72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de
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28 Dieser Brief ist bereits veöffentlicht. In: Meyer BW I, S. 125 f.<br />
29 Allgemein lassen sich die Penaten als ›Hausgötter‹ bezeichnen. Abgeleitet ist <strong>de</strong>r Begriff von penus ›<strong>de</strong>r Vorratskammer‹<br />
bzw. <strong>de</strong>m ›innersten Teil eines Hauses‹. Diese Götter beschützten die Wohnstätte und ihre Bewohner.<br />
Ihnen war ein Kult am Herd <strong>de</strong>s Hauses gewidmet. In Wandmalereien in Pompeji sind u. a. Jupiter (Zeus), Mars<br />
(Ares), Venus (Aphrodite) und Volcanus (Hephaistos) als Penaten gekennzeichnet. Doch gehören im Prinzip alle<br />
im Inneren eines Hauses verehrten Gottheiten dazu. Schliemann war also nach langer Weltreise ›nach Hause‹<br />
zurückgekehrt.<br />
30 Schliemann wur<strong>de</strong> am 6. Januar 1822 in Neubukow geboren und wuchs zwischen 1823 und 1831 in Ankershagen<br />
auf. Es existieren einige Belege von ihm, in <strong>de</strong>nen er Ankershagen fälschlicherweise als seinen Geburtsort bezeichnet.<br />
31 Bei diesem Buch han<strong>de</strong>lt es sich um: Albert Nie<strong>de</strong>rhöffer, Mecklenburgische Volkssagen, in vier Bän<strong>de</strong>n, 1858-<br />
1862. Die Sage von Henning Bra<strong>de</strong>nkierl (Henning von Holstein) nahm Schliemann in seine Selbstbiographie (Einleitung<br />
zu »Ilios. Stadt und Land <strong>de</strong>r Trojaner«) von 1881 auf .<br />
64<br />
Brief vom 27. März 1866 (GL Sch A, B 60:3, 54670 f.) 28<br />
(übersetzt von Felix Lämmerhirt)<br />
Carolus Andres<br />
Henrico Schliemanno<br />
S.P.D.<br />
Gratulor tibi, te salvum hospitemque ex<br />
longis itineribus ad Penates tuos rediisse.<br />
Sperabam, te nos quoque aditurum esse,<br />
ut manuscripta vetera, vicum tuum natalem<br />
spectantia, quae in bibliotheca nostra asservantur,<br />
inspiceres. Quae spes quum me fefellerit,<br />
mitto tibi narratiunculam <strong>de</strong> Henningis<br />
equite Ankershagiensi, e libro quodam, qui<br />
inscribitur: »Mecklenburgische Volkssagen«<br />
<strong>de</strong>mtam, quam legere tua fortasse interest.<br />
Apographa manuscriptorum si voles, omni<br />
tempore tibi suppeditare possum. – Status<br />
rerum mearum provecta aetate non melior fit,<br />
omni virium mearum contentione opus est, ut<br />
ad vitam necessaria mihi comparem. Quodsi<br />
aliqua ex porte ad levandam tristem meam<br />
conditionem conferre poteris, magnam tibi<br />
habebo gratiam. Vale mihique fave!<br />
1866<br />
Carl Andres, Neu Strelitz 27 Mrz<br />
Carolus Andres grüßt<br />
Heinrich Schliemann<br />
Ich gratuliere dir, dass du gesund und<br />
wohlbehalten von <strong>de</strong>n langen Reisen zu <strong>de</strong>inen<br />
Penaten 29 zurückgekehrt bist. Ich hoffte, dass<br />
du auch zu uns kommen wirst, damit du<br />
die alten Manuskripte, welchen <strong>de</strong>inen Geburtsort<br />
30 betreffen und in unserer Bibliothek<br />
aufbewahrt wer<strong>de</strong>n, anschauen kannst. Da<br />
mich diese Hoffnung getäuscht hat, schicke ich<br />
dir diese Geschichte über Henning, <strong>de</strong>n Ankershagener<br />
Ritter aus einem Buch, welches überschrieben<br />
wur<strong>de</strong> mit „Mecklenburgische Volkssagen“,<br />
die dich vielleicht interessiert zu lesen. 31<br />
Die Abschrift <strong>de</strong>r Manuskripte kann ich dir,<br />
wenn du willst, zu je<strong>de</strong>r Zeit schicken. Der<br />
Zustand meiner Angelegenheiten wird in <strong>de</strong>r<br />
nächsten Zeit nicht besser sein, da alle Anstrengung<br />
meiner Kräfte nötig sein wird,<br />
damit ich mir die lebensnotwendigen Dinge<br />
verschaffen kann. Wenn du einen gewissen Teil<br />
zur Erleichterung meines tristen Daseins<br />
beitragen kannst, wer<strong>de</strong> ich dir ewig dankbar<br />
sein. Bleib gesund und bleibe mir gewogen!<br />
1866<br />
Carl Andres, Neu Strelitz 27 Mrz<br />
Die Arbeit an <strong>de</strong>n lateinischen Briefen hat allen Beteiligten viel Freu<strong>de</strong> gemacht. In die Übersetzungen<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler wur<strong>de</strong> seitens <strong>de</strong>s Lehrers nur behutsam eingegriffen.<br />
Heinrich-Schliemann-Museum und Heinrich-Schliemann-Gesellschaft möchten diese Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m Neuen Carolinum und an<strong>de</strong>ren Gymnasien weiter intensivieren, <strong>de</strong>nn<br />
zahlreiche fremdsprachige Briefe warten auf wissbegierige Schülerinnen und Schüler.