01.12.2012 Aufrufe

72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de

72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de

72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Herzog Karl 1803 im Reichs<strong>de</strong>putationshauptschluss, als 53 neue Stimmen für <strong>de</strong>n Reichstag<br />

verteilt wur<strong>de</strong>n, eine Stimme für die Herrschaft Stargard; wohlgemerkt nicht für Mecklenburg-<br />

Strelitz.<br />

Als das Reich 1806 sein En<strong>de</strong> fand, war <strong>de</strong>r Strelitzer Herzog Karl theoretisch zum Souverän<br />

gewor<strong>de</strong>n. Sein Beitritt zum napoleonischen Rheinbund legte diese Stellung sogar ausdrücklich<br />

fest. Die von Napoleon unterzeichnete Akte, mit <strong>de</strong>r Herzog Karl 1808 in <strong>de</strong>n Rheinbund aufgenommen<br />

wur<strong>de</strong>, spricht nicht nur von le Duc <strong>de</strong> Mecklembourg-Strélitz, son<strong>de</strong>rn erstmals auch<br />

von <strong>de</strong>m Duché <strong>de</strong> Mecklembourg-Strélitz. Erst seit diesem Zeitpunkt fasste man das Fürstentum<br />

Ratzeburg und das Land Stargard staatsrechtlich als Herzogtum Mecklenburg-Strelitz zusammen.<br />

Auf <strong>de</strong>m Wiener Kongreß wur<strong>de</strong> das Reich nicht wie<strong>de</strong>r hergestellt, son<strong>de</strong>rn die <strong>de</strong>utschen<br />

Fürsten behielten ihre Souveränität, vereinigten sich aber zum Deutschen Bund. Bei<strong>de</strong>n<br />

mecklenburgischen Herzögen erkannte man <strong>de</strong>n Rang von Großherzögen von Mecklenburg zu.<br />

Es gab nun die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz.<br />

Soweit die staatsrechtliche Seite. Doch welche außenpolitischen Möglichkeiten besaßen die<br />

Strelitzer Herzöge als Stän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Reiches und als Souveräne? Ihre Lan<strong>de</strong> hatten einem Umfang<br />

von 3.000 qkm und 1815 eine Bevölkerung von 70.000 Einwohnern. Bezogen auf <strong>de</strong>n Deutschen<br />

Bund, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Ei<strong>de</strong>r bis zum Adriatischen Meer und von <strong>de</strong>r Maas bis zur oberen Weichsel<br />

reichte, be<strong>de</strong>utete dies: Mecklenburg-Strelitz hatte eine Fläche von 0,5 v. H. <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und<br />

eine Einwohnerzahl von 0,2 v. H. Hier zeigt sich die Bevölkerungsarmut <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s. Mecklenburg-Strelitz<br />

hatte überhaupt die geringste Bevölkerungsdichte in Deutschland. Große Politik<br />

war selbst für ganz Mecklenburg nicht mehr zu machen, zumal wenn man die großen Mächte in<br />

<strong>de</strong>r Nachbarschaft berücksichtigt: Schwe<strong>de</strong>n, Bran<strong>de</strong>nburg-Preußen, Hannover, das mit Großbritannien<br />

in Personalunion verbun<strong>de</strong>n war. Schließlich ist auch Dänemark zu nennen, zu <strong>de</strong>m<br />

zwar eine Landgrenze nur mit seinen <strong>de</strong>utschen Besitzungen bestand, das aber von Warnemün<strong>de</strong><br />

aus in Sichtweite lag und liegt.<br />

Die Strelitzer Herzöge versuchten von Anfang an, neutral zu bleiben. Aber schon <strong>de</strong>r Güstrower<br />

Erbfolgefall hatte nicht nur <strong>de</strong>n Kaiser, son<strong>de</strong>rn auch die großen Mächte beschäftigt. Beson<strong>de</strong>rs<br />

Schwe<strong>de</strong>n war an <strong>de</strong>m weiteren getrennten Bestehen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>steile Schwerin und<br />

Güstrow interessiert, um eine Stärkung <strong>de</strong>s Schweriner Herzogs zu verhin<strong>de</strong>rn. Zur Zeit <strong>de</strong>s<br />

Hamburger Vergleichs hatte <strong>de</strong>r dritte Nordische Krieg schon begonnen. Hier wie im späteren<br />

Siebenjährigen Krieg konnte <strong>de</strong>r Strelitzer Herzog seine Neutralität behaupten. Das hieß aber<br />

nicht, dass das Land Stargard von <strong>de</strong>r Not <strong>de</strong>r Kriege wirklich verschont blieb. Gewaltsame<br />

Werbungen, Truppendurchmärsche und For<strong>de</strong>rungen von Geld und Naturalien lasteten schwer<br />

auf <strong>de</strong>r Bevölkerung. Stargard lag verhältnismäßig abgelegen vom Operationsgebiet <strong>de</strong>r Kriegsparteien,<br />

im Gegensatz zum Fürstentum Ratzeburg, das von <strong>de</strong>r Strelitzer Geschichtsschreibung<br />

vielfach übersehen wird. – Zu Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong> Mecklenburg-Strelitz aber in<br />

<strong>de</strong>n Russlandfeldzug Napoleons hineingezogen.<br />

Konnten die Strelitzer Herzöge sich aus <strong>de</strong>m Streit <strong>de</strong>r Großen für ein Jahrhun<strong>de</strong>rt weitgehend<br />

heraushalten, wenn sie auch – wie es heute verharmlosend heißt – Kollateralschä<strong>de</strong>n zu<br />

erdul<strong>de</strong>n hatten, so gab es Reibereien mit <strong>de</strong>m Schweriner Vettern. Der Schweriner Herzog<br />

Christian Ludwig strebte, um die Stän<strong>de</strong> zu schwächen, eine völlige Trennung von Strelitz an.<br />

Doch <strong>de</strong>r Vereinbarung stand Karl Ludwig Friedrich in Mirow, ein Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s regieren<strong>de</strong>n Strelitzer<br />

Herzogs entgegen. Auch Großbritannien-Hannover stützte <strong>de</strong>n Mirower Herzog, weil es<br />

eine Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s preußischen Einflusses nach Nor<strong>de</strong>n verhin<strong>de</strong>rn wollte. Nach Karl Ludwig<br />

Friedrichs Tod beanspruchte Christian Ludwig die Vormundschaft über Adolf Friedrich IV.,<br />

ebenso die Herzogin-Witwe Elisabeth Albertine. Verhandlungen hierüber wur<strong>de</strong>n von Strelitzer<br />

Seite in die Länge gezogen, weil man ein Eingreifen <strong>de</strong>s Kaisers erhoffte. Dies wie<strong>de</strong>rum befürchtete<br />

Christian Ludwig, und er ließ das Schloß in Neustrelitz besetzen. Kurz darauf wur<strong>de</strong><br />

Adolf Friedrich IV. vom Kaiser für volljährig erklärt und er konnte die Regierung übernehmen.<br />

38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!