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Guido Zamis - Alfred Klahr Gesellschaft

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Beiträge 17Über eine Spitzelaffäre in der ersten Nachkriegszeitin Österreich und ItalienGUIDO ZAMIŠIm 110. Geburtsjahr des Journalisten undGramsci-Autors <strong>Guido</strong> Zamiš ist es mireine Freude und Ehre, hier einen eher unbekanntenBericht aus seinen Aufzeichnungender Leserschaft zugänglich zumachen. Es handelt sich dabei um einenAugenzeugenbericht über eine SpionageundDesinformationsaktion im Auftragedes damaligen italienischen MinisterpräsidentenFrancesco Saverio Nitti aus demJahre 1919, in die <strong>Guido</strong> Zamiš und andereMitglieder der Kommunistischen ParteiDeutschösterreichs verwickelt wurden.Diese Aktion sollte der Schädigung derZusammenarbeit zwischen der ItalienischenSozialistischen Partei (ISP) und derKommunistischen Partei Deutschösterreichs(KPDÖ) dienen.ERIC ZAMIŠDie erste Nachkriegsregierung Italiensdes liberalen DemokratenFrancesco Saverio Nitti griff imSommer 1919 zu einer groß angelegtenProvokation, um die Kontrolle über dieVerbindungen zu erhalten, die von derKommunistischen Partei Deutschösterreichsund über sie von anderen kommunistischenZentren zur Italienischen SozialistischenPartei führten und nachMeinung der italienischen Polizei unddes militärischen Abwehrdienstes denZweck haben sollten, in Italien die Revolutionauszulösen.Zwar war bereits der PolizeikommissarGiuseppe Dosi, der der italienischen Militärkommissionin zugeteilt war, mitkommunistischen Kreisen in Verbindunggetreten, was ihm ermöglichte, über dieVorgänge innerhalb der KommunistischenPartei Deutschösterreichs (KPDÖ)ziemlich gut informiert zu sein, dochscheinen seine Berichte dem italienischenInnenministerium nicht genügt zuhaben. Man brauchte zu diesem Zweckeeinen skrupelloseren Agenten. So wurdeder Hauptmann der Carabinieri AldoSoncelli beauftragt, unter einem Decknamentiefer in das kommunistische MilieuWiens einzudringen. Außerdem sollte erunter dieser Maske Kontakt mit den sichin Wien ständig oder vorübergehend aufhaltendenItalienern aufnehmen. Soncellistand im aktiven Dienste des Innenministeriumssowie der Generaldirektion derPolizei. Er durfte jedoch auch eine direkteVerbindung zum Ministerium für dieVerteidigung besessen haben, da er, wieaus seiner späteren Tätigkeit hervorgeht,nach Belieben über militärische Blankoformulare,Legitimationspapiere, Uniformenaller Waffengattungen (zur Tarnungseiner Mitarbeiter), militärische Kraftfahrzeugeusw. verfügen konnte.Soncelli begann seine Arbeit, indem ersich in Zivilkleidung beim Bezirkssekretariatder KPDÖ in Innsbruck vorstellteund als Deserteur der italienischen Besatzungsgruppenin Tirol ausgab. Er machteden Vorschlag, unter diesen revolutionärePropaganda zu betreiben. Mangels anVerschwörungen, die er aufzudecken hatte,wollte er also solche selbst organisieren.Die Innsbrucker Genossen warenvorsichtig und, bevor sie sich mit demManne einließen, berichteten sie darübernach Wien. Darauf gab mir der Generalsekretärder KPDÖ, Karl Tomann, denAuftrag nach Innsbruck zu reisen und mitdem angeblichen Deserteur in Verbindungzu treten. Es mag heute sonderbarerscheinen, dass ein so delikater Auftrageinem unerfahrenen, erst neunzehnjährigenGenossen erteilt wurde.Das war aber damals Gang und Gebe,und ebenso Junge wurden sogar ins Auslandmit wichtigen Missionen geschickt.Ich war einer unter den sehr wenigen Genossen,die Italienisch sprachen.In Innsbruck traf ich den angeblichenDeserteur, der sich mir als Luigi Ferrarivorstellte, und seinen Plan auseinandersetzte, unter den italienischen Soldatenrevolutionäre Flugblätter zu verbreiten.Um zu beweisen, dass er unter allenTruppenkörpern Verbindungen hatte, organisierteer an einem unserer nächstenZusammenkünfte in Innsbruck eine Versammlungvon ungefähr 20 Soldatenverschiedener Waffengattungen, vor denenich einen Vortrag über die Ziele derKommunisten hielt. In Wahrheit warendies wahrscheinlich lauter Carabinieri imDienst „zu besonderer Verwendung“.Bereits während meines ersten Besuchsin Innsbruck hatte das Tiroler Landeskommandoder Volkswehr von meinemDasein Kenntnis erhalten und ludmich vor. Ich war nämlich damals nochAngehöriger des Volkswehrbataillons 41(die von Leo Rothziegel und Egon ErwinKisch gegründete Rote Garde) und warmit Marschpapieren von diesem Bataillonskommandoals Feldwebel nach Inns-bruck gereist. Ein höherer Offizier wolltevon mir wissen, ob ich gekommen sei,um unter den Tiroler Volkswehrmännernkommunistische Propaganda zu betreiben.In ziemlich arroganter Weise lehnteich jede Auskunft ab, da mein Auftragvertraulichen Charakter hatte. Ich erwähnenur deshalb dieses Vorkommnis, weiles eventuell darauf hindeuten könnte,dass die österreichischen Behörden inder Affäre Soncelli mit den italienischenGeheimdiensten von vornherein zusammenarbeiteten.Vielleicht war auch meineReise von Polizeikonfidenten innerhalbder Roten Garde gemeldet worden.Auf Grund meines Berichts ließ Tomannden Ferrari-Soncelli nach Wienkommen. Tomann war mit seinen Pläneneinverstanden, und dementsprechend verfassteich ein Flugblatt an die italienischenSoldaten in der Besatzungszone,worin sie aufgefordert wurden, für ihreHeimreise und Demobilisierung zu kämpfen.Übrigens führte die ISP im Avanti zujener Zeit auch eine derartige Kampagne.Ferrari-Soncelli übernahm diese Flugblätterin einer Auflage von einigen TausendExemplaren, um sie in Tirol zu verbreiten.Es gibt keinen Beweis, dass dies wirklichgeschehen ist, doch ist anzunehmen, dasser die Flugblätter verbreiten ließ, um siedann in den Kasernen zu „entdecken“ undso gegenüber seinen Vorgesetzten seineTüchtigkeit als Polizist zu beweisen.In diesem Falle wären natürlich dieSoldaten, bei denen solche Flugblättergefunden wurden, vor das Kriegsgerichtgekommen. Doch das sind, wie gesagt,nur Vermutungen. Tatsächlich überredetenaber die Mitarbeiter Soncellis österreichischeGenossen dazu, nach ItalienWaffen und Sprengstoffe zu schmuggeln,um sie dann verhaften und zuschweren Kerkerstrafen verurteilen zulassen. Davon erfuhr ich erst nach derEntlarvung des Provokateurs.Durch Tomann wurde in Wien Soncelli-Ferraridem Korrespondenten desAvanti, Isaac Schweide, und dem AbgeordnetenOddino Morgari vorgestellt.Schweide, der unter dem Pseudonym IsoErante schrieb, stammte aus Argentinien.Er hatte sich in Italien in der sozialistischenJugendbewegung betätigt, warnach seiner Ausweisung in die Schweizgefahren, wo er mit dem internationalenJugendsekretariat in Verbindung trat, und3/09


18 Beiträge<strong>Guido</strong> Zamiš, kommunistischer Journalist (1899–1985).war schließlich mit seiner Familie überDeutschland nach Wien gekommen. Vonda hatte er den sozialistischen AbgeordnetenO. Morgari nach Budapest begleitet,der dort, glaube ich, vor der Versammlungder Arbeiter- und Soldatenräteeine Rede gehalten hat. Die genauen Datendieser Reise ließen sich aus der ungarischenPresse ohne weiteres feststellen.Schweide gab dem Ferrari-Soncelli eineEmpfehlung für den Direktor des Avantiund angesehenen Sozialistenführer Serrati.Morgari hatte soviel Vertrauen zu demProvokateur, dass er ihn als „den uneigennützigstenMenschen dieser Welt“ bezeichnete,da er tatsächlich alle, mit denener in Verbindung kam, in der „uneigennützigsten“Weise unterstützte. So seihier eine der gefährlichsten Provokationenvorweggenommen, die er einleitete.Er ging bei Serrati ein und aus. Als dieFrau Serratis sich darüber beklagte, dassdie Familie keine Mittel hatte, um ihre altesMobiliar zu erneuern, gab er Serratisofort einen zinslosen Kredit von 20.000Lire, der in Raten abzuzahlen gewesenwäre. Doch darüber später.Tomann wollte, dass ich die Verbindungzwischen der KPDÖ und der ISPund daher mit Serrati herstellte. Dazusollte ich die Hilfe Soncelli-Ferraris ausnützen.Damit ich die italienische Grenzkontrollepassieren konnte, verschafftemir Soncelli die Uniform, die Ausweispa-piere und einen Marschbefehlals Leutnant des8. Alpini-Regiments. Soreiste ich mit ihm nachMailand und überbrachteSerrati einen Brief vonTomann. In der gleichenWeise führte ich mehrereReisen durch, wobei dieBriefe, die wir mitführten,natürlich alle zur Kenntnisdes italienischen Innenministeriumsgelangten. DieKopien befinden sich imitalienischen Staatsarchiv.Soncelli reiste dabei niemalsim gleichen Abteilwie ich; wahrscheinlichwies er sich bei den Zugkontrollenin seiner wahrenFunktion und mit seinemwahren Namen aus.Wäre er dagegen mitmir gefahren, bestand dieGefahr, dass durch eineUnvorsichtigkeit von meinerSeite die KontrollorganeVerdacht geschöpfthätten und er zur Ausweisleistungvor mir gezwungen wordenwäre. Soncelli bekam aber von Schweidenoch andere Aufträge, die sich auf ungarischeGenossen bezogen, die in ItalienAsyl suchten, woran ich nicht beteiligtwar. Sie wurden dann alle in Italien verhaftet.Davon erfuhr ich erst nach seinerEntlarvung. Schweide unterhielt sehr engeBeziehungen zum ungarischen Botschafterin Wien, General Czobel.Um größere Bewegungsfreiheit zu haben,gründete Soncelli eine Firma Ferrari-Hofermit Sitz in Bologna und Filialenin Florenz, Mailand und Turin. Hofer warein Tiroler, etwa zwischen 25 und 30 Jahrealt, sehr wortkarg, der sich immer imHintergrund hielt. Ich vermute, dass essich bei ihm auch um einen Polizistenhandelte, ob im Dienste der italienischenoder österreichischen Polizei bleibt dahingestellt.Als Vertreter dieser Firmawurde für Turin der Bruder AntonioGramscis, Gennaro, und für Florenz dersozialistische Jugendfunktionär VirgilioVerdaro angestellt. Gennaro Gramsci warder Administrator der kommunistischenWochenzeitschrift L’Ordine Nuovo.Im Zusammenhang mit der Organisierungder Flucht ungarischer Genossennach Italien versuchte Soncelli eine Provokation,die Béla Kun betreffen sollte.Er macht mir den Vorschlag, Béla Kun,der in Österreich interniert war, zu „befreien“und ihn nach Italien zu bringen.Soncelli hatte dazu schon konkrete Vorbereitungengetroffen und zu diesemZweck einen einsamen Gasthof in Südtirolausfindig gemacht. Damit ich seineEignung als Versteck für Béla Kun beurteilenkonnte, fuhren wir aus Innsbruckmit italienischen Militärfahrzeugen dahin.Diese Gaststätte lag an der Straßezwischen dem Brenner und Bozen, völligisoliert von jeder Ortschaft. Hier hättesich tatsächlich eine Person für einigeZeit ganz unauffällig aufhalten können.Es kam nicht zu dieser Entführung, dieohne Zweifel zur Verhaftung von BélaKun und vielleicht zu seiner Auslieferungan die Horthy-Behörden geführthätte. Dass aber dieser Plan auch weiterverfolgt wurde, zeigt eine Bemerkung ineinem Brief Tomanns an Helene Diesingvom 8. März 1920, in dem es heißt: „<strong>Zamis</strong>ist hier angekommen. Desgleichenkann ich Ihnen mitteilen, dass Raabe herausist und die Bewilligung hat, sich solangein Wien aufzuhalten, als er sichnicht politisch betätigt. (...) Béla Kunund eine Anzahl anderer werden nachItalien gehen, unsere Partei wirkt dafür,um den Genossen die Freiheit zu verschaffen.“(siehe: Renato Monteleone, IlPartito comunista austriaco. Rapporti ecorrispondenza con gli italiani nel primodopoguerra. Genova 1972, S. 49.)Ende Oktober 1919 wurde ich bei meinerAnkunft in Mailand verhaftet, als icheinen Koffer voll Broschüren in ukrainischerSprache mit mir führte, die für dieaus Ostgalizien stammenden, ukrainischsprechendenösterreichischen Kriegsgefangenenin Italien bestimmt waren. Eshandelte sich um „Staat und Revolution“von Lenin, übersetzt von einem in Wienlebenden ukrainischen Genossen. Bevormich die Carabinieri in das Untersuchungsgefängnisbrachten, wurde ich inder Carabinierikaserne „Parini“ von einemhöheren Carabinierioffizier verhört,der, um mich einzuschüchtern, drohte,mich als feindlichen Staatsbürger in italienischerUniform erschießen lassen zukönnen. Was auf mich wenig Eindruckmachte, denn die Zeiten solcher Erschießungenohne Prozess waren schonvorbei. Beim Prozess vor einem Zivilgericht,bei dem mir von der SozialistischenPartei der Advokat Nino Levi als Verteidigergestellt wurde, wurde ich wegen desmissbräuchlichen Tragens der Uniformund der Dienstwaffe zu drei Monaten und23 Tagen Haft verurteilt. Anfang März1920 wurde ich aus Italien ausgewiesenund an der Brennergrenze nach Österreichabgeschoben. Nach der Entlarvung Soncelli-Ferrarisvermutete Schweide, dass3/09


Beiträge 19ich nur deshalb so billig davongekommenwäre, weil der Staatsanwalt über meineRolle in der Affäre Soncelli informiertwar und ich auch weiter zur Verfügungstehen sollte. Stattdessen hatte ich daraufnichts mehr mit Soncelli zu tun, den ichnur gelegentlich bei Schweide sah, wo ichkurze Zeit als Sekretär beschäftigt war.Über die Entlarvung Soncellis kann ichFolgendes authentisch berichten. EinesTages, im Sommer 1920, im Juli oder August,kam in aufgeregtem Zustand dieFrau Schweides, Anita Schweide, geb.Ljubowna, die aus Südrussland stammteund in Rom studiert hatte – wenn ichmich recht erinnere – zu mir in die Wohnungund fragte mich, woher ich den Ferrarikenne. Ich erklärte ihr das. Daraufsagte sie mir, dass es sich um einen Spitzelhandeln dürfte. Er hatte nämlich eineungarische Genossin nach Italien bringensollen, die ihm beim Mittagessen im HauseSchweides gezeigt wurde. Dabei fielein Mal unvorsichtiger Weise der wahreName dieser Genossin. So war Ferrari dereinzige Italiener, der ihn kannte. Als sieaber in Italien verhaftet wurde, sagte ihrder Polizeikommissar sofort wie sie mitihrem wahren Name hieß. So konnte nurFerrari sie verraten haben. Es war alsoAnita Schweide, die als erste begründetenVerdacht gegen Ferrari-Soncelli schöpfte.In der schon erwähnten Broschüre vonMonteleone wird von einer vorherigenanonymen Warnung gegen Ferrari-Soncelligesprochen, ohne dass dazu nähreEinzelheiten geliefert werden.Schweide setzte sofort von diesem Verdachtdie Genossen in Italien in Kenntnis,denen es in Bologna, am Sitze der FirmaFerrari-Hofer gelang, den Provokateurdadurch restlos zu entlarven, dass sie ihmdie Brieftasche entrissen, worin sich seineLegitimationspapiere als Hauptmannder Carabinieri befanden. Alle diese Tatsachenberuhen auf persönliche Erlebnissen.Sie sind von mir bisher niemals veröffentlichtworden.Erst nach der Entlarvung Soncellis fielauf, mit welchem Leichtsinn alle dabeiBeteiligten vorgegangen sind. Aldo Soncellierzählte, dass er aus Mailand stammte– was auch auf Grund seines Dialektesanzunehmen war – und dass er dort eineSchwester habe, bei der er gelegentlichwährend unserer Reisen übernachtete.Serrati wäre es ein Leichtes gewesen, dieseAngaben zu überprüfen. Er verließ sichjedoch auf die Empfehlung von Schweideund Morgari, ohne zu fragen, welcheBürgschaften diese Beiden in Bezug aufden angeblichen Ferrari hatten. Es hatsich auch niemand darum gekümmert, aufGrund welcher Unterlagen die Firma Ferrari-Hoferim Handelsregister eingetragenwurde. Es ist auffallend, dass sie ihrenSitz in Bologna hatte, wo es eine starkesozialistische Stadtverwaltung gab undsomit eine Empfehlung der SozialistischenPartei entsprechend Gewicht hatte.Die wahre Identität Hofers und seine Rolleist auch niemals aufgedeckt worden.Das heißt, dass hier noch manche Entdeckungenzu machen wären.Im Zusammenhang mit der Affäre Soncellientwickelte sich 1921 eine heftigePolemik zwischen Antonio Gramsci undG. M. Serrati im Ordino Nuovo (Tageszeitung)auf der einen und dem Avantiauf der anderen Seite. Siehe dazu die Artikelim Ordino Nuovo, die enthalten sindim Band: Antonio Gramsci, Socialismo efascismo, L’Ordine Nuovo 1921–1922,Torino 1967: „Un altro agente provocatore?“(S. 178–180), „C’é un morto nellastive?“ (S. 185–186), „Serrati e prezzemolo“(S. 210–212), „Come muoiono ipappagalli, che vogliono fare le aquile?“(S. 213–214), „Ecsenza die prezzemolo“(S. 215). Im Avanti finden sich die Entgegnungenin folgendem Nummern: 20.,22., 23., 24., 25. und 26. Juni 1921. OddinoMorgari kam auf die AngelegenheitSoncelli-Ferrari im Nuovo Avanti vom8. April, 6. Mai, 3. und 24. Juni 1939zurück. Gramsci wirft in seinen ArtikelnSerrati vor allem sein leichtsinniges Verhaltengegenüber dem Spitzel vor, wodurchnicht nur zahlreiche Genossen Opferdes Provokateurs wurden, sondernnoch größerer Schaden für die Gesamtbewegunghätte entstehen können.Dabei hebt Gramsci die erstaunlicheTatsache hervor, dass nach der EntlarvungSoncellis in Bologna Serrati in einemBrief vom 27. Oktober 1920 geforderthat, dass „die ganze AngelegenheitFerrari und Komplizen seiner Sorgenüberlassen werde“, da er Material für einediesbezügliche Pressekampagne sammle.Die wurde aber niemals geführt. So kames, dass Soncelli niemals als Provokateurgebrandmarkt wurde und die Öffentlichkeitnicht vor ihm gewarnt wurde.Dazu kann ich mit Bestimmtheit sagen,dass, so wie ich es oben geschildert habe,der erste Verdacht gegen den Provokateurim Sommer 1920 aufkam undSchweide sofort die italienischen Genossendavon in Kenntnis setzte. Dies warim Juli oder August 1920, und es kannvielleicht einige Wochen gedauert haben,bis sich die Gelegenheit bot, Soncelli indie Falle zu locken. Das Zögern Serratisist vermutlich im Zusammenhang mitdem Kredit zu sehen, den er von Soncellierhalten hatte. Außerdem stellte Gramscifest, dass es nicht Serrati war, der Soncellientlarvte, sondern die KommunistenMarangoni und Vezzelli in Bologna.Auch das kann ich auf Grund der Mitteilungen,die mir damals Schweide machte,bestätigen. Auch die falsche DarstellungSerratis, die diesen in einem günstigenLichte in dieser für ihn peinlichen Affäreerscheinen lassen soll, als hätte er Soncellientlarvt. Dazu erklärt Gramsci, dassNitti den „unbestechlichen“ Serrati mit20.000 Lire ködern wollte, um sich damitdie Möglichkeit einer Zusammenarbeitetmit der sozialistischen Rechten zu verschaffen.Es sei möglich, dass einer derRechten diese „wunderschöne Falle“, umden „Unbestechlichen“ zu Grunde zurichten, Nitti suggeriert habe. Gramsciweist auch auf die Folgen hin, die dasVerhalten des Führers der SozialistischenPartei hätte haben können. „Wenn, nachdemSerrati in die Schlinge gegangenwar, die Sozialistische Partei die Massenzu einer Aktion auf die Straße gerufenhatte, hätte Nitti leicht in diesen Verwirrungund Entmutigung hervorrufen können,indem er in der bürgerlichen Pressedas Faksimile des Schuldscheins hätteveroeffentlichen lassen, woraus hervorgegangenwäre, dass Giacinto MenottiSerrati, der allgemein als unbestechlichgalt, 20.000 Lire von einem Spitzel angenommenhatte.“Deshalb also hatte Serrati 1920 keinInteresse, die Affäre Soncelli an diegroße Glocke zu hängen.Besuch von <strong>Alfred</strong>o BauerAnlässlich seines 85. Geburtstages besuchtder österreichisch-argentinischeSchriftsteller <strong>Alfred</strong>o Bauer seineGeburtsstadt Wien. Besonderes Anliegenist es ihm, der Zeit seines Lebens für einegerechte, demokratische <strong>Gesellschaft</strong> undgegen den faschistischen Ungeist kämpfte,das Andenken an die Mitstreiter diesesKampfes aufrecht zu erhalten. Die AL-FRED KLAHR GESELLSCHAFT organisiertgemeinsam mit <strong>Alfred</strong>o Bauer, der Österreichisch-Kubanischen<strong>Gesellschaft</strong> undder Kubanischen Botschaft eine Gedenkfeierlichkeitfür Ernesto „Che“ Guevaraund lädt anschließend zu einer Lesungmit dem Schriftsteller ein.Freitag, 9. Oktober 2009, 15.00Che-Guevara-Denkmalim Wiener DonauparkDie Örtlichkeit für die anschließendeLesung wird noch bekannt gegeben.3/09

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