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400 Jahre Salinenort Ebensee 1607 – 2007

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1) Der Friedensrichter war der von den erwachsenen Männern gewählte Vertreter, der Gemeinschaftsarbeiten zu organisieren und<br />

auftretende Probleme und Streitigkeiten wieder zu „richten“ hatte. In der ehemaligen Heimat hatte der Grundherr, im<br />

Salzkammergut die Verweser diese Funktion inne.<br />

„Die Holzknechte und Köhler wurden nicht als bäuerliche Kolonisten behandelt; ... Die<br />

Bedingungen für die Ansiedlung und ihren Lebensunterhalt waren von ihnen selbst vor der<br />

Abwanderung gestellt worden und nlässlic die gleichen Rechte, wie sie die Holz- und<br />

Kohlenknechte in der Steiermark und im Salzkammergut hatten. 1) Sie bekamen eine Anzahl<br />

Vieh gegen spätere Vergütung, kostenlos erhielten sie Grund für das Haus und den Garten,<br />

ein Ackerstück zum Anbau von Feldfrüchten, für ihr Vieh die Hutweide, die vorher die<br />

walachischen Kohlenbrenner genutzt hatten, und freies Brennholz.“ (STANGLICA zit. nach<br />

SCHMIDT, FASSBINDER, LATARETU, XVI)<br />

1) hier sitzt der Autor einem Irrtum auf. Die Arbeitnehmen im „Cammergut“ waren sehr deutlich in zwei Kategorien geteilt:<br />

einerseits die bessergestellten die Bergleute und Pfannhauser (sie standen im Dienste des Ärariums) und andererseits die<br />

Holzknechte (sie wurden von einem Holzmeister gedungen und bezahlt) und die Bediensteten in der Fertigung und Verschiffung<br />

(sie standen im Dienste eines Fertigers). Erstere erhielten im Krankheitsfall „freie Cur“ und Krankengeld einerseits und im Falle<br />

der Arbeitsunfähigkeit wegen Alters oder Unfalls eine „Provision“, nicht so die letzteren! Die Auswanderungswilligen handelten<br />

sich in den „Bedingnissen“ vor der Auswanderung aus, was sie als Holzknechte im Salzkammergut nie hätten bekommen können.<br />

Und „das Ärar“ musste das <strong>–</strong> wenn auch zähneknirschend <strong>–</strong> zugestehen, sonst hätten sich die Leute nicht zur Auswanderung<br />

bereitgefunden. Das Ärarium versuchte auch nach der Auswanderung (in mehreren fällen belegbar) die Bedignisse zu unterlaufen.<br />

Für den Gottesdienst wurde noch 1773 ein Kaplan bestellt. 1774 errichteten die Neusiedler<br />

Schule und Spital. Seit 1775 hatte Steierdorf einen Schulmeister. Die Erste Kirche wurde<br />

1786/87 errichtet, auch ein evangelisches Gotteshaus stand zu dieser Zeit schon zu<br />

Verfügung.<br />

Die Gründungsursache von Steierdorf war Holzkohle, der Grund seiner rasanten Entwicklung<br />

Steinkohle. Der als Tischler aus Mariazell zugewanderte Köhler, Matthias Hammer, fand<br />

1790 ein Stück Steinkohle, das den weiteren Gang der Wirtschaftsentwicklung radikal<br />

beeinflussen sollte. Die Stein- löste innerhalb einer relativ kurzen Zeit die Holzkohle bei der<br />

Stahlerzeugung ab. Und der Bergbau in Steierdorf nimmt einen privatwirtschaftlichen Anfang<br />

und raschen Ausbau. Die Schächte waren zunächst gegen Grubenzins an private verpachtet,<br />

standen aber im Eigentum des Montan-Ärars.<br />

Was jetzt an Zuwanderern kommt, sind hauptsächlich Bergleute aus allen Teilen der<br />

Habsburgmonarchie. Viele der Neuankömmlinge kommen aus der Zips, das ist aus der<br />

heutigen Slowakei, damals war es Oberungarn. Zipser finden wir aber auch in allen anderen<br />

Orten der Salzkammergutauswanderer. Offenbar waren die wirtschaftlichen Verhältnisse dort<br />

sehr prekär, denn keiner verlässt seine angestammte und vertaute Heimat, ohne triftigen<br />

Grund. Das ist heute so und war damals nicht anders. Übrigens sind die Auswanderer aus<br />

dem Salzkammergut auch nur deshalb weggegangen, weil sie im Kammergut auf Grund der<br />

Überbevölkerung keine Chance sahen, beim Ärar unterzukommen (andere Betriebe gab es<br />

praktisch keine, waren sogar verboten, damit die Löhne niedrig gehalten werden konnten!).<br />

Man musste den jungen Männern nur Arbeitsverträge anbieten, die ihnen das Versprachen,<br />

worauf sie in der Heimat kaum hoffen durften, und konnte sie dadurch in jeden beliebigen<br />

Winkel der Monarchie locken. Die Einhaltung des Versprochenen, oder wie es damals hieß,<br />

der „Gedingnisse“, stand auf einem anderen Blatt, und man nahm es erwiesenermaßen nicht<br />

genau. Was sollten die armen Leute tun, sie waren (und man hielt sie!) viel zu arm, um eine<br />

Reise von tausend und mehr Kilometer Länge zu finanzieren. So blieben sie, auch wenn die<br />

Versprechungen nur teilweise eingehalten wurden.<br />

1855, als das Österreichische Montan-Ärar die Kohlegruben an die „Kaiserlich-Königliche<br />

Privilegierte Österreichische Staatseisenbahngesellschaft“ (Steg) verkaufte, zählte Steierdorf<br />

2.045 Seelen, die in 325 Häusern wohnten. 1860 wird die Siedlung Anina gegründet. Die

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