400 Jahre Salinenort Ebensee 1607 – 2007
400 Jahre Salinenort Ebensee 1607 – 2007
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Der Verweser war über Jahrhunderte Bürgermeister, Richter, oberster Ortspolizist und<br />
Betriebsleiter in einer Person, wehe dem, der sich - berechtigt oder zu unrecht - mit ihm<br />
anlegte! Von all seinen Funktionen bliebt die Betriebsleitung, seine anderen gehen an die<br />
Gemeindeämter und Bezirksgerichte über.<br />
In dieser Zeit hat es wohl auch ziemliche Unsicherheit in der Bevölkerung gegeben, denn die<br />
Allzuständigkeit des Salzamtes hatte sicher auch Vorteile gehabt. Ein Erinnerung daran hat<br />
sich im geflügelten Wort erhalten, das man heute bei uns noch hören kann: „Beschwer’ dich<br />
beim Salzamt!“, das man hört, wenn sich jemand über etwas aufregt. Alles, wirklich alles im<br />
Leben der Kammergutsbewohner, war Sache des Salzamtes und seiner nachgeordneten<br />
Dienststellen, andere Institutionen - sieht man von der Kirche ab - gab es kaum oder waren<br />
ohne Belang.<br />
Von Demokratie war noch lange keine Rede, denn mit dem Regierungsantritt Kaiser Franz<br />
Josephs I. beginnt eine repressive Phase, die alle in der Revolution von 1848 erreichten<br />
Rechte wegfegt, und wieder im (dieses Mal neoabsolutistischen) Polizeistaat mündete.<br />
Die wenig weitsichtige Politik des Kaisers und alle seine (verlorenen) Kriege führten dazu,<br />
dass die im Wiener Kongress erreichte Großmachtstellung Österreichs in seiner langen<br />
Regierungszeit verloren ging.<br />
Der Österreich-Ungarische Ausgleich (1867), in dem das „Erbkaisertum Österreich“ seine<br />
Umwandlung in die „österreichisch-ungarische Monarchie“ erfuhr, hätte zur Dämpfung der<br />
nationalistischen Bestebungen beitragen sollen, hat diese aber erst richtig angeheizt. Denn<br />
rund 50 Millionen Menschen (Österreicher, Ungarn, Tschechen, Polen, Ruthenen, Serben,<br />
Kroaten, Rumänen, Slowenen, Italiener, Ladiner und Friaulaner) leben unter der Hegemonie<br />
Österreichs beziehungsweise Ungarns zusammen.<br />
Die Ungarn madjarisierten in ihrer Reichshälfte skrupellos und erzeugen damit den nationalen<br />
Sprengstoff, der in der Bombe des Ersten Weltkrieges das Nationalitätenkonglomerat in viele<br />
Teile zerbrechen ließ! In zu wenige, wie die Ereignisse der jüngsten Geschichte zeigen. Und<br />
es ist eine interessante - leider fruchtlose - Frage, wie die Geschichte gelaufen wäre, hätte ein<br />
weitsichtiger Monarch statt der Doppelmonarchie einen föderalistischen Staat(enbund)<br />
gegründet?<br />
3.4.2 Die Entwicklung der Massenparteien<br />
Das Vereinsgesetz von 1852 verbot alle politischen Vereine, selbst der „Katholikenverein für<br />
Glauben, Freiheit und Gesinnung“ musste seine demokratisch orientierten<br />
Reformbemühungen innerhalb der Kirche einstellen und seine Statuten ändern. Ein freier<br />
Meinungsaustausch war unterbunden. (WAGNER, 262)<br />
Bei den ersten bei weiten nicht demokratischen Wahlen zu den Gemeindevertretungen nach<br />
1860/61 ist festzustellen, dass die wenigen Wahlberechtigten, die ihren Interessen gewogenen<br />
Vertreter wählten. Der gößte Teil der Bevölkerung, die weitgehend mittellose Arbeiterschaft,<br />
war, wegen Mittellosigkeit (!!!), nicht wahlberechtigt, denn wer keine Steuern zahlte, der<br />
hatte kein, wer mehr Steuern bezahlte, der hatte mehr Mitspracherecht. Büger wählten Bürger<br />
zu Bürgermeister. Arbeiter waren gewohnt, Meistern, natürlich auch Bürgermeistern, zu<br />
gehorchen. Taten sie solches in der Saline nicht, hatte dies Konsequenzen. Bis 1848 konnten<br />
dies auch einige Ohrfeigen sein!