72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de
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tivem Sinne. Der Herzog schrieb auch Fest- und Lustspiele und fand damit Eingang wenigstens<br />
in die mecklenburgische Literaturgeschichte.<br />
Auch die nächste Generation setzte die ehelichen Verbindungen mit königlichen und kaiser -<br />
lichen Familien fort, mit Großbritannien, Dänemark und Russland.<br />
Deutschland fand erst spät zur Form <strong>de</strong>s Nationalstaates. Bis zu seiner Gründung konnte es<br />
nicht als ganzes, son<strong>de</strong>rn nur in seinen Teilen im Konzert <strong>de</strong>r europäischen Mächte mitspielen.<br />
Daher haftet <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Kleinstaaten <strong>de</strong>r Ruch <strong>de</strong>s Rückständigen, Lächerlichen an. Sie blieben<br />
bestehen, weil ihre Nachbarn an ihnen nicht interessiert waren o<strong>de</strong>r sich nicht über sie einigen<br />
konnten. Diese Staaten hatten aber im <strong>de</strong>utschen Umfeld ihre Existenzberechtigung, solange<br />
sie ihre Aufgaben erfüllen konnten: die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, Rechtssicherheit<br />
zu gewähren und höhere Bildungseinrichtungen zu unterhalten. Die Behebung sozialer<br />
Notlagen sah man im allgemeinen noch nicht als Aufgaben <strong>de</strong>s Staates an. Auch eine planmäßige<br />
Wirtschaftspolitik erwartete man nicht von <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherren. Wenn sie sich darum bemühten,<br />
die Erwerbstätigkeit ihrer Untertanen zu för<strong>de</strong>rn, dachten sie in erster Linie an eine Steigerung<br />
ihrer eigenen Einkommen.<br />
Wenn Adolf Friedrich II. in Mirow Münzen schlagen ließ, bezweckte er dreierlei: einmal seinen<br />
Herrschaftsanspruch und sein Münzrecht zu <strong>de</strong>monstrieren, die Wirtschaft mit Zahlungsmitteln<br />
zu versorgen und schließlich durch die Herstellung von Schei<strong>de</strong>münzen sich Einnahmen<br />
zu verschaffen. Letztlich hatte er aber keinen Erfolg und mußte die Münze einstellen. Seine<br />
Nachfolger betrieben ebenfalls diese Münzpolitik. Sie ließen sogar 5-Taler-Stücke und einen<br />
Dukaten, reine Han<strong>de</strong>ls- und Prestigemünzen, schlagen. Die letzten Münzen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s waren<br />
1872 nur noch 5-, 2- und 1-Pfennig-Stücke.<br />
Das Schlagen von Münzen war immer mit Risiken verbun<strong>de</strong>n. Daher verfielen viele Lan<strong>de</strong>sherren<br />
darauf, nach <strong>de</strong>m Stein <strong>de</strong>r Weisen suchen zu lassen. Unedle Metalle in Gold verwan<strong>de</strong>ln<br />
zu können, hätte für immer volle Kassen be<strong>de</strong>utet – hätte allerdings auch das Zahlungssystem<br />
ruiniert. Auch Adolf Friedrich II. bemühte sich, vorsichtig, auf diesem Wege seiner Schul<strong>de</strong>n<br />
Herr zu wer<strong>de</strong>n. Da die Alchimie sich in seiner Zeit langsam zur Chemie entwickelte, hatte er<br />
schließlich doch einen Gewinn. Den Holzreichtum <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Stargard hatte er bislang nur<br />
durch Verkauf <strong>de</strong>r Stämme genutzt sowie um Teer und Holzkohle herzustellen. Die Beschäftigung<br />
mit <strong>de</strong>r Literatur führte ihn dazu, Holz zu Pottasche verarbeiten zu lassen. Diese war ohne<br />
größere Kenntnisse auch von Bauern herzustellen. Pottasche fand vielfache Verwendung und<br />
war daher stark nachgefragt. Sie diente zur Herstellung von Seifen. Damit hatte sie auch Be<strong>de</strong>utung<br />
für die Textilmanufaktur. Sie war als Düngemittel in <strong>de</strong>r Landwirtschaft einsetzbar. Da <strong>de</strong>r<br />
Rin<strong>de</strong>rbestand in <strong>de</strong>r frühen Neuzeit zurückgegangen war, war Mist knapp gewor<strong>de</strong>n. Weiterhin<br />
war Pottasche ein Grundstoff für die Herstellung von Schwarzpulver und von Glas. Schließlich<br />
wur<strong>de</strong> durch die Rodung von Waldstücken neues Ackerland gewonnen.<br />
So geschah es auch im Land Stargard: Neben Pottasche wur<strong>de</strong> grünes Glas und Schwarz pulver<br />
hergestellt. Abgeholzte Flächen führten zu Schafzucht. Um die Wolle zu Tuchen verarbeiten zu<br />
können, ließ <strong>de</strong>r Herzog eine Walkmühle und eine Färberei errichten. Er för<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Obst -<br />
anbau und legte Tabakskulturen an. Die Manufakturen wur<strong>de</strong>n jedoch vielfach unter Adolf<br />
Friedrich III. wie<strong>de</strong>r aufgegeben.<br />
Während Adolf Friedrich II. die Bevölkerungszahl durch die Ansetzung von Bauern zu heben<br />
suchte, kam es unter seinem Sohn dazu, diese an manchen Orten zu legen o<strong>de</strong>r umzusetzen.<br />
Adolf Friedrischs III. Ziel war es, die Gemengelage auf <strong>de</strong>m Land zu beseitigen. Im Gegensatz<br />
zum Fürstentum Ratzeburg waren die Bauern im Land Stargard leibeigen. Adolf Friedrich IV.<br />
kaufte weiter Güter für das Domanium an, um seinen Besitz abzurun<strong>de</strong>n. Weiterhin versuchte<br />
er, <strong>de</strong>m zu stark genutzten Wald wie<strong>de</strong>r aufzuhelfen.<br />
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