März 2003 (PDF) - An.schläge
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haben sich dazu zehn Grazer Frauenprojekte<br />
vernetzt.<br />
Superfrau is back. Schon 1988 wollte die<br />
Künstlerinnengruppe „Eva & Co“ diesen<br />
Zustand nicht mehr hinnehmen und deklarierte<br />
Graz zum „Intergalaktischen<br />
Zentrum für Superfrauen“. Die „Steirische<br />
Kulturinitiative“ lud KünstlerInnen,<br />
so auch Veronika Dreier und Eva Ursprung<br />
ein,„Ideen für Graz“ für einen Kalender<br />
zu entwickeln. Auf Kalender und<br />
Postkarte folgte die reale Figur in sechs<br />
Metern Größe, die 1989 mit einem Ballon<br />
ins All startete. Seitdem schwebt „Superfrau“<br />
am Himmel über Graz, an besonders<br />
klaren Nächten auch mit freiem Auge<br />
sichtbar. Immer wieder diente sie als<br />
Leitbild der Grazer Frauenszene: sei es als<br />
Baldachin an der Spitze der 8. <strong>März</strong>-Demonstration,<br />
als Cover des Grazer Frauenstadtplanes<br />
oder als Buchumschlag. Ihre<br />
neueste Wiederkehr ist eine vielfache: als<br />
Logo von WOMENT! trägt Superfrau den<br />
Gedanken von Frauenpower in alle Publikationen<br />
des Projekts und darüber hinaus.<br />
Wie das so ist mit Schutzheiligen,<br />
sind sie nur in Form von Amuletten<br />
tatsächlich greifbar: Superfrau-Kugelschreiber<br />
und Feuerzeuge sollten in keiner<br />
Handtasche fehlen. Ein Griff zum<br />
Feuerzeug bei komplizierten Verhandlungen<br />
– und schon springt der Funke<br />
feministischer Inspiration in die erhitzten<br />
Köpfe.<br />
Kapaun und Paradiesäpfel. „Eva & Co“ hat<br />
sich 1992 nach zehnjährigem Bestehen<br />
mit einem Manifest aufgelöst, doch der<br />
Kampfgeist blieb lebendig. Als „Kunstverein<br />
W.A.S.“ (Womyn´s Art Support),<br />
arbeiten die Protagonistinnen weiterhin<br />
an gemeinsamen Kunstprojekten. Eines<br />
davon ist das „Restaurant a la Prato“ im<br />
restaurant.mayers. 1 Hier gibt es über das<br />
Jahr verteilt gemeinsame Essen, inspiriert<br />
von der Grazer Kochbuchautorin<br />
Katharina Prato (1818 – 1897), der erfolgreichsten<br />
österreichischen Autorin ihrer<br />
Zeit. Gekocht wird nach ihren Rezepten,<br />
als Hauptgericht werden die Inhalte der<br />
inszenierten Tischkonversationen, Lesungen<br />
und Diskussionen serviert. Eröffnet<br />
wird am 7. <strong>März</strong> mit „Kapaun und Paradiesäpfel“,<br />
einer Performance von W.A.S.<br />
(Veronika Dreier, Doris Jauk-Hinz, Eva Ursprung),<br />
Musik von Se-Lien Chuang (Elektronik)<br />
sowie <strong>An</strong>nette Giesriegl (Gesang),<br />
am Feuer ist Bettina Fabian. Am 6. Juni<br />
gibt es „Kopfwurst und Luftstrudel“, eine<br />
delikate Lesung von Margret Kreidl und<br />
Karin Ivancsics im Gedeck von Sarah<br />
Godthart, und am 6. September informiert<br />
Erika Thümmel mit gnadenlosen<br />
Rezepten „von Kuh–Eutern,Wildschweinköpfen<br />
und Kalbsohren“. Am 7. November<br />
gibt es „Damenkrapferln, Krachtorten<br />
und Pomeranzenaufläufe“ mit den Ethnologinnen<br />
Elisabeth Katschnig-Fasch<br />
und Florence Weiss. Mit dem Restaurant<br />
wird Katharina Prato eine lebendige,<br />
zeitgemässe Form eines Denkmales gewidmet.<br />
Denk mal. Kernprojekt von WOMENT!<br />
sind „20+03 Orte“: 23 Gedenktafeln, die<br />
dauerhaft an frauenhistorisch wichtigen<br />
Gebäuden montiert werden, um die<br />
Geschichte und aktuelle Leistungen von<br />
Frauen in dieser Stadt zu würdigen. Damit<br />
werden die von Brigitte Dorfer und<br />
Ilse Wieser in über einem Jahrzehnt gewonnenen<br />
Erkenntnisse der Grazer<br />
FrauenStadtSpaziergänge in der ganzen<br />
Stadt präsent sein. Die Künstlerin Veronika<br />
Dreier stellte 1990 im Auftrag der<br />
Frauenbeauftragten Grete Schurz in einer<br />
Studie fest, dass von 193 Gedenktafeln,<br />
Denkmälern, Plastiken insgesamt<br />
lediglich vier Frauen gewidmet waren!<br />
Bei den Straßennamen ist es ähnlich:<br />
Karl Kubinsky und Astrid Wentner, HerausgeberInnen<br />
des Buches „Grazer<br />
Straßennamen“, wunderten sich, dass<br />
mehr Straßen nach Vogelnamen als<br />
nach Frauen benannt sind. Die Aufarbeitung<br />
und Dokumentation von Grazer<br />
Frauengeschichte ist also mehr als notwendig.<br />
Eine Gemeinsamkeit der ausgewählten<br />
Frauen, Frauengruppen sowie<br />
für Mädchen/Frauen/Lesben wichtigen<br />
Orte und Ereignisse ist Widerständigkeit<br />
gegen traditionelle weibliche <strong>An</strong>forderungen<br />
und Rollenzuschreibungen, gegen<br />
totalitäre Systeme, gegen Gewalt.<br />
Die jeweilige Form der Widerständigkeit<br />
ist dabei sehr unterschiedlich.<br />
Geehrt werden u.a. die Widerstandskämpferin<br />
Maria Cäsar (geb. 1920), die<br />
weltberühmte Fotografin Inge Morath<br />
(1923 – 2002), die erste weibliche Abgeordnete<br />
im Steirischen Landtag, die Sozialdemokratin<br />
Martha Tausk (1881 –<br />
1957), wie auch die Komponistin Olga<br />
Neuwirth (geb. 1968). Erinnert wird an<br />
den Ersten Österreichischen Fahrradverein<br />
(1893 – 1898) ebenso wie an das<br />
Erste Autonome Frauenzentrum der<br />
Steiermark (1977–1981).<br />
Zur Gestaltung der Tafeln wurde im<br />
Mai 2002 ein Wettbewerb durchgeführt,<br />
den die Künstlerin Sabina Hörtner für<br />
sich entscheiden konnte. Die Inschriftstexte<br />
wurden von der Journalistin und<br />
Autorin Eva Rossmann erarbeitet.<br />
Im Netz. Mit insgesamt zehn Netz-Produktionen<br />
ist WOMENT! auch virtuell<br />
aktiv. Das Projekt „FrauenWEGE“ der Katholischen<br />
Frauenbewegung erforscht<br />
und vermittelt ab 8. <strong>März</strong> interreligiöse<br />
und überkonfessionelle Frauengeschichte<br />
unter der Projektleitung von Maria<br />
Irnberger.<br />
Das Straßen-Theaterprojekt des Frauengesundheitszentrum<br />
Graz (gemeinsam<br />
mit InterACT) widmet sich ab 27. Juni<br />
dem Thema „Auf den Leib geschrieben.<br />
KörperKult(ur):Weibesfülle und Widerwille“.<br />
In drei interaktiven Aufführungen<br />
für die Straße werden Dimensionen des<br />
Körpererlebens von Frauen dargestellt.<br />
Um in männlich dominierten Territorien<br />
Mädchen-Räume zu erobern und<br />
zu gestalten, produzierte der Verein Mafalda<br />
– Beratung und Projekte für Mädchen<br />
– den Videoclip „MAKE ä SIGN“. Die<br />
Kamera begibt sich auf den Weg durch<br />
die Stadt und erlaubt im Virtuellen eine<br />
Positionierung seiner jungen Bewohnerinnen.<br />
Es wird ein Zeichen gesetzt, an<br />
Plätzen und Orten, die als Netzwerk für<br />
die Mädchen „Stadt“ bedeuten.<br />
In der Theoriewerkstatt „Movements-<br />
Monuments“ der Interuniversitären Koordinationsstelle<br />
für Frauenforschung<br />
und -studien der Universitäten Graz<br />
setzen sich von 15. – 17. Mai Wissenschafterinnen,<br />
Künstlerinnen und alle Interessierten<br />
mit Identität, Erinnerung, Gedenken<br />
und Denkmälern auseinander.<br />
Wie kann der Gefahr der Festschreibung<br />
von Frauengeschichte, von Musealisierung<br />
begegnet werden?<br />
Das Projekt „PLAKATIV!“ des DOKU<br />
Graz präsentiert ab 8. <strong>März</strong> als virtuelle<br />
Ausstellung die Geschichte der Frauenbeauftragten<br />
der Stadt Graz.<br />
<strong>An</strong>gesichts der fortdauernden Gewalt<br />
gegen Frauen, gegen „die <strong>An</strong>deren,<br />
die Fremden“, ist das Projekt WOMENT!<br />
als ein Versuch zu verstehen, der Entwürdigung,<br />
dem Verschweigen und dem<br />
Unsichtbarmachen der Vielfalt menschlichem<br />
– insbesondere weiblichem – Lebens<br />
entgegenzuwirken. ❚<br />
woment!grazkultur<br />
1 Restaurant a la Prato,<br />
Sackstrasse 29/III, 8010 Graz.<br />
Eröffnung: 7.3. <strong>2003</strong>, 20 Uhr<br />
Infos unter:<br />
http://woment.mur.at/index_<br />
WOMENT.html<br />
http://www.doku.at/plakativ<br />
WOMENT!-Falter:<br />
Überblick über die zehn WOMENT!-<br />
Produktionen. Jahresprogramm der<br />
FrauenStadtSpaziergänge <strong>2003</strong>.<br />
WOMENT!-Infopoint:<br />
Cafe Palaver, Griesgasse 8,<br />
8020 Graz.<br />
Zum weiterlesen:<br />
„Über den Dächern von Graz ist<br />
Liesl wahrhaftig. Eine Stadtgeschichte<br />
der Grazer Frauen“.<br />
Carmen Unterholzer, Ilse Wieser,<br />
Wiener Frauenverlag 1996<br />
märz <strong>2003</strong>an.<strong>schläge</strong> 35