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Egelner Mulde Nachrichten - Druckerei Lohmann

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Von allen Dörfern dieser Gegend scheint Förderstedt am meisten gelitten<br />

zu haben. Es ist bekannt, dass der Ort bereits am 14. September<br />

1630, als sich die Truppen des Administrators Christian Wilhelm auf<br />

Magdeburg zurückzogen, von den Kaiserlichen ausgeplündert wurde.<br />

Die Armut unter den Bauern war deshalb so groß, dass sie schon 1631<br />

die erste Hälfte des 70. Pfennigs, die 131 Taler betrug, borgen mussten.<br />

Dazu kamen die vielen Einquartierungen, die gerade Förderstedt<br />

heimsuchten, da die andern Dörfer Geld genug hatten, den General<br />

Baner oder seine Offiziere zu bestechen. Wer bezahlen konnte, kaufte<br />

sich los, und die armen Nachbarn hatten desto mehr auszuhalten.<br />

Im Frühjahr 1633 hatten die Bauern von Förderstedt nicht einmal mehr<br />

Saatkorn gehabt. Um die Felder überhaupt bestellen zu können, hatte<br />

man sich Getreide borgen müssen. Während der Ernte kamen dann<br />

2 Kompagnien von Baners Reitern, die in 9 Tagen die letzten Vorräte<br />

des Brotkorns aufzehrten und das Einbringen der neuen Frucht<br />

sehr hinderten. Kurz darauf rückte eine Kompagnie Dragoner ein. Sie<br />

gehörte zu den Truppen des Generalmajors Wilhelm von Kalchum<br />

genannt Lohausen. Er war einer der wenigen wissenschaftlich gebildeten<br />

deutschen Offiziere der damaligen Zeit, gehörte er doch der<br />

„Fruchtbringenden Gesellschaft“ an, auch war er als guter Übersetzer<br />

und Mathematiker bekannt. Ihm sagte die schwedische Kriegsführung<br />

in unsern Vaterlande durchaus nicht zu. So hasste er namentlich<br />

das Rauben und Plündern. Es war ihm aber selbst bei seinen eigenen<br />

Truppen nicht möglich Gewalttätigkeiten ganz zu verhindern. So waren<br />

seine Dragoner während ihres viertägigen Aufenthaltes in Förderstedt<br />

gezwungen, einen Teil des Getreides abzumähen, um Futter<br />

für ihre Pferde zu haben.<br />

Das war für die Bauern ein harter Schlag; denn sie mussten das geborgte<br />

Getreide zurückgeben, und außerdem hatten ihnen die Mäuse<br />

großen Schaden zugefügt, dass so manches Feld nicht bestellt werden<br />

konnte. Darum hatten die meisten Ackerleute nicht wieder gepflügt,<br />

so dass alles mit banger Sorge in die Zukunft blickte.<br />

Die Stadt Staßfurt hatte zum 70. Pfennig 917 Taler an barem Gelde<br />

dem Obristleutnant Levin von Beyern ausgehändigt und für 800 Taler<br />

an Getreide und Bier abgestattet. Nun war sie noch 1092 Taler schuldig.<br />

Die Aufbringung dieser Summe bereitete dem einst so reichen<br />

Ort, der am Verkauf der Salzes viel Geld verdient hatte, die größten<br />

Schwierigkeiten; denn es lagen infolge des Krieges 8 Edelhöfe und<br />

über 30 Bürgerhäuser „ganz öde und wüste“.<br />

Zu ihrer Entschuldigung wiesen Bürgermeister und Rat in dem Schreiben<br />

vom 9. September 1633 darauf hin, dass man auf dem Landtage<br />

zu Halle den Städten versprochen habe, ihnen zur Aufbringung der<br />

Steuer 2 Monate Frist zu lassen und sie während dieser Zeit mit jeder<br />

Einquartierung zu verschonen. In der Anlage ihres Briefes brachten<br />

sie dann den Nachweis, wie man Staßfurt Wort gehalten hatte.<br />

„Als am 15. November 1631 der Landtag zu Halle angestellt gewesen,<br />

haben eben dazumal 2 Kompagnien vom Lars Kaggischen Regiment<br />

zu Fuß in Staßfurt logiert, auf welche gewendet worden 310 Taler.<br />

Nachdem diese den 17. aufgebrochen, rückt gleich selbige Stunde die<br />

Hamiltonische Hofstatt mit Bagage hinein, auf welche bis den 4. Dezember<br />

gewendet worden 2842 26 ). Den 23. Dezember die Stadt Herrn<br />

Major Lesle in die Küche kontribuieren müssen 104 Taler. Den 6.<br />

Januar 1632 wird Hauptmann Weidelbusch vom Rosischen Regiment<br />

mit 120 Mann dahin kommandiert, darauf gewendet 109 Taler. Den 9.<br />

Januar, als diese noch in der Stadt sind und eben Herrn Obristleutnant<br />

von Beyern die angewiesen Werbegelder ausgezahlt wurden, kommt<br />

vor Mittag das Rosische Regiment hinein; folgendes nehmen Ihre<br />

Exzellenz Herr Gerneral Baner mit der ganzen Infanterie das Nachtquartier,<br />

dadurch dann die Stadt überaus großen Schaden zugefügt,<br />

belaufen sich Kosten, soviel man berechnen können, auf 2232 Taler.<br />

Den 11. Januar folgt Herr General Hamilton mit den Schott- und Engländern,<br />

welche vollends reine Tafel gemacht, 890 Taler.“<br />

So konnte Staßfurt nachweisen, dass es 6487 Taler hatte besonders<br />

aufbringen müssen. Daraus glaubte es folgern zu können, von der<br />

Zahlung des Restes der Bewilligten Steuer befreit zu sein.<br />

<strong>Egelner</strong> <strong>Mulde</strong> <strong>Nachrichten</strong><br />

21<br />

Recht schlimm war es auch Brumby ergangen. Als am 30. Oktober<br />

1633 die Anwort auf das Anmahnungsschreiben abgeschickt wurde,<br />

war bereits ein Teil des Dorfes zerstört. Es war kein Einwohner in<br />

dem Orte, der dieses Jahr mit eigenem Saatkorn bestellt hatte. Die<br />

meisten hatten unter sehr harten Bedingungen das Getreide geborgt<br />

erhalten; sie mussten versprechen, den halben Teil ihrer Ernte dafür<br />

abzugeben. Darum waren weite Strecken ihrer Ernte dafür abzugeben.<br />

Darum waren weite Strecken ihrer Feldmark unangebaut geblieben.<br />

Von der Armut im Orte heißt es: „Dass also leider in der Wahrheit<br />

beim meisten Teile weder Brot noch Futter, seine Haushaltung fortzusetzen,<br />

zu finden ist, viel weniger ein einziger Scheffel Samenkorn<br />

inskünftig zu haben und zu behalten vorhanden bleibt.“ Da ist es erklärlich,<br />

dass es den Leuten unmöglich war, die 143 Taler Steuern<br />

aufzubringen.<br />

Calbe a. S. hatte am 22. September 1630, als die Kaiserlichen die<br />

Stadt erstürmten, schwer gelitten. Außerdem hatten die drückende<br />

Kriegslasten einen nicht geringen Teil der Bevölkerung an den Bettelstab<br />

gebracht. Wie die Auszüge aus den Ratsprotokollen der Jahre<br />

1632 und 1633, die Dr. G. Hertel veröffentlicht hat 27 ), erkennen lassen,<br />

herrschte große Erbitterung in dem Orte, namentlich wegen der<br />

Entrichtung des 70. Pfennigs. Der Hass einiger Leute wendete sich<br />

namentlich gegen den Statthalter Fürst Ludwig von Anhalt, dessen<br />

Amt es war, für die pünktliche Ablieferung der Steuern zu sorgen.<br />

Man hielt ihn für die Ursache des Unglücks und ließ dabei durchblicken,<br />

dass er als Anhänger der reformierten Lehre auch ein Feind<br />

in Glaubenssachen sei. Selbst in öffentlichen Bürgerversammlungen<br />

stieß man Schmähworte gegen ihn aus, wie es z.B. am 18. März 1632<br />

durch Samuel Krause geschah, der sich zu dem Satze hinreißen ließ:<br />

„Der katholische Teufel hat uns lange genug geplagt; nun wollte uns<br />

der calvinische auch plagen.“<br />

In welchem Zustand sich Calbe damals befand, geht aus dem Schreiben<br />

vom 7. September 1632 hervor, in dem die Stadt erklärte, nicht<br />

in der Lage zu sein, Rest des 70. Pfennigs, nämlich 1532 Taler, aufzubringen.<br />

19 ) Hier muss ein Schreibfehler vorliegen, da die angegebene Zeit nicht ganz sieben<br />

Wochen umfasst.<br />

20 ) Sie gehörten zum Kompagniestab. Es war ihre Aufgabe, der Truppe vorauszuziehen<br />

und für Quartiere und Verpflegung zu sorgen. Sie verstanden es meisterhaft, sich die<br />

Taschen zu füllen.<br />

21 ) Meistens wurde ein solcher Söldner Einspänniger genannt. Er war ein Einzelreiter, der<br />

zum Geleit mitgegeben wurde oder Botengänge zu verrichten hatte; auch übernahm er<br />

die Schutzwache in den Orten.<br />

22 ) Da in jener Zeit viele Leute nicht schreiben konnten, verzeichnete man die Ausgaben<br />

durch Einkerben in ein Holzstäbchen, das für die Abrechnung der Länge nach gespalten<br />

wurde. Die eine Hälfte behielt der Gläubiger, die andere wurde dem Schuldner<br />

ausgehändigt.<br />

23 ) In Etgersleben ist als Vorname David angegeben.<br />

24 ) Er hatte die Aufsicht über die Waffen und Munition.<br />

25 ) Die Eingaben von Atzendorf, Eggersdorf, Eickendorf, Förderstedt und Welsleben sind<br />

von mir in den „Heimatglocken des Kreises Calbe“, Jahrgang 5 (1929), Nr. 22 und 23,<br />

im vollen Wortlaut veröffentlicht worden.<br />

26 ) Hamilton hatte 5 Regimenter Engländer und Schotten angeworben, die er 1631 Gustav<br />

Adolf zuführte. Der Pfarrer Möser von Staßfurt schreib von dieser Truppe: „Sind<br />

elende Leute und leben säuisch“. (Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg.<br />

9. Jahrgang, S. 37.)<br />

27 ) Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, 14. Jahrgang, S 456 ff.<br />

Fortsetzung folgt.

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