März 2003 (PDF) - An.schläge
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auchen, weil sie ihre Männer vor Gericht<br />
bringen, oder sich scheiden lassen<br />
wollen. Es gibt professionelle Frauenorganisationen,<br />
die in ganz Afrika<br />
vertreten sind, wie zum Beispiel AWLA<br />
(Association of Women Lawyers in Afrika),<br />
oder FAWE (Federation of African<br />
Women Educationists). FAWE hat in<br />
ganz Afrika viel Medienarbeit geleistet,<br />
um auf die Notwendigkeit, Mädchen<br />
zur Schule zu schicken, aufmerksam zu<br />
machen. Frauen von AWLA haben in<br />
Ghana gerade ein landesweites Forschungsprojekt<br />
initiiert, in dem sie die<br />
Verbreitung von sexueller Gewalt untersuchen.<br />
Pseudofeminismen. Seit Ende der 70er Jahre<br />
sind auch entwicklungspolitische Organisationen<br />
des Westens „genderbewusster“<br />
geworden. Heutzutage fordern<br />
sie, dass in Projektanträgen „gender<br />
issues“ berücksichtigt und benannt<br />
werden. <strong>An</strong> sich keine schlechte Strategie,<br />
aber manche NGO’s (Nichtregierungsorganisationen)<br />
geben bestenfalls<br />
Lippenbekenntnisse von sich, nur um zu<br />
Projektgeldern zu kommen. In der Praxis<br />
haben sie mit Frauenangelegenheiten<br />
wenig am Hut.<br />
Wissenschaftlerinnen wie Amina<br />
Mama aus Nigeria und Dzodzi Tsikata<br />
aus Ghana haben sich kritisch gegenüber<br />
dem sogenannten „First Lady Syndrome“<br />
geäußert: Immer wieder geben<br />
sich Frauen von Staatsoberhäuptern als<br />
Frauenführerinnen aus. Sie organisierten<br />
jedoch lediglich Frauen für die Parteien<br />
ihrer Männer, so die beiden Wissenschaftlerinnen.<br />
Die Gruppen seien<br />
keine echten Basis-Organisationen und<br />
vertreten auch keine. Bezeichnender-<br />
weise haben sowohl in Ghana als auch<br />
in Nigeria jene Gruppen, die von First<br />
Ladies organisiert wurden, nicht länger<br />
überlebt, als die Regierungen ihrer<br />
Männer.<br />
Ein anderes Problem ist die Haltung<br />
des Staates gegenüber der Frauenpolitik.<br />
Eine Studie der NGO „Third<br />
World Network“ über Frauenministerien<br />
und -büros in Afrika zeigt auf, dass<br />
der Staat in Frauenfragen überwiegend<br />
in die entwicklungspolitische<br />
Richtung tendiert. VertreterInnen dieser<br />
Strömung gehen davon aus, dass<br />
Frauen, da sie nicht in entwicklungspolitische<br />
Bemühungen mit einbezogen<br />
sind, jetzt integriert werden sollten.<br />
Ein anderes typisches Merkmal dieser<br />
Richtung ist die Vorstellung, Frauen<br />
könnten sich durch den Zugang zu<br />
Krediten besser emanzipieren. Leider<br />
konzentrieren die Staaten sich fast<br />
ausschließlich auf diesen <strong>An</strong>satz, und<br />
meinen, finanzielle Hilfe und entwicklungspolitische<br />
Integration wären die<br />
einzigen Prioritäten. <strong>An</strong>sätze, die zu<br />
weiterreichenden gesellschaftlichen<br />
Veränderungen führen, werden gleichzeitig<br />
verdrängt.<br />
Widerstände. Noch ein Problem der Feminismen<br />
in Afrika ist die Haltung von<br />
Afrikanern und besonders Afrikanerinnen<br />
dem Konzept gegenüber. Wie oft<br />
habe ich mich über Frauen gewundert,<br />
die sich sehr stark für die Rechte der<br />
Frauen einsetzen und sich dennoch<br />
weigern, als Feministinnen bezeichnet<br />
zu werden! Ich glaube das Wort Feminismus<br />
wird häufig mit Radikalität verknüpft,<br />
und wer will schon als Extremistin<br />
gelten…<br />
Feministische Konzepte in Afrika sind so<br />
vielfältig wie die Frauen selber.<br />
Viele Menschen (meistens Männer)<br />
meinen, der Feminismus sei eine Exportware<br />
aus dem Westen, in Afrika gebe<br />
es keine Probleme. Solche Argumente<br />
können nur durch Tatsachen und Fakten<br />
z.B. aus unseren Forschungsergebnissen<br />
widerlegt werden.<br />
Inzwischen wollen viele Feministinnen<br />
eigene afrikanische Konzepte entwickeln.<br />
Wir wollen nicht nur Theorien<br />
aus dem Westen rezipieren, wir wollen<br />
unsere Realität selbst theoretisieren!<br />
Aicha Diawara von AAWORD meint dazu:„The<br />
question raised today is<br />
whether we should continue to use the<br />
gender concept according to the Western<br />
paradigm, or appropriate and ,Africanize’<br />
it on the basis of historic and<br />
ethno-linguistic referents?“<br />
Interessante theoretische <strong>An</strong>sätze<br />
kommen vor allem aus Nigeria: Ife<br />
Amadiume beispielsweise entwickelte<br />
eine interessante These über das Matriachat.<br />
Eine andere Nigerianerin, Oyeronke<br />
Oyewumi, kritisiert das westliche<br />
Gender-Konzept als einschränkend.<br />
Auf Yoruba gebe es eine ganze Reihe<br />
von Wörtern, aber auch Rollen und verschiedene<br />
gesellschaftliche Positionen,<br />
die geschlechtsneutral sind. Statt einer<br />
binären Geschlechtlichkeit weisen die<br />
Yoruba ein viel lockereres Verhältnis zu<br />
Geschlechterrollen auf.<br />
Das „Feminist Studies Network“<br />
aus Kapstadt setzt sich nun verstärkt<br />
dafür ein, dass afrikanische Feministinnen<br />
Studien durchführen, die unseren<br />
Kontinent verändern können, auf dem<br />
Weg in eine Gesellschaft, die mehr Demokratie<br />
und soziale Gerechtigkeit aufweist.<br />
Ich glaube, wir Frauen sind schon<br />
auf dem Weg. ❚<br />
afrikafeminismen<br />
zum weiterlesen:<br />
Oyeronke Oyewumi: African<br />
Women and Feminism: Reflecting on<br />
the Politics of Sisterhood: Reflecting<br />
on the Politics of Sisterhood.<br />
Ifi Amadiume: Männliche Töchter,<br />
weibliche Ehemänner. Soziale<br />
Rollen und Geschlecht in einer<br />
afrikanischen Gesellschaft.<br />
Rotpunktverlag 1994<br />
märz <strong>2003</strong>an.<strong>schläge</strong> 19