Wer<strong>der</strong>str. –<br />

Hohenzollerstr. – Roonstr. – über Parkplatz am Tunnelplatz – Gärtnerstr. –<br />

Deutschherrnstr. <strong>und</strong> zurück<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

7


(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Spazierg<strong>an</strong>g 6<br />

Gärtnerstr. 2 - Sauerwiesweg – Tümmelplatz – Stengelstr. - Roonstr. –<br />

Hohenzollernstr. – Eisenbahnstr. – Stengelstr. – Ecke Stengelstr./Gärtnerstr.<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Der nachstehende Stadtpl<strong>an</strong>auszug stellt die einzelnen Wege, die wir gemeinsam erk<strong>und</strong>et<br />

haben <strong>und</strong> zu denen uns die Bürger <strong>und</strong> Bürgerinnen ihre Wahrnehmungen <strong>und</strong> ihr Erleben<br />

verschiedener Orte geschil<strong>der</strong>t haben, grafisch dar.<br />

8


6. Ergebnisse<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Beobachtungen <strong>und</strong> Erzählungen zeigt, dass sich bestimmte Inhalte,<br />

Erlebnisse <strong>und</strong> Wahrnehmungen durch alle Spaziergänge ziehen. Allerdings werden sie in<br />

unterschiedlichen Zusammenhängen <strong>und</strong> <strong>an</strong> verschiedenen Orten thematisiert.<br />

Aus Gründen <strong>der</strong> Übersichtlichkeit haben wir die Ergebnisse in Anlehnung <strong>an</strong> ein<br />

inhalts<strong>an</strong>alytisches Vorgehen (vgl. Mayring, 2003) in übergeordneten Begriffen (=Kategorien)<br />

zusammengefasst:<br />

Sicherheit<br />

Grün<strong>an</strong>lagen, Erholungsräume, Parks<br />

Verkehrssituation<br />

Straßenbild<br />

Öffentliche Verkehrsmittel<br />

Einkaufssituation<br />

Treffpunkte <strong>und</strong> Ausgehen<br />

Sport- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten<br />

Kirchen<br />

Ärztliche Versorgung<br />

Sonstiges<br />

Die einzelnen Ergebniskategorien werden nun näher erläutert <strong>und</strong> mit Beispielen aus den<br />

Spaziergängen ergänzt.<br />

9


6.1 Sicherheit<br />

Das Thema Sicherheit erschien zunächst nur eine untergeordnete Bedeutung <strong>für</strong> die Bürger<br />

<strong>und</strong> Bürgerinnen zu haben, denn es wurde nur selten <strong>an</strong>gesprochen. Im Verlauf <strong>der</strong><br />

Spaziergänge <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e in den beiden Gruppendiskussionen f<strong>an</strong>den wir d<strong>an</strong>n den<br />

Gr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong>: Viele Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen sagten, dass Sie abends das Haus<br />

nicht mehr verlassen <strong>und</strong> daher zu diesem Aspekt auch nicht viel beitragen können.<br />

Dennoch gibt es auch Gegenden in denen Sie sich tagsüber <strong>und</strong> bei Eintritt <strong>der</strong> Dämmerung<br />

weniger wohl fühlen: Hierzu gehört zum einen <strong>der</strong> Bürgerpark. Auch wenn er außerhalb des<br />

Stadtteils liegt, wurde er früher gerne von den Alt-Saarbrückern besucht. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

bereitet einigen TeilnehmerInnen – vor allem älteren, geh-, seh- <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

höreingeschränkten Menschen - <strong>der</strong> Alte Friedhof Unbehagen: Der Aufenthalt von<br />

Wohnungslosen <strong>und</strong> Betrunkenen verunsichert sie ebenso wie Jugendliche, die hier<br />

Sat<strong>an</strong>smessen abhalten. Das verwahrloste Erscheinungsbild <strong>der</strong> Grün<strong>an</strong>lage <strong>und</strong> die<br />

fehlende Beleuchtung verstärken ihr Gefühl von Unsicherheit <strong>und</strong> so meiden viele den<br />

Erholungsraum. Die Rutschgefahr durch das viele Laub auf den Wegen, ist ein weiterer<br />

Faktor, <strong>der</strong> von einem Besuch des alten Friedhofs eher abschreckt.<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Die Eisenbahnbrücke, in <strong>der</strong> Bevölkerung Achterbrücke gen<strong>an</strong>nt, ist die schnellste<br />

Verbindung zwischen Malstatt (Industriegebiet) <strong>und</strong> Alt-Saarbrücken. Da <strong>der</strong> Auf- <strong>und</strong><br />

Abg<strong>an</strong>g unbelebt ist, eine Beleuchtung fehlt, die Brücke durch den bepl<strong>an</strong>kten Bodenbelag<br />

uneben ist <strong>und</strong> zudem als dreckig <strong>und</strong> ungepflegt wahrgenommen wird, löst sie eher ein<br />

beklemmendes <strong>und</strong> beängstigendes Gefühl in <strong>der</strong> älteren Bevölkerung aus.<br />

Während die Heuduckstraße auch abends <strong>und</strong> nachts gut beleuchtet ist, wird in vielen<br />

Seitenstraßen jede zweite Straßenlaterne ab einer bestimmten Uhrzeit ausgeschaltet, um die<br />

Energiekosten zu reduzieren. Diese Sparmaßnahme führt jedoch in <strong>der</strong> Bevölkerung zu<br />

einem Gefühl von Unsicherheit, was durch das unsaubere Straßenbild verstärkt wird. Hinzu<br />

kommt, dass durch den immer häufigeren Wohnungswechsel im Stadtviertel das Gefühl von<br />

Vertrautheit <strong>und</strong> Sicherheit verloren geht: M<strong>an</strong> kennt die Nachbarn <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Bewohner<br />

<strong>der</strong> Straße nicht mehr (Beispiel Gärtner-/Wer<strong>der</strong>straße). Dies alles führt dazu, dass die<br />

AnwohnerInnen abends lieber zu Hause bleiben <strong>und</strong> auch gewohnte Aktivitäten, wie z.B. <strong>der</strong><br />

regelmäßige Kirchenbesuch, unterbleiben.<br />

Negative Erlebnisse, wie Überfälle o<strong>der</strong> Schüsse, steigern das Unwohlsein insbeson<strong>der</strong>e in<br />

den Abendst<strong>und</strong>en:<br />

„Dienstagabend ist auf mich geschossen wurden, als ich auf dem Balkon st<strong>an</strong>d“ – Es gab<br />

einen Einschuss in <strong>der</strong> Hausw<strong>an</strong>d <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rollladen ist gestreift worden mit einem<br />

Luftgewehr (Floppert), vermutlich von einem entfernt gelegenem Berg (Gersweiler Hof) –<br />

Bewohner hat die Polizei geholt � „Heute ist m<strong>an</strong> nicht mehr sicher, m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n abends<br />

nirgendwo hingehen. … Ich habe den Krieg überst<strong>an</strong>den, jetzt soll ich vom Balkon<br />

geschossen werden“. Die Nachbarin wurde <strong>an</strong> <strong>der</strong> W<strong>an</strong>ge <strong>an</strong>geschossen.<br />

10


Auch die Begegnung mit Besuchern des Jugendamtes (Gebäude, in dem früher das<br />

Arbeitsamt untergebracht war) wird eher gemieden, da diese als „un<strong>an</strong>genehmere Leute“<br />

empf<strong>und</strong>en werden, die Unbehagen bei m<strong>an</strong>chen AnwohnerInnen auslösen.<br />

Seit einem Meth<strong>an</strong>gasunfall vor 25 Jahren ist das Eckhaus Gersweiler Straße / Malstätter<br />

Straße (im Volksm<strong>und</strong> „Gashäuser“) unbewohnbar, alle 14 Tage finden Gasmessungen statt<br />

<strong>und</strong> die Wohnungen in den Nachbarhäusern sind mit Meth<strong>an</strong>gasmel<strong>der</strong>n ausgestattet<br />

worden, um potentielle Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Die AnwohnerInnen leben<br />

seitdem mit <strong>der</strong> Gefahr eines Wie<strong>der</strong>holungsunfalls. Verstärkt wird ihre Angst durch den<br />

nicht nachvollziehbaren Bau einer T<strong>an</strong>kstelle nach dem Gasunfall.<br />

6.2 Grün<strong>an</strong>lagen/Natur<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009; Rolf Stein, 2009)<br />

Grün<strong>an</strong>lagen <strong>und</strong> Erholungsräume im Stadtviertel Alt-Saarbrücken haben <strong>für</strong> Anwohner <strong>und</strong><br />

Anwohnerinnen eine hohe Bedeutung. Dieses Thema begleitete uns in allen Spaziergängen,<br />

weniger weil sie als positive Aspekte zur Steigerung <strong>der</strong> Lebensqualität empf<strong>und</strong>en werden,<br />

son<strong>der</strong>n vorr<strong>an</strong>gig, weil Grün<strong>an</strong>lagen im Stadtviertel fehlen, kaum erreichbar o<strong>der</strong><br />

verwahrlost sind. Die folgende Tabelle zeigt die empf<strong>und</strong>enen Defizite bzw. Mängel ebenso<br />

wie die positiven Wahrnehmungen.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Rosenweg (Ecke Dellengartenstr, / Unterer<br />

Hagen) � Dornhecken <strong>und</strong> Müllhalde<br />

N<strong>an</strong>theserplatz:<br />

�früher armes Arbeiterviertel, heute Bänke <strong>und</strong><br />

Spielplatz vorh<strong>an</strong>den, wird genutzt<br />

Park<strong>an</strong>lagen Stadtwerke <strong>und</strong> Kultusministerium<br />

sind <strong>für</strong> die Bevölkerung nicht zugänglich:<br />

Park Stadtwerke: „Das ist ein Park zum<br />

gucken“, wurde aber auch nicht genutzt<br />

als er noch offen war, wäre aber<br />

trotzdem schön, wenn er offen wäre<br />

Mauer um Park am Kultusministerium –<br />

Garten steht unter Denkmalschutz<br />

11


die <strong>an</strong><strong>der</strong>en Grün<strong>an</strong>lagen (Deutsch-<br />

Fr<strong>an</strong>zösischer-Garten, alter Friedhof,<br />

Bürgerpark <strong>an</strong><strong>der</strong>e Saarseite o<strong>der</strong><br />

Schrebergärten <strong>an</strong> <strong>der</strong> Saar) sind zu weit<br />

weg bzw. zu schwer erreichbar durch<br />

verschiedene Barrieren: Brücke, steiler<br />

Aufstieg, fehlende Bus<strong>an</strong>bindung <strong>und</strong> Busse<br />

zu teuer.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

ungepflegt, viel Unrat im alten Friedhof, seit<br />

über einem Jahr keine Säuberung,<br />

H<strong>und</strong>etoilette,<br />

viele H<strong>und</strong>e – lösen Angstgefühl aus, wenn<br />

m<strong>an</strong> nicht mit H<strong>und</strong>en umgehen k<strong>an</strong>n<br />

im linken oberen Teil, wo mehr Grabsteine<br />

erhalten sind, feiern Jugendliche<br />

Sat<strong>an</strong>smessen<br />

Alter Friedhof<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009 <strong>und</strong> eigene Aufnahmen)<br />

„wun<strong>der</strong>bare Wiesen“, schöne Blumen, dicke<br />

Bäume, schöner Baumbest<strong>an</strong>d<br />

12


Innenhof Gashäuser (ehemalige Straßenbahnhäuser in Ebersteinstraße)<br />

Allerdings Zug<strong>an</strong>g nur <strong>für</strong> die unmittelbaren<br />

Anwohner des Innenhofs ,<br />

1. Zug<strong>an</strong>g von <strong>der</strong> Straße her: Treppe ohne<br />

Gelän<strong>der</strong><br />

2. Zug<strong>an</strong>g: behin<strong>der</strong>tengerecht, allerdings<br />

wird <strong>der</strong> Eing<strong>an</strong>g als öffentliches Pissoir<br />

genutzt<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

DFG (Deutsch-fr<strong>an</strong>zösischer-Garten)<br />

schöner Innenhof (Kin<strong>der</strong>spielplatz,<br />

Grün<strong>an</strong>lage, Gartenlaube)<br />

(Quelle: eigene Aufnahme;2009; Rolf Stein, 2009)<br />

Viele Orte <strong>der</strong> Kommunikation (Treffpunkte<br />

<strong>der</strong> älteren Bevölkerung) sind mit dem Ende<br />

<strong>der</strong> Gartenschau weggefallen,<br />

oft sehr voll (Vermutung: weil kein Eintritt<br />

verl<strong>an</strong>gt wird),<br />

See z.T. sehr verschmutzt<br />

Buslinie 126 fährt ca. im ½-St<strong>und</strong>en-Takt<br />

zum DFG, allerdings nur aus Richtung<br />

Betriebshof, keine Anbindung <strong>für</strong> den Rest<br />

von Alt-SB, z.B. aus Richtung<br />

Deutschherrenstr.<br />

Garten selbst: Oase <strong>für</strong> ältere Menschen <strong>und</strong><br />

Kin<strong>der</strong> – es sind wie<strong>der</strong> junge Familien<br />

eingezogen<br />

13


Luisen<strong>an</strong>lage von Roonstr. bis zur Wilhelm-<br />

Heinrich-Str. (Rosengarten / Grün<strong>an</strong>lage)<br />

wurde im Rahmen des Autobahnbaus<br />

zerstört – Erholungsraum fehlt<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Tabelle 1: Grün<strong>an</strong>lagen <strong>und</strong> Parks<br />

Sonstiges<br />

Viele Lindenbäume in <strong>der</strong><br />

Deutschherrnstr. – riechen gut, schön<br />

grün<br />

Hohenzollernstr. ist grüner als<br />

Heuduckstr. – breite Gehwege, viele<br />

Bäume (schattiger) <strong>und</strong> weniger Verkehr<br />

– „werde ich jetzt öfters nutzen“<br />

Hinter Häuserblocks <strong>an</strong> Hohenzollernstr.<br />

(gegenüber Mariengymnasium):<br />

Grün<strong>an</strong>lage mit Spielplatz<br />

Insgesamt fehlen den Anwohnern <strong>und</strong> Anwohnerinnen Parks <strong>und</strong> Grün<strong>an</strong>lagen, die offen <strong>für</strong><br />

die Bevölkerung, gut erreichbar <strong>und</strong> gepflegt sind.<br />

14


6.3 Verkehrssituationen (Parken, Straßen queren, Verbindungen zwischen<br />

verschiedenen Orten)<br />

Neben den eingeschränkten Parkmöglichkeiten thematisieren die Anwohner <strong>und</strong><br />

Anwohnerinnen vor allem die Problematik von fehlenden Fußgängerüberwegen <strong>und</strong> zu<br />

kurzen Grünphasen bei Ampeln, die das Überqueren von Straßen erschweren. Für ältere<br />

Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen <strong>der</strong> etwas höher gelegenen Straßen (z.B. Moltkestraße o<strong>der</strong><br />

Pfählerstraße) ist das Erreichen von Einkaufsmöglichkeiten, Cafés, Ärzten o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Dienstleistungs<strong>an</strong>bietern oft nur mit hohem Aufw<strong>an</strong>d <strong>und</strong> frem<strong>der</strong> Hilfe möglich, da die<br />

Fußwege zu steil <strong>und</strong> uneben sind.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Es gibt zu wenige Parkmöglichkeiten in Alt-<br />

Saarbrücken.<br />

Parkverhalten: Autos parken Geh- <strong>und</strong><br />

Fahrradwege zu.<br />

Die eingeschränkte Parksituation <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

Messe führt oft dazu, dass am DFG keine<br />

Parkmöglichkeiten bestehen<br />

Tagsüber viel Verkehr – durch Projekt<br />

„Stadtmitte am Fluss“ wird Verschlechterung<br />

erwartet,<br />

Straßenkreuzungen: trotz Fußgängerampel<br />

muss m<strong>an</strong> sehr aufpassen, Autos nehmen kaum<br />

Rücksicht<br />

Fußgängerampel Gärtnerstraße schaltet nur<br />

sehr l<strong>an</strong>gsam auf grün um – Wartezeit zu<br />

l<strong>an</strong>g<br />

Fehlende Ampeln / Zebrastreifen:<br />

Ecke Deutschherrnstraße / Friedrichsstraße:<br />

hier fehlt ein Zebrastreifen o<strong>der</strong> eine Ampel<br />

(Weg zum alten Friedhof). Da in <strong>der</strong><br />

Deutschherrnstr. viel Verkehr ist, ist das<br />

Überqueren vor allem <strong>für</strong> l<strong>an</strong>gsamere <strong>und</strong><br />

geheingeschränkte Personen schwer<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Ampeln <strong>und</strong> Zebrastreifen<br />

� abends <strong>und</strong> nachts ist es ruhiger<br />

Verkehrsinseln z.B. Ende Deutschherrnstr.<br />

o<strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>g Heuduckstr./Wer<strong>der</strong>str. gut –<br />

da k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Pause machen<br />

Wunsch: Fußgängerampeln mit digitalen<br />

Zeit<strong>an</strong>gaben zu den Grünphasen<br />

(Zeit/Sek<strong>und</strong>en<strong>an</strong>zeige, die rückwärts läuft –<br />

wie z.B. in Ist<strong>an</strong>bul o<strong>der</strong> Sevilla)<br />

(Quelle: eigene Aufnahme, 2008)<br />

15


(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

1. Ampel nach Malstatter Brücke<br />

Ampelschaltung <strong>für</strong> Fußgänger zu kurz, um<br />

Malstatterstraße am ehemaligen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsamt zu queren<br />

Ampelschaltung Kreuzung Stengelstr. /<br />

Heuduckstr. zu kurz<br />

Ampel <strong>an</strong> Ecke Deutschherrnstraße /<br />

Malstatterstraße (Ecke Gashäuser) fehlt,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong> Weg zur Bushaltestelle<br />

o<strong>der</strong> zum Plus � Weg zur nächsten Ampel<br />

ist <strong>für</strong> geheingeschränkte Menschen zu weit<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

16


Kreuzung Goebenstr./Gersweiler Str.:<br />

Ampelschaltung zu kurz.<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Richtweg-Treppe: Verbindung zwischen<br />

unterem Teil <strong>und</strong> Moltkestraße ist zu<br />

beschwerlich <strong>für</strong> ältere Menschen <strong>und</strong> roll-<br />

bzw. gehwagenuntauglich<br />

Richtweg: Verbindung Moltkestr. – DFG, ist<br />

gut, Rückweg jedoch zu steil, vor allem weil<br />

keine Bänke zum Ausruhen vorh<strong>an</strong>den sind.<br />

Verbindungen zwischen verschiedenen Orten<br />

Pfählerstraße: Entfernung zu Einkaufsmöglichkeiten<br />

in Kombination mit <strong>der</strong> Berg<strong>und</strong>-Tal-Situation<br />

<strong>für</strong> ältere Menschen nicht<br />

so gut, weil auch keine öffentliche Anbindung<br />

existiert, AnwohnerInnen sind auf Auto bzw.<br />

Dritte <strong>an</strong>gewiesen.<br />

Tabelle 2: Grün<strong>an</strong>lagen <strong>und</strong> Parks<br />

ehemalige Pfählersiedlung, wurde von Pfähler<br />

gegründet <strong>für</strong> Ärmere <strong>und</strong> Bergleute, heute<br />

begehrte Wohngegend.<br />

(Quelle: eigene Aufnahmen, 2009)<br />

17


6.4 Straßenbild (Zust<strong>an</strong>d Bürgersteige, Straßen, Sauberkeit, Bänke)<br />

Hinsichtlich des Straßenbildes besteht nach Einschätzung <strong>und</strong> Empfinden <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

<strong>und</strong> Teilnehmerinnen ein beachtlicher H<strong>an</strong>dlungsbedarf. Zwar ist auch immer die Abwägung<br />

zwischen dem alten, teilweise historisch wirkenden, Erscheinungsbild <strong>und</strong> einem<br />

problemlosen, barierrefreien Bewegen ein Thema – also will mal lieber Altes wegen seinem<br />

schöneren Anblick bewahren o<strong>der</strong> es erneuern, um sich leichter im Stadtviertel bewegen zu<br />

können, allerdings überwiegt <strong>der</strong> Wunsch nach Verbesserung <strong>und</strong> Verschönerung.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Zust<strong>an</strong>d / Beschaffenheit Belag von Straßen <strong>und</strong> Bürgersteigen<br />

Bürgersteige: u.a. Friedhofsallee,<br />

Deutschherrnstr. , Heuduckstr., Ebersteinstr.,<br />

Deutschherrnpfad , r<strong>und</strong> um das Schloss �<br />

viel Kopfsteinpflaster, ungepflegt<br />

viele Unebenheiten, Steine locker, fehlende<br />

Pflastersteine, Höhenunterschiede �<br />

schwierig mit Rollstuhl, Gehwagen <strong>und</strong> Stock<br />

� Verletzungsgefahr… „da bleibt m<strong>an</strong><br />

hängen“, Stolpergefahr<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Problem hohe Bürgersteige: es fehlen<br />

abgeflachte Bürgersteige, wenn m<strong>an</strong> mit dem<br />

Rollstuhl o<strong>der</strong> Fahrrad unterwegs ist<br />

Fußgängerampel von Ludwigsplatz zu<br />

Heinrichstr.: hier ist <strong>der</strong> Bürgersteig zu hoch<br />

Wer<strong>der</strong>str.: hoher Bürgersteig <strong>und</strong> stark<br />

Richtung Straße geneigt: rutschig bei Nässe<br />

<strong>und</strong> Eis<br />

18


Fußgängerweg ab ca. Hotel Crystal bis<br />

Calypso schmal <strong>und</strong> uneben, häufig mit<br />

Ästen <strong>und</strong> Müll blockiert <strong>und</strong> mit H<strong>und</strong>ekot<br />

verschmutzt. Ist aber <strong>für</strong> die Menschen, die<br />

noch gut zu Fuß sind, die einfachste<br />

Möglichkeit zum DFG zu gel<strong>an</strong>gen.<br />

Personen, die Begleitung – z.B. als Stütze –<br />

benötigen, können kaum nebenein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

gehen<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Hohenzollernstr. – da gibt es keinen Gr<strong>und</strong><br />

herzugehen, früher gab es dort ein Kino (würde<br />

ich wie<strong>der</strong> hingehen, wenn es das noch gäbe) –<br />

heute gibt es da nichts mehr<br />

Ein paar AnwohnerInnen gehen öfters zu<br />

Fuß <strong>an</strong> <strong>der</strong> Saar entl<strong>an</strong>g in die Stadt, weil<br />

ihnen <strong>der</strong> Bus zu teuer ist <strong>und</strong> sie so<br />

gleichzeitig etwas <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit tun<br />

können. Aber Weg bis zur Saar ist nicht gut:<br />

Straße geht erst rauf <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n runter –<br />

mühsam.<br />

Hohenzollernstr. ist grüner als Heuduckstr. –<br />

breite Gehwege, viele Bäume (schattiger) <strong>und</strong><br />

weniger Verkehr – „werde ich jetzt öfters nutzen“<br />

(Quelle: eigene Aufnahme, 2009)<br />

19


Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Heuduckstr.:<br />

Bänke, Möglichkeiten zum Ausruhen / zum Pause machen<br />

Negativ: viele Glasscheiben, ungepflegt, viele<br />

Unebenheiten (s.o.), wenige Papierkörbe<br />

Positiv – hier haben sie endlich mal Bänke (vor<br />

Café Lolo) hingestellt. Der Weg in die Stadt ohne<br />

Bänke ist weit.<br />

Reuterstr.<br />

ist gut zum Laufen, da k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sich überall auf<br />

die Gartenmauern setzen <strong>und</strong> sich ausruhen<br />

Schlossplatz: keine Bänke Weg vom Ludwigsplatz zum Schloss ist schön<br />

Stengelstr.: l<strong>an</strong>gweilige Strecke bis zur<br />

Stadtbibliothek: Bänke <strong>und</strong> Grün<strong>an</strong>lagen zum<br />

Verweilen fehlen � kleine Stengel<strong>an</strong>lage wird<br />

von „arbeitslosen Freizeitpendlern“ frequentiert,<br />

die tun einem nichts, aber da fühl ich mich nicht<br />

wohl, <strong>an</strong><strong>der</strong>e Bänke sind zerstört worden <strong>und</strong><br />

werden nicht ersetzt<br />

Überall fehlen Bänke –vor allem unter Bäumen<br />

Bäume Heuduckstr.: machen nur Dreck<br />

Zu wenig Möglichkeiten, um auf Toilette zu<br />

gehen – Café’s <strong>für</strong> Rast <strong>und</strong> Toiletteng<strong>an</strong>g fehlen<br />

auf dem Weg in die Stadt<br />

Treppe von Deutschherrnstr. rauf zur<br />

Dellengartenstr. ist nicht so schön<br />

Stadtteil früher sehr beliebt, heute viele Gammler<br />

� „da müsste mal etwas get<strong>an</strong> werden“<br />

Tabelle 3: Straßenbild<br />

Sonstiges<br />

� sind aber auch gut <strong>für</strong> die Luft <strong>und</strong> nehmen<br />

den Schall vom Verkehr weg<br />

Anwohner lieben Blick auf den Ludwigsplatz –<br />

besuchen ihn zum Teil jeden Samstag „das ist<br />

Tradition“<br />

Reuter-/Wer<strong>der</strong>str. – hier sind schöne Häuser, da<br />

würde ich gerne wohnen<br />

Wunsch:<br />

Leuchtstreifen auf Bürgersteigen <strong>und</strong> Fußwegen<br />

als Orientierungshilfe insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong><br />

seheingeschränkte Personen<br />

20


6.5 Öffentliche Verkehrsmittel (Haltestellen, Anbindung (Ziele, Zeiten),<br />

Hilfsbereitschaft, Kosten)<br />

Die Busse durch Alt-Saarbrücken verkehren vom Betriebshof aus durch die Heuduckstraße.<br />

Eine unmittelbare Anbindung zum Saarländischen Verkehrsverb<strong>und</strong> (SaarVV) ist daher <strong>für</strong><br />

viele Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen des unteren Alt-Saarbrückens nicht gegeben. Zu weite<br />

o<strong>der</strong> beschwerliche Wege zur nächsten Bushaltestelle sind ein Aspekt, wieso hier große<br />

Verbesserungsmöglichkeiten gesehen <strong>und</strong> gewünscht werden.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Die Busse werden nicht immer gesenkt, um<br />

den Einstieg <strong>für</strong> ältere Menschen zu<br />

erleichtern.<br />

M<strong>an</strong>che Busfahrer lassen Rollstuhlfahrer<br />

stehen, wenn sie nicht alleine in den Bus<br />

kommen, sie helfen nicht – lt. Nachfrage<br />

eines Anwohners bei <strong>der</strong> SaarVV dürfen die<br />

Busfahrer den Fahrersitz nicht verlassen, um<br />

zu helfen. Für Rollstuhlfahrer bedeutet dies<br />

eine Begrenzung ihrer Lebensumwelt.<br />

Fahrweise ist oft so, dass Stehen im Bus<br />

kaum möglich ist.<br />

„Mit Bussen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nichts <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen“ – sie<br />

fahren nur durch die Heuduckstraße –<br />

<strong>an</strong>sonsten zu wenige bis gar keine<br />

Bushaltestellen – <strong>für</strong> ältere o<strong>der</strong><br />

geheingeschränkte Menschen problematisch.<br />

Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Busse zum Schloss fahren nur durch die<br />

Heuduckstr. – alle <strong>an</strong><strong>der</strong>e Wohngebiete sind<br />

nicht <strong>an</strong>geschlossen am öffentlichem<br />

Verkehrsnetz.<br />

Früher verkehrte eine Straßenbahn von <strong>der</strong><br />

Hohenzollernstr. zum Hauptfriedhof – heute<br />

nur noch stündlich verkehren<strong>der</strong> Bus zum<br />

Friedhof (Zeitabstände sollten kürzer sein),<br />

Alternative: Linie 123 von <strong>der</strong> Stengel<strong>an</strong>lage<br />

– entwe<strong>der</strong> hinlaufen o<strong>der</strong> umsteigen.<br />

Tabelle 4: öffentliche Verkehrsmittel<br />

21


6.6 Einkaufssituation<br />

Viele Einkaufsmöglichkeiten, insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong> Lebensmittel, sind in den letzten Jahren <strong>für</strong><br />

die Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen in Alt-Saarbrücken weggefallen, entwe<strong>der</strong> durch Wegzug<br />

von Geschäften o<strong>der</strong> durch Geschäftsaufgabe. Gerade <strong>für</strong> ältere Menschen, die sich<br />

schwerer tun, weite Wege zu gehen <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ihre Einkäufe zu tragen, ist dies ein großes<br />

Dilemma. Oft sind sie auf die Hilfe von Dritten <strong>an</strong>gewiesen. An<strong>der</strong>e helfen sich, indem sie mit<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Forsterhöhe o<strong>der</strong> in die Mainzer Str. fahren, weil sie die<br />

Geschäfte dort einfacher erreichen. Alt-Saarbrücken hatte früher mit <strong>der</strong> Deutschherrnstraße<br />

eine eigene Einkaufsmeile, das Verschwinden <strong>der</strong> Geschäfte wird von vielen bedauert.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Geschäfte wurden z.T. <strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e St<strong>an</strong>dorte<br />

umgesiedelt (z.B. Plus) � Ist <strong>für</strong> viele zu weit<br />

weg <strong>und</strong> nicht gut <strong>an</strong> die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel <strong>an</strong>geb<strong>und</strong>en (u.a. keine<br />

Bushaltestelle in Nähe des Geschäftes).<br />

K<strong>an</strong>n daher von vielen nicht als<br />

Einkaufsmöglichkeit genutzt werden<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

An<strong>der</strong>e fahren mit Taxi zu Saarwiesen o<strong>der</strong><br />

warten, dass Sie jem<strong>an</strong>d dort hinfährt<br />

Selbst Edeka <strong>und</strong> Aldi sind <strong>für</strong> m<strong>an</strong>che zu<br />

weit entfernt, da sie nur noch Strecken von<br />

50-100m gut bewältigen können, Ruhebänke<br />

<strong>für</strong> kleine Erholungspausen fehlen im<br />

gesamten Stadtteil (bis auf wenige<br />

Ausnahmen z.B. vor dem Café Lolo)<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Entfernung <strong>der</strong> Geschäfte - Erreichbarkeit<br />

Einkaufen in Mainzer Str. o<strong>der</strong> Metzgerstr.<br />

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln, da <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Möglichkeiten zu Fuß aufgr<strong>und</strong> körperlicher<br />

Beschwerden nicht erreichbar sind<br />

Positiv: Fußweg-Verbindung zwischen Edeka<br />

<strong>und</strong> Aldi<br />

22


In <strong>der</strong> Deutschherrnstraße waren früher drei<br />

Lebensmittelgeschäfte (Plus, Edeka,<br />

Gottlieb) <strong>und</strong> LIDL in <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>coisstr. �<br />

heute ist hier kein Lebensmittelgeschäft<br />

mehr, schwierig <strong>für</strong> ältere Menschen, fahren<br />

soweit vorh<strong>an</strong>den mit Auto zu Edeka<br />

(Heuduckstr.), da <strong>der</strong> Weg zu weit zum<br />

Tragen <strong>der</strong> Einkäufe ist o<strong>der</strong> zu <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Geschäften<br />

(Quelle: eigene Aufnahmen, 2009)<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

LIDL wurde abgerissen. Hintergr<strong>und</strong>: LIDL<br />

wollte vergrößern, Stadt hat Genehmigung<br />

verweigert, Argument: Parkplatzproblem +<br />

scheinbar <strong>an</strong><strong>der</strong>e Pläne: Wohngebäude <strong>und</strong><br />

generationsübergreifendes Wohnen, jetzt<br />

fehlen Investoren, Platz ist in erster Linie<br />

H<strong>und</strong>eausführplatz, Platz ist verweist:<br />

„schade“, Warum kein Park?<br />

Deutschherrnstraße war früher: „unsere<br />

Einkaufsstr.“: <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ecke<br />

Deutschherrnstr./Hildebr<strong>an</strong>dstr: war früher<br />

ein Kolonialwarengeschäft <strong>und</strong> ein<br />

Schuhgeschäft – heute ist hier gar nichts<br />

mehr. AnwohnerInnen bestimmter<br />

Wohngegenden sind auf Auto o<strong>der</strong> auf Hilfe<br />

durch Fre<strong>und</strong>e, Bek<strong>an</strong>nte, Familie<br />

<strong>an</strong>gewiesen.<br />

23


Einkaufsmöglichkeiten fehlen, als Pflegende<br />

Angehörige braucht m<strong>an</strong> auch immer<br />

jem<strong>an</strong>d, <strong>der</strong> auf den Pflegebedürftigen<br />

aufpasst – insbeson<strong>der</strong>e wenn m<strong>an</strong><br />

eigentlich nur schnell was besorgen möchte<br />

(l<strong>an</strong>ge Wegzeiten).<br />

Mal eben etwas Einkaufen gehen ist<br />

schwierig, insbeson<strong>der</strong>e wenn m<strong>an</strong> in<br />

H<strong>an</strong>glage wohnt o<strong>der</strong> schlecht sehen k<strong>an</strong>n.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Wenn m<strong>an</strong> mittags Brot beim Bäcker kaufen<br />

möchte, muss m<strong>an</strong> dies vorbestellen, sonst<br />

gibt es nichts mehr<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Der Metzger hat nur vormittags auf.<br />

Metzger bietet Mittagstisch <strong>an</strong>, Essen ist<br />

aber viel zu fett <strong>und</strong> die Portionen viel zu<br />

groß, deswegen wird Mittagstisch <strong>der</strong> AWO<br />

bevorzugt.<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Angebotsvielfalt bzw. -eingrenzung<br />

Metzger Schmid: Freitags wird gegrillt<br />

(Quelle: Christine Paulußen, 2009)<br />

Wichtig: Optiker + Apotheke<br />

Optiker in <strong>der</strong> Stengelstr.: „Den nutze ich, die<br />

sind sehr entgegenkommend <strong>und</strong> ein<br />

D<strong>an</strong>keschön reicht oft“<br />

24


In Vorstadtstr.: früher großes<br />

Schreibwarengeschäft (Av<strong>an</strong>ti), da konnte<br />

m<strong>an</strong> auch kleine Geschenke kaufen.<br />

Gegenüber Ludwigskirche war früher ein<br />

großes Eisenwarengeschäft, Angebot fehlt<br />

heute<br />

Es fehlt Post<strong>an</strong>nahmestelle: m<strong>an</strong> muss bis in<br />

die Vorstadtstraße laufen<br />

Fehlende Briefkästen – Weg ist oft zu weit<br />

Postgeldschalter gibt es nur noch in Burbach<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Stadt, zum Schalter <strong>und</strong> zum<br />

Automaten <strong>der</strong> Sparkasse hat m<strong>an</strong> Samstag<br />

<strong>und</strong> Sonntag keinen Zug<strong>an</strong>g. Als Postk<strong>und</strong>e<br />

werden höhere Gebühren fällig.<br />

Goebenstr.: früher Schuhmacher <strong>und</strong><br />

Bekleidungsgeschäft (heute Leerst<strong>an</strong>d), +<br />

Modeladen Dagmar: da konnte m<strong>an</strong> gut <strong>und</strong><br />

günstig einkaufen, jetzt muss m<strong>an</strong> in die<br />

Stadt<br />

Früher türkischer Laden in Deutschherrnstr.:<br />

wurde nicht <strong>an</strong>genommen<br />

(Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit), Türke war aber sehr<br />

nett, hat die Tüten zum Auto gebracht <strong>und</strong><br />

geholfen – jetzt nächster Türke erst über die<br />

Malstätter Brücke<br />

In Heuduckstr. fehlt ein schönes Eiscafé –<br />

gibt es nur in <strong>der</strong> Deutschherrnstr.<br />

Fußpflege in Deutschherrnstr.: nur Plakat mit<br />

Telefonnr. im Fenster, im Laden ist nie<br />

jem<strong>an</strong>d<br />

Bestattungsinstitute: Sterben darf m<strong>an</strong><br />

reichlich<br />

Was günstig ist, ist die Postagentur in <strong>der</strong><br />

Deutschherrnstr. – bildet allerdings<br />

zusammen mit Postamt das einzige Angebot<br />

<strong>für</strong> g<strong>an</strong>z Alt-SB<br />

Neu: H<strong>an</strong>darbeitsgeschäft „Nadelglühen“ –<br />

schöner Laden: „hat noch gefehlt“, bietet<br />

Kurse <strong>für</strong> Patchworkarbeiten <strong>an</strong> � macht<br />

Spaß <strong>und</strong> Freude<br />

In Eisenbahnstr.: sehr gutes Eisgeschäft<br />

„Capri“<br />

25


Lieferdienste <strong>an</strong>sässiger Geschäfte <strong>für</strong> ältere, nicht mehr so mobile ältere Menschen<br />

Aldi hat laut Filialleiter kein Interesse <strong>an</strong><br />

diesem Service, insbeson<strong>der</strong>e weil dies auf<br />

übergeordneter Ebene von Aldi Deutschl<strong>an</strong>d<br />

entschieden wird<br />

Edeka: Bänke zum ausruhen fehlen, Edeka<br />

ist kein Treffpunkt, da fährt m<strong>an</strong> schnell mit<br />

dem Auto hin, da trifft m<strong>an</strong> keinen �� „ da<br />

trifft m<strong>an</strong> jeden Morgen jem<strong>an</strong>den“,<br />

Früherer Plus in <strong>der</strong> Deutschherrnstr.: auch<br />

gleichzeitig Treffpunkt … „da habe ich immer<br />

jem<strong>an</strong>den getroffen, da sind auch viele ältere<br />

Leute hingeg<strong>an</strong>gen“. Neuer Plus in<br />

Gersweilerstr: „da habe ich keinen G<strong>an</strong>g hin“<br />

Leerst<strong>an</strong>d Eisenbahnstr. � früher konnte<br />

m<strong>an</strong> hier gut einkaufen. Heute schießen<br />

Kosmetik <strong>und</strong> Nagelstudios aus dem Boden,<br />

ständig wechseln die Eigentümer – kein<br />

Verlass mehr darauf, dass ein Geschäft beim<br />

nächsten Mal noch da ist.<br />

Tabelle 5: Einkaufssituation<br />

Sonstiges<br />

Getränke Grümmel bringt Getränke ins Haus<br />

(Quelle: Rolf Stein, 2009)<br />

Edeka � 1 Fahrer fährt nach <strong>der</strong> Arbeit<br />

einmal pro Woche (Donnerstag abends)<br />

privat Lebensmittel aus, bisher begrenzt auf<br />

3-5 Personen (da nicht mehr Kapazitäten),<br />

Ältere Menschen geben Bestellung<br />

telefonisch durch, Mehrkosten: 1,50<br />

Euro/Einkauf (Ansprechpartner:<br />

Geschäftsführer Herr Gerard, erreichbar<br />

morgens bis 16/17.00 Uhr).<br />

Eine Bewohnerin strickt Strümpfe, die sie im<br />

Geschäft „Otto“ verkauft: macht Spaß, hat<br />

einen Sinn <strong>und</strong> ich verdiene noch etwas<br />

dabei.<br />

26


6.7 Treffpunkte <strong>und</strong> Ausgehen<br />

Viele ältere Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen verbringen die Abende zu Hause o<strong>der</strong> mit<br />

Fre<strong>und</strong>en, dem Ausgehen wird teilweise mit zunehmendem Alter eine geringere Bedeutung<br />

beigemessen. Entsprechend nimmt das Thema Treffpunkte <strong>und</strong> Ausgehen im Stadtviertel<br />

während <strong>der</strong> Spaziergänge einen eher geringen Part ein. Dennoch wird die Verb<strong>und</strong>enheit<br />

zum Stadtteil auch durch Erzählungen deutlich: M<strong>an</strong>che <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong><br />

Teilnehmerinnen sind als geborene Alt-Saarbrücker/innen nach einer längeren Abwesenheit<br />

wie<strong>der</strong> in das Stadtviertel zurückgezogen, da ihnen die alte Vertrautheit <strong>und</strong> familiäre<br />

Atmosphäre hier gut gefällt.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Café Gruber – da gehen wir nicht hin<br />

(Kuchen nicht so gut, Café Schniss besser<br />

<strong>und</strong> wir backen noch selber).<br />

Früher war es heimeliger, Kontakte besser,<br />

Geschäfte waren Treffpunkte – dort traf m<strong>an</strong><br />

sich auch zum Kaffeetrinken.<br />

Kontakte fehlen – m<strong>an</strong> lebt isoliert, obwohl<br />

m<strong>an</strong> sich noch von früher kennt; Treffpunkte<br />

fehlen, gegenseitige Toler<strong>an</strong>z <strong>und</strong> Akzept<strong>an</strong>z<br />

ist gesunken<br />

Viele Gasstätten sind seit Jahren<br />

geschlossen<br />

Schuckeberg (Deutschhausweg), Gasthaus<br />

Schuck ist vor einem Jahr geschlossen<br />

worden<br />

Möglichkeiten<br />

Gute Treffpunkte / Anlaufstellen<br />

Stadtteilcafé „Café Schniss“ sehr gut<br />

(Quelle: eigene Aufnahme, 2009)<br />

Gustav-Adolf-Haus (mittwochs)<br />

(Quelle: eigene Aufnahme, 2009)<br />

AWO-Haus (donnerstags)<br />

27


Ehemalige Gaststätte „Steiler Fels“ (heute<br />

„Nuts“) – früher einmal pro Woche T<strong>an</strong>ztee –<br />

Angebot fehlt heute<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Ludwigsplatz: da fühlen sich Leute aus Alt-<br />

SB nicht so wohl: Eckkneipe ist zu teuer. Auf<br />

dem Ludwigsplatz fehlen Bänke, aber die<br />

würden wahrscheinlich auch zerstört werden.<br />

Tabelle 6: Treffpunkte <strong>und</strong> Ausgehen<br />

An<strong>der</strong>e Gründe<br />

Gasthaus „Deutschhaus“ – hier k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />

gut bürgerlich essen<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Aktuell:<br />

Das Gasthaus „Deutschhaus“ ist in die<br />

ehemalige Gaststätte „Nuts“ umgezogen.<br />

Restaur<strong>an</strong>t „Zum Sch<strong>an</strong>zenberg“ – hier k<strong>an</strong>n<br />

m<strong>an</strong> gut essen<br />

Kneipen in Deutschherrenstraße (bei<br />

Monique <strong>und</strong> Klause) + Altstadtcafé sind<br />

einzigen Treffpunktmöglichkeiten<br />

Bei Monique (Kneipe Deutschherrnstr.) – da<br />

treffen sich alle alten Alt-SB, als Frau ist m<strong>an</strong><br />

in den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kneipen „Freiwild“ – ist bei<br />

Monique <strong>an</strong><strong>der</strong>s<br />

Persönliche Kontakte wichtig, um<br />

Freizeitmöglichkeiten nutzen zu können.<br />

Nicht immer ist das gemeinsam mit Fre<strong>und</strong>en<br />

möglich (wegen eingefahrenen Strukturen,<br />

körperliche/ges<strong>und</strong>heitl. Grenzen)<br />

Ausgehen / Kneipenbesuche � durch<br />

Fernseher in den eigenen vier Wänden <strong>und</strong><br />

altersbedingt geht m<strong>an</strong> nicht mehr so weg –<br />

<strong>der</strong> Fernseher bietet ja alles…<br />

28


6.8 Sport- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten<br />

Die Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen von Alt-Saarbrücken vermissen in diesem Bereich vor<br />

allem ein „normales“ Schwimmbad mit erschwinglichen Eintrittspreisen. Das Freizeitbad<br />

Calypso erfüllt dieses Bedürfnis nicht, <strong>an</strong><strong>der</strong>e gut erreichbare Angebote existieren jedoch<br />

nicht.<br />

Die folgende Tabelle zeigt die empf<strong>und</strong>enen Defizite bzw. Mängel aber ebenso die positiven<br />

Wahrnehmungen, Ressourcen <strong>und</strong> Wünsche im Hinblick auf die Sport- <strong>und</strong><br />

Freizeitmöglichkeiten im unteren Alt-Saarbrücken.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Calypso-Bad: k<strong>an</strong>n sich nicht je<strong>der</strong> leisten,<br />

<strong>der</strong> Eintritt <strong>für</strong> Senioren kostet ca. 10,-- Euro<br />

<strong>für</strong> max. zwei St<strong>und</strong>en – „Bad <strong>für</strong> die reiche<br />

Bevölkerung“.<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Gr<strong>und</strong>schule (Deutschherrnstr.) mit<br />

Schwimmbad ist nur <strong>für</strong> Schüler zugänglich,<br />

außerdem ist die Wassertiefe zu gering zum<br />

schwimmen.<br />

Früher gab es einen Rollsportclub Kyffhäuser<br />

– ist jetzt geschlossen.<br />

Angebote des Ges<strong>und</strong>heitsamtes <strong>für</strong><br />

Senioren sind nicht in Alt-Sb, son<strong>der</strong>n<br />

außerhalb <strong>und</strong> können daher nicht erreicht<br />

werden (Anfahrtswege zu weit).<br />

Angebot Wassergymnastik: ist bei<br />

Teilnehmerzahl von 15 zu <strong>an</strong>strengend:<br />

Wasser ist zu unruhig/zu viel Bewegung im<br />

Wasser<br />

H<strong>an</strong>darbeit: Feinmotorik fehlt bzw. ist<br />

verloren geg<strong>an</strong>gen – daher würde Angebot<br />

eher nicht <strong>an</strong>genommen<br />

Tabelle 7: Schwimmbad / Sport- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten<br />

Freizeitcenter Rapid Sport<br />

(Deutschherrnpfad): Sport- <strong>und</strong> Fitnesscenter<br />

Rapid im Deutschherrnpfad wird gern<br />

genutzt: Fachpersonal, Rehasport, Treffpunkt<br />

von Jung <strong>und</strong> Alt (Durchschnitt: 25-70 Jahre),<br />

haben auch Geräte im Wichernhaus.<br />

In <strong>der</strong> ev<strong>an</strong>gelischen Frauenhilfe gibt es eine<br />

Künstlergruppe, die sehr gut <strong>an</strong>genommen<br />

wird.<br />

Wunsch: (Frauen) leichte<br />

Gymnastik<strong>an</strong>gebote evtl. mit<br />

<strong>an</strong>schließendem Kaffeeklatsch <strong>und</strong> Angebote<br />

in <strong>der</strong> Natur, wo m<strong>an</strong> sich auch engagieren<br />

k<strong>an</strong>n � Abwechslung <strong>und</strong> etwas <strong>für</strong> die<br />

eigene Ges<strong>und</strong>heit tun<br />

Angebote sollten Jahreszeit <strong>an</strong>gepasst<br />

werden – z.B. Gymnastik im Freien<br />

29


6.9 Kirchen<br />

Die unten aufgeführten Erfahrungen zeigen, dass <strong>der</strong> Kirchenbesuch, sei es aus religiösen<br />

o<strong>der</strong> kulturellen Gründen, durchaus eine Bedeutung <strong>für</strong> m<strong>an</strong>che Anwohner <strong>und</strong><br />

Anwohnerinnen von Alt-Saarbrücken hat. Räumliche Dist<strong>an</strong>zen <strong>und</strong> das fehlende<br />

Sicherheitsgefühl auf dem Weg zu den Kirchen, führen jedoch eher zum Verzicht auf alte<br />

Gewohnheiten.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Die katholische Kirche St. Mauritius ist<br />

heute geschlossen – vielen älteren<br />

Menschen ist <strong>der</strong> Weg zur Jakobskirche<br />

zu weit.<br />

Vorschlag einer Teilnehmerin: kleiner<br />

Bus, <strong>der</strong> die Menschen zur Kirche bringt,<br />

weil Kirchenbesuch <strong>für</strong> sie wichtig ist.<br />

(Quelle: Werner Joh<strong>an</strong>n, 2009)<br />

Jakobskirche: Gefühle von Angst <strong>und</strong><br />

Unsicherheit in den Dämmer- <strong>und</strong><br />

Abendst<strong>und</strong>en führen dazu, dass selbst<br />

AnwohnerInnen aus dem unmittelbar<br />

umgebenden Wohnbereich (z.B.<br />

Gärtnerstr.) den Weg in die Abendmesse<br />

meiden.<br />

Tabelle 8: Kirchen<br />

Deutschherrnkapelle: „tolle Orgel“ aus<br />

Engl<strong>an</strong>d<br />

(Quelle: eigene Aufnahme, 2009)<br />

30


6.10 Ärztliche Versorgung<br />

Die hausärztliche Versorgung in Alt-Saarbrücken wird durch drei Allgemeinmediziner<br />

gesichert, allerdings haben sich viele <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen <strong>an</strong> den<br />

Spaziergängen in jüngeren Lebensjahren Hausärzte in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Stadtteilen von Saarbrücken<br />

gesucht. Negativ beurteilen die Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen vor allem die l<strong>an</strong>gen<br />

Wartezeiten <strong>für</strong> Termine bei dem einzigen <strong>an</strong>sässigen Zahnarzt <strong>und</strong> Augenarzt.<br />

Der Tierarzt in <strong>der</strong> Hohenzollernstraße genießt einen eher zweifelhaften Ruf unter den Alt-<br />

Saarbrückern <strong>und</strong> wird daher gemieden, auch wenn aus Gründen <strong>der</strong> guten Erreichbarkeit<br />

ein guter Tierarzt im Stadtteilviertel wünschenswert ist.<br />

Negative Wahrnehmungen / Erfahrungen Positive Wahrnehmungen / Erfahrungen<br />

Einziger Zahnarzt befindet sich in <strong>der</strong><br />

Eisenbahnstr. – warten auf Termin: 20 Tage<br />

Einziger Augenarzt in Stengelstr. – warten<br />

auf einen Termin: mehr als 3 Monate<br />

Allgemeinmediziner: Dr. Kuhn (im 1. Stock<br />

ohne Aufzug).<br />

Tierarztpraxis H. Fischer in Hohenzollernstr.:<br />

hat einen fraglichen Ruf, wäre aber eigentlich<br />

praktisch, da m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n nicht mit dem Bus<br />

fahren muss.<br />

Tabelle 9: ärztliche Versorgung<br />

Viele haben ihren Hausarzt in <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Stadtteilen – bewusste Entscheidung aus<br />

früheren Zeiten<br />

Dr. Ballas – Praxis im Erdgeschoß<br />

Dr. Decker (Praxis ist im Erdgeschoss)<br />

31


7. Zukunftswerkstatt 1<br />

Am 16. November 2009 trafen sich die Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen <strong>der</strong><br />

Stadtteilspaziergänge <strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en zu einem weiteren Treffen in <strong>der</strong> HTW. Die<br />

Ver<strong>an</strong>staltung zum Projektabschluss stieß auf großes Interesse: 18 Anwohner <strong>und</strong><br />

Anwohnerinnen von Alt-Saarbrücken trafen sich gemeinsam mit Herrn Hippchen 2 , Frau<br />

Klein 2 , Frau Paulußen 3 <strong>und</strong> Frau Becker 3 in <strong>der</strong> HTW, um Zukunftsvisionen <strong>und</strong><br />

Umsetzungspläne <strong>für</strong> ein besseres Altern <strong>und</strong> Leben in ihrem Stadtviertel zu entwickeln.<br />

Nach dem Motto „Demokratie von unten“ entst<strong>an</strong>den im Rahmen einer Zukunftswerkstatt aus<br />

den zuvor festgestellten Problemen bzw. negativen Wahrnehmungen Vorstellungen <strong>und</strong><br />

Ideen, mit denen die Attraktivität des Stadtviertels Alt-Saarbrücken <strong>für</strong> ältere Menschen<br />

gesteigert werden könnte.<br />

Die Methode <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt wurde Anf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> 60ziger Jahre entwickelt u.a. mit den<br />

Zielen, Bürger zu Beteiligten zu machen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fremdbestimmung durch starke<br />

Interessengruppen o<strong>der</strong> Verwaltungen entgegenzuwirken. Mit <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt soll das<br />

bürgerliche Einmischen <strong>und</strong> Mitbestimmen ermöglicht werden.<br />

Die Methode baut hierbei auf zwei wichtige, verfügbare Ressourcen auf: 1) dem Wissen <strong>der</strong><br />

Beteiligten über die eigenen Lebens- <strong>und</strong> Wohnbedingungen 4 <strong>und</strong> 2) <strong>der</strong> Fähigkeit <strong>der</strong><br />

Menschen zur Ph<strong>an</strong>tasie, Wunschvorstellungen <strong>und</strong> dem Träumen von idealen Zuständen<br />

(vgl. Dauscher, 2006). Mit Hilfe einer Zukunftswerkstatt können die Selbstbestimmung <strong>und</strong><br />

Gestaltungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmerinnen gezielt geför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> das<br />

gemeinschaftliche Erarbeiten von Ideen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Umsetzung unterstützt werden. Hierzu<br />

werden Kreativitätstechniken (Brainstorming), Formen <strong>der</strong> Entsp<strong>an</strong>nung <strong>und</strong> Begegnung<br />

sowie Mo<strong>der</strong>ationstechniken zur Visualisierung genutzt, um soziale Ph<strong>an</strong>tasien in den<br />

Gruppen freizusetzen.<br />

Kennzeichnend <strong>für</strong> den Ablauf einer Zukunftswerkstatt sind die drei vonein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

abgegrenzten Phasen:<br />

die Kritik- <strong>und</strong> Beschwerdephase,<br />

die Ph<strong>an</strong>tasie- <strong>und</strong> Utopiephase<br />

sowie<br />

die Praxis- <strong>und</strong> Verwirklichungsphase.<br />

In <strong>der</strong> ersten Phase, <strong>der</strong> sogen<strong>an</strong>nten Kritik- <strong>und</strong> Beschwerdephase, konnten alle<br />

Anwesenden negative Punkte benennen, die ihnen das Leben <strong>und</strong> Altern in ihrem<br />

Stadtviertel erschweren. Viele <strong>der</strong> neu gesammelten Aspekte deckten sich mit den bereits<br />

bek<strong>an</strong>nten Punkten aus den Stadtteilspaziergängen <strong>und</strong> Gruppendiskussionen <strong>und</strong> weitere<br />

Beispiele zur Erläuterung <strong>der</strong> Kritikpunkte wurden ergänzt. Darüber hinaus wurden die<br />

Themen „Verkehrslärm“, „teilweise fehlende günstige Begegnungsstätten“ <strong>und</strong> „fehlende<br />

kulturelle Angebote“ erstmals artikuliert. Das gemeinsame Kritisieren hat bildlich gesprochen<br />

eine Ventilfunktion: alles was <strong>an</strong> <strong>der</strong> Wohn- <strong>und</strong> Lebenssituation in Alt-Saarbrücken stört<br />

k<strong>an</strong>n zunächst einmal „abgelassen“ werden, ohne dass die Kritik hinterfragt, diskutiert o<strong>der</strong><br />

1<br />

Bil<strong>der</strong> in diesem Kapitel von Thomas Hippchen, Christine Paulußen <strong>und</strong> Claudia Mischke<br />

2<br />

Stadtteilbüro Alt-Saarbrücken<br />

3<br />

Ev<strong>an</strong>gelische Frauenhilfe e.V.<br />

4<br />

Durch die Stadtteilspaziergänge <strong>und</strong> Gruppendiskussionen konnte bereits ein<br />

Nachdenken bzw. eine Reflektion über die Lebens- <strong>und</strong> Wohnbedingungen im Stadtviertel<br />

<strong>an</strong>gestoßen werden. Diese Gr<strong>und</strong>lagen erleichterten den Einstieg in die Zukunftswerkstatt.<br />

32


Lösungsmöglichkeiten gefor<strong>der</strong>t werden. Gleichzeitig schafft das gemeinsame Sammeln von<br />

Negativaspekten eine Form <strong>der</strong> Gruppenzugehörigkeit <strong>und</strong> Solidarität.<br />

Dauscher (ebd.) bezeichnet diesen Prozess auch als vertrauensbildende Maßnahme, die<br />

den Überg<strong>an</strong>g in die nächste Phase erleichtert. Auch in <strong>der</strong> hier stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Zukunftswerkstatt konnte <strong>der</strong> Effekt beobachtet werden. Aus den einzelnen Gruppen, die<br />

sich <strong>für</strong> die Spaziergänge zusammengef<strong>und</strong>en haben, entsteht im Laufe <strong>der</strong> Kritikphase<br />

immer mehr ein Gesamtgruppengefühl. Die abschließende Gewichtung <strong>der</strong> Kritikbereiche<br />

zeigt, dass viele Anwohner <strong>und</strong> Anwohnerinnen das Gleiche in ihrem Stadtviertel stört. So<br />

wurden folgende Aspekte am Häufigsten be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>det:<br />

<strong>der</strong> Schmutz <strong>und</strong> die fehlende Sauberkeit,<br />

die unbezahlbaren Schwimmbadpreise,<br />

die wenigen öffentlichen Grün<strong>an</strong>lagen,<br />

<strong>der</strong> ungepflegte <strong>und</strong> unbeleuchtete Alte Friedhof,<br />

die fehlenden gut erreichbaren Einkaufsmöglichkeiten,<br />

die schlechte Bus<strong>an</strong>bindung insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Deutschherrnstr. sowie<br />

die schlechte bzw. fehlende Beleuchtung in den Straßen <strong>und</strong> im Alten Friedhof.<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Überleitung in die nächste Phase, die sogen<strong>an</strong>nte<br />

Ph<strong>an</strong>tasie- o<strong>der</strong> Utopiephase, zu gestalten. Wichtig ist das bewusste Beenden <strong>der</strong><br />

Kritikphase, was zum einen durch die positive Umformulierung <strong>der</strong> Kritik <strong>und</strong> zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

durch eine kleine „sportliche“ Unterbrechung gel<strong>an</strong>g.<br />

Im zweiten Teil <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt war d<strong>an</strong>n zum allgemeinen Vergnügen ausdrücklich<br />

ph<strong>an</strong>tasieren <strong>und</strong> wünschen erlaubt. Die Anwesenden sollten sich ungeachtet ihres eigenen<br />

Alters in das Jahr 2030 versetzen, denn im Jahr 2030 ist das Stadtviertel ein begehrtes<br />

Wohnviertel <strong>für</strong> die Generation 60plus. Die Wohn- <strong>und</strong> Lebensbedingungen sind traumhaft<br />

<strong>und</strong> die Anwesenden stellen einem Fremden ihr Stadtviertel vor. Auch in dieser Phase galt<br />

die Regel „Alles ist möglich“. Killerphrasen, Kritik <strong>und</strong> Lösungsvorschläge waren „verboten“<br />

<strong>und</strong> so entwickelten sich bunte Ph<strong>an</strong>tasiereisen in das Jahr 2030.<br />

Wie sich auf den folgenden Abbildungen zeigt, waren <strong>der</strong> Kreativität <strong>und</strong> Ph<strong>an</strong>tasie kaum<br />

Grenzen gesetzt: vom autofreien Alt-Saarbrücken über das Bezahlen mit Naturalien bis hin<br />

zum Thermalbad reichten die Ideen.<br />

33


Aus den verschiedenen Ph<strong>an</strong>tasien <strong>und</strong> Wünsche wählten die Anwohner <strong>und</strong><br />

Anwohnerinnen nun die faszinierendsten aus. Sie begeisterten sich mehrheitlich <strong>für</strong> folgende<br />

Ideen.<br />

<strong>der</strong> Bau eines Thermalbades<br />

ein Mehrgenerationenhaus in Alt-Saarbrücken<br />

ein autofreies Alt-Saarbrücken<br />

viele kleine Geschäfte <strong>und</strong> ein kleines Kaufhaus in Alt-Saarbrücken<br />

bezahlen mit Naturalien<br />

Vier <strong>der</strong> Ideen wurden <strong>für</strong> die letzte Phase, die Realisierungsphase, ausgewählt 5 . In neuen<br />

Kleingruppen galt es nun die Ph<strong>an</strong>tasieentwürfe auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen, mögliche<br />

Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Umsetzung einzuschätzen <strong>und</strong> die Verwirklichung konkret zu pl<strong>an</strong>en.<br />

Die Verdichtung von <strong>der</strong> Idee zum Projekt erfolgte mit Hilfe von Fragen:<br />

� Was wollen wir?<br />

� Wie wollen wir es tun?<br />

� Wen brauchen wir dazu?<br />

� W<strong>an</strong>n wird begonnen?<br />

� Wo geschieht das g<strong>an</strong>ze?<br />

Aus den – auf den ersten Blick oft utopischen – Ideen galt es also nun in <strong>der</strong> dritten Phase<br />

konkrete Umsetzungspläne zu entwickeln. Und das was zunächst unmöglich erschien, stellte<br />

5 Die Auswahl <strong>der</strong> vier Ideen erfolgte im Losverfahren, da nur vier Kleingruppen zust<strong>an</strong>de<br />

kamen, fiel eine Idee <strong>für</strong> den weiteren Prozess raus. Die Idee „autofreies Alt-Saarbrücken“<br />

wurde nicht gezogen <strong>und</strong> wurde daher nicht weiter verfolgt.<br />

35


sich mit ein paar Anleitungshilfen zum allgemeinen Erstaunen als durchaus realisierbar<br />

heraus, wie die nachstehende kurze Ergebnisdarstellung zeigt.<br />

Projekt „Thermalbad“<br />

Was wollen wir? Bau eines Thermalbades<br />

Wie wollen wir es tun? � Bildung eines Beraterteams: Bürger im Stadtteil,<br />

Kr<strong>an</strong>kenkassen, REHA-Partner, Altenheime, Stadt,<br />

Architekt<br />

� Sammeln von Erfahrungen (Besichtigungen,<br />

Gespräche)<br />

� Unterschriften <strong>für</strong> das Vorhaben im Stadtteil<br />

sammeln (Liste AS)<br />

� Bedarfs- <strong>und</strong> Fin<strong>an</strong>zierungspl<strong>an</strong> erstellen<br />

� Finden von Partnern <strong>und</strong> Sponsoren: z.B. Firma<br />

Osterm<strong>an</strong>n<br />

� Genehmigung <strong>der</strong> Stadt einholen <strong>für</strong> Bauvorhaben<br />

� Pl<strong>an</strong>ungsbüro <strong>und</strong> Ausschreibung<br />

Wen brauchen wir dazu? � Bürger im Stadtteil<br />

� Partner z.B.: Kr<strong>an</strong>kenkassen, REHA-Partner,<br />

Altenheime<br />

� Stadt<br />

� Architekt<br />

� Pl<strong>an</strong>ungsbüro<br />

W<strong>an</strong>n wird begonnen? Ab sofort:<br />

� Öffentlichkeitsarbeit, Werbung<br />

� Besichtigung ähnlicher Anlagen (H<strong>an</strong>weiler <strong>und</strong><br />

Fr<strong>an</strong>kreich)<br />

� Unterschriftenliste<br />

� Suche nach Partnern <strong>und</strong> Sponsoren<br />

Bauvorhaben<br />

� Nach Genehmigung<br />

Wo geschieht das g<strong>an</strong>ze? im DFG, rechts oberhalb vom Ehrental (große Wiese)<br />

Abb. 1: Projekt „Thermalbad“<br />

36


Projekt „Mehrgenerationenhaus „<br />

Was wollen wir? Bau eines Mehrgenerationen–Musterhauses in Alt-<br />

Saarbrücken<br />

Wie wollen wir es tun? � Als Modellprojekt<br />

� Pl<strong>an</strong>ungsgruppe:<br />

o Stadt (Pl<strong>an</strong>ungsamt, VBA, Jugendamt,<br />

Seniorenbüro, Behin<strong>der</strong>tenbeauftragte)<br />

o L<strong>an</strong>d<br />

o HTW mit VertreterInnen <strong>der</strong> Fakultäten <strong>für</strong><br />

Architektur <strong>und</strong> Bauingenieurwesen, <strong>für</strong><br />

Ingenieurwissenschaften, <strong>für</strong><br />

Sozialwissenschaften <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fakultät <strong>für</strong><br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

� Pl<strong>an</strong>ung<br />

� Fin<strong>an</strong>zierungspl<strong>an</strong>: För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong>, Trägerschaft<br />

(z.B. CTT, LAG o<strong>der</strong> Diakonie)<br />

� Bau <strong>und</strong> Bauleitung<br />

� Vermietung o<strong>der</strong> Verkauf<br />

Wen brauchen wir dazu? � Interessierte Bürger im Stadtteil<br />

� Investoren<br />

� Pl<strong>an</strong>ungsgruppe<br />

W<strong>an</strong>n wird begonnen? Ab sofort<br />

Wo geschieht das g<strong>an</strong>ze? Fr<strong>an</strong>coisstraße – ehemaliges Lidl-Gelände<br />

Abb. 2: Projekt „Mehrgenerationenhaus“<br />

37


Projekt „Viele kleine Geschäfte <strong>und</strong> ein kleines Kaufhaus“<br />

Was wollen wir? Eröffnung von kleinen Geschäften <strong>und</strong> einem kleinen<br />

Kaufhaus<br />

Aufwertung <strong>der</strong> Deutschherrnstraße als Aufenthaltsort<br />

Wie wollen wir es tun? � Unterstützung kleiner Geschäfte bei <strong>der</strong> Eröffnung:<br />

o niedrigeres fin<strong>an</strong>zielles Risiko<br />

o Beschäftigung för<strong>der</strong>n, Arbeitslosigkeit<br />

reduzieren<br />

o Beratung <strong>für</strong> Geschäftsstrategie <strong>und</strong><br />

Marketing<br />

� Hausbesitzer erhalten einen Bonus <strong>für</strong><br />

Geschäftsvermietung � niedrigere Mietpreise <strong>für</strong><br />

Geschäftsleute<br />

� Parken muss entsprechend umorg<strong>an</strong>isiert werden<br />

� Das Kaufhaus bietet Dinge <strong>für</strong> den täglichen<br />

Gebrauch <strong>und</strong> das Angebot muss in <strong>der</strong><br />

Preisgestaltung passen<br />

� B<strong>an</strong>ken müssen entsprechende<br />

Gründungsdarlehen <strong>an</strong>bieten (Lutz Eckstein,<br />

Sparkasse Deutschherrnstraße)<br />

Wen brauchen wir dazu? � Bezirksbürgermeisterin<br />

� Stadtpl<strong>an</strong>ungsamt<br />

� Hausbesitzer<br />

� B<strong>an</strong>ken<br />

� NAS<br />

W<strong>an</strong>n wird begonnen? Ab sofort<br />

Wo geschieht das g<strong>an</strong>ze? Deutschherrnstraße<br />

Abb. 3: „Viele kleine Geschäfte <strong>und</strong> ein kleines Kaufhaus“<br />

38


Projekt „Bezahlen mit Naturalien“<br />

Was wollen wir? Bezahlen mit Naturalien<br />

Wie wollen wir es tun? � Gegenseitige Hilfe über Punktesystem:<br />

o H<strong>an</strong>dwerkliche Arbeiten<br />

o Arbeiten im Haushalt: Kochen,<br />

Fensterputzen, Bügeln, Kochen, Waschen<br />

o Kin<strong>der</strong>hüten<br />

o Gartenpflege, etc.<br />

o Besorgungen, Einkaufen<br />

o Autotr<strong>an</strong>sport zum Arzt<br />

o Behördengänge<br />

o Formulare ausfüllen helfen<br />

o Vorlesen<br />

o Begleitung <strong>und</strong> Spaziergänge<br />

� Punkteabrechung auch über Angehörige bzw.<br />

Dritte möglich<br />

� Zeitliche Org<strong>an</strong>isation: 1 Person koordiniert <strong>und</strong><br />

beauftragt<br />

� Generationenübegreifend<br />

Wen brauchen wir dazu? � Bürger <strong>und</strong> Bürgerinnen aller Generationen aus<br />

Alt-Saarbrücken<br />

W<strong>an</strong>n wird begonnen? Ab sofort<br />

Wo geschieht das g<strong>an</strong>ze? In Alt-Saarbrücken<br />

Abb. 4: Projekt „Bezahlen mit Naturalien“<br />

Bei <strong>der</strong> Diskussion über den Projektpl<strong>an</strong> stellte sich heraus, dass bereits ein vergleichbares<br />

Projekt in Saarbrücken-Malstatt existiert, <strong>der</strong> bargeldlose Tauschring <strong>für</strong> Dienste <strong>und</strong> Güter,<br />

"Talentetausch" des Vereins Zukunftsarbeit Molschd e. V. (ZAM). Der Erfahrungsaustausch<br />

<strong>und</strong> die Vernetzung mit ZAM könnte ein weiterer Baustein in <strong>der</strong> Realisierung des Projekts<br />

<strong>für</strong> Alt-Saarbrücken werden.<br />

39


8. Fazit<br />

Die Zukunftswerkstatt war zeitlich auf einen Nachmittag begrenzt. Entsprechend konnte sie<br />

nur als Impulsgeber <strong>für</strong> mögliche Entwicklungen <strong>und</strong> bürgerschaftliche Beteiligung auf dem<br />

Weg in ein – auch <strong>für</strong> ältere Menschen – attraktives Wohn- <strong>und</strong> Lebensviertel Alt-<br />

Saarbrücken gelten. Die eigentliche Arbeit beginnt nun. Dennoch zeigte sich auch in dieser<br />

verhältnismäßig kurzen Zeit, was <strong>und</strong> wie viel möglich sein k<strong>an</strong>n, wenn Bürger <strong>und</strong><br />

Bürgerinnen zu Beteiligten werden.<br />

Wir dürfen gesp<strong>an</strong>nt sein, was aus den Projektergebnissen entstehen wird.<br />

9. Literatur<br />

Büscher, A., Emmert, S., & Hurrelm<strong>an</strong>n, K. (2009). Die Wohnvorstellungen von Menschen<br />

verschiedener Altersgruppen (Vol. P09-141). Bielefeld: Institut <strong>für</strong> Pflegewissenschaft<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität Bielefeld (IPW).<br />

Dauscher, U. (2006). Mo<strong>der</strong>ationsmethode <strong>und</strong> Zukunftswerkstatt (3., überarb. <strong>und</strong> erw. ed.).<br />

Augsburg: ZIEL.<br />

Häußerm<strong>an</strong>n, H., & Siebel, W. (2000). Soziologie des Wohnens. Eine Einführung im W<strong>an</strong>del<br />

<strong>und</strong> Ausdifferenzierung des Wohnens. Weinheim: Juventa.<br />

Hieber, A., Oswald, F., Wahl, H.-W., & Mollenkopf, H. (2005). Die Übereinstimmung von<br />

Wohnbedürfnissen <strong>und</strong> Wohnbedingungen <strong>und</strong> ihr Einfluss auf die erlebte<br />

Stadtteilverb<strong>und</strong>enheit. Zeitschrift <strong>für</strong> Gerontologie <strong>und</strong> Geriatrie, 38(4), 293-300.<br />

Kalisch, D. (2009). Wohnst<strong>an</strong>dortbedürfnisse älterer Menschen. Informationsdienst<br />

Altersfragen, 36(4), 8-12.<br />

L<strong>an</strong>deshauptstadt Saarbrücken. (2008). stat. info: Daten Analysen Trends (Vol. J/07).<br />

Saarbrücken: L<strong>an</strong>deshauptstadt Saarbrücken, Amt <strong>für</strong> Entwicklungspl<strong>an</strong>ung, Statistik<br />

<strong>und</strong> Wahlen.<br />

Mayring, P. (2003). Qualitative Inhalts<strong>an</strong>alyse. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> <strong>Technik</strong>en. Weinheim: Beltz.<br />

40


10. Anh<strong>an</strong>g<br />

(1) Fotos <strong>der</strong> Zukunftswerkstatt<br />

41

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