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72. Jg. – Nr. 140 Sommer 2008 - carocktikum.de

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Die Geschichte eines vergangenen Lan<strong>de</strong>s:<br />

Mecklenburg-Strelitz<br />

Wenn Freun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Werke Fritz Reuters <strong>de</strong>n Namen Mecklenburg-Strelitz hören, merken sie auf.<br />

In diesem Großherzogtum verbrachte <strong>de</strong>r Dichter sieben Jahre und durchlebte seine wichtigste<br />

Schaffensperio<strong>de</strong>. Ich nenne an Veröffentlichungen aus dieser Zeit »Kein Hüsung«, »Ut <strong>de</strong> Franzosentid«,<br />

»Ut mine Festungstid« sowie die ersten bei<strong>de</strong>n Teile von »Ut mine Stromtid«. Doch<br />

Mecklenburg-Strelitz spielte auch im Werk Reuters eine Rolle. Während seiner letzten Lebensperio<strong>de</strong><br />

in Eisenach ließ er »Dörchläuchting« erscheinen. Bei <strong>de</strong>r Titelfigur han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

Herzog Friedrich Wilhem IV. von Mecklenburg-Strelitz.<br />

Doch was war Mecklenburg-Strelitz? Seit wann gab es überhaupt ein Herzogtum dieses Namens?<br />

Heute ist Mecklenburg-Strelitz als Landkreis ein unterer Verwaltungsbezirk <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s<br />

Mecklenburg-Vorpommern. Es hat annähernd die Größe <strong>de</strong>s ehemaligen Lan<strong>de</strong>s Stargard.<br />

Hiervon getrennt ist seit 1934 das Gebiet <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ratzeburg. Es ist kaum noch im Bewusstsein,<br />

dass dies einmal Teil von Mecklenburg-Strelitz gewesen ist.<br />

Mecklenburg ist in seiner tausendjährigen Geschichte die meiste Zeit in verschie<strong>de</strong>ne Herrschaftsbereiche<br />

aufgeteilt gewesen. Als mit Gustav Adolf die Güstrower Linie ausstarb, konnte<br />

Herzog Friedrich Wilhelm ganz Mecklenburg vereinen. Doch er hatte nicht mit seiner Verwandtschaft<br />

gerechnet. Gustaf Adolf hatte seinen Schwiegersohn Adolf Friedrich II., einen Onkel<br />

Friedrich Wilhelms, zu seinem Erben bestimmt. Auch auswärtige Mächte suchten, ihre Interessen<br />

zu wahren, und mischten sich ein.<br />

Es folgte ein langwieriger Erbschaftsstreit. Eine kaiserliche Kommission brachte schließlich<br />

1701 in Hamburg einen Vergleich zustan<strong>de</strong>. Friedrich Wilhelm wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anfall <strong>de</strong>s Fürstentums<br />

Güstrow grundsätzlich bestätigt, Adolf Friedrich aber das Fürstentum Ratzeburg – man<br />

beachte die Reihenfolge! – sowie die Herrschaft Stargard zuerkannt. Adolf Friedrich erhielt über<br />

<strong>de</strong>n Stargar<strong>de</strong>r Distrikt die volle Lan<strong>de</strong>shoheit, allerdings hatte er die mecklenburgische Kirchen-<br />

und die Polizeiordnung unverän<strong>de</strong>rt zu beachten. Ebenfalls gemeinsam blieben die Ritterund<br />

Landschaft in ihrer Union von 1621 mit <strong>de</strong>m Landkasten, also <strong>de</strong>r Steuererhebung, das<br />

Konsistorium und das Hof- und Landgericht.<br />

Mit <strong>de</strong>m Hamburger Vertrag war die Linie Mecklenburg-Strelitz <strong>de</strong>s Hauses Mecklenburg<br />

entstan<strong>de</strong>n. Sie hatte Bestand bis 1918. Doch ein Land dieses Namens gab es noch nicht. 1701<br />

wur<strong>de</strong> kein Herzogtum Mecklenburg-Strelitz begrün<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn nur eine neue Linie <strong>de</strong>s Hauses<br />

Mecklenburg, die sich nach <strong>de</strong>r Resi<strong>de</strong>nz nannte, wie man das in Schwerin tat und bisher in<br />

Güstrow getan hatte. Adolf Friedrich II. residierte im Schloß von Strelitz. Als dieses 1712 abgebrannt<br />

war, ließ Adolf Friedrich III. das Jagdschloß im nahegelegenen Glienke am Zierker See<br />

zum Schloss ausbauen und verlegte seine Resi<strong>de</strong>nz in dieses Neustrelitz. Seit<strong>de</strong>m erfolgte die<br />

planmäßige Anlage <strong>de</strong>r gleichnamigen Stadt.<br />

Adolf Friedrich II. war als neuer Fürst von Ratzeburg zum Reichsfürsten gewor<strong>de</strong>n. Als solcher<br />

besaß er Sitz und Stimme auf <strong>de</strong>m Reichstag und auf <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rsächsischen<br />

Reichskreises. Im Fürstentum Ratzeburg gab es keine Stän<strong>de</strong>, auf die er Rücksicht nehmen mußte.<br />

Die Herrschaft Stargard blieb jedoch in <strong>de</strong>r ständischen Verfassung Teil <strong>de</strong>s Fürstentums Güstrow.<br />

Die Schweriner Herzöge versuchten die Strelitzer zunächst als abgeteilte Prinzen zu behan<strong>de</strong>ln.<br />

Im Verfassungsrecht <strong>de</strong>s Reiches gab es das Fürstentum Ratzeburg, aber kein Herzogtum<br />

Mecklenburg-Strelitz. Erst als das Reich sich schon in Auflösung befand, erhielt <strong>de</strong>r Strelitzer<br />

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