20 Jahre Kunsthof Zürich - Zürcher Hochschule der Künste

20 Jahre Kunsthof Zürich - Zürcher Hochschule der Künste 20 Jahre Kunsthof Zürich - Zürcher Hochschule der Künste

12.07.2015 Aufrufe

32Zett 2–13/ Kunst & MedienLanger Wegvon derIdee zurAusstellungDas Kuratieren von Diplomausstellungen ist eineverzwickte Angelegenheit. Wer denkt, mit demPlatzieren von Objekten nach einem zuvor ausgedachtenKonzept seis getan, irrt. Viele Detailsgilt es zu berücksichtigen, von der Raumform biszu Werken, die zur Zeit der Planung erst als Ideeexistieren. Martin Jaeggi* berichtet aus der Praxisim Departement Kunst & Medien.Vergleicht man das Kuratieren einer Diplomausstellung, wiesie an der ZHdK jeden Frühsommer während zweier Wochenstattfindet, mit dem Kuratieren einer regulären Gruppenausstellung,stellt man fest, dass der Vorgang fast gegenläufig ist.In der Regel steht bei einer Gruppenausstellung am Anfangeine Idee oder ein Thema, danach müssen Werke gefundenwerden, deren Zusammenstellung die Grundidee sichtbareForm werden lässt. Ganz anders eine Diplomausstellung: AmAnfang stehen Werke oder Werkideen einer Gruppe von Studierenden,die wohl die Erfahrung ihres gemeinsamen Studiumsverbindet, deren Werke jedoch meist eine beträchtlicheinhaltliche und formale Spanne abstecken. Die Aufgaben derKuratorin oder des Kuratorenteams besteht nun darin, dieschrittweise Materialisierung der Werke kritisch reflektierendzu begleiten und zugleich eine Ausstellung zu entwerfen,die diese Werke in einen sinnstiftenden Zusammenhang stellt.Dabei gilt es, formale und inhaltliche Affinitäten unter denWerken aufzuspüren oder zu konstruieren in steter Rücksprachemit den Studierenden.Die Kuratierenden müssen nicht nur die selbst gesteckteninhaltlichen Ansprüche befriedigen, das Ausstellungskonzeptmuss auch die Akzeptanz der Studierenden finden, für die dieDiplomausstellung als Schlusspunkt ihres Studiums emotionalstark besetzt ist. Dem Wunsch nach einem gelungenenGanzen steht der Platzwunsch der Einzelnen gegenüber, dieAngst, zu wenig Beachtung zu erfahren. Hier wird den Kuratierendeneiniges an Verhandlungsgeschick abverlangt, umeine Balance zwischen diesen Ansprüchen herzustellen.Narratives Potenzial von RäumenEin zweiter wesentlicher Ausgangspunkt neben den Werkensind die Räume, die einen Knackpunkt darstellen können, daes sich mit Ausnahme der beiden Galerien im Sihlquai 125 umSchulräume und Ateliers handelt, im Falle des Masters FineArts gar um Büroräume. Diese können oft erst durch Einbauten,die das Team der Museumswerkstatt jedes Jahr mitgrossem Einsatz fertigstellt, als Ausstellungsräume tauglichgemacht werden. In diese Räume müssen nun die Werke eingefügtwerden, sie geben die Möglichkeiten inhaltlicher Gliederungvor durch ihre Grösse und Folge. Kuratieren bedeutetnicht zuletzt, das narrative Potenzial von Räumen auszuloten.Oben: Pascal Sidler, Bachelor Medien & Kunst, Vertiefung Bildende Kunst: «360°»,Diplomausstellung 2013 am Sihlquai 125. Foto: Philip LeutertUnten: Florian Fülscher, Master Fine Arts: «Einfalt», Diplomausstellung 2013 an derFörrlibuckstrasse 178/180. Foto: Jon EtterDie Ausstellungen des Departements Kunst & Medien lassensich denn auch in kuratorischer Hinsicht als Reaktionauf die Beschaffenheit der Räume lesen. Im Sihlquai 125, wodie Vertiefungen Bildende Kunst und Fotografie angesiedeltsind, stehen zwei grosse Galerieräume zur Verfügung. In derBildenden Kunst kam für die diesjährige Diplomausstellungüberdies der grosse Raum an der Pfingstweidstrasse dazu,wo Arbeiten mit performativen und/oder partizipatorischenAspekten gezeigt wurden, während in der Galerie der Vertiefungformal ausgerichtete, in Schwarz, Weiss und Graugehaltene Arbeiten zueinander in Bezug gesetzt wurden. Imviergeteilten Galerieraum der Vertiefung Fotografie wurdenfür die diesjährige Diplomausstellung in einem Teil Arbeitengruppiert, die sich mit Abstraktion auseinandersetzen, ineinem anderen Arbeiten, die durch verschiedenartige Hängungenund Gliederungen von Fotografien (Wolke, Gitter,grafische Anordnung) inhaltliche Strukturen generieren.Die Schulräume in beiden Vertiefungen nutzten die Kuratierendenfür installative Arbeiten, die teils auch explizit dieRaumbeschaffenheit thematisierten.Ausstellungskojen im einstigen GrossraumbüroGanz anders stellt sich die Ausgangslage am Sihlquai 131 beider Vertiefung Mediale Künste dar. Die Folge der Räume ist

Kunst & Medien / Zett 2–1333Oben: Bachelor Medien & Kunst, Vertiefung Fotografie, Diplomausstellung 2013am Sihlquai 125. Foto: Flavio KarrerUnten: Joris Stemmle, Bachelor Medien & Kunst, Vertiefung Mediale Künste: «Lautsprecher,weisses Rauschen moduliert», Diplomausstellung 2013 am Sihlquai 131. Foto: Aron Martyhier wesentlich verwinkelter und erstreckt sich über dreiStockwerke, was freilich den Arbeiten, meist Installationenund Projektionen, oft mit Ton, entgegenkommt. Die Kuratierendender Ausstellung, Pauline Baudry, Eran Schaerf undAndrea Thal, schufen für die Diplomausstellung 2013 eine ArtParcours, der die Besucherinnen und Besucher in die einzelnenArbeiten eintauchen liess und gleichwohl in seiner Abfolgethematische Verbundenheiten aufscheinen liess, wie etwadie Auseinandersetzung mit Geschlecht als Performance, mitEin- und Ausschlussmechanismen und Machtstrukturen,die elektronische Medien generieren. Den wohl eigenwilligstenRaum bespielte der Master Fine Arts in Zürich-West:ein ehemaliges Grossraumbüro ohne Raumunterteilung, nurunterbrochen durch die Lift- und Treppenhäuser in der Gebäudemitte.Kurator Erik Steinbrecher ging mit den beidenRaumhälften unterschiedlich um: Auf der einen Seite liesser den Raum offen und platzierte die Werke in der offenenRaumflucht, auf der anderen baute der Architekt Tobias Klausereine Folge von Kojen, die es erlaubte, vor allem installativeArbeiten in sich geschlossen zu zeigen.De la Fuente O de Franco, Master Fine Arts: «Apparitio regis – Revelatioveritatis #1», Diplomausstellung 2013 an der Förrlibuckstrasse 178/180.Foto: Jon EtterMuseale Ruhe nach hektischen TagenNach dreimonatigen Vorbereitungen folgt der zehntägigeAufbau. Was lange bedacht und beredet, umkreist und umrissenwurde, muss sich nun materialisieren. Bei einigen läuftdies rund, bei anderen sind Anpassungen nötig, sei es, weilder Raum es fordert, oder seien es die Tücken des Materials.Während die Studierenden an diesem Punkt ganz auf ihreWerke fokussiert sind, müssen die Kuratierenden ständigzwischen dem grossen Ganzen und den kleinen Details hinundherwechseln: Einerseits gilt es, den Studierenden mitRat zur Seite zu stehen, andererseits stellt sich heraus, obdas kuratorische Konzept, erstellt auf Grundlage von blossenWerkideen und -skizzen, tatsächlich aufgeht oder ob dienun ihre endgültige Form annehmenden Werke nach Anpassungenverlangen. Daneben gilt es, organisatorische Detailswie die Reinigung der Ausstellungsräume vor der Eröffnungoder das Aufschliessen der Räume durch den Hausdienst zuorganisieren. Wenn man schliesslich nach den hektischen,nervösen Tagen des Aufbaus durch die fertigen Ausstellungenspaziert, mischt sich Erleichterung mit Erstaunen darüber,dass sich diese nun mit fast schon musealer Ruhe und Gesetztheitpräsentieren.* Martin Jaeggi ist freischaffender Autor und Kurator sowie Dozent imBachelor Medien & Kunst in der Vertiefung Fotografie, Dept. Kunst & Medien(martin.jaeggi@zhdk.ch).

32Zett 2–13/ Kunst & MedienLanger Wegvon <strong>der</strong>Idee zurAusstellungDas Kuratieren von Diplomausstellungen ist eineverzwickte Angelegenheit. Wer denkt, mit demPlatzieren von Objekten nach einem zuvor ausgedachtenKonzept seis getan, irrt. Viele Detailsgilt es zu berücksichtigen, von <strong>der</strong> Raumform biszu Werken, die zur Zeit <strong>der</strong> Planung erst als Ideeexistieren. Martin Jaeggi* berichtet aus <strong>der</strong> Praxisim Departement Kunst & Medien.Vergleicht man das Kuratieren einer Diplomausstellung, wiesie an <strong>der</strong> ZHdK jeden Frühsommer während zweier Wochenstattfindet, mit dem Kuratieren einer regulären Gruppenausstellung,stellt man fest, dass <strong>der</strong> Vorgang fast gegenläufig ist.In <strong>der</strong> Regel steht bei einer Gruppenausstellung am Anfangeine Idee o<strong>der</strong> ein Thema, danach müssen Werke gefundenwerden, <strong>der</strong>en Zusammenstellung die Grundidee sichtbareForm werden lässt. Ganz an<strong>der</strong>s eine Diplomausstellung: AmAnfang stehen Werke o<strong>der</strong> Werkideen einer Gruppe von Studierenden,die wohl die Erfahrung ihres gemeinsamen Studiumsverbindet, <strong>der</strong>en Werke jedoch meist eine beträchtlicheinhaltliche und formale Spanne abstecken. Die Aufgaben <strong>der</strong>Kuratorin o<strong>der</strong> des Kuratorenteams besteht nun darin, dieschrittweise Materialisierung <strong>der</strong> Werke kritisch reflektierendzu begleiten und zugleich eine Ausstellung zu entwerfen,die diese Werke in einen sinnstiftenden Zusammenhang stellt.Dabei gilt es, formale und inhaltliche Affinitäten unter denWerken aufzuspüren o<strong>der</strong> zu konstruieren in steter Rücksprachemit den Studierenden.Die Kuratierenden müssen nicht nur die selbst gesteckteninhaltlichen Ansprüche befriedigen, das Ausstellungskonzeptmuss auch die Akzeptanz <strong>der</strong> Studierenden finden, für die dieDiplomausstellung als Schlusspunkt ihres Studiums emotionalstark besetzt ist. Dem Wunsch nach einem gelungenenGanzen steht <strong>der</strong> Platzwunsch <strong>der</strong> Einzelnen gegenüber, dieAngst, zu wenig Beachtung zu erfahren. Hier wird den Kuratierendeneiniges an Verhandlungsgeschick abverlangt, umeine Balance zwischen diesen Ansprüchen herzustellen.Narratives Potenzial von RäumenEin zweiter wesentlicher Ausgangspunkt neben den Werkensind die Räume, die einen Knackpunkt darstellen können, daes sich mit Ausnahme <strong>der</strong> beiden Galerien im Sihlquai 125 umSchulräume und Ateliers handelt, im Falle des Masters FineArts gar um Büroräume. Diese können oft erst durch Einbauten,die das Team <strong>der</strong> Museumswerkstatt jedes Jahr mitgrossem Einsatz fertigstellt, als Ausstellungsräume tauglichgemacht werden. In diese Räume müssen nun die Werke eingefügtwerden, sie geben die Möglichkeiten inhaltlicher Glie<strong>der</strong>ungvor durch ihre Grösse und Folge. Kuratieren bedeutetnicht zuletzt, das narrative Potenzial von Räumen auszuloten.Oben: Pascal Sidler, Bachelor Medien & Kunst, Vertiefung Bildende Kunst: «360°»,Diplomausstellung <strong>20</strong>13 am Sihlquai 125. Foto: Philip LeutertUnten: Florian Fülscher, Master Fine Arts: «Einfalt», Diplomausstellung <strong>20</strong>13 an <strong>der</strong>Förrlibuckstrasse 178/180. Foto: Jon EtterDie Ausstellungen des Departements Kunst & Medien lassensich denn auch in kuratorischer Hinsicht als Reaktionauf die Beschaffenheit <strong>der</strong> Räume lesen. Im Sihlquai 125, wodie Vertiefungen Bildende Kunst und Fotografie angesiedeltsind, stehen zwei grosse Galerieräume zur Verfügung. In <strong>der</strong>Bildenden Kunst kam für die diesjährige Diplomausstellungüberdies <strong>der</strong> grosse Raum an <strong>der</strong> Pfingstweidstrasse dazu,wo Arbeiten mit performativen und/o<strong>der</strong> partizipatorischenAspekten gezeigt wurden, während in <strong>der</strong> Galerie <strong>der</strong> Vertiefungformal ausgerichtete, in Schwarz, Weiss und Graugehaltene Arbeiten zueinan<strong>der</strong> in Bezug gesetzt wurden. Imviergeteilten Galerieraum <strong>der</strong> Vertiefung Fotografie wurdenfür die diesjährige Diplomausstellung in einem Teil Arbeitengruppiert, die sich mit Abstraktion auseinan<strong>der</strong>setzen, ineinem an<strong>der</strong>en Arbeiten, die durch verschiedenartige Hängungenund Glie<strong>der</strong>ungen von Fotografien (Wolke, Gitter,grafische Anordnung) inhaltliche Strukturen generieren.Die Schulräume in beiden Vertiefungen nutzten die Kuratierendenfür installative Arbeiten, die teils auch explizit dieRaumbeschaffenheit thematisierten.Ausstellungskojen im einstigen GrossraumbüroGanz an<strong>der</strong>s stellt sich die Ausgangslage am Sihlquai 131 bei<strong>der</strong> Vertiefung Mediale Künste dar. Die Folge <strong>der</strong> Räume ist

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