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März 2003 (PDF) - An.schläge

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sechs Lebensjahren dringend braucht,<br />

ist der Lebensmittelpunkt der Frau die<br />

Familie. (...) Die Männer hingegen, die ja<br />

durch ihre rein biologische Aufgabe<br />

nicht entfernt vergleichbar beansprucht<br />

und gefordert werden, sind eher Kulturals<br />

Naturwesen, ihre natürliche Aufgabe<br />

liegt im Aufbau und in der Ausgestaltung<br />

der kulturellen Gemeinschaft“.<br />

Dieses Bild ist in der recht(sextrem)en<br />

Szene weit verbreitet. Die Auswirkungen<br />

dieses Frauenbildes im recht(sextrem)en<br />

Umfeld sind in Form und Intensität<br />

allerdings sehr unterschiedlich.<br />

Einzelne Elemente sind aber in jeder<br />

Ausprägung recht(sextrem)en Denkens<br />

verankert. Die Frau wird immer im Zusammenhang<br />

mit Mutterschaft und als<br />

Naturwesen gesehen, die das Volk zu<br />

erhalten hat. So wie die Natur Wärme<br />

schenkt, so soll auch die Frau Geborgenheit<br />

spenden und die Familie zusammenhalten.<br />

In Österreich propagierten<br />

FPÖ-Frauen das Bild der Frau und Mutter<br />

– diesem Bild entspricht auch die<br />

Einführung des Kinderschecks. So wird<br />

auch die langjährige Klubobfrau der<br />

Freiheitlichen im Kärntner Landtag von<br />

Hans-Henning Scharsach zitiert:„Kindergärten<br />

sind für sie eine ‚Sünde wider<br />

die Natur’. Pille und sexuelle Freizügigkeit<br />

bezeichnet sie als ‚Erniedrigung der<br />

Frau’. Ein staatliches Muttergeld solle<br />

die strenge Aufzucht wieder schmackhafter<br />

machen.“<br />

Die Notwendigkeit der Geschlechtertrennung<br />

wird biologistisch erklärt:<br />

die Frau sei aufgrund ihrer Natur besser<br />

für den wichtigen Reproduktionsbereich<br />

geeignet, der Mann hingegen<br />

sorgt als Jäger und Sammler in der Erwerbsarbeit<br />

dafür, dass die Frau ruhig<br />

reproduzieren kann. Dass hier Emanzen<br />

und Feministinnen die Gegnerinnen<br />

schlechthin sind, ist klar, denn sie stellen<br />

diese naturgegebene Ordnung in<br />

Frage. Sie sind für Abtreibung und Verhütung<br />

und bringen damit die Volksgemeinschaft<br />

in Gefahr.<br />

Wirklichkeit. Die Rolle, welche die Frau in<br />

recht(sextrem)en Organisationen tatsächlich<br />

einnimmt, steht oft im Widerspruch<br />

zum Wunschbild der „Frau“ im<br />

recht(sextrem)en Denken. Frauen sitzen<br />

nicht zuhause und warten darauf, dass<br />

die Kinder groß werden, sondern neh-<br />

men aktiv teil an der Entwicklung des<br />

Rechtsextremismus. Bis das angestrebte<br />

Weltbild erreicht ist, dürfen offensichtlich<br />

auch Frauen mit „Hand anlegen“<br />

– inwieweit, darüber scheiden sich<br />

die Meinungen in der rechtsextremen<br />

Szene. Dabei stoßen die Frauen oft auf<br />

Kritik von Männern und Frauen, aber sie<br />

werden auch immer wieder in ihrem<br />

Tun unterstützt.<br />

Dabei spielt Gewalt eine zentrale<br />

Rolle. Auch wenn Frauen nicht immer<br />

in der ersten Reihe stehen, wenn es um<br />

gewalttätige Übergriffe geht, so sind<br />

sie doch auch aktiv beteiligt. Das wird<br />

deutlich, wenn der starke Einfluss traditioneller<br />

Rollenbilder im recht(sextrem)en<br />

Umfeld berücksichtigt wird.<br />

Erwartet wird von Frauen, zu schweigen<br />

und Gewalt abzulehnen – darum<br />

greifen sie oft zur Durchsetzung ihrer<br />

Interessen auf andere Gewaltformen<br />

zurück und bedienen sich der Gewalt<br />

Dritter. So sind es z.B. die Partnerinnen<br />

der Skinheads, die als klatschende Zuschauerinnen<br />

ihre Männer unterstützen<br />

und anspornen. Häufig greifen sie<br />

auch auf strukturelle Gewalt zurück<br />

und fordern von Justiz und Exekutive<br />

strengere Gesetze und ausgrenzende<br />

Maßnahmen. Auch wenn sich Frauen<br />

ausdrücklich gegen gewalttätige Auseinandersetzungen<br />

mit AusländerInnen<br />

aussprechen, so hat eine Studie<br />

von Horn-Metzger und Riegel bestätigt,<br />

dass sich durchschnittlich die Hälfte<br />

der Frauen für strukturelle Maßnahmen<br />

zur Ausgrenzung und Ungleichbehandlung<br />

ausspricht. Frauen – insbesondere<br />

junge Frauen – üben aber auch<br />

immer öfter direkte Gewalt aus. Die<br />

<strong>An</strong>zahl der schlagenden Skingirls<br />

steigt.<br />

Gewalt von Frauen gegenüber<br />

Frauen schafft Respekt und <strong>An</strong>erkennung.<br />

Wenn Frauen immer mehr auch<br />

in die „männliche“ Gewaltsphäre eindringen,<br />

stellt sich die Frage inwieweit<br />

die vorherrschende Geschlechtertrennung<br />

damit aufgelöst wird. Es ist also<br />

auch in einem recht(sextrem)en Umfeld<br />

die Gleichberechtigung in gewissen Bereichen<br />

nicht unbekannt, obwohl die<br />

geschlechtsspezifische Trennung einen<br />

wichtigen Bestandteil der vertretenen<br />

Ordnung darstellt. Nationalfeministinnen,<br />

wie Sophie Rogger-Börner, sahen<br />

die germanische Rasse als so weit entwickelt,<br />

dass die beiden Geschlechter<br />

gleichberechtigt nebeneinander bestehen<br />

können. Und auch für viele schlagende<br />

Skingirls sind die speerwerfenden<br />

Walküren aus dem Germanenmythos<br />

Vorbild für ihr Handeln.<br />

Aufwertung. Das Ausschließen „der <strong>An</strong>deren“<br />

vom Zugang zu Gütern und von kultureller<br />

Partizipation ist ein konstituierendes<br />

Element im recht(sextrem)en Gedankengut<br />

und festigt auch recht(sextrem)e<br />

Frauen in ihrem Denken. Darüber hinaus<br />

fühlen sie sich aufgewertet durch das<br />

<strong>An</strong>preisen ihrer Fähigkeit zu „Gebähren“.<br />

In der Differenzierung zwischen der „Wir-<br />

Gruppe“ und „den <strong>An</strong>deren“ werden Frauen<br />

in der „Wir-Gruppe“ inkludiert. In der<br />

Hierarchie begeben sie sich damit eine<br />

Stufe nach oben – auch sie sind den „<strong>An</strong>deren“<br />

übergeordnet.<br />

Recht(sextrem)e Parteien werden<br />

auch von Frauen gewählt. Ob es der<br />

Wunsch nach Aufwertung der eigenen<br />

Person, die Flucht vor Überforderung<br />

durch Doppel- und Dreifachbelastung<br />

oder die <strong>An</strong>gst vor dem Fremden ist – die<br />

derzeit aktuelle gesellschaftliche Situation<br />

fördert den Zulauf von Frauen zu<br />

recht(sextrem)en Organisationen. Durch<br />

die <strong>An</strong>gst vor Übergriffen „der <strong>An</strong>deren“<br />

werden Gewalt und Konflikte in der „Wir-<br />

Gruppe“ verdrängt und überdeckt.„Niemand“<br />

fürchtet sich mehr vor der Gewalt<br />

der „echten“ österreichischen Männer<br />

zuhause oder auf der Straße, sondern die<br />

Gefahr geht von den fremdländisch aussehenden<br />

Männern aus.<br />

Die reale Situation der Frau in<br />

recht(sextrem)en Organisationen gestaltet<br />

sich anders als es die Vorstellungen<br />

des Rechtsextremismus von einer<br />

guten Frau sind. Zwar ist die neue Stellung<br />

der Frau in diesem Umfeld sehr<br />

wohl umstritten aber dennoch toleriert.<br />

Am Gedankengut wird aber deshalb<br />

nicht gerüttelt. Um ihre Ziele zu erreichen<br />

sind scheinbar alle Frauenbilder<br />

erlaubt. Zu hoffen bleibt, dass sie auf<br />

Grund ihrer Widersprüchlichkeit nie ankommen,<br />

denn das Bild, das sie – abgesehen<br />

von all den anderen untragbaren<br />

ideologischen <strong>An</strong>sätzen – von Frauen<br />

und Geschlechtertrennung haben, ist<br />

ein vergangenheitsbezogenes patriarchales<br />

HERRscherbild. ❚<br />

frauenrechte<br />

märz <strong>2003</strong>an.<strong>schläge</strong> 33

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