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Die Deportation der Hildesheimer Juden in den Jahren 1942 und ...

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<strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong>1945Jörg AscheDer britisch-kanadische Bombenangriff am 22. März 1945 vernichtete <strong>in</strong> Hildesheim e<strong>in</strong>engroßen Teil <strong>der</strong> städtischen Schriftquellen zur Verfolgung <strong>und</strong> Vernichtung <strong>der</strong><strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong>. <strong>Die</strong> Dokumente lagerten zum größten Teil im Rathaus, welchesdurch die Bombenangriffe massiv beschädigt wurde, samt Schriftdokumenten. Dadurchkonnte man unter An<strong>der</strong>em nur auf die nicht sehr umfangreiche Dokumentensammlungvom Hauptstaatsarchiv Hannover zugreifen. Dementsprechend wusste man nicht vielüber die <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong>.<strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong>, im Juli <strong>1942</strong>, sowie e<strong>in</strong>e Namensliste von 51deportierten <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> <strong>den</strong> geschriebenen Werken von MarlisBuchholz, erschienen 1987, <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Dokumentation <strong>der</strong> ,,Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Verfolgtendes Naziregimes, veröffentlicht 1988.Das nie<strong>der</strong>sächsische Hauptstaatsarchiv <strong>in</strong> Hannover hat nun weitere wichtige Quellenzum Schicksal <strong>der</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> veröffentlicht, darunter weitere <strong>Deportation</strong>slisten <strong>und</strong>Bildquellen, die die damaligen Ergebnisse festhalten. <strong>Die</strong> Bildquellen zeigen die zur<strong>Deportation</strong> vorgesehenen <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> Hildesheim <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Abtransport <strong>1942</strong>.2. <strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus HildesheimDurch die Arbeit von Marlis Buchholz ist das Schicksal <strong>der</strong> meisten <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong>h<strong>in</strong>reichend geklärt. Sie konnte durch Schriftwechsel mit e<strong>in</strong>igen <strong>Die</strong>nststellen e<strong>in</strong>engenauen Zeit- <strong>und</strong> Organisationsplan ermitteln. Dadurch konnte sie <strong>den</strong> Abtransport <strong>der</strong>meisten <strong>Ju<strong>den</strong></strong> beschreiben. E<strong>in</strong>ige unbekannte Zeitzeugenberichte konnten dieseGeschehnisse noch e<strong>in</strong>mal erhellen <strong>und</strong> vertiefen.Bis 1945 wur<strong>den</strong> <strong>in</strong>sgesamt drei Mal <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim deportiert. Der dritte, letzte<strong>Deportation</strong>sschub hat <strong>den</strong> bisher verschont geblieben <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus ,,Mischehen´´gegolten. Im zweiten <strong>Deportation</strong>sschub aus Hannover am 31. März <strong>1942</strong>, befan<strong>den</strong> sicherstmals <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim.2.1 <strong>Die</strong> erste <strong>Deportation</strong> von <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim am 31. März<strong>1942</strong><strong>Hildesheimer</strong> Jahrbuch für Stadt <strong>und</strong> Stift HildesheimBand 74, 2002S.149-217, <strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong> 1945,Mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen aus e<strong>in</strong>em Amateurfilm <strong>und</strong> weiteren Bilddokumentenvom März <strong>1942</strong>


Nach <strong>den</strong> ersten bei<strong>den</strong> <strong>Deportation</strong>swellen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vom 15.Oktober bis zum8.November 1941 <strong>und</strong> vom 8.November 1941 bis zum 6.Februar <strong>1942</strong> waren dieVorbereitungen für e<strong>in</strong>en dritten <strong>Deportation</strong>sschub, unter Führung von SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, bereits getroffen. <strong>Die</strong> Gestapo <strong>Die</strong>nststellensollten e<strong>in</strong>e Liste <strong>der</strong> verbleiben<strong>den</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> im ,,Altreich´´ erstellen <strong>und</strong> Herrn Eichmannübergeben.Am 19. März <strong>1942</strong> gab <strong>der</strong> Gestapo-Chef <strong>und</strong> Oberregierungsrat Rudolf Batz e<strong>in</strong>R<strong>und</strong>schreiben zur Abwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> bekannt. In diesem Schreiben hielt er exaktfest, welche <strong>Ju<strong>den</strong></strong> für <strong>den</strong> Abtransport bestimmt waren. Nicht erfasst wur<strong>den</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> die<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ,,deutsch-jüdischen Mischehe´´ lebten, <strong>Ju<strong>den</strong></strong> ausländischerStaatsangehörigkeit, <strong>in</strong> ,,geschlossene kriegswichtigen Arbeitse<strong>in</strong>satz bef<strong>in</strong>dliche<strong>Ju<strong>den</strong></strong>´´, sowie <strong>Ju<strong>den</strong></strong> über 65 <strong>Jahren</strong> <strong>und</strong> transportunfähige <strong>Ju<strong>den</strong></strong> ab 53 Jahre. Überverschie<strong>den</strong>e Zwischenstationen sollte es dann nach E<strong>in</strong>sammlung <strong>der</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> RichtungOsten gehen.Vor dem Transport nach Osten wur<strong>den</strong> die <strong>Ju<strong>den</strong></strong> strengstens kontrolliert. Sie durftenaußer ihren Eher<strong>in</strong>gen, 50 kg Gepäck, Bettzeug, Transportverpflegung für 3 Tage <strong>und</strong>Essgeschirr nichts Weiteres mitnehmen. Den ohneh<strong>in</strong> schon ausgeplün<strong>der</strong>ten Menschenwurde ihr gesamtes Vermögen bei Grenzübertritt genommen <strong>und</strong> dem Deutschen Reichüberschrieben. Des Weiteren erhielten Sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Polizeikaserne <strong>in</strong> Hildesheim sogenannteTransportnummern, die Sie sichtbar an <strong>der</strong> Kleidung anzubr<strong>in</strong>gen hatten. <strong>Die</strong>Nummerierung <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> begann bei ,,Nr.401´´ <strong>und</strong> endete bei,,Nr.464´´.Unter unmenschlichen Bed<strong>in</strong>gungen bei Fahrt <strong>und</strong> Wartezeit an Bahnhöfen traf <strong>der</strong> Zug,wie<strong>der</strong> über e<strong>in</strong>ige Zwischenhaltestellen fahrend, <strong>in</strong> Warschau e<strong>in</strong>. Nur wenigeInformationen liegen nach <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> Warschau vor.<strong>Die</strong> Augenzeug<strong>in</strong> Lieselotte Rosenbaum schil<strong>der</strong>te die furchtbare Situation <strong>und</strong> dadurchauch ihre eigene hilflose Lage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief. Sie beschrieb, wie 160 Männer im Alter von16 bis 37 <strong>Jahren</strong> zu e<strong>in</strong>em Transport nach Trebl<strong>in</strong>ka wegmussten. <strong>Die</strong>se halfen sehrwahrsche<strong>in</strong>lich beim Aufbau dieses Massenvernichtungslagers, wo vermutungsweise auchdas Leben <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> gewaltsam beendet wurde.2.2 <strong>Die</strong> zweite <strong>Deportation</strong> von <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim am 23. Juli<strong>1942</strong>Der zweite <strong>Deportation</strong>sschub erfasste die verblieben<strong>den</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> im gesamtenRegierungsbezirk Hildesheim am 23. Juli <strong>1942</strong> <strong>und</strong> sollte sie nach Theresienstadtverschleppen. Auch hier wurde exakt bestimmt, welche <strong>Ju<strong>den</strong></strong> für <strong>den</strong> Transportbestimmt waren. Für die Verschleppung nach Theresienstadt waren <strong>Ju<strong>den</strong></strong> ,, über 65Jahre bzw. 55 Jahre alte gebrechliche´´, ,,Inhaber des Verw<strong>und</strong>etenabzeichens´´ <strong>und</strong>die ,,Träger hoher Kriegsauszeichnungen´´ vorgesehen. ,,Vorrang´´ hatten jedoch die<strong>Hildesheimer</strong> Jahrbuch für Stadt <strong>und</strong> Stift HildesheimBand 74, 2002S.149-217, <strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong> 1945,Mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen aus e<strong>in</strong>em Amateurfilm <strong>und</strong> weiteren Bilddokumentenvom März <strong>1942</strong>


<strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus <strong>den</strong> Altersheimen. Der Ablauf dieses Transportes entsprach dem des ersten<strong>Deportation</strong>sschubes. Das Schicksal vieler dieser Menschen bleibt ungewiss, man kannsich aber sicher se<strong>in</strong>, dass viele von ihnen nach dem Transport nach Theresienstadt <strong>in</strong>Ausschwitz landeten, wo sie ermordet wur<strong>den</strong>.2.3 <strong>Die</strong> dritte <strong>Deportation</strong> von <strong>Ju<strong>den</strong></strong> aus Hildesheim im Februar1945Der dritte <strong>und</strong> letzte <strong>Deportation</strong>sschub <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> fand wenige Wochen vorKriegsende statt. Er umfasste nun auch die <strong>in</strong> ,,Mischehen´´ leben<strong>den</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>und</strong> brachtesie nach Theresienstadt. 220 Personen waren für diese <strong>Deportation</strong> vorgesehen, vier<strong>Hildesheimer</strong> Person waren auch darunter gefasst. E<strong>in</strong>er von ihnen, Rudolf Schönfel<strong>der</strong>überlebte die Fahrt <strong>und</strong> <strong>den</strong> Aufenthalt <strong>in</strong> Theresienstadt, wurde von <strong>den</strong> sowjetischenTruppen befreit, <strong>und</strong> gelang Mitte Juni 1945 zurück nach Hildesheim.3. Bilddokumente über die <strong>Ju<strong>den</strong></strong>deportationen: Zur allgeme<strong>in</strong>enQuellenlageBilddokumente, die die <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> Deutschland zeigen s<strong>in</strong>d nur sehrwenige erhalten geblieben, deshalb hat die folgende Reihe von Bil<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>en großenSeltenheits- <strong>und</strong> Quellenwert. <strong>Die</strong> Bil<strong>der</strong> zeigen die <strong>Deportation</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong><strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong> 1945 <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong> Situationen. Sie zeigen unter An<strong>der</strong>emwartende Personen an Güterbahnhöfen o<strong>der</strong> die Leibesvisite wo ihnen alles genommenwird was sie besitzen, außer wie oben genannt ihre Eher<strong>in</strong>ge etc..4. <strong>Die</strong> <strong>Hildesheimer</strong> Bildquellen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Amateurfilmer KambergerErw<strong>in</strong> Kamberger, geboren am 2.3.1900 <strong>in</strong> Hildesheim, gestorben am 31.10.1961 <strong>in</strong>Hildesheim, nahm e<strong>in</strong>en über 56 Sekun<strong>den</strong> gehen<strong>den</strong> Kurzfilm auf. <strong>Die</strong>ser handelteunter an<strong>der</strong>em von <strong>der</strong> Ankunft <strong>und</strong> Durchsuchung von <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Warten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emKasernenkomplex.Kamberger hatte zu dieser Zeit e<strong>in</strong> sehr ausgefallenes Hobby, das Filmemachen. Er trafsich mit Freun<strong>den</strong> zusammen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Kreis <strong>und</strong> entwickelte zusammen mitihnen Themen <strong>und</strong> Titel <strong>der</strong> im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gedrehten Filme.<strong>Hildesheimer</strong> Jahrbuch für Stadt <strong>und</strong> Stift HildesheimBand 74, 2002S.149-217, <strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong> 1945,Mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen aus e<strong>in</strong>em Amateurfilm <strong>und</strong> weiteren Bilddokumentenvom März <strong>1942</strong>


Kamberger setzte sich dafür e<strong>in</strong>, dass die Stadt Hildesheim e<strong>in</strong> eigenes Filmarchivbesitzen sollte. <strong>Die</strong>ser Wunsch wurde jedoch nicht genehmigt <strong>und</strong> zweimal abgelehnt.Jedoch wur<strong>den</strong> e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er gedrehten Filme im Stadtarchiv Hildesheim aufgenommen<strong>und</strong> dort sicher verwahrt.<strong>Hildesheimer</strong> Jahrbuch für Stadt <strong>und</strong> Stift HildesheimBand 74, 2002S.149-217, <strong>Die</strong> <strong>Deportation</strong> <strong>der</strong> <strong>Hildesheimer</strong> <strong>Ju<strong>den</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>1942</strong> <strong>und</strong> 1945,Mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen aus e<strong>in</strong>em Amateurfilm <strong>und</strong> weiteren Bilddokumentenvom März <strong>1942</strong>

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