12.07.2015 Aufrufe

250 R. Borrmann, Baalbek. sie mit allem, was Zerstörung und Verfall ...

250 R. Borrmann, Baalbek. sie mit allem, was Zerstörung und Verfall ...

250 R. Borrmann, Baalbek. sie mit allem, was Zerstörung und Verfall ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

24972. JAHRCTANG. 1923. 10. BIS 12. HEFT.;'?"• <strong>Baalbek</strong>.') •Von Professor Geheimer Baurat Br.-Ing. H. <strong>Borrmann</strong> in Berlin.Alle Rechte vorbehalten.. ' " . • /• •Abb- 1. Die Tempelstiitte vou Baaibük. Erhaltnogszustand, Fliegerauf nah tue (^iJeutscüer Flugplatz 1918).• Die letzten Jahrzehnte vor dem Ausbrach des Weltkriegessind auf allen Gebieten der Altertumsk<strong>und</strong>e eineEpoche überraschender Forschnngsergebnisse gewesen, an denendeutsche Wissenschaft <strong>und</strong> deutscher Unternehmungsgeist denrühmlichsten Anteil gehabt haben. Heinrich SchliemannsEntdeckung;en der griechischen Vorzeit in Mykenä <strong>und</strong> Tiryns,die Ausgrabungen zu Olympia <strong>und</strong> Pergamon machten denRichtung gebenden Anfang. Sind doch bei diesen Unternehmungendie Methoden erprobt worden, an denen die Wissenschaftdes Si)atens, wie man <strong>sie</strong> seitdem genannt hat, sichheranbildete. Nicht der Gewinn an Kunstschätzen, sondernan wissenaehaftlichor Erkenntnis in den weitesten Grenzenist seitdem die .vornehmste Triebfeder aller Ausgrabungengeworden* — Auf Olympia <strong>und</strong> Pergamon folgte die Erfor-1) <strong>Baalbek</strong>. Ergebuisse der Äusgraban^eo <strong>und</strong> Untersuchungenin den Jahren 189S bis 1005. Erster Band von Bruno Schulz <strong>und</strong>Hermaiiü NVincefold unter Mitwirkung von Otto Fuchstein,Daniel Krencker, Heiarich Kohl, Gottlieb Schuhmacher. Mit89 Textbildern <strong>und</strong> 135 Tafeln. Berlin u. Leipzig 1931, Vereinigungwisseuschaftlioher Verleger "Walter de Gruyter u. Eo. vormals G. J.Göschensche Verlagsbuchhandlung, J. Guttenta^ Verlagsbuchhandlung,Georg Eeiiner, Karl J. Trübner, Veit u. Komp.Zaitscbritt T. i^auwessn.72, JnbTtr.sohung der Griechenplätze Kleina<strong>sie</strong>ns. Städte wie Prlene,Magnesia am Mäander, zuletzt das große Handelszentrum derionischen Küste Milet, stiegen aus dem Boden ans Licht.Die Freilegung einer der berühmten Orakelstätten, des ApolloheiligtumszuDidyma, wurde restlos bewirkt, Untersuchungenan einem zweiten ionischen Großtempol auf der Insel Samosnahezu vollendet. — Neben den deutschen Arbeiten liefendie Ausgrabungen des Osterreichisehen archäologischen Institutsin Bphesos. Das Gesamtergebnis war eine ungeahnteBereicherung unserer Kenntnis von griechischer Kunst <strong>und</strong>von griechischem Leben. Die allgemeine Geschichte zogG-ewinn aus den F<strong>und</strong>en von Inschriften <strong>und</strong> Münzen, dieBaugeschichte aus der Entdeckung bis dahin wenig beachteteroder unbekannter Gebäudegattungen. Yöilig neues, in seinerTragweite noch kaum zu ermessendes Licht fiel an sämtlichenF<strong>und</strong>stätten auf die Kulturgeschichte durch die Aufdeckungder übereinandergelagerten Siedelungen <strong>und</strong> die Beobachtung<strong>und</strong> wissenschaftliche Ausbeute ihres Inhalts.Doch es blieb nicht bloß bei der uns Deutschen so TertrautenGriechenwelt! Wenn heute Weltstädte wie Babylon<strong>und</strong> Assur kein bloß historischer Begriff mehr sind, wenn34


<strong>250</strong> R. <strong>Borrmann</strong>, <strong>Baalbek</strong>.<strong>sie</strong> <strong>mit</strong> <strong>allem</strong>, <strong>was</strong> Zerstörung <strong>und</strong> <strong>Verfall</strong> noch, unter derErde belassen haben, "wieder auferstanden sind, so dankenwir dieses den gründlichen, fast zwanzig Jahre währendenAusgrabungen der deutschen Orientgesellschaft DieselbeGesellschaft, im Yerein <strong>mit</strong> dem Berliner Museum, unterhielteinen wissenschaftlichen Posten in Kairo, der sich neben denälteren, bevorrechteten Missionen von Franzosen. <strong>und</strong> Engländernerfolgreich behauptete. Neues <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>legendes istdort durch deutsche Gelehrte für die Kenntnis der ägyptischenGräberwelt, der Königßgräber der Pyramidenzeit im besonderen,zuletzt, durch die Ausgrabungen in Tell-el-Amama,auch für den Stadt- <strong>und</strong> "Wohnbau der Ägypter zutage gefördertworden.Deutscher Forschung endlich glückte es, in das Dunkelder Yorgeschichte Kleina<strong>sie</strong>ns zu dringen <strong>und</strong> das Geheimniszu lüften, das bisher Über der Herkunft, der monumentalenHinterlassenschaft <strong>und</strong> der Sprache des großen Kulturvolkesder Hethiter geruht hatte.Vor dem, <strong>was</strong> aus Gräbern <strong>und</strong> mehrtauaendjährigerVerschüttung bloßgelegt wurde, ist.lange Zeit selbst das, <strong>was</strong>allen sichtbar noch am Wege steht, in den Schatten getreten.So war es schließlich ein Besinnen auf wissenschaftlichesPflichtgefühl, als Kaiser Wilhelm II., auf seiner Orientreiseim Jahre 1898, bezwungen von dem Eindrucke der Trümmervon <strong>Baalbek</strong>, den Gedanken einer Freilegung <strong>und</strong> Durchforschungdieses Hauptdenkmals weltumspannenden Eömersinnesfaßte. Es entsprach nur deutscher Gründlichkeit, wennim Zusammenhange <strong>mit</strong> dieser Aufgabe auch das weitere Zieleiner Erforschung anderer gleichzeitiger Bömerwerke aufsyrischem Boden gesteckt wurde.<strong>Baalbek</strong>, das alte Helibpolis, ist zuerst in den Gesichtskreisder gebildeten Welt durch eine im Jahre 1757 erschieneneVeröffentlichung des Engländers Robert-Wood getreten. WoodsWerk war von ähnlicher Bedeutung für die Kenntnis derspätantiken Baukunst, wie es, ungefähr um dieselbe Zeit,die ersten Aufnahmen der attischen Denkmäler durch Stuart<strong>und</strong> Revett für die Wertung der klassischen Kunst Griechenlandsgeworden sind. Wollte unsere Zeit hier et<strong>was</strong> Neues<strong>und</strong> Abschließendes bringen, so konnte es nur durch nochmaligesorgfältige Aufnahmen, durch Sammeln der verstreutenBauteile, durch Freilegen des noch im Boden oder in späterenBauten Steckenden geschehen. Von selbst verband sich da<strong>mit</strong>die Aufgabe der Sicherung des Bestehenden gegen weiteren<strong>Verfall</strong>. Alles erforderte Zeit, reichliche Mittel <strong>und</strong> einezielbewußte Leitung. Sie sind dem Unternehmen, dank derFörderung durch den hohen Auftraggeber, in reichem Maßezuteil geworden. — Nachdem durch die Architekten Dr. R.Koldewey <strong>und</strong> Regierungsbauführer W, Andrae, die aufder Ausreise nach Babylon in <strong>Baalbek</strong> Halt machten, dieeinleitenden Vorarbeiten <strong>und</strong> Untersuchungen bewirkt waren,wurde vom preußischen Kultusministerium Dr.O.Puchstein,damals Professor an der Universität Freiburg, als wissenschaftlicherLeiter berufen. Die technische Xieitung, die Aufnahmen<strong>und</strong> Wiederherstellungen lagen in den Händen, des RegierungsbaumeistersBruno Schulz; ihm zur Seite traten derEegieningsbauführer D.Krencker, später H. Kohl, <strong>und</strong> fürdie Bearbeitung der arabischen Inschriften Dr. M. Sobernheim.Die Lichtbildaufnahmen wurden von dem Vorsteherder Meßbildanstalt in Berlin, Geh. Regierungsrat Meydenbauer,unter Beihilfe des Prof. Schleyer <strong>und</strong> des Regierungsbauführers V. Lüpke gefertigt.Am 10. September 1900 begannen die Arbeiten <strong>und</strong>währten bis zum März 1904. Unvorhergesehene Breigniese,nicht zuletzt die Erschwernisse <strong>und</strong> Folgen des großen Krieges,haben die Veröffentlichung der Ergebnisse lange hinausgeschoben.Nach dem "frühen-Tode 0. Pudhsteins Übernahmzunächst Frof. H. Winnefeld die weitere Bearbeitung <strong>und</strong>nach dessen Ableben der Direktor der Antiken Sammlung derBerliner Museen, Geh. Regierungsrat Dr. Th.Wiegand. Ihmglückte es, noch während des Krieges in Syrien (1917), einzelneLücken auszufüllen <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> die wissenschaftlichen Vorarbeitenzum Abschluß zu bringen. Herausgabe <strong>und</strong> Vertrieb der<strong>mit</strong> Spannung erwarteten Veröffentlichung lag in den Händender V^^inigung wissenschaftlicher Verleger W. de Gruyteru.Ko.Von dem auf drei Teile berechneten Werke sind im Sommervorigen Jahres ein erster Text- <strong>und</strong> ein Tafelband erschienen.Der Text bringt zunächst die einleitenden Kapitel über dieVorgeschichte des Unternehmens, über die Befestigungen derStadt, die Wasserleitungen, die Kalksteinbrüche, welche dasMaterial für die Tempelbauten lieferien; den Hauptinhalt aberbildet eine erschöpfende Darstellung des großen Tempels desJupiter Heliopolitanus, genauer gesagt des Tempels der DreigruppeJupiter, Merkur <strong>und</strong> Venus. Der Abbildungst>and <strong>mit</strong>seinen 135 Tafeln steht in der Vollständigkeit der Aufnahmen,den geschickten Wiederherstellungen, wie auch in derzeichnerischen Behandlung auf der Höhe zeitgemäßer Ansprüche.Treffliche Lichtbilder veranschaulichen Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> Zustandaller Teile der Kultstätte <strong>und</strong> ihrer landschaftlichen Umgebung,Eineä der stolzesten Denkmäler römischer Baukunsthat da<strong>mit</strong> die ihm gebührende Wertung erhalten.Von Besten eines vorrömischen Heiligtums, aus demmanches Eigentümliche der Anlage zu erklären ^yäre, iBtnichts nachgewiesen, aber auch die Spuren des römischen<strong>Baalbek</strong> sind, von Befestigungswerken <strong>und</strong> Toren abgesehen,unter der späteren Bebauung <strong>und</strong> Schuttdecke versunken.Der Tempelbezirk allein, zu welchem, außer dem Hauptheiligtume,noch ein un<strong>mit</strong>telbar daneben liegender kleinererTempel gehörte, hat als Kern <strong>und</strong> Unterbau einer arabifichenFestung ein Nachleben geführt (Abb. 2).Man hat gelegentlich behauptet, daß der ROmerbaukunst^zum Unterschiede von der der Renaissance <strong>und</strong> des Barock^die Entwicklung großer Raumfolgen nach geraden, durchgehendenAchsen fremd geblieben sei. Schon Bauten wiedas Trajansforum, Hadrians Venus <strong>und</strong> Romatempel, dieDiokletiansthermen in Rom, anderer nicht zu gedenken, beweisendas Gegenteil. Aber selbst .<strong>was</strong> das alte Rom hierinbietet, tritt zurück hinter der <strong>Baalbek</strong>er Tempelgruppe: vierverschieden gestaltete'Raumgebjlde Sind an einer Achse von270 m Länge aneinandei^ereiht, <strong>und</strong> der Eindruck der Raumfolgewird noch wesentlich verstärkt durch eine auf gewaltigenUnterbauten bewirkte Steigerung in die Höhe. Gleich di&vorderen Teile sind um das Maß von 7,28 m über d)e Bodenflächeemporgerückt. Die Terrasse aber, die den Haupttempelträgt, steigt noch einmal um 6,50 m an. Weithin sichtbar,gleich einer Akropolis, thronte das Heiligtum des JupiterHeliopolitanus über der Stadt,Es erscheint verlockend, zur Veranschaülichung des Maßstabes,<strong>mit</strong> dem Rom hier gebaut hat, Vergleiche <strong>mit</strong>


ekannten BaumgrSßea heranzuziehen. Die ausgeftlhrte, ersichtlichnoch hint^ dem Entwürfe zurackgebliebene Bauanlagebedeckt eine Flache von 25400 qm, das ist erbeblichmehr als das Grandmaß des Berliner Königsschlosses. Vorgelagertist der Baugruppe eine Freitreppe, die in einerBreite von 43 m zwischen den "Wangen zu einer von Türmeneingefaßten Vorhalle hinaufleitet. Die Freitreppe desSchinkelschen Museumsbaues am Lustgarten hat 28,55 mWeite <strong>und</strong> 3,90 m Höhe — in Baaibek betrftgt, wie gesagt,R. <strong>Borrmann</strong>, Baaibek. 251.CTtr^5Q5m2.crä"t-rS3die Höhe 7,23 m. Die Säulen des Museums sind 12,20 m, dieder <strong>Baalbek</strong>er Halle 11,80 m hoch. Die Oberkante des Gebälksliegt doi:t 19 m, hier 20 m über dem Boden. •-»"Dem ÄugeJbieten die Fieopyl&en des Heliopolitanum heute nur wenig, sind34*


252 R. <strong>Borrmann</strong>, <strong>Baalbek</strong>.Abb, 3. Die Tenipelgruppe nach der Wiederherstellung von Bruno. Schulz.doch nur die Siiulenstühle in einer darüber gebauten arabischenFestiingsmauer erhalten geblieben, von den Schäften aberkein einziger; vielleieht bestanden <strong>sie</strong> aus Marmor oder Granitlind sind ihrer Kostbarkeit halber gei-aubt worden. Dasselbeist von den Kapitellen anzunehmen, die, nach einer Insclirift,aus Bronze gefertigt waren. — Nach Münzbildern ist überdem breiten Mitteljoche der Vorhalle ein Giebel <strong>mit</strong> einem indas Tympanon einschneidenden Bogen zu ergänzen, wobei esfraglich bleiben konnte, ob, 'wie die Herausgeber wollen, dasvollständige Gebälk im Bogen herumgeführt wurde oder nureine Archivolte über dem in der Mitte absetzenden Gebälkanzunehmen ist. Diese letztgenannte Lösung ergab sich fürdie Portale des auf die Halle folgenden Hofes (Abb. 3), für dieandere bietet ein noch erhaltener Maimorbau in Damaskus dennächstliegenden Anhalt. Aus Münzbildern will man ferner dieSatteldächer über den Eckbauten der Propyläen erschließen; vonder PilastergliederüHg beider Turmgeschosse sollen am Mauerwerkselbst noch Reste zu erkennen sein. Sonach erscheintalles wohlbegründet in der "Wiederherstellung des prächtigenFrontbaues, wie <strong>sie</strong> Br. Schulz für den Tafelband gezeichnet hat.Die Rückwand der 10,50 m tiefen Vorhalle erhielt einSystem von Wandtabernakeln in zwei Geschossen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong>jene Gliederung, die, in großem wie in kleinem Maßstabe,die Innenarchitektur der <strong>Baalbek</strong>er Tempelbauten beherrscht.Durch eine breite, bis zum Gebälk reichende Mitteltür zwischenPfeilern, welche Treppen enthalten, <strong>und</strong> durch zwei niedrigereSeitenpforten tritt man in einen sechseckigen, von Hallenumschlossenen Vorhof. Nach den Hallen öffnen sich an vierSeiten rechteckige Säle, in den Winkeln des Sechsecks fünfeckigeGelasse (Abb. 2). — Ein dem Eingänge gleichgebildetes,dreiteiliges Portal gewährt Eintritt in dea großen innerenHof. Man nennt ihn den Altarhof, weil un<strong>mit</strong>telbar vor deran der Westseite tiefeinschneidenden Tempelterrasse die Resteeines Brandopferaltars wiedergef<strong>und</strong>en wurden. Mit seinenan drei Seiten entlang laufenden Säulenhallen <strong>und</strong> den anliegendenRäumen hat dieser Hof eine Gr<strong>und</strong>fläche von14800 qm, das ist tausend Quadratmeter mehr als der PariserPlatz in Berlin; zwischen den Hallen würde das BerlinerZeughaus eben noch Platz finden.Von den 84 Säulen der Hofhallen hat sich nur ein einzigerSchaft aus Rosengranit wiedergef<strong>und</strong>en — es mag auchin diesem Falle das wertvolle Gestein geraubt <strong>und</strong> an anderenBauten wiederverwendet sein. — Wie im Vorhofe gruppierensich um die Portiken geräumige, durch Säulen geöffneteRechtecksäle <strong>und</strong> geschlossene Gemächer, dazu treten anbeiden Langseiten halbr<strong>und</strong>e gewölbte Exedren, alles zusammeneine Raumentfaltung von außerordentlicher Wirkung, fürderen Bestimmung noch keine Erklärung erbracht ist (Abb. 4).Mit der Raumgestalt wechselt auch die Wandgliederung. Dieflach gedeckten Säle erhielten eine zweigeschossige Säulenarchitektur,die halbr<strong>und</strong>en eine Pilasterteilung <strong>mit</strong> Nischenin Ädikulaform. Dieses Zusammenfassen der Nischenarchitekturdurch eine große Ordnung ist das letzte Glied in derEntwicklung der Wandsysteme, sowohl des antiken wie desmodernen Barocks. In den Höfen drängen sich überhauptdie barocken Ausdrucks<strong>mit</strong>tel zusammen. Es sind dieselbenwie im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert: die vielen Verkröpfungen, die geschweiften<strong>und</strong> gebogenen Gesimse, die gebrochenen Giebel,die JluschelfüUungen in den Nischen Wölbungen. Die Gebälkfriesezeigen fast durchgehende die bauchige Form, eines derKennzeichen der Antoninischen Zeit. Auch die Fülle derOrnament- <strong>und</strong> Figurenplastik gehört hierher.Daß bei dem Reichtum baulicher Gestaltung nicht allesgleichmäßig behandelt <strong>und</strong> fertig geworden ist, wird nichtW<strong>und</strong>er nehmen. Die dem Auge nahegerückten Baugliedererhielten Ornamentschmuck, die ferneren häufig nur das glatte


R. Borrmnnn, <strong>Baalbek</strong>. 253Abb. 4. AVeatlicher Teil der nördlichen UmschließuDg des Altarhofea.Formeng"erüst ohne feinere Profilierung; statt Statuen gabman den oberen Wandnischen bis-weilen nur Büsten, die denRaum nicht füllten. Die volle werkliche Vollendung hatkaum ein Bauteil erhalten. — Es fehlt auch nicht an gewagtenVerbindungen. Wer in die Osthalle des Ältarhofestritt, wird staunen über die Kühnheit, <strong>mit</strong> der der Architektseine Portale in das I^^ischensystem der Wände eingegliederthat (Abb. 5). Größere Härten als das Einschneiden derTüren in die große Ordnung der Rückwand lassen sich kaumdenken. Nur wenig Kopfzerbrechen haben ihm ferner dieDecken gemacht. Pie Portalarehitektur des Altarhofes wiedes Vorhofes läßt schlechterdings keine wagerechte Balkendeckezu, der Einblick in den offenen Dachstuhl <strong>mit</strong> demZusammenschnitt der Gebinde mag dann befremdlich genuggewirkt haben. So ist Vieles ungelöst <strong>und</strong> unfertig gebliebenan dem Werke, der große Zug aber, der diesen Römerbauüber Gewöhnliches hinaushebt, wird durch derartige Unebenheitennicht beeinträchtigt.Unter dem Fußboden der Propyläen <strong>und</strong> beider Höfelaufen tunnelartige, gewölbte Gänge; <strong>sie</strong> bilden die Unterbautender oberen Räume <strong>und</strong> gleichzeitig die Futtermauernfür die Anschüttung der Höfe selbst. Ohne Verbindung <strong>mit</strong>dem Oberbau sind <strong>sie</strong> nur vom Außengelilnde zugänglich.Ihr Licht empfingen <strong>sie</strong> durch Schlitze im Stylobat der Hofhallen.Zwei durch Pfeilerstellungen sich nach außen öffnendeEäume an beiden Enden der Osthalle des Altarhofes zeigenim Innern reichsten Wandschmuck <strong>und</strong> gehören zu den ambesten erhaltenen Teilen. Da manches noch vermauert <strong>und</strong>verschüttet geblieben ist, konnte ein vollständiger Gniudrißdieses unterirdischen <strong>Baalbek</strong>s nicht gegeben werden.Im großen Tempelhofe sind neben dem Brandopferaltarezwei geräumige Wasserbecken gef<strong>und</strong>en, deren BrüstungenReliefs schmücken. In ihrer Mitte standen kleine Brunnenbäusehenin Form von sechssäuligea R<strong>und</strong>tempeln, Man wirdan die Kantharoi in den Atrien frühchristlicher Kirchen <strong>und</strong>die Brunnen in den Vorhöfen arabischer Moscheen erinnert.Der Brauch einer symbolischen Reinigung vor dem Betretendes Heiligtums ist uralt.Nur wenige Schritte hinter den Becken <strong>und</strong> dem Altaresetzt eine Freitreppe an, welche, an Breite der Propyläentreppenahezu gleich, zum Haupttempel hinaufführt. ^Wir stehen vor dem Abschlüsse der eindrucksvollen Bau-Schöpfung. Ergänzt man sich in der Vorstellung die gewaltigeSäulenfront des Heliopolitanum <strong>mit</strong> seinen Vorbauten, soerscheint selbst der Vergleich <strong>mit</strong> der Fassade von St. Peterin Rom <strong>und</strong> Berninis berühmtem Atrium nicht zu kühn. Es


Wilhelm Jänecke, Die Stiftskircho in Nenenheerse. 255Die Stiftskirche in Neuenheerse.Die einzige nachweisbare SKulenbasillka Westfalens nnd ihre Stellung in der deutschen fiangeschichte.Itortt-Portal.Von ^T.siSng. Dr. phi). Wilhelm Jänecke, Regierungs- <strong>und</strong> Baurat in Schleswig.Abb. 1. Gr<strong>und</strong>riß des heutigen Zugtandea.Lage, Allgemeines.In dem lieblich-stillen Tal am Ostabhange des Eggegebirgeszwischen Driburg <strong>und</strong> Warburg waren die Vorbedingungenfür eine Klostergründung, die seit der Zeitniedergehenden Mönchtums besonders in Westfalen so auffallendhäufig von <strong>und</strong> für Frauen geschah, in reichem Maßegegeben; weltabgeschiedene, von rauhen Winden geschützteLage, Überfluß an Bauholz <strong>und</strong> Bausteinen, Wasser <strong>und</strong> Wild,acterbaufähiger Boden,. nicht allzuweite Entfernung vomBischofssitze. Dort, etwa 18 km westlich Paderborn, an denQuellen des sagenumwobenen Netheflflßchens, gründeten Luithard,der dritte Bischof von Paderborn, <strong>und</strong> seine SchwesterWalburga (Dualdburc) schon in karoUngischer Zeit im Jahre8681) das Nonnenkloster, spätere adeligeJungfrauenstift Heeree,*) Mit demOrte (locus, villa), der sich um dasselbe •herum an<strong>sie</strong>delte, führt ea in den letztenJahrh<strong>und</strong>erten meistens denNamän Neuenheerse, im Gegensatze zu dem in derNähe liegenden Dorfe Ältenheerse. DasStift gehört demnach zu den ältesten kirchlichenGründungen Westfalens. Groß yr^rseine Selbständigkeit. Naoh dem Tode derStifterin^albnrga (4. März um 887) wurdedie Äbtissin durch das Kapitel des Stiftes(später zwölf Eapitularipuen, dazu zwei geist*liehe Canonici, die zugleich Pfarrer desOrts waren) gewählt, nur die Bestätigung1120 Ms 11301165 bis 120014. JaJiih.Tindspäter.(Alle Rwhte Toibebalten.)vetblieb dem Bischof in Paderborn. DieStiftsdamen brauchten nicht ständig imStifte anwesend zu sein <strong>und</strong> durftenaußerhalb der Kirche weltliche Trachttragen. Aufgenommen wurden nur Angehörige.de8 Stifts- <strong>und</strong> ritterbürtigenAdels römisch-katholischer Religion, welchesechszehn deutsche Ahnen aufweisen konnten,daher die stolze Bezeichnung: „HochadeligKayserlich Freyweltliches DamenstiftHeerse". Auf eine ruhmvolle, fasttausendjährige Vergangenheit konnte eazurückblicken, als es 1802 säkulari<strong>sie</strong>rtwurde. ^)Älteste Nachrichten.Die weitbekannten Neuenlieeraer Urk<strong>und</strong>engehören zu den ältesten Westfalens.Sie beschäftigen sich eingehend <strong>mit</strong> Einrichtung,Besitztümern, Einkünften (Zehnten), Schutz <strong>und</strong>Rechten des Stifts, enthalten aber leider nichts über dessenBauten.*) Aus der Bezeichnung des 9. Jahrb.: monasterium^)3) Ausführlich behandelt von Ortspfarrer Anton Gemmeke,Die Säkularisation des adeligen Damenstifts zu Neüenhtjerse, in derZeitschrift f. vatetl, Geschichte u, Altertumsk<strong>und</strong>e. Münster 1911,Fr. Regensberg. 2. Abt. (Paderborn), S. 207^324. Für die fre<strong>und</strong>licheUnterstützung bei dieser Arbeit spricht Verfasser Herrn PfarrerGommeke auch an-dieser Stelle seinen besten Bank aus.4) s. bei Erhard a. a. 0. Außer der Urk<strong>und</strong>e über die Gründungauf dem Provinzial-Konzil in "Worms am 16. Mai 868 sind ausden folgenden Jahren erbalten solche von 868, 871 (Bestätigungdurch König Ludwig d. D.), 887 (Kaiser Karl III. d. Dicke), 891(Papst Stephan V.), 917 — 935, 935 (Köaig Heinrich L), 941 (KönigOtto I.), 1139 (Papst Innocenz IL), 1163, 1165, 1184,1200. In den1) s, Erhard, Regeata Historiae Westfaliae.Heiausg. v. d. Verein.ftir Oesofa, u. Altertumsk<strong>und</strong>eWestfalens. Münster 1847, Friedr.ßegeiiäbetg. L Bd. S. 109.2) Die älteste Schreibweise iatHeri&i, Heresi(Hersin, Hersen), vielloioht von He'erisau = Audder Tal der Heerse, möglicherweise einer älterenBezeichnung des NetheÜnsses.I I I I I f, I 1 II LMW_JAbb, 2k Querschnitt durch Vierung <strong>und</strong> Querschiff. Erate Bauzeit um 1130,zweite um 1165, dritte 14. Jahrh<strong>und</strong>ert. (Entsprechend den Zahlen 1, 2 u. 3.}


256 Wilhelm Jänecke, Die Stiftskirche in Xeuenbeerse.Heriai wird man schließen können, daß zunächstdie Klosterbauten in Angriff genommenwurden, in der Hauptsache wohl als Holzbauten.Auch das eiste Kirchlein wird einHolzbau gewesen sein. Ob zwischen dieserersten Gründung <strong>und</strong> den ältesten heute erhaltenenTeilen aus der Zeit um 1100 nochein t'bergangsbau des 9. oder 10. Jahrh<strong>und</strong>ertsbestand j würde sich nur durch sorgfältigeAusgrabung der Gr<strong>und</strong>mauern feststellen lassen.Zum ersten Male als „ecolesia" wird dieKirchengründung erwähnt in der Papsturk<strong>und</strong>oInriocenz' II. von 1139. Bei den stattlichenAbmessungen des aus dieser Zeit Erhaltenenwird man den Beginn der Bauzeit bis um1100 zurücksetzen dürfen. Der größte Teildieses ältesten Kirchbaues (s. Abb, 1 u. 11),eine drcischiffige flachgedecltte Basilika <strong>mit</strong>QiierschllT, Ostchor nebst Krypta, -westlicheraJTonnenchore zwischen zwei r<strong>und</strong>en Treppentürmen,wurde <strong>mit</strong> dem — vermutlich durcheinen Kreuzgang anschließenden — Klosterbauim Jahre 1165 durch einen großen Brand vernichtet.")Gleichzeitig wird berichtet, daß die ÄbtissinHogardis einen Teil zum Seelenheile ihres Bruders Lambertusauf ihre Kosten wiederherstellte. Hierzu wird man u. a.wohl die der Krypta angefügte Lambertikapello rechnenBeginn des 13. Jahrh. fällt der langjälu'ige Äbtissinnenwahtstroit,worüber die drei selu' ausfühi'iichon Papsturk<strong>und</strong>eo lonocenzMII.von 1205, 1206 u. 1209, s.d. ^Westfälische Urktinden-Buch" (Fort-Hetzuiig von Erhards Regesta), I. Teil; Die Papsturk<strong>und</strong>en Westfalensbis zum Jahre 1304 von Dr. üeinr. Fiake. Münster 3888,Ff. Kegensberg. Noch unveröffentlicht sind die Urk<strong>und</strong>en im Staatsarchivzu Münster über das Bistum Paderborn seit 1301.5) Erst für die kluniazensische Klosterkirche des 11. Jahrh<strong>und</strong>ertswird-monasterium gleichbedeutend <strong>mit</strong> Kirche, s. Mettler,Die zweite Kircho in Cluni <strong>und</strong> die Kirchen in Hirsau nach den„Gewohnheiten" des 11. .)ahrh<strong>und</strong>ertg, in d^r Zeitschrift f, Gesch.d. Arch. 1010, S. 277.0} 8. Erhard II. Bd. 3. Teil S. 45.Abb. 3. Stiftskirche in Neuenheerse, Blick nach dem Chor, links im Seitenschiffdie alten Säulen von 1130.dürfen, deren Bau dio folgenden Jahrh<strong>und</strong>erte fortsetzten.Über der gotischen KordtÜr steht das Steinmetz/.eichenSie enthielt das Grab der Stifterin Walburga, bis derenGebeine 1823 am Hochaltar beigesetzt wurden.'') Geramekeerwähnt (S. 310) noch eine Laurentiüs-Kapelle, die 1870 abgebrochenwurde. Sie lag etwa 20 m südlich des Querschiffes.Auch aus dieser Lage geht hervor, daß der Klosterbau <strong>sie</strong>h— vermutlich durch einen Kreuzgang — südlich anschloß. Dasheutige Abteigobäude daselbst stammt im wesentlichen erst ausdem 17. u. 18. Jahrb.S) Ob zwischen der letzten romanischenBauzeit nach 1165 nnd dem heute überlieferten gotischenAusbau um 1387 dio Kirche noch einmal abbrannte oder ob sichdieses auffallend langsame Wiederaufbauen nur durch fehlendeMittel <strong>und</strong> sonstige Hindernisse erklärt, ist unbestimmt.Baugeschichtliche Nachrichten über diese 200 Jahre fehlen. ^1Zeitbestiinmuiii? nach den ilaufornien.Ältere Romaitjsclie Zeit, Basilika (1100 — 1130).Ton allen gleichzeitigen westfälischenBauten hat Neuenheerse <strong>mit</strong> dem Paderborner'Dome, diesem „Sohne oder Neffen der Kathedralevon Foitiers", ^'^) die größte Ähnlichkeit ^ij:Abb. 4, Stiftskirche in Neuenheerse, Südansicht.7) 5. Gemmoke a.a.O. S, 310.8) 8eit 1918 im Besitz des Majors v. Zitzewitz,früher Teüfjo. S, die Abbildung bei GemmekeS. 240. Der Bau wird zurzeit unter Börücksichtigungdes alten Zustandefl instandgesetzt uod weiter,ausgebaut,9) Die Akten des ytaatsarchiv.s in Münsterbegionen erst <strong>mit</strong> dem 16. Jahrh. Sonstige Aktenbewahrt das Archiv des fteneralvikariats inPaderborn,a. a. J. Linneborn, Inventar d. Archivs d. Bischöfl.Geo.'Vik. zur Paderborn. Münster 1920, 8. 283 ff.10) Frankl, Die Uaukunst dos Mittalalters,S. VI (Burgers Handbuch der Kunstwissenschaften,Berhn-Neubabelsberg 1918).11) Lübke, Die <strong>mit</strong>telaltertiche Kunst inWestfalen. Leipzig 1853, \Veigel, S. 9. 30. 67,81 — 84. Eine Neubearbeitung des vortrefflichen,


langgezogener gerade geschlossener Chor, später iu zwei"Wölbfelder geteilt, Krypta bis unter die Vierung gezogen,woselbst Nord- <strong>und</strong> Südeingang, dazu dunkle confesaio <strong>und</strong>dreischifflge Säulenatellung unter gurtbogenlosen Kreuzgewölben,spätere Unterfangungen, langgestreckte absidenloseQuerfiagel, quadratischer Westturm ohne Portal zwischenr<strong>und</strong>en Treppentürmen (s. Abb. 1). Die ursprüngliche Anlageals Säulenbasilika hält Lübke (S. 84) auch bei Paderborn für•wahrscheinlich. Den Paderborner Turmbau {unterer Teil) setzt^r <strong>mit</strong>-1068, die dortige Krypta <strong>mit</strong> 1143 wohl zutreffendan. Haben zwischen dem Bischofssitze Paderborn <strong>und</strong> derbischöflichen Gründuog Neuenheeröe, wie man <strong>mit</strong> Lübkeannehmen darf, die engsten baulichenBeziehungen bestanden, so muß sichschon aus diesem Gr<strong>und</strong>e für Neuenheerseannähernde Gleichzeitigkeit derBauausführung ergeben. Nach dembasilikalen Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> der Urk<strong>und</strong>evoo 1139 wird man aber eher geneigtsein, dem östlichen Teile von Neuenheersedas höhere Alter zuzuschreiben.Auch eia Vergleich der Einzelformenberechtigt dazu.Wilhelm Jänecke, Die Stiftskirche in Neuenheerse. 257Die ältesten Bauteile wird man in der Krypta suchendürfen (Abb. 5 u. 6). Das Bauen von Osten nach Westenwar das allgemein übliche. Die Krypta diente der Aufbewahrungder Eeliquien <strong>und</strong> auch der Abhaltung des Gottesdiensteswährend der ersten Bauzeit. Der westliche Teilder Neuenheerser Krypta— eine Hallenkrypta, wie <strong>sie</strong>seit 1000 etwa üblich war — <strong>mit</strong> der Grabkammer (coufessio)für die Gebeine derheiligen Saturnina,welcher die Kirchegeweiht war, muß alsältester Teil der Kircheschon lange vor 1139bestanden haben. Deruntere Teil dieser G'rabkammer(Abb. 6) reichtbis auf den gewachsenenFelsen, die Überdeckuogbildet einTonnengewölbe.^^) Dieanschließenden, 1,20 mbreiten Seitentonnenkönnten ursprünglichdie Treppen zum Querschiffeenthalten haben.Da sich hierfürj edoch keinerlei Spurenfinden, ist es wahrscheinlicher, daß <strong>sie</strong>die älteste Form derpStoUenkrypta" darstellen.Auch findenAbb. 5, Gr<strong>und</strong>riß der Krypta <strong>und</strong> anstoßenden ßäume.wir deutlichere Spuren von Zugangstreppen weiter nachOsten, wo sich an der Nord- <strong>und</strong> Südwand die heute vermauertenr<strong>und</strong>bogigen Türöffnungen feststellen lassen. Schondiese Art der Zugänglichkeit, wobei der Zugang von Westen,d. h. vom Langschiffe (Laienhause), wie er in Italien seit altchristlicherZeit üblich war, <strong>mit</strong> Absicht vermieden wurde, sprichthier für frühromanische Zeit. Sie findet sich ebenfalls beimPaderborner Dome <strong>und</strong> der benachbarten Abdinghofkirche. ^'^)12) Die Haupttonne ist neuerdings, teilweise <strong>mit</strong> Ziogoln, ausgebessert,die üördliclie Seiteutonne vermauert.13) Über die Lage der Zugänge zur Krypta <strong>mit</strong> weiteren Beispielens. HÖlscher, Drei Kaiserstifter in Goslar, in der Zeitschriftf. Bauwesen 1916, S. 58, sowie Frankl a. a. 0. S. 8. 11, 74, 120.


258 Wilhelm Jänecke, Die Stifskircbe in Neuenheerse.Abb. 7. Schnitt durch Marienkapelle (früher 8t. Georgskapelle), darüber Sakristeiuud (rechts) Kapitelsaal, darüber Dameuchor.Vor der ehemaligen nördlichen Türöffnung- befindet sichein alter Brunnen (Abb. 5), der auf kriegerische Zeiten hinweist.Die jetzigen Zugangstreppen sind unter Beibehaltungder Nord-Südrichtung am Ende des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts — wohlunter dem baulustigen Canonicus Wemekinck (s. unten) —gleichzeitig <strong>mit</strong> dem Querschiffaltare <strong>und</strong> den heutigen Chortreppenangelegt. Der Fußboden der ganzen Krypta wurde1855 um G ZoU-= rd. 15 cm erhöht, die den jetzt versacktenSäulenplinthen zugute kommen würden.Der "Vorraum vor der Grabkammer zeigt gegen den östlichenTeil der Krypta andere Kämpferhöhen (2,33 m statt2,19 m) <strong>und</strong> andere Wandpfeilerprofile in Kämpferhöhe. Dasbeweist zeitliche Verschiedenheit, wobei dem westlichen Teile<strong>mit</strong> der confessio das höhere Alter zuzuschreiben ist. Diealtertümliche rechteckige Form der confesaio, das einfacheTonnengewölbe, den ältesten derartigen Äusbild\ingen diesseitsder Alpen ähnlich (Luciuskrypta in Chur), lassen überdas höhere Älter keine Zweifel. Die unbeholfenen Verzierungenauf dem nördlichen "Wandpfeiler neben der ehemaligenTür <strong>mit</strong> Ranken <strong>und</strong> einfacher Rosetteerinnern noch an die einfache Ornamen-'tierung des frühromanischen Reliquien-^käetchens, dessen Überreste sich heuteim Neuenheerser Pfarrarchive befinden(Arbeit der Rogkerus-Söhüle), Für dieZeitbestimmung der Kryptasäulen bietendie ungegliederteij EckknoUen oder Bckzehenan den Basen einen willkommenenAnhalt (Abb. 8). Bisher ist dasfrüheste Vorkomtaen dieser Eckzehenam Dome von Konstanz (1047 bis 1089)gesichert. Beim Dome in Goslar (1047bis 1051), dem von Konstanz nahe verwandt) sind <strong>sie</strong> bisher nicht nachgewiesen,auch der Bennobau St. Moritabei Hildesheim (1068) hat schlichteattische Basen ohne Eckblatt.^*) In derHersfelder Krypta, die dem 11. Jahrh.angehört, fehlen <strong>sie</strong>. Im Langschiffe von Hersfeld (1040 bis1144) sind <strong>sie</strong> zeitlich nicht genau festzulegen. Wenn <strong>sie</strong> dortschon der ersten Bauzeit angehörten, sp müßte man folgern,daß <strong>sie</strong> sich von diesem großen vorbildlichen Bau schnellerauf die andern Bauten der Hirsauer Schule ausgebreitet habenmüßten, als es tatsächlich der Fall ist. Nach ihrem Vorkommenin Konstanz (um rd. 1070) <strong>und</strong> Schaffhausen (Münster1064) scheinen <strong>sie</strong> ursprünglich doch nur ein Sondervorkommenin der schwäbischen Schule gebildet <strong>und</strong> eratgegen Ende des 11. Jahrh. in die Hirsauer Schule aufgenommenzu sein <strong>und</strong> dann schnelle Verbreitung gef<strong>und</strong>en zu haben.In Westfalen ist das Vorkommen der ungegliederten Eckknolleschwerlich früher als etwa in die Zeit um 1100 anzusetzen,wonach dann das <strong>mit</strong> aller Feinheit <strong>und</strong> in den verschiedenstenFormen ausgebildete eigentliche Bcfcblatt erst um1135 erscheint (nach 1137 am Dome in Osnabrück, im Gertrudenklosterdaselbst, in der Klosterkirche in Iburg usw,).^^)14) Die Annahme Ilse Hindenbergg in ihrer sonst ausgezeichneteaDoktor - Dissertation „Benno II,, Bischof von Osnabrück, alsArchitekt" Straßburg 1921, Heitz), daßBenno schon um. 1069 (z. B. an derHarzburg) Basen <strong>mit</strong> Ecktnollon verwandthabe,ist unbewiesen. S. übet diesewichtige Frage auch HöJsoher a. a. 0.,S. 59, Fußüote 22.15) 8. Jänecke, Die Veränderungender Iburger Kloaterkirohe, Denkmalpflege1920, S. 65.Sakristei.Maiionkapelle.Abb. 8. Einzelheiten (um H20), Profile abgehackt.Krypta.Abb. 9.' Verzierter Wandpfeiler vorder Sakristei (vor 1168).


"Wilhelm Jänecke, Die Stiftskirche in Neuenheerse. 259*Im allgemeinen erinnert das Würfelkapitäl der Krypta(Abb. 8) nooh an die Hirsaaet ÄtiBbildung, zeigt aber docbwieder, wie auch die Kapitale der Paderborner Krypta —•L. B. in dem Fehlen der kleinen Ecknasen beim Zusammenlaufeder Schildflächen — Unterschiede, die auf selbständigewestfälische Ausbildung der im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert aufgekommenen<strong>und</strong> um 1100 sehr verbreiteten Kapitälform schließenlassen. Die architraväUnlichen Oberprofile lassen Neuenheerseals den älteren Bau erecheiuen. In den gelegentlichenstrichartigen schmalen Verbindungen („Stegen") der Schildflächen<strong>mit</strong> dem unteren Wulste (Abb. 7) treten Ähnlichkeiten<strong>mit</strong> Hildesheim (St, Michel, alte Kapitale), (Jandersheim<strong>und</strong> anderen niedersächsischen Beispielen hervor.Bei den annähernd gleichen Achsweiten (2,73 bzw. 2,77 m)<strong>und</strong> Einzelformen gehört die benachbarte Marienkapellein dieselbe Zeit (s. Abb. 5, 7 <strong>und</strong> 8). Die et<strong>was</strong> eingesunkenenSäulenfüße sind hier im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert abgehackt<strong>und</strong> verändert, die Gewölbegrade <strong>mit</strong> Perlschnürenverziert, Schlußsteine eingesetzt, in die Wandpfeiler kleineflachbogig geschlossene Figurennischen eingestemmt, größereFenster <strong>und</strong> Tflr eingebrochen. Um dem Fenster der NordosteckeLicht zu schaffen, scheute man sich nicht, den davorstehenden 1,06 m dicken gotischen Strebepfeiler <strong>mit</strong> halbkreisförmigerÖffnung zu durchbrechen (Abb. 5). Die darüberstehende Jahreszahl 1693 <strong>und</strong> die Umschrift auf der vor demkleinen Altar liegenden Grabplatte bezeichnen als den Schöpferdieser stark eingreifenden Veränderungen den Canonicus PastorEberhard Wernekinck (f 1696).^*) Die Kapelle war demnachursprünglich nicht wie bei den Hirgauem der heiligen Jungfrau,sondern dem heiligen Georg geweiht. Von dem „altarSancti Georgii"- spricht schon die Schenkungsurk<strong>und</strong>e einesgewissen Siegfried vom Jahre 1163.^^) Die über der Kapeileliegende Sakristei ist nach den gleichen Gewölbe<strong>und</strong>Säulenformen <strong>mit</strong> dieser gleichzeitig zu setzen (Abb. 7n. 8). An ihrer südlichen Außenmauer sind noch die altenr<strong>und</strong>bogigen Fenstergewände au erkennen. Die jetzigen beidenOstfenster entstammen wie die darunter sitzenden der Kapelledem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert. Der <strong>mit</strong> einem Eckköpfchen verzierteGesimsstein am Chorpfeiler ror der Sakristei — ein altes germanischesMotiv (Krypta Juarre vor 628, Gelnhausen u.a.) dengleichzeitigen Kapitalen in Drüggelte ähnlich — weist durchseine Höhenlage ungefähr auf den Kämpfer der Sakristei (Abb. 9).Er sitzt bereits an dem auf Abb. 1 als jüngeren romanischenTeil gekennzeichneten Pfeilerteile, hat aber vermutlich schonvorher an dem nach 1165 übermauerten alten Teile gesessen.Der Aufgabe, die in drei verschiedenen Kämpferhöhenübereinander ansetzenden K<strong>und</strong>bÖgen des Chors <strong>und</strong> Querschiffszeitlich zu entwirren, stand Lübke infolge seiner unvollständigenUntersuchung ratlos gegenüber.^^) Durch Wiederherstellungdes ursprünglichen Zustandes (Abb. 1 u. 11} ergibtsich der <strong>mit</strong>tlere Bogen als der „Triumphbogen*', also alsältester Bogen (Nr. 1) der basilikalen Anlage zugehörig, die16) Bacellum hoc olim S. G-Borgyi reataural Anao 1668 etdedicat B. virginl in templo praeseotatae. Dieselbe Jahreszahl stehtauch über dor in späten Renaissani3eformea ausgebiMeten SandsteinumrahmuDgder AuBeatür: Ad hoaorem dei et Beatae Mariae virginishoc sacelium renovatom An. 1668.17) s. Erhard a. a. 0, IL Bd. S. 101.18) Lübke a.a.O. B. 82: „Dies Chaoä 2a entwirreo <strong>und</strong> aufbestimmte TTmänderungen zurückzuführen, ist mir niofat gelungen."beiden anderen (Nr. 2) — annähernd gleichzeitigen — sinddemnach die jüngeren nach dem Brande von 1165 (Abb. 2).Die gotischen Pfeiler sind in Abb. 2 <strong>mit</strong> Nr. 3 boÄeichnet.Aus den geringen Stärken von 70 bis 90 cm der Umfassungsmauerngeht <strong>mit</strong> Sicherheit hervor, daß Chor <strong>und</strong> Querschiffursprünglich nicht gewölbt, sondern <strong>mit</strong> flacher Decke versehenwaren. Die erste Wölbung beschränkte sich in üblicherWeise auf die Pfeiler <strong>und</strong> Säulen verbindenden Gurtbögen<strong>und</strong> die nur etwa 2 m weit gespannten gurtbogeniosenKreuzgewölbe der Krypta, Kapelle <strong>und</strong> Sakristei. Hierfürspricht auch die langgezogene Bechteckform des Chors(11,35 m lang) <strong>und</strong> der Querflügel (9,35 m), welche dieBreite des Mittelschiffes <strong>und</strong> der Vierung (8,20 m) erheblichüberschreiten- Solange man diese Teile nicht wölbte, sondern<strong>mit</strong> flacher Holzdeoke überdeckte, war man in der Bemessungihrer Länge ganz frei. Ein festes Maß für diegesamte Querschiiflänge, etwa = 4 Mittelschiffweiten wie inHersfeld, ist in Keuenheerse nicht innegehalten. Erst nachEinführung der Wölbung, besonders der nach dem „geb<strong>und</strong>enenSystem", strebte man nach quadratischen Feldern vonder Größe der Vierung, die das regelmäßige Kreuzgewölbeermöglichten. Als man in Neuenheerse nach dem Brande von1165 zur Wölbung schritt, zuerst im Chore (Presbyterium),suchte man durch nachträglich nach innen vorgesetzte Pfeiler,die man in der Krypta unterfing, die Wölbweiten möglichstzu verringern <strong>und</strong> zugleich den Diagonalschub aufzuheben.Da sich hierbei trotzdem vermutlich noch Risse bildeten,setzte man in gotischer Zeit, als man die ganze Kirche einwölbte,einige starke äußere Strebepfeiler dazu (Abb. 1).Die aus der ältesten Zeit erhaltenen Teile (Abb, 1) lassenerkennen, daß bei dem Brande von 1165, der wohl vomKloster <strong>und</strong> Kreuzgange ausging, nordöstliche Windrichtunggeherrscht haben muß. Daß die erhaltenen fünf Säulendes nördlichen Seitenschiffes diesen Brand durchgemachthaben, beweisen neben ihren Einzelformen die anvielen Stellen erkennbaren starken Spuren des Brandes,welcher die jetzige tiefrötliche Färbung der Oberfläche deseisenhaltigen Steines hervorgerufen hat. Im Innern ist dieseraus den benachbarten Bergen gewonnene Sandstein weißlichgrau,i^) Die figürliche Verzierung der Schildbögen an denWürfelkapitälen stellen sich als Nachahmungen orientalischerStoffriiUBter des ausgehenden 11. Jahrb. dar, die man zuerstin Oberitalien (Mailand, Como, Verona) in der Architektur-Ornamentik nachbildete. Besonders deutlich tritt dies an deröstlichen Säule <strong>mit</strong> der beliebten Nachbildung antiker Greife 2")hervor. Die Verzierungen befinden sich nur an der Seite,welche dem Mittelschiffe zugekehrt ist. Das entspricht durchausder romanischen Auffassung, welche die einzelnen Kaumteile— hier Seitenschiff <strong>und</strong> Mittelschiff — als selbständigeGebilde gegeneinander abtrennte <strong>und</strong> <strong>sie</strong> nur „additiv" (Frankl)zusammenfügte. Der im Mittelschiffe stehende Beschauereines solchen Kapitals wird das Seitenschiff als einen äußeren19) Über ähnliche Färbaugen des Steines durch Brand <strong>sie</strong>hePrieß in der Zeitschr. f. Bauwesen 1920, 8. 30.20)- Über das Greifmotiv in dieser Zeit an Architelcturen s. a.Kautzsch, Zeitaohr. f. Gesell, d. Arch. 1919, S. 82 (Mainz, südÖsÜ.Eingaügshallej San GiuUo Ortafan, Klosterrad). Haupt weist derartigeRaudbögen <strong>mit</strong> Vogelköpfen an den oberen Enden au altengermanischen Bauten nach (Portal Monkwearmouth um 800, <strong>sie</strong>he„Älteste Kunst" Abb. 183).35*


Wilhelm Jänecke, Die Stiftskirche in Neuenheerse. 261Querschiffes am Kreüzgange gelegen haben. In Paderbornliegt er entsprechend der nördlichen Lage des Kreuzgangesan der Nordseite des Chores. Bis zur Hersteilung der gotischenEinwölbung des. Damenchors wird der neueKapitelsaal auch dem täglichen Gottesdienste derNonnen gedient haben. Die Kreuzgewölbe zeigenhier noch den Halbkreis, die Gurte treten abergegen die Kappen stark vor <strong>und</strong> letztere steigenan, jedoch ohne daß die Diagonale die volle Halbkreislinieerreicht. Es ist dieselbe Ausführung wieia Chor <strong>und</strong> Vierung, Die starke Äbfasung derWandpfeiler gehört erst in die Zeit der spitzbogigenwestlichen Tür <strong>und</strong> südlichen Fensteröffnungen,welch letztere — außen noch sichtbar -r- im17. Jahrh<strong>und</strong>ert durch breitere Fenster <strong>und</strong> Tür <strong>mit</strong> wagerechtenSturzen ersetzt wurden,^2) Aus derselben Zeit stammtdie "Wendeltreppe, vorher betrat mau den Damenchor aufeiner Treppe vom südlichen Seitenschiffe. Die obere Türöffnungim R<strong>und</strong>bogen — über der unteren Kapitelsaaltür —ist als flachbogige Nische noch' vorhanden. Ein heute vermauertesFenster in der Sildmauer diente zur Erhellung derzum Seitenschiffe hinabführenden Treppe (Abb. 1). Die Mittel-Säule zeigt ein seltsames Gemisch von Würfeltapitäl <strong>mit</strong>profilierten Kanneluren, letztere treten ähnlich schon bei denKryptasäulen in Vreden auf (1050) (Abb. 10). Der nachOsten schräg abfallende Fußboden des heute recht gedrücktwirkenden Raumes hat früher 1,35 m niedriger gelegen, inder Höhe wie in der anstoßenden Kapelle <strong>und</strong> Krypta. Diemir 1,13 m hohe, jetzt fußlose Säule erhält dann eine Höhevon 2,30 m (Abb. 7], wie z.B. bei dem etwa gleichzeitigenunteren Räume der Naumburger Agidiuskurie. 2^^) Die un<strong>mit</strong>telbareVerbindung von Marienkapelle <strong>und</strong> Kapitelsaal, wie<strong>sie</strong> die Hirsauer liebten, ist in Neuenheerse rein zufU-Uig öntstanden.Die MurienkapeJle war, wie wir sahen, ursprünglicheine Kapelle des heiligen Georg, der Kapitelsaal einspäterer Ausbau y von dem es zudem nicht erwiesen ist, daßer von Anfang an als Kapitelsaal diente.Gotische <strong>und</strong> neuere ZeitDer Ausbau zu einer gotischen Hallenkirche, der nachAngaben des Pfarrarchivs seit 1387 erfolgte, bewegt sich inso „handwerksmäßig nüchternen" Formen, daß Lübke einegenaxiere Zeitbestimmung als wertlos ablehnte. Einen ungefährenAnhalt für diese Arbeit, die sich längere Zeit hingezogenhaben muß, bietet die Ausführung der Schiffsgewölbein der älteren Bruchsteintechnik,**) also jedenfalls vor 1500.Die Chbrgefwölbe sind zu, Wernekincks Zeit <strong>und</strong> später inZiegeln erneuert. Auf dem nachträglich eingesetzten Schlußsteinedes westlichen Feldes ist die Jahreszahl 1693 sichtbar,auf dem höchsten R<strong>und</strong>bogen östlich der Vierung steht untertier Tünche: Renovalum 1754. Von der spätgotischen bis zur22) An der Westwaud die Umrahmung eines Kamius ausderaelben, Zeit,23) s. dieUoteröucliuQg von F. Hoßfeld <strong>und</strong> Karl lUert iader Denkmalpflege 1914, S. 17.24) Das <strong>mit</strong>tlere Gewölbe des südlichen Seltenechiffes wurdekurz vor dem Kriege in Backsteia erneuert. Auch die Treppentürmewaren <strong>mit</strong> Kuppelgewölben iu Bruchstein abgedeckt, nur ^as nördlicheist noch vorhanden.Lalon-Eing,Abb. 11. Rekonstruktion des basilikalen Gr<strong>und</strong>risses (um 1130).Barockzeit ist nichts Wesentliches mehr gebaut, nur die innereAusstattung bereichert. Erwähnenswert ist unter den vielenGrabplatten eine von 1462 der Äbtissin Heseke Speghelberenim Chore. Zwei auffallend schöne Stehleuchter vonZink <strong>mit</strong> der Zeitangabe 1618 stehen vor dem Hochaltare.Der sechseckige Sandstein-Taufstein in frühen Renaissanceforraenträgt die Jahreszahl 1585. Aus Wernekincks Zeitstammen das schöne Südportal von 1695,2^) die bereitserwähnten Veränderungen der unterirdischen Räume, dieMänner- <strong>und</strong> Orgelbühne sowie Gestühl <strong>und</strong> Ghorgitter.Einen künstlerisch wirksamen Gegensatz gegen die nüchterneEinfachheit des Innern bilden endlich „fünf brillante Marmoraltäreaus der blühendsten Rotokozeit, die man vor einigenJahren.<strong>mit</strong> Ölfarbe gänzlich überstrichen hat" (Lübke S. 84,Abb. 3). Der monumentale Hochaltar (1705) <strong>und</strong> die beidenSeitenaltäre auf der Chortreppe (1701 u. 1704), ebenso dasNurdportal (1703) verdanken nach den lateinischen Inschriftender prachtliebenden Äbtissin Agathe von Niehausen ihre Entstehung,•welche die Bestrebungen Wernekincks fortsetzte.Nach der Ähnlichkeit der gedrehten Säulenformen stammtauch die Kanzel aus dieser Zeit (Abb. 3). Außer dem Altarim nördlichen Querschiffe befand sich bis 1870 ein fünfterAltar im Damenchore. Auswechslung der Dachbalken <strong>und</strong>sonstige Instandsetzungen daselbst sind nach den Zierankemder Südseite 1732 erfolgt. „Im Jahre 1797 schlug der Blitzin den Turm <strong>und</strong> zündete: darauf erhielt der Turm dasjetzige Zwiebeldaeb. Das frühere Turmdach war, wie einÖlgemälde von Fabricius aus dem Jahre 1665 zeigt, höher<strong>und</strong> schlanker" (Pfarrarchiv, Abb. 4). Nach der Säkularisationwurde der Bau arg vernachlässigt, bis in neuester Zeit <strong>mit</strong>planmäßiger Unterhaltung <strong>und</strong> Verbesserung der als PatronUnterhaltungspflichtige preußische Staat eingriff. Der überdem nördlichen Seitenschiffe (vermutlich 1703) eingerichteteKornboden wurde 1888 wieder abgerissen <strong>und</strong> die alte basi-25} Ein Opferstook daneben im lanera <strong>mit</strong> derselben Jahreszahl,ein anderer vou 1604 lassen darauf BohlieSen, daß in dieserZeit für eine reichere Ausschmückung des Innern lebhafter gesammeltwurde. An einem Strebepfeiler der Nordseite tindet siob die Zahl 1663.


262 "Wilhelm Jänecke, Die Stiftskirche in Neuenheerse.likale Form unter Hin-ÄuiögTiug eines <strong>mit</strong>tlerenobereai Radfeiisterswieder hergestellt. Seit1902 sind seitens deszuständigen preußischenHochbauamts Paderborn(früher Höxter) umfangreicheVerbesserungendurchgeführt. 2ö) EineNeuausmalung durchProf. Öttken-Berlin,der auch die Kirche inGehrden ausmalte, stehtbevor. Hoffentlich kommtauch die <strong>mit</strong> geringenMitteln ausführbare Ausgrabungder SeitenschifFsäulen,des südlichenKreuagaoges <strong>und</strong>anderer unklarer Teilezur Ausführung, dieVerfasser angeregt hat-zweifelhaft. Auffallendbleibt die Länge desöstlichen Presbyterlums(11,35 m) <strong>mit</strong> der stattlichenSakristei gegenüberdem -westlichenNonnenchore (9,10 m).Vermutlich war hierfüraber nicht etwa einegrößere Anzahl vonGeistlichen, sondernallein die Analogie <strong>mit</strong>gleichzeitigen Anlagenwie Paderborn maBgebend.Bei aller Nachahmungbekannter Kegelnzeigen sich aberdodi manche selbständigeAbweichungen. DasMittelschiff ist nur l^/^Breiten hoch,nicht doppeltHBMtigBp FM8Iso hoch wiey Al1;er_Fy§t)'>'tenbreit, wieErgebnis.sonst üblichHier sollte haupt-. |„„|,„y10"(Hersfeld), dagegen habendie 4,10 m breitensächlich die ältesteBaugeschichte klargestelltwerden, so ge­Abb. 12. Neuenheerse. Qaerschnitt gegen Nonnenchor (rekoostruiert). Seitenschiffe wieder genaudie halbe Breitedes Mittelschiffes (8,20 ra), dessen Länge (21,50 m) entsprichtnau, wie es die spärlichen überlieferten Nacbdchten, derin üblicherweise etwa dem 2Ygfachen der Breite. Die Längenheutige Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Feststellungen vor der Neuvorputzungvon Chor, Querhausflügel <strong>und</strong> Avestlicher Torhalle sind wieder(19 L3) gestattet). Auf Gr<strong>und</strong> dieser Unterlagen ist in derganz frei bemessen, da man auf quadratische Felder <strong>mit</strong>Rekonstruktion auf Abb. 11 der ursprüngliche basiükale Zustandgezeichnet, der, soweit der Gr<strong>und</strong>riß in Frage kommt,Einwöibung dieser Teile keine Rücksicht zu nehmen hatte.Die Regel der Frühzeit: Säuienabstand -= Säulenhöhe ist inbei dem Umfange des Erhaltenen nur in Kleinigkeiten unbestimmtbleibt. Die Neuenheerser Stiftskirche stellt sich hier­der Krypta (2,19 m) <strong>und</strong> der Marienkapelle (2,25 m) genaubefolgt. Auch die vor 1165 gebauten Pfeilervorlagen (1) desnach als ein Bau von auffallender Harmonie des Gesamtaufbauesdar, wie <strong>sie</strong> sich nur bei den letzten Ausl-äufern einerChores hat man ihrer Höhe gleichgesetzt (7,45 m) (Abb. 2).Die SeitenBchiffsäulen <strong>mit</strong> der Achsweite von 3,CO m, wodurchBewegung zeigt. Die Abmessungen sind gegenüber den sonstsich eine schlankere Wirkung ergibt, stehen enger. Ihrezeitlich <strong>und</strong> räumlich nahestehenden Säulenbasiliken (St. Moritz-Höhe (3,76 + 1,10) kommt auch der Entfernung von derHildesheim, Abb.l3)stattlieh, dieAußenwand (4,10 m) nicht sehr nahe. Das Verhältnis zwischenVerknüpfung der einzelnen selbständigdurchgebildeten ßaum-Höhe (3,20 m) <strong>und</strong> Abstand (2,25 m) der östlichen Turmsäulenist annähernd wie 3; 2. Herrscht so im BefolgenKreuzgangteile ergibt einen Gesamtgr<strong>und</strong>rißvon Regeln <strong>und</strong> Ähnlichkeiten viel Freiheit, so ist, wievon übersichtlicher Ausgeglichenheit,Die äußere ErscheinungLübke (S. 82) gut beobachtete, auch „im Einzelnen einereichere Belebung <strong>mit</strong> Erfolg angestrebt".wird im allgemeinen von schlichterwestfälischer Sachlichkeit gewesensein, der rauhen GrößeDie Stellung von Neuenheerse, der einzigen in Westfalenromanischer Bangesinnung entsprechend.Ein belebender West­nachgewiesenen Säulenbasilika, ist in der deutschen Baugeschichtenoch in anderer Hinsicht von besonderer Bedeutung.turm fehlte, ob ein hölzernerWie im Einzelnen hervorgehoben werden konnte, besteht eineYieruQgsturm vorhanden war, ist Verwandtschaft <strong>mit</strong> der Hirsauer Bauschule, die seit 1060die Baugedanken Olunis aufnahm, nicht, es machen sichvielmehr überall selbständige westfälisch - niedersächsische26) Dabei worden alle vorgeftmdeneialten Tür- <strong>und</strong> Feasteröffmingenvorher sorgfältig aufgemessen. freilich dem alten burg<strong>und</strong>isch-eUässischen Gr<strong>und</strong>risse derBaugedanken bemerklich. Das rechtwinklige Altarhaus folgtAbb. 13,Verf. wurden diese Unterlagen bei Kluniazenserj wie er vermutlich am Magolusbau in ClunyRekoustruktion derWßstlÖMuagvon St. Moritz Verfügung gestellt, wofür auch anseioen Zeichnungen bereitwilligst zur(950) vorgebildet war <strong>und</strong> heute noch in Andlau, Murbachbei Hildesheini (um 1 dieser Stelle nochmals gedankt sei. <strong>und</strong> St. Peter <strong>und</strong> Paul in Hirsau festzustellen ist (Dehio,


Wilhelm Jäuecke, Die Stiftskirche in Neuenheerse. 263Kirchl. Baukunst I, S. 210). Die sonstigen Hauptmerkmalevon Hirsau,27) insbesondere die inVerlängerung der Seitenschiffeangebrachten Apsiden der Querhäuser <strong>und</strong> die zweitürmigeWestfront, fehlen gänzlich. Dazu die besprochenen Abweichungenin den Einzelformen, wie z.B, am Würfelkapitäle. EineVerwandtschaft <strong>mit</strong> Hersfeld (ab 1040), dem Frühbau derHirsauer Schule, kommt daher ebensowenig in Frage wie einesolche <strong>mit</strong> dem Spätbau Paulinzella (1105 bis 1119). Eherkönnte tnan von gewissen allgemeinen Ähnlichkeiten <strong>mit</strong> dennordischen Ausläufern der schwäbischen Schule sprechen,wie <strong>sie</strong> sich in den Bauten ihres Schülers, des SchwabenBenno, zeigen (Fußnote 14). Mit St. Moritz bei Hiidesheim,der einzigen nachweisbaren Säulenbasilika Hannovers, derletzten Bennos, die um 1068 vollendet wurde, hat Neuenheersenicht nur die geraden äußeren Abschlüsse von Chor<strong>und</strong> Querhaus, die südliche Lage von Kloster <strong>und</strong> Kreuzgang,sondern auch die Anlage der Westempore <strong>mit</strong> dreiteiligemSäulenabschluß gegen das Mittelschiff <strong>und</strong> BSgen gegen dieSeitenräume gemeinsam. Bei Ergänzung der jetzigen schmalenWesthalle zu mehr quadratischem Gr<strong>und</strong>risse <strong>und</strong> Hinzufügungvon südlichen R<strong>und</strong>türmen würde die Ähnlichkeit vollständigsein. Die jetzige Westlösung von St Moritz macht in ihrerausdruckslosen Endigung <strong>mit</strong> dem scharf abgeschnittenenkleinen Nordgiebel <strong>und</strong> den in gotischer Zeit vorgesetztenwestlichen Strebepfeilern durchaus den Eindruck des Unfertigen.Es erscheint in hohem Grade wahrscheinlich, daß, solangedie Bauabsicht auf ein Nonnenkloster hinausging,2») hier eingeräumiger Nonnenchor <strong>mit</strong> seitlichen r<strong>und</strong>en Treppentürmengeplant war. Möglicherweise finden sich noch die Gr<strong>und</strong>mauerndazu in der Erde. Aber auch wenn dieses nicht derFall sein sollte, ist zu vermuten, daß der jetzige unorganischeingeschränkte Gr<strong>und</strong>riß erst ausgeführt wurde, als die ersteBauabsicht aufgegeben war. Auf Abb. 13 ist versucht, dieLösung, die sich <strong>mit</strong> Neuenheerse deckt, wiederherzustellen.In der quadratischen Aufteilung der Kreuzform, welche dieAbsicht der Kreuzgewölbe klar hervorhebt, in den Querhausabsiden<strong>und</strong> in der Ausbildung der Einzelformen bestehenallerdings gegenüber Neuenheerse wieder große Abweichungen,die sich nicht nur durch den zeitlichen Abstand erklären.Die westfälischen Besonderheiten treten eben bei Neuenheerseüberall so deutUch hervor, daß man Einflüsse von außen,besonders vom Süden her, nur in beschränktem Maße geltenlassen kann. Es ist ein Werk großer Selbständigkeit, <strong>was</strong>27) s, Baer, Die Hirsauer Bauschule, uüd Jacobi, Die HirsauerBauten, beide übrigens nicht frei von Irrtümern,28) s. die ausführliche Baugeschicbte bei Gerland in der Zeitschriftfür bildende Kunst XIS (1908), S. 300 ff.uns in diesem Teile Westfalens, unweit der Grenzen desHannover- <strong>und</strong> Hessenlandes, entgegentritt. Die Dome vonPaderborn, Minden <strong>und</strong> Osnabrück lassen in ihren ältestenGestaltungen die hauptsächlichsten der um 1100 herrsehendenwestfälischen Merkmale erkennen: Langgezogene Kreuzflügelohne Absiden, ebensolcher Chor <strong>mit</strong> geradem Abschluß,oft Vierungsturm, Westempore zwischen r<strong>und</strong>en Treppentürmen.Letzteres ist als sehr altertümliches Motiv zu werten,das sich über Gernrode bis auf das Aachener Münster zurückverfolgen läßt <strong>und</strong> das Albrecht Haupt für ein urgermanischesan<strong>sie</strong>ht (s. „Älteste Kunst" S. 243). Mit Hamersleben (vonHirsau beeinflußt, 1120 bis 1130), Oberzeil bei Würzburg (nach1128), Liebfrauen in Magdeburg (soweit Norbert daran gebauthat, 1129 bis 1134), HeUsbronn (1132) <strong>und</strong> Bosau (1130*bis1140)29) gehört Neuenheerse gu den letzten Säulenbasiliken,die in Deutschland gebaut sind. Es entspricht dem Wesendes westfälischen Stammes <strong>mit</strong> seiner schwerblütigen, <strong>allem</strong>Fremden mißtrauisch gegenüberstehenden Art, daß mau eratgegen Ende der auf der Gr<strong>und</strong>lage der flachen Überdeckungverlaufenden basilikalen Entwicklung <strong>und</strong> unter weiblichemEinflüsse einen "Versuch <strong>mit</strong> der südlichen, inzwischen schonrückständig gewordenen Weise luftiger SäulensteUungen machte<strong>und</strong> diese an Stelle des sonst in ganz Niedersachsen üblichenStützen Wechsel 3 setzte. Deren schlanke Zierlichkeit aberersetzte man durcli den schweren Ernst <strong>und</strong> die wuchtigeKraft norddeutschen Empfindens, wie es sich in den hohen,pilzähnlioh aus der Erde schießenden, stark geschwelltenSeitensehiffsäulen <strong>mit</strong> mächtigem Würfelkapitäl ausdrückt.Zeitlich <strong>und</strong> in den Abmessungen stehen <strong>sie</strong> allenfalls denenvon St. Godehard in Hildesheim nahe (1136). Die aus demSüden, dem Bhein über Hessen, Sachsen, Thüringen heraufkommendeneue Entwicklung zum gegliederten vollständigenPfeilergewölbebau, der um dieselbe Zeit im nahen Lügde,Soest (St. Petri), Steinheim, Brenken u. a. m, einzog, ließ sichdadurch nicht aufhalten, ganz davon zu schweigen, daß Nordfranfcreichin dieser Zeit schon die ersten Schritte zur Gotiktat. Die Erbauung der Stiftskirche von Neuenheerse um 1130,der einzigen nachweisbaren Säulenbasilika Westfalens,^**) bedeutetfür Nord Westdeutschland den Abschluß des wölbungslosenKirchenbauea der romanischen Zeit.29) Dio Klosterkirche von Jerichow, die Adler als Säulenbasilikavon 1149/59 nachzuweisen suchte (Zentralblatt d. Bauverw.1884, S.443), gehört nach Schäfers Feststellung nicht hierher (Zentralblattder Bauverw. 1884, S. 516. 530).30) Die Reste von Hardehausen, die Lübke (S. 84) noch erwähnt,sind doch wohl zu winzig <strong>und</strong> dio Zeit der Erbauung (1153)zu spät, um da<strong>mit</strong> eine Säulenhasilika zu begrüadea.


264 Der romanische Bactsteinbau.Der romanische Backsteiiibau.(Vgl. Heft 10 bis 12, Seite 322 des Jahrganges 1921 dieser Zeitschrift.)(Allö Rechte vorbehalten.)Hasaks Aufsatz Tersucht Entstehung <strong>und</strong> Batierung desromanischen Bactsteinbauea auf neue Gr<strong>und</strong>lagen zu stellen,nische Backeteinbau" kann ich nur dankbar sein, denn <strong>sie</strong>bezeugt, daß dieser mein „Aufsatz versucht, Entstehung <strong>und</strong>die jedoch abzulehnen sind. Er möchte den deutschen BauwerkenDatierung des romanischen Backsteinbaues auf neue Gr<strong>und</strong>­ein höheres Älter geben, indem er frühe schriftliche lagen zu stellen". Ich habe sonst die nicht angenehmeErwähnungen der Denkmäler auf die vorhandenen Bauwerkebezieht; er über<strong>sie</strong>ht jedoch, daß die Denkmäler in den Schriftatückonnur als Gegenstände des Rechtes in Betracht kommen.Die Behauptung, daß Holzkirohen nicht geweiht wordenkönnen, steht in Widerspruch zu den zahlreichen, noch vorhandenenErfahrung geraacltt, daß, wenn meine Ansichten sich durchgesetzthaben, die anfangs aufa heftigste angegriffen wurden,diese dann von den Kunstschriffstellern als allgemein bekanntbehandelt werden, deren Erlinder man nicht nennt.Ferner schreibt Kohte von mir: „Er über<strong>sie</strong>ht jedoch,Holzkirchen Ostdeutschlands <strong>und</strong> Polens. Wollte daJä die Denkmäler in den Schriftstücken nur als Gegen­man die Dome in Augsburg <strong>und</strong> Brandenburg in das 10. <strong>und</strong> stände des Rechtes in Betracht kommen'*. Das hatte11. Jahrh<strong>und</strong>ert hinaufrücken, so würde man <strong>sie</strong> aus dem schon Stiehl mir gegenüber in der Zeitschrift des VerbandesZusammenhange der verwandten Denkmäler lösen. Die Klosterkirchedeutscher Arch.- u. Ing.-Vereine 1914 behauptet. Ich wiesin Jeriehow wurde im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert als Bruchstein­Stiehl aber in derselben Zeitschrift Nr. 16 nach, daß diesbau begonnen <strong>und</strong> erst mehrere Jahrzehnte später als Ziegelbau durchaus nicht immer zutrifft, besonders aber gerade in•weitergeführt. Die unklar überlieferte Weihung der Klosterkirchein Diesdorf 1160 kann nur auf einen vorläufigen Baubezogen werden, da die päpstliche Bestätigung der Stiftungerst 1188 erfolgte. Nur dio Woihungen der Kirchen in Wustum 1200 <strong>und</strong> in SchÖnhausen 1212 betroffen dio vorhandenenBauwerke, Das Ornament der Pfeiler im Langhause desDomes in Brandenburg deutet nicht, wie Hasak glaubt, aufdie Zeit um 1165, sondern ist ungelenke Nachahmung vonVorbildern in Magdeburg um 1220. Da die Stilfaasung derBauwerke übereinstimmt, so können die ältesten künstlerischenÄußerungen des Ziegelbaues in der Mark Brandenburg erstin den Sciiluß des 12. oder den Beginn des 13. Jahrh<strong>und</strong>ertsangesetzt werden.In der Lombardei entwickelte sich der Ziegelbau inununterbrochener Überlieferung seit der Römerzeit, <strong>und</strong> dieviel geübte Gepflogenheit des frühen Mittelalters, Ziegel abgebrochenerrömischer Bauwerke wiederzuverwenden, wurdedie Ursache, daß ein bestimmtes Ziegelraaß sich erst in derreifen romanischen Zeit wieder einbürgerte. In der Einführungeines einheitliehen Ziegelmaßes <strong>und</strong> eines Verbandesheben die norddeutschen Bauten sich von den lombardischenvon Anbeginn ab. Der lombardische Ziegelbau hat aber dasVerdienst, daß er früher zu einer künstlerischen Ausbildunggelangte. Aus der Lombardei wurde der Ziegelbau nachDeutschland übertragen, sowohl nach der schwäbisch-bayerischenHochebene als nach der norddeutschen Tiefebene; injener hat er sich zu Kunstformen nur wenig, recht bedeutsamaber in dieser entwickelt. Der norddeutsche Ziegelbauverliert nichts von seiner Wertschätzung, weil er seine Anregungenaus der Lombardei empfangen hat.Ich nehme im übrigen Bezug auf meine Darstellungender Bauwerke im Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler,Band II: Nordoatdeutschland (1. Auflage 1906, 2. Auflage1932) <strong>und</strong> Band III: Nord Westdeutschland {I.Auflage 1912),sowie auf meine Baukunst des klassischen Altertums <strong>und</strong> ihreEntwicklung in der <strong>mit</strong>tleren <strong>und</strong> neueren Zeit, Konstruktions-<strong>und</strong> Formenlehre {Braunschweig 1915). J. Kohte.Für Kohtes Entgegnung auf meine Abliandlung in derZeitschrift für Bauwesen, 71. Jahrg., S. 322ff.: „Der roma-Brandenburg nicht, da die beiden Belegstellen reinen ßaubeschreibungenentstammen, keinen Urk<strong>und</strong>en über Rechtshandlungen,nämlicli der verlorengegangenen Bischofschronik'^on Brandenburg <strong>und</strong> dem Bericht Heinrichs von Antwerpenvon rd. 1180 Ti'actatus de urbe Brandeburg (<strong>sie</strong>he beideStelion auf Seite 329 meiner Abhandlung: Der romanischeBaeksteinbau). — Warum sollen denn aber gerade die Rechtsurk<strong>und</strong>enfalsche Jahreszahlen <strong>und</strong> irrige Baugeschichten beibringen?Dieser Einwand besagt also überhaupt nichts gegendie Benutzung von Eechtsurk<strong>und</strong>en für die Kunstgeschichte.Das Bestehen von Holzkirchen in Ostdeutschland <strong>und</strong> Polen _beweist nichts gegen die uralten Vorschriften der katholischenKirche, daß nur Kirchen aus Stein <strong>und</strong> nur Altäre aus Steinkonsekriert werden dürfen. Gottesdienst kann dagegen injedem Holzsaal abgehalten werden <strong>und</strong> das Meßopfer kannauf jedem Holztisch oder auf jeder Wirtshausteke dargebrachtwerden, sofern nur das Altare portatile, das Reliiiuienkästchen,unter die Leinewand der Altarbedeekung gelegt wird. Aberkonsekriert darf , weder der Holzsaal noch der Holztischwerden.Kohte -wird daher keine Eonsekrationsurk<strong>und</strong>e von einerHolzkirche beibringen können, höchstens vom Hochaltar, "wenndieser aus Stein hergestellt ist. Solche Kirchen sind nurbenediziert worden. Die Benediktion kann jeder Geistlichevornehmen, die Konsekration jedoch nur der Bischof. Dasdritte Wort Dedikation <strong>und</strong> dedizieren ist unbestimmt, kannsowohl konsekrieren wie benedizieren besagen, oder es ist<strong>mit</strong> gewidmet gleichbedeutend, z. B. der Jungfrau Mariagewidmet. Bei einem Bischof gebraucht, wird es wohl immerkonsekrieren bedeuten. Liest man dagegen von der Klosterkirchezu Diesdorf, daß der Bischof Hermann von Verdenam 10. Dezember 11 Gl bek<strong>und</strong>et: Nbs vero eiusdera co<strong>mit</strong>iset predicti fratris peticionibus acquiescentes oandem eccleaiamin honore sanctae crucis et beatae Mariae IUI idusDecembris consecravimus, dann wiesen wir ganz sicher,daß damals eine steinerne Kirche vorhanden gewesen ist,<strong>und</strong> zwar eine fertige, welche eben nur die heute nochvor uns stehende romanische Ziegelkirche sein kann. Dennes ist nicht abzusehen, wie eine Ziegelkirche schon nach50 Jahren so abgängig ge<strong>was</strong>en sein sollte, daB.<strong>sie</strong> abge


Der romanische Backsteinbaa. 265brochen werden mußte. Für alle diese so zahlreichea BehauptungenStiehls <strong>und</strong> Eohtes, daß die märkischen Backsteinbautenerst 50 Jahre nach ihrer Stiftung entstanden seien,gibt es auch nicht einen urk<strong>und</strong>lichen Beweis! Ihre gesamteKunstgeschichte, wie die der Mehrzahl der Kunstschriftsteller,ist nur auf Behauptungen aufgebaut, denen der urk<strong>und</strong>licheBeweis fehlt. Daher trifft auch die Behauptung Kohtes nichtzu: „"Wollte man die Dome in Augsburg <strong>und</strong> Brandenburgin d^ 10. <strong>und</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert hinaufrücken, so wftrde man<strong>sie</strong> aus dem Zusammenhange der verwandten Denkmälerlösen." Nicht aus dem Zusammenhange verwandter Denkmäler,sondern aus dem der unbewiesenen Behauptungegeschichte,die aber irrig ist. — Wie Kohte von der KonsekrationDiesdorfs überdies behaupten kann, <strong>sie</strong> sei unklarüberliefert, überlasse ich dem geschätzten Leeer des Wortlautes,den ich, aber nicht Kohte beibringt. Die päpstlicheBestätigung der Kechte, <strong>und</strong> des Besitzes hat <strong>mit</strong> einer Konsekrationgamichts zu tun. Sie erfolgt naturgemäß späterals die Erbauung.Daß Kohte das wenige, aber vortreffliche Ornament anden Schiffspfeilern des Domes zu Brandenburg ungelenknennt, wird die Koliegenschaft durch eine Wanderung nachBrandenburg von dem Zutreffenden der romanischen ErinnerungenKohtes überzeugen. Eine -ungelenke Nachahmungvon Vorbildern in Magdeburg um 1220 kann es schon ausdem einfachen Gr<strong>und</strong>e nicht sein, weil es romanische Bautenin Magdeburg um 1220, die durch Urk<strong>und</strong>en belegt sind,überhaupt nicht gibt. Es würde mich freuen, wenn Kohtemeinen Urk<strong>und</strong>enschatz nach dieser Richtung bereichern könnte.Zu dem Satz: „Die Klosterkirche in Jerichow wurdeim 12. Jahrh<strong>und</strong>ert als Bruchsteinbau begönne <strong>und</strong> erstmehrere Jahrzehnte später als Ziegelbau weitergeführt"bringt Kohte eine Urk<strong>und</strong>e nicht bei. Es gibt auch keine diesbezügliche.Dagegen habe ich in meiner Abhandlung S. 324die Urk<strong>und</strong>enstelle schon von 1148 beigebracht, in der esheißt, daß „die vorbesagten Kanoniker daselbst bauten <strong>und</strong>öott ruhiger dienten '^- (quatenus predicti Canonici ibidemedificarent et deo qriieoius servirent). Gegen 1144 waren<strong>sie</strong> erst dorthin verpflanzt worden. Ebenso schreibt Erzbischof-Wichmannvon Magdeburg 1172^) „deinde vero locumejus extra viliam addiderunt, ubi mansionem quietem magiget secretam ac priori omnino commodiorem habentee, templuracum claustro; siout re ipsaapparet, exstruxerunt"— dann fügten <strong>sie</strong> den Platz außerhalb der Stadthinzu, wo <strong>sie</strong> einen ruhigeren <strong>und</strong> abgeschiedeneren <strong>und</strong>gegen früher überhaupt bequemeren Aufenthalt haben <strong>und</strong>Kirche <strong>mit</strong> Kloster, wie aus der Tatsache selbsterhellt, errichteten. Die Ziegelkirohe war also 1148schon erbaut gewesen. Ihr Sockel ist zur Hauptsache inBruchsteinen hergestellt. Aber schon Schäfer hat daraufaufmerksam gemacht,^) daß dies bei zahlreichen Ziegelkirohender Fall ist. Man kann daher nicht behaupten, <strong>sie</strong> sei alsBruchstein bau begonnen <strong>und</strong> noch weniger den Schluß darausziehen, <strong>sie</strong> sei erst mehrere Jahrzehnte später als Backsteinbaufortgesetzt worden. Diese Behauptung hält also weder1) Handbuch der Arohitelbitar: Hasak, Einzelheiten des Kirohenbauea,1903, S. 942) Carl Schäfer, Von'deutscher Knast, Berlin 1910, S. 256.Aus ZeQ^blatt d«r Bamrerwaltting, 1884, B. &16 n. 530 ff.XeitHhtlft r. Baawe&en. 72. Jataig.den Urk<strong>und</strong>en gegenüber noch dem Bau gegenüber Stand.Sie ist eben eine der zahllosen irrigen Behauptungen, welchedie Kunstgeschichten föllen, L'histoire c'est la fable oonvenue,das hatte schon Voltaire erkannt. Wenn Kohte schreibt:„die viel geübte Gepflogenheit des frühen Mittelalters, Ziegelabgebrochener römischer Bauwerke wieder zu verwenden",so unterläßt er es, von diesen vielen Bauwerken einige zunennen. Bei dem vorzüglichen italienischen Mörtel dürftedas Abbrechen den Backsteine übel bekommen sein. Auchmöchten die Römerbauten, bei denen kein Ziegelstein demanderen gleicht, weder in der Länge, noch in der Breite,noch in der Höhe, aligemeine Würdigung erfahren, wenn er<strong>sie</strong> benennt. Ich bin Kohte aber ganz besonders dafdr dankbar,daß er selbst hervorhebt „Tn der Einführung eines einheitlichenZiegalmaßes <strong>und</strong> eines Verbandes heben die norddeutschenBauten sich von den lombardischen von Anbeginnab". Das ißt der springende Punkt, welcher die Abstammungdes deutschen Ziegelbaues von dem lombardischenunmöglich macht Es trifft auch nicht zu, daß die früheAugsburger Ziegelkunst formlos ist. Jeder Besuch Au^burgsbezeugt dies, <strong>und</strong> die Urk<strong>und</strong>en erweisen das hohe Alterdiefeer Äugsburger Bauten.Hasak.Meine Entgegnung beschränkte sich auf eine kurzgefaßteAbsage, weil es zu weit führen würde, die DarstellungenHasaks im einzelnen zu berichtigen. Zwei Beispielemögen zeigen, auf wie mangelhaftem G-r<strong>und</strong>e sichdiese aufbauen.Die Klosterkirche in Jeriehow ist nicht ein Ziegelbau<strong>mit</strong> Brucbsteinsockei, sondern Bruchstein <strong>und</strong> Ziegel gehörenzu zwei verschiedenen Bauausführungen. Ich habe michdarüber bereits in der Zeitschrift für Geschichte der Architektur,Jahrg.|II, Heidelberg 1908/09, S.216, ausgesprochen;diese meine Mitteilung scheint Hasak nicht zu kennen. Wederdie Angaben von Adler noch die von Schäfer sind einwandfrei;eine ausreichende Aufnahme des Bauwerks fehlt.Die von Hasak angeführten Urk<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> Chronikensind seit langem bekannt. Wie wenig <strong>sie</strong> zur Sache nützen,mag die Urk<strong>und</strong>e von 1161 (ohne Monat <strong>und</strong> Tag) betreffenddie Gründung des Klosters Diesdorf dartun, welche von einervorausgegangenen Weihung der Kirche spricht. Sie warbisher nur aus älteren Drucken bekannt. Das Original befindetsich im Berliner Staatsarchive. Es ist als echt anzuerkennen;mehrere Jahrzehnte später aber wurde ein wesentlicherTeil des Textes über die Art des Klosters ausradiert<strong>und</strong> in veränderter Fassung neu geschrieben. Eine kritischeUntersuchung der Urk<strong>und</strong>e würde die Aufgabe eines Archivarsvon Beruf sein. Jedenfalls widerspricht der Wortlautder Urk<strong>und</strong>e, den monumentalen Ziegelbau in eine früheZeit hinaufzurücken, in welcher die rechtliche Lage desKlosters noch nicht geklärt war, während anderseits dieNachricht von der Tätigkeit des Mönches lao, der die Kircheeigenhändig herstellte, sinngemäß nicht anders als auf einenhölzernen Erstlingsbau bezogen werden kann.Was die Weihung ostdeutscher Holzkirchen <strong>und</strong> ebensodie Ziegelbauten des römischen Altertums <strong>und</strong> dos frühenMittelalters in der Lombardei angeht, so überlasse ich esmeinem Gegner, sich aus dem Schrifttum der Denkmäler zuunterrichten. ,_ J. Kohte.36


266 Der romanische Backsteinbau.In seinem Aufsatz über „Die romanische Backsteinkunst"in der letzten Nummer des Jahrgangs 1921 hat Hasak erneutdie Ansicht ausgesprochen, daß die märkische Backstein-Baukunst aus Augsburg stammen müsse. Das gleiche hater bereits im Jahre 1909 in einem Vortrage behauptet, derin der Wochenschrift des Berliner Architekten-Tereins 1910S. 108 abgedruckt ist. Ich habe ihm schon damals in einemQ-egenvortrag, abgedruckt am a. 0. S. 121, die XJnhaltbarkeitseiner Datierungen, das Unzutreffende seiner Auffassungenvon Technik <strong>und</strong> Formgebung des romauischen Backsteinbaues,die Haltlosigkeit seiner Schilderung, nach der die AugsburgerGegend im frühen Mittelalter eine blühende Oase inder allgemeinen Yei-wtifitung gebildet haben sollte, nachgewiesen.Auf diese Abweisung hat Hasak in der in Magdeburgerscheinenden „Thieles Bauzeitung" 1913 S. 117 diese AugsburgerTheorie ganz unverändert -wieder vorgebracht, nurvermehrt durch Auslassungen über die Datierung der märkischenBacksteinbautexi <strong>und</strong> über das Vorkommen von nicht, verglasten Fenstern in der Frühzeit des norddeutschen Backsteinbaues.Meine Entgegnung erschien, trotzdem jene Zeitschriftam 30. Dezember 1913 eingegangen war, in der Ztschr.d.Verb. ätsdh. Aroh,-u. Ing.-Vereine 1914 S. 53. Wieder wiesich ihm die Unhaltbarkeit seiner Behauptungen nach, darunterauch die Behauptung von dem Ottoniachen Kernbau desjetzigen Domes zu Brandenburg, <strong>und</strong> schloß <strong>mit</strong> den Worten:In keiner der behandelten Fragen, weder für dieZeitstellung der ältesten märkischen Baeksteinbauten,noch gegen die Annahme, daß der märkischeBacksteinbau aus Oberitalien stamme, noch gegendieTatsache, daß die ältesten Xirchenbauten unserer(regenden nicht selten ohne Fensterverschluß gebliebensind, hat danach Herr Hasak seine Behauptungenauf irgend zutreffende Gründe gestützt. Ihrsachlicher Wert ist danach leicht zu ermessen <strong>und</strong>es wäre bedauerlich, wenn <strong>sie</strong> in weniger eingeweihtenKreisen Verwirrung stiften sollten,Hasak beschränkte sich in seiner Erwiderung auf eineBeanstandung einer von mir nebenbei gemachten Bemerkung,daß nämlich die <strong>mit</strong>telalterlichen Urk<strong>und</strong>en zumeist nicht zurÜber<strong>mit</strong>telung baulicher Nachrichten bestimmt sind, sondernzur Festlegung vermögensrechtlicher Verhältnisse. Vgl. a, a. 0.S. 134. Am gleichen Orte habe ich auch diese Beanstandungals unzutreffend abgewiesen»Soweit die eingangs erwähnten Auslassungen Hasaksan den hier angeführten Stellen bereits behandelt sind, beschränkeich mich, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden,auf wenige Proben. — Auf S. 323 des vorhergehenden Jahrgangsdieser Zeitschrift macht mir Hasak den Einwand, daß ichfür die von mir — übrigens auch von den meisten neuerenForschern — angenommene Zeitstellung der märkischenBacksteinkirchen keine einzige Urk<strong>und</strong>e anführen könne. Dasist zunächst sachlich unrichtig, denn wir besitzen die einwandfreienUrk<strong>und</strong>en darüber, daß die Dorfkirohe zu Schönhausenim Jahre 1312, die Ändreaskirche in Verden, ebenfallsein rein romanischer Bau, im Jahre 1231 geweiht wurden,Daten, die Hasak selbst als zutreffend -erwähnt. Abersolche Art der Beweisführung ist an sich irreführend, weiles reine Sache des Zufalls ist, ob sich irgendeine Nachrichtüber einen Eircheubau erhalten hat. Das Fehlen solcherNachrichten beweist bekanntlich gar nichts, wie auch dasFehlen jeglicher Nachricht über die romanischen BacksteinbautenBayerns nichts gegen ihr Vorhandensein beweist.Übrigens ist diese Eirchengruppe durchaus nicht so unbekanntwie Hasat glauben machen möchte. Die einheimischenForscher kennen <strong>sie</strong> seit lange <strong>und</strong> setzen <strong>sie</strong> in die Zeitvon etwa 1180 bis 1<strong>250</strong>, also ganz übereinstimmend <strong>mit</strong>unserer Zeitbestimmung der gleichartigen märkischen Bauten.So sagt das Archiv für die Geschichte des Hoehstiftes Augsburg,Bd. 4, S. 600, bei Besprechung der Hasakschen Ansicht:„Er kennt jedoch die Bauwerke, auf die er seinen Beweisstützt) nur sehr oberflächlich. In der Tat ist in Augsburgkein älteres Ziegelbauwerk nachweisbar, als die Kirche S. Peter,die um 1182 neu erbaut wurde, viel zu spät, um als Gr<strong>und</strong>lageför Jene Behauptung dienen zu können. Alle anderenBauwerke, die Hasak anführt, sind entweder jünger oder nichtbeweiskräftig, weil die wirklich alten Teile davon eben nichtaus Backstein, sondern aus Tuffsteinquadern erstellt sind."— Die Kenner der augsburgischen Geschichte rechnen eben<strong>mit</strong> der Tatsache, daß die dortige Gegend nicht durch dasganze frühe Mittelalter eine Oase in der allgemeinen Verwüstunggebildet hat, wie Hasak trotz des ihm gewordenenWiderspruchs weiter behauptet. Sie ist vielmehrim sechsten Jahrh<strong>und</strong>ert durch Sachsen, Sueven <strong>und</strong> Alamanen,dann bis zur Mitte des zehnten Jahrh<strong>und</strong>erts durch Avaren<strong>und</strong> Hunnen so gründlich verwüstet worden, daB • ihre Kulturvöllig zugr<strong>und</strong>e ging <strong>und</strong> an ein Weiterblühen des Backsteinbauesin dortiger Gegend gar nicht zu denken ist.Ein andere Probe: Die in Abb. 10 a. a. 0. S. 331 dargestellteEcke des nördlichen Ereuzflügels vom Dome zu Brandenburgwill Hasack für den Rest eines schon in ottoüischer Zeit errichtetenBaues erklären. Wegen der Unzulänglichkeit dervon ihm dafür angefülirten Urk<strong>und</strong>e muß ich auf meine obenangeführten Aufsätze verweisen, da eine Widerholung derdortigen Darlegungen zu weit führen würde. Aber ich habeihm damals schon entgegengehalten, daß gerade unter diesem,angeblich ottonischen Bauteil die merkwürdige Gründung aufPfeilern <strong>und</strong> Bögen liegt, deren Entstehung im Jahre 11C5er selbst als eicher anerkennt. Da kann doch unmöglich dasaufgehende Mauerwerk an 200 Jahre älter sein! Aber Hasakbleibt bei seiner Behauptung.Fernererhiu erscheinen mir einige Dinge, <strong>mit</strong> denen Hasakseine früheren Ausführungen erweitert hat, ein Eingehen zuerfordern. Er sucht seine früher schon von mir richtig gestelltenBemerkungen über die Selbständigkeit der deutschen Backsteintechnikdadurch zu stützen, daß er die lombardischeManier, die Steine in verschiedener Größe <strong>und</strong> Stärke herzustellen,als barbarisch <strong>und</strong> das da<strong>mit</strong> hergestellte Mauerwerkals wenig schön bezeichnet Ich muß danach fastvermuten, daß er diese Dinge niemals selbst gesehen hat.-Dieses Mauerwerk ist <strong>mit</strong> größter künstlerischer Sorgfalt ge-.arbeitet, in genau ebenen Flächen geschichtet, jeder Stein inihm ist <strong>mit</strong> dem Schnitzmesser, Scharrier«isen oder in ähnlicherWeise aufgerauht. Näheres über diese bis zur höchstenVerfeinerung getriebene Backsteintechnik ist in meinem „Baeksteinbauromanischer Zeit" S. 5 u.S. 37—39 zu finden. Dasso hergestellte Mauerwerk gewinnt gerade durch den un^regelmäßigen Wechsel der Fugen einen eigenartigen feinen


Der romanische Backsteinbau. 267Eeiz, der es -wohl rerstehen läßt, daß die lombardiscbenMeister an. dieser, vielleicht ursprünglich aus der Not geborenenTechnik noch geraume Zeit festhielten, trotzdem ihnendas in ihrer Nachbarschaft stets betriebene Ziegelstreicheu•wohl bekannt war. Daß <strong>sie</strong> dieses nicht erst von den Deutschenzu lernen brauchten, gehört auch zu den Dingen, dieich schon wiederholt angeführt habe.Zu den neu herangezogenen Urk<strong>und</strong>en über deutscheBauten sei kurz bemerkt, daß der itatzeburger Dom unmöglichder Stiftungsbau vom Jahre 1158 sein kann, da er inengster Verwandtschaft steht <strong>mit</strong> den beiden, vom gleichenBauherrn errichteten Domen zu Braunscbweig <strong>und</strong> Lübeck,die erst 1173 begonnen wurden. Die Unmöglichkeit, für dieJetzt stehende Kirche zu Segeberg die Urk<strong>und</strong>en aus demJahre 1137 heranzuziehen, ist an anderem Orte (Ztschr. f.Gesch. d. Ärch. Jahrg. 6, S. 76) von mir unwidersprochen festgestelltworden. Diese Kirche ist tatsächlich abhängig vondem 1173 begonnenen Dom zu Lübeck.Kun zu Italien. — Hier drängt sich sofort die Trageauf: Warum beginnt bei Hasak die ßeihe der italienischenBauten <strong>mit</strong> S. Ambrosius zu Mailand? Warum verschweigter seinen Lesern, daß eine ganze Eeihe älterer Kirchen vonmir nachgewiesen wurde, die schon völlig ausgebildete Backsteinformenzeigen? — — Ich lasse daher die Frage nachdem Alter der Ambrosiuskirche einstweilen bei Seite <strong>und</strong> nenneals ältere Bauten nach meinem „Backsteinbau romanischerZeit" folgende: In Mailand die Ostteile von S. Sepolcro <strong>und</strong> •die ihnen gleichenden Oetteile von S. Simpliciano IHO,S Georgio in Palazzo 1129, einige Teile von S. Lorenzo1119 oder 1124; inPavia das südlicheQuerschifFvonS.Peterzum goldenen Himmel 1132, S. Lazzaro kurz vor 1157;in Brescia das Hauptgesims der Kotonda aus den erstenJahrzehnten des zwölften Jahrh<strong>und</strong>erts; in Creraona dieältesten Teile des Domes 1133, das Baptisterium 1167;- in Modena Teile der Domkrypta etw^a 1125 —1140; inBologna S. Sepolcro 1141; in Vercelli der Domturm 1151,S. Bernado 1164; im Kloster Pomposa der Glockenturmbegonnen 1113, in den Hauptteilen errichtet wahrscheinlichgegen 1150, Hasak läßt alle diese gut beglaubigtenBauten unter den Tisch fallen. Aber freilich, hätte er <strong>sie</strong>berücksichtigt, so hätte er seine Behauptung, daß die deutschenBacksteinbauten älter seien als die lombärdischen, gar nichterst aussprechen können! Durch diese Feststellung erübrigtsich ganz ein Eingehen auf die zur Stützung angeführtenWahrscheinlichkeitsgründe. Nur einige tatsächliche Unrichtigkeitenwerden anzumerken sein. So ist es unzutreffend, daßdie Gliederungen der Nischengewände 'an dem Chorhauptvon S. Donato zu Murano in der byzantinischen Kunst sonstunbekannt seien. Das Voibild findet sich in et<strong>was</strong> älterer,ein facherer Fassung, abgebildet in meinem „ Backsteinbauromanischer Zeit" S. 36, an der Markuakirche zu Venedig,d. h. an dem in Backstein errichteten Kernbau aus dem Jahre1063. Wir brauchen es nicht in dem weit entlegenen Laaohzu suchen; noch weniger kommen dafür die Kirchen in Diesdorf<strong>und</strong> Arendsee in Betracht, denn <strong>sie</strong> sind ja selbst, nachHerrn Hasaks Zeitrechnung jünger, als der 1140 geweihteBau in Murano. Irrig ist auch die Angabe, daß die Backsteinedieses Baues ebenso „roh" hergestellt seien, wie dielombardischen. In Wirklichkeit sind <strong>sie</strong> nach möinen Aufzeichnungenin der Größe 28:18, 5:7,2 mäßig sauber inFormkästen gestrichen.In der kurzen Anführung der dänischen Backsteinkunst istdereneinfadieAbleituflgvon der deutschen unzutreffend; <strong>sie</strong> zeigtvielmehr eine Anzahl von mir a. a. 0. angeführter Besonderheiten,welche diese einfache Lösung ausschließen, vielmehrdazu führen, in der dänischen Backsteinkunst eine selbständigeAbleitung aus der gleichen italienischen Quelle zu erkennen.Diese dänischen Eigentümlichkeiten sind auch an der Kirchezu Bergen auf Eugen so stark ausgeprägt, daß man diesekeineswegs <strong>mit</strong> Hasak als „sicher lübische Kunst" bezeichnenkann.Es ist mir selber recht peinlich <strong>und</strong> bedauerlich, daßich meinen Herrn Gegner gelegentlich et<strong>was</strong> unsanft habeanfassen müssen; aber es mußte einmal fest zugegriffen•werden, um schwere Verwirrung <strong>und</strong> Schädigung der Wissenschaftzu verhüten. Möchten nun endlich einmal diese abgestandenenalten Geschichten ihre Ruhe finden. 0. Stiehl.Nun zur Entgegnung von Stiehl^). Meine Urk<strong>und</strong>enhaben erwiesen, daß das große Stiehlsche Ziegelbuch vonAnfang bis zu Ende nicht' richtig ist.Wie auch in diesem seinem so ausgezeichneten Buchedie „Beweise" beschaffen sind, daß die ursprünglichen romanischenZiegelbauten der Mark nicht mehr vorhanden, sondern,jedesmal nach rd. 50 Jahren durch neue ersetzt •worden seien,um nämlich Italien den Vorrang zu verschaffen, das sei mirverstattet kurz zu zeigen. S. 68 schreibt Stiehl von derKirche zu Wulkow: „Von dem um 1172 erwähnten Bau istnichts mehr erhalten, der jetzige sehr einfache Bau istetwa fünf Jahrzehnte später errichtet. — S. 69: Ander Johann iskircUe in Werben ist aus unserer Periode nurnoch der schlichte Westturm erhalten, der in seinem oberenTeile Fenstersäulen in Art derjenigen zu Sch<strong>mit</strong>sdorf, Gardelegenu. a. besitzt. Dafür, daß dieser Turm schon einen Teilder 1160 erwähnten Kirche gebildet habe, ebenso wie fürdie Trennung des oberen <strong>und</strong> des imteren Teiles in zweiBauperioden fehlt jeglicher Beweis. Wi r können daherdas Ganze für ein einheitliches Werk der Zeit um 1220ansehen. [!] — S. 69: Die Klosterkirche zu Arendsee: „DieKirche des um 1184 gestifteten Klosters Arendsee ist abgesehen-vonspäteren Anbauten als ein im wesentlichen einheitlichesWerk der spätromanischen Zeit anzusehen.Über ihre Bauzeit ist nicht das geringste bekannt, aber sowohldie großartige Anlage wie die gediegene Durchführungdes vorhandenen Gewölbebaues machen es unmöglich, inihr den Stiftungsbau zu sehen." [!] — S. 70: „DieKirche zu Diesdorf ist ein Stützpunkt der bisher geltendenChronologie der Backsteinbauten, Sie soll in ihren Ostteilenjenfir Bau sein, den nach einem alten Berichte [1] ein zugewanderterMönch Yso gegen 1160 errichtet hatte. DieserAnnahme muß aber <strong>mit</strong> der größten Entschieden-3) Stiehl vei-<strong>sie</strong>ht diese Entgegnung Hasaks seinerseits <strong>mit</strong> Anmerkongöa,die wir der Einfachheit halber uater dem Texte als Anmerkungen(I) bis (XVIH) einschalten. Hierzu fiaßertsich zum Schlußnochmals Hasak in Bemerkungen, welche wir an das Ende der gesamtenAuseinandersetzung stellen <strong>und</strong> dabei diejenigen BemerkungenStiehls, welohen Hasak wiederum entgegentritt, <strong>mit</strong> einem. *)gekennzeichnet haben,36*


268 Der romanische ßacksteinbau.heit widersprochen werden/' — Der Dom zu Brandenburg.S. 71: Ich sehe daher in dem 1165 begonnenenBau den ersten wohl [!] in bescheidenen Maßen <strong>und</strong> wahrscheinlich[!] aus Granit errichteten Dom, welcher nacheiner Urk<strong>und</strong>e Bischof IVilmars vom Jahre 1170 in diesemJahre vollendet gewesen zu sein scheint ti*). Von diesem Bauist uns außer den erwähnten Resten seines Baumaterialsnichts mehr erhalten" [!]. —Nun zu den Proben, die Stiehl meinen Ausführungenentnimmt: „Auf S. 323 des vorhergehenden Jahrgangs dieserZeitschrift macht mir Hasak den Einwand, daß ich für dievon mir — übrigens auch von den meisten neueren Forschern— angenommene Zeitstellung der märkischen Backsteinkirchenkeine einzige 50 Jahre spätere Urk<strong>und</strong>e anführenkönne". — Das kann er auch jetzt noch nicht.(i) Er bringtkeine Urk<strong>und</strong>e bei, welche angibt: Jerichows Klosterkirchewird zwar 1148 als erbaut erwähnt, ist aber laut Urk<strong>und</strong>eerst 1200 in seiner heutigen Gestalt errichtet. — Die Klosterkirchezu Diesdorf ist zwar laut Urk<strong>und</strong>e 1161 konsekriert,aber so, wie <strong>sie</strong> war, <strong>und</strong> steht, laut Urk<strong>und</strong>e, erst 1210aufgeführt worden. — Vom Dom zu Brandenburg behauptetder Bischof Wilmar 1170 zwar, er habe ihn wieder aufgebaut,aber das romanische Domgebäude, dessen Überrestewir heute »vor uns sehen, ißt erst 1220 laut Urk<strong>und</strong>e aufgeführtworden. — Schönhausen ist zwar erst 1212 konsekriertworden, war aber fünfzig Jahre vorher schon einmallaut Urk<strong>und</strong>e erbaut. — Solehe Urk<strong>und</strong>en gibt es nicht,welche für die Theorie St.s zeugen würden, daß sämtlichemärkischen Bauten zweimal innerhalb 50 Jahren aufgeführtseien. Seine diesbezüglichen Behauptungen hängen deswegenin der Luft <strong>und</strong> sind willkürliche Annahmen. Bauten, vondenen keine Urk<strong>und</strong>en vorliegen, kann man der Zeit nachnicht festiegen, außer <strong>sie</strong> gleichen anderen, durch Urk<strong>und</strong>ender Zeit nach bestimmten Bauten. Solche gleichaussehendeBauten kann aber St. nicht beibringen, ebensowenig wie Urk<strong>und</strong>en.("*)Beruft sich St. aber endlich einmal auf eine Urk<strong>und</strong>e,wie bezüglich der Weihung des „reinromanischen" Baues vonSt. Andreas zu Yerden im Jahre 123l)


Der romanische Backsteinbaa. 269riesige Pfeiler <strong>mit</strong> Öranitf<strong>und</strong>ament <strong>und</strong> darunter als Stützenin den guten Baugr<strong>und</strong> eingerammte Pfähle, Der gute Baugr<strong>und</strong>"wieder ivar an einzelnen Stellen, an denen Untersuchungenangestellt waren, erst in-einer Tiefe von 20 Fußvorgef<strong>und</strong>eti -worden. Oben waren die Pfeiler an der Frontdes südlichen Kreuzflügels, drei an der Zahl, durch Etdbögenverb<strong>und</strong>en, deren Scheitel sich bis etwa 1,30 Meter überEfdgleiehe erhob."Natürlich'JV*) mußte zu Ottos des Öroßen Zeit dergute Baugr<strong>und</strong> ebenfalls erst in so beträchtlicherTiefe aufgesucht werden, wie zu Bischof WilmarsZeiten. Daher kann man die große Tiefe der von'Keyer beschriebenen Gr<strong>und</strong>mauern unter demKreuzflügel(<strong>und</strong> Chor) nicht etwa als Beweis danir ansehen, daßChor <strong>und</strong> Ki-euzsehlff ebenfalls erst Tön Bischof Wllmar herstammen.Die von Heinrich von Antwerpen erwühQten 21 Fuß tiefenOrnndmaneru werden sich auch unter den Pfeilern <strong>und</strong> bändendes Lapgschtffes vorfinden f das der Bischof Wllmar 1165dem vorhandenen Qnerschiff nebst Chor ahft^te. Auf dieGr<strong>und</strong>mauer unter der gotischen Außenwand des südlichenSeitenschiffes <strong>und</strong> die • Risse im Schiff kommen wir' noch.Denn nur das Langschiff kann der Vollendungsbau sein, zudem der Bischof Wilraar 1165 den Gr<strong>und</strong>stein legte. DieKämpfersimse seiner Bogenstellungen im Mittelschiff entsprechenin ihren Einzelheiten denen, der anderen romanischenKirchen jener Zeit um 1165 im Übrigen Deutschland. DiesesLangschiff stößt auch stumpf gegen das Querschiff ohne Verband.Bin Beweis, daß dieses Kreuzschiff eine Zeitlang fürsich abgeschlossen dagestanden hat.Wäre es umgekehrt der Fall, daß das Langrsebiff deralte Bau gewesen war, an den der Bischof "Wilmar llj65ein neues Querschiff nebst Chor anfügen ließ, <strong>und</strong> man würdemeinen, dieses Langschiff sei neu unter Bischof Wilmar bis1163 erst hergestellt worden, so ml^ßten die Langschiffmauern<strong>mit</strong> dem anstoßenden Kreuzflügel zugleich <strong>und</strong> imVerband hergestellt worden sein, da<strong>mit</strong> <strong>sie</strong> standfähig <strong>und</strong>das Langschiff abgeschlossen gewesen wäre.Dann aber hätte der Bischof Wilmar nicht behauptenkönnen, daß in ihm die Götzen bis dahinverehrt worden wären/^*(IV") Diese BegninduDg kann ^juatürlich" erscheinen nur TomStandpunkt der Unterhaltungsblätter, in denen <strong>sie</strong> veröffentlicht ist<strong>und</strong> deren Niehtdurohforschung mir wohl niemand ernstlich zumVorwurf machen wird. Der erfahrene Fachmann weiß, daß unterVerhältnissen, wie denen vom Dom zu Brandenburg — Sandiaseln,<strong>mit</strong> Besten alter verachlammter Wasserläufe durchzogen —, dieHöhenlage des Baugr<strong>und</strong>es sich auf Entfernunjcen von wenigenMetern völüg zu ändern pflegt. Die Annahme, daß auch unter denSehiffspfeUern eine gleich tiefe Gründung vorhanden sein müsse <strong>und</strong>daß man deshalb die Gr<strong>und</strong>steinlegung von 1165 beliebig auch aufdiese Bauteile beziehen könne, ist ganz baltlos, die daran schließendekonstruktive Srörterudg ganz überflüssig. — Nirgends wird in denUrk<strong>und</strong>en die Baufälligkeit einzelner Teile auf Nachlassen von Pfahlgründnngenzurückgeführt. Auch, wnst wird diese für das technisch-wissenschaftlicheSchriftwerk ganz neue Datierung des Langschiffeanicht Beifall finden können, Ihre Gr<strong>und</strong>lage, die Annahme,daß man im zehnten Jahrh<strong>und</strong>ert hier im wilden Orenzland imstandegewesen sein sollte, eine solche küQBttiohe Gründung auszuführen,wjdeispnobt zu sehr unserer Kenntnis damaliger baulicher Zustände.Auch die Annahme, daß die feierliche Gr<strong>und</strong>steinlegung des Jahres1165 erst erfolgt sei, als die Oinndmaaem schon fertig waren, hatin der T7rkuude keinerlei Halt.CV^) Die von Hasak S. B29 vor. Jahrg. angeführte Chronikstellespricht gar nicht von Götzendienst iin Dom, sondern nur an derAuf diese meine erste Veröffentlichung im Montagsblatthabe ich in meiner Abhandlung: Der romaniache Backsteinbauin dieser Zeitschrift auf S, 329 nochmals hingewiesenals Anm. 16. ^ In den beiden Zeitungen hatte ich für Laiengeschrieben <strong>und</strong> daher diese für jeden Baumeiäter selbstverständlichenÜberlegungen in solcher Ausführlichkeit beigebracht.In der Thieleschen Bauzeitung dagegen vom 18. Oktoberl913-wie in der Zeitschrift für Bauwesen, 71. Jahrgang,wo ich für Baumeister schrieb, habe ich diese für jeden Sachverständigenselbstverständlichen Ausführungen nicht 'wiederholt.Ist der Chor des Domes bis 24 Fuß tief gegründetworden, so wird wohl das un<strong>mit</strong>telbar danebenliegendeSchiff die gleichtiefen Gr<strong>und</strong>mauern habenmüssen. — Daß das Schiff keine 24 Fuß tiefen Gr<strong>und</strong>mauernhat, diesen Beweis müßte St. führen. Das feanner nicht Daß der Untergr<strong>und</strong> des Schiffes noch schlimmerist als der der Ostteile, hätte Übrigens St. am Bau selbstsehen müsseUj denn die Südmäuer <strong>mit</strong> ihren Fischblasenblendenist doch ersichtlich nach 1400 ganz neu aufgeführtworden, wohl weil <strong>sie</strong> z«rriß <strong>und</strong> versank. Je kultivierterdie Maik wurde, desto mehr verschwanden die Sümpfe, derEavelspiegel sank <strong>und</strong> <strong>mit</strong> ihm das Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>ser. Die Pfablköpfekamen dadurch zum Verfaulen <strong>und</strong> die Mauern zerbarsten.Von den Westtürmen erzätilen das sogar die Urk<strong>und</strong>en.Der Markgraf Friedrich bezeugt 1426*^): „Wir Fridrichvon Gots Gnaden Karggrave zu Brandenburg, des heiligenRömischen Eeichs Ertztamrer <strong>und</strong> Burggrave zu Nürmberg,bekennen <strong>mit</strong> diesem offen Brief vor aller meinclich wannfür uns komen ist der wirdig, unser über Getrewer, HerrPeter, Brobst zu Brandenburg <strong>und</strong> uns <strong>und</strong>erricht hat wiedie Turnen, die Kirche <strong>und</strong> das Goteshawse zu Brandenburgrast pawfellig sein <strong>und</strong> hat uns <strong>mit</strong> Flis gebatten, im zugOnnen <strong>und</strong> erlauben, das er das vorgenannt Gotzbawse anKirchen <strong>und</strong> an den Turnen gepawen <strong>und</strong> gepessernmöge nach Notdurfft . . . ."„Nun zu Italien" schreibt St. — „Hier drängt sichsofort die Frage auf: "Warum beginnt bei Hasak die Eeiheder italienischen Bauten <strong>mit</strong> S. Ambrosius zu Mailand? usw."Dabei schreibt St. in seinem eigenen Buche S. 3: „DieKirche des hl. Ambrosius, nächst dem Dom den berühmtesten<strong>mit</strong>telalterlichen Bau der Stadt, stellen wir <strong>mit</strong>gutem Gr<strong>und</strong>e an die Spitze unserer Ausführung"(!}(^^*JAber die Reihe älterer Kirchen, die St. nachgewiesen hat!Stelle, an die das Domstift im Jahre 1165 überführt wurde. Eherkann man fragen, warum, denü das Kanonitertonvent erst bei g. Godeharduntergebraoht wurde, wenn auf der Dominsel ein so ansehnlicherBau wie Chor <strong>und</strong> QuerschifE des jetzigen Domes Rchon bestand"?6) Riedel, Codex dipl. Brandenb., Berlin 1647, Bd. 8, S.399.(.^i*) Aber doch nicht, um den Bau als den ältesten derBeihezu bezeichnen, sondern um mich gegen den Nimbus des XJralterttmB,<strong>mit</strong> dem er für die meisten damals noch umgeben war, aus-• zusprechen. Inzwischen habe ich aber die auf S. 334 vor. Jahrg.angezogene Stelle bei Purieelli, Ambrosianae medid. basiUcae acmonasterii monumenta, S. 1068, einsehen können. Sie enthält wiederganz et<strong>was</strong> anderes, als Hasak ihr unterstellt. Weder vom Jahre1141, noch von der Höhe des Turmes über dem Erdboden ist darindie Rede. Vielmehr wird zum Jahr 1181 berichtet, daß in einemProzeß die Zeogen befragt worden sind, ob die Chorherren vonS- Ambrosius den größten Teil des Glockenturmes von den zwanzigerJahjen an gebaut hätten (ab annis viginti infra). Ihre Antwort lautetnur: „Sic, sicut novum opus a veteii discernituT.'' „Ja» wie (odersoweit) das neue Werk vom alten.sich unterscheidet.'* Hierzu macht


270 Der romanische Backsteinbaü.Von S. Simpliciano zu Mailand, dessen Alter er nachgewiesenzu haben behauptet, sehreibt er jedoch selbst S. 5:„Über die anscheinend recht Wechsel volle Geschichte unseresBauwerkes wissen wir aus den Urk<strong>und</strong>en nichts"(!).— Aber er behauptet, die Ostteile seien von 1110, da —<strong>sie</strong> denen von S. Sepolcro glichen. Bei S. Sepolcro schreibter (S. 10): „Sie wurde sodann unter Bischof Anselm nachdem Muster der Heiligen Grabeskirche neugebaut <strong>und</strong> vonihm im Jahre 1110 ., , geweiht'' Eine Urk<strong>und</strong>e bringt ernicht bei. Ebensowenig Abbildungen, welche den Vergleichermöglichten, dagegen zeigt der Gr<strong>und</strong>riß auch nicht eineSpur von Ähnlichkeit <strong>mit</strong> der Heiligen örabeskircUe! Alsokönnen sich Reste jener Kirche, die angeblich 1110 geweihtwurde, an der heutigen Kirche nicht erhalten habon.t^^'J Endliehbei der dritten Kirche, S. Georgio in Palazzo, bringt St.eine Inschrift bei: „XVIII kal. MCXXIX consecrata estEcclesia sancti Georgii in Palatlo.*' Der reiche durcheinandergesteckte R<strong>und</strong>bogenfries, meint Stiehl, spricht nicht gegendie frühe Entstehungszeit, denn solche kommen schon im9. Jahrh<strong>und</strong>ert vor, so am Ciborium in St. Ambrogio zu Mailand!Dabei ist dieser Altarüberbau von rd. 1200! Der altet'berbau ist beim Einsturz der Kuppel zugr<strong>und</strong>e gegangenYieUeicht stammen die Säulen nebst ihren Kapitellen nochvon ihm. Alles andere einschließlich des durcheinander gestecktenR<strong>und</strong> böge ufrieses ist Kunst des ansgehenden 12. Jahrh<strong>und</strong>erts,Selbst die neueste italienische Kunstgeschichtegesteht dies zu.(^"') Siehe Venturi, Storia dell' arte italianaBd. 2, S. 544. Mailand 1902. Derart sind die Nachweise St's.FuricGlli selbst die Bemerkuüg: „Gerte auteiu non modo tuQctemporis, quando ejusmodi testos de hoc interrogati fueruot, novuoiistud superexstructum aedificiura discernere potorat a veteri etolim substriicto; sed etiam in praesonti commodissirae potest; quippecum uovum istud iucipiat a pleoü ciicumcirca aequali et adciibitos üirca dnodenos extollatur." „Mit Sicherheit konnte nichtnur zu jener Zeit, als die Zeugen so hierüber befragt wurden, jenerneue böhergefülirto Bauteil von dem alten, einstmals errichtetenUnterteil unterschieden weiden; .sondern auch gegenwärtig ibt dassehr bequem möglich; weil nämlich jenes Neue auf einer ungefährgleichmäßigen Höhe beginnt <strong>und</strong> auf etwa 12 Ellen hoehgeführtist." Also die 12 Ellen bedeuten nicht die Höhe über derEidgloiche (nach modei'nem Ausdruck; a piano}, sondern über demin gleichmäßiger Höhe (a piano acquali) abgeschlossenen TJutertoil.Der gaane Beweis Hasaks beruht, wieder auf einem Trugschluß, hervorgerufendurch Mißvorstündois seiner Quelle. Den konstruktivenZusammenhang von Turm uud Schiff konnte ich seinerzeit anführen,um die Datierung auf die Zeit bald nach 1128 gegenüberfrüherem Zeitansatz zu beweisen, aber Hasak kann ihn nicht wiederholen,um da<strong>mit</strong> eine spätere Erbauung zu begründen. Dieser Berichtdos alten Puricßlli stimmt vielmehr gut zu der durch Dartein(Architeoture lombarde, S. 141) begründeten Änaicht, daß diesernördliche Turm gegen 1128 fertiggestellt wurde. Bei der großenÜbereinstimmung der Formen ist danach das Schiff der Ambrosiuskirchebald nachher oder gleichzeitig anzusetzen (vgl. Backsteinbaürom, Zeit, S, 4).(VII) "Worin man im Jahre 1110 die Ähnlichkeit <strong>mit</strong> der Kirchedes hi, Grabes gesehen hatj wissen wir niüht. Es braucht nicht dieGr<strong>und</strong>rißform gewesen zu sein. Die Gründe, warum diese Zeitangabefür den jetzigen Bau zutreffend erscheint, sind a. a. 0. ausführlichangegeben.(VIII) Wenn seit Erscheinen meines Buches neuere Forschungen<strong>sie</strong>b für eine jüngere Entstehung des Tabernakels in S. Ambrogioausgesprochen haben, so ändert das nichts an der Tatsache, daß dieForm des Ereüiibogenfrieses keine Spätform, sondern sehr alt ist.Hasak beschränkt sich hier wieder auf eins der von mir angeführtenBeispiele, verschweigt aber, daß ich noch eine ganze Anzahl 2;. T.bis ms 7. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückgehender Belegstücke angeführt habe,die sich nach Haupt, Die älteste Kunst der Germanen, S. 87, nochwesentlich vermehren uud bis ins 5, Jahrh<strong>und</strong>ert zurückführen lassen.Angenommen, seine 15 Bauten Italiens stammten alle aus derZeit, die er angibt. Dann hat er nichts anderes bewiesen,als daß die lombardischen den nordeutschen Bauten gleichaltrig^'^^sind. Dabei möchte ich hervorheben, daß es außerden von mir beigebrachten romanischen Backsteinbauten Norddeutschlandsnoch eine ganze Anzahl weiterer Bauten gibt.Nur fehlen die Urk<strong>und</strong>en für diese. Ich brachte nur dieder Zeit nach beglaubigten Bauten bei, da<strong>mit</strong> <strong>sie</strong> dasRückgrat für die Zeitstellung der unbeglaubigten bilden <strong>und</strong>so endlich einmal eine gesicherte, Kunstgeschichte möglich ist.Solche weiteren Bauten sind: die Backsteinteile <strong>und</strong> Bautenin Havelberg, Treuenbrletzen, Rathenow, Salzwedel, Groß-Boyster, Meseberg, Ferchlipp, Osterburg, Werben, Seehausen,Müdlich bei Lenzen, Sandow, Klietz, Fischbeck, Hohen-Göhren,Sch<strong>mit</strong>sdorf, Melkow, Groß-Mangelsdorf, Bergzau, Pechüle,Bardenitz bei Treuenbrietzen, Äxien bei Torgau (vorige Ortenach Adler), Berge bei "Werben, Orüden, Goldbeck, Häsewig(diese Orte in der Altmark laut 34. Jahresbericht des AltmärkischenVereine zu Salzwedel, Magdeburg 1907, S. 33 If.).Was wollen gegen diese große Zahl norddeutscher Bautendie 15 italienischen, die St. nachgewiesen hat.Die bayerischen Bauten sind jedoch noch älter. Ich bestreitedaher, daß die norddeutsche Backsteinkunst von deritalienischen abstamme. Ich behaupte, die märkische Ziegelbaukunststammt von der bayerischen, insonderheit von derjenigenAugsburgs ab! In Augsburg aber bezeugen die schriftlichenNachrichten das Bestehen des Ziegelbaues seit denZeiten des hl. Ulrich, des treuen Waffengefährten Ottos desGroßen auf dem Lechfelde 955/^^ Dagegen kommen ebendie von St, angeführten Bauten der, Lombardei nicht <strong>mit</strong>,die er selbst erst dem 12. Jahrh<strong>und</strong>ert zuweist In Augsburgstammen die Ziegelbauten schon aus dem 10. <strong>und</strong>11. Jahrh<strong>und</strong>ert! Es ist mir aber gar nicht eingefallen, zubehaupten, der lombardische Backsteinbau komme aus Augsburg,Ich weise ja auf seine gr<strong>und</strong>verschiedene Ziegelher-Stellung hin <strong>und</strong> schreibe auch von der venezianischen Ziegelkunst(S. 335): „Wir finden also hier im Venezianischen zuromanischer ^eit eine blühende eingeborene Backsteinknnst,die sich durch die Jahrh<strong>und</strong>erte vorher entwickelthat.^p- t^^^')Es gibt eben seit Eömerzeiten drei eingeborene Backsteingebiete;1. das bayerische nördlich dör Alpen*^^^, 2. daslombardische <strong>und</strong> 3. das venedigsche, von denen das letztere(IX) Auch das kann nicht als zutreffend anerkannt werden.Kein Backateinbäu in Nord den tschlaad ist auch nur vermutaugs weisein die ergten Jahrzehnte des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts versetzt worden.(X) Aber nur als formloser Massenbau, wahrscheinlich ausrömischen Trümmern <strong>und</strong> auf Verputz berechnet. Auch ohne Nachfolge<strong>und</strong> Weiterentwicklung, denn die dafür angeführten Beispieleentstammen viel späterer Zeit, der zweiten Hälfte <strong>und</strong> dem Schlafdes 1;^- Jahrh<strong>und</strong>erts.7) s. Itahtgens, S. Donato zu Murano, Berlin 1003, S. 60.CS'*) Die von Herrn Kathgen bemerkte Tatsache, daß auch imGebiet Veneziens die ungleichmäßige Größe der Backsteine vorkommt,ist mir nicht unbekannt; ich habe <strong>sie</strong> in meinem Backsteinbaü röm.Zt. S* 33 u, 34 selbst verzeichnet. Aber <strong>sie</strong> darf nicht verallgemeinertwerden. Viele Bauten dieses Gebietes sind aus gestrichenenStetoen gleichmäßiger Größe gebaut. Auch Bathgen führt a. a. 0.S. 91 an, daß der Hauptteil des Glockenturmea von 8. Donato zuMurano aus Steinen der gleichmäßigen Größe von 25—26 :12: 6 cmerrichtet ist. Daran, daß im Venezianischen <strong>und</strong> Havennatischea im11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert das Ziegelstreichen bekannt gewesen ist,kann kein Zweifel bestehen.


Der romanische Backsteinbavi. 271ebensowenig aus Byzanz seiDe KunBt erhalten bat wie daßlorabatdische. Die Ziegelbauhunst Venedigs ist die Fortsetzungderjenigen zu fiarenna. In allen drei Gebieten erfolgtim 12. Jahrh<strong>und</strong>ert ein gleichzeitiges Aufblühen der2iegeltunst. Das ist das einzig durch Urk<strong>und</strong>en Nachweisbare<strong>und</strong>, wie ich meine, auch das einzig Natürliche,St. behauptet, daß den Italienern des 12. Jahrh<strong>und</strong>ertsdas in ihrer Nachbarschaft stets betriebeneZiegelstreichen "wohlbekannt war. Er unterläßt es jedoch,eine Belegstelle für diese starke Bekanntschaft beizubringen."Warum aber gegen 1300 die Italiener dennoch ihre „biszur höchsten Verfeinerung getriebene Backsteintechnik" <strong>und</strong> deneigenartigen „feinen Reiz" nunmehr aufgeben <strong>und</strong> im „glattenVerblendsteinmauer werk" ihr „Ideal" sehen, auch dafür bleibtSt. jede Erklärung schuldig. In seinem eigenen Buchenennt er S. 7. die italienische Hcrstellußgsweise selbst „pri<strong>mit</strong>iydixiii)jßti behaupte dagegen, die Italiener haben damalsdie bessere deutsche Herstellung kennen gelernt, deren Vorzügeeingesehen <strong>und</strong> <strong>sie</strong> daher nachgeahmt. Daß die feinfühlendenItaliener SO entarten konnten, ist bedauerlich, daß<strong>sie</strong> gar den barbari-schen Deutschen et<strong>was</strong> nachmachten, istempörend. Daß ich „glauben machen möchte", die bayerischeKirchengruppe sei unbekannt, ^-^^^-^ trifft wiederum nicht zu,da ich ja auf die bayerische luventarisation der Baudeukmäler^ala meine Quelle hinweise. Ich behaupte, daß man<strong>sie</strong> hier in Bordeutschland nicht kannte — <strong>und</strong> das kannSt. nicht widerlegen —, daß sich die Bayern aber, derWichtigkeit dieser ihrer Bauten nicht bewußt geworden sind,trifft ebenfalls zu.Da ,8ich St. andauernd auf meine Urkündendeutung beruft,ohne dem Leser auch nur eine derselben zur BegutachtungTorzulegen, so sei es mir verstattet, dies, da es vonbaugeschichtlichem Belange ist, <strong>mit</strong> derjenigen Urk<strong>und</strong>e zuwagen, welche die Konsekration der Kirche zu Diesdorf am10. Dezember 1161 <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> deren Keubau unumstößlichbezeugt. Ich habe mir eine Abschrift derselben aus demGeheimen Staatsarchiv in Berlin durch die Güte des HerrnGeheimen Kates Bailleu verschafft.Sie lautet in Übersetzung <strong>und</strong> im Auszuge des wesentliehenInhalte; „Im Namen der heiligen <strong>und</strong> ungeteiltenDreieinigkeit Herrmann durch die Anordnung der göttlichenBarmherzigkeit der Verdener Kirche Bischof. Es möge dieBetriebsanokeit aller Christgiäubigen, sowohl der gegenwärtigenwie der zukünftigen Zeit wissen, daß Graf Herrmann, derSohn des Grafen Udalrich von Wertbeke, für sein <strong>und</strong> seinerEltern Seelenheil auf seinen Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden das, <strong>was</strong> jetztSt. Marieninael genannt wird, Gott <strong>und</strong> der hl. Maria frei übergebenhat <strong>und</strong> daselbst Stiftsherm <strong>und</strong> eingeschlossene Nonnea,(xm Vgl. Änm. (S).(XIII) Für die Gründe eioea Gescbmackswandels Beweise zu verlangen,gebt et<strong>was</strong> weit. Übrigens habe ich nicht den Italienerndie Einschätzung des glatten Verblendsteinä als Ideal zugeschrieben,sondern ihren abfälligen Beurteile"),{XIV) Auf s. 333 vor. Jahrg. sagt Hasak noch: „Da die Bayernbisher nicht selbst auf ihre alten romanischen Baotsteinschat/o aufmerkaamfteworden sind" <strong>und</strong> in der Wochedschr. d. Arch.-Ver. zuBerlin, 1922, 8. 45 u, 4fi: „riesige Ziegelbairfätigkeit seit rd. 950,..,deren Bauten allerdings zur größten Hauptsache . . . anerkannt gebliebensind" <strong>und</strong> weiter: „Das Angaburger Land ist nach seinenBauten nOoh nicht durch forscht*'. Danach darf ich meine Bemerkungdoch wohl aJs zutreffend aufrecht erhalten.die nach der Regel des hl. Augustin Gott <strong>und</strong> der hl, Maria dienen,eingesetzt; wohin ein ^wisser («^uidam) verehrungswürdigerBruder Tso kommend, um sich ein ewiges Gedenken anseinen Namen bei Gott zu schaffen, auf demselben ÄckerGottes bei Tag <strong>und</strong> Nacht arbeitete <strong>und</strong> durch eigene Arbeit•wie durch die Gabe der Gläubigen unterstützt diese Kirche<strong>mit</strong> Gottes Hilfe vollendete (consummavit). YorbenannterGraf hat auch 7 Mausen seines Erbes <strong>mit</strong> Genehmigungseiner Eltern dieser Kirche frei übergeben, unter der Bediugung,daß er selbst <strong>und</strong> sein Sohn, <strong>und</strong> wenn Söhne fehlen,jeder Älteste in der Verwandtschaft zum Verteidiger <strong>und</strong> Vogtdieser Kirche ernannt werde <strong>und</strong> sei. Wir aber den Bittendieses Grafen <strong>und</strong> vorbenannten Bruders zustimmendhaben diesellfe Kirche zu Ehren des hl. Kreuzes <strong>und</strong>der hl. Maria am 10, Dezember geweiht."2u dieser Urk<strong>und</strong>e schrieb St. in seiner Erwiderungauf meinen Aufsatz „Woher stammt der märkischeBacksteinbau" in der Zeitschrift des Verbandes DeutscherArchitekten- <strong>und</strong> Ingenieur-Vereine 1914, Nr. 16, S. 137wie folgt:„<strong>und</strong> nun gar die Urk<strong>und</strong>e aus Diesdorf. Sie handeltnur von Gründung des Klosters <strong>und</strong> seiner Ausstattung<strong>mit</strong> Besitz, nicht wie Herr Hasak sagt, vom Neubau einerKircke. Denn die Geschichte vom Kirchenbau des MönchesYso dient ja nur zur Bezeichnung des Ortes, quo quondam„wo einst'^ (d. h. vor Stiftung des Klosters!) dieser ein Kirehleingebaut hatte. Daß ein „verehrungswürdiger Bruder"„<strong>mit</strong> eigener Arbeit" nur durch Spenden der Gläubigen{oblationo fidelium), d. h. der wenigen umwohnenden Bauern,unterstützt eine solche Kirche gebaut haben sollte, ist technischein völliges Unding. Aber Herr Hasak führt dieselaienhaften Geschichten ruhig wieder an, obwohl die Sachelängst anderwärts klargelegt ist."*')Der Leser wird <strong>mit</strong> mir übereinstimmen, daß das technischeUnding von dem Bau der Kirche durch Bruder YgoaUein gar nicht drinsteht in diesen laienhaften Geschichten,sondern hanc aecclesiam deo cooperante consummavit'^^ **,d. h. er vollendete, aber nicht er baute diese Kirche.Nebenbei erwähnt, ist die Kirche zu Diesdorf auch nicht ineinem Zuge als einheitlicheR Werk errichtet Dies <strong>sie</strong>ht dochnoch ein jeder, daß <strong>sie</strong> f ttr Holzdecken begonnen, aber <strong>mit</strong>ten imBau für Gewölbe umgeändert worden ist.'^^^'J Ferner sagt derBischof frater Yso . . .hanc (^"^IH aecelesiam .., consummavit.8) Z.B. Stiehl, Backsteinbau roDianiseker Zeit S. 70.Oiy*'i „coBSummare" bedeutet im <strong>mit</strong>telalterlichen großsprecherischenLatein der Tlrlf<strong>und</strong>e gar nicht „vollenden" im Sinne von„et<strong>was</strong> Angefangeoes fertig machen', soDdern ist nur ein Ausdruckeinfach für „herstellen", ,errichten". Aber wenn wir auch Hasakden Glauben an die irrtümliche Übersetzung zugute kalten, so istdoch selbst die Vorstellung, ein einzelner Mönch habe „<strong>mit</strong> eigenerArbeit" <strong>und</strong> nnr „durch die Gaben der Gläubigen unterstützt"* aneiner Kirche dieser monumentalen Art <strong>und</strong> Größe irgend et<strong>was</strong>Wesentliches ^vollenden" könneo, keineswegs <strong>mit</strong> fachmännischemUrteil zu vereinigen;(XVI*) „Jeder <strong>sie</strong>ht", daß die während des Baues vorgenommeneÄnderung in der Höhenlage der Hauptbogenkämpfer keine Änderungder Formgebung <strong>und</strong> Technik <strong>mit</strong> sich gebracht haben. Der Bauist daher trotz solcher Flanäuderuog als ein wesentlich einheitlichesWerk anzusehen.(XVII) „hanc''. „Diese* Kirche ist naturgemäß diejenige, diedamals htand. Sollten meine Herren Gegner durch das bei ihnenbeliebte Hervorheben des Wörtchens „hie, haec, hoc" zu verstehengeben wollen, daß <strong>sie</strong> es auf die ihnen bekannten Bauten beziehen


772 Der romanische Backsteinbau.Und da will St. behaupten: „Jedenfalls ist eine BeziehuDgdes Mönches Yeo auf den jetzt stehenden Kirchenbauschon nach dem "Wortlaut der Urk<strong>und</strong>e gänzlich ausgeschlossen!"— Nun zu dem „quondam'' <strong>und</strong> dem jahrh<strong>und</strong>ertelangenAndenken an den heiligen Mann. Der Bischofschreibt hanc aecclesiam, diese Kirche^ die er gerade am10. Dezember 1161 konsekriert hat, consummavit frater Yao,hat der Bruder Yso vollendet. Es handelt sich also umkein „Kirchlein" vor Jahrh<strong>und</strong>erten im alten deutschen Lande,sondern um die soeben konsekrierte Kirche. Aber das Allerscherzhaftestean der ganzen Auslegung bei einigermaßen aufmerksamemLesen der Urk<strong>und</strong>e ist, daß das Wort quondamgar nicht darin steht, sondern quidam venerabilis frater Yso,ein gewisser verehrenswerter Bruder Yso. Quondam beruhtauf einem Lesefehler des ersten Herausgebers Buchholtz*)anno 1771. „Neuere Forscher" hatten das schon längst gesehen.(^'^'^i">.Wie nötig die Herausgabe der Urk<strong>und</strong>e unsererdeutschen Baugesoliichte ist, er<strong>sie</strong>ht der gütige Leser hieraus.Denn so irrig ist die Baugeschichte bisher in ganz Deutschlandgeschrieben worden. Mit den Urk<strong>und</strong>en des Kölner Domeshabe ich den Anfang gemacht.^'*) 1920 erbat ich die Hilfeder Akademie des Bauwesens zur Herausgabe der weiterenUrk<strong>und</strong>en, z. B. des Domes zu Brandenburg <strong>und</strong> der anderenromanischen Backseinbauten der Mark. Der Antrag würdejedoch aus Mangel an Mitteln abgelehnt.Hasak.SchluJBbemerkungen:Zu Anmerkung 1 <strong>und</strong> 11 von Stiehl.Es ist eine Verkennuag der Tatsachen durch Stiehl, daß ichnur nftch Urk<strong>und</strong>en die Zeitstelluug der Bauten er<strong>mit</strong>tele. MeineAbhandlung ist <strong>mit</strong> den Abbildungen ausgestattet, welche die Entwicklungin den Einzelheiten zeigen. Ich schreibe über dies: (S. 32ö)„Daß die vorher aufgeführten romanischen Backsteinbauten der Markdiejenigen sind, welche die Urk<strong>und</strong>en erwähnen, wird durch folgendeGründe erwieseu: 1, 8io gleichen in ihren Einzelformen denbenachbarten romanischen Haualeinbauten aus der Mittedes 12. Jahrh<strong>und</strong>erts, also aus derselben Zeit. 2. Sie zeigensich in ihren Einzelheiten wie in der Gesamtanlage inderselben Keihenfolge immer entwickelter, wie <strong>sie</strong> auf Ur<strong>und</strong>der Urk<strong>und</strong>en hintereinander entstanden sind, 3. Es gibt keineeinzige Urk<strong>und</strong>e, die auch nur bei einem dieser Bauten von einemNeuban nach rd. 50 Jahren berichtet. 4. "Das Unwahrscheinlichemüsste geschehen sein, daß sämtliche Bauten in derselben Reihenfolgenochmals aufgeführt worden seien, in der <strong>sie</strong> eiosteus gegründetwurden. Denn das beweist die Aufeinanderfolge ihrerFormen."Zu Anmerkung III.Daß Stiehl die falsche Verdener Datierung ,im Vertrauen aufeine Anführung Hasaks nachgeschrieben hat" ist nicht möglich. Ich•wollen, <strong>was</strong> wohl der einzige Sinn solchen Hervoihebens sein kann,so muß ich ihnen entgegenhalten, daß jeder geschichtlich Denkendees selbstverständlich nur im Sinne derer, die die Urk<strong>und</strong>enschrieben, auf die damals stehenden Bauten beziehen muß;•von diesen ist erst in jedem Falle zu beweisen, daß <strong>sie</strong> dieselbensind, die wir noch heute Rehen.9) Buchholtz, Versuch einer Geschichte der ChurmarckBrandenburg, Bd. 4, 8. 6 u. 7.{XVIII») Aber Hasak, der jetzt vorwurfsvoll erklärt, neuereForscher hatten das längst gesehen, hat noch bei unserer letztenFehde in der Zeitachr. d. Verb, deutscher Arch.- u. Ing.-Ver. 1914,S. 135 selbst die ältere Lesart „quondam'* gebracht <strong>und</strong>auch <strong>mit</strong> „einst" übersetzt! Meine Antwort daraufwar sonach damalsvoll berechtigt. An der Bedeutung der Urk<strong>und</strong>e wird durch die verbesserteLesart, wie in Anm. i^^} a. (XVi) erörtert, nichts geändert.Alles in <strong>allem</strong> bieten die neuen Anfohrnngon Hasaks keineVeranlassung, die über seine Theorie ausgesprochene Beurteilungzu ändern.0. Stiehl.10) Hasak, Der Dom des heiligen Petrus zu Köln. Berlin 1911.habe das nirgends geschrieben.. Btiehl kann daher die Stelle nichtangeben, wo ich so Unrichtiges angeführt hätte. Stiehl hatdas Wort instituit falsch ijbersetzt Und daraaf seine Kunst^schichteaufgebaut. Nun" ich ihm seinen trrtum nachgewiesen, sucht er seineNiederlage auf mich abzuwälzen.Genau so verhfilt es sich <strong>mit</strong> dem Ersatz dieser irrigenVoraussetzungen „durch die unanfechtbare Inschrift am Domklosterzu Katzeburg, die den Beginn dieses romanisch gehaltenen Bauesim Jahre 1259 meldet." Diese Inschrift bringt Stiehl wiedamals die Verdener nicht bei! Diese unanfechtbare Inschriftlautet nämlich:^ . . no Dnini MOCLIX inoeptus est mnrus iste sufa dominoepiscopo olrico et. .. no et Tiderico de Fagö qui bü perfecit öp."Das heißt: Im Jahre des Herrn 1259 ist diese Mauer anter demHerrn Bischof Olrich <strong>und</strong> . . . Dietrich von Fagö angefangen worden,der diesen Bau vollendete."Vom Domkloster steht also trotz der Versicherung Stieblsntohte drin.Dagegen lautet die lange Inschrift am „Domkloster" nämlicham Refektorium vom Jahre 1261;„ Anuo MCCLXI inceptum est refeotorium . .. sub canonio . .hui' eccle . . . nia h st. . ."[Im Jahre 1261 ist das Refektorium angefangen worden unterden Kanonikern dieser Kirche, deren Namen wnd . ,.]Dieses Domkloster aber ist bis auf wenige romanische Resteheute noch frühgotisch, dem Jahre 1261 entsprechend!An der Kirche aber steht:„Äno dni Mcxliiij' id' Aug. fudata t 'secra est raceburg. ecca,catedral ab illastrissm. pricipe duce. hinrico. bawarie. t saxomie. qui0. anno m c x c v. orate. pro eo."[Im Jahre des Herrn 1144 am 13. August ist die RatzeburgerDorakirche ausgestattet <strong>und</strong> konsekriert worden von dem hochberühmtestenPursten, dem Herzog Heinrich von Bayern <strong>und</strong> Sachsen,der im Jahre 1195 starb. Bittet für ihn.]1158 bestätigt Papst Hadrian diese F<strong>und</strong>ierung durch Heinrichden Löwen ^'). Ohne solche F<strong>und</strong>ierung darf keine Kirche konsekriertwerden.Der massive romanische Ratzebnrger Dom ist also 1144 —ohne seine spitzbogigen Gewölbe — <strong>mit</strong> Holzdecken konsekriertworden. Darüber kann gar kein Zweifel bestehen. Höchstens iststatt 1144, 1154 zu lesen, weil im liatzeburger Zehutenregister, daszwischen 1280 <strong>und</strong> 1234 abgefaßt ist, steht:„Anno domini M*C*L*IIII , . . f<strong>und</strong>ata est Eacehurgencis eclesiaa pie memorie duce Heinrico, iiiio Heinrici ducis, qui primusSaxoniae duCatum optinuit."Also, die „unanfechtbare" Inschrift am romanischen Ratzebui^erDomkloster ist genau so eine Erfindung Stiehls wie die zu Verden. Dasaber sind die einzigen Stützen seiner Datierung. Darauf beruht seineBehauptung, daß die märkische romanische Baokstelnkunst erst im13. Jahrh<strong>und</strong>ert geblüht habe <strong>und</strong> dether um 100 Jahre jünger alsdie italienische sei!Zu Anmerkung IV, XV <strong>und</strong> SVIILEs ist eine unbegründete Vermutung Stiehls, wenn er behauptet,in der «Urk<strong>und</strong>e" über die Gr<strong>und</strong>steinlegung in Brandenbui^ ständenichts drin, daß die tiefen Gr<strong>und</strong>mauern schon fertig waren, als derGr<strong>und</strong>stein 1165 gelegt wurde, denn der Traotatus de urbe Brandenburgschreibt vor 1180: „Da in demselben Jahr der vorgenannteBischof Wilmar das gut Angefangene durch ein noch besseres Endevollenden [consumare] wollte, so legte er fromm im Namen unseresHerrn Jesus Chriätus den Gr<strong>und</strong> der Basaltka des heiligen ApostelsPetrus am 2, Oktober, nachd«m 24 Fuß tiefe Gr<strong>und</strong>mauerndarunter hergestellt waren."'') [f<strong>und</strong>amento 24pedum sapposito,5. Idus Octobris in nomine domini nostri Jhesa Christi devotus f <strong>und</strong>avit.]Ans dieser Nachricht ergibt sich auch, daß es eine ErfindungStiebls ist, wenn er bahanptet, daß im <strong>mit</strong>telalterlichen Latein consummarehei-stellen aber nicht vollenden heiße, wie es ebenso eineErfindung Stiehls ist, daß quondam vor langen Zeiten bedeute. Dennals sich der Baumeister der berühmten Kirche des heiligen UrbanzuTroyes 1267 weigert Rechnung zulegen <strong>und</strong> an einem Kreuzzugteilnehmen will, schreibt der Fapat Klemens VII. einem benachbartenAbt, daß er ihn zur Kechnungslegung anhalte: «quod licet JohannesAnglicuB, civis'Trecensis, crucefiignatuä, quondam magister fabrlceipsius eccle<strong>sie</strong> sancti Urbani.. .'*^') Ebenso heißt es 1304 vom Bau-11) Ifecklönburgisches Urk<strong>und</strong>enbuch. Schwerin 1863, 8.52ff.12) Monumenta Germ. bist. scr. 25- Hannover 1880, S. 484,13) Le Vallet de ViriviUe. Les Arehives . . de l'Aube. S. 402.


K. BöUinger, Brei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürabergs. 273raeißter ilartin zu Essen, dem die Schwestern den Bau abnehmen<strong>und</strong> der sich verpflichtet, den Nachfolger nicht zu V6rlästettj**)iflNotnm facimns, quod magister Martinus lapicida qnondamarüfex seu magi<strong>sie</strong>r fabrice eccle<strong>sie</strong> Äsnidensis . . . cum bonavoluntate sua resignavit opus hoc. .."Beide Male beißt quondam ehemals, bisher aber nicht vorolims Zeiten.Zu Anmerkung YI.Für die Zeitbestimmung von Sankt Ambrosius zu Mailand istes allein wichtig zu wissen, daß der Nordtarm in den zwanzigerJahren des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts erst in seiner jetzigen Gestalt als Backsteiubauaurgeführt worden ist. Ton wo ab die 12 Ellen 2u messenaind, ist dafür nebensächlich. Denn wenn der Nordturm ein Kinddes 12. Jalirh<strong>und</strong>erts ist, so ist es die Kirche erst recht, da <strong>sie</strong> ersichtlicherst nach Aufführunx des Nordtnrmes entstanden -ist.Da<strong>mit</strong> fallt die bisherige Ansicht der Italiener über die Entstehungvon Sankt Ambrosius im 10. oder 11. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> Sankt Ambrosiusscheidet als Ziegelbau für das 10. <strong>und</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert aus.Denn die Unterbauten der Türme sind ja in Werkstein hergestellt,wie meine Abb. 11 aus Debio ausdrücklich zeigt.Nur die aus altchristlicher Zeit noch stammende Apsis nebstGiebelwand ist in Backsteinen hergestellt.Zu Anmerkung XI.Es ist eine irreführende Annahme Stiehls, daß ich die Ziegelbautendes 12. Jahrh<strong>und</strong>erts in der Lombardei gar nicht gesehenhätte. loh habe von Payia bis Venedig, <strong>mit</strong>. seinem damals geradeeingestürzten Markusturm, die Ziegelbauten besichtigt auf einerStudienfahrt, die nur zu diesem Zwecke unternommen war. Ichkonnte dabei feststellen, 1. daß das unregelmäßige Backsteinmauerwerkdes 12. Jahrh<strong>und</strong>erts recht roh aus<strong>sie</strong>ht, 2. daß entgegen denStiehlschen Versicherungen auch im Venedigschen die romanischenKirchen des 12- Jahrh<strong>und</strong>erts unregelmäßige, geschnittene Ziegelnaufweisen <strong>und</strong> erst im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert die in Kästen gestrichenenZiegeln aufkommen, die merkwürdigerweise fast genan unseremNormalfonnat gleichen.14) Lacomblet, Archiv f. d, Gesch. d. Niederrheins, Düsseldorf1857. Bd. 2 S. 146.Die oberen Geschosse des Glockenturmes von Sankt Bon&tuszu Murano gehören, wie ihre gegen unten veränderte Einteilung derLisenen bezeugt, einer zweiten Bauzeit an, gegen 1200, in welcherman sobon das deutsche Ziegektreichen den deutseben Barbaiennachmachte. Stiehl kann keinen anderen venezianisch' romanischenBau des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>mit</strong> gestrichenen Ziegeln anführen <strong>und</strong> tutes daher auch nicht. Es ist eine Erfindung von ihm, wenn er "behauptet:Daran, daß im Venezianischen <strong>und</strong> Ravennatiachen im 11. <strong>und</strong>12. Jahrh<strong>und</strong>ert das Ziegelstreichen bekannt gewesen ist, kann keinZweifel bestehen.Was das „Archiv für die Geschichte des Hochstiftes Augsburg"anbetrifft, auf dessen Ablehnung meiner Ansicht über die früheZiegelbaukunst Augsburgs sich Stiehl beruft, so gibt Stiehl nichtan, daß diese wenigen Zeilen schon 1915 von einem Lyzealprofessorin DiÜingen ohne jedwede weitere Begründung gesohrieben wordensind innerhalb einer Literaturübersicht. Mir waren <strong>sie</strong> nicht zuGesicht gekommen, sonst hätte ich den Herrn Professor auf die sehreingehende Abhandlung des Baurates Sehildhauer, des Wiederherstellersdes Augsburger Domes, hingewiesen, der schon 1899 inder Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben <strong>und</strong> Neuburggenaue Auskunft darüber gibt, <strong>was</strong> am Dom Ziegel <strong>und</strong> <strong>was</strong> Tuffist. Von den Turmaufbauten des Bischofs Embriko in Backsteinaus dem Jahre 1075 schreibt Sehildhauer S. 42: „Über der Höhedes Mittelschiffs ist zunächst ein Geschoß <strong>mit</strong> zwei r<strong>und</strong>bogigenFensteröffiiungen, dai'über folgt ein Geschoß <strong>mit</strong> dreiteiligen Fenstern..Mit diesem Geschoß schloß offenbar die erste Turmanlage. Dasnächste Geschoß ist aus Baeksteluen gemauert... Die Erhöhungder Türme mag unter Bischof Embriko im Jahre 1075erfolgt sein . . , AuchKhamen <strong>und</strong> Stengel schreiben dem BischofEmbriko die Erbauung, das ist die Erhöhung der beiden Glockentürmezu.'' So wenig weiß das „Archiv für die Geschichte desHochatifts Augsburg* an seinem eigenen Dome Bescheid! Das sinddie Stützen Stiehls für seine Ansicht, daß der märkische Backsteinbaaaus Italien stammt. Bei Schildhauer wird Stiehl <strong>und</strong> der HerrLyzealprofessor auch finden, daß das westliche KreuzschifF, das 995entstanden ist, ebenfalls Backsteinbau aufweist 1Die von Stiehl geschilderten Verwüstungen Vindeliziens vergißter durch Schriftsteller zu belegen, weil es solche Beweisenicht gibt • Hasak.Nürnberg genießt weit über des Beiches Grenzen hinausden Huf einer malerischen alten Stadt Jeder Besucher wird,mag er nun als Durchschnittsreisender oder mag er als künstlerischsehender Architekt, Bildhauer oder Maler die Stadtdurchwandern, auf seine Rechnung kommen. In der Tatwird es wenig alte Städte von der Größe Nürnbergs geben,wo so wie hier in der Altstadt der <strong>mit</strong>telalterliche Charakternoch stark <strong>und</strong> scheinbar unberührt in die Erscheinung tritt.Dem Städtebauer wird so recht zum Bewußtsein kommen,aus welch einfachen Blementen solche Wirkungen entstehen,meist schmucklose Häuser, aber in der Gruppierung <strong>und</strong>Massenverteilung überaus glücklich. Freilich kommen hierbeiauch das überall bewegte Gelände, sowie die Durchblickeauf Burg <strong>und</strong> Befestigungswörke zustatten.Ist nun in Wirklichkeit noch eine Fülle alter Architektur<strong>und</strong> Kunst vorhanden, so muß doch <strong>mit</strong> Bedauern festgestelltwerden, daß im vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert, <strong>und</strong> namentlichin dessen letzter HSlfte, fast noch mehr verschw<strong>und</strong>en ist.Vor 50 oder 60 Jahren waren die Nürnberger von einemTaumel erfaßt worden, die Stadt modern zu machen. Mitdem Wachsen der Stadt, das besonders in den achtziger <strong>und</strong>ZAitäAhllft t. BMlw«89n. 72. Jahig.Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Mrnbei^.Vom städtischen Oberbaurat K Böllinger.(Alle Becbte Toibehalteu.)neunziger Jahren sehr rasch erfolgte, ging man auch denPrivathäusem zu Leibe; die wenigen Ladenstraßen reichtennicht mehr aus, <strong>und</strong> in mancher früher so stillen Straßereihte sich nun allmählich Laden an Laden. Von handwerksmäßigenMeistern nach einer Schablone hergestellt, habensolche Umbauten natürlich in äethetischer Hinsicht alles verdorben.Unwillkürlich drängt sich einem der Vergleich <strong>mit</strong>Bauherren vergangener Jahrh<strong>und</strong>erte auf <strong>und</strong> man kommt zuder Meinung, daß die damaligen Kaufleute in bezug auiKunstempfinden äoch aus einem anderen Holze waren.Es wäre natürlich töricht, den Blick allein nur auf dasAlte 2U richten <strong>und</strong> sich der fortschreitenden Entwicklung entgegenstellenzu wollen, eine neue Zeit stellt andere Anforderungen<strong>und</strong> hat andere Bedürfnisse. Es ist nicht zu verhindern,daß <strong>sie</strong> auch Veränderungen an Stellen hervorruft,die bisher in stiller Yerträumtheit durch lange Zeiten hindurchsich erhielten.In den Jahren 1913 bis 1915 sind nun hinter derLorenzerkirtihe in ganz geringen Örtlichen Abständen voneinanderdrei alte Bauwerke Nürnbergs umgeändert bzw. ganzabgetragen <strong>und</strong> durch Neubauten ersetzt worden.37


274 K, Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerbe Alt-Nürnbergs.1. Die ehemalige Franzislcaner- (BarfüBer-)Kirclie zu Nürnlierg,An der Ecke der jetzigen Eönigstraße <strong>und</strong> der Findelgassesüdlich der Muyeumsbrücke (froher Barfüßer-, späterEönigsbrücke) stand ehemals die Franziskanerkirche, im Anschlußan das Franziskanerkloster, das sich nach Norden bisan die Pegnitz hinzog, vroselbst sich heute das Gesellschaftshausdes "Vereins „Museum" befindet. Der Orden sowohlwie seine Bauten haben in Nürnberg wechaelvoUe Schicksalegehabt.Zunächst möge in Kürze die Geschichte des Franziskanerordensin Nürnberg geschildert werden,^) "Völlige Klarheitüber die Entstehungszeit <strong>und</strong> Gründung des Ordens derminderen Brüder der Franziskaner oder Barfüßer in Nürnberg. scheint nicht zu bestehen. Jedenfalls war Nürnberg einerder frühesten Niederlassungsorte der Franziskaner. Nacheinem Chronisten soll ein Nürnberger Bürger Konrad Waldstroraerbereits 1206 eine Stiftung zur Gründung einesKlosters gemacht haben, welche dann endgültig 1228 erfolgtsein soll. Zutreffender scheint aber die Angabe eines anderenChronisten zu sein, der von der Niederlassung einiger vonWürzburg <strong>und</strong> Bamberg kommender Brüder im Jahre 1224berichtet. Biese scheint Waldstromer durch Überlassung vonGr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden unterstützt zu haben. Die Klosterbrüdererwarben sich bald großes Ansehen in allen Kreisen <strong>und</strong>fanden Tiele weltliche Gönner; auch der Bat der Stadt stützte<strong>und</strong> förderte <strong>sie</strong>. Die geistlichen Oberen, Bischöfe <strong>und</strong> Päpste,versahen die Kirche <strong>mit</strong> Eeliquien <strong>und</strong> <strong>mit</strong> weitgehendenAblässen. Der Konvent kam allmählich durch Vermächtnissezu einem ansehnlichen Besitz an Geld <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stücken,Das Anwachsen des Besitzes <strong>und</strong> der Schätze des Klostersbrachte es aber <strong>mit</strong> sich, daß sich die Ordensdisziplin lockerte.Indessen bestanden solche Verhältnisse überall. An sichwidersprach der Besitz schon den Ordensregeln der Bettelmönche.Bald nach dem Tode des Orden satifters im Jahre1226 waren aber schon Meinungsverschiedenheiten über dieAusdehnung des Ärmutsgebotes entstanden: die Konventualistenerblickten in Besitztümern nichts Verbotenes, dagegenverlangten die Observanten strenges Armutsgebot in desStifters Sinne. Die Konventualisten hielten die Ordensregelnnur lässig aufrecht. Letzterer Richtung gehörten die NürnbergerFranziskaner an. Allmählich scheinen Mißständeschlimmster Art eingerissen zu sein, so daß sich der Ratder Stadt sogar an den Papst Bugen IV. wandte, worauf 1446dm-ch eine päpstliche Bulle Reform des Klosters <strong>und</strong> Einführungder Observanz angeordnet wurde. Die Zinsen <strong>und</strong>Güter des Ordens wurden dem neuen Spital zu Nürnbergübergeben. Der Orden befleißigte sich nun der genauen Einhaltungder Ordensregeln <strong>und</strong> erwarb sich auch bald dieÄchtung <strong>und</strong> Zuneigung der Bürger. Nach <strong>und</strong> nach schlichensich aber wieder Mißbräuche ein, denn der Bat der Stadtverklagte den Konvent wiederholt beim Papst. Es scheintalsdann wieder Ordnung geschaffen zu sein, denn das Ansehenstieg wieder <strong>und</strong> der Ordenskonvent wurde wiederreichlich <strong>mit</strong> Ablässen vergehen.1) Die geschiditliehen Angaben sind hauptsächlich den Abhandlungenüber das Franziskanerkloster „Geschichte des Barfüßerklostersin Nürnberg" von Pfarrer Dr. G. Pickel in Karlshuld in den Beiträgenzur bayer. Kircheügescbichte, Erlangen 1912, XVIII, Heft 6,imd „Bas ehemaüge iFranziskanerkioster in Nürnberg" yon P. tJIriobSchmidt, Dr. theoh, Nürnberg 1913, entnmQmen.Das Jahr 1517, in welchem Dr. Martin Luther seineThesen an der Türe der Schloßkirche zu Wittenberg anschlug,wurde auch für die Nürnberger Franziskaner Von Bedeutung.Die Keformation gewann Boden in Nürnberg, der ßat derStadt neigte sich ihr immer mehr zu; die Augustiner wirktenbereits für die neue Lehre Luthers, unterstützt von denHumanisten. Die Franziskaner traten alsbald offen gegendie Reformation als ihre schärfsten Bekämpfer auf <strong>und</strong> schürtendabei den Haß gegen die Obrigkeit. Der Eat ging allmählichscharf vor gegen den Orden, schränkte <strong>sie</strong> in ihrenHechten ein <strong>und</strong> verlangte die Übergabe der Klöster. DieBarfüßer verweigerten standhaft die Übergabe, <strong>sie</strong> durftenaber keine Novizen mehr aufnehmen <strong>und</strong> waren so dem Aussterbenüberliefert. 1533 besaß der Orden nur mehr zwölfBrüder. Der letzte Mönch, Peter Pflngststetter, starb am26. Dezember 1562.Sind in der Geschichte des Ordens der Barfüßer inNürnberg Lücken, so herrscht noch mehr Dunkel in derBaugeschichte der Kirche <strong>und</strong> des Klosters. Soviel bisjetzt zu übersehen ist, steht der Beginn des Baues <strong>und</strong> dieBauzeit der ersten Klostergebäude <strong>und</strong> der Kirche nichteinwandfrei fest. Der Chronist Fr. Nie. G-laßberger* berichtetin seiner Chronica von 1508,') daß Marcus de Mediolano,Gustos Franconiae, Brüder in die berühmte Stadt Nürnbergsandte, wo <strong>sie</strong> bei der Kapelle des hl. Paul neben der Pegnitzgegenüber dem Kloster der Zisterzienaerinnen ein Klosterbauten, das später eines der schönster Klöster wurde. Inder Chronica Provjnciae Argentiae conscripta a P. ValentinBambaoh an. 1798 p. 119 heißt es, „daß 1228 in Nürnberg,der vornehmsten Stadt des Kreises Franken der Diözese Bamberg,zur selben Zeit der belebteste Handelsplatz, von denBrüdern ein Kloster errichtet wurde. Der Name des Gründersist unbekannt, doch sollen zwei reiche Brüder <strong>und</strong>Bürger der Stadt: Friedrich <strong>und</strong> Eberhard (Patrizier) einengroßen Teil des Gr<strong>und</strong>es zu des Klosters Erweiterung beigesteuerthaben. Daneben wird auch Konrad Waldstromer,ein Nürnberger Bürger <strong>und</strong> freier Ritter, als Gründer bezeichnet".Die angeführten Chronisten stützen sich wahrscheinlichnur auf Überlieferungen oder hatten andere nicht ganz zuverlässigeQuellen. Die Unsicherheit der Gr<strong>und</strong>lagen gehtwohl auch schon daraus hervor, daß sonstige Nachrichtenüber eine St. Pauls-Kapelle bis jetzt nicht aufgef<strong>und</strong>en werdenkonnten, <strong>und</strong> daß das Zisterzienserkloster auf der Nordseiteder Pegnitz erst 100 Jahre nach der Zeit der erstenFranziskaner entstand. Man ist versucht anzunehmen, daßes sich im Jahre 1228 zunächst nur um Bauten kleinerenUmfangs handelte, die lediglich dem Wohnbedürfnis einernach den Berichten anfänglich geringen Zahl von Franziskanermönchenentsprachen. Mit Ausnahme von Regensburgkamen die Franziskaner auch in anderen bayerischen Städtenerst um die Mitte <strong>und</strong> in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh<strong>und</strong>ertsin den Besitz größerer Bauanlagen. ^) Auch der2) Abgedruckt in Analecta Franziscana, Quarracchi 1887 —Manuskript im Provinzialarchiv in MÜQOben. — Mir fre<strong>und</strong>lichst vonHerrn P. Schmidt <strong>mit</strong>geteilt.3) Vgl. die Inauguraldissertation Adolf Kochs: „Die frühestenNiederlassungen der Minoriten im rechtsrheiniscben Bayern."Heidelberg 1880.


K. BöUlnger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnbergs. 275Umstand, daß die FranziskanerVollendung der sämt­in Nürnberglichen Klosterbautenerst 1245 nachweisbarsind <strong>und</strong> der HauptstifterKonrad Waldstromerangenommen werden.Der Versuch, etwadurch eine stükxitiseheseine Schen­Würdigung die Er­kung erst 1260 machte(Koch S. 10 bis 20)<strong>und</strong> 1280 erat Eberhardvon Hertingsberg<strong>und</strong> 1294 die Bürgerbauungszeit der ganzenKlosteranlage festzustellen,vermag auchnicht zu ganz sicherenSchlüssen zu führen.Eberhard <strong>und</strong> FriedrichEbner dem BeiverlässigenAbbildun­Einmal fehlt es an zuspiel"Waldetromersgen aus jener Zeit,nachfolgten, läßt diezum andern ist dieAnnahme gerechtfertigterscheinen, daßStilentwicklung geradein Il"ürnberg durchausdie Ordenöbauten derAbb. 1. Ehomaüge Bariüßerkirehe. Bestand von 1671.nicht übersichtlich <strong>und</strong>Franziskaner in Nürnbergerst um die Mitte des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts begonnen seinfolgerichtig, wie inWestdeutschland. Im Stadtarchiv in Nürnberg befindet sichkönnen. Eine weitere Stütze hierfür kann in den im bayerischenallgemeinen Reichsarchiv in München befindlichenein alter Stich sowie eine Handzeichnung zu diesem Stich ausdem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert, welche die damalige Erscheinung derverschiedenen, die Franziskaner in Nürnberg betreffendenKirche zeigt (Abb. 1). Aus der wenig sorgfältigen Darstellunggeht zweifellos hervor, daß man es <strong>mit</strong> einem sehrAblaßbriefen der Zeit von 1257 bis 1290 gef<strong>und</strong>en werden.Man darf nach diesen wohl <strong>mit</strong> Wahrscheinlichkeit annehmen,stattlichen Bauwerk in jedenfalls ausgebildeter Gotik zu t<strong>und</strong>aß die Kirche im Jahre 1276 oder 1277 so weit hat. Während aber am Ehein schon Anfang des 13. Jahr­fertiggestellt war, da6 die Weihe damals vollzogen wurde.Die in den folgenden Jahren ausgestellten Ablaßbriefe nahmenh<strong>und</strong>erts von Frankreich her die Gotik ihren Einzug gehaltenhatte, baute man in Nürnberg noch fast h<strong>und</strong>ert Jahre langalle schon Bezug auf den Tag bzw. Jahrtag der Kirchweihe. romanisch. Eine eigentliche Bauhütte oder Schule gab esOb auch die innere Ausstattung schon sehr weit gediehen daselbst nicht, infolgedessen auch keine eigene Überlieferung.war, mag bezweifelt werden, ebenso ist über den Stand der Für die verhältnismäßig wenigen öffentlichen Bauten diesesKlosterbauten nichts zu er<strong>mit</strong>teln gewesen,Jahrh<strong>und</strong>erts verschrieb man sich Baumeister von auswärts<strong>und</strong> diese bauten eben, <strong>was</strong> <strong>sie</strong> verstanden. So tarn es, daßin Nürnberg Mitte oder Ende des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts ganzunver<strong>mit</strong>telt die Gotik ohne Übergang auf einmal in vollständigerAusbildung auftrat, während z. B. gleichzeitig auder St. Sebalduskirche noch romanisch gebaut wurde.&egen Mitte des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts haben sich offenbarBauscbäden eingestellt, denn Bischof Heinrich von Eichstättverleiht am 24. Mai 1343 allen, die für die Kirche <strong>und</strong> dasKloster der minderen Brüder zu Nürnberg, welche an Gebäuden,Dächern <strong>und</strong> Mauern <strong>und</strong> sonst der Wiederherstellungbedürfen, fromme Almosen spenden <strong>und</strong> zu einer geziemenderenVollendung von ihrem Vermögen beitragen,einen Ablaß.Die innere Ausschmückung scheint auch zu Anfang des15. Jahrh<strong>und</strong>erts noch sehr rückständig gewesen zu sein.Um diese zu fördern, erhielten die Barfüßer im Laufe diesesJahrh<strong>und</strong>erts nochmals die Bestätigung der weiteren Gültigkeitder Ablässe des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts, ebenso weitere Ablässe.Es wurden, um die .Anziehungskraft derFranziskanerkirche zuerhöhen, wertvolle Eeliq^uienim Kloster<strong>und</strong> in der Kircheuntergebracht;-in denJahren 1441 <strong>und</strong>l444wird vonTafelanlegungenberichtet.*) Wohlerst gegen Ende des 15.Jahrh<strong>und</strong>erts darf die4) Dr. Gg. PickelA, a. 0. Seite 253 u. 254,Die Bauweise der Bettelorden war die Gotik. Wo <strong>sie</strong>erschienen, fand auch letztere ihren Eingang, in Nürnbergdaher durch die Franziskaner, denen infolge ihrer Angehörigteitzur Ordensprovinz Straßburg diese Stilweise schon längergeläufig war. Die Bettelorden wirkten sogar bahnbrechendin der Weiterbildung der Gotik, in deren Entwicklung <strong>sie</strong>um 1240 eintraten. Sie bauten Kirchen, die an Einfachheitder Anlage <strong>mit</strong> dem Herkommen gründlich aufräumten.Türme, Querhaus, Vorhallen,Kapellenkranzwerden abgeworfen.Es genügt ihnen einrechteckiger Saal zurVersammlung großerVolksmassen um dieKanzel <strong>und</strong> ein einfacherChor zur Abhaltungder gemeinsamenHören. DerAltPiiBen-Marld100SchuhbasUikale Aufbau wirdTTinur <strong>mit</strong> Hücksicht auf£•Abb. 2. Ehemalige Barfüßerkirche, QrnndriQ.die EinwÖlbung auf-37*{iiuluul


276 K. Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnbergs.recht erhalten. Dierormensprache istherb <strong>und</strong> trocken, imQewölbebau sind <strong>sie</strong>rückständig. In Snddeutschlandkamenmehrfach Flachdekken<strong>und</strong> Säulen zurAnwendung, Strebebogenwerden vermieden.^) Die Abb. 1<strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>rißAbb. 2 der Kirche,von dem sich zweiHandzeichnungen imStadtarchiv in Nürnbergbefinden, zeigen,daß die vorgenanntenGr<strong>und</strong>sätze bei demBau der Kirche maßgebendwaren. Essteht daher wohlauch <strong>mit</strong> diesen baugeschichtlichenTatsachendas oben ausden Ablaßurk<strong>und</strong>enKreuzgangHutKreuzgangLanghaus det< KircheKreuzgängabgeleitete Jahr 1257 als Beginn des Baues nicht inWiderspruch,Die Länge der Kirche betrug 71 m, die Breite 27 m,die lichte Höhe des Chores 18 m. Es sind dies ganz beträchtlicheAbmessungen, wie ein Vergleich <strong>mit</strong> der St. Lorenzkircheergibt, die 90 m lang <strong>und</strong> 30 m breit ist. Dasbasilikale Mittelschiff hatte beiderseits je fünf Pfeiler vonEechteckquerschnitt <strong>und</strong> über den Seitenschiffen je sechsFenster, ein sehr hohes schlankes Fenster befand sich imWestgiebel. Die niedrigeren Seitenschiffe hatten flache Pult-^ dächer <strong>und</strong> in der westlichen Giebelwand je ein großesFenster. Während das südliche Seitenschiff sechs Fensteraufwies, hatte das nördliche entweder keine odpr nur hochliegendeFenster, da sich dort der Kreuzgang anschloß. DerChor war 13 m lang <strong>und</strong> 9 m breit, besaß fünf Joche <strong>und</strong>war gegen Osten achteckig abgeschlossen. Hohe schlankeFenster führten ihm reichlich Licht zu. Das Dach desMittelschiffes zog sich in gleicher Höhe über den Chor hinweg.Auf dem Westgiebel saß ein Glockentürmchen, einanderes noch als Dachreiter oberhalb des Chorbogens. Ander Westseite hatte das Mittelschiff zwei nebeneinanderliegende, durch einen schmalen Pfeiler getrennte Türen, dassüdliche Seitenschiff in der Mitte eine größere <strong>und</strong> an der südöstlichenEcke eine kleinere Tür. Sämtliche Fenster waren <strong>mit</strong>dreigeteiltem Maßwerk versehen. Das Langhaus hatte nur amWestgiebel zwei Strebepfeiler für die Bögen in den Mittelschiffwänden,es wies weder Strebepfeiler an den Seitenschiffen,noch Strebebögen am überhöhten Mittelschiff auf, einBeweis dafür, daß weder Mittelschiff noch Seitenschiffe eingewölbtwaren. Der Chor hatte Rippengewölbe <strong>und</strong> daherauch Strebepfeiler. Die Seitenschiffe besaßen zweifellos flacheBufaen-Ka.Ä.bb. 3. Ehemalige Barfüßerkirche, Gr<strong>und</strong>riß <strong>mit</strong> Kloster.Mädel-Ka.Holzdecken, vom Mittelschiffdarf manannehmen, daß es<strong>mit</strong> einer hölzernenTonne überdeckt war,hierzu berechtigt diein Abb. 6 an derInnenseite des Westgiebelssichtbare einp^jnktierteKreislinieoberhalb der Mittelschiffmauern.Das Innere derKirche bot jedenfallseinen prächtigen Anblick.Infolge dervielen Stiftungen befandensich darinnacli den Mitteilungender Chronistenschöne Altäre <strong>mit</strong>guten Malereien, insbesonderescheint derSOSchuhHauptaltar <strong>mit</strong> seinenSchnitzereien, Standbildern<strong>und</strong> Malereiensehr wertvoll gewesen zu sein, nach einem Chronistenstammt er aus dem Jahre 1441.Selbstverständlich enthielten auch die Fenster gestifteteG-lasmalereien, auf denen die Wappen von vielen Adelsgeschlechtern<strong>und</strong> namentlich auch der bedeutendsten Familiendes Nürnberger Patriziats vorkamen. Grabsteine <strong>und</strong>5} Aus Bergner. Kirchliche Eunstaltortüjner I, S. 98. Abb. 4. Ehemalige Barfüßerkirche, Choransicht.


K. Büllingcr, Drei verschwurniene Bauwerke Alt-Nümbergs. 277•wie Abb. 5). Sie dient jetzt einem Vereinals Gesellschaftsraum,Nach der Aufhebung des Barfüßerklostersim Jahre 1525 lebten noch einigeMönche in demselben, welche der Rat derStadt dort beließ. Im, Jahre 1557 war inNürnberg die Mädchenfindel (Mädchenwaisenhaus)am sogenannten Neuen Ban abgebrannt<strong>und</strong> die Waisen wurden zunächst im Kartäuserkloster,aber noch 1557, gegen denEinspruch der zwei letzten Mönche, im Barfüßerklosteruntergebracht.^) 1560 kam auchdie Knabenfindel dorthin. Nachdem dieKir.che 38 Jahre lang verschlossen gestandenhatte, wurde <strong>sie</strong> 1568 dem protestantischenGottesdienste geöffnet. Im Jahre 1662 hattender Rat <strong>und</strong> wohlhabende Bürger eine Maler-Abb. Ö. Ehemalige Barfüßerkirche, Sakristei.G) „Das Findet- <strong>und</strong> "Waisenhaus zu Nürnberg,orts-, kultur- <strong>und</strong> wirtschaftsgeschichtlich."Von Archivrat Dr. Ernst Mummenhoff. Ausden Mitteilungen des Voreins für Geschichte derStadt Nürnberg, 1915, 21. Heft, S. 111.Grrabdenkmäler schmückten weiterhin die Kirche. Nacheiner Abschrift des Totenkalenders des Franziskanerklosters,wie <strong>sie</strong> sich in der Stadtbibliothek in Nürnberg befindet,sind von 1328 bis 1501 nicht weniger als 350 Personenin Kirche <strong>und</strong> Kloster bestattet worden, nach anderenBerichten sollen es noch viel mehr gewesen sein. Beider Beliebtheit <strong>und</strong> dem hohen Ansehen der Barfüßer wares nicht zu verw<strong>und</strong>ern, daß viele, Männer wie Frauen,danach trachteten, an dieser geweihten StUtte ihre letzteRuhe zu finden. Auch einer der ersten Stifter <strong>und</strong>"Wohltäter der Franziskaner, Konrad Waldstromer, lag inder Kirche begraben. Sein Grabmal aus rotem Marmorstand in der Mitte der Kirche. Vielfach erfolgte die Beisetzungim Ordenskleid der Franziskaner, in der Kutte.Wie in den anderen Nürnberger Kirchen hatten die Geschlechterihre Wappen <strong>und</strong> Totenschilder an den Wänden<strong>und</strong> Säulen angebracht. Den Chor zierte, wie aus derAbb, 6 zu entnehmen ist, ein schön geschnitztes gotischesChorgestühl. So mag die Kirche bei den gewiß gutenEaumverhältnissen auf den Beschauer einen erhebendenEindruck gemacht haben. Hierzu kamen noch kunstvollekirchliche Geräte <strong>und</strong> Gewänder. — Mit Bedauern mußes erfüllen, daß dies alles verloren gegangen ist.An der Nordseite der Kirche <strong>und</strong> des Chores schloßsich das Kloster an <strong>und</strong> erstreckte sich bis an die Pegnitz.Der Gr<strong>und</strong>riß (Abb. 3) zeigt [einen größeren <strong>und</strong> einenkleineren Hof <strong>mit</strong> umlaufenden Kreuzgängen <strong>und</strong> anschließendenKlostergebäudcn, nordöstlich einen großenHof, um den sich ebenfalls Klostergebäude zogen. In denKreuzgängen scheinen nach dem Ablaßbrief des BischofsHermann von Äkka vom 20. Juni 1434 <strong>sie</strong>h eine Anzahlvon Kapellen bef<strong>und</strong>en zu haben. Von solchen ist mehrfachder St. Josephskapelle <strong>und</strong> der Kapelle zu unseresHerrn Leichnam in den Ablaßbriefen Erwähnung getan.Die St. Josephskapelle ist noch vorhanden (s. Abb. 3 <strong>und</strong>den niederen Anbau am Chor der Kirche auf Abb. 4, so-Abb. 6.;; Ehemalige Barfüßerkirche, Baugerüst 1671.


278 E. Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Ält-Kürnbergs.Abb. 7.Ehomaligü Barfüßei'kirchü, Gosanitansicht.akadomie gegründet, die 1674 in das Kloster verlegt wurde<strong>und</strong> bis 1099 dort verblieb.') 1CG8 wurdo ein ständigesanatomisches Theater eingerichtet. Ein anderer Teil diente1671 bis 1673 als Zuchthaus. 1G99 wurde eine Armenschuleim Kloster untergebracht.In der Nacht vom 1. zum 2. Olitober 1 G71 brach ein grolierBrand aus, dem Kirche <strong>und</strong> ein Teil des Klosters (die Findel)zum Opfer fielen. Die Brandursache wurde wohl nicht aufgeklärt.^)Das Feuer mußte außerordentlich verheerend gewirkt<strong>und</strong> einen großen Teil der Klostergebäude, sowie dieKirche fast vollständig vernichtet haben. Ohne Gefährdungder Arbeiter konnte die Ausräumung der Kirche nicht durchgeführtworden. Bausachverständige <strong>und</strong> Werkleute schlugendaher vor, „die l^iederlegung der schwaohstebenden, erschüttertenRudora durch Ansetzung des iloy (Rammen)" zu bewerkstelligen,<strong>was</strong> der Eat gut liieß.^) Die Aufräumungsarbeitenzogen sich noch lange hin. Die Wiederaufbauarbeitenfür die Findol wurden zuerst in Angriff genommen <strong>und</strong>scheinen 1673 beendet gewesen zu sein, -während der Baudes Zucht- <strong>und</strong> Werkhauses erst bis 1G75 ausgeführt wurde.Die Kirche lag 10 Jahre lang als Brandruine da. Ein Kiix)forstichdes aus der obengenannten Malerakademie hervorgegangenenMalers Joh. Andreas Gratf in der Stadtbibliothekin Nürnberg {Abb. 0) zeigt den Zustand des Bauwerks <strong>und</strong>des Baugerüstes, „wie solches im Jahre 1681 im anfangJuny bey wiederaufrichtung der Anno 1G71 den 1. Octobrisbis autf den Chor abgebrannten Barfüßer-Kirchen in Nürnberginnwendig zu sehen gewest <strong>und</strong> der Gestalt abgezeichnet<strong>und</strong> ins Kupfer gebracht worden". — Der Wiederaufbauerfolgte 1G81 bis 1698 durch den Architekten Johann Trost.Baumeister im Almosenamt, der auch der Verfasser des Entwurfesfür den Neubau der 1696 abgebrannten St Egidienkirchewar. Der Stich von Böner (Abb. 7) gibt das fertige Bauwerkwieder. Äußerlich waren die gotischen Architekturformenvollständig versehw<strong>und</strong>en bis auf die Strebepfeiler am Chor,Die Zahl <strong>und</strong> Größe der Fenster ist in der Hauptsache diegleiche wie vorher, nur haben <strong>sie</strong> andere Gestalt erhalten<strong>und</strong> sind die Maßwerke beseitigt worden. Eine sehr guteInnenansicht hat der schon obengenannte Maler J. A. Graft1G93 gezeichnet (Abb. 8). Das Innere zeigt gute Verhältnisse<strong>mit</strong> der Bogenstellung im Langhaus, den Pilastern<strong>mit</strong> korinthischen Kapitellen <strong>und</strong> dem Kranzgesims anden Längsseiten, Die Decken des Mittelschiffs <strong>und</strong> derSeiten scliitTe waren eben <strong>und</strong> reich stuekiert. Im iilittelfeldsind die Wappen der Nürnberger Patrizier zu sehen,die wahrscheinlich zum Wiederaufbau der Kirche beigetragenliaben, iiu östlichen Seitenfeld das Nürnberger Wappen, vonEngeln umschwebt. — Die Chorgewölbe blieben erhalten<strong>und</strong> wurden nur entsprechend dem neuen Stilgcschmaekumgemodelt. Die Rippen erliieltcn Barockprofile <strong>und</strong> stilgemäßeSchlußsteine, die Dienste au den Wänden wurdenbeseitigt <strong>und</strong> dafür die Rippen auf Konsolen <strong>mit</strong> Engelsköpfengestützt, die hohen gotischen Ch'orfenster wurdenunterteilt, über den niedrigen Fenstern <strong>mit</strong> Ruudbogenabschlußnoch ovale Ochsenaugen angebracht <strong>und</strong> beidedurch eine Umrahmung zusammengefaßt (Abb. 9). DieZusammenwirkung von Chor <strong>und</strong> Langhaus muß eine sehrfeine gewesen sein. Der Citor (Abb. 10) bestand vor demJahre 1913 noch in seiner ganzen Ausdehnung, er war nurdurch eine hükcrne, schon aus früherer Zeit stammendeZwischendeclse der Holi.e nach in zwei Teile geteilt. Gelegentlichdes Bankneubaues wurden drei Joche abgebrochen <strong>und</strong>7) Dr. E. ßeiüko, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg.8) 8. Mummenhoff a. a. 0. S. 122.Ö) Ratsverlässe vom 12. <strong>und</strong> 13. Oktohe:: 1671 (Mummenhoffa. a. 0. S. 124).Abb, 8. EhemaHgo Barfüßerkirche, iDueres nach der Erneuerung.


ea verblieben nur noch zweiJoche <strong>und</strong> der halbachteckigeAbschluß. Den Bestrebung-ender Fre<strong>und</strong>e Altnürnberger BauuödKunstwerke ist es leidernicht gelungen, den Chor im•vollen Umfang au erhalten, ormußte zur Hälfte •wenigstensden Bedürfnissen einer neuenZeit weichen. Immerhin mußanerkannt "werden, daß die Direktionder Diskonto- <strong>und</strong>"Wechselbank noch einen erheblichenTeil erhalten <strong>und</strong> ihremNeubau eingegliedert hat, sichhierdurch gewissen Beschränkungenin der Gr<strong>und</strong>rißanlageunterwerfend.Aus dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ertsind fast keine Kachrichtenüber die Geschichte der Kirchebekannt. Im ersten Jahrzehntdes 19. Jahrh<strong>und</strong>erts "wurdenKirche <strong>und</strong> Kloster <strong>mit</strong> Ausnahmedes Waisenhauses aufAbbruch verkauft. Man mußK. Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnbergs. 279Abb. 9.sich wohl w<strong>und</strong>em über den damaligen Mangel an Kunstverständnisnnd Heimatssiun, der die Täter der Stadt zueinem solchen Schritt führte <strong>und</strong> ohne Bödenken einen wertvollenKunatbesitz dem Untergang weihte; allein, man mußsich vor Augen halten, daß es eine Zeit des schlimmstenwirtschaftliehen Niederganges der Stadt Nürnberg war <strong>und</strong>Rat <strong>und</strong> Bürger ihre Blicke nur auf das Notwendigste zurErhaltung ihres Daseins richten konnten. Noch so manchesandere Kunstwerk ist damals unter den Hammer gekommen.Auf dem nördlichen Teil des Klostergr<strong>und</strong>atückes, alsoan Stelle der Klosterbauten errichtete die Gesellschaft „Museum"ihr Haus, das noch Reste des Klosters im Innern birgt-Die Kirche baute 1810 der Kaufmann Bestelmeyer zu einemWarenhans um, fast schon in Art der heutigen Warenhäuser.Hierbei ist der größte Teildes Langhauses abgebrochenworden. Nach verscliiedenartigerYerwendüng des Gebäudeserbaute 1913 bis1914 die Bayerische Diskonto-<strong>und</strong> Wechselbank andessen Stelle ein vornehmesneuzeitliches Bankhaus. DerChor der Barfüßerkireheblieb, •wie oben erwähnt,zum Teil erhalten, seine Einfügungin den Neubau, dernach den Tläneu des NürnbergerArchitekten (HansMüller B. D. A.) hergestellt•wurde, ist eine glückliche<strong>und</strong> z-wanglose. Zur besserenAusnützung des Innern istKhemaiige Barfüßerkirche, Cborinneres.Afjb. 10. Ehemalige Barfüßerkirehe, Chor <strong>und</strong> Langbaus,er leider der Höhe nach durchZwischendecken geteilt worden.Der oberste Raum <strong>mit</strong> den Gewölbendient als Sitzungszimmerfür die Bank. Aus Abb. 4 istder Chorabschluß in seiner heutigenGestalt nach Vollendungdes Bankneubaues zu ersehen.Die niedrigen Anbauten außenam Chor sind noch die letztenReste des ebenfalls in den neunzigerJahren des abgelaufenenJahrh<strong>und</strong>erts verschw<strong>und</strong>enenWaisenhauses (Fachwerksanbauan der Straße) <strong>und</strong> des ursprünglichenKlosters(St.Jo8efskapelle).Da man auf Gr<strong>und</strong>dör Geschichte des Klostersannahm, daß sich noch mancherleiF<strong>und</strong>e oder Anhaltspunktefür die frühere Gestaltung desBaues ergeben könnten, soWürden von der Baupolizei dieAbbrucharbeiten durch ständiganwesende Äufsiclitspersononüberwacht; das Ergebnis waraber leider ein recht geringes. Die früheren Zeiten hattenallzu gründlich aufgeräumt. Außer Backsteinen alten Klosterformatswurden im Untergr<strong>und</strong> nur Sachen ohne besonderen Wertgef<strong>und</strong>en. In der Nordwand eingemauert fanden sich dreiSäulenkapiteile ungefähr aus dem Jahre 1280, welche jedenfallsdem Kreuzgaug angehörten, ferner einige achteckigePfeilerstücke <strong>mit</strong> Basen, deren Trommeln durch sehr gut erhalteneEichenholzdübel von 6 cm Durchmesser <strong>mit</strong>einanderverb<strong>und</strong>en waren. Teils im Mauerwerk eines starkon Eckpfeilersder Kirche an der Nordseite, teils im Boden desChores fanden sich Bruchstücke einer Steinplatte aus rotemMarmor <strong>mit</strong> Kelief <strong>und</strong> Umschrift. Sie konnten unschwerals Teile des Grabdenkmals des Conrad Waldstromer erkanntwerden. Auf dem größten Stück ist der Kumpf eines Rittersim Harnisch, in dessenrechter Hand ein Helm <strong>mit</strong>der Helmzier der Waldstroraer,an der linken Seiteder Knauf des Schwertes zusehen, auf einem anderenStück dieKlinge oder Scheidedes Schwertes <strong>mit</strong> Gewandfatten,daneben gotischeSchriftzeichen. Auf einemkleinen Stück die Buchstabendt. W. in gotischer Form,also die Endbuchstaben desVornamens Conradt <strong>und</strong>der Anfangsbuchstaben von„Waldstromer". Die Angabender Chronisten überMaterial <strong>und</strong> Ausführung desGrabmals treffen also zu, nur


280 K. Böliinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnbergs.Ivann es dem Stilcharakter nach erst aus der Mitte des14. Jahrh<strong>und</strong>erts stammen. Bei dem Wiederaufbau derKirche nach dem Brande mag es von seinem Standort inder Mitte derselben beseitigt <strong>und</strong> zerschlagen worden sein.Ein seltsamer Zufall ist es, daß gerade das Denkmaldessen, der der Chronik nach eine entscheidende Rollebei der Gründung spielte, noch in den Teilen sich erhaltenhat, während von allen anderen keine Spur mehrvorhanden ist. Die F<strong>und</strong>e wurden in das GermanischeNationalmuseum in Nürnberg verbracht.Große Teilnahme erregte auch die Freilegung der indem Eirchen- <strong>und</strong> Chorboden Bestatteten. Es fanden sichauch hier die Berichte der Chronisten bestätigt. In Tiefenvon 0,80 bis 1,40 m unter dem ehemaligen Kirchenfußbddenfanden <strong>sie</strong>h im Untergr<strong>und</strong> 130 vollständig erhalteneSkelette, außerdem an verschiedenen Stellen unregelmäßigeHäufungen von Schädeln <strong>und</strong> Skeletteilen, diedarauf hindeuten mögen, daß die Gebeine froherer BestattungengelcgentJieh von Neubestattrmgen zusammengelegtwurden. In der östlichen Hälfte des südlichenSeitenschiffes lagen die Skelette zwei- <strong>und</strong> dreifach übereinander.Nur bei zwei Skeletten konnten vermorschte , ^ ^ , ^ , , , , ^ , , , ^ , -•Überreste von Holzsärgen {Totenkisten) <strong>und</strong> verrostete Abb. 11. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Heitelhaus.Nägel wahrgenommen werden, die übrigen scheinen demdamaligen Gebrauch entsprechend ohne Särge bestattet wordenzu sein. In der westlichen Hälfte des Mittelschiffs wurdenmorsche Überreste von Mönchskutten aufgef<strong>und</strong>en, welche sichim seitlichen Anschnitt als ungefähr 1 cm dicke braune Linieunterhalb der Gebeine konzentrisch um diese gebogen darstellten.An einer Stelle fand sich ein grobes Gewebe, ähnlichder Sackleinwand, in welches offenbar der Leichuam beider Bestattung eingenäht gewesen war, einige Male auchGebeine in Kalkeinbettungen. Die Gesamtsumme der aufgef<strong>und</strong>enenSchädel betrug r<strong>und</strong> 300. Eine solche Anhäufungvon Leichen im Innern eines Gebäudes widerspricht allenAnforderungen der Hygiene <strong>und</strong> es habensich auch zu jenen Zeiten allenthalben auchgroße Mißstände, namentlich infolge des Yerwesungsgeruches,durch diese Sitte oder Unsitteergeben. Gelegentlich des Aushubes derBaugrube für das Bankgebäude wurden dieim Boden noch vorhandenen F<strong>und</strong>amentresteeingemessen. Auffällig sind die F<strong>und</strong>amentresteim Chor, die Mittelachse der von ihnenumschlossenen Fläche fällt <strong>mit</strong> der desChores zusammen. Bei ihrer geringen Stärkevon 40 cm <strong>und</strong> der Ausführung in Bruchsteinenkönnen <strong>sie</strong> schwerlich einem größerenGebäude, wie etwa einer Kapelle als Vorgängerinder Kirche, zum Gr<strong>und</strong> gedienthaben.,Abb. 12. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelbaus.2. Das Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelsche Haus.Viele der alten Bürger- <strong>und</strong> Patrizierhäuser Nürnbergsaus dem 15. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> später sind gegen die Straßehin schlicht <strong>und</strong> einfach. Der wenige Schmuck beschränktsich oft nur auf das Haustor oder die Tür. Schöne geschnitzteTüren <strong>und</strong> kunstvoll geschmiedete Oberlichtgittersind noch in großer Zahl vorhanden. Im ersten oder zweitenObergeschoß befindet eich dann oft noch ein Erker, dasChörlein, das in seinem Innern einen behaglichen Sitzplatzbietet, über dem Hauptgesims befinden sich bei den meist<strong>mit</strong> dem First parallel zur Straße stehenden Häusern auf demSo spärlich nun gerade bei diesenklösterlichen Bauten die geschichtlichenQuellen fließen, so bietet das Wenige, <strong>was</strong>doch als ziemlich zuverlässig gelten kann,immerhin einen Beitrag, um sich ein Bildvon den Geschehnissen <strong>und</strong> Wandlungen derZeiten vom Mittelalter bis auf die Gegenwartzu machen.Abb. 13. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelbaus, StraBeobild.


X. Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnbergs. 281Dache geschnitzte Auf zugserker<strong>und</strong> die kleineren Dacherker.Seltener sind Häuser, derenGiebel nach der Straße zugekehrt'sind,abgesehen von Eckhäusern.So schmucklos dasÄußere eines solchen Hanseswar, so sehr verstand es derErbauer oder Besitzer, sich dasInnere behaglich <strong>und</strong> kunstverständigeinzurichten. Auchdie zahlreichen Höfe <strong>mit</strong> Gängen<strong>und</strong> Bogen Stellungen, die inHolz oder Stein in reicher Ausstattunghergestellt, gewähreneinen überaus malerischen Anblick,dön man nach demschlichten Äußeren der Straßenseitender Häuser nicht vermutet.Das ehemalige sog. Gr<strong>und</strong>herr-<strong>und</strong> Hertelache Haus amLorenzer Platz ist zwar nicht80 bedeutend wie die weithinbekannten anderen Kaufmannshäuser,aber doch wert, seineverschiedenen Teile im Bildezu bringen. Entstanden ist eswahrscheinlich Ende des 15.Jahrh<strong>und</strong>erts durch Vereinigungzweier Anwesen älteren Ursprungs.Nach alten Hausbriefenverkaufte am 15. März1526 Ursula Paulus Töpplerseheliche Hausfrau Behausung<strong>und</strong> Hofrait samt kleinemNebenhäuschen, zwischen Pfarrhof<strong>und</strong> Wolffen Stromers Hausgelegen, das ihr von ihremAbb. 14. Gr<strong>und</strong>herr- ^lud Herteihaus, Eingaug,ersten Hauswirt Sebald Kolerangefallen war, an Seb.Camerer.In der I'olge besaßen das Anwesendie Geschlechter Derrer<strong>und</strong> Imhoff, die Bürger <strong>und</strong>Handelsleute Deßler, Eostusw.,im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert ein FreiherrV. Müller, 1788 ging es wiederin bürgerlichen Besitz über.Die Gr<strong>und</strong>risse (Abb. 11u. 12) sowie das Äußere (Abb, 13)zeigen, daß das Haus in seinemauf uns gekommenen Umfangnicht nach einem einheitlichenPlan, sondern durch die Vereinigungzweier Häuser entstandenist, welche nach derBeschaffenheit des beim Abbruchgenauer zu erkennendenMauerwerks wohl aus der Zeitdes 14. oder Anfang des 15.Jahrh<strong>und</strong>erts stammten. DieVerschmelzung zu einem Anwesengeschah vermutlich schonam Ende des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts.Im Erdgeschoß- <strong>und</strong> Kellergr<strong>und</strong>rißgrenzen sich zweiBauteile scharf voneinander ab.Während der linke — östliche— einem gewöhnlichenWohnhause angehörte, schiender rechte — westhche — <strong>mit</strong>nahezu quadratischer Gr<strong>und</strong>form,nach den starken 1,50 min der Dicke messenden Umfassungsmauernzu schließeneinem turmartigen Bau angehörtzu haben. Keller <strong>und</strong> Erdgeschoßwaren eingewölbt. AnAbb. 15. Onuidiicir- uud Ikiitiii.tu.i,Zeitschrift f. Banweseii. 72. Jahry, ;Mtiiliülitgitter.Abb. lÜ. Gr<strong>und</strong>herr- uud HerteJhaus, Fenstergitter.


282 K. Büilinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-]^ürnbergs.Das Äußere des Hauses war einfach <strong>und</strong> schlicht. Vollständigaus Sandstein erbaut,.lediglich ein reicheres Einfahrtstor<strong>mit</strong> architektonischer Umrahmung <strong>und</strong> ein holz geschnitztesChörlcin verliehen ihm Schmuck. Das Haustor selbst (Abb. 14)ist verhältnismäßig einfach <strong>mit</strong> einer Verdoppelung aus schrägliegendenBrettern <strong>mit</strong> messingenen Platten nageln, einerSchlagleiste <strong>mit</strong> Kapitell nnd einem Kämpfergesims ausgestattet,darüber breitet sich ein prachtvoll geschmiedetesGitter vor dem Oberlicht ans (Abb. 15). Die Fenster nebendem Tore enthielten ebenfalls kunstvoll geschmiedete Gitter(Abb. lOj, Weiter nach rechts (Abb. 13) ist die Schrottürezu sehen. Die Steinarchitektur des Tores <strong>und</strong> die Holzarchitekturdes Cliörleins sind organisch <strong>mit</strong>einander in Verbindunggebracht. Wälirend die Schauseite <strong>mit</strong> der Fenstereinteilungbis ins 15. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückgeht, gehören Haustor<strong>und</strong> Chörlein dem Beginn des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts an. M^ieaus Kaufbriefen hervorgeht, haben die hochfreiheiTÜchenMüUerschen Eelikten das Haus 1752 verkauft.^**) Daß derEinbau des Tores <strong>und</strong> Chörleins in den Anfang des 18. Jahrh<strong>und</strong>ertsfällt, ergibt sich neben dem Stilgepräge auch daraus,daß in dorn schönen Oberlichtgitter die Wappenfiguren der10) Näheres übei' die Familie berichtet daR Stammbuch desblüliondun imd abgeütorbeüen Adels in Deutscliland, herausgogßbeavüD eiüigQii deutachen Edellouton. — Stadtbibliothek Nürnberg.Abb, 17.Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelhaus, Hof gegen Osten.der Südseite schlössen <strong>sie</strong>h au den. Kfjlor drei kleine eingewülbteEäume <strong>mit</strong> Luft schlitzen nach oben nnd Gucklöchernin den Türen an. In den tiefen Fensternischendes Erdgeschoßraumes waren Sitzbänke angebracht. DerZugang zu diesem Kaum befand sich offenbar ursprünglichauf der Westseite, ist später aber vermauert <strong>und</strong> nachVereinigung der beiden Häuser vom Podest der Haupttreppedes östlichen Hauses her durchgebrochen "worden,ebenso im Keller von der Schrottreppe aus. Auffällig warein schmaler Gang innerhalb der Mauer der Ostwand,welcher von der Türlaibung aus nach einem Zwischengeschoßführte (<strong>sie</strong>he Erdgeschoßgr<strong>und</strong>riß). Welchem Zwecke diesesBauwerk früher gedient haben mag, ist bis jetzt nichtbekannt. Der zweiten Stadtumwallung konnte es kaum angehörthaben, trotzdem sich diese in der Nähe südlich vorbeizog.Das gesamte Anwesen hatte eine ziemlich großeTiefonausdehnung. An das Vordtfthaus schlössen sich an derOstseite ein kürzerer, flacher, an der Westseite ein langer,tieferer Flügelbau an, an der Südseite des Hofes ein Querban,der einen kleineren Hof enthielt.Die ganze Anlage hat im Laufe der Zeiten mehrfacheUmgestaltungen erfahren. In der Hauptsache hat <strong>sie</strong> die bisvor Abbruch vorhandene Form in der zweiten Hälfte des17. Jahrh<strong>und</strong>erts erhalten. Aber auch zu Anfang des 18, Jahrh<strong>und</strong>ertswurden Veränderungen vorgenommen, <strong>und</strong> im 19.Jahrh<strong>und</strong>ert scheinen neue Anforderungen ebenfalls solchehervorgerufen zu haben.Abb. 18.GruQdberr- <strong>und</strong> Hertelhaus, üacherker.


Müller — ein IVIännlein in derGugel <strong>mit</strong> einem Beil in derrechten Hand, dann ein halbesMühlrad <strong>mit</strong> Rosette (links) <strong>und</strong>ein Lowe (rechts) — in dasRanken werk des Gitters geschickt<strong>mit</strong> hineingearbeitetBind. Gleichzeitig <strong>mit</strong> dem Oberiichtgittersind auch die eohönenFenstergitter rechts <strong>und</strong> links•vom Tore entstanden. Für diuAusgestaltung des ChÖrleins<strong>und</strong> Tores scheinen Vorbilderfür Schreinerarbeiten gedientzu liaben, von denen der injener Zeit lebende Architekt<strong>und</strong> Ingenieur Joh. Jak. Schüblcreine Folge herausgegeben hat<strong>und</strong> die vielfach von den Handwerkernbenutzt wurden. Beiden Gittern mögen vielleichtStiche dos Goldschmiedes Joh.LeonhardEißler über Schlosser<strong>und</strong>Goldschmiedearbeiten vonEinfluß gewesen sein. DieFensterläden zeigen im geschlossenenZustand auf derAußenseite barocken Beschlag,Die Dacherker stam men ausder zweiten Hälfte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts,K. Böllinger, Drei verüchw<strong>und</strong>eiie Bauwerke Alt-Nürnbergs. 283Durch das Tor gelangteman in die Halle (Tenne) imErdgeschoß (Abb. 11). Die Decke zeigte eine ebene üntersicht;zwischen den sichtbaren Balken -war in gleicher Flächeeine Windoldecke aus Strohlehm gespannt. Darunter warein auf Leinwand gemaltes Ölbild in ovalem Rahmen, denMerkur darstellend, angebracht. In einer Ecke an der vorderenHanswand war der Kellerhals sichtbar, in der anderen ander Rückwand befandsich der Treppenaufgang<strong>mit</strong> reichgeschmiedetem Geländeraus der zweitenHälfte des 17.Jahrh<strong>und</strong>erts. DieTreppe war nichtmehr benutzbar, weilbei einer Umgestaltunganscheinend im19, Jahrh<strong>und</strong>ert dieTreppenöffnung imersten Stockwerk <strong>mit</strong>einem Gebälk <strong>und</strong>Fußboden überdecktworden war, so daßder zweite Lauf derTreppe unten an dieverlängerte Hallen-Abb. 19. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelliaus, Erker am Eüctgebäude.Abb. 20. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelhaus, Fensterwand <strong>mit</strong> Decke.decke anstieß. Das Haus <strong>und</strong>die oberen Stockwerke warenseitdem von der Stra[Je ausdurch eine schmale Haustür amwestlichen Ende <strong>und</strong> über die•^chon früher vorhandene Wen-."leltreppe zugänglich (Abb. 12),deren unterste Wendelung durcheinen geraden Lauf nach demGang ersetzt war.Links von der Einfahrt lagein gewölbter Raum, Avahrscheinlichdas alte Kontor. DieZugangstür zu diesem war ganzauö Eisen <strong>mit</strong> profilierten aufgesetztenStäben <strong>und</strong> reich verziertemSchloß. In der AVandbefanden sich Ochsenaugen <strong>mit</strong>Füllgittern. Im Hofe schloß aufder rechten (westlichen) Seiteder Flügelbau (Abb. 11 u. 12)an, <strong>mit</strong> einem kreisr<strong>und</strong>enTürmchen, das eine bis zurPlattform über dem zweitonStock führende Wendeltreppeenthielt. Die Gänge von diesemFlügelbau ruhen auf r<strong>und</strong>enHolzsäulen aufeinander <strong>und</strong>waren anfänglich offen, die YerglasuQgen,die <strong>sie</strong>h heute beiden meisten derartigen Anlagenin Nürnberg befinden, sindwohl erst später angebrachtworden. Die Architektur dieser Gänge war barock. Diegedrehten Balustres hatten eine oft vorkommende Form. Auchdas Treppentürmehen hatte barocke Türumrahmungen imErdgeschoß imd ersten Stock <strong>und</strong> ebensolche Profile um dieOchsenaugenfenster. Der Höhenunterschied zwischen demersten Stock des Vorderhauses <strong>und</strong> Flügelbaues war durch38*eine Zwischentreppe<strong>mit</strong> geschmiedetemGeländer ver<strong>mit</strong>telt(Abb. 17).Die Rückseite <strong>und</strong>der niedrige östlicheFiügelbau bestandenaus ausgemauertemFachwerk. Auf denDächern der Hofseitensaßen zweiholzgeschnitzte Aufzugserker(Abb. ISu. 19). Der größereErker ist einer dervielen eigenartigenNtirnberger Erker,wie <strong>sie</strong> sich aus derRenaissancezeit herüberin die ßarock-


284 E. Böllinger, Drei rerschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt^Nürnbergs.Abb. 21. (Irunclherr- <strong>und</strong> Hertelhatis, Decke.zeit hinein erhielten. Am.Sockelbrett befand sich die Jahreszahl1675. Zu dieser Zeit erfolgte die obenerwähnte ümg'estaltiing,wodurch das Haus in die in der Hauptsache biszum Abbruch verbliebene Form verbracht •wurde. Der iileineroDaeherker auf dem östlichen Flügelbau zeigt noch gotischesMaßwerk, in den umrahmenden Grliedern aber Reuaissanccformcü.Es ist zu vermuten, daß die Rückseite des Vorderhauses<strong>und</strong> der östliche Flügelbaxi ia ihrem Aufbau einerfrüheren Entstehungszeit angehören, denn das Fachwerk so-"wohl wie die unter dem Putz aufgef<strong>und</strong>enen Reste von geriefeltenPilastcrn <strong>mit</strong> Kapitellen, Gesimsen, Zahnschnittenusw. zeigen ausgesproclienen Renaissaucecharakter. Der Flügelbauscheint im Erdgeschoß offen <strong>und</strong> vongeriefelten quadratischen Holzpfeilern getragengewesen au sein.Der westliche Flügelbau ist in seioerganzen Ausdehnung gleichfalls um 1675 entstanden,besaß im Erdgeschoß stattlicheKreuzgewölbe aufr<strong>und</strong>en Sandsteinsäulen <strong>und</strong>barg die Lager des Kaufmannshauses. Dererste Stock enthielt die Festräume. DerZugang führte vom Hofo durch ein Barockportalüber die Wendelti'eppe im Treppentörmchen<strong>und</strong> weiterhin durch eine Türöffnung<strong>mit</strong> Barockumrahmung <strong>und</strong> gebogener eisernerTüre in den offenen Gang im ersten Stockwerk.Un<strong>mit</strong>telbar anschließend an denTreppenturm lag der Festsaal, weiter nachNorden durch eine Tür <strong>mit</strong> ihm verb<strong>und</strong>eneine Art Vorraum. Beide Räume waren vonder Hofgalerie aus zugänglich, aber auchvom inneren Vorderhaus herunter Vermeidungder Galerie (Abb. 13). Der Saal maß ungefähr8 zu 91/2 ni, der Vorraum 4 zu 8 m. Diebis zum Abbruch noch vorhandenen Stuckdecken<strong>und</strong> Stuckfriese beider Räume gebennoch ein Bild von der Prachtliebe <strong>und</strong> demKunstsinn der damaligen Kaufherren, Flottim Entwurf sind die Stuckarbeiten, namentlichdurch die .sehr starke Reliefierung aufkräftige Wirkung berechnet. Die Einzelbildungmanchmal sehr derb, die Ornamentelagen dem Verlasser wohl besser als diefigürlichen Teile. Eigenartig sind die Puttenüber den Pfeilern, emporrankende Blumenhaltend, <strong>und</strong> <strong>mit</strong> ihren Flügeln die segmentbojjigenFenster übergreifend (Abb. 20). DieOrnamente in den Fensterleibungen mutenfast neuzeitlich an. Die Rückwand des Saalesist <strong>mit</strong> kräftigen Akanthusranken <strong>und</strong> Voluten,aus Halbligürchen herauswachsend,flott im Entwurf. In die Mittel flächen derDecken (Abb. 21 <strong>und</strong> 22), sowie in dieR<strong>und</strong>felder waren Ölgemälde auf Leinwandeingelassen. Anhaltspunkte über die Verkleidungder Wände, ob <strong>mit</strong> Holzvertäfelungenoder Stoffen, Gobelins oder anderemsind leider nicht vorhanden, aber ohneZweifel waren <strong>sie</strong> dem Ganzen angepaßt<strong>und</strong> man dürfte diese Festräume wohl den gediegensten<strong>und</strong> besten ihrer Art im alten Nürnberg zuzählen. Übertroffenwurden <strong>sie</strong> vielleicht von jenem des sog. Fombo-Hauscs an der Burgstraßo Nr. 15.^^) Ein Vergleich <strong>mit</strong> diesenStuckarbeiten bringt uns auch auf den Urheber der Arbeitenim Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelhaus, Schulz hat festgestellt, daß dieArbeiten im Fembohaus von dem Italiener Carlo Brentano,dorn Künstler, der im Jahre 1GG2/G3 der hl. Geiatkirche inNürnberg ihre nocli erhaltene Stuckausstattung gab, im Jahre1674 ausgeführt wurden. Die Anordnung <strong>und</strong> Ausführungs-11) Beschrieben in Prof. Dr. Fritz Traugott Schulz „NürnbergerBürgerbiiusoi' <strong>und</strong> ihre Ausstattung:''' in Liefemtig 5 u, 6. Seite 206 ff.Abb. 22. Gr<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelhaus, Decke.


K. Böllingerj Drei verschwandene Bauwerke Alt-Nürnbergs. 285"werter Weise wieder verwendet worden.Ebenso wurde aus Teilen der Stuckdecken<strong>und</strong> Fries des Saales <strong>und</strong> seines Vorraumesdurch Ergänzung <strong>und</strong> Nachbildung eine' wirkungsvolleAusschmückung einzelner Räumeder Wirtschaft geschaffen,Abb. 23. Or<strong>und</strong>herr- <strong>und</strong> Hertelhaus, Innenraum.3. Das Strunzsche Haus, Bankgasse Nr. 5 u. 7<strong>und</strong> Findelgasse.G-egenüber der Barfüßerkirche an derSüdseite der Findelgasse stand das StrunzscheHaus, ehemals auch ein angesehenes Bürgerwohnhaus;äußerlich völlig schmucklos bisauf ein geschnitztes Chörchen aus Eichenholz{Abb. 25). Die noch vorhandenen Hausbriefebesagen, daß am 37. April 1517der Rat der Stadt Nürnberg an Margarethadas Frumann eine „freigelegene <strong>und</strong> umgebauteHofrait" in St. Lorenzen-Pfarre,gegenüber dem Heilbronner Hof (dem ElosterHeilsbronn gehörig, <strong>und</strong> Absteigungsquartierfür (reistliche), verkauft.art der Stuckarbeiten in den beiden Häusernstimmen derart überein, daß es außer <strong>allem</strong>Zweifel steht, daß <strong>sie</strong> beide von der Handdes Bretano stammen <strong>und</strong> -wahrscheinlich zugleicher Zeit, also 1674 <strong>und</strong> 1675 (entsprechendder Jahreszahl auf dem Auf zugserkerim Hofe), entstanden. Dieser Brentanohat offenbar auch noch in anderen Häusernseine Kunst ausgeübt <strong>und</strong> es dürften wohlauch die Decken im Gasthof Krokodil, Weintraubengasse,ihm zuzuschreiben sein.Im ersten Stock des Vorderhauses sindnoch bemerkenswert die Stuckdecke im Wohnzimmer<strong>mit</strong> dem Chörlein <strong>und</strong> die kleineDecke in diesem selbst (Abb. 23). Die beidensind gleichzeitig <strong>mit</strong> dem Holzerker <strong>und</strong> demEinfahrtstor, also im Anfang des 18. Jahrh<strong>und</strong>ertsentstanden, <strong>und</strong> lassen deutlich dieveränderte Geschmacksrichtung erkennen^, ein•flacheres Relief <strong>mit</strong> dem damals üblichensog. Bandelwerk, Das Mittelfeld der Wohnzimmerdeckefüllte ein großes Ölbild aufLeinwand. Die oberen Stockwerke weisennichts Besonderes mehr auf, desgleichen die


286 K. Böllinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt-Nürnberg.Abb. 26. Strunzhaus, Hof.Gr<strong>und</strong>riß hatte im Laufe der Zeiten so viele Umgestaltungenerfahren, so daß die ursprüngliche Anlage nicht mehr zuerkennen war. Nach Überresten beim Abbruch zu schließen,schien sich an der Seite gegen die Findelgasse im erstenStock eine Terrasse oder Veranda bef<strong>und</strong>en zu haben. DieAbb. 25. Strunzhaus, Chor <strong>mit</strong> Haustür.Das Haus, an drei Seiten freistehend, ist also iti derHauptsache zwischen 1517 <strong>und</strong> 1530 gebaut worden, <strong>und</strong>zwar durch Margarethe Fruman bzw. deren Ehemann, es wirdaber mancherlei Veränderungen erlitten haben, üuletzt nochim 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Wenn es auch in bezug auf Reichtumder Ausstattung an die bekannten alten Bürger- <strong>und</strong> Patrizierhäusernicht heranreicht, wie z. B. das Gr<strong>und</strong>herr- u. Ilertolsche,so verdient es doch auch behandelt zu werden.Über das Äußere ist nicht viel ssu sagen. Ein einfachesHaustor aus der Empirezeit führt ins Innere, darüber einChörleii) aus Eichenholz (Abb, 25) in einer Form <strong>und</strong> Architektur,wie <strong>sie</strong> mehrfach fast ganz gleich vorkommen, ausder Zeit Ende des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Der westlich anschließendeStadel weist noch das alte Facbwerk aus dem Anfang des17. Jahr<strong>und</strong>erts auf, während der Aufzngserker <strong>und</strong> die Dacherkcraus dem vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert stammen. DerAbb. 27. Strunzhaus, Vorplatz.


K. BöUinger, Drei verschw<strong>und</strong>ene Bauwerke Alt->Iürnbergs. 2S7Gebäu(3eumfassuDg anf dieser Seite muß nacheinzelnen aufgef<strong>und</strong>enen Stücken aus einemsorgfältig gezimmerten Fachwerk <strong>mit</strong> geschwungenenAndreaskreuzen gebildet gewesensein.Im Innern ver<strong>mit</strong>telte eine hölzerneWendeltreppe die Verbindung <strong>mit</strong> den oberenStockwerken. Die Spindel <strong>und</strong> die daraufsitzendedurchbrochene Handleiste waren auseinem Stamme in Schraubenlinien heransgeschnitten(Abb. 24). Beachtenswert ist beidiesen Wendeltreppen die Podestbiidung inStockwerksliöhe. Um ein solches von 2 Anftrittsbreitennu erhalten <strong>und</strong> die Stetigkeitder Schraubenlinien der Spindel nicht durcheinen Knick zu unterbrechen, wurden diedem Podest von unten her vorliegenden 8 (inanderen Fällen 9, 10 oder mehr) Stuten soverzogen, daß jede derselben am äußerenUmlangskreis um ^/^ Stufenbreite (oder Y^bis YiQ oder weniger) verschmälert wurde,gegenüber der regelmäßigen Austeilung <strong>mit</strong> gleicher Breiteim Gr<strong>und</strong>riß. Während bei diesen die Vorderseiten der Setzstufennach dem Mittelpunkt der Spindel gerichtet sind, sinddiejenigen der verzogenen Stufen die Verbind ungsstreckenzwischen den Teilpunkten der regelmäßigen Stufenausteilungam Spindellireis <strong>und</strong> den um je Yg Stufenbreite versetztenPunkten des ümfangkreises. Diese Unregelmäßigkeit ist füreinen Unbefangenen ganz unbemerklich. Um außerdem dieSicherheit des Begehens in der Nähe der Spindel zu erhöhen,ist das Profil der Trittstufen gegen erstere hin <strong>mit</strong> einergrößeren Ausladung versehen als am Umfangkreis, wo <strong>sie</strong>vielfach gleich Null wird. Antrittspfosten <strong>und</strong> Baluster desGeländers waren gedrechselt. Die Vase auf dem ersterenentstammt einer späteren Zeit, etwa letzte Hälfte des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts.Die Treppe stammt nach der Jahreszahl am Ifußeder Spindel aus dem Jahre 1G99.In dem kleinen Hofe befand sich ein erster <strong>und</strong> zweiterStock, je eine Gralerie <strong>mit</strong> turmähnlichem Eckausbau (Abb. 26),etwa aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Im zweitenStock lag der Gresellschaftsraum (Saal), <strong>mit</strong> einfacher, aberschöner Vertäfelung aus edlen Hölzern (Abb. 28) aus der Mittedes 16. Jahrh<strong>und</strong>erts.Die Stuckdecke entstand etwa um 1700. Die Blätterder Mittelstücke der Decke sind freihändig angetragen. Dieoberen Felder der Mittelstücke enthielten ehedem Malereien.Der Vorplatz des Saales (Abb. 27) hatte eine ähnliche Stuckdecke.Außerdem stand dort, einem Glasschrank ähnelnd,eine sogenannte Prunkküche, wie <strong>sie</strong> in Nürnberg im 18. Jahrh<strong>und</strong>ertüblich waren, von denen Job. Jakob Schübler eineFolge von Entwürfen herausgegeben hat. Solche Prunkküchensind noch einzelne erhalten, z.B. im sog. HerdegenschenHause, Karolinenstraße Nr. 34, in sehr reicher Ausführung.In den Prunkküchen wurden von den HausfrauenAbb. 28. Strunzhaus, ITolztafeluiifi II Stück.die wertvollen künstlerischen Tafelgeräte <strong>und</strong> Geschirre (Porzellaneusw.) aufbewalirt.Der im Stadelanbau gelegene Kellerhals zeigte einearchitektonische Ausgestalttmg nnd trug die Jahreszahl 1685.An der Seite gegen die Bankgnsse war in der Umfassungdes Erdgeschosses eine Bronzetafel eingelassen <strong>mit</strong> der Inschrift:„Anno 1C27 den 13. Augusth hab ich Bartholme Viatisder Elter durch Jakob StoU, Stainmetzen alhie diese Mauerngantz vom Gr<strong>und</strong>t Neu aufgeviert <strong>und</strong> von diesen stain ahn31 Stattschuch diefT hinuter erst den Gr<strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en, wumb(warum) Ich diese Schrift zur gedechtnus alher machen lassen".Da die Baugr<strong>und</strong>verhältnisse in der dortigen Gegend als diedenkbar besten bekannt waren, so war man schon lange daraufneugierig, <strong>was</strong> die Ursache dieser tiefen Gründung gewesensein mag. Noch während des Abbruches stellte sich aberheraus, daß die Tafel sich ursprünglich nicht an dieser Stelle,sondern auf der Seite an der Findelgasse, die ungefähr 5 mtiefer liegt, <strong>und</strong> zwar an der Grenze gegen das westlich anschließende,nicht dem Abbruch unterzogene Anwesen, bef<strong>und</strong>enhatte. Der noch lebende Besitzer hatte <strong>sie</strong> frühereinmal willkürlich an der anderen Seite anbringen lassen. ^^)Auch hier, wie an der Bankgasse, war der Untergr<strong>und</strong> festerFels, der schon 50 cm unter der Oberfläche anfing. Mankönnte vielleicht vermuten, daß sich die Schrift auf das westlicheAnwesen bezieht.Heute nimmt die Stelle des alten Strnnzschen Hausesein Neubau ein, Avelcher unten eine Gastwirtschaft, oben Geschäftsräumeenthält nnd sich gut in das Straßenbild einfügt.12) Nach den Hausk.'xufbrieft'n iiEitte sm 1. Juli Ifil9 tJarthoimeViatis der Elter dortsclbst einen StadL-l gekauft \\nd aus di^in Eatsverlaßvom 17. April IG'27 geht tiervor, dufi an der genaimteo Stelleam Stadel des Bart! Viatis eiue MautT bayriilli'.' j^fwefien nud daß ihr<strong>mit</strong> einem Pfeiler „ geholfen ". worden sei. fliordurch imißteu 2 Kiämedes Altreisemnai'ktes eingenommen (d. i. befeiti^t) werden.


288 Otto Völckers, Ottobeuren.- Ottobeuren.Ein Beitrag zur Geschichte des klösterlichen "Wohnbaues in Deutschland von Architekt Otto Völckers in München.Am westlichen Abhänge des Tales der Westgünz, 11 kmsüdöstlich der alten Reichsstadt Memmingen, Hegt die ehemalsreichsun<strong>mit</strong>telbare Abtei Ottobeuren. Auf künstlich erhöhtemGelände erhebt sich die riesige Gebäudemasse über den zugehörigenOrt, von dessen Marktplatz eine Treppe auf die Höhedes Kirchenplatzes führt. So wird aus größerer Nähe immerhinnoch der Eindruck der altherkömmlichen benediktinisehenBerglage hervorgerufen (Abb. 1). Das seit 1835 Tvieder <strong>mit</strong>Geistlichen besetzte Stift blickt auf eine lange VergaEgenhoitzurück <strong>und</strong> gehört <strong>mit</strong> dem öründungsjahr 764 zu den ältestenKlöstern Deutschlands.!)Was Ottobeuren für die Geschichte des Klosterbaues besondersbemerkenswert macht, ist einmal die Tatsache, daßuns in seinen Gebäudeneins dergrößten aus einemGusse entstandenenKlöster des18. Jahrh. fastvollkommen orbaltenist. Zweitensaber verdankenwirder Altersehrerbietung<strong>und</strong>Sorgsarakeit seinerErbauer einegenaue zeichnerischeAufnahmedes alten beimKlosterneubau beseitigtenGebäudebestandes.Mit Hilfe dieserAufnahmenkönnen wir dieGeschichte der Klostergebäude wenigstens in groben Umrissenverfolgen. Unsere Abb. 2 u. 3 geben die Umzeiohnungen einesjetzt im Klostermuseum aufbewahrten Gr<strong>und</strong>risses <strong>und</strong> einerdazugehörigen Vogelschau wieder. Beide Aufnahmen sindzweifellos von derselben Hand, un<strong>mit</strong>telbar vor otler eher nochwährend des Klosterneubaues, also um 1711, gefertigt; der Verfasserist unbekannt. Übrigens sind die Gr<strong>und</strong>mauern des altenKlosters stellenweise bei gelegentliehen Erdarbeiten in denletzten 'Jahren angeschnitten worden, wobei sich in Stichprobendie Richtigkeit der alten Aufnahmezeichnungen ergab,2)Den ältesten Bestand des eigentlichen Klosters bildetedae Quadrum <strong>mit</strong> dem Kreuzgang <strong>und</strong> einer ursprünglichdoppelchörigen (später umgebauten) Kirche. Am OstJflügel derKlausur fehlte nicht die den KJuniazensern eigentümlicheAbb.1. Gesamtansicht <strong>mit</strong> Marktplatz.(Alle Rechte vorbehalten.)Marienkapelle, deren Obergeschoß die Bibliothek einzunehmenpflegte. Das kleine östlich davon am Wasserlauf stehendeGebäude könnte die Infirraaria gewesen sein; es fehlt allerdingsder übliche Kapollenanbau oder Kapellenerker. Das ehemaligeRefektorium lag wohl, wie fast immer, im Südflügel; derkleine, an dieser Seite angebrachte Vorbau deutet auf eine Lesekanzelhin. Dieses älteste Kloster ist dann erweitert <strong>und</strong>wohl auch- umgebaut worden. Auf unseren Plänen erkennenwir nicht nur verschiedene Anbauten, sondern auch, daß derWestflügcl drei Stockwerke statt der üblichen zwei hat. Außergewöhnlicherscheint vor <strong>allem</strong> das in Abb. 3 als „SchlafFhauß<strong>mit</strong> Zellen" bezeichnete Dor<strong>mit</strong>orium. Soweit nämlichdie Zeichnung <strong>und</strong> die dazugehörige Legende „Galery umbdas Dor<strong>mit</strong>orium"wBSB'WM'w^^w^rrfflM^wit-i^^ erkennen lassen,war es basilikaartiggestaltet.Verwandte, nichtAvirklich basilikale,aber nachdem Prinzip desoberen LichtgadensdurchgeführteAnlagenfinden wir zuweilen, so inBoisserees Aufnahmenvon Altenberg0. Cist.Die dreischiffigeAnlage derniedrigenZellenreihen<strong>mit</strong> hohem Mittelgangforderte ja,eigentlich die basilikaleAnordnung heraus; es ist mir aber außer Ottobeurenkein Beispiel oder gar Denkmal bekannt. Der breite Hittelgangwurde einfacher durch ein großes Fenster im Giebelerleuchtet; die Zellen hatten jede ihr eigenes kleineres Fenster.In Ottobeuren ging der Ausbau des Dor<strong>mit</strong>oriums in so ungewöhnlicherForm vielleicht Hand in Hand <strong>mit</strong> der Aufteilungdes alten ungeteilten Schlafbodens in Einzelzellen, disschon im Anfang des 14. Jahrh. allgemein geübt wurde, wiees aus dem für die Zisterzienser erlassenen Verbot von 1316hervorgeht.^) Ungefähr gleichzeitig könnte dann das normalerweisebei E auf Abb, 3 zu suchende Auditorium zum Sommerrefektoriumgeworden sein, wie es ähnlich vielfach geschah,z. B. in St. Matthias bei Trier. Die Erhöhung des Westflügfslsging vielleicht Hand in Hand <strong>mit</strong> der übrigen Bautätigkeit1) Über die äußeren Schicksale des Klosters s. P. MaurusFeyerabend, Des ehem. Beichs-Stif+es Ottobeuren sämthche Jahrbücher.Ottobeuren 1813—1816,2) Nach fre<strong>und</strong>l. Mitteilung des Herrn Oberregiermjgs- <strong>und</strong>Baxu:atg Voit in Memmingen.3) Libellus Antiquua Defiaitionum 0. Cist.; Constit. Benedict!XU, §^4: . . . . deinceps (!) cellae in dor<strong>mit</strong>oriis nullatenus constmantur;et si quae constructae fuerint, .... infra tres inenses.... destmantur. Neuerliches Verbot 1439, bedingte Erlaubnisgar erat 1666.


Otto Tölckers, Ottobeuren. 289Abb. 2. Altes <strong>und</strong> neues Kloster.des Abts Easpar (Kindeimann, Abt 1547 bis 1583f). Dieser.erbaute in der Verlängerung des alten Westflügels eine neueAbtei in Form eines Schlößchens <strong>mit</strong> Ecktürmen. Ebensolcheiiat auch der langgestreckte Bau, den Abt Benedikt (Horustein,Abt 1672 bis 1688 resig.) an diesüdöstliche Ecke des Ostflügels•anfügte <strong>und</strong> dessen Bezeichnungals „Winter Museum" schon aufden Sprachgebrauch der neuerenZeit hinweist. Wann die übrigenBauten des Plans entstanden sind,ist nicht mehr auszumachen.Eindelmann baute übrigens auchdie Kirche stark um; er entfernteden Westohor, veränderte <strong>und</strong> verlängerteden östlichen. Der hiergeschilderte Werdegang Ottobeurensist beispielhaft für die Ent-•wicklung des <strong>mit</strong>telalterlichenKlosters. -Alle die Veränderungen <strong>und</strong>Anbauten, die den alten Kernimmerhin bestehen ließen, konntenaber sclüießlich weder den wesentlichveränderten <strong>und</strong> auch gesteigertenAnsprüchen noch auchder Baulust des 18. Jahrh<strong>und</strong>ertsgewachsen bleiben. So reifte endlichim Abt Rupert (Neß, Abt 1718t)is 1740 f) der Plan zu einemZeitschrift f. BasTesen.12. Jahr^.Ä Cloeter k^ärchen sambt 2 ThumB Sftqristy0 Ölber?-D Unser Fnm Capoil£ Laofa Stabe od. Sommer RsfectorinNeubau (1711 bis 1731) von Gr<strong>und</strong> auf. Sein Architektwurde ein Konventual des Klosters, P. Christoph Yogt. Esist außerordentlich bedauerlich, daß wir über Leben <strong>und</strong>Werdegang dieses unzweifelhaft genialen Mannes bisher nurAbb. 3. Altes Kloster.F Schltifflmuss <strong>mit</strong> ZellenÖ Gallöry niob dfth Dor<strong>mit</strong>oriumH Alte Abtey ..../ Newa Äbtey .... CanzJoy, Verhörütub imdt Küoli! <strong>mit</strong> KellornK Fiatm Rel. Schalen wi$ auch weltlicheStudentenL Winter Museum ab Alibate BonedictoerhawetM Hofmiihl sambt KornscLiitt ngw.39


290 Otto Völckers, Ottobeuren,E34QAbb, 4. Kloster, Kaumverteiluag im Erdgeschoß.Die gestrichelten Linien bezeichnen dia Fühniag der SehwemniiMiäle unter dem Kellen34Abb. 5. Kloster, ßautnverteiluug im I. Obergeschoß.wenig -wissen. Geboren in Dietenheim a, d. lUer 1648*),studierte er in Salzburg <strong>und</strong> Ottobeuren, legte 1669 Profeßin Ottobeuren ab, war Prior, hier <strong>und</strong> in Fultenbach, Beicht-4) P. P, Liudner, Albrnn Ottoburauum (Ztschr. Hist.Ter. fürSchwaben <strong>und</strong> Neubarg, XXX <strong>und</strong> XXXI, 1903/4, Nr. 563.353554t!asaTater in den ebenfalls nach seinen Plänenerbauten Nonnenklöstern Holzen <strong>und</strong> Wald<strong>und</strong> zeitweilig Ökonomiedirektor. Er starbin Ottobeuren 1725 vor Vollendung desKlosterbaues, als Orgelbauer weithin begehrt<strong>und</strong> als Mathematiker berühmt. Außer denschon genannten Bauten wurden noch <strong>sie</strong>benKirchen <strong>und</strong> Kapellen in der Nähe Ottobeurens<strong>und</strong> die Ökonomiegebäude des oberbayrischenKlosters Benediktbeuren nach seinenPlänen errichtet.Die Zahl der deutschen Klöster, die dasGlück hatten, unter großzügigen Äbten im18. Jahrh. einheitlich neugebaut zu werden, istnicht groß. Zumeist blieb man im wesentlichenbei dem seit dem Mittelalter geübtenVerfahren; man baute an, man baute um, zuweilenja in großartiger Weise, wie z. B. inEbrach, aber der alte Kern blieb im Umrißdoch bestehen, die innere Einheit des Plansfehlt. Wir müssen es dahingestellt sein lassen,wie Vogt zu seinem großartigen Plangedankenkam. Aber seine Genialität spürt man nochheute beim Durchwandern des riesigen Gebäudesin der Klarheit <strong>und</strong> Folgerichtigkeitder Baumanordnung, wie man auch ebensodeutlich rein gefühlsmäßig einige während desPianens <strong>und</strong> noch während des Bauens offenbarvon dritter Seite veranlaßte Änderungenals störend empfindet. Der Plan, wie wir ihnim heutigen Bestände vor uns haben (Abb. 4bis 6), hat Vorläufer gehabt. So wird imKlosterarchiv ein angeblich von Vogt herrührenderPlan aufbewahrt, der vier Höfe— statt der drei heutigen — <strong>und</strong> ein voll*ständiges inneres Flügelkreuz aufweist (Abb. 7).Im Mittelpunkt igt ein großes Treppenbaus <strong>und</strong>in einer zugehörigen Vogelschau nachträglicheine Knüppel darüber eingezeichnet. Heide-Pläne sind stark überarbeitet <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Deckblätternüberklebt. Das Schaubild auf demeinen Blatt ist derartig mangelhaft, daß esschlecht zu Vogts Euf als praktischer Mathematikerpaßt. Zu den einschneidendsten Änderungengehört die Streichung des ganzen westlichenFlügels des inneren Kreuzes. Man kannvermuten, daß er den großen Saal, den Kaisersaal,hat aufnehmen sollen, der so <strong>mit</strong> derKLHaupttreppe in gutem Zusammenhang gestandenhätte. Weniger bedeutend ist es, daftdie Gänge im Westflügel anders — an derInnenseite — liegen, als <strong>sie</strong> ausgeführt wurden,<strong>und</strong> d£iß <strong>sie</strong> im Erdgeschoß als offene Laubengängegeplant waren.Man kann bei allgemeiner Betrachtung der Pläne beobachten,wie zähe sich auch in neuzeitlichem Gewände diealte Klosterüberlieferung behauptet: der Ostfiügel enthältdie Zellen alä Nachfolger des Dor<strong>mit</strong>oriums, an dem derKirche nächsten Ende den Kapitelsaal, der Südfiügel, hier


Otto Völokers, Ottobeuren. 291P10 0 10 .""Ill II11IsnmAbb. 6.Gr<strong>und</strong>riß des IL Obergesehoasea.KalsBP-ThntepdapDbip im 2.DbspgaschoBMKlBhwr SDrmnef-SpBtsasHt"Abb. 7. üraprüngiieher Plan Vogts,Abb, 8. Klostertyp des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts (St. Bla<strong>sie</strong>n).39*


292 Otto Tölckers, Ottobeuren.baren Einfluß der angesehenen Yorarlbergerauf den Ottobeurener Kloeterplan sehr •wahrscbeinlich.Häufiger ist im 18. Jabrh. dieetwa durch das späte St. Bla<strong>sie</strong>n vertreteneForm (Abb. 8), bei der sich der durch dieKlostergebäude umschlossene Raum in zweiHöfe teilt. Die Mehrzahl der nach<strong>mit</strong>telalterlichenKlöster hat, an den. ör<strong>und</strong>zügen ihrerälteren Vorgänger festhaltend, -wie diese dieKirche längs der einen Seite des von denKonventgebäiiden umschlossenen Hofes, waafür die be^xueme Zugänglichkeit des ganzenKirchenraiimes die beste Lösung war. InOttobeuren wird die Verbindung zwischenKloster <strong>und</strong> Kirche durch je zwei Oänge injedem Stockwerk hergestellt. Von ihnendient der östliche im Erdgeschoß zugleichals Teil der Sakristei; die oberen führen zuden rechts <strong>und</strong> links im Chor in zwei' Geschossenangeordneten „Coretti".5) Im zweitenStock geht außerdem hinter dem Altar derPrälatenkap eile eine Tür auf einen in derDicke der Chormauer liegenden gekrümmtenGang, der ebenfalls in die Coretti des zweitenGeschosses führt.Die Lage auf dem abfallenden Geländemachte an der Ostseite Terrassenbauten nötig,obwohl hier schon das Kellergeschoß <strong>mit</strong> derobersten Garteuterrasse ebenerdig liegt, gegenAbb. 9. Kreuzgang im Erdgeschoß.'S) Coretti <strong>und</strong> Oratorien wurden in denKlöstern seit dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert immer häufigerangelegt, dafür verschwanden diemasHivenLettDer^die den Mönchsehor des Mittelalters kennzeichnen.Auch in schon bestehende ältere Anlagen wurden»nicht immer gliiüklich, Oratorien eingebaut, so imDominikanerkloster in Wimpfon. Ein vereinzelterjhöchst reiyivolLer, spätgotischer Vorläufer ist inder „ibtsloge** im Chor der Blaubeurener Klosterkirchezu finden.der kurze innere Querbau, nimmt das Refektorium,der Westbau, hier verdoppelt, Abtei,Gasträume <strong>und</strong> Scliule auf.Vogt hatte da<strong>mit</strong> zu rechnen, daß dieEindelmannsche Kirche zunächst bestehenbleiben sollte. Doch bat auch er schon eineneue Kirche gezeichnet, <strong>und</strong> zwar von vornhereinin der von aller Gewohnheit abweichendenNordsüdstellung <strong>und</strong> frei vor dem Kloster,Das Vorbild hierzu kann Obermarchtal 0. Prae.gewesen sein, dessen übrigens regelrechtorientierte Kirche ebenso dem Kloster vorgelagertist. Der Bau des Obermarchta 1erKlosters (1686 bis 1702 <strong>und</strong> später) kg in denHänden der in Schwaben vielbeschäftigten VorarlbergerMich, <strong>und</strong> Christ. Thumb <strong>und</strong> FranzBeer. Die außergewöhnliche Stellung derOttobeurener Kirche, die <strong>sie</strong> fast nur <strong>mit</strong> ihrerälteren Qbermarchtaler Schwester gemeinsamhat, macht einen <strong>mit</strong>telbaren oder un<strong>mit</strong>tel-Abb. 10. KefcktorivuD.


Otto Tölckers, Ottobeuren. 293die es sich in ganzer Länge m einer offenenLaube öffnet. Von hier zieht sich der Konventgartenin Stufen zur Talsohle hinab, woer gegen den Ort durch eine Mauer abgeschlossenist. Vor der Südseite des Klostersliegt der Prälatengarten, hinter diesem derWirtschaftshof, der von Gebäuden <strong>mit</strong> zweigeschossigenLaubengängen hufeisenförmigumschlossen ist. Oegen Westen liegt zuerstein weiter <strong>mit</strong> Mauer <strong>und</strong> teilweise <strong>mit</strong>Bogengä^igen umgebener Vorhof <strong>mit</strong> Torhaus,jenseit des Weges folgen auf einer Bodenstufezwei regeluiäßig geformte Stauweiher<strong>und</strong> wieder auf einer weiteren Terrasse diegestreckte Gruppe der sog. Amtshäuser.*')Alle diese Gärten <strong>und</strong>.Gebäude sind auf dieHauptachsen des Klostergebäudes gerichtet.Den Abschluß nach Norden bildet die prächtigeKirche auf einem Grasplan, den außeneine Reihe mächtiger Kastanien im Bogenumschließt. Man <strong>sie</strong>ht, daß der Gestaltungstrieb der Erbauersich nicht auf das Kloster beschränkte, sondern auch die Anordnungder Nebenanlagen in seine Aufgaben einbezog.Die beiden Stauweiher vor den Amtshäusern dienen inder Hauptsache dazu, die wohldurchdachte <strong>und</strong> aufwändigeEntwässei-ungsanlage {Abb. 4) dauernd <strong>mit</strong> strömendem Wasserzu versehen; die noch heute im Betriebe befindliche Anlageist aller Beachtung wert. Die <strong>mit</strong> Steinplatten ausgesetztenKanäle führen unter Kellerfußboden dahin, gehen unter allenFallrohren des Hauses vorbei <strong>und</strong> nehmen auch die Brunnenüberläufe<strong>und</strong> Entwässerungen der Höfe auf, Sie enden inÄwei Strängen am Fuß der östlichen Terrassen, wo <strong>sie</strong> einArm der Westgünz aufnimmt.. • 'Die drei nordsüdlichen Flügel des Erdgeschosses (Abb. 4)kann man kurz bezeichnen: Kouventbau (im Osten), Prälatur(in der Mitte), Gastbau (im Westen). Von den ostwestlichen6) Der Gartenfre<strong>und</strong> kann hier <strong>und</strong> in dön Klosteiliöfeamächtige alte Obstspaliero bew<strong>und</strong>ern.Abb, 13. Mittelsaal der "Winterabtei (Raum IV}.Abb. 11. Bibliothek. . , . .Flügeln enthält der nördliche Räume für Laienbrüder <strong>und</strong>Schule, der <strong>mit</strong>tlere die gemeinschaftlichen Räume der Patres,der südliche die Amts- <strong>und</strong> Privatgemäeher des Prälaten, diesog. Sommerabtei. Die geschickte Verteilung der zahlreichenTreppenhäuser zeigen unsere Pläne; Treppen waren besonderswichtig, weil die Haupträume erst im zweiten Obergeschoß lagen.Das Erdgeschoß des Konvontbaus enthält in den beidenEctpavillons zwei gleichartige Räume, nördlich den Kapitelsaal(6), südlich das Archiv (13), beide <strong>mit</strong> je sechs StuCkmarmorsäulen<strong>und</strong> Üachgewölbten Stuckdecken <strong>mit</strong> Gemälden ausgestattet.Die ehemalige Einrichtung ist leider nicht mehr am Platz.Im Mittelrisalit liegt die Haupttreppe des Konventflügels, wiealle größeren Treppen des Hauses zwischen schweren Pfeilernemporführend. Die ungeheuer langen Gänge sind im Brdgeschoßflach gewölbt <strong>und</strong> aufs reichste <strong>mit</strong> Stuck <strong>und</strong> Malereiversehen (Abb. 9). In den oberen Geschossen haben <strong>sie</strong> flacheDecken <strong>und</strong> leichteren Stuck. Zwischen den Ecki^avillons <strong>und</strong>der Haupttreppe liegen „Zellen" (8), die ehemalige Krankenstube<strong>und</strong> das Yestiarium (11, 12). Gegenüber derHaupttreppe tritt man ins Refektorium (10,Abb. 10), das sowohl seiner vollständigenErhaltung wie seines feinen <strong>und</strong> behaglichenRaumeindrucks wegen zu den schönstenRäumen des Klosters zählt. Zahlreiche aufEssen <strong>und</strong> Trinken bezügliche Darstellungenbiblischer Geschichten beieben Decke <strong>und</strong>Wände; nur das einst über dem Abtstischbefindliche Abendmahl ist verschw<strong>und</strong>en; derriesige eiserne Ofen — von außen zu heizen —ist zwar noch vorhanden, aber durch eineZontralheizanlago kaltgestellt. Die übrigenRäume des Erdgeschosses haben wohl immer,wie heute, untergeordneten Zwecken gedient,<strong>mit</strong> Ausnahme der beiden Eckpavillons amWestflügel, deren nördlicher Hörsäle derSchule (19), deren südlicher die Räume derApotheke (17) enthielt. Wieweit das Erdgeschoß<strong>und</strong> das erste Obergeschoß des Westbausnoch für Schulzwecke beansprucht


294 Otto Tölckers, Ottobeuren.Würde, ist nicht mehrfestzustellen.In der Mittelachsedes AVestflügelsliegt die große Durchfahrt(18)' für AbtTind Gäste, ihr gegenüberam inneren Nordsüdflügelder Zugangzum zweiten Haupttreppenhau8(16).Diesesist <strong>mit</strong> viel Ranmaufwand,Stuck <strong>und</strong>Kaierei ausgestattet.Im Gegensatz dazuführt im ersten Stocknur eine ziemlich anspruchsloseTreppegegenüber weiter zumzweiten Obergeschoß. Diese offenbare Störung im Plan hängtwohl <strong>mit</strong> dem nachträglichen Wegfall des VerbinduogsbaueszwischenPrälatur <strong>und</strong> Gastbau zusammen, der wohl den durchzwei Geschosse gehenden Eaiseraaal hat aufnehmen sollen.Im heutigen Zusammenhange wirkt die Treppe unverständlich.Im Ostflügel des ersten Obergeschosses (Abb. 5) liegt eineEeihe cellae patrum, der Nordpavillon war Museum fratrum,im Mittelalter das auditorium laicorum genannt. Im KirchenflDgelliegen eine Reihe Zimmer, cellae fratrum (24), inseiner Mitte <strong>und</strong> <strong>mit</strong> dem Chor der Kirche sich berührenddie kleine zweigeschossige Bonediktuskapelle, in die wir übereine Brüstung hinabschauen. Der Prälatenbau enthält hiernördlich untergeordnete Bäume (Schneiderei usw.), südlich dieaus drei Räumen <strong>mit</strong> Vorplatz bestehende Kuchlmeisterei (31).Über dem Refektorium befindet sich das Museum patrum,auch heute wieder Studiensaal (30). Im Mittelbau des Südfiügelsliegt die ehemals wichtige Kanzlei des Prälaten (32) (<strong>mit</strong>dessen Wohnung darüber durch eine ovale Wendeltreppe verb<strong>und</strong>en),westlich davon die Gerichtsstube (33), <strong>mit</strong> erhöhtemPodium in einer Wandnische <strong>und</strong> allegorischem Deckenschmuck.Die Far-• teieu kamen über diewestlieh anstoßendehier endende Treppeherauf; an diese schloßsich dann noch dieKastnerei an. DerWestflügel geborteder Klosterschule,vielleicht teilweiseauch den Gästen. DieSchule stand schonim 17. Jahrb. in gutemRufe <strong>und</strong> wurde ständigerweitert.Das zweite Obergeschoß(Abb. G) istdas Hauptgeschoß <strong>und</strong>enthält alle reich ausgestattetenRäume, dieHaupt- uud Festräüme.'Im mlttelalterlichsnKloster spielte ganzim Gegensatz zumweltlichen Wohnbauder Burgen <strong>und</strong> Stadthäuserdas Erdgeschoßdie Hauptrolle. DasObergeschoß gewann<strong>mit</strong> der Zeit mehr uudmehr an Bedeutung,so sehr, daß in nach<strong>mit</strong>telalterlicherZeitoft die altüberkomraenenRäume des Erdgeschossesdem <strong>Verfall</strong>überlassen <strong>und</strong> zuAbb. 13, Raum V des Museums.Kellern herabgewürdigt-wurden. Zu derZeit, als der bürgerliche Wohnbau sich dem Erdgeschoß wiederzuwandte, zogen Fürsten <strong>und</strong> Mönche in den Oberstock, inOttobeuren also in das zweite Obergeschoß,Abb. 14. Saletti.Hier rechtfertigt sich erst die Einteilung in Konventbau,Prälatenbau <strong>und</strong> Gastbau, denn hier ist <strong>sie</strong> voll durchgeführt.Die Zellen des Ostbaus sind etwa einem ,,Hotelappartemeat"zu vergleichen; Wohnraum, Schlafraum <strong>und</strong> ein kleines Gelaßfür Kleider usw. bilden je eine abgeschlossene Wohnung; dergroße Ofen ist vom Gang aus zu bedienen, die Heizkammerbietet Kaum für einigen Brennstoffvorrat, Die Eokbauten <strong>mit</strong>et<strong>was</strong> größeren Räumen waren für Prior <strong>und</strong> Subprior bestimmt.Der Yerbindungsbau zur Prälatur birgt die Bibliothek (Abb. 11),einen schönen luftigen <strong>und</strong> hellen Raum von ziemlicher Höhe.(8 m) <strong>mit</strong> einer von hellen <strong>und</strong> rötlichen Marmorsäulen getragenenGalerie. Die Treppchen zur Galerie sind sehr geschickthinter den Büchergestellen an den Schmalseiten angeordnet.Echter Baustoff (Marmor usw.) ist im ganzen Klosternur selten verwendet worden, Holz <strong>und</strong> Stuck müssen, meisterlichbebandelt, dem Äuge Marmor vortäuschen. So ist z. B.auch in der Bibliothek nur ein Teil der Säulenaohäfte ausMarmor, die Kapitellesind alle aus vergoldetemStuck, diePostamente <strong>und</strong> dieGaleriebrüBtung ausmarmoriertem Holz.Man muß sich die ungeheureAusdehnungder Gebäude vorÄugen halten, um zuverstehen, daß manan dem für dieseGegend schwierig zubeschaffenden echten<strong>und</strong> edlen Baustoffsparen mußte. Manließ ja dafür um sofreigebiger alle Kunst<strong>und</strong> alle Künste derMaler <strong>und</strong> Stuckatoren.- •. i J'


Otto Völckers, Ottobeuren. 295walten. Nach Voits'') Mitteilungen ist imganzen Hause fast kein Eaum, der nicht•wenigstens <strong>mit</strong> et<strong>was</strong> Stuck bedacht werdenwate. Von. hohem ßeix ist die farbige Stimmungder Bibliothek, die durch ausgiebigeBeleuchtung in ihrem fröhlichen Gesamtcharakterunterstützt wird: farbiger Marmor,weißer <strong>und</strong> zartgetönter Stuck, kräftig farbigeDeckenbilder, viel Gold, heller Fußboden<strong>mit</strong> dunklen Stegen <strong>und</strong> Dicht zuletzt die20000 durchweg weiß geb<strong>und</strong>enen Bücher.*)Ber Prälatenbau ist <strong>mit</strong> der Folge seinerwohlerhaltenen Eäumo — heute Klostermuseum— ein ganz hervorragendes Beispielder Wohnungskunst des 18, Jahrh. In derReihung von hellen <strong>und</strong> halbhellen, großen<strong>und</strong> kleinen Räumen herrscht eine vollendeteHarmonie. Es ist ein großer Aufwand getrieben;Sommer- <strong>und</strong> Winterabtei enthaltenzusammen zwei Säle, zehn größere <strong>und</strong> eineMenge kleiner Räume, Alkoven <strong>und</strong> Gelaase, von den <strong>sie</strong>benRäumen des östlichen Galerie-Korridors, <strong>und</strong> den Vorplätzenabgesehen. Man muß aber bedenken, daß der Prälat vonOttobeuren souveräner Gebieter eines reichsun<strong>mit</strong>telbaren <strong>und</strong>nicht unbedeutenden Gebietes war, dag außer dem Kloster<strong>und</strong> Marktflecken Ottobeuren 13 größere <strong>und</strong> viele kleinereDörfer <strong>mit</strong> r<strong>und</strong> lOOOO Untertanen umfaßte. ^) Bedenktman weiter, daß die Klöster gerade im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert beliebteReiseziele ^'^) <strong>und</strong> Absteigequartiere von Reisendenaller, auch der höchsten Klassen waren, so wird man denfürstlichen Aufwand der Abtei gelten lassen. Den Mittelpunktder Winterabtei bildet ein hoher heller Saal gegenüberder Bibliothek (Abb. 12). Hohe Fenster, echte Marmorpilaster(Kapitelle <strong>und</strong> Sockel in Stuckmarmor), farbige Stuckdecke<strong>mit</strong> großem Gemälde <strong>und</strong> eichene Flügeltüren <strong>mit</strong> reichgeschnitzten <strong>und</strong> vergoldeten Aufsätzen geben ihm einen festlichenAnstrich, Yon hier aus entwickelt sich süd- <strong>und</strong>nordwärts je eine Folge von Räumen, alle <strong>mit</strong> Stuck <strong>und</strong> Malerei<strong>und</strong> <strong>mit</strong> prächtigen eisernen Qfen <strong>und</strong> Kachelöfen ausgestattet.Je zwei auf jeder Seite sind <strong>mit</strong> Alkoven nachfranzösischer Art versehen. Die Bedienung erfolgte wie dieHeizung der Öfen von dem östlich entlanglaufenden galerieartigenFlur aus, der vermutlich schon zu Klosterzeiten alseine Art Museum diente; "wir v^^issen, daß man eifrig Gemälde-Kupferstiche, Siegel <strong>und</strong> Münzen sammelte.^i) Besondere Be-Abb. 15. Kaisersaal. • .achtung verdient das südlich an den Mittelsaal stoßende „Appartement"(a bis f in Abb. 6), a ist Schlafzimmer (Abb. 13 <strong>und</strong>20), b Wohnraum, e eine kleine Nebentüche, d ein Durchgang,e die Bettnische (oder Hauskapelle?) <strong>und</strong> /"ein reizendeskleines, ganz in Holz getäfeltes r<strong>und</strong>es Stübchen, das die Verknüpfung<strong>mit</strong> dem Flur herstellt. Das Ganze dürfte dieeigene Winterwohnung des Prälaten gewesen sein. Wir kommenauf diese Räume weiter unten zurück.Die Sommerabtei ist ähnlich gegliedert. Im Mittelbaudes Südflügels ein heller Saal, daran anstoßend Östlich <strong>und</strong>7) Eloater <strong>und</strong> Kirche zu 0. Memmicger Geschichtsblätter,2. Jahrg. 1913, Nr. 6 u. 7.8) Eg wäre eine reizvolle Aufgabe, einmal die klösterlichen<strong>und</strong> anderen Bibliotheken des 16. bis 18. Jalirh, zu vergleichen; yonden schweren holzgesehnitzten Architekturen, wie <strong>sie</strong> "Waldsassenbietet, zu den leichten <strong>und</strong> heiteren der Ottobeurener Art sind alleAbstufungen vertreten; auch die Anordnung der Beleuchtung <strong>und</strong>der Bücherstände bietet tausend Anregungen; sehr feiu ist im letzterenPunkt Amorbach.9) Nach Dr. Miedel, Führer durch Memmingen <strong>und</strong> Umggebung.Memmingen. — Territoriaikaite de^ Stifts 0. im bayer. Reichsarchiv,Plansamml. Nr. 1729.10) s. Heß, Die physikalischen Kabinette der Klöster Langheim<strong>und</strong> Banz. Bamberg 1916.11) s.a. ließ a.a. 0., <strong>und</strong> von demselben: Die Bildei"sammluDgdos Klosteis Banz, München 1916. In beiden Schriften reiche Literaturaugabenüber klösterhche Sammlungen des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts.ibb. 16,Südöstlicher Clausürhof.'•-!}'


S96 Otto VölckerSj Ottobeuren.westlich, je ein zweiräumiges „Appartement", Gegen Westenschließt sich dann durch die ganze Gebäudetiefe reichend einkleiner behaglicher Saal <strong>mit</strong> Steinboden <strong>und</strong> zwei Kaminenan, das sog. Salottl, das die Verbindung <strong>mit</strong> den Gasträumenherstellt <strong>und</strong> T\'O1Ü dem zwanglosen Verkehr des Abts <strong>mit</strong>den Gästen diente (Abb. 14).Nach Worden endet die Prälatur <strong>mit</strong> einem hellen Treppenhaus(Abb, 13) <strong>und</strong> der daran stoßenden Hauskapelle, die überder Benediktuskapelle liegt. Nacli Westen schließt sich hierdas Theater an. Es mutet uns zuerst w<strong>und</strong>erlich an, in einemKloster ein Theater zu linden, aber in dem Gedanken an dasVorhandensein des Gymnasiums <strong>und</strong> das Vorbild der Hchultheaterder Jesuiten findet sich eine Erklärung. Im Museumwerden viele gedruckte Programme uud Theaterstücke meistreligiösen <strong>und</strong> allegorischeu Inhalts aufbewahrt, die auf diesemTheater bei festlichen Gelegenheiten zur Aufführung kamen.Das Theater selbst ist ein ziemlich anspruchsloser Raum <strong>mit</strong>Stuckmarmorsäulen, einer kleinen Galerie an der westlichenSchmalseite <strong>und</strong> einer verhältnismäßig tiefen Bühne <strong>mit</strong> ansteigendemBoden.Der Westbau ist das Haus der Gäste. Hier finden wireine ähnlich aufwändige Raumfolge wie in clor Prälatur.'^jDer südliche Eckbau enthält die sog. Fürstenzimmer, dernördliche die Wohnung des Pater Gastmeister. Den Mittelpunktbildet der großartige Kaisersaal ^•') (Abb. 15) <strong>mit</strong> demVorsaal <strong>und</strong> den beiden Treppenhäusern. Der Saal selbst hatdie bedeutende Höhe von fast 13 m <strong>und</strong> ist aufs reichste<strong>mit</strong> Stuck m armer Säulen, den vergoldeten Kaiserstatuen <strong>und</strong>Gemälden, <strong>mit</strong> Stuck an Wänden <strong>und</strong> Decke geschmückt, ohne.doch einen überladenen Eindruck zu machen. Dagegen habeich die Empfindung, daß der Saal durcli den vielleicht nichtrichtigen Maßstab der Dekoration kleiner erscheint, als erist. Die Fläche des <strong>mit</strong> geschliffenem Kalkstein in Musternausgelegten Bodens beträgt 13 : 20 m. Im Gegensatz zumKaisersaal ist der Vorsaal ganz weiß gehalten, nur die tiefe,aber unbeleuchtete Kuppel ist kräftig gemalt. Mit diesem12) Diese Räume sind z. Z. vermiütot, daher leider nicht zugäoglich.13) Die Festsäle der nach<strong>mit</strong>telalterlichen Klöster pflegten(seit wann oder nach welchem Vorbild?) <strong>mit</strong> den Statuen oder Bilderndör Kaiser des heil. jöm. Reiches ausgestattet zu werdün <strong>und</strong>bekamen davon den Namen.Abb. 17. Westvorbau.Saal <strong>und</strong> den beiden Treppenhäusern, die ganz ähnliche Deckenkuppelnhaben, hat es seine besondere Bewandtnis.Dem aufmerksamen Besucher des Kaisersaales entgehtes nicht, daß das <strong>mit</strong>tlere Oberlichtfenster an der Westwandzugemauert ist, <strong>und</strong> daß sogar die Decke des Vorsaals in dieunteren Fenster des Kaisersaals hineinhängt. Es liegt hier einenachträgliche Bauveränderung vor. Vom Dachboden des Vorsaalesaus erkennt man deutlich die vorgemauerten flachen Eckpilaster<strong>und</strong> das vermauerte Oberlichtfenstcr. Auch das Dachwerkder Treppenhäuser zeigt in seinem Anschluß an dasHauptdach die nachträgliche Anfügung. Da das erwähnteMauerstück nicht mehr verputzt worden ist, ist der Plan,vermutlich erst geändert worden, als der Westbau schon,stand, also ziemlich spät, da man <strong>mit</strong> dem Ostbau angefangenhat (Einzug 1715) <strong>und</strong> der Westflügel jedenfalls der letztewar. Jetzt erinnern wir uns, daß auf dem F<strong>und</strong>amentplan(Abb. 3) der Westflügel ohne die heutigen Vorbauten gezeichnetist. Wir sahen auch schon, daß sich Vorsaal <strong>und</strong>Treppenhäuser gegenüber allen anderen Räumen durch auffallendplastische Deckenbildung auszeichnen. Allenfalls wärenoch das, Salettl <strong>mit</strong> ihnen verwandt, das auch eine weit inAbb. 18. Museum, Treppen Vorraum A.Abb. 19, Museum, Raum III.


Otto Vülckers, Ottobeuren. 297den Dachboden reichende, tiefe, mTildeufÖrmigeKuppel ohne Lichtötfnungen hat.Die Stockwerkshöhen betragen: im Erdgeschoß4,70 m, im ersten Obergeschoß 4ni,im zweiten Obergeschoß 4,30 ra, darüberhinaus gehen Kaisersaal, Bibliothek (diesebeiden auch äußerlich viel höher), die beidenSäle <strong>und</strong> die Kapelle der Prälatur. FlacheDecken in beiden Obergeschossen, Gewölbenur in den Gängen <strong>und</strong> einer^ Anzahl vonBäumen im Erdgeschoß. Die Gänge habendurchweg Plattenpflaster, Kaisersaal, Torsaal<strong>und</strong> Salettl Steinböden, sonst finden wirüberall Holzfußböden.Das Äußere des großen Gebäudes (Hof,Abb. 16) ist sehr schlicht, <strong>und</strong> an den Außenseitenim Osten, Süden <strong>und</strong> Norden nur durchdie Pavillons gegliedert An der Westfronterkennt man an der plötzlich bewegten Plastikdes Mittelrisalita die spätere Hand, die hieraußen fast glücklicher gearbeitet hat als imInnern (Abb. 17). An den Wänden des großenWesthofes wiederholt sich das Spiel der Illusionsmalerei, daswir an den Innenräumen kennen lernten. Ein Teil dieserperspektivischen Architekturmalerei der Hofwände ist in denletzten Jahren unter Leitung des besten Kenners von Ottobeuren,des Oberregierungsbaurats-Toit in Memmingen, glücklichwiederhergestellt worden, ^^)Auf den großen Reichtum Ottobeurens an Einzelheiteneinzugehen, liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit, die nur inUmrissen ein Bild des Werdens <strong>und</strong> des Wesens einer großenAbtei des 18. Jahrh. geben sollte. Auch die berühmte Kirchelassen wir außerhalb unserer Betrachtung <strong>und</strong> verweisen aufAuflegers treffliehe Bilder <strong>und</strong> Ad. Feulners Untersuchungen.^sjNur müssen wir noch <strong>mit</strong> wenigen Worten auf die unter demgeweihton Boden der Kirche liegende Ruhestätte der Totenhinweisen. Die Kirche ist fast in ihrer ganzen Ausdehnungvon einem Netz katatombenartiger Gänge durchzogen, in derenWänden vier ßeihen viereckiger loculi für das Einschieben derSärge liegen. Nach der Beisetzung wurde die Öffnung <strong>mit</strong>einer Stein- oder Tonplatte <strong>mit</strong> Namen <strong>und</strong> Daten verschlossen.Derartige Grüfte trifft man seit dem 17. Jahrh.häufiger in Klöstern an, so am Kapuzjnerkloster in Breisach<strong>und</strong> sehr eindrucksvoll im Kloster Reifenstein (Cist.) imEichsfeld.i'') Im Frieden der Ottobeurener Katakombe ruhtauch P. Christoph Vogt.Abb. 20. Museum, Kaum V <strong>mit</strong> DurchbUck nach Kaum VI.schätzen ist die Einsicht der heutigen Museumsleitung, diedarauf ausgeht, all diesen Bäumen ihren ehemaligen Charakterals Wohnräume zu erhalten, <strong>und</strong> höchstens in der Behängungder Wände <strong>mit</strong> Bildern, Plänen usw. über das in Wohnräumenetwa übliche Maß hinauszugehen (z. B. Abb. 19). Auf dieseWeise bilden nicht nur die Sammlnngsgegenstände, sondernfast mehr noch die Sammlungsräume den Kernpunkt desMuseums.Die Gesamtheit der Räume teilt sich in zwei Gruppen:die Flucht der Wohnräume I — "VII <strong>und</strong> die der GalerienDas Klostermuseum.Das Museum umfaßt die Wohn-<strong>und</strong> Festräume der ehemaligenPrälatur, die sog. Winterabtei, <strong>und</strong> die dazugehörigengalerieartigen Mure (Abb, 6, I—XVI). Nicht hoch genug zu14") Herrn Voit verdanke ich auch die Mitteilung seiner Gr<strong>und</strong>rißaufnahmen dos Klosters, von dgnen ich hier aufigiebig Gebrauchgemacht habe.15) Joh. Mich, Fischers Risse für die Klosterkirche in 0.,München 1913.16) Ob die im 17. Jahrh. begonnene systematische Erforschungder römischen Katakomben (Roma Sotteranea von Bosio 1632) aufdie Gestaltung klösterlicher Grabstätten von Einfiuü war, muß ichdahingestellt sein lassen. • , ,Zeitectrift f. Bauweseo. 72. Jahrg. , '" ^ , ,•Abb. 21. Museum, Yertäfeltos Kabinett.(Raum XII).. . . . 40.,, , ,


Otto Völckers, Ottobeuren.IX—XVI. la beiden Gruppen sind große <strong>und</strong> kleine Eäumein allen Graden der Höhe, Helligteit <strong>und</strong> Ausstattung <strong>mit</strong>feinstem Takt gereiht. Außerdem aber sind die beiden Raurafolgen<strong>und</strong> <strong>mit</strong> ihnen der Bibliothekbau durch den Vorplatz XT Vgewissermaßen kontrapunktisoh zusammengeführt: der dunkleVorplatz öffnet sich ringsum in helle, hohe Käume, einKabinettstück barocker Raumkunst.Der gegenständliche Inhalt des Museums läßt <strong>sie</strong>h kurz<strong>mit</strong> dem "Wort „Ottobenrener Heimatmuseum*' bezeichnen,wobei Geschichte <strong>und</strong> Kunst der Abtei selber eine Hauptrollespielen.Wir betreten die eigentlichen Musenmsräume vom TreppenvorraumÄ (Abb. 18) aus. lui Raum I ist die Achsenversetzungder Türen geschickt durch eine Nischenarchitektur, der "Wand aufgefangen, denn in den nun folgenden Räumenliegen die Türen nach französischer Art dicht an der Fensterwand.Die Deeke des Eintrittraumes, eines Vorzimmers,ist leicht stuckiert <strong>und</strong> führt uns in einem großen, <strong>mit</strong>tleren<strong>und</strong> vier kleineren Dockenbildern des Venezianers Amigoni flotte<strong>und</strong> duftige Malerei in schörien Beispielen vor. Der großeschwarzgla<strong>sie</strong>rte Kachelofen leitet ebenfalls eine ganze Reiheprächtiger eiserner <strong>und</strong> tönerner Vertreter dieser Gattungbeispielhaft ein. Der museale Inhalt des Raums betrilft inder Hauptsache die Kunst <strong>und</strong> Entstehungsgeschichte desheutigen Kirchenbaues.Der Raum II <strong>mit</strong> et<strong>was</strong> reicherer Stuckdecke ist denUrk<strong>und</strong>en über die Entwicklungsgeschichte des Klostergebäudesgewidmet.Raum IV (Abb. 12) gewährt eine prachtvolle Steigerung.Durch seine Bodenfläche, seine Höhe, seine überraschende Stellungzur Flucht der übrigen Räume, vor <strong>allem</strong> aber durch die<strong>sie</strong>ben hohen Fenster, die ihm einen ganj; anderen Lichtcharaktergeben als den andern nur einseitig beleuchteten Räumen,hebt er sich kräftig als Mittelpunkt heraus. Eine starkeRolle spielt die Farbenwirkung: Wände <strong>mit</strong> roten Marmorpilastern<strong>mit</strong> vergoldeten Stuckkapitellen, reiche Aufsätzeüber den eichenen Türen, deren Füllungen aus augenreichemAhorn sind. Die Decke in weiß, strohgelb <strong>und</strong> apfelgrüngehaltenem Stuck <strong>mit</strong> großem Deckengemälde. Das Wesendes ganzen Raumes ist hell, hoch <strong>und</strong> heiter (s. Abb. 20).Seine Anordnung als Musoumsraum gehört zu den bestenLeistungen des jetzigen Leiters. Die Mitte des Raums wurdelediglich <strong>mit</strong> einem mächtigen <strong>und</strong> prächtigen Tisch (Platte3,70:1,40 m) besetzt, auf dem ein Erd- <strong>und</strong> ein Himmelsglobusin schwarzen Holzgestellen <strong>mit</strong> MessingquadrantenAbb. 23. Museunf, Rauni XV <strong>und</strong> XVI.(Nürnberg, E. 18. Jahrb.) stehen. Der Inhalt der Schau tischebeschäftigt sich <strong>mit</strong> der Regierungstätigkeit des Klosters.Die Schränke enthalten Steingut, Porzellan, Glas- <strong>und</strong> Zinngerätaus Klostorbesitz. Die Steigerung dem Inhalte nach(Ehrenhalle) entspricht vortrefflich dem räumlichen Grehalt.Von den weiteren Räumen ist noch besonders hervorzuhebenRaum XII (Abb. 21), der eine reizvolle Überraschungbietet; er ist ganz <strong>mit</strong> Holz getäfelt, <strong>mit</strong> Intar<strong>sie</strong>n <strong>und</strong> tiefenTürleibungen, r<strong>und</strong> <strong>mit</strong> kleinem gemaltem Spiegelgewölbenicht sehr hell, bei geschlossenen Türen von köstlich heimelicherStimmung. Dieses kleine Gelaß stellt nun wieder eineVerbindung <strong>mit</strong> der Zimmorreihe Vff. her durch einen versch<strong>mit</strong>ztenDurchgang zur Alkovennische des „reichenZimmers" Nr. V (Abb. 20).Mit Raum XIII beginnt die stark angewachsene Sammlungder kirchlichen Kunst <strong>und</strong> Kleinkunst Ottobeurens, diesich, unterbrochen durch den Vorplatz XIV <strong>mit</strong> Holzmodeln,Tonplastik <strong>und</strong> Ofenplatten, in den Räumen XV <strong>und</strong> XVIfortsetzt (Abb, 23).


Karl Pfuhl, Überblick über den protestantischen Eirchenbau in Preußisch-Litauen. 299überWick über den protestantischen Kirchenbau in Preußisch-LitauenToii der Keformation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.*)••••'. . •••• ••.:'••• ( S t a r tgekürzt.)V . Yon Dr.-Ing.KarlPfuhl.(Alle Hechte vorbehalten.)VorwortPreußisch-Litauen, der nach dem Frieden Ton Tannenbergbei Preußen verbliebene Teil Litauens, umfaßte biszum Vertrage von Versailles den nordöstlichen Teil Ostpreußens.Seine Grenze nach Norden <strong>und</strong> Nordosten bildetedie alte deutsche Reichsgrenze, nach Süden <strong>und</strong> Westen ungefährdie Linie Ooldap—Angerburg^Gilge —Nidden.Hat diese Süd- <strong>und</strong> Westgrenze eigentlich nur nochhistorische Bedeutung, so stellt die Ost- bzw. Nordostgrenzoauch jetzt noch eine schroffe Kulturscheide dar, Preußisch-Litanen wurde durch den Übertritt Herzog Albrechts demlutherischen Glaubensbekenntnis gewonnen <strong>und</strong> machte durchseine Zugehörigkeit zu Altpreußen dessen kultur- <strong>und</strong> kunstgeschichtlicheEntwicklung <strong>mit</strong>. Kussisch-Litauen, derHauptsitz des litauischen Stammes, blieb dagegen infolgeseiner politischen Vereinigung <strong>mit</strong> Polen der katholischenKirche erhalten <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> an dessen Kultur- <strong>und</strong> Kunstentwieklunggeknüpft.Ihrer Stammeszugehörigkeit nach waren die alten Litauerdie Bewohner des Landes zur Zeit seiner Eroberung durchden Deutschen Orden, Slawen. Durch fortgesetzte Zuwanderunghauptsächlich von Deutschen, aber ancii vonvertriebenen Protestanten aus Schottland (1660) <strong>und</strong> Frankreich(1685) kamen <strong>sie</strong> langsam in die Minderheit, die durchdie Pestepidemie der Jahre 1709 bis 1711 zur endgültigenwurde. Hatten schon vorher Pestepidemien einzelne Orte <strong>und</strong>Gegenden heimgesucht, so erstreckte sich diese über denganzen östhchen Teil Preußens. Ihre Wirkung ist daran zuermessen, daß nur */-der Gesamtbevölkerung der heimgesuchtenGebiete am Leben blieb <strong>und</strong> daß daher viele Dörfer ausstarben<strong>und</strong> weite Strecken verödeten. Erst Friedrich WilhelmI. nahm sichdes verödeten Landesan. Zunächst <strong>sie</strong>delteer Einzöglinge aus derSchweiz j Nassau,Oldenburg, Württemberghier an, hauptsächlichschuf er aber Tausendenum ihres evangelischenGlaubens ausdem Erzstift Salzburgvertriebenen ' „Salzburgern"in der litauischenWildnis eineneue Heimat. Im Laufeder Zeit verschmolzendie verschieden stämmi-*) Die ZaichnUDgenhabea, falls nichts anderesangegeben ist, denMaßstab 1: 500. Abb. 1. An<strong>sie</strong>bt vongen Einwohner derart <strong>mit</strong>einander, daß jetzt eigentlich nurnoch in der Memelniederung <strong>und</strong> nördlich der Memel Litauerzu finden sind, <strong>und</strong> zwar nur fünf von h<strong>und</strong>ert der Einwohnerdieser Gegend. Trotzdem ist von diesem fast reindeutschenLande durch den Frieden von Versailles der nördlichste Zipfelabgetrennt <strong>und</strong> als neugebildetes „Memelland" unter interalliierte"Verwaltung gestellt worden. Ohne Eücksicht hierauffaßt die vorliegende Abhandlung jedoch das gesamte Preußisch-Litauen noch immer als eine Einheit auf <strong>und</strong> versucht einenÜberblick über den Kirchenbau des gesamten Gebieteszu geben.Da die Kolonisation Preußisch-Litauens erst durchgreifendnach der Reformation einsetzte <strong>und</strong> in den folgenden Jahrh<strong>und</strong>ertendas Land mehrfach verwüstet imd koloni<strong>sie</strong>rtwurde, so sind hier in verhältnismäßig kurzer Zeit derartigviele Kirchenbauten entstanden, daß ihre Betrachtung — untergelegentlichem liückblick auf die Bauten Brandenburgs <strong>und</strong>Preußens •— ein Stück zusammenhängender Bau- <strong>und</strong> KunstgeschichteergibtLage <strong>und</strong> Orientiernng der Kii'clien.Der Kirchenbau der protestantischen Zeit wurzelt naturgemäßzunächst noch ganz in der Überiieferung der Ordenszeit.Daher wurde es erforderlich, die Lage <strong>und</strong> Orientierungder Kirchen, ihre Gr<strong>und</strong>rißbilduog, ihren Auf- <strong>und</strong> Ausbauim wesentlichen von dieser Zeit ausgehend zu entwickeln.Da der Orden sich in einem eroberten Lande befand,dessen Besitz zu verteidigen er ständig bereit sein mußte,legte er seine Burgen, die Festung, Kirche <strong>und</strong> klösterlicheOrdensbehausnng zugleich darstellten, hauptsächlich alsZwingburgen für das eroberte Land <strong>und</strong> als AusgangspunktMomel. Nach Hartknoch.40*für weitere Eroberungszügean, so z. B. Ragnit,die Schalauer Burgbei Tilsit, Christmemelbeim heutigen Jurburg,Instoi'burg usw.Deshalb ließ er auchdie bei den Burgenangelegten Städte sofortnach ihrer Gründungbefestigen. Beidiesen Stadtgründungenwurde das Stadtgoländein einfache Gevierteaufgeteilt. Fürdie Öffentlichen Zweckewurden zwei dieserGevierte freigehalten,ein in der Mitte gelegenesfür den Marktplatz<strong>und</strong> eins daneben


300 Earl Pfuhl, Überblick über den protestantischen Kirchenbau in Preußisch-Litauenfür die Kirche. Mitunter -wurden jedoch die Kirchen,da <strong>sie</strong> in der Regel massiv angelegt wurden <strong>und</strong> diehölzernen Gebäude der An<strong>sie</strong>dler auch an Größe übertrafen,in das Verteidigungesystem der Stadt <strong>mit</strong> einbezogen<strong>und</strong> bildeten dann das Q-egenstüct zur Burg,so z. B. bei Memel (Abb. 1).War eine Stadtgründung bei der Burg nicht geplant,Bo wurde bei der sich in ihrem Schutz bildendenAn<strong>sie</strong>dlung die Kirche durchweg in einiger Entfernungvon der Burg angelegt, <strong>mit</strong>unter durch ein Tal, einenMuß oder dergleichen von ihr getrennt, da<strong>mit</strong> <strong>sie</strong> derenAngreifem nicht zum Stützpunkt würde (so z. B- bei Insterbürg<strong>und</strong> Georgenburg). Die Kirchen wurden dann vielfachals Zufluchtsort der Ijandbevölkerung bei überraschendemEinfall (als Fliehburgen) errichtet, wofür <strong>sie</strong> durch ihreLage auf einer Anhöhe <strong>und</strong> durch ihre Bauart durchausgeeignet waren.Auch in der Nachordenszeit erhielten die Kirchenbautenbei der Gründung von Städten <strong>und</strong> Marktfleckendie bevorzugte Lage am Markte, z. B. in Gumbinnen,Stallupönen, Pillfcallen usw. Bei kleineren Dörfernwurden <strong>sie</strong> wohl noch in Erinnerung an den Fliehburgs-Charakter der Ordenskirchen, dann aber auch wegen dergroßartigeren "Wirkung auf Anhöhen angelegt.Auf die richtige Orientierung der Kirchen wurdein der Ordenszeit wie auch in der ersten herzoglichenZeit blonderer Wert gelegt. Seit demEnde des 17. Jahrh<strong>und</strong>ertsblieb <strong>sie</strong> unter dem Einfluß der Einwandererbisweilen unberücksichtigt, falls z. B. die Anordnungdes in der Hauptachse liegenden Haupteinganges nachder Richtung des Hauptzugangsweges (Lappienen, Georgenburg,Szillen, Judscheo), oder -platzes (Stallupönen)dieses wtlngchenswert machte.F^'iedhöfe bei den Kirchen scheinen vorerst gefehltzu haben. Die Bestattung der verstorbenen Deutschenfand zunächst in den Gotteshäusern selbst statt.Im Laufe der Zeit mußten jedoch infolge Platzmangels,der Einführung des festen Kirchengestühles <strong>und</strong> desmassiven Fußbodenbelages die Bestattungen in den Kirchenaufhören. Falls dann bei der Kirche noch genügendPlatz war, bildeten sich um <strong>sie</strong> die als Kirchhöfebezeichneten Friedhöfe, anderenfalls wurden <strong>sie</strong> außerhalbdes Ortes angelegt. Nur die in' der Gemeindebesonders hervorragenden Familien ließen sich in, oderbei der Kirche Erbbegräbnisse anlegen (z. B. in Lappieneo,Szillen, Didlaken usw.). Die Litauer behielten auchweiterhin ihre alten Friedhöfe in Benutzung, ja es istsogar nachweisbar, daß selbst einmal eine Kirche(Trempen) auf einem alten, in heidnischer Zeit angelegtem<strong>und</strong> auch später noch benutzten Totenackererrichtet wurde.Abb. 2. Luth. Kirche zu losteiburg. Erbaut 1610 bis 1612.Schmalseiten (ohne Einfügung eines Triumphbogens) in ihrerganzen Länge zu einem dreiseitigen Chor erweitert. Dazukam noch an der dem Chor gegenüberliegenden Seite einTurm, dessen unterstes Geschoß — wenigstensbei den als Fliehburgen angelegten Kirchen —als einziger, leicht zu verteidigender Eingangausgebaut war.Der dreiseitige Chorschluß der Ordenskirchenhatte sein Yorbild im Westen <strong>und</strong> SüdenDeutschlands. Im Osten wurde er für Steinbantenzunächst seltener verwandt, öfter dagegenfür Holzkirchen, für die er wegen der besserenAusnutzung kurzer Hölzer bevorzugt wurde.Der geradlinige Schluß war hauptsächlich fürdie Backsteingotik im Ordensiande gebräuchlich,wo es sich ja um knappe <strong>und</strong> einfache Bautenhandelte, deren oft einziger architektonischerÄnBicht.Graudrlß^estaltun?.a) Qbertieferung aus der Ontenszeit <strong>und</strong> Ausbitdungim 16, lahrhiindertDie typische Gr<strong>und</strong>rißform der Ordenskirchenwar das langgestreckte Rechteck. Diesem wurde oftnoch ein rechteckiger Chor angebaut oder eine'!seinerÖrmidiiß,Abb, 3 U. 4.Deutsche Kirche zu Tiait.Erbaut 1598 bis 1610.Turm von 1695 bis 1702.


von" der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 301Aufwand ein reiches Giebelwerk war (Steinbrecht).' — Mitunterhat es bereits in der Ordenzeit nicht an Yersuohengefehlt, bei dem geradlinigen äußeren Chorscbluß nach innenden •wirkungevolleren vielseitigen mindestens anzudeuten.So weist Dethlefsen (Die. Domkirche in Königsberg)darauf hin, daß bei der Schloßkapelle zu Rheden <strong>und</strong> derKirche zu Tharau innen die Mauereeken an der Chorseitezum kleinen Teil abgeschrägt <strong>und</strong> bei der Jacobikirche zuThorn <strong>und</strong> der Schloßkapelle zu Lochstädt wenigstens dieRippen des letzten Gewaibejoehes entsprechend dem polygonalenSchluß geführt sind.Sakristeien waren schon in der Ordenszeit vorhanden.Von der Ausstattung der Gotteshäuser <strong>mit</strong> Kanzeln, Taufsteinen(diese vorzugsweise in besonderen Taufkapellen oder-kammem), Orgeln, Gestühl für den Bischof uew. aus dieserZeit ist wenig erhalten.Ent8pre Kirchenbauten im 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ertInfolge der landeaväterlichen Fürsorge Albrechtskam auch der Neubau von Kirchen allmählich inFluß, namentlich in der Insterburger Inspektion, dieden südlichen Teil Preußisch-Litauens umfaßte. Hierwurden durch den tatkräftigen Amtshauptmann v,Peyn11 Kirchspiele neu gegründet <strong>und</strong> die entsprechendenKirchen gebaut Die aus der Ordenszeit stammendenGotteshäuser lieferten naturgemäß für <strong>sie</strong> die Vorbilder.Leider ist von den bis zum Ende des 16. Jahrh<strong>und</strong>ertsentstandenen Kirchen keine, einzige mehr in ihrer altenGestalt <strong>und</strong> Ausstattung erhalten. Dafür sind jedochaus dem Beginn des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts zwei hervorragendeKirchen fast unverändert auf unsere Zeit gekommen:die erzpriestorliohen Kitchen zu Ineterbürg(Abb. 2) <strong>und</strong>.Tilsit (Abb, 3 u. 4). Da bei beideneine gewisse Beeinflussung durch die kurz vorher fertiggestellteSchloßkirche zu Königsberg <strong>und</strong> die beiihr befolgten Gesichtspunkte für die bewußte Schaffungeines protestantisohen Kirchenraumes erkennbar ist, seideren Bau hier kurz gestreift:Auf Veranlassung Georg Friedrichs, des Erbauers derPlassenburg, der in Preußen für den schwachsinnigen HerzogAlbrecht Friedrich die Regentschaft führte, <strong>und</strong> unter derbaukünstlerischen Leitung von Blasius Berwart, einesSchwaben, der heim Tübinger Schloßbau unter AlberlinTretsch tätig gewesen war <strong>und</strong> seit 1563 in Diensten desfränkischen Markgrafen stand, wurde der Bau des westlichenSchloßflügels, in dem die Schloßkapelle untergebracht werdensollte, im Jahre 1584 begonnen. Bei der AbberufungBerwarts nach Franken (1586) war der Rohbau <strong>und</strong> einigeInnenarbeiten bereits fertiggestellt. Die Fortführung derArbeiten übernahm der (1580) aus Frankfurt a. M, eingewanderteZimmermeister Hans Wißmar. Erwähnt sei noch,daß der Baumeister der Schloßkirche zu Stettin (im Jahre 1585)am preußischen Hofe wegen des Neubaues beratend <strong>und</strong> gutachtendweilte. Die Königsberger Schloßkirche hat rechteckigenGr<strong>und</strong>riß <strong>und</strong> dürfte gleicli von vornherein alsQuerhausanlage geplant gewesen sein. Die Decke des einschiffigenInnenraumes war holzüberwölbt. Die Emporenhatten eine Tiefe von 14 Fuß, „waren konstruktiv <strong>mit</strong> derDecke verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> halfen diese tragen"(Ehrenberg). Ein Umbau der Kirche mußtevon 1600 bis 1608 durchgeführt werden,weil die hölzerne Konstruktion auseinanderzugehen<strong>und</strong> Fäulnis zu zeigen begann. Siewurde nunmehr durch gemauerte Sterngewölbeunter Einfügung einer Pfeilerstellung ersetzt.Emporen wurden ebenfalls sofort <strong>mit</strong> angelegt,ob es aber die 1701 vorhandenen, zweigeschossigen,an der Südwest- <strong>und</strong> Nordwand sichOhinziehenden waren, ist nicht bekannt.Ansicht.Ofnindrifi.Abb. 5 n. 6. Lit. Landkirche zu Memel. Erbaut 1686/87. Turm von 1790,


302 Karl Pfuhl, Überblick über den protestantischen Kirchenbau in Preußisch-LitauenBei der Anlage der beiden erzpriesterlichen Kirchen überragenzunächst noch entsprechend dem konservativ-lutherischenGeiste ihrer Gemeinden die althergebrachten Anschauungengegenüber den Neuerungen. So ist die aus der Ordenszeitstammende rechteckige Gr<strong>und</strong>rißform <strong>mit</strong> Tunneingang festgehaltenworden. Weiterhin waren noch der Ordenssitte,die um die Hochaltäre einen Umgang für die Kommunitantenforderte, folgend, bei beiden die Altäre freistehend angelegt.Die Kanzel hatte ihren Platz an einem Pfeiler des Mittelschiffesin<strong>mit</strong>ten der Gemeinde, <strong>und</strong> zwar auf der Epistelseite.Die ebenfalls aus der Ordenszeit stammende Sitte, in derKirche besondere Taufkapellen seitlich des Altars anzuordnen,ist auch hier beibehalten worden. Die ersten Emporendürften die „Schülerchöre" gewesen sein, Ihr Platz warwohl zunächst nicht der später auch für die Unterbringungder Orgel allgemein gebräuchliche auf der Empore gegenüberdem Altar, sondern an der Langseite der Kirche, gegenüberder Kanzel. Unter dieser Empore befanden sich dann in derRegel die Ehrenplätze für die vornehmen Gemeinde<strong>mit</strong>gUeder.Mit der Einführung der Orgel <strong>und</strong> ihrer Unterbringung aufder Empore gegenüber dem Altar wurde der Schülerchorauf die Sängevempore neben die Orgel verwiesen. Ob beider Tilsiter Kirche gleich von vornherein der später durchwegangewandte Einbau der Emporen unter Benutzung derbeiden (hier massiven) Pfeilerstellungen vorgesehen war, istnicht mehr bekannt, aber wahrscheinlich <strong>mit</strong> Rücksicht aufdie Anlage der Sehloßkapelle von Stettin (erbaut 1570 bis1577) <strong>und</strong> den ersten Aushau der zu Königsberg. Bei derInsterbürger Kirche dürfte der von den Hauptpfeilern unabhängigeEmporeneinbau auf den zweiten Ausbau der KönigsbergerSchloßkirche zurückgehen.Die Emporentreppen haben bei beiden Kirchen ihreseitdem auch für die Folgezeit typische Anordnung in denbeiden Ecken der dem Chor gegenüberliegenden Seite erhalten.Die Aufstellung des Kircliengestühls richtete sich beibeiden Kirchen nach der kathoHschen Stellung der Kanzel.Auf die Freilassung eines für die Abendmahlsausteilung hinreichendenPlatzes vor dem Altar <strong>und</strong> auf die Anlage einesbreiten Mittelganges wurde stets Rücksicht genommen. Denverschiedenen Ständen <strong>und</strong> Berufgenossenschaften warenbestimmte Plätze angewiesen.Die Beichtstühle gehörten auch jetzt noch, ja selbstweiterhin bis zum Beginn des 18. Jahi'h<strong>und</strong>erts, zur notwendigenAusstattung der lutherischen Kirchen (s. o.). Sieerhielten ihren Platz an der Altarwand (Abb. 4).Die beiden weiteren erzpriesterlichen Kirchen inPreußisch'Litauen, die zu Ragnit <strong>und</strong> die zu Memel, sindnicht mehr auf unsere Zeit gekommen. Yen dem Aussehender zu Ragnit gibt die Abbildung dieser Stadt bei Hartknoch(Alt- <strong>und</strong> Neues Preußen, Königsberg 1684) eine ungefähreYorsteüung. Die zu Memel wird wohl große Ähnlichkeit<strong>mit</strong> der litauischen Landkirche zu Memel (Abb. 5 <strong>und</strong> 6)gehabt haben, die wiederum <strong>mit</strong> der besprochenen Insterburger<strong>und</strong> Tileiter Kirche in bezug auf Kanzelstellung, Taufplatz<strong>und</strong> Kmporenanordnung übereinstimmtDie Gotteshäuser auf dem Lande, wie auch ihreEinrichtung für die gottesdienstliche Handlung, waren zunächstsehr einfach. Im Laufe des 17. Jahrh<strong>und</strong>erte besserte sichjedoch beides. Vorbildlich für <strong>sie</strong> wurden die eben beschriebenenerzpriesterlichen Kirchen. Abgesehen .von denältesten kleinen Kirchenhütten, von deren Yorhandengein uns •nur noch die Kirchenchronik berichtet, wurden die Gotteshäuserin verhältnismäßig großen Abmessungen <strong>und</strong> jn derEegel dreischiffig angelegt. Ihr Gr<strong>und</strong>riß behielt die ausder Ordenszeit stammende rechteckige Form <strong>mit</strong> geradlinigemoder vielseitigem Chorschluß bei. Zu dem Haupteingangkamen später gelegentlich Nebeneingänge in der Mitte derLangseiten, <strong>und</strong> zwar zunächst auf der Südseite noch hinzu.Besondere Anbauten als Eingangshallen (außer den erwähntenTurmhallen) wurden erst niit dem Ende des 17. Jahrh<strong>und</strong>ertserrichtet.Von der Einrichtung der Landkirchen gibt uns dernachstehend mehrfach angeführte, aus dem Jahre 1638stammende Rezeß der Kirchen des Insterbürger Amtes einweni g erfreuliches, aber anschauliches Bild. Daß dieserEezeß die kirchlichen Schäden der damaligen Zeit rücksichtslosaufdeckte, weist jedoch bereits darauf hin, daß man seitder Vereinigung Preußens <strong>mit</strong> Brandenburg eine Besserungder kirchhchen Versorgung der litauischen Landgemeinden <strong>und</strong>eine würdigere Ausstattung ihrer Gotteshäuser anstrebte. EinAltar ist natürlich bei jeder einzigen vorhanden -gewesen.„Predigerstühle" (Kanzeln) <strong>und</strong> „Taufstätten" dürften nachdem Rezeß <strong>mit</strong>unter gefehlt haben, so daß dann der Geistlichealle kirchlichen Handlungen von seinem Altarplatz auserledigen mußte. Sicherlich aber war zunächst ein erhöhterPlatz für den Tolketi vorgesehen, der gegen Ende des17. Jahrh<strong>und</strong>erts in Fortfall kam, da nunmehr die sämtlichenGeistiichen die litauische Sprache beherrschten. Zu gleicherZeit dürften auch in allen Kirchen Kanzeln Vorbandengewesen sein. „Beichtstühle, Singchöre <strong>und</strong> Dreßkammem"sind in dem Rezeß vielfach noch als felilend bezeichnet.Für den Bau der Dreßkammern wird angegeben, daß <strong>sie</strong>nicht in besonderen Anbauten untergebracht werden sollen,sondern in einem Winkel der Kirche selbst, da<strong>mit</strong> <strong>sie</strong> nichtvon bösen Leuten erbrochen würden. Kirchengestühl warwohl durchweg vorhanden. Für die Kirchenältesten <strong>und</strong> fürdie Angehörigen oder Vertreter des Patronatsherrn warenin der Regel Ehrenplätze angelegt. Ein besonderer Platzwar bei den Kirchen der litauischen Landgemeinden nochden Kirchenaufsehern zugewiesen, da<strong>mit</strong> <strong>sie</strong> die Gemeindewährend des Gottesdienstes überwachen konnten.c) Kirchenbauten im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert.Kit dem Ausgang des 17, Jahih<strong>und</strong>erts trat unter demEinfluß der reformierten Einwanderer aus Nassau, derPfalz, der Schweiz, Schottland <strong>und</strong> namentlich Frankreich —der Große Kurfürst hatte ja die Gleichberechtigung desreformierten Glaubensbekenntnisses gegenüber dem lutherischenin Preußen durchgesetzt — die Anwendung <strong>und</strong> Ausbildungvon Gr<strong>und</strong>rißformen auf, die wesentlich von den früherenabwichen. Durch die Neube<strong>sie</strong>dlung großer Teile Litauensnach den Pestjahren 1709 bis 1711 <strong>mit</strong> Einwanderern hauptsächlichreformierten Bekenntnisses wurde die reformierteForm des Gottesdienstes noch weiter im Lande eingebürgert.Der wesentlichste Unterschied bei der Einrichtung derKirchen der beiden Bekenntnisse bestand in der Altar- <strong>und</strong>Kanzelordnung. Diese hatte zur Ursache die Verschiedenartigkeitder Or<strong>und</strong>anschauungen beider Bekenntnisse. Bei


von der Keforroation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 303LlLngsedititt.Ornndria.Abb. 7 u. 8. Reform. Kirche zu Gumhianen. Erbaut 1736 bis 1739.den reformierten Gemeinden war dor Altar als einfacher Tischausgebildet, eatsprechend seiner Benntzungaart als Abendmahl s-tafel. Er erhielt seinen Platz vor der Kanzel, die in dieHauptachse des Gr<strong>und</strong>risses, <strong>und</strong> zwar an dieOhorwand gerückt war (vgl. Reformierte Kirche zuGiimbinnen, Abb, 7 u. 8, Judschen, Abb. 9 u. 10,sodann auch Göritten <strong>und</strong> Wilhelmsberg). Bei denlutherischen Kirchen blieb der Altar nach wie vorvon der Chorwand abgerückt nnd wurde weiterhinfür die Abendmahlsansteilung wie auch für dieanderen gottesdienstlichen Handlungen benutzt. DieKanzel wurde aus Zweeksmäßigkeitsgründen zunächstin seine Nähe gesetzt, wie z. ß. bei Trempen(Abb. 11 u. 13), <strong>und</strong> dann sicherlieh infolge reformierten(hier auch gleich niederländischen j ersterKanzelaltar ist der zu Lappienen)Einflusses <strong>mit</strong> ihm vereinigt. ImLaufe des Jahrh<strong>und</strong>erts setzte dasStreben nach der Vereinigungvon Kanzel <strong>und</strong> Altar bei denQrimdriß.Abb. 9 u. 10. Reform. Kirche zu Judschen, Erbaut 1727lutherischen Gemeinden derartig rege ein, daß <strong>sie</strong> nicht nur beisämtlichen Neubauten, sondern anch bei den bereits bestehendenGotteshäusern durchgeführt wurde (Abb. 13), Nur die erz-Abb. 14. Rofonn, Kirche za Gumbinnen. Inuenan<strong>sie</strong>ht Dach Kanzel <strong>und</strong> Altar.priesterlichen Kirchen zu Insterburg, Tilsit, auch wohl diezu Memel, sowie die Memeler Laiidkirche (Abb. 5 u. 6) <strong>und</strong>AnsiclLt,Gninijriß.Abb. 11 u. 12. Kirche zu Trempen.Eingeweiht 1699.Erbaut 1720,umgebaut 1810/11.Abb. 13. Altstädtische Kirchezu Gumbianen.


304 Karl Pfuhl, Überblick über den protestantischen Kirchenbau in Preußisch-LitauenAnsicht.Abb. 15 bis 18. Kirche zu Lappienen. Eibaut 1674 bis 1703. Maßstab 1:400.Schnitt.die Kirche zu Tretnpen (Abb. 11 u, 12) behielten ihre besondereKanzolstellung bei. Die Zusammenlegung der gottesdienstliehenHandlangen auf den nunmehr entstandenen„Kanzelaltar" vereinfachte die allgemeine Gründrißordnungwesentlich <strong>und</strong> machte die Kirche für die Benutzung durchdie Gemeinden beider Bekenntnisse gleich zweckentsprechend(Simultankirche Wilhelmsberg).Für die Neubauten von Kirchen im 18. Jahrh<strong>und</strong>ertwird auch weiterhin <strong>mit</strong>unter der rechteckige, aus der Ordenszeitstammende ör<strong>und</strong>riß <strong>mit</strong> geradlimge,m oder auch dreiseitigemChorschluß ange\vandt. Auffallenderweiee sind bei den Kirchenzu Judschen, Göritten <strong>und</strong> Szirgupönen ähnlich wie gelegentlichin der Ordenszeit bei geradlinigem äußeren Chorschluß innendie Ecken abgeschrägt <strong>und</strong> hier Wendeltreppenzu den Emporen untergebracht.Bei dem Gr<strong>und</strong>riß der Kirche zu Ischdaggenist der halbkreisförmige Chorschluß, wahrscheinlichin Nachahmung der NorkitterKirche, angewandt. Allgemein gebräuchlichwerden jetzt die als besondere Anbautenangelegten Eingangshallen in derMitte der Langseiten, In ihnen werdennach Bedarf noch weitere Emporentreppeneingebaut.Mit der Bautätigkeit der ZeitFriedrich Wilhelms I. werdenals Neuerung Kirchen <strong>mit</strong> vollständigdurchgeführtem (reformierteKirche in Gumbinnen,Abb. 7, 8 u. 14) oder nur in der^Schnitt.-r^r—[ "—"^•-'fc—^>-7^^••1J^4=-Abb. 19. Kirche zu Lappienen.Kanzelaltar.Abb. 20. Kirche zu Inse. Erbaut 1700.Maßstab 1;400.Grnndrili.Abb. 21 u, 22 Kirche zu Malwischken.Erbaut 1730/31, ausgebaut 1827 bis 1839.Mnßstph 1*400.


von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jaiirh<strong>und</strong>erts. 305Deckenbildung angedeutetem (Wilhelmsberg) kreuzförmigemGr<strong>und</strong>riß jetzt im Lande bekannt, aber mir selten wiederholt.An weiteren neuen Gr<strong>und</strong>rißformen kamen nunmehr nochhinzu die vielseitigen Zentralanlagen <strong>und</strong> die als Langhauskirohenbenutzten Bauten <strong>mit</strong> dem Gr<strong>und</strong>riß deslanggestreckten Vielecks, die später als die von einer Ellipsezu einem Rechteck vereinfachte mehrmals angewandt wurde.Zu den als vielseitige Zentralanlagen ausgeführtenBauten gehCren die Kirchen zu Lappienen (Abb. 15 bis 19),Inse (Abb. 20), Malwischken (Abb. 21 u. 22) <strong>und</strong>Gerwischkehmeu.Die erste Kirche dieser Gruppe war der Bau Chiezes zuLappienen, der das Vorbild für die anderen Gotteshäuser dieserGr<strong>und</strong>rißforow abgab. Eaupteingang, Altar <strong>und</strong> Kanzel, Orgel<strong>und</strong> Sängerempore liegen in einer Achse. Die •übliche mehrschiffigeEinteilung des Kirchenraumes, <strong>und</strong> zwar hier durcheine Säulenstellung von 8 Säulen, ist ebenfalls durchgeführt.Zwischen den Außenmauern <strong>und</strong> den Säulen sind Emporenangeordnet. Abweichend von den übrigen ist bei der MalwischerKirche durch Hineioziehen von Mauermassen inden Kirchenraum als Auflager für die Dachkonstniktion einebessere Standhaftigkeit des Gebäudes angestrebt worden,(Ob <strong>und</strong> wie weit eine Verwandschaft <strong>mit</strong> Noorder-Kirchein Amsterdam vorliegt, konnte nicht festgestellt werden.)Von den in den Einbauten entstandenen Räumen <strong>mit</strong> trapezförmigemGr<strong>und</strong>riß wurden die nach der Chorseite liegendenab Sakristei <strong>und</strong> Taufkammer, die anderen für die Unterbringungder Emporentreppen verwandtDie weitere neue Gr<strong>und</strong>rißform, bei der sämtliche Kirchenals Langhausbauten eingerichtet wurden, findet sich zumersten Male als langgestrecktes Achteck bei der Kirche inMehlkehmen (Abb, 23 <strong>und</strong> 24). Auf welches Vorbild <strong>sie</strong>zurückgeht, steht nicht fest. Da selbst Kurfürst Friedrich IILvon der Gründung des Kirchspieles Mehlkehmen Nähereserfuhr, mt es immerhin m&glich, daß derBatwurf zu dieser Kirche von dem späterenköniglichen Baudirektor Qrünberg stammt,der ja im Hauptamte Insterburg i. J. 1655geboren war. Bei den anderen Kirchen dieserGruppe, der zu Norkitten, der litauischenKirche in Tilsit (Abb. 25 <strong>und</strong> 26) <strong>und</strong> derreformierten Kirche in Memel (Abb. 27 <strong>und</strong> 28) ist dasVorbild jedoch bekannt. Es ist dies die Qeorgenkirche inAnhalt-Dessau (vgl. d. Kirchenbau d. Protestanten Abb. 261u. 262). Die elliptische Gr<strong>und</strong>form des Vorbildes ist beiden ostpreußischen Bauten, zu denen auch noch die in. denJahreA 1733 bis 1735 erbaute französisch-reformierte Kirchein Königsberg (vgl. d. Kirchenbau d. Protestanten Abb. 167)gehört, zu einem ßechteck vereinfacht, dessen Schmalseitendurch angesetzte Halbkreise (Norkitten, Tilsit) oder halbeVielecke (Memel, Königsberg) erweitert sind. In einigenEinzelheiten der Gr<strong>und</strong>rißausbildung weichen die Kirchendieser Gruppe jedoch voneinander ab: Die Norkitter Kirchewar zunächst vielleicht auch dreischifüg angelegt, ist aberbald wie ihr Schwesterbau, die Puschdorfer, die ebenfalls eineSchöpfung des Anhalt-Dessauiechen Patronatsherrn ist, ineine einschiffige umgeändert worden. Außer der Orgel- <strong>und</strong>Sängerempore ist noch je eine weitere kleine zu beidenSeiten des Kanzelaltars angeordnet, <strong>und</strong> zwar für dieAngehörigen des Anhalt-Desaauischen Domänenamtes. Unterder Empore rechts vom Altare befindet sich eine kleinehölzerne Zelle als Sakristei. Bei der Tilsitter Kirche istdie Vorziehung von Mittelrisaliten vor die Langseiten derKirche (wie auch bei der Georgenkirche) <strong>und</strong> die Anordnungder Sakristei hinter demKanzelaltar hervorzuheben.Bei der MemelerKirche ist der durchdas Vorziehen derMitteirisaliteangedeuteteQuerschifFscharakter beider Deckenbildung folgerichtigzum Ausdruckgekommen.Bei sämtlichen seitBeginn de? 18. Jahrh<strong>und</strong>ertsbis zum Beginndes 19. Jahrh<strong>und</strong>ertsentstandenen Kirchenwerden Altar <strong>und</strong> Kanzelnach Möglichkeit zusammengelegt<strong>und</strong> in derRegel zum Kanzelaltarvereinigt (s. o.). Orgel<strong>und</strong> Sänger behaltenÄnsioht.GmndriA,Abb. 23 u 24. Kirche zu Mehlkehmen. Erbaut 1699 bis 1706.SSeltv^uift t BMireMB. 72. Jahre;.Ornndriß. . MiiBHt&b 1:600.Abb. 25 u. 26. Lit, Kirche zu TMt Erbaut 1757 bis 1760.41


306 Karl Pfuhl,.Überblick über den protestantischen Kirchenbau in Preußisch-LitauenGrandriß.Abb. 27 u. 28. Reform. Kirche zu Memel vor 1854.BeBondörer Häfistal» in Fofi.ihren als zweckmäßig bef<strong>und</strong>enen Platz auf der Emporegegenüber dem Altar bei. Besondere Taufstätten werdennur noch vereinzelt angelegt, z. B. bei der Kirche in Pillkallen,der Landkirche zu Memel, der Kirche in Trempen<strong>und</strong> Malwischken. Dafür wird es im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert Brauchvor dem Altar einen geschnitzten Tanfengel von der Kirchendecfeefür den Taufatt herabzulassen. Diese Sitte muß jedochbald abgekommen sein, <strong>und</strong> man nahm wieder den früherüblichen Taufstein, seltener Tauftisch in Benutzung. Fallsbesondere Taufplätze oder -statten nicht vorhanden waren,erhielt er seine Aufstellung auf dem Platze vor dem Altar.Die Teilung des Kirchenraumes in drei Schiffe <strong>und</strong> die Anbringungder Emporen in den Seitenschiffen <strong>und</strong> am Endedes Hauptschiffes blieb im allgemeinen üblich. Abweichendhiervon ist außer den Kirchen zu Norkitten <strong>und</strong> Puschdorfnoch die zu Stallupönen (Abb. 29 bis 32, 1. Ausbau) einschiffigangelegt worden. Bis auf Norkilten behalten aberalle die typische Anordnung der Emporen bei. Die Aufstellungdes Kirchengestühles vereinfachte sich durch dieVereinigung von Altar <strong>und</strong> Kanzel wesentlich. Auch dieSonderung nach den verschiedenen Ständen <strong>und</strong> Geschlechternkam während des Jahrh<strong>und</strong>erts in Fortfall, Nur die Kirchenältesten<strong>und</strong> die Patronatsherrsehaft erhielten noch besonderePlätze.Etttwlcklaug des Aufbaues.a) Herstellung der Wände <strong>und</strong> Decken.Die ersten baulichen Anlagen, die der Orden <strong>und</strong> dieihm folgenden An<strong>sie</strong>dler in ihrer neuen Heimat schufen,wurden infolge ihrer Abge-Behlossenheitvon den damaligenKulturländern aus den im Landevorhandenen Baustoffen ausHolz <strong>und</strong> Erde errichtet. Sowurden die ersten Burgen,Kirchen, Wohnhäuser der Bürger<strong>und</strong> die Stadtumwehrungenaus diesen Stoffen erbaut. DieseHerstellungsart ermöglichte es,daß Burgen <strong>und</strong> Städte <strong>mit</strong>unterverlegt wurden, so z. B.auch Memel. An die Stelledieser Baustoffe, die natürlichfür die Ordensbauten nur Notbehelfwaren, trat bald dasMauerwerk aus den im Land©vorhandenen GranitÖndlingssteinen<strong>und</strong> vor <strong>allem</strong> das ausZiegelsteinen. Die alte Bauweiseblieb auf dem Lande in Brauch<strong>und</strong> wurde durch die eingewandertendeutschen An<strong>sie</strong>dler zueiner bodenständigen, den Anforderungendes Klimas genügendenvervollständigtDie älteste, noch jetzt in Preußen gebräuchliche Holzbauweiseist der „Gehrsaß" {Blockwand)-Bau. Bei ihmliegen die sämtlichen Hölzer wagerecht, <strong>und</strong> zwar in derl\Qaerechnitt. Erster Ansbaa. Quer^ohiiitt. Zweiter AD$1)IID.'• XaAnakht.Abb. 24 bis 32. Kirche zu StaÜupönen. Erbaut 1723 bis 1726.TurDi von 1770.


von der Reformation bis zura Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 307Art, daß die Lagerfugea zweier Stämme der einen Wandum eine halbe Stammhöhe gegen die der <strong>sie</strong> kreuzenden Wändeversetzt <strong>und</strong> die Stämme beider Wände <strong>mit</strong>unter schwalbenschwanzförmigverschränkt sind.Einen technischen Fortschritt gegenüber dem Gehrsaßbau.bedeutete die Bauweise <strong>mit</strong> Ständern <strong>und</strong> Füllholzdie bei schwieriger Herstellung eine bedeutende Holzersparnisergab. Ihre Anwendung ordnete daher auch der sparsameFriedrich Wilhelm I. bei der Be<strong>sie</strong>dlung Litauens ausdrücklicheinmal an. („Was aber die Schulen anbelangt, so solltendieselben sogleich gebaut, inzwischen nicht gegehrsaßt, sondernnur gefüUet wissen, weil jenes zuviel Holz wegnehme)."Kirchen in diesen Holzbauweisen waren in Pr.-Litauenerrichtet in Schirwindt, Mehlkehmen, Schwarzort, Karkeln,Deutsch-Krottingen usw.Neben dem reinen Holzbau ist auch der Fachwerisbauseit der Kolonisation des Landes durch die deutschen An<strong>sie</strong>dlerhier heimisch geworden, <strong>und</strong> zwar hauptsächlich in seinemfltldwestlichen Teile. Bei den älteren ländlichen Fachwerksbauten,<strong>und</strong> zwar aus der Zeit des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, sind dieOefache nahezu quadratisch, Sie haben je eine diagonalgestellte Strebe, die insgesamt betrachtet, wenn auch durchdie eigentlichen Fachwerkshölzer getrennt, lauter liegendeAndreaskreuze <strong>mit</strong>einander bilden. In späterer Zeit werdendie Streben beim Fachwerk seltener angewandt. Es hängtdies <strong>mit</strong> der Ausfüllung der Gefache zusammen. Diese warin der pri<strong>mit</strong>ivsten Art nur Reisigwerk, das von beidenSeiten <strong>mit</strong> Lehm beworfen wurde. Bei späteren Bauten wird<strong>sie</strong> Ziegelmauerwerk <strong>und</strong> deshalb auch das Fachwerfc entsprechendstandsicher. In „Fach- <strong>und</strong> Bindwerk" warenhergestellt die Kirchen in Öumbinnen, Balleten, Coadjuten,Jodlauken, Karkeln (von dieser letzten ist ausdrücklichüberliefert, daß ihre Wände aus Weidengefiecht <strong>mit</strong> Lehmbestanden hätten.)Massive Wände wurden, da Ziegelsteine schwierigzu beschaffen waren, oft aus großen Feldsteinen hergestellt.Auch für F<strong>und</strong>amente wurden vorzugsweise Feldsteine verwandt.Die Ecken, Fenster- <strong>und</strong> Türumrahmungen wurdendann meistens in Ziegelmauerwerk ausgeführt. Bei einfacherenBauten der Landbevölkerung wurden vielfach anstelle 'des Ziögelmauerwerka für die Fenster <strong>und</strong> Türen starkeBahmen aus Eichenholz eingesetzt.Die F<strong>und</strong>amentienmg der Holzbauten war sehr behelfsmäßig.Sie bestand zunächst üur darin, daß die Hausecken<strong>und</strong> nach Bedarf auch Zwischenpunkte auf größere Steineaufgelagert wurden. Erst nach Fertigstellung des Gebäudeswurde dann das F<strong>und</strong>amentmauerwerk zwischen den Auflegereteioenvervollständigt. Als Mörtel diente dabei für gewöhnlichnur nasser Lehm.Selbst für massive Gebäude wurden F<strong>und</strong>amente ausFindlingssteinen <strong>mit</strong> Lehmmörtel ausgeführt, <strong>was</strong> für diekleinen landwirtschaftlichen Gebäude genügte, für die größerenKirchen aber nicht ausreichte. Um den Außenmauern einenstärkeren Halt zu geben, wurden ihnen außen vielfach Strebepfeilervorgelegt, auch wenn ein Gewölbedruck nicht aufzunehmenwar. Durch diese ungenügende F<strong>und</strong>amentierungißt sicherlich oft die in den Kirchenbüchern erwähnte notwendiggewordene „Erneuerung der Kirchen von Gr<strong>und</strong> auf"veranlaßt worden.Eine weitere Bauweise für massive Wände dürfte, vielleichtschon seit der heidnischen Zeit Litauens, der Lehmschichtbau(nicht Lehmstampfbau) gewesen sein. Seine sehr einfacheAusführung besteht darin, daß dicker — <strong>mit</strong> kurzgehacktemStroh oder Heu durchmischter — Lehm ohne besondere Ein-Schalung übereinander geschichtet wird. Zum besserenAnhaften von Kalkputz werden in den bereits eingebauten,aber noch feuchten Lehm Stein- oder Holzstücke eingedrückt.Die Stärke der Wände'ist entsprechend der Bauweise oft andemselben Bauwerk sehr verschieden, <strong>und</strong> schwankt <strong>mit</strong>unterzwischen" 60 cm <strong>und</strong> 1 m.Da der Sehichtbau wohl nur für kleinere BaulichkeitenVerwendung fand, scheint er allmähheh wenigstens in Pr.-Litauen in Vergessenheit geraten zu sein, während er inRussisch-Litauen auch jetzt noch vielfach angewandt wird.Um die Wende zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert erinnert David Gilly(Handbuch der Land-Bau-Kunst Teil 3), daß nach PliniusLehmgebäude bereits in Griechenland, Italien <strong>und</strong> öaUienbekannt gewesen sind. Aus verschiedenen in einem Artikelder „Hamburger Keuen Zeitung" (Jahrgang 1803, 150. Stück)angeführten Tatsachen folgert er dann, daß die Erfindung desLehmstampfbaues in Deutschland gemacht wurde. Die indiesem Artikel erwähnte Vervollkommnung der Lehmbauweisein Deutschland am Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts setzt aber vorausdaß eine einfachere bereits seit früher, <strong>und</strong> zwar sicherlichseit altersher in Brauch war. In der Tat ist es nicht ausgeschlossen,daß ein aufmerksamer Beobachter der Natur durchdiese (Schwalbe bei Nestbau) auf die Bauweise hingewiesen ist.Neben diese Bauweisen, die immer noch in Brauch sind,trat bald nach der Festsetzung des Ordens in Preußen derZiegelbau, den dieser vor <strong>allem</strong> in Oberitalien kennengelernthatte. Die Anwendung des schwer herbeizuschaffenden Werksteinesbeschränkte sich auf einige Sonderfälle.Bei dar baulichen Durchbildung des Kircheninnernsind die vom Orden sonst so oft angewandten SterngewBibein seinen litauischen Niederlassungnn selten — wohl nurbei den Komtursitzen — zur Ausführung gekommen. Sowissen wir von Memel, daß die später zu einem Brauhausumgewandelte bisehöfliche Kathedrale massive Gewölbe, wahrscheinlichSterngewölbe hatte. Auch iip Ragniter Schloßsind Sterngewölbe nachgewiesen worden. Im aUgeraeinenbegnügte der Orden sich bei Landkirehen <strong>mit</strong> einer Bretterdecke,die in der Eegel Gewölbeform erhielt. Aus der Nachordenszeitstammen als massive Kirchendecken wohl nur- dieSterngewölbe derMemeler Stadtkirche. Bei sämtlichen anderenKirchen in Pr.-Litauen wurden die Decken in der Eegel ausgewölbten oder flachen Bretterverschalungen <strong>mit</strong> StuckOberzughergestellt, nur vereinzelt findet man massive Gewölbebei den Grüften vornehmer Patronatsherren.b) Herstellung der Dächer <strong>und</strong> TUrme.Die Ausbildung der Kirchen- <strong>und</strong> auch der meistenTurmdächer war entsprechend dem rauhen Klima einfach <strong>und</strong>zweckmäßig. Als Eindeokung<strong>mit</strong>tel verwandte man zunächstSchilf <strong>und</strong> Stroh. Charakteristisch ist bei Ihnendie Firstverzierung durch Strohpuppen. Zum Schutze derAußenwände erhielten d^e Dächer an den Giebeln <strong>und</strong> Traufseiteueinen Überstand von 60 bis 70 cm, Der Form nach warenes Satteldächer, deren Giebel entweder senkrecht hocbgefübrt41»


308 Karl Pfuhl, Überblick über den Protestantin oheo Kirchenbau in Preußisch-Litauen<strong>und</strong> verbreitert oder (besonders für Litauen typisch) teilweisehoehgeführt <strong>und</strong> dann abgewalmt wurden. Mit Stroh wareneingedeckt die Kirchen zu Schirwindt (erbaut 1675), Mehikehmen(erbaut 1692), Schwarzort (erbaut 1794) u.a.Die Eindecfcung <strong>mit</strong> Mönch <strong>und</strong> Nonne wurde seltenangewandt, hauptsächlich jedoch das bis heute in Pr.-Litauenbesonders geschätzte Pfannendach. Die Eindeckung flacherTurmdächer erfolgte für gewöhnlich <strong>mit</strong> Pfannen, beisteileren, namentlich auch bei gebogenen Dachflächen <strong>mit</strong>Schindeln (z. B. Dachreiter der lit. Kirche Tilsit); <strong>mit</strong>unterwurde auch Blecheindeckung angewandt, so bei den Türmender Insterburger <strong>und</strong> Tilsiter (Deutschen) Kirche.Die ältesten in Pr.-Litauen überhaupt noch erhaltenengrößeren Dachkonstruktionen sind die der beidenerzpriesterlichen Kirchen zu Tilsit <strong>und</strong> Insterburg. Bei ihnenist sowohl der stehende wie auch der liegende Stuhl angewandtworden. Auch in der Folgezeit werden beide Stuhl©benutzt, <strong>und</strong> zwar bei demselben Binder übereinander <strong>und</strong>nebeneinander. Das Prinzip, durch die dreischiffige Anlagedes Kircheninnern die Möglichkeit zum Aufsetzen der Stuhlsäulendes stehenden Stuhles zu erhalten, ist \'erhältnismäßigselten klar durchgeführt, oder Yielleicht auch nur durch nachträglicheHinzufügungen <strong>und</strong> Umbauten oftmals unkenntlichgemacht worden."Wurde die Mittelschiffdecke gewölbt, d. h. für gewöhnlichdurch ein hölzernes Tonnengewölbe in die Dachkonstruktion<strong>mit</strong> einbezogen, so ließ man die als Binderbalkendienenden Deckenbalken im Mittelschiff entweder sichtbardurchgehen (Kirche zu Bilderweitschen, Deutsch Krottingen)oder ersetzte <strong>sie</strong> im Mittelschiff durch eiserne Zugstangen(Kirche zu PillkaUen, Abb. 40) oder man schnitt <strong>sie</strong> bei denSäulenstellungen ab <strong>und</strong> versteifte dann die Binder in derEegel durch aufgelegte Zangen, die • von dem unteren Endedes einen zu dem oberen Ende des gegenüberliegenden Sparrengingen (Abb. 32). Auf die Anordnung von zwei verschiedenen<strong>mit</strong>einander abwechselnden Bindern bei demselbenDache (Kirche zu Deutsch Krottingen) sei noch hingewiesen.Das Hängewerk, <strong>und</strong> zwar das doppelte, ist zum erstenMale bei der Norkitter Kirche zur Unterstützung der stehendenStühle angewandt worden.Die Längsversteifung des Daches erfolgte bei Bindern<strong>mit</strong> stehenden Stühlen außer durch Kopfbänder der Stuhlsäulennoch durch Windrispen oder schräg gestellte, dieSchwellen, Stuhlsäulen <strong>und</strong> Rahme fassende Hölzer, oderauch durch Andreaskreuze zwischen den Schwellen <strong>und</strong>Rahmen (ein Kreuz zwischen zwei Bindern). Bei Anwendungdes liegenden Stuhles kamen im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert diese Längsversteifungennur noch selten zur Anwendung. Dafür erhieltendie Stuhlsäulen gewöhnlich nur Kopf- <strong>und</strong> Fußbänder.Die gebräuchlichste Dachform war das Satteldach-Die ersten Kirchen <strong>mit</strong> Mansardendächern wurden in Pr.-Litauen zur Zeit Friedrich Wilhelms I. errichtet, nämlich dieau Stallupönen (Abb. 29 bis 32) <strong>und</strong> diö Reformierte Kirchein Gumbinnen (Abb. 7 <strong>und</strong> 8). Nachahmung hat diese Dachformim Lande jedoch kaum gef<strong>und</strong>en. Bei den Zeltdächernder achtseitigen Kirchen, wie auch bei den vielseitig endigendenSatteldächern, sind die Bindergesperre unter den Gratenangeordnet. An Stelle des Längsverbandes ist ein Verbandgegen die Drehung des Daches ausgeführt.Die Aufhängung der Glocken bei den einfachen Kirchenohne Turm erfolgte entweder in einem Glockenstuhl aufdem Kirchenboden, <strong>und</strong> zwar in der Eegel an der dem Chorgegenüberliegenden Seite, oder in besonderen Glookenbäusemaus Fachwerk, z. B. in Puschdorf <strong>und</strong> Norkitten, oder ausZiegeln wie z. B, in Kleschowen. Wohlhabendere Gemeindenließen stattliche Turme oder mindestens Dachreiter anlegen.Bei der Herstellung der eigentlichen hölzernen Turmspitzeist in ihren sich verjüngenden Teilen stets der Kaiserstil,sonst das vielseitige Prisma verwandt worden, das oft.folgerichtig — zur Herabminderung der Erschütterungen infolgeder Glocken Schwingungen — innerhalb der Mauern bis zurHöhe der Kirchendecke herabgeführt ist (z.B. bei der DeutschenKirche zu Tilsit).Entwlcklnng der klrehüehen Kunst.a) Einteilung In einzelne Kunstepochen.Wie die kirchliche <strong>und</strong> deutsche Kultur dem Landenicht stetig <strong>und</strong> gleichförmig, sondern gleichsam in einzelneuWellenschlägen über<strong>mit</strong>telt wurde, so auch" die Kunst. Seitder Eroberung Pr.-Litauens durch den Deutschen Orden bliebes von der Kunstentwicklung Preußens abhängig, wenngleichsich im Laufe der Zeit gewisse echt litauische Schmuckformenherausgebildet haben, die noch heute von den Handwerkernauf dem Lande angewandt werden (vgl. Bötticher VUE,Abb, 25 bis C4 <strong>und</strong> Dethlefsen, Bauernhäuser <strong>und</strong> Holzkirchenin Ostpreußen, Tafel 1 bis 8). Doch auch diesesind zum geringsten Teile litauischen Ursprungs. Yielmehrgehen <strong>sie</strong> in der Hauptsache auf preußische bzw. deutscheVorbilder zurück. Bei der kirchlichen Kunst im Landespielen <strong>sie</strong> nur eine untergeordnete Rolle.Da das Patronat bei fast sämtlichen Kirchen Preußens<strong>mit</strong> der Eeformation in die Hände des Landeaherm überging<strong>und</strong> dort auch Jahrh<strong>und</strong>erte hindurch blieb, ist die kirchlicheKunst vielfach <strong>mit</strong> der höfischen verknüpft <strong>und</strong> folgt —wenn auch in Pr.-Litauen <strong>mit</strong> einem gewissen Abstand —deren Entwicklung. Daher ist es auch hier möglich, dieEntwicklung der kirchlichen Kunst nach der Kegierungszeitder einzelnen Landesherren einzuteilen, da deren persönlicheNeigungen ja vielfach für das Heranziehen der Künstler <strong>und</strong>das Aufkommen der neuen Kunstanschauungen maßgebendwaren. So ist der Einfluß Albrechts, Georg Friedrichs <strong>und</strong>dann- der einzelnen brandenburgischen Herrscher, beginnend<strong>mit</strong> der Zeit des Großen Kurfürsten, auf die kunstgeschichtlicheEntwicklung des Landes unverkennbar.b) QrdenazeltDie erste Kunstübung hier war die gotische. Siewurde <strong>mit</strong> dem Orden nach Preußen gebracht <strong>und</strong> verkörperteso recht die Eigenart seines Wesens. Ist von den Werkender Baukunst kein einziges in Pr.-Litauen unverändert aufunsere Zeit gekommen, so ist uns von denen der Bildnerei wenigstenseins noch erhalten, nämlich der spätgotische Altaraufsatzder Kirche in Kallningken (Abb. 33).c) Zell Herzog AlbrecMs.Bald nach der Reformation wurde die Gotik im Landeabgelöst durch die Henaissance, die durch Herzog Albrechtin Preußen heimisch wurde, <strong>und</strong> zwar zunächst in ihrerfränkischen <strong>und</strong> dann vor <strong>allem</strong> in ihrer niederländischenAusprägung. Der Herzog stammte ja aus Franken <strong>und</strong> war


vöE der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 309Für seine landesherrliche Baulätigkeit schuf sich derHerzog eine besondere Organisation. Bei dem patriarchalischenCharakter der Regierungstätigkeit Älbrechts <strong>und</strong> seinerlebendigen Anteilnahme, insbesondere an Neubauten, scheinter jedoch selbst die Seele der damaligen baukünstlerischen^estrebuDgen im Lande gewesen sein. Von Königsbergbreitete die neue Kunst sich allmählich über das ganzeHerzogtum aus. Da die Handwerker in den kleinen Städtenden baulichen <strong>und</strong> künstlerischen Anforderungen des herzoglichenHofamtes meistens nicht genügten, wurden solche vonKönigsberg in Gruppen bis zu 30 Mann dorthin gesandt, soz. B. nach Memel, das übrigens für die dortigen großenAufgaben (Arbeiten an der Befestigung der Stadt <strong>und</strong> Umbaudes Schlosses) einen besonderen Baumeister erhielt.Schon in den letzten Jahren Älbrechts wurde die bisherigePflege <strong>und</strong> Förderung der neuen Lebens- <strong>und</strong> Kunstanschauungdurch den preußischen Hof stark eingeschränkt,ja nach seinem Tode fast völlig vernachlässigt. Die Verbreitungder neuen Formen im Lande selbst nahm jedochwenn auch in bescheidenen Grenzen, ihren Fortgang.Bei der baukünstlerischen Gestaltung der Kirchengebäudehielt man indes noch an den altüberlieferten <strong>und</strong> durch dieGewohnheit geheiligten Formen fest, so daß vorläufig kein„wälseher Giebel" <strong>und</strong> keine „wälsche Haube" zur Ausführunggelangte. Die spitzbogigen, gotisch profilierten Fenster<strong>und</strong> Türen blieben ebenfalls in Brauch, sowie bei gewölbtenmassiven Decken das noch immer außerordentlich geschätzteSterngewölbe.Für die Ausstattung der Gotteshäuser <strong>mit</strong> Werken derBildnerei <strong>und</strong> Malerei kamen zu den aus der katholischenZeit stammenden gotischen Ausstattungsstücken sicherlichschon weitere in den Formen der Renaissance hinzu, wenngleichauch keines davon zurzeit nachweisbar ist.Abb. 33. Kirche zu Eallningkea. Altar.in seiner Jugend viel in Nürnberg gewesen, das ihn für diehumanistische Bildung <strong>und</strong> für die dortige, neue Kunstmächtig begeistert hatte. Mit Älbrecht Dürer <strong>und</strong> PeterVischer trat er in Verbindung. Weiterhin knüpfte er auch<strong>mit</strong> Lucas Kranach Beziehungen an <strong>und</strong> bestellte bei ihmim Jahre 1516 bereits vier Tafelbilder <strong>und</strong> im nächstenJahre einen „Herkules, der einen nackenden Kerl zuTode drückt". • ^Durch Zuziehuüg zunächst fränkischer, dann auch niederläwÜBcherKünstler <strong>und</strong> Handwerker nach seiner preußischenResidenz suchte der Herzog die herabgesunkene künstlerische<strong>und</strong> handwerkliche Leistung wieder zu beleben <strong>und</strong> <strong>mit</strong> neuemGeiste zu erfüllen. Um selbst über die hervorragendstenBauwerke seiner Zeit unterrichtet zusein, legte dieser nordischeEenaiasancefüret sich Tinter großen Kosten eine bedeutendeSammlung von architektonischen Rissen <strong>und</strong> Modellen an, <strong>und</strong>—• um die bedeutend sten Männer seiner Zeit wenigstens im Bildebei sich zu haben — beschaffte er sich eine umfangreiche Porträt-Sammlung von ihnen. Beide Sammlungen, besonders- aberdie architektonische, erregten die Bew<strong>und</strong>erung seiner Zeitgenossen,<strong>und</strong> fremde Fürstenhöfe <strong>und</strong> Städte bemühten sich,von ihm leihweise Risse als Vorlagen für ihre Bauten zuerlangen.d) Zeit Georg Friedrichs bis Mitte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts.Neue Anregungen <strong>und</strong> neue Ziele bekam die Kunatübungin Preußen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> in Litauen durch die Regentschaftstätigkeitdes prachtliobenden Georg Friedrich. Aucher zog Handwerker, <strong>und</strong> zwar aus Süd- <strong>und</strong> Westdeutschland,nach Preußen, hauptsächlich für seine umfangsreichen Erweiterungs-<strong>und</strong> Umbauten am Königsberger Schlosse (s, o.).Trotzdem wurden bei dem Bau der Gotteshäuser auchweiter viele Stilemente der Gotik beibehalten. War dochselbst bei der zweiten Deckenausführung der KönigsbergerSchloßkirche das Sterngewölbe zur Anwendung gekommen,<strong>und</strong> die Insterburger <strong>und</strong> wahrscheinlich auch die TilsiterKirche waren als unverputzte Backsteinbauten zur Ausführunggelangt. Auch der gotisch profilierte Spitzbogen bleibtnoch in Anwendung. Bei den späteren Kirchen tritt dannder Kalkverputz der Backsteinbauten auf. Er wird in derFolgezeit bevorzugt, um den Gebäuden das Aussehen vonWerkstein bauten zu geben.Der innere Ausbau der Insterburger (Abb. 34) <strong>und</strong> derTilsiter Kirche ist jedoch durchaus im Geiste des Renaissancestileserfolgt. Die Kirchendecke wurde als flache oder gewölbteHolzdecke liergestellt <strong>und</strong> durch Malerei, vielleicht auchStukkatur verziert. Dieses geschah in Nachahmung derAusschmückung der Schloßkirche, von der hervorgehobenwird, daß <strong>sie</strong> „höchlich verzieret nud <strong>mit</strong> feinem Goldglanzauspolieret war". Eine für die damalige Zeit recht guteAusmalung erhielt die Insterburger Kirche. Bei ihr sinddie Decken der einzelnen Schiffe durch aufgemaltes Leistenwerkin verschiedene Haupt- <strong>und</strong> Nebenfelder eingeteilt, indenen die Werke der Schöpfung, Erlösung <strong>und</strong> Heiligungin Haupt- <strong>und</strong> Nebendarsteilungen abgebildet sind. Auf dasLeistenwerk aufgemalte Banken <strong>und</strong> Bibelsprüche vervollständigendie Wirkung des Ganzen. Die Malerei stammtvon Michael Zeigermann (vielleicht einem Nachkommen des


310 Karl Pfuhl, Überblick iib&r den protestantischen Kirohenbau in Preußisch-LitauenOrgelbauers Zickerraann inEammiü) <strong>und</strong> von HansMenio aus Königsberg.Die Ausstattung derKirchen <strong>mit</strong> Altären, Kanzeln,Taufkapellen, Emporen,Gestühl, Beichtstühlen usw.,vor <strong>allem</strong> aber <strong>mit</strong> Epitaphien•wurde in den Formen derRenaissance hergestellt. Vonihnen si nd hervorragende"Werke noch in der Insterburger<strong>und</strong> Tilsiter Kircheerhalten. Als -wichtigesMittel zur Gliederung wurdenantiki<strong>sie</strong>rende Säulen,Pfeiler <strong>und</strong> Geballt angewandt,In die Zwickelzwischen Archivolte, Architrav<strong>und</strong> Säule oder Pfeilertraten Genien in Relief. Dievorspringenden Glieder wurdenmeist nach unten <strong>mit</strong>rostartigen Körben abgeschlossen,die dicht <strong>mit</strong>Früchten <strong>und</strong> Blumen gefülltsind. Die durchweg korinthischenSäulen haben wohlzunächst glatten Schaft. Ihreattische Basis sitzt vielfachauf einem reichornamentiertenSockel. Mindestens dasunterste Drittel des Säulen-Schaftes ist in der Eegelreich verziert. An seinemoberen Ende erhält er <strong>mit</strong>unterdurch faltig dargestelltenTuchbehang nocheine Bereicherung.Hauptsächlich angewandtwurde die neue Kunstformhei dem Ältaraufsatz.Dieser ist im Vergleich zumgotischen Schrein gewaltiggewachsen. Durch die Übertragungder Architekturforinen auf ilin wird er von der Fredellaausgehend in mehrere Geschosse <strong>und</strong> diese wiederum inmehrere Felder eingeteilt. Das Mittelfeld des Hauptgeschosseswird <strong>mit</strong>unter noch als Ältarschrein ausgebdclet (Insterburg:Die Flügel sind an den Säulen befestigt imd drehen sich <strong>mit</strong>ihnen gemeinschaftlich) oder es erliielt liier das Hauptbildseinen Platz (Tilsit). In den übrigen Feldern — namentlich•den Mittelfeldern der anderen Geschosse — sind Gemäldeoder — hauptsächlich in den Seitenfeldern — biblische <strong>und</strong>Engelsgestalten in Holzschnitzerei angeordnet. Die Bekrönungbüdet die Gestalt des segnenden Heilandes oder das Lamra<strong>mit</strong> der Siegesfahne.Die Kanzel, die zunächst an einem Pfeiler des Kirchenschiffesangelehnt war, wurde von einer biblischen GestaltAbb. 34. LUUL Kirche ia Iiisterbarg. loneüatibicht auf Kanzel tiod Altar.(Tilsit: Moses) getragen oder war an ihm aufgehängt <strong>und</strong>endigte nach unten, frei z. B. in einer Weintraube (Insterburg).Im Gr<strong>und</strong>riß ist <strong>sie</strong> sechs- oder achteckig. An denEcken erhielt <strong>sie</strong> meistens kleine korinthische Säulen. IhreBrüstungsfelder wurden <strong>mit</strong> den geschnitzten oder aufgemaltenGestalten Christi <strong>und</strong> der vier Evangelisten geschmückt. DieBrüstungen der Kanzeltreppe sind ebenfalls durch Säulen,Kartyatiden USW. in Felder geteilt, die die Bildnisse von Paulus,Petrusjohannes des Täufers u. a. enthalten. Der Schalldeckelist an derselben Säule befestigt wie die Kanzel, Auf ihmsind für gewöhnlich Engel <strong>mit</strong> Christi Marterwerlizeugen angeordnet.Seinen Abschluß bildet ein Pelikan, der sich fürseine Jungen die Brust zerfleischt (Insterburg), oder auchein Engel <strong>mit</strong> Wage <strong>und</strong> flammendem Schwert (Tilsit) usw.


von der Reformatio^ bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 311,: .-, . Abb. 35. Deutsche Kirche zu Tilsit. Taufkapelle.Von der Insterburger Kanzel ist uns überliefert, daß <strong>sie</strong> imJahre 1644 von dem kurfürstlichen Hofmaler in KönigsbergPhilipp Westphal ausgemalt wurde. Nach Pisanski (Herausgabevon Meckelburg, S. 301 bis 302) hat er „<strong>mit</strong> Hilfe derrechten Hand <strong>und</strong> der Finger an derselben so vorteilhaftgemalt, daß nach dem Urteile aller Kenner nicht mehr Zierde,Anmut <strong>und</strong> Lieblichkeit darin hätte erscheinen können, wennauch der allerfeinste Pinsel der "Welt dazu gebraucht wäre".Von den noch vorhandenen Taufkapellenist die Insterburger die älteste. Ihre Apostelerinnern an die der Sebalduskirche in Nürnberg.Vielleicht stammt auch die Tilsiter Taufkapelle(Abb. 35) nooh aus der ersten Hälftedes 17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Auffallend an ihr sinddie überschlanken Säulen, die <strong>mit</strong> jonischenHermenpilastera abwechseln. Bei der 1650erbauten Taufkapelle zu Pillkallen wechselnebenfalls eigenartige Säulen <strong>mit</strong> Hermen ab.Ihr Aufsatz über der Eingangstür zeigt in Schnitzwerkdie Taufe Christi. Bemerkt sei noch, daß dieEingangslür dieser wie auch der Tilsiter Taufkapelleden Doppeladler trägt, wahrscheinlich als Hinweisauf das heilige römische Reich deutscher Nation.Orgein aus dieser Zeit sind nicht mehr'erhalten.Von der Insterburger wissen wir, daß <strong>sie</strong> Zickermannaus Kammin in Pommern angefertigt hat, vondem auch die in der Pfarrkirche zu Danzig stammte.Das Gestühl hat im allgemeinen keine besondereAusbildung erfahren. Bei der InsterburgerKirche ist es von einer Brüstungswand umgeben,deren Aussehen Abb. 34 zum Teil zeigt.Von Epitaphien sind einige in guter Ausführungnoch erhalten. Ihre architektonische Gliederung entsprichtder der Altarwand. In ihrem Haupt<strong>mit</strong>telfeldwar die Gestalt des Verstorbenen dargestellt Mitunterwurden die AVandepitaphien auch in derForm eines Triumphbogens angelegt, in dem dannder oder die Verstorbenen kniend wiedergegebensind (Bötticher V, Abb. 39).e) Zeit des Großen Kurfürsten <strong>und</strong> Friedrichs I.Diese eben beschriebene Formenwelt der kirchlichenKunst blieb noch mehere Jahrzehnte nach der VereinigungPreußens <strong>mit</strong> Brandenburg in Anwendung. Mit maßgebenddafür war wohl auch der konservative Geist der lutherischenGemeinden, die sich durch Anwendung der alten Zierformenbei ihrer Kirchenausstattung vielleicht in bewußten Gegensatzstellen wollten zu dem neuen kalvinistischen Geiste,der nach dem Übertritt Johann Siegism<strong>und</strong>s zur reformiertenLehre von Berlin ausging. Erst im Laufe der Regiemngszeitdes Großen Kurfürsten wurde die kunstgeschichtlieheEntwicklung Preußens <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auch Pr.-Litauens mehr von der Brandenburgs abhängig.Es kamen daher jetzt von Berlin ausdie Auswüchse der Renaissance nach Preußen<strong>und</strong> bald auch die Formen des Barocks, <strong>und</strong>zwar in seiner niederländischen Entwicklung.AiiEiclit.Ansicht,• • •1—>Or<strong>und</strong>riß.j•—•—1 •-.-•.....I1, 1Abb. 36 U.-37. Eirche zu Georgonburg. Erbaut 1693,umgebaut 1857. Türm erhöht 1847.GroudriS,Abli. 38 u. 39. Eirche I 1^ Mauerwerk von 1686.zu Pillupönen. Gebäude erneuert 1777/78.Turm fertiggestellt 1816.


312 Karl Pfahl, Überblick über den protestantischen Kircheabau in Preußisch-LitauenAbb. 40. Kirclie zu Pillkallen. Kanzelaltar <strong>und</strong> Beichtstühle.Auf den innig-en Zusammenhang der jetzt gepflegten Kunst*anschauungen Brandenburg-Preußens <strong>mit</strong> denen der Niederlandedeutet außer der Kirche in Lappienen auch die reformierteBurgltirche in Königsberg hin (vgl. Bötticher I, S. 106 ff.)die beide auf un<strong>mit</strong>telbare niederländische Anregungen zurüctgehen.Die Entwicklung dieser Kunstanschauungen, derenAnilnge auch für Pr.-Litauen noch in der Zeit des GroßenKurfürsten liegen, nahm unter Friedrieh I. ihren Fortgang.Bei den im letzten Drittel des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong>dem Beginn des nächsten aufgeführten Kirchen kann manbereits die beginnende Anwendung der neuen Formen feststellen.Die nunmehr entstandenen Bauten sind die zuLappienien (Abb. 15 bis 19), die (litauische Kirche) zu Memel(Abb. 5 u. 6), die zu Niebudszen, Georgenburg (Abb. 36 u. 37),Trempen (Abb. 11 <strong>und</strong> 13), Pillupönen (Abb. 38 <strong>und</strong> 39) <strong>und</strong>Heindchswalde <strong>und</strong> der Turm der deutschen Kirche zu Tilsit(Abb. 3 u, 4). Noch immer tritt gelegentlich der Backsteinbauohne Putz auf (Niebudszen <strong>und</strong> Georgenburg). Auch Fenster<strong>mit</strong> Spitzbogen kommen noch vereinzelt vor (Niebudszen). Neuhinzu tritt der E<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Stichbogen. Fast durchweg erhaltendie Fenster jetzt rechteckige Umrahmungen (die bei Niebudzendiu-ch ein Gesims gekrönt werden); auch Strebepfeiler tretennoch auf (Trempen), reichen aber dann nicht mehr bis zumGesims des Daches (Ausnahme Memel). Mitunter erfolgtihre Umwandlung zu Pilastern (Lappienien) oder auch nurzu Lisencn (Georgenbürg). Eine besondere architektonischeBetonung des Haupteingangs findet selten statt (Lappienen).Als Dachform kommt nur das Satteldach zur Anwendung, dasbei vielseitigem Chorschluß vielseitig geschlossen, sonst aberals Giebeldach ausgeführt ist. Eine besondere Giebelausbildungwird selten aufgeführt, z. B. in Lappienen. Bei derAusführung der Turmspitzen wird jetzt die geschweifte ForniAbb. 41. Kirclie zu Pillupönen. Kanzelaltar.bevorzugt, bei der die einzelnen Hauben durch Einfügungvon prismatischen Körpern (Heinrichswalde) oder offenen Gfilerien(Tilsit, Lappienen), voneinander getrennt werden.Wie gelegentlich schon im Äußern erhielten auch imInnern die Pfeiler, Pilaster <strong>und</strong> Säulen eine auf die toskanischeoder korinthische zurückgehende Form. Neben der flachenKirchendöcke <strong>und</strong> ihrer Verbindung <strong>mit</strong> der gewölbten(Mittelschiff flach, Seitenschiffe tonnen gewölbt) bleibt auchjetzt das Sterngewölbe in massiver Ausführung (Memel,lutherische Stadtkirche) <strong>und</strong> in Holzkonstrufction (Lappienen)vereinzelt in Anwendung.Die Entwicklung der Formen weit ist am besten an dennoch immer vorzugsweise in Holzschnitzerei hergestelltenAusstattungsstücken zu verfolgen. Die Benaissanceformenbleiben im allgemeinen bis zur Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts inBrauch. Nach vereinzelten, früheren Andeutungen tritt jetztdie Umbildung der Formen in die Knorpel- <strong>und</strong> Teichornamenteein. „Das für die vorhergehende Periode so charakteristischeRiemen- <strong>und</strong> Bandwerk macht jetzt viel unbestimmteren,verschwommenen, knorpelartigen Bildungen Platz, die, wieaus herabträufelndem Kuchenteich ohne feste Umrisse gefertigt,mehr an organische als an Werkformen erioDern <strong>und</strong> auseinem ähnlichen Umwandlungsprozeß wie das Rokoko ausdem Barockornament entstanden sind" (<strong>Borrmann</strong>).Ein für Pr.-Litauen sehr frühes Beispiel dieser Formenist die Kanzel <strong>und</strong> der Altar der Kirche zu Puschdorf (beidevon 1638). Es folgen um 1650 der Altar (Abb. 40) <strong>und</strong> dieTaufkapelle zu Pillkallen <strong>und</strong> der Altar zu Tilsit.Zur selben Zeit beginnt aber auch schon der Einflußdes Barock. Das Gebälk Über den Kapitalen wird verkröpft.Der bisher gerade Säuleoschaft wird gew<strong>und</strong>en (Kanzel zuIschdaggen <strong>und</strong> zu Szabienen, letztere s. Bötticher V., Abb. 89).


TOa der Beformation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 313Zu den bisher angewandten Kapitalen kommt nbch dasi-ömisch-Vomposife, An. Stelle der imklaren verschnörkeltenFormen der letzten Kenaiseancezeit tritt die klare Linienführungbesonders der dürren Äkanthueranke. Die noch immerbeliebten geechnitzten biblischen Gestalten wetden lebhafter.Vielfach werden jetzt kleine Putten angewandt Die „Äuaetaffierung"der Schnitzereien <strong>mit</strong> anheimelnden Farben wirdzunächst beibehalten. Aber auch die Bemalung <strong>mit</strong> Weiß<strong>und</strong> dold ttitt schon auf (Lappienen, Kanxelaltarj Abb. 19<strong>und</strong> Orgel).Die, beste Möglichkeit für die Entfaltung der neuenStiiformen bietet wieder der Altaraufsatz. Wohl der erste—^ allerdings 1772 umgebaute — der neuen Kunstanschauungin Fr.-Litauen ist der] von Karkeln (Bötticher "V, Abb. -45).Dazu kommen et<strong>was</strong> später (bis zur Pestzeit) die Altäre bzw.Kanzelaltäre zu Nemmersdorf (Bötticher V, Abb. 63], Pillupönen(Abb.41), Budweten,Trsmpen, Isehdaggen,Georgenburg (letztere<strong>sie</strong>he Bötticher V, Abb.. 18), Szillen (Bötticher V, Abb. 91)<strong>und</strong> Lappienen. Als ältestes Beispiel der Vereinigung vonK^izel <strong>und</strong> Altar dürfte der Kanzelaltar zu Lappienen anzusprechensein, da seine Anlage in den Gr<strong>und</strong>zügen sicherlichschon von Chieze (also vor 1673) festgelegt -war. Ebenfallsgleich als Kanzelaitar angelegt worden ist wohl der zu Szillen,vielleicht auch der zu Butweten, Pillupönen <strong>und</strong> Georgenbürg.Dagegen kann bei dem zu Kallnipgken, Karkeln,Balleten (sämtlich abgebildet bei Bötticher V) <strong>und</strong> Isohdaggender' nachträgliche Einbaii der Kanzel in den aohon vorhandenenAltäraufsatz <strong>mit</strong> Sicherheit angenommen werden, da entwederbeide verschiedenen Stilen angehören, oder auch der Altaraufsatznur unter einer nachträglichen Erhöhung des HanptgeschoBsesfftr seinen neuen Zweck eingerichtet werdenkonnte. Die Ausbildung der Kanzelaltäre erfolgte meist inder Art, daß die Kanzel ihren Platz in dem Mittelfelde desHauptgeschosses des Altaraufsatzes erhielt^ so daß <strong>sie</strong> vonSäulen- oder PUastersteliungen <strong>mit</strong> verkröpftem Gebälk umrahmtist. Der reich verzierte Schalldeckel "wurde entwederals besonderer Teil ausgebildet <strong>und</strong> an den Altaraufsatz angehängt,oder aber in "Vereinigung <strong>mit</strong> ihm als Gebälk seinesHauptgesohosses vorgezogen. Auf der unteren Seite desSohaÜdeckels -wurde jetzt vorzugsweise der heilige Geist alsTaube dargestellt. Die biblischen Gestalten beim Altaratifsatzblieben, -wenn auch in geringer Zahl, in Anwendung, nurwurden <strong>sie</strong> infolge der ZufÖgung der Kanzel jetzt <strong>mit</strong> Bück<strong>sie</strong>htauf die Predigt ausgewählt. Zu den bisher üblichen Bekrönungender Kanzel trat noch gelegentlieh das Bildnis des Gekreuzigtenumgeben von Putten <strong>mit</strong> den Marterwerkzeugen hinzu, oderes wurde alles Figürliche weggelassen <strong>und</strong> dafür in Volutenendigendes Banken werk gesetzt (Lappienen, das übrigensVerwandschaft <strong>mit</strong> dem des Schalldeckels in der Burgkirchezu Königsberg zeigt). Als Bekrönung des Altaraufatzes wurde,wie <strong>mit</strong>unter auoh früher, das Lamm <strong>mit</strong> der Siegesfahne<strong>und</strong> Christus triumphaus oder gen Himmel fahrend oder dieWeltkugel haltend dargestellt. Neu hinzu kommen nochVasen (Lappienen).Als Tauftisdh steht der zu Schakunen (Bötticher V.,Abb, 86) weit über dem Durchsohnitt der damaligen Zeit.Wohl noch in das Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts fällt der Ersatzdes Taufsteines oder -tisohes durch den "schwebenden Taufengel,der auf seinen ausgestreckten Armen das TaufbeckenKeitBohrift f. B«iiira8«i. 73. Jahi^.trägt. Dieser Ersatz lag ja auch sehr nahe in einer Zeit,in der man vorzugsweise allegorische <strong>und</strong> symbolische Gestaltendarstellte <strong>und</strong> diese vom Relief bis freischwebend auszubildenliebte*Von den jetzt entstandenen Orgeln sind bemerkenswertdie der Tilsiter reformierten Kirche (Bötticher V, Abb, 102)<strong>und</strong> die der Lappiener (bekrönt von dem kgl. Adler <strong>und</strong> VaSen).An Beichtstühlen sind die au Pillkallen (jetzt als, Eingangzur Kanzeltreppe benutzt), lachdaggen <strong>und</strong> Szillen zu erwähnen.Von dem Patronatsgestühl hat das der frünerenKirche zu Heinrichswalde (Bötticher V, Abb. 23) eine guteAusbildung erbalten.Die Anlegung von Epitaphien findet seit dem Ende des17. Jahrh<strong>und</strong>erts eigentlich nur noch bei der Tilsiter Kirchestatt. In ihren Umrahmungen haben wir einige Elementeder barocken Verzierungsweiae in den auf besonderen Konsolenaogeordoeten geschnitzten J'rauengestalten, den zwischenEankenwerk sich tummelnden Putten <strong>und</strong> den schon fastfreischwebenden Engeln.f) Zeit Friedrieb Willtetnis I. <strong>und</strong> Friedriotis des GroSen.War am Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts die kirchliche Kunstübungvorzugsweise auf die Anfertigung von Prachtstücken,namentlich für die innere Ausstattung der Gotteshäuserwohlhabender Gemeinden eingestellt, so erhielt <strong>sie</strong> unter demsparsamen, aber sorgsamen Laudesvater Friedrich Wilhelm Ldie Aufgabe, auch den armen <strong>und</strong> ärmsten Gemeinden würdigeKirchen <strong>mit</strong> einfacher, awectmäßiger Einrichtung zu schaffen.Auch Friedrich der Große wünschte keine „pretiösen, sonderntüchtige <strong>und</strong> standhafte" Kirchengebäude, Bei der Anfertigungvon Ausstattungsstücken änderte sich jedoch zu seiner Zeitdie unter seinem Vater herrschende calvinistische, nachEinfachheit strebende Anschauungsweise <strong>und</strong> es erschienenauch in der tirchlichen Kunst die heiteren Zierformendes Rokoko.Der Putzbau wurde in der Barockzeit allgemeinüblich, da man in ihm die neue, einfacheAnpassungsform an das rauhe Klima des LandesAcBloht.Qnmdziil.Abb. 42 u. 43. Kirche zu Knasen. Erbant 1741 bis 1743,erweitert 1790.42


3UEarl Pfuhl, Überblick über dea protestantischen Kircheabau in Preußisch-Litauengef<strong>und</strong>en hatte. Entsprechend der Not <strong>und</strong> Armut,die durch die Pest zunächst im Lande heimischgeworden waren, fielen die architektonischen Schmuckformenfast völlig fort. Nur bei einzelnen auf königlicheKosten erbauten Kirchen (der in Stallupönen<strong>und</strong> der Reformierten in Gumbinnen) kamen <strong>sie</strong> insehr bescheidenerWeise zur Anwendung.Fenster <strong>und</strong>Türen erhielten nurnoch ausnahmsweiseden Spitzbogen(Turm derKirche in . Dombrowken,BötticherAnsicht.y., Abb. 13), sonstdurchweg denE<strong>und</strong>- oder Stichbogen.Die Wand'flächen wurdendurch vertiefte Felder<strong>und</strong> durch Lisenenoder PilasterOmndriß. Erbaut 1744.gegliedert. Strebepfeilerkamen nichtAbb. 44 u. 45. Kirche zu Pictupönen.mehr zur Anwendung. Mitunter wurden auch vor dieLangseiten Mittelrisalite vorgezogen. Die Daehform bliebhauptsächlich das Satteldach. Die geschweifte Form derGiebelbildüng, die bei der Lappiener Kirche angeregt war,fand keine Nachahmung. Nur wurde bei geradlinigem Chorßchlußder Giebel voiaugsweise zum Teil abgewalmt <strong>und</strong>darunter das für diese Zeit charakteristische halbr<strong>und</strong>e, durchzwei Stützen geteilte Fenster angeordnet. Als neue Dachformkam, wie bereits erwähnt, daa Mansardendach vereinzeltzur Anwendung.Die Yorliebe Friedrich Wilhelms I, lür hochragendeTürme iat, wahrscheinlich aus Mangel an Mitteln, nichtrecht zur Ausführung gekommen. Die größeren Turmbautenwährend des Jahrh<strong>und</strong>erts sind die der Kirche zu Neukirch,Insterburg (Spitze des Turmes der Luth, Kirche), Memel(Lit. Landkirche), Pillupönen. Bei den Landkirchen begnügteman sich <strong>mit</strong> einfachen Dachreitern, die aber durchaus ansprechendeFormen erhalten haben, wie bei den Kirchen inKüssen (Abb. 43 u. 43), Pictupöneu (Abb. 44= u. 45) <strong>und</strong>Kalningken (Abb. 46 u, 47).Durch die Anwendung neuer Gr<strong>und</strong>rißformen <strong>und</strong> durchdie Einführung des Kreuzgewölbes erfährt der innere Ausbauder Gotteshäuser einige Bereicherung. Für die Säulen <strong>und</strong>Pfeiler wird dio einfache, <strong>mit</strong>unter recht derb ausgebildetetoskanische Form bevorzugt. Bei der hölzernen Kirchendeckebleibt auch weiterhin der Stucküberzug, der nur selten <strong>mit</strong>Ornamenten belebt ist (z, B. bei der Kirche in PiUkallen <strong>und</strong>der Litauischen Kirche in Tilsit) in Anwendung.Böi den Ausstattungestücken der Gotteshäuser hört dieAusschmückung <strong>mit</strong> den reichen Formen des vorherigen Zeitabschnittesallmählich aut Der Anschauung des einfachen<strong>und</strong> praktischen Friedrich Wilhelm I. entspricht die nüchterneaber für die Bedürfaisse genügende Ausführung, der man esan<strong>sie</strong>ht, daß <strong>sie</strong> ohne große Kosten vom einfadien Dorftischlergefertigt werden konnte. Doch erkennt manbei einzelnen besseren Schöpfungen das Bedürfnisselbst dieser Zeit, bei ihrer Kirchenausstatung wenigstens et<strong>was</strong> Über das Maßdes unbedingt Notwendigen hinauszugehen.Dieses Bedürfnis wird <strong>mit</strong> der im Laufe desJahrh<strong>und</strong>erts wieder steigenden Wohlhabenheitder Gemeinden<strong>und</strong> der<strong>sie</strong>h allmählichbesserndenhandwerklichenLeistung auchAneicht.Oraadrifi.Abb. 46 u. 47. Kirche zu Xallüingken.Erbaut 1753, Dachreiter von 1819.der Dorftischlerimmer größer,80 daß wir<strong>mit</strong>unter rechteigenartige, aberdurchaus ansprechendeLeifltangeneinerländlichenKunstübung erhalten,die unsden Übergangder offiziellen Kunstansohauung in das Gefühl des Tolkes zeigt.Für diese ländliche Kunstübung bleibt natürlich die städtischeFormengebung im großen <strong>und</strong> ganzen vorbildlich. Man behältzunächst noch die Barockformen bei, wenn auch in-sparsamererWeise als in der Zeit Friedrichs I. Als neues rationalistischesSchmuckmotiv wird jetzt das <strong>mit</strong> Strahlen umgebene, oft ineDreieck gesetzte Auge vorzugsweise verwandt. Bald nach demRegierungsantritt Friedrichs deä 0roßen taucht dann dasRokoko auf. Das Figürliche tritt jetzt ganz zurück. Nuryeieinzelt erscheinen noch Putten <strong>und</strong> Engelsgestalten aufAltar <strong>und</strong> Orgel. Die schon früher in der kirchlichen Kunst— durch die Yerwendung des kgl. Adlers als BekrBnung —aufgenommene Verehrung des Landeeherrn wird fortgesetzt<strong>und</strong> durch die Anwendung der kgl. Krone (Ragnit, Kanzelaltar)erweitert. Beliebt bleiben Vasen, die dem jedesmaligenZeitgeschmack entsprechend Btili<strong>sie</strong>rt werden. Die zur ZeitFriedrichs L üblichen Bekrönungamotive, z. B. das Lamm <strong>mit</strong>der Siegesfahne <strong>und</strong> ChristuSj werden nur noch, selten benutzt.Die Vereinigung der Kanzel <strong>mit</strong> dem Altar ist jetztzur Regel geworden (a. c). Auffällig ist bei den Kanzeln inreformierten Kirchen die Anlage zweier Treppen, ähnlich deraltchristlichen Anordnung des gradus ascensioniß <strong>und</strong> de-Bcensionis. Die Formengebung der letzten Zeit Friedrichs I.zeigen noch die Kanzelaltäre zu AulÖwSnen, Kraupisohken^Neukirch <strong>und</strong> auch die vielleicht nachträglich et<strong>was</strong> vereinfachtezu Skaisgjrren. Die einfache Ausbildung zur ZeitFriedrich Wilhelms I. haben die zu Jodlauken (Abb. 48),Bilderweitschen, Gumbinnen (reformierte Kirche, Abb. 14<strong>und</strong> die altstädische Kirche), Stallupönen (Abb. 33) <strong>und</strong> zuTilsit (litauische Kirche). Bei den drei zuletzt sugeführteuKanzelaltären ist es jedoch nicht auegeschlosaen, daß <strong>sie</strong> zuBeginn ä,eQ 19. Jahrh<strong>und</strong>erts eine kleine Veränderung erfahrenhaben. Die Formen des Rokoko zeigen die Kanzelaltäre zu Norkitten<strong>und</strong> Ragnit. Eino volkstümliche Ausbildung haben erhalten


von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts* 315Abb. 48. Kirche zu Jodlaukcn. .Kanzelaltar.die Kanzelaltäre zu Kraupischken, Wigchwill,Deut8ch-Krottingen<strong>und</strong> Prökuls. Die Kanzel zu Coadjuten zeigt bereits dieAnwendung klassizistischer Formen, allerdings auch noch iüder Auffassung des ländlichen Handwerkers.Die Verwendung von Orgeln nimmt im Laufe des Jahrh<strong>und</strong>ertsstark zu. Da <strong>sie</strong> wohl fast alle in größeren Kunstwerkstätteühergestellt sind, findet man bei ihnen imallgemeinen keine für Pr.-Litauen besonders charakteristischeFormen. Yen ihnen zeigt die Orgel der reformierten Kirchezu Gumbinnen den Übergang vom Barock zum Rokoko,während die anderen zumeist schon der Zeit des Rokokoangehören, so z. B. die Orgel zu Pillupönen (Abb. 49, diewegen ihrer derben Ornamentik sehr wohl in Fr,-Litauenhergestellt sein kann), Bilderweitschen, !N"eukirch (letztere vonCasparini-Königsberg), Insterburg (von Orgelbauer Preuß imdBildhauer Fedowsky aus Königsberg), Pillkallen <strong>und</strong> Eagnit.Die anderen Ausstattungsstücke der Kirche, wie Grestühl,Tauftische usw., haben keine nennenswerte Ausbildung erfahren.Erwähnenswert ist nur der wahrscheinlich nochgegen 1780 — ebenso wie der aus derselben Zeit stammendeTauftisch — in handwerklicher Auffassung gut ausgeführteBeichtstuhl in Prökuls. / , ;19. Jafi" rh<strong>und</strong>ert.Trotz der Wandlungen der offiziellen Kunstanschauungenim 19. Jahrh<strong>und</strong>ert blieben in Pr,-Litauon zunächst die Formendes 18. Jahrh<strong>und</strong>erts beliebt. Ihre Ausbildung war infolgeder bescheidenen Terhältnisse, in denen die Bevölkerung zuleben hatte, <strong>und</strong> deren schlichtem Sinn einfach <strong>und</strong> frei vonÜberladungen. Daher bedeutete das Aufkommen der Verwendungklassizistischer Fcn-men hier zumeist weniger einerAbb. 49. Kirche zu Pilluponeo. Orgel.bedeutsame Neuerung, sondern vielmehr eine Bereicherungder bestehenden Kunstübung.Eine Unterdrückung, ja teilweise Unterbrechung dieserFormengebung entsteht erst durch den Versuch der Einbürgerungder Öotik <strong>und</strong> der auf <strong>sie</strong> folgenden Stile. Erst<strong>mit</strong> dem Beginn des 20, Jahrh<strong>und</strong>erts knüpfte man wiederan die traditionelle Kunstleistung an <strong>und</strong> führte <strong>sie</strong> im heutigenSinne der Heimatpfiege weiter. ,Schlußwort.Bis in die jüngste Zeit hinein war Preußisch-Litauen,wie überhaupt der größte Teil Ostpreußens, der Bau- <strong>und</strong>Kunstgeschichte unbekannt geblieben. Hatten die Yeröffentlichungender ostpreußischen Provinzialkonservatoren Bötticher<strong>und</strong> Dethlefsen begonnen, die Aufmerksamkeit auf diesesKeuland zu lenken, so war es erst der AVeltkrieg <strong>und</strong> dienach dem Eusseneinfall einsetzende Wiederaufbautätigkeit,die nicht nur die dortige Architektur <strong>und</strong> Kunstform, sondernvor <strong>allem</strong> auch das Land <strong>und</strong> seine Bewohner allgemeinbekannt machte. Zeigt diese Kulturentwicklung zur Genüge,in wie innigen Beziehungen Pr.-Litauen zu Brandenburg-Preußen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auch zu Deutschland gestanden hat, so be*weisen auch heute noch dem, der sehen will, Land <strong>und</strong> Leuteihr deutsches Gepräge in ihrer besonderen Eigenart. Trotzdemist, wie eingangs erwähnt, durch den Frieden vonVersailles von dieser deutschen Ostmark ohne Rücksicht aufderen Willen ein Stück abgetrennt worden, <strong>was</strong> jedoch nichtverhindern kann, daß das so gebildete Memelland deutschzu bleiben <strong>und</strong> der Entwicklung Deutschlands auch weiterzu folgen bestrebt ist <strong>und</strong> bleiben wird. ',•:,. • >^ ..42^


316 F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.Abb. 89. Scbonfließer Brücke, von "Westen gesehen.A. All-S^meine An'ordnnhgcn.Die Brfickenlbauteii der Stadt Berlin seit dem Jahre 189T.Ton Stadtbaurat Geh. Baurat F. Kraus e <strong>und</strong> Magistratsbaurat F. Hedde.(Schluß aus Heft 7 bis 9 S. 167.) ' ,.(Mit Abbildungen auf Ein' ilagetafel 11 bis 14.)30. Die SchfinflieBer Brücke (^^.{Tafel 11, Text- Abb. 89 bis 92.)Die Eigenart des die Ringeisenbahn im Zuge derSonnenburger <strong>und</strong> Schönfließer Straße überschreitendenBauwerkes erklärt sich aus der ÖrtUehkeit <strong>und</strong> aus denAnforderungen des Bisenbahnbetriebes. Der nördlicheZwisehenpfeiler dieser neu geplanten Straßenüberführungwurde unter einem Winkel von TS** 30' gegen die Brückenachseganz auf städtischen Boden gelegt, dessen Grenze aufder Böschung verläuft, <strong>und</strong> der südliche, gleichlaufend dazUjdicht an das ansteigende Gleispaar herangerückt. So entstandenStützweiten von 12j3 — 31,5 — 6,7 m, deren <strong>mit</strong>tlere einRahmenwerk überspannt, durch dessen Ausleger sich dieBauhöhe auf der Südseite soweit einschränken ließ, daß eineAnschüttung der stark geneigten Sonnenburger Straße vermiedenwurde. Um die Brücke auch an den Kreuzdammder Schönfließer <strong>und</strong> der Dänenstraße anschließen zu können,wurde der Gefäll Wechsel außerhalb der Mitte in etwa 12 mAbstand von dem südlichen Auflager angeordnet. Die Steigungder Straßenkrone beträgt dort rd. 1:50, nördlich 1;41. So<strong>mit</strong>mußte in der Längeneinteilung, wie in der Höhenlinie,auf Gleichmaß verzichtet werden.Die Zwischenpfeiler sind bis auf die etwa 4 m unterSeh jenen Oberkante sich findende feste Tonschicht hinabgeführt.Für die Lagerung der nördlichen Schleppträger von 4,7 mLänge genügte der aufgefüllte Boden der Dänenstraße. Aufder südlichen Seite war eine Grenzmauer vorhanden, die sichzur Aufnahme der Träger benutzen ließ. Da <strong>sie</strong> aber andersverlief als die Zwischenpfeiler <strong>und</strong> außerdem noch einenRücksprung aufwies, waren Unregelmäßigkeiten nicht zu vermeiden.Bei einer Länge der Kragarme von 3 m ergabensich für die fünf westlichen Schleppträger Ä bis E Längenvon 9,56 bis 9,217 m, für F <strong>und</strong> 0 11,6 bzw. 11,7 m.(Alls Eechto votbahalten.)Um die rd. 1 m betragende Bauhöhe voll auszunutzen,sind diese Träger tmten wagerecht begrenzt <strong>und</strong> so<strong>mit</strong>auch in der Höhe verschieden. In der Mittelöffnung wurdeder Überbau der Höhenlage nach dem Straßenkörper angepaßt,so daß die 5—15—5 m breite Brückenbahn trotz desschiefen Gr<strong>und</strong>risses einen gegengleichen Querschnitt erhaltenkonnte. Die hochwandigen Träger begünstigten die Ausbildungdes Geländers im Sinne der Eisenbahn Verwaltung, welche einehohe, <strong>und</strong>urchsichtige Umwehrung verlangte. Durch Verwendungeines engmaschigen Drahtgeflechtes wurden für seitlicheStandpunkte die Vorgänge auf dem Eisenbahngeländedem Auge entzogen, ohne den Eindruck einer dichten Wandhervorzurufen <strong>und</strong> den Ausblick ganz zu verdecken (Abb. 91).Auf der südlichen Seite mußte das Geländer an die Häuserder Sonnenburger Straße herangeführt werden. An der Dänenstraßeließ sich ein angemessener Abschluß durch Aufbautenaus Werkstein gewinnen. Für die Preßgasbeleuchtung wurdenbesondere Kandelaber beschafft.Bezüglich der Berechnung wird auf die Putlitzbrückeverwiesen. Für die gekrümmten Untergurte an den Stützen,die infolge der ungleichen Seitenöffnungen <strong>und</strong> der einseitigenSteigung bei T <strong>und</strong> n Unterschiede in der Ausbildungaufweisen, ergaben sich die (jp-Werte^) der Randträgerzu 0,8; diejenigen der Bordschwellenträger I^r zu 0,72;Ili^ zu 0,66 <strong>und</strong> die der Fahrbahnträger I^j zu 0,72; IIijzu 0,66. V • :Mit Stehblechen von 2000 • 12 <strong>und</strong> Saumwinkel von160-17 mm war es möglich, bei den Randträgern zur Erleichteningder Gesims Verlegung ohne Gurtplatten auszukommen.Die übrigen Träger haben Stehbleche von 1700-12, Winkeleisen140-i40-l5 <strong>und</strong> 14 mm starke Kopfplatten erhalten.1) Vgl. PutUtzbrücke Seite 189.belt«ii.


CI•OD^Ol1oäI•t


K Krause u, F, Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 317Abb. 90, Schön&ießer Brücke, Binzelheiteu.


318 F. Krause u. R Hedde, Die Brückenbaüten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.Abb. 91. SchöHfließer Brücke, Geländer.durch Querverbindungen festgehalten -werden (Abb. 90 u. 92).— Die 2,6 m -weitgespannten Fahrbahnkappen ruhen aufDifferdinger Trägem, •welche steif an die Hauptträger angeschlossensind. Die Leitungsträger unter den Bürgersteigenbestehen in den Seiten Öffnungen gleichfalls aus Differdingern,in der Haiiptöffnung jedoch aus 2 U-Eisen N.P.12, welchedie Obergurte vonFachwcrlien bilden, die als Quorvereteifungendienen. In der Höhe der unteren Riegel liegen Windverbände,deren Kräfte durch die Stützenrahmen auf die Gr<strong>und</strong>mauerngeleitet -werden. Die Gelenke <strong>und</strong> die Kugellager sind wie^bei der Putlitzbrucke ausgebildet. Zum Schutz gegen denIRaucli der Lokomotiven erhielten die Bürgerateige der MittelöffnungBisenbetondecben, Alle vortretenden Eisenteilewurden <strong>mit</strong> Beton auf Drahtziegelgewebe ummantelt.Die Anspannung der zunächst nur senkrecht gestütztenEahmenträger war einfacher als bei der Putlitzbrucke, weildie Mauera hinter den Lagern Gelegenheit zum Ansetzenvon Schraubenpressen boten. Zur Messung des Druckesdiente ein Wazauscher Kraftprüfer (Abb. 90).Die 150 mm starken Kappen erhielten auf 1 m oben<strong>und</strong> unten isehn R<strong>und</strong>eisen von 7 mm Durchmesser. DerBeton bestand aus einem Raumteil Zement <strong>und</strong> vier RaumteilenNeißekies. Der Zwickel über den Kappen wurde <strong>mit</strong>Bimsbeton verfüllt aus 1 Zement, 2 Traß, 5 EaumteilenQuorsctülitt darcU den Eärgorsteig der Mittölöffnung. 1:40." A"bb. 92. Bchönfließer Brücke j Eiüzelheiten,Anordnan; der AuEstöifangen. 1:160.


. Krause u. h\ Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 319feinem Bimskies <strong>und</strong> 15 Kaumteilen gröberem Bimskies von10 mm Korngröße an. Hierdurch wurde das Gewicht bisauf 800 kg/cbm vermindert. Nach Herstellung einer 40 mmstarken Abgleichschicht aus Kieebeton 1:5:5 <strong>und</strong> eines20 mm starken Ceresitestriches 1:3 wurde die ganze Fabrbahntafelbis hinter die Widerlager <strong>mit</strong> einem Äsphaltanstrichversehen, <strong>mit</strong> Jute abgedeckt <strong>und</strong> nochmals gestrichen.Eine schwache Kiesbettung nimmt das 150 mmhohe Granitpflaster auf. Zum Schutze der Abdeckung beiAusbesserungsarbeiten an der Pflasterdecke empfiehlt sicheine Zwischenlage von Dachsteinen. •' •.-•'.'• 31. Die Dutickerbrücke (^• •' (Text-Abb. 93bis96).Die im Zuge der Dunckerstraße den RingbahneinkreuzendeBrücke entspricht inschnitt unter 76" 48ihrer Breitenbemessung von 5 — 12 — 5 m dem nördlichenTeile dieser Straße. Wegen der bereits endgültigenPflasterung <strong>und</strong> der vorgeschrittenen Bebauung mußte vonAnrampungen abgesehen worden, trotzdem die Durchführungelektrischen Kingbalmbetriebes eine größere Höhe über denSchienen erforderte, als bei Anlage der Straßen hatte angenommenwerden können. Diese Umstände zwangen dazu,bei dem Überbau, für den nur Eisen in Frage kommen konnte,"auf äußerste Beschränkungder Bauhöhe bedachtzu sein.Auf dem Bisenbahngeländewaren zweiZwischenstützen in einemnormaJen Abstände von19,5 m zugelassen, sodaß, in der Straßenaehsegemessen, neben einerMittelüffnung von r<strong>und</strong>20 m beiderseits FelderAbb. 93. Dunckerbi'ücte. Gesamtansicht,von r<strong>und</strong> 16,5 m verblieben.Da ein Mitteirahmen in den Raum der Eisenbahnseitlich zu weit eingeschnitten hätte, sah man sich daraufbeschränkt, die Seitenträger 2,8 m in die Mitte vortretenzu lassen, wodurch sich die Stützweite der Schwebeträgerauf rd, 14,4 m verminderte.Die Unterkante des Überbaues liegt in der über den Schienengeforderten Höhe, während die Träger in ihren Oberkanten derbeiderseits 1:50 ansteigendenBrückenbahnfolgen. Indem sich da-'bei die Stirnlinien demKreuzungswinkel nachgegeneinander verschoben,ergab sich bei Ausnutzungder Höhe zwarein einseitiges Quergefälle,vgl. Höhenliniendes Lageplanes Abb. 94,dafür aber GleichmaßWaOsHl! |;I0»im Brückenbilde <strong>und</strong>für A;/ noch ein Verhältnisvon 1:13.Abb. 94. Dunckerbrücke, Lagoplaa.Den verschiedenen Belastungen nach ließen sich dreiTrägergruppen unterscheiden, bestehend aus den sechs Fabrbahnträgernin Abständen von 1,85 m, den beiden Trägernunter den Bordschwellen <strong>und</strong> den Stirnträgern. Zur Vermeidungempfindlicher Fendelsäulen wurden die Stützenbiegungsfest an die Träger angeschlossen, <strong>mit</strong> diesen längis-.bewegliche Halbrahmen bildend. Die Anordnung der Stöße,die Verbindungen <strong>mit</strong> den Stützen <strong>und</strong> die Ausbildung derLager bzw. der Gelenke, welche an den Fußpunkten derStützen Kugelzapfen bzw. in den Untergurten der Kragarmeideelle Drehpunkte <strong>mit</strong> Längeuausgieichen an der einen Seiteerhielten, sind aus den Abb. 95 <strong>und</strong> 96 zu entnehmen. Trotzdes bei ungünstiger Stellung der Verkehrslast immer noch vorhandenenÄuflagerdruckes von 7 t, wurden für 8 t bemesseneVerankerungen vorgesehen. Das Zwischentragwerk besteht,wie bei der Putlitzbrücke, aus Betonkappen <strong>mit</strong> Eisenoinlagen.An die Stelle der dort für die Abschlüsse derGelenke verwendeten Wellbleche traten dünne Schalen ausEisenbeton, die beiderseits lose aufliegen. Alle vortretendenEisenteile, auch die Tragwände unter den Bürgersteigen,wurden nach Aufbringung der Gesamtlast <strong>mit</strong> Beton aufDrahtziegelgewebe ummantelt. Gr<strong>und</strong>mauern, Widerlager <strong>und</strong>Auflagerquader bestehen aus Stampfbeton. Für die Fahrbahnkam Kleinpflaster zur Verwendung, das über den Längenausgleichenohne Unterbrechungdurchgeführt<strong>und</strong> dort lediglich inSand versetzt wurde.Das wegen der nahenschönen Schulgobäudsniedrig <strong>und</strong> in deneinfachsten Formen gelialteneStabgeländer istan den Enden durchPostamente aus Kunstbetonabgeschlossen.DerVerzicht auf das beiDeckbrücken übliche Gesims ermöglichte, wie bei der GreifenhagenerBrücke, eine zwanglose Eutwickelung der Pfostenaus dem Tragwerk, woraus sich <strong>mit</strong> einer einwandfreienBefestigung eine Belebung des Brückenbildes ergab.Mit der Ausführung wurde Anfang 1919 als !Notstandsarbeitbegonnen. Trotz vielfacher Unterbrechung infolgeArbeitseinstellung <strong>und</strong> erschwerter Lieferungen gelang es, denBau am 20. September1920 dem Verkehr zuübergeben.Bei der kurz vorhervorgenommenen Probebelastung,für welcheleider nur eine Straßenlokomobilevon 9 bzw.3,5 t Achsdruck <strong>und</strong>3,225 m Radstand zurVerfügung stand, wurdein der Mitte der Schwebeträgernach Abzug derSenkungen an den KragarmenDurchbiegungen


320 F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauton der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.QuerschnitfAm südlichen Zwischenpfeilen1:40l2S22-i\2lXf)hAbb. 95. DunclLerbrilcke. Diozelbeiteu.von 1 mm festgestellt, gegenüber för das Eisenwerk berechnetenWerten Ton 2,8 mm. Da zur Erklärung dieses Untersehiedesseitliche LastTerteilung nicht genügte, mußte, wie bereits beiderPutlitzbrücke, auf un<strong>mit</strong>telbare Kraftübertragung durchdas Fahrbahntragwerk geschlossen werden. Die Auffassungals Yerb<strong>und</strong>körper, wobei das Trägheitsmoment von Träger,Kappen <strong>und</strong> Betonbettung als Qanzes der Berechnung derDurchbiegung zugr<strong>und</strong>e gelegt wurde, ergab das Maß von1,0 mm. Hiernach <strong>und</strong> nachdem sich die Bauweise bei derPutlitzbrücke in nunmehr achf^fthrigem Betriebe durohausbewährt hat,' ist es ein Gebot der Wirtschaftlichkeit, namentlichbei kleineren Ausführungen dieser Art den Betonquerschnittin angemessenem Umfange für die Übertragung derNutzlast von vornherein <strong>mit</strong> in Rechnung zu zieheu, Umden Eisenquerschnitt des Obergurtes entsprechend zu verringern,wie es neuerdings bei dem Entwürfe der brückeim Zuge der Landeberger Allee geschehen ist. Ton künstlichenFugen in den Kappen, wie <strong>sie</strong> bei der Putlitzbrücke


F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 321zur Vermeidung von Kissen empfeMenswerterächieneii, wird dabei abgesehen.Bordschwelletiträger.smustiube statze. i-.w,„j. _ — ^ ^ - ^ — . •»i>—jA. All-32. Die Srotfönhagsaer BrUcke*) i^-(Te3d;-Äbb.97bis99.)Für die Greifeahagener Straße, -welchevon der Bingbahn in awei Teile zerschnitten•war, stellte sich das Bedürfnis heraus, diesebeiden Teile zu v^binden, zumal an beidenStraßenenden mehrere Schulen erbaut waren,deren ZugftngUohkeit dun^h den Bi&enbahneinschnittstark beeinträchtigt wurde. Daaber andererseits die Straße keinen durch'gehenden Verkehrazug für Fuhrwerke bildete,genügte die Anlage eines Fußg&ngersteges,der zugleich als Zugang zur Ostseite desBahnsteiges der Station. Schönhauser Alleebenutzt werden sollte. Unter Berücksichtigungdieses Umstandes kamen hochiiegendeTräger nicht in Frage. Da fernerfür den späteren Ausbau der Eisenbahnanlageneine Beschränkung des Raumes unterder Brücie vermieden werden sollte, wurdeauf Zwischenstützen gänzlich verzichtet <strong>und</strong>die vorgeschriebene Lichtweite von 45 mdurch einön Bogen »<strong>mit</strong> oben liegender Oehbahnüberspannt. Es kam dabei zunächstein Betongewölbe <strong>mit</strong> drei Gelenken in Frage,das bei einem Pfeilverhältnis von 1:12 <strong>und</strong>bei einer Steigung der Brückenbahn von1:15 sich ohne Einlegung von Stufen wohlhatte durchführen lassen. Es bot aber keinenPlatz für die umfangreichen Straßenleitungen,die hier <strong>mit</strong>, überführt werden sollten, auchwären große Aufwendungen für die Widerlagererforderlich gewesen, deren Ausführungdie Gr<strong>und</strong>mauern der anliegenden Häusergefährdet hätte. Daher wurde eine rahmenartjgeAusbildung gewählt, die sich der vorgeschriebenenRaumumgrenzung am bestenanpaßte <strong>und</strong> auch wegen der geringen Stärkeder Widerlager den Vorzug verdiente. Hierbeimußte Eisenbeton der hohen Belastung wegenausscheiden.Bei einer Stützweite von 45 m empfahlsich für die beiden im Abstände von 4,5 mangeordneten Träger eine Gliederung. In denObergurten der Gehbahn folgend, sind Fach-Werke von geringer Höhe biegungsfest anEndpfosten gekuppelt, die den schräg gerichteten Auflagerdruckun<strong>mit</strong>telbar m die ör<strong>und</strong>manem leiten. Der nahe liegendeOedanke, zur Erübrigung der Schildmauern die Ständer zurAufnahme des Erddruokes zu benutzen, wurde wegen derSchwierigkeiten beim Aufbau <strong>und</strong> bei einer etwaigen Auswechselungdes die Hintersetzung stützenden Eisenwerkesnicht weiter verfolgt. Der von den Tragwänden seitlich begrenzteBaum unter der <strong>mit</strong> gepreßtem Asphalt belegten,1) Z. d. B. vom 21. August 1915, Nr. 67.ie}«*clui(t f. Banvascn. 72. Jahn«.Abb. 96. Daflökerbrücke. Einzelheiten.5,3 m breiten Brückentafel aus Eisenbeton steht för StraSenleitungenzur Verfügung. Die 1,3 m hohen Geländer, ausdenen sich sohmiedeeiaeme Lichtträger entwickeln, erhieltenFüllungen aus Bleohtafeln, in welche Zierformen eingestanztbzw. als Schmiedearbeit eingefügt sind. Durch den Fortfallder üblichen Gesimse ergab sich eine sachgemäße Verbindungzwischen Träger <strong>und</strong> Ümwehrung.Die Widerlager bestehen aus gestampftem Beton. Dassüdliche erhielt beiderseits flügelartige Auskragungen zumAnschluß der Böschungskegel. Leider werden dadurch43


322 F. Krause u. F. Hedde, Die Briickenbauten der Stadt Berlia seit dera Jahre 1897.Abb. 97,Greifeubagener Brücke. Gesam tan <strong>sie</strong>bt.B. Einzel.heiten.Avesentliche Teile des Baues dem Äuge entzogen, ähnlicli"wie auf der nßrdiichen Seite, wo das Eisenwerk in einernischenartigen Unterbrechung der gegliederten Futtermauernverschwindet.Zur Vermeidung nicht beabsichtigter Spannungen <strong>und</strong>um in den niedrigen Trägerteilen in der Mitte der Brückedie Biegungsmomente aus dem Eisengewicht möglichst auszuschalten,wurden die Träger als Dreigolenkbögen aufgebaut.Dabei wurde das Äufstellungsgelenk in den Obergurtgelegt, um den Seitenschub, von weichem die Spannungender am höchsten beanspruchten Stäbe am Widerlager abhängen,möglichst zu beschränken. Die statische Berechnunghatte demnach das Gewicht des Eisenwerkes an einem Dreigelenkbogenwirkend zu betrachten, während für die weitereruhende Belastung <strong>und</strong> für die Yerkehrslast ein Zweigelenkbogenvorlag.Bei der Ausbildung des Eisenwerkes beanspruchte dasAufstellungsgelenk einige Aufmerksamkeit (Abb, 99). Diedurch Teilung der Knotenbleche gebildete Scheitelfuge istzunächst im Zustande vor der Formändoning dargestellt.Die lotrechten Laschen sind nur auf der linken Seite vernietet,so daß die vorläufig verschraubten oberen Gurtplattendie einzige Verbindung der beiden Trägorstücke bildeten.Beim Ablassen der in erhöhter Lage auf fester Rüstung abgenietetenTrägerhälften erfolgte eine Drehung um' denSeheitel. Nachdem die nunmehr auf ihren Lagern ruhendeAbb, Ü8. Groifenhagener Bi-iicke. Ansicht von Osten. 1;<strong>250</strong>


F. Krause n. F. Hedde, Die ßrückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 333Oreigel^nkibosea.A. Aii<strong>mit</strong>weigeleakbogett.—g » —ft --I-&—••-—* ~jtl1,0lfm mir m ötn ijtoitlilaid an FuiierAbb. DD. Grei/enhagener Bfücke, Scheits! des Hauptti^grs. 1:30.-£ofl9^


324 F. Krause u. F. Hedde, Die BrüolienbautBii der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.Entwurf I. 1:800.Entwurf n, 1:800.Entwarf in. 1:800.Entwarf IV. 1;800.Entwurf V. 1:800.Entwqrf VI.l;800.Abb. 100. Hindenburgbrücke, Vorentwürfe.


, ' > • • • . .,:v;, iVbU '-V'-'iF. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 325• '•'^''Wi^schneidungen traten zurück gegenüber den Vorteilen der gesichertenLage der am höchsten beanspruchten Bauteile unterhalbder Straße, gegenüber der Erleichterung der Querversteifung,der Vergrößerung der Pfeilhöhe <strong>und</strong> dem straffenVerlauf des Bogens im Brückenbilde. Das anfängliche Vermissender "Widerlager weicht dem Eindruck der Standsicherheit,den das un<strong>mit</strong>telbare Hervorwachsen der Eisenmaasenaus dem Untergründe hervorruft.Bezüglich des Obergurtea bestand eine erfreuliche Gestaltuugsfreiheit.Um bei der niedrigen Lage das Gefühl desGedrückten, auf dem Boden Lastenden, zu Yermeideu, kames darauf an, die Längenausdehnung des Bauwerkes gegenüberder Höhensibmessung zu betonen. In den Endstreben sichnur 2,3 m über den Bürgersteigen erhebend, steigt der Gurtdes Schleppträgers zunächst nur wenig steiler als die Straßean, um sich dann dem langgestreckten Bügen der Mittelöffnungstetig anzuschließen, unter dessen Schwünge der Straßenbuekelsich verliert. Diese Einbeziehung der Seitenöffnungen bringtdas Tragwerk so zur Geltung, daß es kaum kleiner erscheintals die um 90 m längere Swinemünder Brücke, deren Portaleden Längenmaßstab den Höhen gegenüber verkürzen.Um die den Formensinnzunächst fesselndenUmrisse zurGeltung zu bringen,waren die Gurte hervorzuheben.Sie wurdenin scharfen Umgrenzungen<strong>und</strong>, um Übereinstimmungin der Strebenrichtungzu erhalten, tunlichst gleichlaufenddurchgeführtDie Massenarmut desEisens führte zur Bevorzugungvoller Bleche,welche die Stäbe wie<strong>mit</strong> Fleisch umhüllen.Die glatte, flansehlose Füllung erhöhtedie ruhige Wirkung der Tragwand. War FläohenentWicklungwertvoll zur Gestaltung einzelner Bauteile, so nicht minder zurAusbildung der Verbände, wie an den tibergängen der Hängerzu den Querträgern, der Querrahmen zu den Pfosten <strong>und</strong> an denVerstrebungen des Geländers. Hier ergab die Verwendung vonBlechen <strong>mit</strong> einer sachgemäßen Ausbildung zugleich eine Versinnbildlichungdes Kräftespieles, wie in den Sehnen <strong>und</strong> J3e-Abt. 101. Hindenburgbrücke, von Westen gesehen.Abb. 102. Hiudenburgbrücke, Lageplan.lenken eines Lebewesens. So wurden Einblicke in die innerenVorgänge — Erkenntniswerte 2) — gewonnen, wie <strong>sie</strong> imSteinbau die Scheide bilden zwischen Technik <strong>und</strong> Kunst-'betätigung, deren eigentlicher Gegenstand <strong>sie</strong> sind, im Eisenbaudagegen lediglich als Begleiterscheinung der Zweckmäßigkeitauftreten <strong>und</strong> dem Ingenieur, dem <strong>mit</strong> der bildsamen Massedie Schönheit körperlichen Gestaltens versagt ist, die Grenzenseines Wirkens'zeigen. Diese durch Verwendung unsachlichenBeiwerkes zu überschreiten, würde dem konstruktiven Stilewidersprechen, der in seiner Geb<strong>und</strong>enheit an einen nüchternenBauwillen <strong>und</strong> in steter Abhängigkeit von der Bedürfnisfragesich zu bescheiden hat <strong>mit</strong> der Vorkelming der Wesensarteines ungefügigen Stoffes <strong>und</strong> <strong>mit</strong> der Veransehaulichung seinerinneren Kräfte ^).Die Ausbildung des Geländers war Sache des Geschmackes.Sachlichkeit <strong>und</strong> Angemessenheit spricht aus seinem konstruktivenGefüge. Die Vertikalen der Gitterstäbe erhöhen denReiz der Gurtlinie durch Gegenwirkung. Die Hauptpfosten,deren Streben sich aus den Vorköpfen der Konsolen organischentwickeln <strong>und</strong> über den Zwischenstützen et<strong>was</strong> stärker betontsind, reihen sich im Wechsel <strong>mit</strong> den Nebenpfosten, beidenen das gleiche Motivnachklingt, über dieganze Länge des Bauwerkesaneinander. DerBhythmus dieser einfachenGliederung belebtdie Stirnseiten,' ohnedem Bilde die Ruhe zunehmen. Die Lichtmaste,gleichzeitig Trägerder Kraftleitung fürdie Straßenbahn, bildenden Abschluß desGanzen. 'Bezüglich des Trä- B, «nrnhcngernetzes wird auf Ab- BereehdönR.bild. 6 Tafel 14 verwiesen. Die Hauptträger der Mittelöffnungsind äußerlich einfach, wegen der doppelten Schrägen in denPfeilerstützen innerlich vierfach statisch unbestimmt. Da derEinfluß dieser Stäbe sich auf ihre eigenen Felder beschränkt<strong>und</strong> leicht nachzuweisen war, wurde <strong>mit</strong> einem statisch unbe--2) Karl Scheffler, „Modsme Kunst"; Stein u. Eigen,3) Fritz Schulimacher, „Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Baukuosf*; Stil <strong>und</strong>StÜi<strong>sie</strong>ren. Seite 133 u. 134.:\'S.y-ri,':':''-^':;


326


F, Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 3270R3'Abb, l04. Hin de ab urgb rücke,Schnitt am Hauptlager. 1:200.Btimmten Hauptsystem gerechnet. Das AufStellungsgelenk•vpurde in den Untergurt gelegt, besonders deshalb, weilee die Sicherung gegen Einknieken durch Steifrahmenerleichterte.\«^^l^^ Die aus der unge-wöhnlichen Breite der Brücke für diea) Obergart. Hauptträger sich ergebende große Belastung erforderte eineentsprechende Bemessung der Querschnitte. Um ein' schwerfälligesAussehen zu vermeiden <strong>und</strong> die ursprünglich für einevierspurige Fahrbahn bestimmten Abmessungen der Hauptsachenach beibehalten zu können, empfahl sich die "Verwendungeines Eisens von hoher Festigkeit. Es wurde daherKiotelstahl gewählt, dieser aber auf die Bogenträger <strong>und</strong>Hänger beschränkt, während für die Schwebeträger <strong>und</strong> dasgesamte Tragwerk der Brückenbahn das steifere Flußeisenvorgezogen wurde. Die Beanspruchung wurde auf 1800 kg/qcmfestgesetzt. • Für die auf Druck beanspruchten Bauteile wardie Terwendung des hochwertigen Eisens insofern wenigervon Torteil, als seine Festigkeit bei Knickbeanspruchung,weil lediglich von der Elastizitätszahl abhängig, innerhalbdes elastischen Bereiches nicht ausgenutzt werden konnte.Erfreulicherweise blieb bei allen Gurtstäben A = — unter 40,*iauch bei den FOllstäben stieg der Schlankheitsgrad nichtüber 70, so daß nur wenige Pfosten eine Verstärkung zur Erlangungfünffacher Sicherheit nach Euler erforderten.Die für die Hauptträger gewählten Querschnitte sindaus den Zeichnungen zu ersehen.Der Obergurt der Mittelöffnunghat in den Stehblechen eine gleichmäßigeHöhe von 400 mm bei480 mm Abstand der Wiukeleisen<strong>und</strong> 700 mm Breite der Kopfplatten.Bei den Sohleppträgem der Seiten-Öffnungen vermindern sich dieMaße auf 360, bezw. 320 <strong>und</strong>560 mm. Die Querschnitte wachsennach den Widerlagern zu auf dasDrMfache an. Die Verstärkungerfolgte tunlichst in den Stegen,um Störungen im Verlaufe derSchwerlinien zu vermeiden, besondersaber, um bei demPunkt IX*) die ÜberfOhrimg deröurtkräfte in die Streben D^Q<strong>und</strong> Xb zu erleichtern. Die Stößewurden an die Knotenpunkte <strong>mit</strong>«agerader Ordnungszahl gelegt, sodaß Baulängen von 6 ra entstanden.Nur beiderseits des Scheitelsreichten die Stücke über vier Felder.Die starken Querschnitte an denAuflagern erforderten für die Stößebeträchtliche Längen, trotzdem dieKnotenbleche zur Deckung herangezogenwurden. Die YerstärkuDgender Kopfplatten sind dvirchHilfswinkei an die Knotenbleche6Eyangeschlossen. Wegen der geringenSpannkräfte der FOJistäbegenügte für die Knotenbleche eine Stärke von 20 mm. Bei IXwurde wegen der beträchtlich höher beanspruchten Stäbe Z?^<strong>und</strong> Xb eine doppelte Blechlage verwendet.Den größeren Spannkräften entsprechend ist für den ^ Cntergurt.Untergurt eine Steghöhe ven 500 mm gewählt, die zwischenden Punkten 19 <strong>und</strong> 15 auf 620 mm steigt. Der lichte Abstandder "Winkeleisen beträgt überall 500 mm. Die Verstärkungwird durch Kopfplatten <strong>und</strong> durch außen angebrachteBeilagen bewirkt. Die Stöße entsprechen denendes Obergurtes. Wie dort sind die Winkeleisen seitlich derKnotenbleche gestoßen. Die Eopfplatten wurden durch besondereLaschen bzw. durch Bindebleche gedeckt. Die starkenQuerschnitte beideiseits der Stützen erforderten schon vomKnotenpunkt 14 an Schraubenbolzen <strong>mit</strong> 1:50 Anzug stattder Niete. Vom Punkte 10 ab waren für die Verbändemehrere Blechiagen nötig. Die Stöße wurden hier zum Teilaußeriialfa der Knoten angeordnet.Als Beispiel der Vernietung wird auf den Knotenpunkt «) KnotsQ-13 (Abb. 106) verwiesen. i>,g sowohl wie F^g sind je<strong>mit</strong> voller Stabkraft, an das Knotenblech angeschlossen, Ui^<strong>und</strong> ü^i dagegen zunächst unter sich vollständig verlascht.Würde diese Verlaschung ohne Heranziehung des Knotenblechesvorgenommen worden sein, so wäre eine Verbindung4) Die Knoteßpunkte des Obergurtes sind <strong>mit</strong> römischen, diedes Untergurtes <strong>mit</strong> arabischen Ziffern bezeichnet.Abb. 105. Hiüdwburgbrücke, Schnitt am Scheitel. 1:200.


328 F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.T^Niet ohne K'flflübertragunp durchdju Bledi gehend geä3>:^t.KriüienbkcfiMaßstabIOTOTI I I I ' I»Ui»-i««U 200ÜTnmAbb* 106, Hindanbui^brüctö, KüotenpuöJrt 13-z^wiBcheü dem nunmeht durchlaufend en Gurt <strong>und</strong> dem Knotenblechnur <strong>mit</strong> derjenigen Nietanzabl erforderlich, -welche zurÜbertragung der größten Mittelkraft R aus fT^g <strong>und</strong> Un aufdie "Wandglieder nötig ist. Da aber das Kuütenblech außerdemnoch zur Verlaschung von f/jg <strong>mit</strong> 1/^ herangezogenist, erföilt es gegenüber den beiden (Jurtstäben die doppelteAufgabe der Stoßdeckung <strong>und</strong> der Kraftübertragung an dieFüllungsglieder. In der Kdotenberechnung ist daher zwischenreinen Laschnieten <strong>und</strong> Übertragungsnieten unterachiedenj <strong>und</strong>zwar gelten die Niete Nr. 1 bis 11 als Laschniete, die NieteNr. 12 bis 16 als Übertraguagsniete {vgl. Abb. 106). Fürerßtere vi^ird auf die nachfolgende Zusammenstellung nachVorschlag des Herrn DipL-lng. Cornehls verwiesen.Aus den Kräfteplänen (Abb. 106) ergeben sich die Mittelkräfteaus i?i3 <strong>und</strong> V^Q bezw. aus f/^g <strong>und</strong> Ü^^ zuBm&x der ^öllglieder «158ti^max der Gurte . . = 1401 <strong>und</strong>dieerforder-158liehen einschnittigen Niete zu——-^-ll Stück.Davon entfallen auf die Querscbnittaoteile:248I <strong>und</strong> II von 248qcm: -^^—-11 = 3,82-4 StückNr. 12,714207III, IV, Vu. IX von 207 qcm:——-.11«= 3,19 = 4 13,714VI,Viru.VIIIvon 259 qom: —-.11-3,99 = = 4 Stück Nr. 14.Die zum Anschluß von Dismax— 4-237 t an das Knotenblecherforderliche Anzahl einschnittiger Nieten von 26 mmDurchm.: ir7rT= 16 Stück Nr. 15,2-7,4 'desgleichen für V^184ISmax ^—184t: 2-7,413 16.Besonderer Sorgfalt bedurfte die Ausbildung der scharf ß> ^^fT'unterschnittenen Knotenpunkte beiderseits des Trägerfußes.Das innere Stehblech der einen Gurthälfte ist an das innengelegene größere Knotenblech voll angeaohlossen <strong>und</strong> stößtgegen die in seiner Ebene liegende zweite Blechlage, welchedas bis zur Mitte geführte äußere Stehblech aufnimmt <strong>und</strong>gleichzeitig verlascht. Alle übrigen Teile des Gurtes sindohne Stoß Über den Knotenpunkt hinweggeführt. Die dreiFüilstäbe sind voll an die Bleche angeschlossen. Sie habendas Bestreben, letztere gegen die Gurtungen zu verschieben.Um diese Wirkung allmählig auszugleichen, wird der Richtungswechseldurch einen Kreisbogen von 3 m Halbmesser ver<strong>mit</strong>telt,innerhalb welcher Strecke die nicht un<strong>mit</strong>telbar angeschlossenenGurteile von den Knotenblechen aufgenommenwerden. Zur Unterbringung der hierzu erforderlichen Niete,wurden zu beiden Seiten Hilfswinkel angeordnet, die gleich-


Zeitschl^ f, l^aLm-escn 192^. lO.-L^. lieft. Die BrücT^eiibaiilen der Stadt ßerJin seit dem Jahre 1897. Tafel 13.Läii^ousdinill durch die MiÜe, Abli.ll. Scl<strong>mit</strong>i. e^f. Abb. 12. SohnitL f^-h.. Abb.ia, Schnitt i-Tt-Vei"l:ie Vt>n WillidiiT- I'iniSt u.. Sohni., BoTÜTi.


Zeitsclm f. "Bauwt^seiL 192:?,. 10-12. ?reft. Die Brückeiibaiiten der Stadt Berlin seitdem Jahre 1897.Al:)b.r..St-il)[it'(y. (It-s T[auptti'ägers. r.ROO. Abb. 7. StrebeiLdesWindreTbaiides. 1:40.Attj Querträger 0Abb. 8. AnordtiuTiE des Wlndverbandes. 1:40.Verlag von AViltielin. Enist u, Solni, rierliTTL.


F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 329Terlaschung VÖÜ cr„ Md ET,,.Es sind folgende Querschnitte durch, Niete von26 mm Durchmesser <strong>mit</strong>einander verb<strong>und</strong>en;Die Niete sindgerechnet:Nietanzahl*)* Größe der verb<strong>und</strong>enen Querschnittsteilein qcmNiet-Nr.Ein Teil von II,, <strong>mit</strong> einem Teil von Ii^der Best von 11,3 u. l^^ „ dem Kest von I^ u. 11, ^111,8 . 1"MIV, a , Lasche «Der lotrechte SchentelJ ^ ^.^^^ ^^., ^^^ j^^^von Vjjj fniv,einTöJTieil vonrt T«^Lasche!,„a „ }fdem lotrechten^^ ySchenkeU}der Rest von Lasche a « dem Rest von IV^^der wagereohto Schenkelvon Vjg "dem wagerechten Sehen- \kel von "Vl^i fder lotrechte Schenkel dem loti'echten Schenkel \von VI,B . " von YT,^ jvni,3 , viir,.der wa^ereohte Schenke] dem wag-ereehten Sehen-1von VIjB " kel von VI^^ jVllia . VIIi^10322-f 124-^57602 • 23,5 = 4747(60 — 47)=. = 132(45—23,5) =432736(57,5-27) = -30,5*) Bei ff^ =^ 1600 kg/qcm, T = 1400 kg/qcm, tf^ = 2800 kg/qcm fürden Anschluß von 1,0 qcm voU ausgenutzten Querschnitts erforderlichescheren bzw. Lochdruck in einem Blech von 19 <strong>und</strong> 20 mm Stärke.zeitig den Zweck haben, das Abbiegen der vortretenden (jturtteileinfolge der Beanspruchung durch die Radikalkräfte zuverhindern. Ähnlich, wie dieser, sind die Funkte 7, 8 <strong>und</strong>10 durchgebildet.Y) Kämpfer^ Weitete Aufmerksamkeit erforderte die spitz-winklige Zugelenk.^ßammenfühning der beiden Gürtatäbe am Auflager <strong>und</strong> dieÜbertragung ihrer Spannkräfte auf das Mauerwerk. Wie beiEalimen, deren senkrechte Stützen wagerechte Seitenkräfteausüben, besteht die Eigenart der Lagerung darin, daß derEärapferdruck beträchtlich von der Stabrichtung abweicht.Hätte man, wie üblich, den durch die Schwerlinien bestimmtenNetzpunkt <strong>mit</strong> dem Berührungspunkt des Kugelzapfens zueammenfallen<strong>und</strong> dabei den Träger winkelrecht zur Druckrichtungendigen lassen, so würden sich, wie Abb.4a Taf. 12zeigt, für (Jie Durchbildung ungeeignete Verhältnisse ergebenhaben. Bei winkelrechter Begrenzung der einzelnenStäbe wiederum [Abb. 4b) wäre es nötig gewesen, dieganze Kraft des gezogenen Stabes Ka a'n den Lagerkörperanzuschließen. Zur Umgehung dieser Schwierigkeiten wurdees vorgezogen, den Auflagerpunkt um- dOO^mm in der Richtungdes Kämpferdruckes nach rückwärts zu verschieben, <strong>was</strong> beider geringen Abweichung der Grenzlagen um nur 2^ vondieser, sich znfäUig zu 45* gegen die Wagereohte geneigtergebenden, <strong>mit</strong>tleren Druekriohtung zulässig war, so daß, beieiner Stärke der Lagerechale von 300 mm, noch ein Abstandvon 100 mm bis zum Netzpunkt verblieb, welcher eine einwandfreieDurchbildung des Auflagerknotens ermöglichte (Abb. 4 c).Hiernach sind die Stäbe, von denen Ki <strong>mit</strong> 2472 t gedrückt,Ka <strong>mit</strong> 1166 t gezogen ist, nach <strong>und</strong> nach an die beiden,auB vierfach gestaffelten Lagen von 20 mm Stärke bestehendenBiotenbleche vollständig ang^ehlossen. Außerdem ist einStegblech jeder Gurthälfte bis auf die Lagerschale durchgeführt,so daß die Druckübertragung in zwei Querschnittsflächenvon 900/100 mm erfolgt bei r<strong>und</strong> 1000 kg/qcm Beanspruchungdurch die 1780t betragende Äuflagerkraft. Durch den vollständigenAnschluß an die großen Knotenbleche wurde denbeiden StabfciSften Gelegenheit gegeben, sich bis zu dem Lager-Zeltsohilft I. BnnwenAD. 73, Jiibig.36146<strong>mit</strong> 102^ 32 +124 = 146576047 ,2 • 23,5 ^ 47. (60-47)^13„ 2(45—23,5) = 432736, (57,5-27)=.30,536einschnittigzweischnittigauf Lochdruck 19 mmeinschnittigB7»*,zweischnittigauf Lochdruck 19 mmeinschuittig•nauf Lochdmok 20 mm102 0,216«= 22146-0,108=1657.0,116— 760-0,216=1347-0,216=1047-0,216^1013-0,316= 343 0,108= 527 0,116= 436-0,216= 830,5-0,316= 736-0,110= 4123456789\ln}10Nickelatahl bedeuten: 0,216 <strong>und</strong> 0,108 bzw. 0,116 <strong>und</strong> 0,110 die fürNietzahl je nach ein- <strong>und</strong> zweischnittiger Beanspruchung auf Abkörperallmählich zu dieser Öesamtkraft zu vereinigen, so daßeine sichere Übertragung gewährleistet ist. Die Ausbildungder Sehale <strong>und</strong> des Lagerbockes ist aus den Zeichnungen zuersehen. Auf der östlichen Seite mußte letzterer 400 mmhöher werden, um ein Yortreten der Gr<strong>und</strong>platte in die daselbststärker geneigte Bürgersteigfiäche zu vermeiden. Esentstand so ein Gußstück von rd. 10,6 t Gewicht. Bei den„ungewöhnlichen Abmessungen der Gr<strong>und</strong>platte wurde vonQuadern zur Übertragung des Druckes auf das Mauerwerk abgesehen<strong>und</strong> der Herstellung einer einheitlichen Lagerüächedurch Einbau von Eiseneinlagen in den Stampfbeton derWiderlager der Vorzug gegeben.Das in den Untergurt eingebaute Scheitelgelenk (Abb. 8 ^) Aurbis13 Tafel 13) hat einen Bolzendurchmesser von 150 mm. gaiönt.Die Knotenbleche wurden, wie der Pfosten, zweiteilig ausgebildet<strong>mit</strong> einseitig angeschlossenen Laschen. Nach eingetreteoerFormänderung wurden die Löcher für die Verlaschungder Verschiebung entsprechend gebohrt <strong>und</strong> die zurBeseitigung der Gelenkwirkung erforderlichen Niete eingezogen.Der Hänger umfaßt den Drehzapfen in der Mitte <strong>mit</strong>telseines Auges;Der Schleppträger lagert, wie bei der Swinemünder c) La^er.Brücke, au^ einer in den Obergurtknoten des Kragarmeseingeschalteten Stelze, deren Höhe zur Vermeidung übergroßerBeweglichkeit dem Halbmesser der Stützflächen entspricht(Abb. 5 Tafel 14).] Der kastenförmige Querschnittder Gurte <strong>und</strong> die geringere Breite des Schw^beträgera kamendieser Ausbildung zustatten. Der Längsverband wurde durchein die Untergurte fassendes Stahlblech hergestellt. Über den ,Wlderlagsmauem ruhen die Träger ebenfalls auf einzelnenStelzen, deren Höhe von 560 mm hier dem Durohmesser derStützfläche gleicht. Die Ausbildung der Windlager ist ausAbb. 8 Tafel 14 ersichtlich.Die beiden Hauptträger werden durch Querverbindungen d) Qnerabgesteift,<strong>und</strong> zwar au den Zwischen&tützen durch unter ^*'^'*"'^ •"*KoDsolen.der Fahrbahn liegende Blechbögen (Abb. 104), welche diePunkte 8 <strong>und</strong> 9 noch durch Seitenatreben besonders sichern,4411


330 E. Krause u. 'S. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.des weiterfin im Scheitel <strong>und</strong> in den Punkten XIX nnd XIX'beiderseits desselben {Abb. 105). Um die ÖeleukWirkung nichtzu beeinträchtigen, wurde der Slittelriegel vorläufig einseitigan Pfosten <strong>und</strong> Gurte angefügt, bis nach Schluß des Gelenkesdie vollständige Vernietung erfolgen konnte, "Wie bei denSeitenriegeln, sind wagerechte Verstrebungen unauffällig nachden zunächst belegenen Knotenpunkten geführt, welche dengedrückten Teil des Obergurtes sichern (vgl. Gr<strong>und</strong>riß, Abb. 103).Für die Gliederung der Riegel, bei denen eine voUwandigeAusbildung schwerfällig gewirkt hätte, wurde strebenlosesPfostenfach werk gewählt.Zur weiteren Querversteifung dienten die biegungsfestenAnschlüsse der Hänger an die Hauptq^uerträger. Hierbeikamen zwei Anordnungen in Frage: Das Auf biegen der• Querträgergürte zu den Pfosten bot in der un<strong>mit</strong>telbarenÜberleitung der Kräfte Vorzüge, die aber durch die scharfeKrümmung der inneren Gurtung aufgewogen wurden, da fürdiesen Teil bei der hier vorherrschenden Zugspannung dieGefahr des Gestrecktwerdens bestand, so daß auf eine Ausnutzungdes Baustoffes nicht zu rechnen war. Setzte maaidiese trotzdem voraus, so führte bei einem Halbmesser derAusr<strong>und</strong>ung von 0,5 m bereits die Annahme einer LängS'Spannung von 700 kg/qcm in den abstehenden Gurtteilenzu einer Überbeanspruchuug infolge der Wirkung der Radialkraft.Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurde ein geradliniger Anschlußder Bänger gewählt (Abb. 1 Taf. 13), welcher sich für denvorliegenden Fall noch dadurch empfahl, daß eine un<strong>mit</strong>telbareVerbindung zwischen Querträger <strong>und</strong> Auskragung hergestelltwurde, wie es dem Verlaufe der vorherrschendenKräfte entsprach — das Moment in^ Hänger c^j 40 tm, inder Konsole cvalOQ tm —. Der Untergurt konnte eine regelrechteStoßverbindung erhalten, während der Obergurt durchLaschenbleche ersetzt wurde, welche die Überführung derBiegungsmomente aus den Hängern bewirken. Im Übrigenkam die Entlastung durch die zwischengekuppelten Nebenquerträger(Abb. 4 Taf. 13) der aussteifenden Wirkung zugnte, ohnedaß dadurch (infolge der Gewichtsverminderung der Zwischenträger)ein nennenswerter Mehrbedarf an Eisen entstanden "wäre.Einer besonderen Ausbildung bedurften diese Anschlüssebei 11 <strong>und</strong> 11', wo <strong>sie</strong> von dem TJnteigurt des Bogensdurchsetzt werden (vgl Abb. 3 Tafel 13), In den Seiten^Öffnungen ißt der Untergurt der Schlepptr^r durch dieHauptquerträger hindurchgestectt (Abb. 5 Tat 13), ähnlichwie in der Mittelöffnung der Untergurt des Hauptlängenträgers,welcher als Gurt des Windverbandes, von den Lagernbei 13 <strong>und</strong> 13' abgesehen, ohne Unterbrechung durchgeführtwerden mußte.Wie die Anschlüsse der Hänger erfuhren die Bürgerateigkonsolenbei der Durcharbeitung eine Abänderung, indemBleebträger wegen ihrer größeren Steifigkeit <strong>und</strong> leichterenUnterhaltung trotz ihres Mehrbedarfs an Eisen dem Gitterwerhedes ersten Entwurfes vorgezogen wurden. An .denMittelstützen wurden die Konsolen aus architektonischenGründen durch besondere Verstrebungen <strong>mit</strong> den Pfosten ine) Brücken- Verbindung gebracht (vgl. Abb. 104).^"winA^ Die der Straßenkrone angepaßte Fahrbahutafel hat überverband, den Querträgern noch eine Stärke von 70 mm (Abb. 7 Taf. 13).Die Berechnung als auf sechs elastischen Stützen ruhenderBalken ergab für die 100 mm starke, beiderseits <strong>mit</strong> 10 B<strong>und</strong>eisenvon 10 mm Durchm, ausgerüstete Platte eine Betonzngspannungvon 13 kg/qcm (MüUer-Breslau, Graph. Statik II, 2).Bei der Untersuchung der Tragrippen, die weUblecbartig zudreien auf 1 m quer zu den Längsträgern liegen, kam eszunächst darauf an, den aufzunehmenden Anteil der Nutzlastzu bestimmen. Betrachtete man in diesem Falle diedruckverteilende Platte als über <strong>sie</strong>ben elastischen. Stützendurchgehend, so entfielen von den 6 t der Einzellast 2,89 tauf die darunterliegende Eippe. Vier Fünftel des einfachenBalkenmomentes ergaben alsdann für diese, bei einer Abmessungvon rd. 140/300 mm, einen Zug von 18,3 kg/qcm.Die Bewehrung aus 3x18 mm-R<strong>und</strong>eisen wurde, der Zugzonefolgend, an den Längsträgem abgebogen <strong>und</strong> über <strong>sie</strong>hin weggeführt. Trotz der großen Steifigkeit dieser Fahrbahntafelkonnte schon <strong>mit</strong> Rücksicht auf den Zustajid vor Ausführungder Betonarbeiten ein besonderer Windträger nichtentbehrt werden. In den Seitenöffnungen, wo ein unterteilterjw-förmiger Verband zwischen den Untergurten derHauptträger liegt, hat er eine Breite von 16,5 m, die sich beidem Übergang in die Mittelöffnung, wo die Hauptlängsträgerals Gurte dienten, auf 14,6 m verminderte. Bei den Punkten13 <strong>und</strong> 13' unterbrochen <strong>und</strong> in den Mitten der Querträgerseitlich gestützt, bildet der <strong>mit</strong>tlere Teil einen Schwebeträgervon 60 m Länge (vgl. Gr<strong>und</strong>riß Abb. 103).Die Betonplatte erhielt eine aus vierfachem Goudronanstrich<strong>mit</strong> zwischengelegter Jute bestehende Dichtung <strong>und</strong> darübereine Decke aus Hartasphalt) wodurch eine 35 bzw. 45 mmHöhe beanspruchende, <strong>und</strong>urchlässige Unterbettung für das100 bzw. im Gleisbereiche 90 mm starke Holzpflaster gewonnenwurde. Um die Goudronhaut durch den heiß aufgetragenenAsphalt nicht zu zerstören, wurde eine Zwisohenlagevon Rohpappe angeordnet. Unter den Bordschwellen<strong>und</strong> über den Ausgleichsfugen liegt eine dünne BleiisoUerung.Die Bauhöhe wnrde dadurch über den Querträgem, derenOberkante dem Straßenquersohnitt folgt, auf 70+10H-45+90bzw. 70+10+35-1-100 =• 215 mm eingeschränkt, beträgtalso in der Mitte einschl. der Ummantelung des Untergurtes:215 + 1240 + 30 = 1485 mm, so daß für die Durchbiegungnoch 15 mm verbleiben, um die vorgeschriebenen 15Ö0 mmnicht zu überschreiten. Die <strong>mit</strong> einer 300 mm breiten Gr<strong>und</strong>platteverschweißten, 100 mm hohen Phönixschienen wurdenauf „ Eisenfllz" ^) ohne weitere Befestigung verlegt. EineVerankerung <strong>mit</strong> der Betontafel hätte dem Wasser Zutrittverschafft <strong>und</strong> wäre schon aus dem Gr<strong>und</strong>e verfehlt gewesen,weil ein selbständiges Arbeiten des Gestänges gewahrt bleibenmußte, um Zerstörungen zu vermeiden. Der Längenausgleichwird durch an diö eine Schiene angeschweißte Laschen gebildet,zwischen denen die über ihre Gr<strong>und</strong>platte vortretendeandere Schiene geführt wird <strong>und</strong> sich wie in einer Taschebewegen kann (Abb. 2 Tafel 13). Die Spurweite mchemFlacheisen. Das Holzpflaster wurde über den Windlagemnicht durchbrochen. Auf den Börgersteigen mußten dieFugen, um Rissen vorzubeugen, vollständig durchgeführtwerden. Dabei wurden in die Gehbahn vortretenden Eisen^teilen Holzleisten vorgezogen, die sich gleichmäßiger <strong>mit</strong> demAsphaltbelag der Eisenbetonphitten abnutzen <strong>und</strong> wenigerzur Glätte neigen,1) Püzfabrik Adlershof b. Berhn.


F. Krause u. F. Hedde, Die Brückeabauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 331D« ADBfaiia.)Uateiban.b) BAQvorgang.0) PrüfaneBearbeitnnffdes NtDkeletahlös.d) Anl-Etellnng desEisen'werkesin überhöhtetLagennd seineAbsenkung,Die Erdarbeiten für die Widerlager der Bogenträger begannenim September 1913, wobei auf der Ostseite nnterAussteifung der Baugrube gearbeitet wufde. Die Lösungdes Lettenbodens war beschwerlich, dafür aber durch Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>sernicht behindert. Der Beton erhielt, entsprechendder Zunahme des Flächendruckes, von unten nach obenhin größere Zeraentzusätze, welche sich von 1:5:7 imunteren Drittel auf l:^^/^:5^l^ im <strong>mit</strong>tleren Teil <strong>und</strong> auf1:3:5 oben erhöhten. Die Köpfe bestehen aus Zement <strong>und</strong>Kiessand 1:4. Die Herstellung der Brüctenköpfe schloßsich diesen Ausführungen un<strong>mit</strong>telbar an.Im Juli 1913 wurde <strong>mit</strong> dem Aufstellen der Rüstungfür den Aufbau des von der Dortm<strong>und</strong>er Union geliefertenEisenwerkes vorgegangen. Sie bestand im wesentlichen auseiner durch eingerammte Joche bzw. frei aufgestellte Böckegestützten Arbeitsbühne zur Aufnahme der Querträger, denennach <strong>und</strong> nach die Rahmenpfosten angefügt wurden, welcheGelegenheit zum Anschluß leichter Stege boten, von denenaus der Zusammenbau <strong>und</strong> die Yemietung der Bogenträgervor sich ging. Das Heben der einzelnen Stücke erfolgtedurch einen elektrisch angetriebenen Tdrkran von 29 m Spannweite,15 m Höhe <strong>und</strong> 10 t Tragfähigkeit (vgl. Abb. 107).Der Lieferung des Nickelstahles waren die von dem„Verein Deutscher Hüttenleute" aufgestellten, bzw. die fürdie Preußische Eisenbahnverwaltuug geltenden „BesonderenVertragsbedingungen für größere zusammengesetzte Eisenkonstruktionen"<strong>mit</strong> der Abänderung zugr<strong>und</strong>e gelegt, daß dieZugfestigkeit 63 bis 65 kg/qmm, die Streckgrenze mindestens30 kg/qmm, die Zusammenziehung mindestens 40 vH. <strong>und</strong>die Dehnung auf 200 mra Meßlänge mindestens 16 vH. betragensollte. Die Knotenbleche waren längs - <strong>und</strong> quer-,gewalzen Platten zu entnehmen.Bezüglich der chemischen Zusammensetzung waren besondereForderungen nicht gestellt. Nur die hoch beanspruchtenKnotenbleche in der Höhe der Auflager erhieltenNickelzusätze von reichlich 2 vH., während das übrige Material<strong>mit</strong> 0,24 bis 0,52 vH. Nickelgehalt sich hochwertigem Flußeisennähert. Die geforderte Festigkeit wurde voll erreicht.Eine besondere Schwierigkeit erwuchs der Bauausführungaus der niedrigen Lage der Brücke. Zur Vermeidung desEinschneidens in den Nutzraum der Eisenbahn hatte nämlichdie Arbeitsbühne für die Bogenträger höher gelegt werdenmüssen, als es dem endgültigen Zustand entsprochen hätte.Infolgedessen wurden die Bögen in überhöhter Lage zusammengebaut,wie es aus der Abb. 104 an den Kragarmenzu erkennen ist, deren Enden die in richtiger Höhe aufgestelltenSchleppträger'überragen. Es waren daher Vorkehrungengetröffen, das Eisenwerk der Mittelöffnung nach erfolgterAusrüstung auf die endgültigen Auflager abzulassen.Zur Unterstützung <strong>und</strong> zur Führung während dieses Vorgangesdiente der auf Tafel 14 Abb. 1 bis 4 dargestellte eiserneBock, auf den sich das Bauwerk nach seiner Augrüstung<strong>mit</strong>tels besonderer, an den Knotenpunkten 8 <strong>und</strong> A angebrachterHilfekonsolen in lotrechtem — 2951 bei 8 bzw. 8' —<strong>und</strong> <strong>mit</strong>tels in Zapfen gelagerter "Walzen in wagerechtem Sinne— 310 t bei Ä bzw. B -- stützte (vgl. Abb. 2). Er warauf dem Pfeilerkopf fest gelagert <strong>und</strong> an einem Ausleger <strong>mit</strong>dem Mauerwerk verankert, wozu bei Ausführung des Unterbauesdie erfoiderliohen Vorkehrungen getroffen waren. DieHilfskonsoleu bei 8 setzten <strong>sie</strong>h zunächst auf Eiaenetapelauf, in welche behufs Vornahme der Senkung "Wasserpressen<strong>mit</strong> Meß Vorrichtungen eingefügt wurden. Das Ablassen, dessenMaß am östlichen Lager rd. Im, am westlichen 1,46 m betrug,vollzog sich in der Weise, daß das Eisenwerk durchdie Pressen zunächst angelüftet, hierauf die oberste Trägerlagedes Stapels entfernt <strong>und</strong> der entstehende Raum zwischenHilfskonsole <strong>und</strong> Unterlage durch Blechplatten ausgefülltwurde, die den Zweck hatten, bei etwaigem Versagen derPresse den Stoß abzufangen. Unter allmählichem Entfernender Bleche senkte sich der Träger jeweils um die Höheeines Pressenhubes. Am Ende desselben blieb die Last aufden Blechen ruhen. Es wurde dann die nächste Unterlageder Presse, bestehend aus einem Trägerstücke, dessen Höhedem Hube entsprach, entfernt <strong>und</strong> der Vorgang wiederholt.Aus der Abb. 108 ist die Trägerstütze un<strong>mit</strong>telbar vor demAblassen, welches in der zweiten Hälfte des April 1914 vor*genommen wurde, zu ersehen.Dem Aufbau des Tragwerkes folgten die Eisenbeton- «) Sonstiges,arbeiten zum Schutze der den Lokomotivgasen ausgesetztenEisenteile, wie Abb. 109 erkennen läßt, welche das westlicheAuflager <strong>und</strong> das Eisenwerk von unten zeigt, sowie die Ausführungder Fahrbahntafel, vgl. Abb. 110, vorn die hölzernenLehren, welche in umgekehrter Trogform <strong>mit</strong> Keilen auf denZwißchenträgem ruhten, dahinter das Fiechtwerk für dieRippenplatten.Die Vernietung der Scheitelgelenke wurde im Juli 1915bei 11 * C ausgeführt. Die errechneten Spannungen entsprachendaher Wärmezuständen zwischen +51" <strong>und</strong> — 19 o.Diesen Arbeiten schloß sich die Ausführung der seitlichenFlügelmauern <strong>und</strong> der Treppenanlagen an. Die Ansichtsflächenerhielten einen 2 bis 3 cm starken Putz aus 1 Zement <strong>und</strong>3 Kleinschlag aus Muschelkalk, welcher Steinmetz mäßig <strong>mit</strong>Scharrierschlag versehen wurde. Dieses Verfahren wurde derAusführung als Vorsatzbeton vorgezogen, weil bei letzteremdie Herstellung ebener Flächen wegen des Nachgebens derSchalung beim Einstampfen leicht mißlingt. Gesimse, Abdeckplatten<strong>und</strong>, Brüstungen bestehen aus Kunststein ähnlicherZusammensetzung. Für die Treppenstufen wurde als ör<strong>und</strong>masseKleinschlag aus Granit gewählt. Die Trittflächen wurdendurch einen Zusatz von 1 ^/g Karbor<strong>und</strong>un auf 1 Zement <strong>und</strong>1 Yg schwedischem Quarz widerstandsfähig gemacht.Die Aufstellung des Geländers, durch dessen Aufbau inder Mittelöffnung der Forderung der Eisenbahndirektion entsprochenwurde, <strong>und</strong> der Kandelaber, sowie Schienenverlegung<strong>und</strong> Pflasterung der Rampen verzögerten sich wegen Arbeitermangelinfolge des Krieges.Bei der Probebelastüng wurde eine Dampfwalze von 15 tan den Bordschwellen enüang bewegt, wobei sich an denEnden der Kragarme bzw. in Träger<strong>mit</strong>te Durchbiegungen3 bis 5, bzw. 14 bis 15 mm ergaben, gegenüber errechnetenWerten von 7 bzw. 38 mm für eine gleichmäßig verteilteLast von 500 kg/qm. Bei Aufstellung in Brücken<strong>mit</strong>tewurden unter den Querträgern 17 mm gemessen. Umden Formänderungen Rechnung zu tragen, hatten die Trägereine Überhöhung erhalten, welche wegen der Steifigkeitder Knotenverbindungen zu 200 mm, et<strong>was</strong> kleiner bemessenwar, als die rechnungsmäßige Scheitelsenkung von190 + 38 = 228 mm für Bigengewicht <strong>und</strong> Nutzlast. Tat-44*


A.Ht&dtlscheBrQciien.a) Straßenbrücken.332 B". Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahrß 1897.Sächlich liegt dievon 7,4 m WeiteBrückenbahn etwanach Möllerscber Art,30 mm über dementwurfemäßigen Zustande.Am 11. September1916 wurde dasneu erbaut.38. Die Brücke inder Schönwaider Straße(ST), ein gewölbtesBauwerk von 7,5 m ,Bauwerk dem Verkehrübergeben <strong>und</strong>Weite,4,6 mwurde umverbreitertgünstig beurteilt.Die Abzweigung derMan <strong>sie</strong>ht, daß auchdort, wo weder einmächtiger Strom nochein tiefes Tal diesog. Stadtpanke ausdem Bache, welchervon hier au unterdem Namen „Schönhauser"Vorbedingungen zuKraben" wei­eindrucksvoller Bestätigungter fließt, erfolgtebieten,durch Aussparungdem Ingenieur einAbb, 107. Hiudenturgbrücliü, Toitran beim Aufbau.eines 1,5 m hohenseines Schweißes wertesEiquerschnittes ausZiel gesteckt ist. Allerdings wäre es unbillig, den Maß­dem verlängerten östlichen Widerlager. Ein Wasserrohr vonstab der Schönheit anlegen zu wollen, wo es sich lediglichum die Formvollendung des Zweckmäßigen handelt, alsobestenfalls Eleganz erreichbar ist.1 m Durchmesser, das auf dem neuen Brückenteile unterzubringenwar, mußte in zwei Kästen von 1/0,5 m zerlegt<strong>und</strong> in dem Gewölbeschlitz zur Aufnahme der Bürgerateigplattenein eiserner Träger angeordnet werden. Das vor derII. Kleinere stAdUs«he Brtickeu <strong>und</strong> dicjenig-en fremderVenraltnngeu.Zur Vervollständigung des Überblickes sei hier nochauf einige Ausführungen minderer Bedeutung hingewiesen.Von den Überbrückungen derKanäle wurdeBrücke liegende hölzerne Wehr wurde durch eine massiveÜberfallschwelle ersetzt.39. Die Brücke über die Stadtpanke im Zuge Des Schilfbauerdammesim; erhielt vor Ablenkung des Verkehrs aus derFriedrich Straße gelegentlich desBaues der Untergr<strong>und</strong>bahn einen34. (tie Corneliusbriicke (|i;nach Ausbau des Kürfürsten­der erhöhten Beanspruchungdammes von 15 auf 19 mverbreitert.35. Die Luisenbrücke (ßjwurde zur Erleichterung des Verkehrsin der Ritter- <strong>und</strong>EeichenbergerStraßeum das nach Durchführungder Spreeregulierungzulässige Maß von 0,5 7 m gesenkt.Die Ausführung erfolgte amSchluß des Krieges als Notstandsarbeitin der Weise, daßder freigelegte l'berbau —Blechträger von S m Lichtweite— an übergestreclite X-Eisen,die an den Rückseiten derWiderlager Stützpunkte fanden,gehängt <strong>und</strong> nach Abbruch desoberen Mauerwerkes <strong>mit</strong> Hilfevon Schrauben auf die Lagerabgelassen wurde, — Im Bereicheder Panke wurden36. die Brücke in der Christianiastraße(»i;, ein gemauerterDurchlaß von 51,8 m Längezwischen den Stirnen, sowie37. die Schönatedtbrücke (fS),<strong>mit</strong> Rippen platte ans EisenbetonAbb.; 108. Hindenburgbrückc, Zwischenstützo vor dem Ablassenbei 8 <strong>und</strong> Ä. auf den HÜfökoüsolen ruhend.entsprechenden Überbau ausDifferdinger Eisen <strong>mit</strong> Beton.Über den Spandauer Kanalführte ehemals40. die Kieler Brücke (fi), eiuhölzerner Laufsteg, welcher gelegentlichdes Ausbaues desKanals beseitigt werden mußte.Dafür wurde die daneben zurLeitung von Kohlenzügen vomHamburger Güterbahnhof nachdem Lagerplatz an der Chausseestraßevon den Gaswerken südlichdes Nordhafens gleichzeitiggeplante Hubbrüclie zur Aufnalunedes Fußgängerverkehrseingericlitet. Sie besteht auszwei im Abstände von 4,8 mliegenden Gitterträgern von25,84:01 Stützweite <strong>mit</strong> beiderseitsausgekragten Gehwegenvon je 1,7 m. Das Heben <strong>und</strong>Senken geschieht durch einenin Brücken<strong>mit</strong>te aufgestelltenBdotor, dessen Arbeitsleistungdurch Zahnradgetriebe nach denAuflagern auf dort befindliche,durch Gegengewichte entlasteteh) ICisßnbrilcken,


D. DieBtatitlk'heulirtii'krn.Spindeln übertragenwird. Der Eegel nachin gehobener Lage,sind die Gehwegedurch Treppen <strong>mit</strong>den Bürgersteigenverb<strong>und</strong>en.Um den neuenOsthafen <strong>mit</strong> derEisenbahn in Verbindungzusetzen,warenfür die auf demDaramkörper derßingbalm untergebrachtenGleise Überführungennöti g,derenAusführung nach denEntwürfen der städtischenTiefbauverwaltungvon letztererF. Krause u. F. Hedde, Die Brüctenbauten der Stadt Berlin seit dem J^hre 1897. 333zwar an üntcrnehraer vergeben, jedoch aus Gründen derBetriebssicherheit von der Eisenbahndirektion geleitet wurde.41. Die Hauptstraßenbrücke (m) in Lichtenberg, welcheneben der Eisenbahn noch die Kynaststraße überführt, erhieltdurch Anfügen eines <strong>mit</strong> größerer Liehtweite versehenenGewölbe Streifens von 4,6 na die erforderliche Breite. Anschließenddaran wurde die Parallelstraße 8 m seitlich verschoben,um für die Überführung der Hafengleiso über dieSchlesisohe <strong>und</strong> Ostbahn, in fünf <strong>mit</strong> BlechtrUgern überdecktenÖffnungen, den frei gewordenen Unterbau benutzen zu können.42. Die Marktstraßenbrücke [% mußte bei der schiefenLage zu der alten, erweiterungsbedürftigen "Wölbkonstruktioneine stützenfreie Weite von 24,4 m erhalten, <strong>was</strong> bei derbeschränkten Bauhöhe zur Verwendung von PortalträgernVeranlassung gab. Anordnung <strong>und</strong> Ausbildung des aus<strong>sie</strong>ben Trägern in Abständen von 2,58 m bestehenden Bauwerkessind aus der Veröffentlichung — „Der Osthafen zuBerlin 1913", von Fr. Krause, S. 68 <strong>und</strong> Tafel 20 u. 21 —zu ersehen. Die Lagererhielten eine zudem Kämpferdruck<strong>und</strong> dem entsprechendbegrenzten Stützonfußnormale Lage(s. Abb. 3 Tafel 9).Gegenüber dender Stadt gehörigen,treten die übrigenBrücken Alt-Berlins,um welche es sichhier immer nur handelt,zurück. Es sinddies <strong>sie</strong>ben Bauwerkeder Strombauverwaltungimfrüheren GutsbezirkePlötzensee <strong>und</strong> 20ältere Überführungenüber Bahnanlagen,die gleichzeitig <strong>mit</strong>diesen von EisenbahngeSeilschaftenausgefülirt <strong>und</strong> späterliinbei der Verstaatlichungübernommenwaren. MitAusnahme der beidengelegentlich der Ausführungdes Hobenzollernkanalsneu erbautenSeestraßenbrücken^) bieten <strong>sie</strong>nichts von Belang.Bei der zum Teilwenig befriedigendenBeschaffenheitAbb. 109. Hindenburgbrücke, westhches "Widerlager, von unten gesehen. derßingbahnbrückenwar unser Bestrebenauf deren Ersatz durch zeitgemäße Neubauten gerichtet, wobeigleichzeitig die Übernahme derselben iu das städtischeEigentum ins Auge gefaßt war.Seit langem gemeinsam <strong>mit</strong> der Eisenbahnverwaltung<strong>und</strong> der Gemeinde Lichtenberg geplant, wurde der Neubauim Zuge der Thaerstraße als Ersatz der „Schwarzen Brücke"in der Ausführung durch den Krieg verhindert. Ähnlichverhält es sich <strong>mit</strong> dem Umbau der Brücke im Zuge derLandsberger AUeo, deren Erneuerung gleichzeitig <strong>mit</strong> einerVergrößerung des Gleisanschlusses für den Viehhof ins Augegefaßt war, sowie <strong>mit</strong> der Verbreiterung der Brücke im Zugeder Schönhauser Allee.Außer diesen, dem allgemeinen Straßenverkehr dienendenBauwerken finden sich im Tiergarten neben einer großenAnzahl von Durchlässen, welche die Gewässer untereinanderbzw. <strong>mit</strong> dem Landwehrkanal <strong>und</strong> der Spree verbinden,neun kleinere Parkbrücken aus Mauerwerk oder Beton biszu 7,2 m Weite imd sechzehn in zierliehen Formen gehalteneeiserne Brücken, von denen die „Große Bogenbrücke"am Neuen See <strong>mit</strong>i^-Äirx%£Tit;


334 F. Krause u. P. Hedde, Die ßrückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.ITI. Sonstige MitteUansen aU^emelner Art, Koät«D, persönlicheAngaben nnd Verzeichnisse*Um Wiederholungen zu vermeiden, ist das den beschriebenenBrücken Gemeinsame et<strong>was</strong> zu kurz gekommen.Dieses <strong>und</strong> <strong>was</strong> sonst noch den Akten entzogen au werdenverdient, sei hier nachgeholt.A.erDndwng. DQJ. UntörgT<strong>und</strong>, welchem Rechnung zu tragen war, botnur ausnahmsweise Schwierigkeiten. Das Terfahren bei derGründung war verschieden, je nachdem die Baustelle in derSpreemulde oder auf dem ITferrande lag. Ersteres war beiallen Brücken über Wasserläufen der Fall, wo es sich umSandboden handelte, dessen Tragfähigkeit stellenweise durchMoorablagerungen beeinträchtigt wurde. Schüttbeton zwischenSp<strong>und</strong>wänden war hier die Regel, bei einer Beanspruchungder meist 2 m unter Spreesohle liegenden Gr<strong>und</strong>fuge <strong>mit</strong>5 kg/qcm. Die 2 m tiefer hinabreichenden, hölzernen Sp<strong>und</strong>wändewaren 20 cm stark. Wo es darauf ankam, die Eammstößezu mildem, wurden Walzeiaen unter etwaiger Zuhilfenahmevon Wasserspülung verwendet, wie bei der Lessingbrücke,die auf dem rechten Spreeufer an einen stark belastendenSpeicher stößt, dessen Gr<strong>und</strong>mauern 3 m über F<strong>und</strong>amentsohleliegen. Am südlichen Widerlager der Hansabrückekonnte durch ähnliche Maßnahmen ein un<strong>mit</strong>telbar an derBaugrube liegendes Wasserrohr während der Ausführungsarbeitenim Betriebe belassen bleiben. Die Häuser an derInselbrücke, sowie der alte Schinkelbau neben der EisernenBrücke wiesen infolge früherer Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkung Risseauf. Sie wurden durch vorsichtige Verwendung eiserner Sp<strong>und</strong>wändevor weiterem Schaden bewahrt. Bei der Schloßbröckewiedemra, <strong>und</strong> zum Teil auch bei der Eisernen Brücke wurden.<strong>sie</strong> aus dem Gr<strong>und</strong>e gewählt, weil frühere Gründungsarbeitender Ramme große Hindernisse boten, <strong>und</strong> zwar erhieltenLarsen-Eisen Nr. 1 wegen ihres leichteren Eindringens <strong>und</strong>geringeren Gewichtes den Vorzug vor den anfänglich verwendetenI-Eisen Kr. 13 <strong>und</strong> 24. Sp<strong>und</strong>wände aus Bisenbetonwurden zum waeserseitigea Abschluß der unter demJungfernsteg hinführenden Leinpfade verwendet. Die 50/20 cmstarken, liegend gestampften Bohlen erhielten beiderseits R<strong>und</strong>eisenvon 20 mm, die unten zu einer eisernen Schneide führen,oben zur Aufnahme der Schlaghaube zusammengezogen <strong>und</strong>auf ganzer Länge durch Bügel verb<strong>und</strong>en sind, HalbzylindrisoheFedern <strong>und</strong> Nute erwiesen sich zweckmäßiger alsstählerne Domführungen, Die Festigkeit des aus 1 Zement,3 Kiessand <strong>und</strong> 1 Basaltsplitt bestehenden Betons betrug nach28tägiger Erhärtung 248 kg/qcm."Wie Seite 18 bereits <strong>mit</strong>geteilt ist, ging man bei derBrommybrücke zur Senkung des Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>sers <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> zurAusführung von Stampfbeton über. Bei dem linken Widerlagerder Gotzkowskybrücke wurde dieses Verfahren gewählt,um durch Wasserentziehung den Erddruck auf die hintereSp<strong>und</strong>wand zu vermindern, um die Absteifung der Baugrubezru vereinfachen <strong>und</strong> um einen sicheren Aufschluß über denUntergr<strong>und</strong> zu erhalten. Daraufhin konnte eine um 0,8 mhöhere Lage der Sohle gewählt werden, als es nach denBohrungen angenommen war. Auch das nördliche Widerlagerdes Jungfernstegs konnte nach Senkung des Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>sersganz im'Trockenen ausgeführt werden. Auf der südlichenSeite, wo sich erat 4,12 m tiefer guter Baugr<strong>und</strong> ergab, versagtendie Pumpen, so daß schließlich gebaggert werden mußte.Die Tragfähigkeit moorigen Bodens wurde bei dem nördlichenZwischenpfeiler der Inselbrücfce durch Gr<strong>und</strong>pfähleerhöht (vgl. Abb. 1 Tafel 5). ' Bezüglich der Eisernen Brückewird auf Seite 171 verwiesen. Bei der Luftdruckgründungdes nördlichen Widerlagers der Moubijoubrücke wurde derhölzerne Senkkasten bis auf -[-18 NN, 10 m unter Flußsohle,gesenkt, wo Bohrungen, die sich bis 3 m unter die Schneideerstreckten, an allen sechs untersuchten Stellen tragfähigenSandboden ergaben.Im Bereiche des Wasserwechsels wurde zur Verkleidungdes aufgehenden Mauerwerke statt des Sandsteines Granit verwendet.Bei der Brommybrücke zog man ihn selbst demMuschelkalk vor, während bei der Gotzkowskybrücke auchdie Sockelschichten Kalkstein aufweisen, der hier nur besondersdichten, tiefgelegenen Gebirgsbänken entstammt. Ebensobesteht die Verblendung der Thielenbrücke ausschließlichaus Muschelkalk. Zur Vermeidung des sog. „Ausblühens"infolge Einwirkung der Säuren des Zementes wurden dieWerksteine der Hansa- imd der Publitzbrücke in hydraulichenMörtel versetzt, <strong>mit</strong> Ziegeln in Ceresitmörtel ummauert <strong>und</strong>dann erst <strong>mit</strong> Beton hinterstampft.Bei den Überbrückungen der Eisenbahnen lagen andereVerhältnisse vor. Die Putlitzbrüeke ist Über lagerhaftemEies auf Sandboden gegründet, der anbetraohts des Fehleusvon Sp<strong>und</strong>wänden <strong>mit</strong> 3 kg/qcm beansprucht wird (vgl. Abb. 1Tafel 8). Im übrigen handelte es sich um festen Lehm.Die Gründung der Swinemünder Brücke wurde durch imWege liegende Entwässerungskanäle erschwert. In der Baugrubedes südlichen Zwischenpfeilers, dessen starke Belastungbesondere Vorsicht erheischte, wurden <strong>sie</strong> völlig freigelegt,durch Unterzüge unterfangen <strong>und</strong> an Querträgö-n aufgehängt,so daß der Boden unter ihnen entfernt <strong>und</strong> die Betoneohle,in welcher die Abfangeträger belassen wurden, behufs Erzielunggleichmäßigen Setzens einheitlich durchgeführt werdenkonnte. Diesem Arbeits vorgange verursachte bei dem südlichenWiderlager, dessen Gr<strong>und</strong>fläche 6 m unter dem Kellerdes Hauses Swinemünder Straße liegt, die Nähe dieses Gebäudesweitere Schwierigkeiten. Der nördliche Zwischenpfeiierberührte die Kanäle nicht. Das dortige Widerlagerdagegen wurde von dem Hauptsammler etwa in der Mitteschiel durchschnitten. Die geringe Belastung gestattete trotzder schiefen Kreuzung eine zweiteilige Ausbildung der Gr<strong>und</strong>mauern.Der Lehmboden erwies eich so fest, daß er <strong>mit</strong>Keilen <strong>und</strong> Brechstangen gelöst werden mußte, allerdings nurso lange er trockei» war. Leider trat aber, als das Betonierenbei dem südlichen Zwiechenpfeiler beginnen sollte, Regenwetterein, wodurch. die Sohle der Baugrube eich in Breiverwandelte, derart, daß die Arbeiter bis an die KnOcheleinsanken. Um Betonieren zu können, wurde zunächteine 0,3 m starke Schicht aus Steinschlag in den aufgeweichtenLehm gestampft, eine Maßnahme, die sichauch hei den übrigen F<strong>und</strong>amenten als nötig erwies <strong>und</strong>sich durchauß bewährt hat. Die größte Pressung beträgt3,7 kg/qcm.Unter der Hindenburgbrücke zieht sich ein Waseerrohrvon 910 mm Durehmesser in Straßenachse hin. Durch Auflösungder Widerlager in zwei Einzelpfeiler, die den Untergr<strong>und</strong>bis zu 4,8 kg/qcm beanspruchten, konnte diesem Umständezweckmäßig Rechnung getragen werden.


F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 335B. KfiHtnngeoiml ZD-Bunmeabttu.a) M&äBiveBrücken.b) EiserneBrfickeu.(!. Btaekenidtmnek.Der an ein Wohnhaus stoßende östliche Teil des nördlichenWiderlager der Duncfcerbructe -wurde in der Weiseanageführt,, daß man zunächst die Ekjke des E^uses afofingjalsdann den Boden innerhalb einer Schachtzimmerung bis aufdie rd. 6 m unter Hanaf<strong>und</strong>ament liegende Sohle des Widerlagersaushub <strong>und</strong> innerhalb dieses Raumes einen Pieiler ausStampfbeton hochiührte.Den größeren Spannweiten <strong>und</strong> der verwickeiteren Ausführungsartentsprechend, wurde den Lehrgerüsten erhöhteAufmerksamkeit zugewendet Für die Seitengewölbe derBrommybrücke "wurden Ständergerüste verwendet, die. denDruck un<strong>mit</strong>telbar in die Rammpföhle leiten. In der Mittedes Flusses war ein SchifFedurehkß von 3,5 m Höhe vorgesehen,bestehend ans zwei Öffnungen von 8,75 m, die durchX-Träger Nr. iSV^ überdeckt <strong>und</strong> inj Scheitel auf einemPfahljoch gelagert waren. Qie Überhöhungen betrugen je45 mm, die unter der Auflast in den Seitenöffnungen um je30 mm, in der Mitte um 20 mm zurückgingen.Die Gerüste der Zoaseuer, der Thielen- <strong>und</strong> der Inselbrückeerhielten einen einschiffigen Durchlaß von 7,5 m Weite<strong>und</strong> 3 m Höhe, gleichfalls <strong>mit</strong> seitlichen von den Rüstpföhlengetrennten Leitwänden <strong>und</strong> einen Überbau aus Walzeisen^Bei dem Jungfemateg bestand die Rüstung aus zwei seitlichenJochen, welche für die Schiffahrt eine nicht überdeckteÖffnung von 18 m freiließen. Das <strong>mit</strong>tlere Trägerstück wurdein ganzer Länge aus dem Prahm gehoben <strong>und</strong> zwischen diefertigen Seitenteile eingefügt. Dieser einfache Vorgang wäreunzulässig gewesen,, wenn seitens der Bauverwaltung nichtvon vornherein "Vorkehrungen zur jederzeitigen &ewährleistungder Bogenwirkung getroffen worden wären. Da der Einbaueines Aufsteliungsgelenkes auf Schwierigkeiten stieß, hatteman sich für eine künstliche Erzeugung des Schubes entschieden<strong>und</strong> zu dessen Einbringung Endquerträger vorgesehen,weiche das Ansetzen von Pressen <strong>und</strong> die Übertragungihres Drucke^ auf die Trägerenden ermöglichten. Der demjeweiligen Eisengewichte entsprechende Schub wurde durchzwei Pressen auf Hebel übertragen, deren kurze Arme un<strong>mit</strong>telbarauf dem Querträger wirkten, während die langenan einem Zwischengliede angriffen, das seinen Druck auf dieMitte des Querträgers übertrug <strong>und</strong> eine Wazausche Keßvorrichtungenthielt. Die Übersetzung war 1:10. Bei der erstenEinwirkung der Pressen waren die Lager nocQi nicht vergossen.Der eine Bogen wurde dabei um 20 mm, der andere um30 mm von dem Widerlager abgerückt. Die Hebung desScheitels betrug 26 mm. Nach dem Vergießen der Lagerschuhewurde eine Nachprüfung <strong>und</strong> Berichtigung durchStahiplatten vorgenommen. —• In ähnlicher Weise "Wurde beidem Gerickestege <strong>und</strong> bei der Schönfließer Brücke verfahren.Die Vorgänge bei der Aufstellung der Putlitz-, der Swinemünder,der Greifenhagener <strong>und</strong> der Hindenburgbrücbe sindim Teile I behandelt. Bezüglich der Marktstraßenbrüokewird auf „Der Eisenbau" Jahrg. 1915 Heft 9 verwiesen.Die großstädtische Umgebung erforderte besondere ßücksiohtnahmebei der Ausgestaltung. Plastische Versuchstückekamen dem Entwürfe wie der Ausführung zugute. Für dieArchitekturteile der massiven Brücken waren Gipsmodelle dieRegel. Bei der Hansa- <strong>und</strong> Gotzkowskybrücke wurden vonden Ffeileraufbauten Darstellungen aus <strong>mit</strong> Jute umspanntenHolzgerüsten in natürlicher Größe aulgeführt, um ihre Wirkungim Stadtbilde an Ort <strong>und</strong> Stelle zu erproben, wobei sich fürdie Gliederungen noch die Anbringung von Gipsabgüssen alsnotwendig erwies. Auf die Postamente der Achenbachbrückeist Seite 32 näher eingegangen. Für die Gestaltung des Eisenwerkestaten Übergichtemodolle aus Pappe, wie <strong>sie</strong> von der FirmaStegemanu u. Fischer geliefert wurden, in allen den Fällengute Dienste, wo es sich darum handelte, bei der Auswahl auseiner Beibe von Vorschlägen die Entscheidung zu erleichtern.Für die Verbreiterung der Schillingsbrücke standen vier Lösungenin Modellen 1: 50 zur Wahl. Bei der Hindenburgbrückeerwies sich 1:100 als geeigneter Maßstab. Bezüglich der SwinemünderBrücke wird auf den Sehlußabsatz daselbst verwiesen.Für die neueren Brücken als vorwiegende Nützlichkeits- **• »«!*"


336 F. Krause u. T. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.Umstand, der eine allmähliclie Verminderung der Ausgaben zurFolge hatte. Terbilligend wirkte auch die Verdrängung desMauer^rerkeB durch den Beton, insbesondere dort, "wo er <strong>mit</strong>Biseneinlagen als Ersatz für Werksteingewölbe diente.Ferner "war die Art der Verdingung der Arbeiten vonEinfluß. Nachdem vorerst an den beschränkten Ausschreibungenfestgehalten "war, "wuchs <strong>mit</strong> der Anzahl der leistungsfähigenBaugeschäfte, -welche sich um Aufträge bewarben, die Unternehmerlisteimmer mehr an, so daß vermeintliche Ansprücheauf Arbeitsübertragung Enttäuschungen hervorriefen, ohne daßeine gewisse Geb<strong>und</strong>enheit der Verwaltung Außenstehendengegenüber vermieden werden konnte. Dieser Umstand inVerbindung <strong>mit</strong> der Möglichkeit von Ringbildungen führte seitMitte dieser Bauperiode zu Öffentlichen Ausschreibungen,wobei durch die Fassung der Bedingungen ungeeignete Angebotevon vornherein ausgeschieden werden konnten, währenddie Wahl unter den drei Mindestfordernden Aufträge an geeigneteUnternehmer erleichterte. Die hierzu nötige Unabhängigkeitergab sich daraus, daß der Verwaltung baureife,von ihr selbst bis auf alle Einzelheiten durchgearbeitete Entwürfezur Verfügung standen.Abgesehen von den Entwurigkosten sind für die Ausführungvor dem Kriege rd. 13,29 Millionen Mark ausgegebenworden, von welchem Betrage 4,824 Millionen aus Anleihengedeckt wurden. Die Kosten der einzelnen Bauwerke sindaus nebenstehender Zusammenstellung zu entnehmen.Um ein Urteil über die "Wirtschaftlichkeit der Veriyendungvon Eisenbeton für die Brückentafeln zu gewinnen, mußtendie Mehraufwendungen, weiche die Tragwerke infolge deshöheren Gewichtes dieser Bauteile erforderten, Berücksichtigungfinden. Bei ßlechträgem handelte es sich dabei immer nurum Mehrbedarf an Gurtplatten, da ihre Tragwände durch einesolche Mehrbelastung nicht berührt wurden, bei Fachwerkendagegen mußte ein der Gewichtserhöhung entsprechender Teildes ganzen Trägers in Rechnung gezogen werden.Die 0,17 m starken Kappen der Swinemünder Brückesind zwischen den Querträgern angeordnet, deren Abstand6 m beträgt, bei einem Pfeilverhältnis von 1:10 bzw. 1:9(vgl. Abb. 15 Tafel 7). Sie wiegen einschl. der Zwickelausfüllungin den Seitenöffnungen 983 kg/gm, in der Mittel-Öffnung 584 kg/qm, bei einem Oewicht des Bimsbetons von900 kg/cbm, während <strong>sie</strong>h für eine eiserne Brückentafel dasGewicht, wie folgt, errechnet;Buckelplatten65 kg/qm,Trägerrost bei 6 m Abstand der Querträger 110 „Betonfüllung 125 „zusammen 300 kg/qm.Das auf die Einheit des Querträgers entfallende Mehrgewichtbeträgt 4,1 t/m bzw. 1,7 t/m <strong>und</strong> entspricht, bei 11,3 m Stützweite,90 cm Trägerhöhe <strong>und</strong> 800 kg/qcm Beanspruchung,einem anteiligen Gurtquerschnitt von 90 bzw. 38 qcm inTräger<strong>mit</strong>te. Setzt man diesen auf zwei Drittel der Längedes Trägers voraus, so ergibt sich bei dem für das Eisen gezahltenPreise von 228 ^/t, auf die Einheit der Fahrbahnverrechnet, in den SeitenöfFnungen eine Preiserhöhung von3 • 3-—^•90 • 0,228 «= 4,56 ^/qm, in der Mittelöffnung eine solchevon 1^. 38.0,228 == 1,93 J^/qm.o' dDa sich femer das Gewicht des Hauptträgers zum Gesamtgewichtan einem Knotenpunkt der Seitenöffnuugen wie14; 94,6, <strong>und</strong> an einem solchen der Mittelöffiinng wie15,7:82,8 verhält, gewinnt man für den Kostenvergleichfolgende Zahlen*.«) KappenderSeitenöfFnungeneinschl.FüUbeton 17,09.^/qmjMehrkosten der Qnerti^ger . . . . . 4,56 „Hauptträger^.(0,983.0,300)-228 = 23,05 „JCosten der Eappenankec .1.14 „zusammen 45,77^/qm.ß) KappenderMittelöffnungeinschl-Betonfüllnng 13,76wÄ/qm,Mehrkosten der Querträger . . . . •. 1,93 „„ „ Hauptträger^•(584-300)-228 ^12,27 „Kosten der Kappenanker . . . . . * 1,14 „zusammen 29,10^/qmy) Kosten der Kappentafel im Durchschnitt:10-45,77 + 9.29,10^37,9 J^jqm.19ö) Für eine Buckelplatten tafel einschl. des Trägerrostes wärennach obigem bei gleichem Eiseopreise zu zahlen gewesen;0,175-28 = 39,9 .^/qm,für Betonfüllung etwa .2,0 „zusammen 41,9 j8/qm.Bei diesem Preisunterschied von 4 ^/qm sind die Mehraufwendungenfür Verankerungen der Hauptträger, welche imFalle d) erforderlich gewesen wären, noch außer Ansatz geblieben.Ferner ist zu berücksichtigen, daß auch der sehrniedrige Eisenpreis in vorUegendem Falle zugunsten der.Buokelplatten ins Gewicht fällt. Die Erhöhung der F<strong>und</strong>amentpressungvon 0,3 kg/qcm ist ohne Belang.Durch entsprechende Hechnung ergeben siah die Kostender Kappen der Putlitzbrücke (Abb. 17 Taf, 10) zu 39,8 Jg/qm,während die Yerwendung von Buckelplatten 43 ^/qm erforderthätte. Bei der Schönfließer Brücke (Abb. 1 Taf, U)stellen sich die Kosten auf 28,8 ^/qm bzw. 30 ^/qm.Die Rippenplatte der Hindenburgbrücfce von 1,7 m Stützweite(vgl. Abb. 7 Tafel 13) wiegt 560 kg/qm, gegenüber240kg/qm der BuckelplattentafeL Ihr Preis von 26,1 Markerhöht sich infolge Mehrbedarfs an Ifiokelstahl <strong>und</strong> Flußeisenauf 47,1 Mark, während für die Buckelplattentafel in diesemFalle rd. 46 J^jqm zu rechnen gewesen wären. Diese geringenMehrkosten werden durch die billigere Unterhaltungaufgewogen.Der Vorzug den Kappen gegenüber besteht darin, daßdie Platte dem Pflaster ohne eine besondere Unterhaltung eineinwandfreies Auflager bietet. Sie ist so<strong>mit</strong> dort überlegen,wo es, wie bei ßogenbrüoken rur Vemngerung des Schubesauf die Widerlager, darauf ankommt, das Eigengewicht nichtzu groß werden zu lassen.Infolge der d^rch den Krieg herbeigeführten Umwertung t) unterhatein Eingehen auf die für die Unterhaltung der Brücken *'gezahlten Beträge an Interesse eingebüßt. Bei den eisernen i. Eisern«*Überbauten wird Überdies eine Verallgemeinerung der Er- ^*'^*«''fahrungssätze beeinträchtigt durch ihre Abhängigkeit von derKonstruktion, den mechanischen <strong>und</strong> chemischen Einwirkungen,


F. Krause u. F. Hedde, Bie Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 337^hoaMpafiilSSägOl 'S COgä^rtu•+JoVo^'Säofcp mng^igCO I ^. I I I CM OCM -^\0 . THrtCOCM lO .-( M-«Jt -rp CO qgCO •^ cb -«To c> ^ I»ÜÖ" lO" "Br" "^^ CM CD ^1 IIIu:j in MM Q Da»O «i «O" Ö" O"o> o -* O M.c>' t~^ "*"-J CO OS«C3oI ^oo"OIM §•-, o£8 I 2L L '„ OlS O O "OM lO rv»OT CO 03 ^-.in O I I I00 I SOallIIO O OIlO_ urS, t£3_ ('*'" r-T cT eci'05 •* OD •*i I I IOl COCO-gl-Hsäg^CO CD OCM >—' iciM «1 COO M IC5 I^ 00CD tN. Q OJ PIeC5 CO •* Ol COC D O ^ t - . c p O C O t - ' O O( M C 3 a 0 O 1 C M Q D l > - " W?1a i ( Ä a i e D c N i O c \ 4 i O M G o a D WsM CO -* OJi S3 m r-i -^fH W D- CO 1*3r-- iH fH ODCDolO CMCO tna>COCO o r- OiCl Ü3 -^t -H cn >ci00 lO OS oq Cff OS — . i-i . tO O 00 O\D #-. M CM Ol in«D -^ fD -* O COo »n t^ ^H CO P3 OD O Irt ^^I »-H i_* O •i^ CD -rJ» ^- i- 1^^ K-.CM m irj O ö O i c > j i C J o a o 3 t J M n » > » l a c o o o o v[ Woq) «> (D «) (D , oof»9ICDI IO OM i^ D-CO CO laTH lo ^in c> o?Ca l> 00CD "-1 Oo in CDt: a> o g00 m ^ -^« CO 1-1 00 COfOsCOCOQOCO t- CO T(i • *CO lO i>- 00 « OS lOCD OS •"< O» CO M t-t- ^1CO»MlCOr-l• « * i n i r ' i o w i o r « . m i - i # o o c o c o•Wti— « 3 0 S 0 0 0 0 5 0 5 i - H O b C M C OC O c O e O i - s - f l ^ l ^ i - H C O Q O O c D c Oo i i o o s c a i - i C i i m ! M M e M > O t ^ » ni n c o c D O » t p i > * ' n i n 3 i o > c - i > ( MoCDO• *CO• ^ -^ m t> ds »-^ «O MCM/^^ CM »n COCT)ep8COCD004umIIOSODCOCO^i-HSSCOm lO eö r* -^ OCO t- OS O «-1 »nTf t— CO Ol "* f-lCMro COrH (OCD oB8 O 0 0 Q < ^ c 0 i ^ < 0 t - Ä i O — « O i i Ac j ö 5 ® c D c i m i > 0 ' w t - Q O & i t o( M ( N C M e o e o t > . i n o o c M ' < P ' < i i c o » o c Mrt .-( CO T-*•-< O-I 1 I I 1 I I I ICS CD o a-H ^ O t> _. _rH CO in --H CO (f3\0Ol b4 CSlO O) 00 O COQ £3 £3 gq t ^OS -^J«r-< r-iOl OSQ -«Ji 1-J .-»inoiooco'BtfOW• - < 0 ' — • ' ~ < 0 S ' ^ T - ( - ^ OCO o O lä! Da»-•---OSOlrHCO~MOSOOS Ol Ol OS OS OS OS C33 OSO rH »O CMOS r-( rH A.1 —^ o -^ z; t-HOS rH r-( OS .^OS Ol Os ""• OS»n t>* CM MO rH ^_ TM ^-1 ^nCS OS OS 3SsCOH0eS4I -Ö .iI § » SbDäZ^tBohhlt f. BuvMM. 72. Utas.U} * cdi Ii" I5 'S ^ g i 'S § .1 :g -C NIICDCOr-tCrtCAP -«Jl t- CM SM C- OOl r^ ri W5 »H rH®cS) ®©®(I)fi> 'i)f)©(|)CO£o •* inCO CM rH^ i ? t^ ^*00 «£>CM g3 ^CD CM OS 00®@(D(|)(i)®(Df>{|)©|:)i)(I)iD45.I


338 F. Krause u. F. Hedde, Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897.2, MassiveBrücken.von ihrer Zugängigkeit <strong>und</strong> den dadurch bedingten Rüstungen,sowie nicht zuletzt von der Handhabung der Arbeiten,welche besonderer Sachk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Überwachung bedürfen.Für die Eisenbauten über Waeserläufen wurden im Durchschnittder letzten 25 Jahre vor dem Kriege je 1,31 Jd/qui.verausgabt. Dazu kamen für außergewöhnliche Erneuerungen5369 Mark <strong>und</strong> för die Unterhaltung der Prellpfähle noch7140 Mark jährlich hinzu.Die Putlitzbrücke kostete jährlich nur 0)45 Jtjiita]die nicht in gleichem Maße geschützte Schönfließer Brücke,bei der die Lokomotivgase dauernd auf die Stehbleohe einwirkenkönnen, 1,14 ^/qm, so daß die Kappenanordnung derPutlitzbrücke trotz höherer Änlagekosten den Vorzug verdienthaben würde. Bei der Greifenhagener Brücke, welche demAuspuff der abfahrenden Lokomotiven ausgesetzt ist, war dieSchutzdecke aus "Eisenbeton dem Anprall glühender Kohlenteilenicht gewachsen, so daß sich stellenweise ein weitererSchutz als nötig erwies. Es mußten für <strong>sie</strong> im Durchschnittjährlich 2,97.y^/(jm aufgewendet werden,Bei der Swinemünder Brücke erforderten die außerordentlichenAusbesserungen <strong>und</strong> Erneuerungen 0,12 ^/qm,die Rüstimgen <strong>und</strong> Untersuchungen 0,45 ^/qm, die regelmäßigerforderlichen Sehlosserarbeiten 0,17 ^/qm, die Anstreicher-Arbeiten einschl. der Farbe 0,56 ^/qm, entsprechend einemjährlichen Betrage von 1,30 v^/qm, worunter 680 Mai-k bzw6,30 4^/qm für die alljährlich nötige Erneuerung des Anstrichesüber den zwei Gütergleisen beiderseits des Knotenpunktes15, eine Aufwendung, welche das Bestreben erklärt,des weitereu auf die Entfernung des Eisens aus der Brückentafelbedacht zu sein.Bei dieser Brücke sei noch einer auffallenden Wirkungdes Holzpflasters gedacht, zumal es eich um Hartholz handelte,das anfänglich als durchaus formbeständig bezeichnetwurde. Nachdem es 10 Jahre lang einwandfrei gelegenhatte, wiesen die Bordschwellen plötzlich Zerstörungen auf,indem an den TorderQächen Schalen abgesplittert <strong>und</strong> einzelnederselben senkrecht zur Richtung des Schubes vollständigabgeschert waren, so daß 37 m aufgenommen<strong>und</strong> nachgearbeitet, darunter 5 m ganz ausgewechselt werdenmußten. Nach Einbau von Faitblechen in die vorher <strong>mit</strong>Ton ausgefüllten Fugen sind Schäden nicht mehr entstanden.Die massiven Brücken erforderten nur ausnahmsweiseAufwendungen. Meist waren die Seitenkräfto des Holzpflastersdie Ursache dazu. Im Jahre 1907 zeigten sich Absplitterungenan der Sandsteinverbiendung der 189& erbauten WienerBrücke <strong>und</strong> ein Überhängen der südlichen Brüstung bis 40 mm.Unter dem Büvgersteig war im Gewölbe dort, wo es zur Aufnahmeder Straßenleitungen auf 0,51 m vei^chwächt war, ein10 mm breiter Spalt entstanden, der in 6 m Abstand beiderseitsdes Scheitels sich als Haarriß verlor, wobei der abgetrennte,etwa 0)8 m breite GewSlbering um seine Sehne nachaußen gekippt war. Durch das Abscheren der Bordsteinhintermauerungkonnte das Treiben des Holzpflasters einwandfreials Ursache dieser Erscheinung festgestellt werden. DieAusbesserungen erforderten rd. IQ 000 Mark.Ähnliche Schäden an der Schöneberger Brücke, einemgleichen Bauwerk von 20 m Weite, waren die Folge einerseitlichen Verschiebung des Bürgersteiges einschl. des Hauptgesimsesbis zu 30 mm, ohne daß das Gewölbe Verletzungenzeigte. In diesem Falle hatten Veränderungen in der Höhenlagedes Scheitels infolge des Wärmeeinflusses offenbar dieLagerfugen gelockert <strong>und</strong> dadurch den Vorgang erleichtert,der nach Überwindung der Scherfestigkeit der Mörteliugenunter Annahme einer Reibungsziffer von ^/g auf eine Horizontalkrzftvon <strong>250</strong> kg/qm schließen Heß, Die rd. 8000 Markbetragenden Kosten der Ausbesserung wurden, wie im vorigenFalle, von demUntemehmer füi das Holzpflaster teilweise ersetzt.Es leuchtet ein, daß diese Vor^le Bestrebungen auslösten,solchen Schäden vorzubeugen, ohne auf ein geräuschlosesPflaster dort verzichten zu müssen, wo eine Neigungvon über 1:70 bis höchstens 1:60 den zur Glätte neigendenStampfasphalt verbot. Auf die vielen dahingehenden Vorschläge<strong>und</strong> Versuche einzugehen, würde zu weit führen. Es •sei nur nochmals auf das faltblech des MagistratsbauratsHoese hingewiesen (vgl. Abb. 11 Tafel 1). Seine Verwendungist wohl deswegen nicht allgemein geworden, weilmau geneigt ist, das Holapflaater für harmloser zu halten,als es ist, trotzdem gekantete Bordschwellen seine Gefährlichkeitüberall erkennen lassen.Kämpfer- <strong>und</strong> Fugenrisse in den Brückenstirnen wai'enVeranlassung, dem I]influß der Wärmeänderung erhöhte Aufmerksamkeitzuzuwenden. Die Größe, welche diese Kraft beiflachen Gewölben erreicht, wurde als Ursache erkannt <strong>und</strong>daher die nach dem Stützlinien verfahren entworfenen Bauwerkeauch der Kantungstheorie entsprechend <strong>mit</strong> Gelenken<strong>und</strong> durchgehenden Stirnfugen ausgeführt, oder aberEinepannungen vorgenommen <strong>und</strong> zu ihrer Bemessung dieElastizitätstheorie zu Hilfe genommen, wie bei der Zossener<strong>und</strong> Thielenbrücke. Die Inselbrücke wurde für das Bigengewichtnach der Stützlinientheorie, für die bewegliche Belastungnach der Elastizitätstheorie berechnet.Als Verblendmaterial für die seit 1897 erbauten Brückenwurde meist Sandstein <strong>und</strong> Muschelkalk gewählt. Die Verwendungvon Basaltlava, die in der früheren Bauperiode,z. B. bei der Gertraudten-, Moabiter <strong>und</strong> Schöneberger Brückegern benutzt war, empfahl sich wegen ihrer- Neigung, nachVerarbeitung zu Werkstücken rissig zu werden, nicht. DiesesMaterial wurde daher in der Folgezeit zur Verblendung nichtmehr zugelassen.Für die Stoßfugen der Deckplatten erwies sich daß Versteramen<strong>mit</strong> Blei als einwandfreie Füllung.Schlaßfrort.Die vorgeführten Bauwerke kennzeichnen eine Zeitglücklichen Schaffens, während welcher es gelungen ist, denBedürfnissen Alt-Berlins nach Brücken für absehbare ZeitRechnung zu tragen. Mit Ausnahme der eben erwähntenRingbahukreuzungen sind nur die für den Kupfergraben geplanteMuseumsbrücke, sowie der Umbau der Überführungdes Friedrich-Karl-Ufers — des nördlichen Teiles der Doppelbrücke,welche den gemeinsamen Namen AlsenbrQcke hat —zurzeit noch unausgeführt geblieben. Letzterer wird für dieSchiffahrt dringend, da die von der Strombauverwaltung im3ahre 1897 umgebaute schiefe Hafeneinfahrt den immergrößer werdenden Fahrzeugen nicht mehr genügt. Um denerhöhten Anforderungen zu entsprechen, wurde vorgeschlagen,unter Aufgabe der früheren Entwürfe imd unter vorläufigem


F. Krause u. F. Hedde, Die BrückenbauteD der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897. 339"Verzicht auf die Spreebrllcke, zunächst für eine einwandfrei©Schiffstraße Sorge zu tragen, <strong>und</strong> zwar unter Wiederveiwendimgder abzubrechenden Strombrücke als Überbau fürdie Hafeneinfahrt, welche gleichzeitig' die Einmündung desHohenzollemkanais in die Spree darstellt. Die Übersetzungdes Spreeufers gemäß dem in dem Wettbewerbe vom Jahi-e1910 <strong>mit</strong> dem dritten Preise ausgezeichneten Entwürfe„Groß-Berlin" von B. Eberhardt, B. M5hring <strong>und</strong> E. Petersen,wonach die Älsenstraße in einer auf den Bahnhof bzw. aufdas Alexanderufer gerieliteten öabelung fortgesetzt wird,könnte bei der Nähe der Moltkebrücke unbedenklich einerbesseren Zukunft vorbehalten bleiben.Die bei der Planung geleistete Arbeit wird in ihrem"Umfange erat erkennbar, wenn man bedenkt, wie sehr dieBebauung die Aufgabe erschwerte <strong>und</strong> die Abhängigkeit vonden Anforderungen der Staatsbehörden <strong>und</strong> von den Belangenanderer städtischer Verwaltungen die endgültige Festsetzungbeeinflußte <strong>und</strong> immer wieder zu Abänderungen, wenn nichtzu neuen Entwürfen zwang. Dies war nur durch ein besonderesBureau, das die Erfahrungen sammelte <strong>und</strong> sichdurch Nachwuchs von- den Hochschulen auffrischen ließ, infruchtbringender Weise möglich. Wie wenig sich Ausschreibungenfür die Eigenart der hier vorliegenden Aufgabenempfahlen, hatte der ergebnislos gebliebene Wettbewerb für•die Weidendammer Brücke gezeigt. Das dem Stadtbaurat fürden Tiefbau, Geh. Baurat Friedrich Krause, welchem auchdie Auswahl der Privatarchitekten für die Ausgestaltung derBrücken oblag, un<strong>mit</strong>telbar unterstellte Büro wurde von depHerren Gottheiner, Seifert <strong>und</strong> Hedde nacheinander geleitet. Alsständige <strong>und</strong> zeitweilige Mitglieder sind zu nennen: ßegierungsbaumeisterBehrens^i), Kalb, Loerbroks, Sievers, Sonntag;Regierungsbauföhrer bzw. DipL-Ing. Bednarakif, Cornehls,Gehrkef, Kielf, Dr.-Ing. Marcus, Petermann, Pohl, Kichter,Siefert, Struwe, Thieß, Usinger, Yier; Ingenieur Flood,Palkeuberg, Heinzel, Kupfer, Seiff; Architekt Kleinertf <strong>und</strong>Unglaube; Stadtbausekretär Worch; Techniker I. KL. Abraham,Jung, Klein f, Kreßler, Meyerf, Müller, Sauer, Schmidt,Schulz, Wadenklee.Bei acht Brückenbauten, zu denen namentlich die inder Zeit von 1898 bis 1904 hergestellten gehören, war diestädtische Hochbaudeputation <strong>mit</strong> der architektoDischen Ausgestaltungamtlich beauftragt; ebenso wirkte die Hochbanabteilungdes Ministeriums der öffentlichen Arbeiten beimUmbau der Schloßbrücke amtlieh <strong>mit</strong>. Die Ausgestaltung derBrücken stanunt von den nachstehend aufgeführten Künstlem:Grenander u. Schmarje 13, 30^); Dr.-Ing. L. Hoffmann6, 21, 34, derselbe <strong>mit</strong> Leseing 8, 26, <strong>mit</strong> Ranch 15, <strong>mit</strong>Vogel 16; Ihne 3, 4; Koppen 20; A. Körnig 2,14,32;A. Körnig u. Schmaije 27, 29; Herrn. Krauset 11; Krilz-1er u. Tisoher, Schirmer u. Markert 19, 20; Michaelsen,Schirmer u. Markert 23; B. Möhring 9,13,28,31; B. Möhring<strong>und</strong> ßooh n. Feuerhahn 10, 7; W. MüUer f u. R. Kühn25; Meßelf, May u. J. Taschner f l; Wolffenstein f1) f verstorben. 2) Die gesperrt gedruckten Namen bezeichnendie Architekten, die anderen die Büdhauer, die arabischenZifTeru die Bauwerke, wie <strong>sie</strong> in den Teüen I <strong>und</strong> II aufgeführtsind, die römiächen die Kummer der Tiefbanämter.u-Westphal 17; Wolffenstein f 2, 33; ß. Sch<strong>mit</strong>z f u.Metzner 22, U; 0. Stahn 5.Die Ausführung war Sache derjenigen Tiefbauämter, inderen Bezirken die Bauwerke lagen, <strong>mit</strong> den folgendenVorständen: I Siebeneicher f 6,16, Szalla 3,4,17, Neumann15, 18, 19, 20; II Heinr. Krausef 11, 8, Fichtner 9, 10,12, 13, 14, 29, 7; III Mylius f 28, 38, Behnerf 36, 37,39, 30, 32, 33, Hoese 33; IV Laßer f 1, 2, Kolwes 31;V Eohdef 21, 22, 24, Brancke 25, Maeyf 23, Schubert 35;VI Pinkenburg t 26, 34, Hoese 2.7; Bauamt Nord-Südbahn:Nitzsche 5.Mit der örtlichen Leitung waren die folgenden Stadtbaumeister<strong>und</strong> Dipl.-Jng. bzw. deren Vertreter, betraut:Behner f 6, 16, (Duerdoth, Flister)i) 28; Behrens f 7, 13;Brancke. 26 (Kupfer) 21, 22; Fichtner (Narten, Schöpplenberg)11, (Saminski, Zaar) 8; Kalb 32, (Hamann, LindmüUer)30, 33; Hecker 1; Keiser 35, (Mallow) 31; Kleemann f 23;Kolleck 3; La Baume 5; Loerbroks 23, 35; Ma«y 12, 13,(Peters) 7; Mangeladorff 10, 12, 13, (Henrici, Petermann,,lamer, Orb) 29; Neumann 10, (Kunitz) 14, 29; Nitzsche 17,3, 4; Popp 33; Saminskif 24, (Nichterlein) 9, 27; Seifertf3, 4; Sievers hatte die Ausführung der auch von ihm ent- ,worfenen beiden Umgehungsbauwerke der WeidendammerBrücke <strong>und</strong> 39; Vogt 19, 20, (Frost) 15, (Möbius) 18.Die Unternehmer weiter ausiuführen, als es bei der Beschreibungder einzelnen Bauwerke geschehen, ist bei derengroßer Anzahl des beschränkten Raumes wegen unmöglich.Diese Veröffentlichung war ursprünglich für eine Fortsetzungdes Werkes „Die Straßenbrücken der Stadt Berlin"bestimmt, dessen Drucklegung der Magistrat <strong>mit</strong> dem Zirkelverlagevereinbart hatte. Unter der Leitung des DirektorsDorn hatte dieser seine Vorbereitungen dazu .beendet,namentlich die zahlreichen Bildstöcke - bereits beschafft, alsdie während des Krieges sich immer schwieriger gestaltendenVerhältnisse die Arbeiten unterbrachen <strong>und</strong> schließlichzur Aufgabe des Unternehmens zwangen. Wenn nunmehrdie Bekanntgabe des Inhaltes in verkürzter Form erfolgenkonnte, so ist es dem Entgegenkommen der Schriftleitungdieser Zeitschr. gutzuschreiben. Ihr, wie dem Verlage Ernst u.Sohn sagen wir hier<strong>mit</strong> unsern Dank.Besondere Anerkennung gebührt der Mühewaltung derBeamten des städtischen Brückenbaubureaus, welchen nebenihrer sonstigen Tätigkeit die Sichtung, Zusammenstellung<strong>und</strong> zum Teil auch die Beschaffung der Gr<strong>und</strong>lagen für dieTafeln <strong>und</strong> für die Textabbildungen einschließlich der Beschriftungoblag. Es sind dies die Dipl-Ing. Cornehls <strong>und</strong>Vier, sodann die Ingenieure Heinzel, Kupfer, SeifF, Flood,von denen sich besonders der erstere verdient gemacht hat,femer Stadtbausekretär Worch, Stadtbauassistent Schulz <strong>und</strong>Techniker L Klasse Abraham.Die Bauaufnahmen <strong>und</strong> die Mitteilungen über Einzelheitender Ausführungen sind den amtlichen Berichten der in derZuaammenstellung genannten Bauleiter entnommen. DieLichtbilder, welche den Brückenansichten " zugr<strong>und</strong>e liegen,stammen von dem verstorbenen Hofphotograph H. Rückwardt.1) Die Namen der Assistenten sind eingeklammert (),4Ö^


340 Musset, Weitere Untersuchungen über die Einwirkung der Form der MolenWeitere Untersuchungen über die Einwirkung der Form der Molenauf Küstenströinung <strong>und</strong> Sandwanderungen*Vom Regierungs- <strong>und</strong>Die auf Seite 105 u.ff. des Jahrg. 1920 dieser Zeitschriftvom YerfaBser dieses verölfentliehten „ünter^uchuiigentlber die Eimrirkung der Form der Molen auf Küstenströmung<strong>und</strong> Sandwjinderung vor den Hafeneinfahrten"(in Hinteri)ommern) stützen sich auf Normaltiefen-Pläneder einzelnen Reeden, die einen jriittlerenZustand in der Zeit von 1904 bis 1917, also aus jüngsterZeit, darstellen.Zweck der weiteren Untersuchungen. Im nachfolgendenBoUen diese Untersuchungen dahin erweitert werden,daß festgestellt wird, wie der jetzige Zustand im Laufe derZeit entaftanden ist <strong>und</strong> welche Veränderungen in den Sandablagerungennach Erbauung bzw. Verlängerungen derMolen eingetreten sind. Aus diesem Material werden dann•weitere Schlüsse auf die Wirkungsweise der Bauwerke gezogen.Art der Äueführuhg der Untersuchungen. DieUntersuchungen sind folgendermaßen.geführt; Zunächst wurdenunter Benutzung aller vorhandenen vergleichsfilhigenPeilpläne auf jeder Seite der drei in Frage kommendenHäfen je ein regelmäßig aufgenommenes Profil ausgewählt.Danach wurde aus diesen Untersiichungsprofilen die Lageder einzelnen Meter-Tiefenlinien für alle Jahre, aus denenPeilpläne vorhanden waren, entnommen <strong>und</strong> in besonderenDarstellungen der zeitliehen Reihenfolge nach aufgetragen.Zu ünterauchungsprofilen sind zuerst unter den Profilender Peilpläne von Eügenwaldermünde diejenigen bestimmtworden, die da lagen, wo die größten Veränderungen derTiefenlinien eingetreten waren; weil so die vorgekommenenVeränderungen in den Darstellungen am besten ersichtlichgemacht werden konnten. Die Pläne des Hafens von Eügenwaldermündewurden zuerst bearbeitet, weil dieser Hafennach den Ergebnissen der früheren auch bei den vorliegendenUntersuchungen besondere Beachtung beansprucht.Die Stellen der größten Veränderungen in den Tiefenlinienließen sich auf die Weise er<strong>mit</strong>teln, daß aus demältesten Peilplan von 1872 <strong>und</strong> demjenigen von 1917 nurdie —5 m-Tiefenlinien sowie die Strandlinien entnommen<strong>und</strong> in einem Lageplan zusammen zur Darstellung gebrachtwurden (Abb. 1). Aue dieser Darstellung ergaben sich alsdie für die Untersuchung geeignetsten Profile:a) im Osten: das etwa 1<strong>250</strong> m vom Ostmolenfuß ent*fernte Profil (3) <strong>und</strong>b) im Westen: das vom Westmolenfuß etwa 70 m entfernteProfil (1).Für die beiden anderen Häfen wurden als Untersuchungsprofilesolche genommen, deren Lage den Profilen von Rögenwaldermündenach Möglichkeit entsprach (s, Abb. 2 u. 3).Graphische Darstellung des Unterauchungsmaterials.Für jeden der drei Häfen ließen sich je zweiDarstellungen herstellen, in denen die Lage der einzelnenMeter-Tiefenlinien zu einer festen Standlinie am Dfer für alleJahre, aus denen Peilungen vorlagen, in der zeitlichen Reihen-Baurat Musset in "Kolberg.(Alle RecMe Torbehalten.)folge nebeneinander aufgetragen wurde. Diese Darstellungenzeigen, wie sich die Tiefen in den ünterauchungsprofilen imLaufe der Zeit verhalten haben <strong>und</strong> wie der jetzige Zustandeich allmählich entwickelt hat. Unter den horizontalen Reihender Darstellungenj in denen die Jahreszahlen angegeben sind,wurden in den senkrechten Spalten für die in Frage kommendenJahre kurze Bemerkungen Über die Entstehung bzw.die Veränderungen der Bauwerke gesetzt, ao daß ein un<strong>mit</strong>telbarerVergleich zwischen den Veränderungen der Tiefen<strong>und</strong> der Entstehung bzw. Veränderung der Bauwerkemöglich wurde.')Um aber das Verhalten der Tiefen in den üntersuchungsprofilenauf beiden Seiten der einzelnen Häfen gut <strong>mit</strong>einandervergleichen zu können, sind für jedes derbeiderseitigen Untersuchungsprofile noch in je einer besonderenAbb. 4 u. 5 die Schwankungen der —5 m- <strong>und</strong> der J^Om-Tiefeu der drei Häfen zusammen in verschiedener Keunungdargestellt.Aus dehUntersuchungen sich ergebende Schlüsse.Aus diesen beiden Darstellungen ergibt sich, daß unter dendrei hinterpommorschen Häfen der Hafen von Bügenwaldermündeauch hinsichtlich der zeitliehen Entwicklungder Tiefenverhältnisse, sowohl «sülch wiewestlieh der Molen, eine ebensolche Sonderstellungeinnimmt, wie <strong>sie</strong> bereits für den jetzigen Zustanddurch die frühere Untersuchung festgestellt wordenwar.Verhalten der —5 m-Tiefenlinie im Osten derHäfen. Im Osten von Rügenwaldermünde ist schonwährend <strong>und</strong> sofort nach Erbauung der Molen des Vorhafensin den Jahren 1873 bis 1875, ein starkes Zurückweicliender —5 m-Tiefenlinien, also eine Vertiefung der östlichenBucht eingetreten, eine Erscheinung, die sich unterSchwankungen bis jetzt erhalten hat. Oanz im Gregenteilhierzu zeigt die —5 m - Tiefenlinie in Kolberg in dem ehtsprechendenProfil seit 1882, dem frühesten Jahre, aus demPeilungen an der in Frage kommenden Stelle vorliegenj unterSchwankungen ein allmähliches Vorrücken — also eine Verflachungder Ostbuoht.Da die in Kolberg aus der Zeit der hauptsächlichstenMohlenverlängeruDgen (1840 bis 1875) stammenden Peilungensich nur auf <strong>250</strong> bis 300 m Entfernung beiderseits des Ostmolenkopteshin erstrecken, ist die Untersuchung Ober dieTiefenänderungen ftlr Kolberg auch noch auf ein nur in dieserEntfernung östlich vom Molenfcopf liegendes Profil ausgedehntworden. Es zeigt sich auch in diesem Profil, daß»ach jeder Molenverlängerung eine Verflachung der östlichenBucht eingetreten ist.1) Die Auioahme dieses Beweism&terials in die vörsteheodeVeröSentlichung mußte wegen Rauramaogels <strong>und</strong> der Kosten halberuDterbleiben. Das gesamte benutzte Material steht aber in denAkten des Hafenbauamtes za Eolberg für etwaige weitere Stadienzur Verfügung.


auf Küatenströmung <strong>und</strong> Sand Wanderungen. 341In RügenwaldermÖnde hat also nach Erbauung der Molen,im Osten derselben, eine starke Abwanderung, IQ Kolbergeine Ansammlung, des Sandes stattgef<strong>und</strong>en.Das Verhalten der -^5 m-Tiefenlinie im Osten desHafens zu StolpmOnde steht dem Verhalten dieser Liniebeim Hafen in Kolberg näher, als bei dem in Eögenwaldermönde.Die vorhandenen Peilungen im Osten reichen in Stolpemünde bis in das Jahr 1867 zurück, dem ersten Jahre nachErbauung des ersten Vorhafens. Der weitere Ausbau derdortigen Molen zum jetzigen Zustand fand in den Jahren1900 <strong>und</strong> 1901 statt.Un<strong>mit</strong>telbar nach der in die Jahre 1864 bis 18CG fallendenAusführung der ersten Molen trat unter starken Schwankungenein Vorschieben der — 5 m-Linie ein. Von da abist bis zur Ausführung der zweiten Molenverlängerung inden Jahren 1900 bis 1901 ein nur einmal im Jahre 1890unterbrochenes gleichmäßigeres, aber langsameres Vorschiebendieser Tiefenlinie zu bemerken.Die neuesten Verlängerungen der Molen im Jahre 1900<strong>und</strong> 1901 hatten wieder starke Schwankungen zur Folge,die ein abschließendes Urteil jetzt noch nicht zulassen, immerhinaber die Vermutung rechtfertigen, daß ein geringes Zurückweichender Tiefenliniea für die Zukunft zu erwarten ist.Verhalten der Strandlinie, d.h. der J::Oin'Tiefenlinieim Osten der Häfen. Die + 0m-Tiefen-oder Strandlinieim Osten des Hafens zu Bügenwaldermünde zeigtvon 1872 bis 1877» also innerhalb der Zeit der Erbauungder Molen, ein bemerkenswertes Vorrücken, von da anaber ein langsames Zurückweichen bis zum Jahre 1909;<strong>und</strong> dann wieder ein langsames Vorrücken. -Die Ausführung des östlichen Farallelwerkes, das in demJahre 1889 zu einem gewissen Abschluß gebracht wordenwar, hatte das Zurückweichen der Strandlinie nicht bemerkbaraufhalten könuen.Die Ausführung der Buhnen Nr. 5 bis 12 in den Jahren1899 bis 1901 verursachte während der Ausführung Schwankungen,aber kein dauerndes Vorschieben der Strandlinie.Ebenso ist ein Einfluß der Verstärkungsarbeiten andem Parallelwerk in den Jahren 1904 bis 190ö nicht zubemerken.Ein Yorübergehendes Vorschieben im Jahre 1910 kannvielleicht auf die Bauten der Buhnen I bis TV <strong>und</strong> 10 bis17 in den Jahren 1907 bis 1909 zurückgeführt werden.Die schweren Stürme zur Zeit des Jahreswechsels von1N913 auf 1914 haben, wohl infolge ihrer Richtung zumStrande, diesen nicht merkbar verändert, <strong>was</strong> hinsichtlichder Frage der Einwirkung der Nord- <strong>und</strong> Oststürme auf dieAusbildung der östlichen Bucht zu beachten ist.Die Strandlinie ira Osten ^ea Hafens zu Kolberg hatsehr wenig Schwankungen durchgemacht. Die im Jahre 1890begonnene erste <strong>und</strong> die im Jahre 1905 angefangene zweiteAusführung von Buhnengruppen scheint vorübergehend kleineVor»chiebungen herbeigeführt zu haben. Im Jahre 1918 lagaber der Strand wieder an derselben Stelle wie im Jahre1882, während in Bügenwaldermünde der Strand vom Jahre1877 bis 1917 im ganzen um 75 m auiückgerückt ist.Dag Verhalten der Strandlinie im Osten des Hafens zuStolpmÜnde steht ebenso wie das der — 5 m-Tiefenliniedem Verhalten derselben Linie im Osten des Hafens zuKolberg näher als demjenigen im Osten des Hafens zu Rügenwaldermünde.Die Schwankungen sind in StolpmÜnde im einzelnenzwar et<strong>was</strong> stärker als in Kolberg, doch ist auch hier dieLage der Strandlinie im Jahre 1918 annähernd dieselbe wiein den Jahren 1873, 1874 <strong>und</strong> 1875.Yerhalten der —5 m- <strong>und</strong> der ± 0 ra-Tiefenlinienim Westen der Häfen. Im Westen des HafensVon Rügenwaldermünde hatte sich in den Jahren von1874 bis 1875 in der Zeit, in der die Westmole nur teilweisefertiggestellt war, eine starke Vertiefung vor denneuen Molenteilen gebildet. Aber schon 1876 <strong>und</strong> dann von1878 an, nach Fertigstellung des Unterbaues der Molen involler Länge, machten sich starke Sandansammlungenbemerkbar, die jedoch in, dem Zeitraum von 1897 bis 1910geringer wurden, dann aber bis in die neueste Zeit wiederzunahmen. Im Jahre 1918 lag die —5 ra-Lioie nahezu200 m weiter seewärts als 1872,Auch die Strandlinie im Westen zeigt ähnliches Verhalten.Die Schwankungen sind hier aber sehr viel geringer.Im Jahre 1918 war diese Linie um etwa G5 m gegen 1872vorgerückt. In einzelnen früheren Jahren lag <strong>sie</strong> vorübergehendnoch weiter seewärts.In Kolberg hat im Westen des Hafens weder die— 5 m- noch die Strandünie sich dauernd vorgeschoben.SandansammluDgen einzelner Jahre sind immer bald wiederverschw<strong>und</strong>en.Die —5 m-Tiefenlinie liegt im Jahre 1920 dem Strandesogar um 50 m näher als 1805, die Strandlinie hat 1919dieselbe Lage wie 1882.In StolpmÜnde traten nach Erbauung des ersten Vorhafensin den Jahren 1864 bis 1867 im Westen starkeVersandungen ein, die — S m-Tiefenlinie hatte sich wesentlich,die ± O-Linie mäßig vorgeschoben.Zwischen den Jahren 1877 <strong>und</strong> 1890 liegt eine vorübeigehendeEinbuchtung der —5 m-Tiefenlinie, die imJahre 1883 ihren Wendepunkt hat.Nach der zweiten Verlängerung der Molen in den Jahren1900 <strong>und</strong> 1901 vollzog sich von 1903 bis 1907 unverkennbarein Zurückweichen der —- 5 m-Linie, Hierzu mögenauch die in dieser Zeit auf der Beede einsetzenden starkenBaggeniDgen <strong>mit</strong> einem großen Hopperpumpen-Bagger beigetragenhaben.Mit dem Jahi^ 1910 beginnt ein stark schwankendesVerhalten der —5 m-Tiefenlinie, das aber auf eine weitereZunahme der Versandungen trots Bttggemni^nschließen läßt Auch die Strandlinie zdgt, wenn auchabgeschwächt, ein ähnliches Verhalten.Ursache der Sonderstellung das Hafens von" Rflgenwaldermünde. Als Ursache für die im vorstehendenunzweifelhaft nachgewiesene Sonderstellung derMolen des Hafens zu Bügenwaldermünde unter denender drei binterpommerschen Häfen hinsichtlich der Einwirkungauf den Oststrand kGnnen nur zwei Umstände in Fragekommen: der Unterschied a) in der Streichrichtung derKüste <strong>und</strong> b) in der Form der Westmole.Alle anderen in Frage kommenden Verhältnisse entsprechendenen der Nachbarhäfen oder sind so wenig ab*


342 Musset, Weitere Untersuchungen über die Entwicklung der Form der Molen13TS1OS1—1IC(Na!Ö B


aul Küstenströmung <strong>und</strong> Sandwanderun^eu. 343weichend von diesen, daß durch <strong>sie</strong> eine Sonderstellung nichterklärt werden kann.Es fragt sich aber, ob das abweichende Verhalten inden Sandablagerungen auf beide Umstände zugleich odernur auf einen <strong>und</strong> auf welchen allein zurückzuführenist.Da hierbei der Wind als Haupterzeuger des Küsteustromesdie wichtigste ßoUe spielt, mußte dessen Einflußauf die Sandbewegung <strong>und</strong> den Eüstenstrom bei den verschiedenenStreichrichtungen der Küste festgestellt werden.Es wurde daher in, der Abb. 6 für die drei in Fragekoramendea Häfen die Windstärke nach der BeaufortschenSkala, ihre Verteilung über die Windrose <strong>und</strong> die Kesultierendender in Frage kommenden Windgruppen, sowie derenLage zu dem Küstenstrich graphisch dargestellt. Dabei sindstets die Gesamtstärken für 15 Jahre (1901 bis 1915)in Windstärke-Tragen zusammen angegeben, um die Zufälligkeiteneinzelner Jahre möglichst auszuschalten.Einfluß der Winde bei verschiedenen Streichrichtungender Küste, Infolge der abweichenden Streichrichtungder Küste bei EQgenwaldermÜnde, deren Verlaufhier um 40 * mehr nach Norden gerichtet ist als bei denbeiden anderen Häfen, trifft die Resultierende aller Windehier die Streichriehtung unter 63*. In Stolpmünde ist dieserWinkel 26**, in Kolberg nur 4**. Die zu den Küstenstrich-


344 Musset, Weitere Untersuchungen über die Entwicklung der Form der Molenlinien parallelen Komponenten derResultierenden aller Winde betra-^n in HügenwaldermÜnde 2100"Windstärke - Tage, in Kolberg3900 Windstärke-Tage, in Stolpmünde4400 Windstärke- Tage.Die Sandwanderung an der KüsteniTiß also bei Rögenwaldermöndeeine langsamere als in der Näheder beiden anderen Häfen sein.Die Bucht östlich des Hafensist in Rügenwaldermünde, demKüstenstrich entsprechend, mehrnach Westen offen als bei denanderen Häfen. Sie liegt für dieaus den Richtungen: NW, NNW,N, NNO <strong>und</strong> NO wehenden Windefrei. Nach Abb. 13 hat die Eesnltierende(R II) dieser fünf Windrichtungendie Größe 4600 Windstärke-Tage.Die zur Strandlinieder östlichen Bucht senkrechteKomponente dieser Kraft, die fürdie Stärke des Seeangriffs auf dieUfer maßgebend ist, ergibt sichzu 3700 Windstärke-Tage <strong>mit</strong> derungefähren Richtung NNW.In Kolberg liegt die Buchtfür die Winde aus: NNW, N, NNO,NO, ONO <strong>und</strong> 0 offen. Die ResultierendeR II dieser Winde beträgt4600 Windstärke-Tage <strong>und</strong>hat die ungefähre Richtung NO,Die zur Strandlinie östlichder Bucht senkrechte Komponentedeivgenannten Windstärke ist 4000Windstärke-Tage <strong>mit</strong> der unge-^ren Richtung N.Für die Sandbewegung amStrande kommt die Größe derparallel zum Strande gerichtetenKomponente der Resultierenden(RII) in Frage, diese hat in Rügenwaldermünde:die Stärke 2900Windstärke-Tage, in Kolberg: 2350Windstärke-Tage, ist in beidenFällen aber, vom Strande gesehen,von rechts nacli links gerichtet. In beiden Fällen wird alsodurch die frei in die Bucht stoßenden Winde der Sand nichtaus der Bucht fortgetragen, sondern in diese hineingeschoben; in Rügenwaldermünde mehr als in Kolberg.Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Resultierendeder frei in die -westliche Bucht von RügenwaldermÖndestoßenden, also der SSW-, SW-, WSW-, W- <strong>und</strong> WNW-Wjnde8150 Windstärke-Tage <strong>und</strong> deren auf die Strandlinie senkrechteKomponente 5750 Windstärke - Tage stark, also erheblichgrößer ist als die 4600 Windstärke - Tage großeResultierende der in die Ostbucht stoßenden Winde; daßaber trotzdem im Westen keine Vertiefung der Bucht <strong>und</strong>ao5i3n?CL,-o nil^ 5HCI"tu aISkein Abbruch des Strandes, sondern Versandung entstanden ist.— Es ist also der Angriff der frei in die Ostbucht stoßendenWinde auf den Strand in Rügenwaldermünde nicht größerals in Kolberg, die StÄrke des Küstensti-omes im ganzen geringer.Es kann also durch den Unterschied in derStreichrichtung der Küste <strong>und</strong> die dadurch veränderteliage der Bucht zu den Himmelsrichtungen <strong>und</strong> zu denResultierenden der Winde die Vertiefung der Buchtnicht erklärt werden.Da aber in Kolberg <strong>und</strong> Stolpmünde die Wirkung derMolen umgekehrt ist wie in Rügenwaldermünde, kann dienachgewiesene Sonderstelle des Hafens von Rügenwalder--«1


auf KüstenstrÖmuug <strong>und</strong> Sandwanderungen. 345(ft»«.V Ä'münde auch nur durch den Unterschied in der Formder Molen verursacht worden sein.ZuEiammenhang zwischen Stromstärken <strong>und</strong> denTiefen Östlich der Molen. Wenn die Form der Westmole<strong>und</strong> in ihrer Folge die Yerstärkung der Strömung inder Richtui^ aenkreoht zur Eänfahrtslinie die alleinige Ursacheder Ausbildung; einer tiefen Bucht Bstlioh der Ostmolein RügenwaldermOnde ist, dann muß auch bei Abnahme der2^tw!luUt U BuwAeen. 73. laiag.• ^ m , - ^ ^SwTSä1TS•aübß!!3atqa1aStrömungen sich die Tiefe der Buchtvermindern <strong>und</strong> bei Zunahme vermehren.Wenn also die Küstenströmungennach rechts (Osten) schwächerwerden, müssen in der BuchtSandansammlungen entstehen; wenn<strong>sie</strong> stärker werden, Vertiefungeneintreten.Die Schwankungen in der Lageder — 5 m-Tiefenlinie muß also <strong>mit</strong>den Schwankungen in der Stärkeder Küstenströmungen nach rechts(Osten) bzw. den diese erzeugendenWinden in Zusammenhang stehen.In der Tat wird dies durchdie Darstellungen in Abb. 7 bestätigt.In derselben sind die Schwan -kungen der — 5 m-Tiefenlinie <strong>mit</strong>den Schwankungen derjenigen Windstärkenzusammengestellt, welcheKüstenströmung nach rechts (Osten)erzeugen; d.h. <strong>mit</strong> den Summen derWindstärken aus: SSW, SW, WSW,W <strong>und</strong> WNW. Die der Darstellungder Windstärken zugr<strong>und</strong>e liegendenZahlen sind aus der Zusammenstellungüber die Windstärken <strong>und</strong>Windverteilungen in Eügenwaldermündefür den 40jährigen Zeitraum1880 bis 1919 entnommen(s. S. 348).Diese Darstellung zeigt, daß,so häufig <strong>mit</strong> Zunahme der Windstärkenauch die Tiefen in der Buchtsich vergrößert, <strong>mit</strong> Abnahme sichverringert haben, daß der fraglicheZusammenhang alä nachgewiesen angesehenwerden kann. Abweichungenin einzelnen Jahren, namentlich1889 bis.1890 <strong>und</strong> 1905, fallen <strong>mit</strong>außergewöhnlichen Schwankungen<strong>und</strong> Stärken der auflandigen Windeaus entgegengesetzter Richtungsowie <strong>mit</strong> Erweiterungen der Parallelworksbautenzusammen <strong>und</strong> sinddadurch yeranlaßt.Jede Veränderung in derForm der Westmole, die geeignetist, eine Veränderungder Stärke <strong>und</strong> Richtung derKüstenströmung zu veranlassen, muß also aucheinen Einfluß auf die Tiefenverhaltnisse SstUch derOstmole ausüben.Wirkungsweise der Molenformen. Auf Gr<strong>und</strong> dervoraufgegangenen Untersuchungen kann die Wirkungsweiseder Molenformen bei den einzelnen bisher in Betracht gezogenendrei Häfen wie folgt dargestellt werden. — Diedem vorherrschenden Küstenstrom entgegen gekrümmte Kol-46


346 Musset, Weitere Untersuchungen über die Entwicklung der Iforra der Molenberger Westmole lenkt bei entsprechendenWinden einen Teil des Oststroms <strong>und</strong> der anrollendenWellen nach See, einen Teil nachdem Lande hin ab. Der letztere Teil verursachtam Puße der Mole Kreisströmungen, die einAblagern des Sandes dort nicht zulassen. Voneinem Auffangen <strong>und</strong> Festhalten des Sandesdurch die nach Westen gekrümmte Mole kannalso in Kolberg nicht die Rede sein. Sand kannsich nur da ablagern, wo ruhiges Wasser ist.Die starke Ablenkung des Oststromes durcliden vorderen Teil der Westmole nach See hinveranlaßt einen Anstau am Westmolenkopf <strong>und</strong>ein heftiges Umströmen desselben. Der hierenstandene starke Strom vereinigt sich <strong>mit</strong> derlast immer lebhaft fließenden Persanteströmung.Beide werden durch den vorspringenden Ostmolenkopfnochmals stark nach See hinabgelenkt<strong>und</strong> erst in einiger Entfernung vor dem Ostmolenkopfdurch den Gesamtküstenstrom v^iedernach Osten umgebogen.Un<strong>mit</strong>telbar östlich des Ostmolenkopfesbleibt das Wasser bei Oststrom stromlos. Hierlagert sich der <strong>mit</strong>geführte Sand ab <strong>und</strong> wandertvon da nach Osten weiter. Eine tiefe Buchtkann sich nicht ausbilden.Bei Östlichen Winden vereinigt sich dervon der Ostmole aufgefangene Weststrom inspitzem Winkel <strong>mit</strong> dem Persantestrom. DieSinkstoffe, die früher von. Westen herangeführtworden waren, werden in ihrer weiteren Wanderungaufgehalten; zeitweise sogar wieder nachWesten zurückgeschoben. Sie lagern sich ineiniger Entfernung von der Westmole ab <strong>und</strong>bilden hier in der Verlängerung der von Westensich heranziehenden Barre einen Haken, dersich je nach dem Gang der Witterung baldmehr, bald weniger vorschiebt; im Laufe längererZeit aber, wie nachgewiesen, seine Lage <strong>und</strong>Ausdehnung nicht wesentlich verändert hat. un<strong>mit</strong>telbarum beide Moienköpfe erhalten sichstets größere Tiefen, da hier immer stärkereWasserbewegungen stattfinden.Weiter ab finden <strong>sie</strong>h zeitweise geringereTiefen, die aber nur ausnahmsweise kleinerals -^6 m — der Normaltiefe des Hafens —werden.Anders in Eügenwaldermünde: Hierlenkt die Westmole durch ihre Neigung nachOsten den Küstenstrom allmählich vom Strandeab. Dadurch entsteht aber an der Molenwurzelstilles Wasser. Hier m.ußte sich daher Sandablagern.Eine stärkere Zusammenziehung erleidetder Küstenstrom erst an der Stelle der stärkstenBiegung der Westmole, westlich der Hafeneinfahrt.Hier wird die Mole auch von der hohenSee bei Sturm am schwersten getroffen. Es hatsich daher hier eine tiefere Auskolkung gebildet


Jäf>reMalenausÖQulfiiffen>rgl{lermi/niteyen /mksauf Küstenströmling <strong>und</strong> Sand Wanderungen. 347T B^y^ • I I t t I I I I I I IAbb. 7. Vergleichende Darstellung der Tiefenschwankungen iü der östlichen Bucht <strong>mit</strong> denvon Uoks auflandigen-' Windstärten zu Rügenwaldermünde.<strong>und</strong> erhalten. Der an der Weetmole zusammengezogene Stromstreicht nahezu senkrecht zwx Binfahrtslinie an der Mündungvorbei, da der Ostmolenkopf nicht vorspringt, daher keineAblenkung verursacht <strong>und</strong> der "Wipperstrom in der breitennnd tiefen Hafeneinfahrt nur geringen Kinfluß hat.Östlich der Hafeneinfahrt breitet <strong>sie</strong>h der zusammengezogeneKGstenstrom wieder aus <strong>und</strong> veranlaßt dadurch dieAusbildung einer tiefen Bucht im Osten der Mole.In Zeiten schwacher Winde von rechts nach linkssclüebt sich die im Westen der Westmole befindliche äußersteBarre bis in die Einsegelungslinie vor, hier die I'ahrtiefengefährdend.Beispiele hierfür sind die Erscheinungen des Jahres1919. Die Einfahrtstiefen gingen in diesem Jahre bis auf3,3 m bei M. W. herunter, -weil sich das Jahr durch sehrschwache Winde — namentlich von NO her — auszeichnete.Bei starken Strömungen von NO nach SW wird dasWasser stark vor der Ostmole angestaut <strong>und</strong> strömt starkvon rechts nach links. Etwaige früher von links herangekommeneSandablagerungen in der EinfahrtsLinie werdendadurch zurückgedrängt.Es ist eine durch die Erfahrung häufig bestätigte <strong>und</strong>den Lotsen wohlbekannte Erscheinung, daß nach starkemStrom von rechts nach links die Einfahrtetiefen vor denMolen besser wurden.Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Sandansammlungenim Westen des Rügenwaldermünder Hafens ganzgegen die Erwartungen eingetreten sind, die bei der Festlegungder Molenform in den Projekten zur Erweiterung desHafens ausgesprochen wurden. (VgL Th. Hoeeh: Die Entwicklungdes Hafens Rogenwaldermünde, Zeitschr. f. ßau-Wesen 1915, S. 427 <strong>und</strong> 428 — <strong>mit</strong> Hinweisen auf dasGutachten des Q. Br. Baensch vom 25/11 69.)Selbst die vor den Molen erfolgten nicht unerheblichenBaggerungen sind in Ragen waldermünde nicht imstandegewesen, die Sandansammlungen im Westen völlig zu beseitigen.Ohne dieselben würde dort natürlich eine erheblichschnellere <strong>und</strong> stärkere TersanduDgeingetreten sein.Die Einfatirtstiefen vor denRügenwaldermünder MolentSpfenbefinden sich jetzt also im Zustandeder allmählichen Verminderungdurch Versaudung.In Stoipmünde wird derzum Küstenstrich gleichlautendeOst-Strom von der Westmole nichtso stark abgelenkt wie in Kolberg.Die Westmolenform ist <strong>und</strong> waraber namentlich vor der letztenVerlängerung nicht imstande, demOst-Küstenßtrom vor den Molenköpfendie Richtung zu geben, dieer in Rügenwaldermünde erhielt.Die allmähliche Umbiegung nachOsten, welche die Spitze der neustenVerlängerung der Westmoleerhalten hat, schwächt aber diedurch die alte Westmole entstandeneAblenkung des Ost-Küstenstromes aus der zumKüstenstrich gleichlaufenden Richtung nur so weit ab, daßeine dauernd ungünstige Einwirkung auf die Tiefen im Osten— bis jetzt wenigstens — noch nicht entstanden ist.Ähnlich wie in Rügenwaldermünde besteht dagegen jetzthier wiederum die Gefahr langsamen Versandens von Westenher, die schon früher wiederholte Verlängerungen der Molenerforderlich gemacht hatte. (Vgl. Zeitschrift für BauwesenJahrgang 1897, Seite 94ff.)Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Molenanlagen zu Rügenwaldermünde<strong>und</strong> Kolberg. Es sei noch ausdrücklichhervorgehoben, daß für den Hafen zu Rügenwaldermündedem Nachteil, den die Form der Westmole durch ihren ungünstigenEinfluß auf den Ost-Strand <strong>mit</strong> sich gebracht hat,der große Vorteil gegenübersteht, daß die Ansegelung desdurch die Westmole gebildeten Beckenhafens leichter ist alsdiejenige des engen Schlauchhafens von Kolberg; daß hinwiederumaber die Molen in Koiberg den Vorteil besitzen,infolge der Krümmung des Hafentanais <strong>und</strong> der flachenBöschungen des Moienaufbaues sehr wirksam auf Abstillungder einrollenden See einzuwirken.Vorschläge zum Ausbau der Molen bei Hafenerweiterußgenin Kolberg <strong>und</strong> Rügenwaldermünde.Bei später etwa aufzustellenden Um- oder Neubau-Entwürfenfür den Kolberger Hafen wird es notwendig sein, dieVorteile der Kolberger <strong>und</strong> Rügenwaldermünder M'olenanordnungenunter Berücksichtigung der Beobachtungen in Stoipmünde<strong>mit</strong>einander zu vereinigen <strong>und</strong> die Ergebnisse dervoraufgegangenen Untersuchungen zu verwerten.Es müßten dann a) die relative Lage der beiden Molenköpfezueinander, ihre Entfernung voneinander sowie dieHimmelsrichtung ihrer Verbindungslinie selbst bei etwaigenVerlängerungen beider Molen unverändert bleiben.Dagegen müßte b) un<strong>mit</strong>telbar binnenseitig der Verbindungslinieder beiden neuen Molenkopfe die Wasserflächedes Hafens, die jetzt hinter den Molenköpfen sich trichterartigverengt, später sich erweitern. Es müßte femer;46'


348 Müsset, "Weitere Untersuchungen über die Entwicklung der Form der MolenJftlir1880188118831883188418851886188718881889189018911893189318941895189618971898189919001901190219031904190919061907190819091910191119121913191419151916191719181919Sa.1880bis1919Summe allerJahres-WiüistSiken1193117511761147107810429971142115811291108111212811317124911291154109211981211112310991066113612411381138412751338129713231301137013881323130912891276120211964^405Stiijimsder Ton links(SSW, SW, NSW,auflandij^enWin4e64767771364852860652364162756163863666173167654556254668567453747358861662871270067967364963504567069663652560865656661525 032SammeA&t TOD rechts(NW, NNW, N,WNO, NO)auflandigenWinde390289233320ä6327925634535837629432436142535428737283331537630536327728135839343431231332337137641439941249035339033625513 814W i n d s tä rke-TageUtiteraohtedder von lints <strong>und</strong>rechts auflandigenWindO257388480328165327267296269185344312300306322258190213370298232UO31133527032026630736032626426924629722403525526623036011218c) die Form der dem Küstenstrom von Westen zugekehrtenWestmolenseite, die sich nach dem vorstehendenbewährt hat, erhalten bleiben, auch wenn die Mole aneine andere Stelle verlegt wird, da<strong>mit</strong> der Küstenstrom imWesten des Hafens, sowohl am West- wie am Ost-Molenkopf,später dieselbe Ablenkung nach See hin erhalten wirdwie jetzt, da<strong>mit</strong> die <strong>mit</strong>geführten Sandmassen sich, wie bis*her, erat in dem rechts vom Ost-Molenkopf entstehendenstillen Wasser ablagern werden <strong>und</strong> östlich der neuen Ostmolekeine Yertiehing <strong>und</strong> keine schädlichen Ängriife aufden Strand eintreten können.Da voraussichtlieh bei Moleuneubauten <strong>und</strong> Hafenerweiterungengleichzeitig angestrebt wird, die Normaltiefen desHafens <strong>und</strong> der Einfahrt nach Möglichkeit ZU vergrößern, sowerden die vorgenannten Bedingungen auch bei einer Verlängerungbeider Molen erföllt werden müssen.Dies wird Ä. B. bei einer parallelen Yerschiebung derWestmole um 50 m nach Westen <strong>und</strong> einer Verlängerungbeider Molen um etwa 100 m erreicht. Man erhält dann diein -Abb. 8 dargestellte Anordnung der Molen.Der Ostmole ist in der Nähe des neuen Molenkopfeseine starke Krümmung gegeben, da<strong>mit</strong> die <strong>mit</strong> Kurs zwischenOst <strong>und</strong> Süd ansegelnden Schiffe hinter der Einfahrtslinienach Osten hin genügend Raum aum Einlaufen finden.Sollte es für notwendig oder wünschenswert erachtetwerden, dem neu zu schaffenden Vorhafenbecken eine nochüber 100 m hinausgehende Breite — etwa eine solche von150 m ~- zu geben, dann müßte die Westmole noch weiterparallel zu ihrer jetzigen Lage nach Westen verschobenwerden.Da<strong>mit</strong> in diesem Falle aber keine zu große ESnfahrtsöffnungentsteht <strong>und</strong> um die Lage der beiden Moleijköpfezueinander nicht zu verändern, müßte der vordere Teil derWestmole in einer schlanken S-Form umgebogen werden,da<strong>mit</strong> auch dann noch der Küstenstrom un<strong>mit</strong>telbar am Molenkopfeine solche Ablenkung nach der See hin erhält, daßdurch die Strömungsverhältnisse bei den Molenköpfen dieWassertiefen in der Einfahrtelinie günstig beeinflußt werden.Werden noch größere Einfabrtstiefen (etwa 8 m <strong>und</strong> mehr)erforderUch, so läßt sich auch dies, wie die Abb. 8zeigt, durch noch weiteres Hinausschieben der Molenköpfeerreichen <strong>und</strong> hierbei auch die S-förmige Krümmung dosseeseitigen Molenendes der Westmole vermeiden.In Rügenwaldermünde könnten, wie bereits in derersten Untersuchung angegeben wurde, Flügelbauten an derWestmole den zusammengezogenen Küstenstrom un<strong>mit</strong>telbarvor der Einfahrt scharf nach See hin ablenken <strong>und</strong>^dadurehin der Umgebung der Einfahrtslinie Wasserbewegungen hervorrufen,die das zeitweise Ablagern von Sand an diesen Stellenbeschränken <strong>und</strong> günstig auf die Erhaltung der Einfahrtstiefeneinwirken. Es. würden hierdurch nicht nur die Kostender Baggerung herabgesetzt werden, sondern auch die Tiefenin der östlichen Bucht vermindert <strong>und</strong> dadurch der östlicheStrand geschützt werden.Würde man in Rügenwaldermünde das Spiegelbildder jetzigen Molenformen ausgeführt, also der Ostmole diestärkere Krümmung gegeben haben, dann würde, wie ausden voraufgegangenen Untersuchungen hervorgeht, im Vergleichzu dem jetzigen Kräfteverhältnis an den neuen Molenköpfendie Kustenströmung von rechts nach links (d. h. vonOsten nach Westen) verstärkt, diejenige von links nachrechts (d. h. von Westen nach Osten) abgeschwächt wordensein. Die Sandansammlungen im Westen hätten dann alsonicht den Dmfang annehmen können, den <strong>sie</strong> jetzt besitzen;es würden aber auch im Osten die Vertiefung der Bucht<strong>und</strong> die Angriffe auf den Strand nicht die jetzige Orößeerreicht haben.Sollte es notwendig werden, den Hafen von Rügenwaldermündezu vergrößern <strong>und</strong> zu vertiefen, dann müßteman in erster Linie darauf bedacht sein, ein Gleichgewichtin der Sandwanderung dadurch herzustellen, daß die Küstenströmungvon Westen (links) gegen den jetzigen Zustand abgeschwächt,diejenige von rechts verstärkt wird.Dies kann erreicht werden, wenn die Ostmole <strong>mit</strong> verstärkterKrümmung nach Westen bis in die anzustrebendeTiefe verlängert wird <strong>und</strong> die Lage des Westmolenkopfessowie die Form der an schließenden^ Westmole nach denselbenGr<strong>und</strong>sätzen bestimmt wird, die oben ftir die Erweiterungdes Kolberger Hafens aufgestellt worden sind (e. Abb. 9). -


auf Kiistenströmung <strong>und</strong> Sandwanderungen. 349Bern. Dio Tiefenlipiea ßutspreoLea einer Petluns; Tom Jaiii 1920.j^ 15 " *? xm-Moflstab 1:1000.Abb. 8. Lageplan des Hafens zu Kolberg <strong>mit</strong> Vorschlägen zur Verlängerung der Molen.Ee würden dann die weiteren Sandansammlungen imWesten <strong>und</strong> die Vertiefungen im Osten aufhören <strong>und</strong> in derEinfabrtsriohtung die einmal vorhandenen bzw. hergestelltenTiefen sich gut erhalten.Ob bzw. •wieviel von der alten jetzigen Westmole zuentfernen sein würde, müßte die Erfahrung lehren.Zum Schutz des Binnenhafens gegen Sogg wird manden Abbruch auf das geringste MaB beschränken.Es kann demnach überall durch richtige Wahl derMolenibrmen ein Gleichgewichtszustand in der SandwanderungYor den Molenköpfen auch dann herbeigeführt werden, wenndie Küstenströmuüg in der einen Richtung stärker ist alsin der andern.Auf diese Weise wii-d die Sandbewegung vor Molenköpfenauf das denkbar kleinste Maß beschränkt. Die vorhandenennatürlichen sowie durch Spülkraft <strong>und</strong> BaggerungeniferJafint &C/^ aw; JSOS, f9l^ t9tZ and hi7.Abb. 9: Lageplan des Hafens zu Rügenwaltlermünde <strong>mit</strong> Vorschlägen zur Verlängerung det MOIQD.


350 A- Franke, Die massiven Brücken über den Eras-Weser-Eanal.werden den ge­vergrößerten Tiefen in der Binfahrtslinieringsten Schwankungen unterworfen sein.Ganz beseitigen lassen sich Tiefenseh wankungen natürlichauch dann noch nicht, da die "Windstärken <strong>und</strong> daherauch die KüstenstrÖmuiigen starken Schwankungen unterworfensind <strong>und</strong> in langen unregelmäßigen. Zeiträumen dieMittelwerte stark überschreiten bzw. nicht erreichen. Es werdensich daher auch keine bestimmten Maße für den Unterschiedin den Krümmungen der beiderseitigen Molen angeben lassen.Die stärkste Krümmung muß aber stets in der Richtung derschwächsten Strömung liegen, die hohlen Seiten der Molenkrümmungender stärksten Strömung zugekehrt sein <strong>und</strong>der Unterschied in den Krümmungen beider Molen <strong>mit</strong> demUnterschied in der Stärkeder Strömungen wachsen.Um Zahlen geben zu können, aus denen ganz allgemeinauf die Beziehungen zwischen Molenformen, Windstärken <strong>und</strong>Küstenströmung in Hinterpommern geschlossen werden kann,ist aus den in Abb. 6 enthaltenen Darstellungen er<strong>mit</strong>telt,daß die Resultierende aller Windstärken, wie <strong>sie</strong> sich ausder Summierung der auf Gr<strong>und</strong> der Beaufortschen Skala bestimmtenZahlen ergeben, in der Richtung des KüstenstrichesYon rechts xu der von links sich verhalten:in Kolberg . . . .wie 4900 : 8800 oder wie 1:1,80,in Rügenwaldermünde. wie 5400:7-600 oder wie 1:1,40,in Stolpmünde . . .wie 4400:8200 oder wie 1:1,86,in Leba wie 4900:10100 oder wie 1: 2,06.Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß nurdurch vergleichende Untersuchungen, wie <strong>sie</strong> im vorstehendenfür die hinterpommersehen Häfen durchgefülu'tworden sind, bei allen Häfen an Sandküsten, wenn genügendvergleichsfähige Beobachtungen vorliegen, die Wirkungsweiseder Bauwerke festzustellen ist. Auch kann nur anfdiese Weise er<strong>mit</strong>telt werden, wie Mißstände zu beseitigen<strong>und</strong> Verbesserungen zu erreichen sind.Es ergibt sich hieraus, welch großen praktischen Wertdie Sammlung vergleichsfähiger Beobachtungen hat.Die masHiven Brücken über ileii Ems-Weser-Kanal.Zur AufrecliterhaJtung des Verkelirs auf den durch denEms-Weser-Kanal geschnittenen Wegezügen -war die Herstellungvon 192 Brücken erforderlich. Von diesen konntenwegen geringer Bauhöhe <strong>und</strong> wirtschaftlicher Rücksichtennur 23 Brücken in Massivbau hergestellt werden, währendVom Geheimen Baurat a. D. A. Franke in Hannover.ZusammeitsteUuug der massiten Brücken Über den Ems-Weser-Kmial..(Alle ICGchle vor behalten.)169 Brücken <strong>mit</strong> massivem Unterbau <strong>und</strong> eisernem Überbauausgeführt sind. — Die über den Kanal führenden massivenBrücken sind in der nachstehenden Zusammenstellung kenntlichgemacht <strong>und</strong> hinsichtlich ihrer Lage, Ausführung <strong>und</strong>Baukosten kurz, erläutert.Kr.WegebeZeichnungBrückenanaichtMaßstab 1:1500iJrüukenquorscbaitt im SclieitelMaßstab 1:375Bemerkungen.h ^BaMhöhe überN.W.[Normal-Wasser]A^.= Tiefe der Bausohleunter N,W.GemeindewegIlöi'stel -Kiesenbeck" km 0,341bei HöratelDreigelenkbogenj\Stw, 4l,ö2 m Pfh. ti,5G ta f 1:6,30irs:ii::5-Dreigelenk-Bogonbrücke aus Stampfbeton.Pie auf einer Eisenbetonplatte lagerndeFahrbahn ist auf den Tragbogeu aufgeständert,Fahrbahn aus Reihenpflaster, FußwegeausBeton. Ä—l?,09m; Ä, = 1,3Ü m. Ausführungdurch Hüsör u. Ko. zu Oberciasselohne Aufbauten, Pflaster <strong>und</strong> Bmstüogen,für 207 000 vÄ-, Nebenkostsü 2100^.ChausseeAchmer-Pentekm 0,050des Zweigkanalsnach Osnabrückbei BramscheDreigelenkbogen1:3ak 35,0 >!Stw. 36,00m Yth. 3,00m f l:i2f"- ---'==—= =^^1 _|< Ria— — i .ii|'iWiPiii'W'iiiTiitiriii'm iDreigelen k-BogenbrÜeke. Bogen aus Eisenbeton,Fahrbahn aus Xleinpflaster, Fußwegeaus Beton auf Konsolen. Griindungtler Landpfeilerohne Sp<strong>und</strong>wände. Ä —5,89 m;Ä, = 0. Ausführung durch Hüser u. JCo.zu Obercassel für eine Pausohalsunime von57800 Jf ohne Zementheferung.FeldwegIV. Kingstraßekm 98,985bei MindenDreigelenkbogent!50 vsa•^ 39,D—-.—>|llStw. 44,00 m Pfh. 4,40 m /" 1; 10Dreigelenk-Bogsnbrücke aas Stampfbeton.Fahrbahn aus Kleinpflaster, Fußwege ausBeton anf Konsolen, Gründung der Landpfeilerim Trockenen auf Kies. A = 8,0ö m;Ä^ 3= 2,30 m Ausführung durch Hüser u. Ko.zu Obercassel füT eine Pausohalsumme von67300^ ohne Zementiieferung; Nebenkosten200.^.


A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal 351Nr.Wegebeaek'lmiingBrückonansicfit1:1500Brückenqusi'sohnitt im Scheitel1:375.Bemerkungen,Ä = Ba«h«iie überN.^W.[Normal-Waaser]ki=TioIo der Bausoliieunter N.W.IntereRsentenwegkm 99,447bei MinclenDreigelen kbogen1 = 50Stw. 45,50 m Pfh. 4,20 m f V. 10,1j< 4,S^-JDfeigeleßk-Bogenbrüclce aus Statnpfbetofi.Fahrbahn aus Kleiopüaster, Fußwege aasBeton auf Koaaoleö. Gründang der Laudpföilerim Trockenen auf Kies, h = 7,72 m;/*, =2,40in. Ausführung durch Hüser u.Ko.zu Obercassel für eine rauachalsumme von54050./^ ohne Zemeotiieferung; Nebeukosten350 Jg.EingleisigeKleinbahnMindeD-Uclitekm 100,052in MindeaDreigelenkbQgen! 1Stw. 43.00 m Pfh. 3,55 m /" 1:12,1b=3iB^>^Im Spur^ifii^l'J;^|i|H'IH'i'iHi1'l'iirii|i|iWi[Dreigelent-Bogeabrücke. Bogen aus Eisenbeton.Spurweite = 1,00 DI. Die Schienenruhen auf Holzachwellea in Kiesbettung.Grüudung der l-andpfoiler im Trockenenauf Kies. h= 7,20m; h^ -=3,80 m. Ans^führuug durch Dyckerhoff u. Widmano zuBiebrich für eine Pauschalsumme von48500^ ohne Zementlieferung-, Nebenkosten300^.KutenhauSerStraßekm 101,085in MindenDreigelen khogenl^_ 3B,gs.-^_^Stw. 38,90 m Pfh. 3,80 m f 1:10,2Dreigelenk-Bogenbiüoke aus Stampfbeton.Fahrbahn aus ßeibenpflaster, Fußwege ausBeton auf KoDsoleu. Gründung der Landpfeiierim Trockenen auf Kies. A = 7,84 m;Äj^ =2,30 m. Äusfuhi*m)g dui'ch Dyckerhoffu, Widmann zu Biebrich für eine Pauschalsummevon 70400 J6 ohne Zement-Uefening; Nebenkosten 300 vÄ.Marienstraßekm 101,399in MindenDreigelenkbogenStw. 46,70m Pfh.4,55m f i: 10,31^.^ .-=^-TTT-^.-- -•^F^3=-=^-—10(35-^=^==>ni!;iiiMTiTi'(i|'i'i'l'Fi~'i't'ni'i'i'ii.'i'i'i'i'i'i'i'i'iTi'i'iV|'l'l'h'VlDreigelenk-Bogenbrücke aus Stampfbeton.Fahrbahn aus ReihenpflastBr, Fußwege aasBeton auf Konsolen. Gründung im Trockenenauf Kies. Ä=^8,80in; //( —2,l5m,Ausführung durch Dyckerhoff u. Widmannzu Biebrich für eine Pauschalsumme von103000 .^ ohne ZementHeferung-, Nebenkosten800 Ji.FörstereiBaun^-Scliirneichenkm 114,626bei EirchhorsteoDreigelen kbogeni^ 4i,a^——=HIIStw. 46,G0m Pfh.4,12m /" 1:11,3'i'i'i'riTi'|i|'l'[fi'ri'|iiTiri'i'i'i'l'iTi'i'[Dreigelenk-Bogenbrücke. Bogen aus Eisenbeton,^abrbahn aus Klainpflaster, Fußwegeaus Beton auf Konsolen, Gründungim Trockenen auf Schieferton. ?! = 6,30 m;Aj=2,50m. Ausführuog durch die Moniergesellschaftzu Berlin für eine Pauschalsummevon 40640,^4 ohne Zementlieferung;Nebenkosten lOOO^.ForstLandwehr-Volksdorfkm 11Q,374bei BtadthagenDreigeteakbogeal;4D i-4dStw, 44,76 m PjEh. 4,42 m / 1:10,1{


352 A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal.Nr.AVegebezeichoungBrückenanaicht1:1500Brückenqueischtiitt im Scheitel1:375BemerkuDgeD.k = Bauhöhe übet N. W.[Normal-Wasser]Aj = Tiefe der Bausohleunter N."W.11AmtsstraßeFollhagen -StadtliRgenkm 124,993bei StadlliagonDreigelenkbogen1:50 T-5DStw. 46,30m Pfh.3,90m f \: 11,91. 7,5 -H|hi[Th'|l|'l'l#|l|l|iH'lTl'|i|'NI|li'iTDreigelenk-Bogenbrücke. Bogen aus Eisenbeton.Fahrbahn aus Kleiopflaster, Fußwegeaus BetoD auf Konsolen. Gründungim Trockenen auf Sohieferton. Ä = 6,30m;A., — 1,70 m. Ausführung durch Windschildu. lisngelott zu Dresden für eine Pausclialsuinmevon 51567 Ji ohne Zemenüiefe-TUüg; Nebenkosten lOOO Ji.12LandstraßeBachsenhagen-Niedernholzkm 128,306bei LindhorstDreigelenkbogenStw. 47,00 m Pfh. 8,02 m /" 1:6DreigeJenk-Bogenbrücke <strong>mit</strong> angehängterFahrbahn. Bogen uod Fahrbahnplatte ausEisenbeton. Fahrbahn aus Kleiopflaster,Fußwege aus Beton. Gründung der Landpfeüerim Trocknen auf Schieferton.A^=^ 5,30 m; Aj = lj20m. Ausführung durchdie MoQiergesellschatt zu Berlin für einePauschalsumme von 5600O j(( <strong>mit</strong> Zement(214 t); Nebenkosten für Pflaster usw.6000 j«.i;iChausseeEngelbosteUStöckenkm 156,605boi StöckenDreigelenkbogen\< ""'Q ^Stw. 47,00 m Pfh. 8,29 m /" 1:5,7Dreigelenk-Bogenbiücke <strong>mit</strong> angehängterFahrbahn. Bogen <strong>und</strong> Fahrbahnplatte ausEisenbeton. Fahrbahn aus Kleinpflaster,Kußwege aus Beton. Gründung der Landpfeilerauf Sandboden unter Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkung,A = 5,47m; h^^2^l0m. Ausführ.durchAVindsehitdü. Langelott zu Dresdenfür eine Pausehaisumme vou 69100 jKohne Zementlieferung; Nebenkosten fürZement, Geländer u. Kleinpflaster 13100 JK.14Kaiserbrücke(Großer KolonnCQwegzurHeide)km 163,092bei VahrenwaldDreigelenkbogenStw. 47,00 m Pfh. 4,82 m /• 1:9,Sk)5,a >I14,0 „„„„Jl\i!iimimi^:^^^im^'ii¥^mä^a^fSim'^,'ämMP. 1^ i-4fl >\1iiT!M']i['ii'|i|'|i|^'i'T'PfWl'^iihji!lJn'i!tli!).i.l'ti||.[WiDreigelenk-Bogenbrücke. Bogen aus Eisenbeton,Fahrbahn u.F^ß wege aus Kleinpflaster.Gründung der Landpfeiler zwischen Sp<strong>und</strong>wändenauf Gr<strong>und</strong>pfählen unterGr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkungauf lehm. Sandboden. A^7,07m;/t^=2,50m. Ausführung durch'Windschild u.lÄugelottzuDresden für eine PauschalsümnieV. 244820^ ohneZementljeferung; Nebenkosten:Zement 21280>r, Bildhauer 7870^.Geländer, Kleinpflaater usw. 12000^.15Lister-Mühlenwegkm 163,724bei HannoverDreigelenkbogen1:40 1 = ^0 ,Stw. 46,50 m Pfh. 4,12 m f 1:11,37,5 HDreigelenk-Bogenbrücke. Bogen aus Eisenbeton.Fahrbahn aus Kleinpflaster, Fußwegeaus Beton auf Konsolen. Gründungder Landpfeiler zwischen Sp<strong>und</strong>wänden aufGr<strong>und</strong>pfählen unter Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkungauf lehmigem Sandboden, h^ 6,20 m;A, = 3,00 m. Ausführung durch die Mouiei*gesellschaft zu Berlin für eine Pauschalsummevon 63900 M ohue.Zemeütiieferung-,Nebenkosten: Zement 8<strong>250</strong> Jt, Kleinpflaster3180 Jt.16Lister-KoppeUvegkm 164,164bei ITamioverDreigelenkbogen_li4D .1:40stw. 46,50 m Pfb. 4,12 m /" 1:11,3Genau wie die Brücke Nr. IB im Zuge desLister Mühlenwegea. Ausfahrung durch dieMoniergesellschaft zu Berlin für eine Pauschalsummevon 61800 Jf ohne Zementlieferung;Nebenkosten: Zement 7390 J^,Kleinpflaster 2050 Jf^ Verschiedenes1500 j(f.


• ^ ^A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal. 353Nr."WegebäzeichnuDgB £ ü c k ö u a u B i c b. t1:1500Brückenqueraclinitt im ScheitelMaßstab 1:375Bemerkungoii.A=BanliöheüberN.W.pS^ormaUWasser]Äj= Tiefe der Bansöhleunter N.W.17EothfelderStiaßekm 164,765bei HannoverSystem Gerberk-1ätO-*iH:-Ht5->f:-15(0->ij I iiAd ! ! T.xn I Il< ^tp >{Stw. 44,00 m Pfb. 4,00 m f 1:11i^-i.:^^^-Balkenbrücke aus Eisenbeton nach derßau-'weise Gerber. Fahrbahn aus Kleinpflaster.Fußwege aus Beton auf Konsolen. Gründungder Landpfeiler zwischen Sp<strong>und</strong>wänden aufGr<strong>und</strong>pfablen unter Grand<strong>was</strong>serabsenkungauf lehm.Sandbodeo. ft=6,44m; Ä.i = l,30m.AusführungdurchDyckerhoffu.Widmann zuBiebrich füreioe Pauschalsumme v.76700j|ohne Zementliöferung; Zement 7190 Jf-,KleiDpflaster2120.^; Nebenkosten 1500^,18Erster Klein-BacllhoIzerKoppelwegkm 165,528bei HannoverDreigel enfcbogen_.1.:J0 1:ADStw. 47,00 m Ffli. 4,08 m fl :11,5|l|i|i|l|IHl'p|l|i|


354 A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal.Einteilung der Brücken.Die Brücken lassen sich hinsichtlich ihrer Bauhöhe, d. h.hinsichtlich der Fahrbahnhöhe am Kämpfer über dem normalenKanalpeil, in drei Gruppen einteilen.Die erste Gruppe nmfaßt die Brücken Nr. 1 <strong>und</strong> 10 <strong>mit</strong>einer reichliciien Bauhöhe von 12 bzw. 14,60 m.Die zweite Gruppe umfaßt die Brücken Nr. 3, 4, 6, 7<strong>und</strong> 23 <strong>mit</strong> einer noch guten Bauhöhe von 7,70 bis 9,30 m.Bei diesen Brücken konnten die Gewölbe aus Stampfbetonohne Eiseneinlagen hergestellt werden.Die dritte Gruppe umfaßt die übrigen Brücken <strong>mit</strong>einer geringen Bauhöhe von 5,90 bis 7 m für Bogenbrücken<strong>mit</strong> obenliegender Fahrbahn <strong>und</strong> von 5,30 bis 5,47 m fürBogenbrüeken <strong>mit</strong> angehängter Fahrbahn. Bei diesen Brückenmußten die Tragbogen aus Eisenbeton hergestellt werden.Brücken <strong>mit</strong> reichlicher Bauhöhe.Bemerkenswert voa den Brücken der ersten Gruppe istdie Brücke Kr. 1 bei Hörstel <strong>mit</strong> einer Bauhöhe von 13,09 m(vgl. Abb. 1).Diese Brücke liegt dicht an der Abzweigung des Ems-"Weser - Kanals aus dem Dortm<strong>und</strong> - Ems - Kanal <strong>und</strong> bildetgleichsam das Eingangstor für den nach Osten führendenEms "Weser-Kanal. Das aus Stampfbeton hergestellte Gewölbevon 44,12 m Lichtweite ist <strong>mit</strong> einem Pfeilverhältnisvon 1 : 6,3 als Dreigelenkbogen ausgebildet <strong>und</strong> überspannt,wie alle Brücken des Eras-Wescr-Kanals, das Kanalprofil<strong>mit</strong> den beiderseitigen Leinpfaden in einer Öffnung. BehufsErmäßigung des Horizontalschnbs ist die Brückenfahrbahnauf einer aus Plattenbalken bestehenden Eisenbetonplatte gelagert<strong>und</strong> durch Bisenbetonstützen <strong>mit</strong> dem Gewölbe <strong>und</strong>den Widerlagern in Verbindung gebracht. Da die Stirnflächender Brücke durch <strong>mit</strong> Werksteinen verblendete Betonmauemgeschlossen sind, macht das an den Brückenenden<strong>mit</strong> kleinen Aufbauten versehene Bauwert einen durchausmonumentalen Eindruck <strong>und</strong> bildet eine Zierde des Kanals{vgl. Abb. 2).In konstruktiver Hinsicht bemerkenswert ist anch diezweite Brücke Nr. 10 bei Niederwöhren <strong>mit</strong> einer Bauhöhevon 14)60 m. Bei dieser Brücke, welche in der Zeitschrift„Beton uud Eisen" 1913, Heft VI ausführlich beschriebenist, besteht das Gewölbe aus vier als Dreigelen kbogen ausgebildetenBogenträgern aus Eisenbeton von je 70 cm Breite<strong>und</strong> 105 cm Höhe, die durch 15 cm starke Platten gegeneinanderausgesteift sind. Mit diesen Bogenträgern ist dieaus Piattenbalken bestehende Fahrbahntafel durch 30x30 cmstarke Eisenbetonständer verb<strong>und</strong>en. Die Bogenträger habeneine Stützweite von 49,90 m <strong>und</strong> ein Pfeil Verhältnis von1:6,1. An Stelle der Flügel sind Seitenöffnungen von je8 m Lichtweite vorgesehen, welche entsprechend denBogenträgern durch vier Eisenbetonträger von 97 cm Höhe<strong>mit</strong> eingespannten Platten überbrückt sind. Die äußerenLängsträger der Fahrbahn sind aus SohÖnheitsrücksichten <strong>mit</strong>korbbogen förmigen Schürzen aus Eisenbeton verseben. Vonden auf den Bogenträgern ruhenden Ständern waren dieäußeren drei Ständer senkrecht zur BÜdfiäche nur durch jeeinen wagerecht liegeuden Eisenbetonriegel ausgesteift.Da nach dem Ausrüsten der Brücke hierdurch, besondersbei seitlicher Stellung des Beschauers, sich ein ungünstigesverworrenes Schaubild der Brücke ergab, wurden nachträglichdie Lücken zwischen den Ständern durch schwacheBetonwände geschlossen. Das in einem tiefen Kanaleinschnittliegende Bauwerk macht nunmehr einen leichten <strong>und</strong> ge*fälligen Eindruck (vgL Abb. 3).siSchnitt jT-A.Schnitte-f.Gi<strong>und</strong>riß.Aft^eht. Schnitt i-k.Lageplan 1;<strong>250</strong>0.SU—i-J. I..I I '',.J-A I ' IAlaflstAb 1:Ö00.Abb. 1. Brücke '^t. 1 bei HÖrstel.


Brücken <strong>mit</strong> guter Bauhöhe,Die Brücken der zweiten Gruppe <strong>mit</strong> guterBauhöhe, deren Gewölbe aus Stampfbeton <strong>mit</strong>einem Pfeil Verhältnis von etwa 1:10 ausgeführtwerden konnten, sind in der üblichen Weise alsDreigelenkbogenbrüeken ausgebildet <strong>und</strong> bietennichts Neues. Zwei Brücken dieser Gruppe zeigendie Abb. 4 <strong>und</strong> 5.Ä.^Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal. 355Brücken <strong>mit</strong> geringer Bauhöhe.Während bei der Herstellung der vorgenanntenBrücken Weiterungen nicht entstanden, waren beiden Brücken der dritten Gruppe, insbesondere beiden flachgospannteu Eisenbeton-Bogenbrücken, sowohlhinsichtlich der Entwurfsbearbeitung als auchAbb, 3. Brüciie Nr. 10 bei Niederwöbren.Abb. 4. Brücke Nr. 7 bui Minden,Äbb. 2, Brücte Nr. 1 bei Hörstel.Wurfs waren die Bedingungen maßgebend, daß füreinen etwa später einzurichtenden Treidelbetrieb <strong>mit</strong>elektrischen Lokomotiven in einer Entfernung von18,10 m beiderseits der Kanalachse noch einelichte Durchfahrtshöhe von mindestens 3 m überdem Leinpfade vorhanden sein mußte (Abb. 6) <strong>und</strong>daß das Pfeil Verhältnis des Gewölbes nicht unter1:12 betragen sollte.Bei der Entwurfsbearbeitung stellte sich heraus,daß die geplante ßauhöhe, selbst bei einer Senkungdes Leinpfads auf 1 m über N.W. (die gewöhnlicheHöhe beträgt 1,50 m über N.W.), füreine sachgemäße Konstruktion nicht ausreichte.Als Mindestmaß mußte eine Bauhöhe von 6,70 razugebilligt werden.Die weitere Bearbeitung des Entwurfs ergab,daß es notwendig war, von der üblichen Ausführungeines vollen Gewölbequerschnitts abzuweichen<strong>und</strong>, dem Wesen der Drucklinie folgend,das Eigengewicht des Gewölbes in der Scheitelstreckemöglichst gering <strong>und</strong> in den Kämpferstreckennicht zu leicht zu machen. Dieses istdadurch erreicht, daß das Gewölbe auf etwa dreiFünftel der Länge nach dem Scheitel zu in Rippenformausgebildet ist (vgl. Abb. 7), während derübrige Teil des Gewölbes als voller Bogen hergestelltwurde. — Aber auch durch diesen Kunstgriff"war es nicht möglich, die Bogenführung inder Ausführung Schwierigkeiten mancherlei Artzu überwinden.Brücke bei Lauenhagen-Pollhagen.Die erste flachgespannte Eisenbeton - Bogenbrücke,welche zur Ausführung kam <strong>und</strong> gleichsamals "Versuchsbrücke gedient hat, war dieBrücke Nr. 11 im Zuge der Amtsstraße von Lauenhagennach PoUhagen.Die örtlichen "Verhältnisse verlangten einemöglichst geringe Bauhöhe, als welche zwischender Fahrbahn im Scheitel <strong>und</strong> dem normalen Kanalpeileine Höhe von 6,50 m als wünschenswertbezeichnet wurde. — Für die Aufstellung des Ent-Abb. 5. Brücke Nr, 23 boi Misburg,: •.. •. '47*


356 A, Franke, Die massiven Brücken über den Ems-"Weser-Kanal.Abb. 6. Norm. Kanalprofil. 1:750.wirtschaftlicher Weise so zu gestalten,daß die Mittellinie desAbb. 8.Gewölbes <strong>mit</strong> der Drucklinie ausEigengewicht <strong>und</strong> der halben Betriebslast zusammenfiel.Weitere Schwierigkeiten ergaben sich aus der vorgeschriebenengroßen Einzelbelastung des Gewölbes durcheine Dampfpfluglokomobile von 23 t Gesamtgewicht, wovonallein 2 - 7,5 t auf die Hinterräder fallen (Abb. 8),Um die einzelnen Rippen des öewölbea nicht zu sehrzu belasten, wurde die allerdings nicht ganz einwandfreieAnnahme gemacht, daß <strong>sie</strong>h der Druck eines Hinterrades d«rLokomobile auf mindestens zwei Rippec gleichmäßig verteilt{Abb. 9). Es ist hierbei angenommen, daß die Platte alsdurchlaufender Träger den Druck auf die Nachbarrippenweitergibt <strong>und</strong> hierbei durch die angeordneten Querrippenunterstützt wird.Auf diese "Weise gelang es ohne Aufwendung übermäßiggroßer Eiaeneinlagen eine allerdings stark gedrGckte Bogenform<strong>mit</strong> einem PfeÜverhältnis von 1:11,9 zu finden, welcheden gestellten Bedingungen entsprach.Für die Form der Leibungslinie waren vier Ordinatengegeben, <strong>und</strong> zwar:2 Ordinaten unter den Oelenken,1 Ordinate über dem Leinpfad <strong>und</strong>1 Ordinate für die Bruehfuge.Nach diesen gegebenen Ordinaten ist bei der YersuchsbrückeKr. 11 die LeibungsUnie als Korbbogen <strong>mit</strong> drei Halbmesserngebildet <strong>und</strong> ausgeführt.Da die Form dieser Leibungslinie nicht befriedigte, istbei den anderen flachgespannten Bogeubrücken die Leibungslinienach einer Kurve von der Gleichungy i^ a -{• h • X -\^ c • x^ -{• d -ic^ '\- e • %^auegeführt.Zur Bestimmung der Unbekaimten a, b^ c, d <strong>und</strong> e hatman die Bedingungsglcichungen {Abb. 10): a; = 0; ^ = Pfeilhöhe= /", also « s= ^.x^O; dy\dx — t^a im Scheitel = 0;'/^////?/}U lZ8 •-+- IZOl:lül).Abb. 9. Lastverteiluag auf die Rippen.<strong>mit</strong>hin dy:äx~h-\-2cx-\-Zd'X^Dampfpflug-Lokomobile.+ 4e'a;3=»0; also 6 = 0.^ = 0; x= Lichtweite = w.Die Bedingungegleichungen lauten daher:1) Q = f~\-c-w'^-^d-w^'^e'iv^\2) y^^f-\-c-xl-^d.xl+€'X\]S) i/2 = /'+c-a;|-hrf-x^ + e*3;|.Aus diesen drei Gleichungen ersten Grades lassen sich aufgewöhnlichem Wege oder <strong>mit</strong> Hilfe der Determinanten dieWerte für c, d <strong>und</strong> e berechnen <strong>und</strong> zur Er<strong>mit</strong>tlung beliebigvieler Koordinaten für das Lehrgerüst des Gewölbesverwenden. Die Auflösung lautet, wennm =w^xl •(«; —gesetzt wird,d =^ \c =*JCiin-~=w'^-x\—~d-w — e-w"^.e = - m"(M?— X^Für die Leibungslinien der Brücken Nr. 15 <strong>und</strong> 16 <strong>mit</strong>46,50 m Stützweite z, B, waren folgende Werte gegeben:/"^^3,608 m; w = 2Z,2b m; x^^lQ m; y^ = Z,22B m;3^ -= 18,10 m; 2/3 = 2,181 m.Hieraus berechnet sich die Kurvengleichung:y == 3,608 — 0,008329 • x^ + 0,000741 -x^— 0,00003881 ^a;*nnd die Tabelle für die Koordinaten des Lehrgerüstes;:c in m . .y m m . .ic in m. .^ in m. .0. , 3,608. . 20. . 1,59553,474211,196103,228220,718'153,776230,158iVtn182,20633,<strong>250</strong>XA191,930——Die Schaubilder der Brücken Nr. 14 <strong>und</strong> 16 (vgl. Abb. 11u-12) lassen die Wirkung der hiernach ausgeführten Leibungalinienerkennen.Bei der Versuchsbrücke Nr. 11 •waren in den Sliramauernnur über den Gelenken <strong>und</strong> in 10 m Entfernung von-ö?#- '-ßjli-* ß.8a~—^",7f *- — Ati' -r- -J,a-Abb. 7. Quei'scbnitt des Gewölbes 4,5 m vom Scheitel.


A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kaual357yAbb. 10. KooidiDaten der GewÖlbeleibuag.Abb. 11. Brücke Nr. 14 bei Vahrenwald.Abb. 13. Widerlager. 1:<strong>250</strong>.Abb. 12. Brücke Kr. ]6 bei ilauuovm-.den Kämpfern Dehnungsfugen angeordnet, auch waren,um eine Unterbrechung der Arbeiten zu vermeiden,die Stirnmauern <strong>mit</strong> den massiven Brüstungen vordem Ausrüsten der Gewölbe aufgebracht. Infolgedessenzeigten sich nach dem Ausrüsten <strong>und</strong> Hinterffillender Brücke in den Stirnmauern zahlreicheBisse, welche sich, oberhalb der Gewölbe beginnnend,durch die Stirnmauern, die ausgekragten Fußwege<strong>und</strong> die Brüstung fortsetzten <strong>und</strong> dem Bauwerk einrecht unschönes Aussehen ^aben.Abb. 14. Brücke Nr. 18. Lister Mühlenbrücke.•" ALSii^sachnitt. . ••: Qaerschaitt.Abb. 15. Verstärkung der "Widerlager. 1:300.Zq Aht». H.


368 A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal.4?^H^HAbb. 16, Brücke Nr. 22 in der Osterfeldstraße.Dieser Übelstand ist bei den übrigen flachgespanntenBogenbrücken, wenn auch nicht ganz, durch Ausrüsten derGewölbe vor dem Herstellen der Stirnmauern, sowie durchEinlegen von mehr Dehnungsfugen in den Stirnmauern <strong>und</strong>Brüstungen vermieden. Einzelne Risse, besonders in denFußwegplatten <strong>und</strong> den Brüstungen, zeigen in mehr oderweniger großem Umfange allerdings faßt die sämtlichen flachgespanntenBrücken des Ems-Weser-Kanals.Es dürfte daher zu erwägen sein, nach Maßgabe derBrücken Nr. 8 <strong>und</strong> 23 die Fußwege nicht auszukragen <strong>und</strong>statt der schmalen unschönen Brüstungen aus EisenbetonGeländer aus Stabeisen anzuordnen. Durch Verwendung«ieemer Öeländer, welche allenfalls durch kleine massivePfeiler unterbrochen werden können, würden auch, wieAbb. 5 zeigt, die kühn geschwungenen Bogen der Brückenmehr zur Geltung kommen.Die sämtlichen flaohgespannton Bogenbrücken haben inden Kämpfern Wälzgelenke aus Eisenbeton, im ScheitelBolzenkippgelenke aus Stahlguß erhalten.Der Gewölbeschub dieser Brücken beträgt bei 41 mLichtweite <strong>und</strong> voller Belastung für 1 m Fahrbahn breiteinfolge des Eigengewichts r<strong>und</strong> . . . . 141 tinfolge der Betriebslast r<strong>und</strong>31 tzusammen 170 t./^ TTiDie hierzu gehörende Auflagerreaktionin den Kämpfergelenfcen• beträgt:für Eigengewicht r<strong>und</strong> . . 75 tfür Betriebslast r<strong>und</strong> . . 31 tzusammen 106 t.Als zulässige -Beanspruchungensind für die Gewölbe angenonamen:für Stampfbeton: Druck 50 kg/qem-,Züg'20 kg/qcm,für die Eiseneinlagen: Druck <strong>und</strong>Kug 1000 kg/qcm.Die Widerlager sind in den verschiedenenBodenarten entsprechendausgebildet, <strong>sie</strong> liaben. an den Endeneine Nase erhalten, welche dazu dient,den aktiven Gegendruck des Erdreichszu vergrößern <strong>und</strong> das vom QewSlberückenherabfließende Wasser nachden Seiten abzuÄlhren.Bei der Yersuchabrücke Nr, llwar als Baugr<strong>und</strong> für die Widerlagerfester Schieferton vorhanden, fQrwelchen die zulässige Bodenpressungbis 5 \gjqcm betragen durfte. DieWiderlager sind dementsprechend auchkurz ausgeführt (Abb. 13); auchkonnten dieselben behufs Materialersparnis<strong>und</strong> Vergrößerung des Reibungswißkelszwischen Beton <strong>und</strong>Schieferton stark untereehnitten werden.Die Bodenpressung beträgt4,64 kg/qcm, der Eeibungawinkel« — 230, claher ^--tg« = 0j42.Brücken bei Hannover.Weniger günstig für die Gründung flacügespannter mas^siver Brücken waren die Untergr<strong>und</strong>verhältnisse für dieBrücken Nr. 14 bis 22 zwischen der Stader Chausee <strong>und</strong>der Osterfeldstraße im Weichbilde von Hannover, da hierder Untergr<strong>und</strong> aus schwach lehmhaltigem, feinem Sandbodenbesteht.Die Unternehmer, Avelche im Wettbewerb <strong>mit</strong> den Kosteneiserner Brücken die Herstellung der massiven Brücken füreine Pauschalsumme Übernommen hatten, suchten möglichstan Beton für die Widerlager der Brücken zu sparen <strong>und</strong>ermäßigten die Abmessungen derselben derart^ daß zwar dieBoden Pressungen <strong>mit</strong> 3,37 kg/qcm den Bodenverhältnissen(feiner Sand zwischen Sp<strong>und</strong>wänden) entsprachen, daß aberdie berechnete Gleitsicherheit <strong>mit</strong> ^ — 0,45, bei welcher derErddruck gegen die Rückwand der Widerlager <strong>mit</strong> in Bechnunggestellt, der Auftrieb des an den Baustellen vorhandenenhohen ör<strong>und</strong><strong>was</strong>serstandes aber vernachlässigt war, nur beitrockenem, lehmigem Sandboden, nicht aber bei nassem Untergr<strong>und</strong>ezulässig war (vgl. Hütte 1893, Abt. I, S. 300, Reibungskoeffizienten),Die Folgen hiervon zeigten sich denn auch bei der Ausrüstungder Brücke Nr. 19. Die Widerlager gaben, soweit


^:tM:-^\Vk^


360A. Franke, Die massiven Brücken über den Ems-Weser-Kanal.wt2:


druck in den Kämpfergelenkeii auf 143 t vergrößert.Demgemäß wird der Reibungswinkel in den Widerlagernbedeutend steiler, <strong>und</strong> es konnten diese beihinreichender Gleitsicherheit erheblich kürzer gehaltenwerden, als bei flachgespannten Brücken ohneKragarme. Bei der vorgenannten Brücke beträgt dieBodenpressung 3,44 kg/qcm, der Eeibungswinkelohne Berücksichtigung des Auftriebs jtt=^0,46 <strong>und</strong><strong>mit</strong> Berücksichtigung des vollen Auftriebs /.t — 0,54.Ä. Franke, Die massiven'Brücten über den Ems-TVeser-Kanal. 361Abb. 20, Brücke Nr. 13 bei Stöcken.• Abb. 22. Querscbuitt. 1:200. 'Im Querschnitt bildet das Gewölbe einen Rippenkörper<strong>und</strong> zwar liegen die Rippen im Scheitel unten,verschwinden allmählich <strong>und</strong> treten dann oben wiederzutage. Die Rippen des Gewölbes sind dann überden Kragarm hinweggeffihrt, unten durch eine 40 cmstarke Platte geschlossen <strong>und</strong> an den Enden durcheine Stehplatte verb<strong>und</strong>en. Hierdurch entstehenmehrere nach oben offene Kästen, deren Hohlräume<strong>mit</strong> Erdboden oderjFüllbeton ausgefüllt werden können.Biese Ausfüllung ist noch auf 1,50 m Länge überden Kämpfer hinaus weitergeführt.Obgleich bei dieser Brücke der Untergr<strong>und</strong> aus festgelagertemEiesboden bestand, wodurch hinreichende Gewährfür nicht zu hohe Bodenpreesung <strong>und</strong> Gleitsicherheit gegebenwar, wurden doch zur größeren Sicherheit die Widerlagerauf schräg gerichtete Gr<strong>und</strong>pfähle gegründet.Durch Herstellung der Kragarme wird allerdings derMaterialverbrauch für den Überbau im Vergleich <strong>mit</strong> dem dergewöhnlichen Brücken vergrößert. Hierfür wird aber Materialfür die Widerlager gespart <strong>und</strong> die Gleitsicherheit wesentlicherhöht. Bei lehmhaltigem schlüpfrigem Boden ist die Konstruktiondaher durchaus wirtschaftlich <strong>und</strong> zur Nachbildunggeeignet.Brücke <strong>mit</strong> Kraglragern, Bauart Gerber.Durch entsprechende Verlängerung der Kragträger kannder Gewölbeschub ganz aufgehoben werden. Wird dann indem Bogen noch ein Schwebeträger eingeschaltet, so entstehteine Brücke, welche zwar im Schaubild als Bogenbrücke wirkt,in Wirklichkeit aber als Balkenbrücke nach der bekanntenBauart von Gerber anzusprechen ist.. Nach dieser Bauart ist in Eisenbeton die Brücke Nr. 17im Zuge der Bothfelderatraße bei Hannover ausgeführt(vgl. Abb. 17 u. 18).Die Eragträger sind fast genau wie diejenigen der BrückeNr. 22 ausgebildet, <strong>sie</strong> sind aber <strong>mit</strong> 15 m bedeutend länger<strong>und</strong> an den Enden gegen Kippen durch kleine Seitenpfeilergestützt. Die eigentlichen Widerlager bekommen nur senkrechtenDruck <strong>und</strong> konnten deshalb die Abmessungen vonMittelpfeilern gewöhnlicher Balkenbrücken erhalten.,Zeitschrift f. Bauwäspn. 72. Jahrg.Abb. 21. Brücke Nr. 13 bei StÖcten.Durch die große Länge der Kragträger entsteht überden Mittelpfeilern ein recht großes Biegungsmoment, fürwelches in der Zugzone des Betons eine starke Eisenbewehrungnotwendig ist. Es war für jede der vier Rippen der Kragarme obeneine Bewehrung von 16 E<strong>und</strong>eisen je 40 mm Durchmesser <strong>und</strong>Kwei R<strong>und</strong>eisen je 22 mm Durchmesser erforderlich, welche, 7.uBündeln vereinigt, in fetten Gußbeton eingebettet wurden. Überhauptwar der Eisen verbrauch zu den Betoneinlagen im ganzenein ungewöhnlich hoher. Allein zur Bewehrung der Zugzonenin den Rippen der Träger waren ohne Scherbügel <strong>und</strong> Verbindungseisenetwa 32000 kg tlußeisen notwendig.Massiv gewölbte Brücken <strong>mit</strong> obenliegender Fahrbahnkönnen ohne erhebliche Mehrkosten dem Bedürfnis entsprechendspäter leicht verbreitert werden. Sie eignen sich deshalbbesonders zur Herstellung im Weichbilde großer Städte da^wo eine spätere Bebauung zu erwarten ist. Sie erfordernallerdings eine größere Bauhöhe als Balkenbrücken <strong>mit</strong> eisernemÜberbau.Ist diese größere Bauhöhe nicht vorhanden oder durchAnrampungen nicht zu schaffen, so künnen auch massiveBrücken <strong>mit</strong> angehängter Fahrbahn hergestellt werden, welchein bezug auf Bauhöhe den eisernen Balkenbrücken gleicliwertig,aber auch wie diese nicht verbreiterungsfähig sind.Massive Brücken <strong>mit</strong> angehängter Fahrbahn.Nach dieser Bauart sind über dem Ems-Weser-Kanaldie Brticken Nr. 12 <strong>und</strong> 13 ausgeführt. Es sind Dreigelenkbogenbrückenaus Eisenbeton ohne Zugband. Die zu beiden• • • • • • ' 4 8 '


362 F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden.Seiten der Fahrbahn liegeuden Bogenträger aus Eisenbeton*erheben sich so hoch über die Fahrbaho, daß über dem Normalprofildes lichten Raums für Landfuhrwerke noch zur AussteifungYerbindungsriegel angebracht -werden konnten.Bei der Brücke Nr, 13 (vgl. Abb. 19 bis 21J sind nurim Scheitel der Bogen dicht nebeneinander zwei Riegelangebracht, -während bei der Brücke Nr, 12, welche in derZeitschrift „Beton <strong>und</strong> Eisen" 1913, Heft VI ausführlich,auch betreffs der Eiseneinlagen, beschrieben ist, vier Riegelangebracht sind. Sonst sind beide Brücken hinsichtlichihrer Konstruktion gleichartig. Die eämtiichen Gelenke sindals Bolzen-Kippgelenke aus Stahl hergestellt. Infolge desgroßen Pf eil Verhältnisses der kreisförmig gekrümmten Bogenträger(t:5>7 bzw. 1:6) ergibt sich ein verhältnismäßiggeringer Bogenschub auf die Widerlager. Diese können daherbedeutend kleiner gehalten werden als diejenigen der flachgespanntenBogenbrüeken <strong>mit</strong> obenliegender Fahrbahn <strong>und</strong>bieten trotzdem noch hinreichende Gewähr für Gleitsicherheit.FQr die ausgeführten Brücken Nr, 3 2 <strong>und</strong> 13 beträgt derBogenschub bei der ungünstigsten Belastung für 1 m Brückenfahrbahnbreite r<strong>und</strong> 97 t <strong>und</strong> die Äuflagerreaktion in denKämpfergelenken r<strong>und</strong> 71 t. Da <strong>mit</strong> Ausnahme der Widerlageralle Betonteile einer starken Eisenbewehrung bedürfen,so ist der Eisen verbrauch dieser Brücken hierfür nicht gering<strong>und</strong> beträgt z. B. für die Brücke Nr, 13 <strong>mit</strong> 9 m Fahrbahnbreite61400 kg.Trotzdem können Brücken dieser Art bei einer nutzbarenBreite von über 6 bis 7 m noch in bezug auf die Herstellungskostenbei norraaien Baustoffpreisen <strong>mit</strong> eisernenBalkenbrücken in Wettbewerb treten.. Schmälere Brückendieser Art erfordern fast dieselben Kosten für die Gerüste<strong>und</strong> Schalungen <strong>und</strong> werden deshalb verhältnismäßigzu teuer.Bei der Ausführung dieser Art Brücken ist zu beachten,daß zur Termeidung von Bissen im Beton der Hängepfostendie Bewehrungsoiaen erst nach der Ausrüstung der Brücke<strong>mit</strong>* Beton umstampft werden dürfen.Wenn kein besonderer Wert auf eine ununterbrocheneVerbindung zwischen der Fahrbahn <strong>und</strong> den Fußwegen gelegtwird, ist es gerade liei dieser Art Brücken vorteilhaft, dieFaßwege nach außen zu legen, da hierdurch die Gewichteder Querträger <strong>und</strong> der Riegel bedeutend ermäßigt werden(vgl. Abb. 22). Bei schmalen Fußwegen hat diese Anordnungaber keinen Wert.Die Brücken Nr. 11 <strong>und</strong> 12 über den Ems-Weser-Kanal haben sich bislang tadellos gehalten, auch haben sichbei der Ausführung Weiterungen nicht ergeben.Auch bei den übrigen massiven Brücken, welche imLaufe der Jahre 1909 bis 1912 erbaut wurden, sind, abgesehenvon den vorerwähnten Rissen in den Fußwegträgern<strong>und</strong> (Jeländern, nennenswerte Unterhaltungskosten zur Ausbesserungdes ßetonmauerwerks bislang nicht erwachsen. Diefraglichen Risse entstanden gleich nach dem Hinterfüllen derOewölbe <strong>und</strong> der Yerkehrsübergabe <strong>und</strong> sind tunlichst sofortausgebessert, <strong>sie</strong> beinträchtigen in keiner Weise die Standsicherheitder Bauwerke.Veranlassung zum Bau.Die Stauanlage in der Weser bei DUrverden.Vom ßegierungs- <strong>und</strong> Baurat ^v.^^^ng, F.W. Schmidt in Münster (Westf.).1. £inleitun«r.Das MeliorationsgebietHoya-Bruchhausen-Thedinghausen.Über die Veranlassung zum Bau der Stauanlage beiDorverden ist im Zentralblatt der Bauverwaltuog 1914 aufS. 644 f. kurz berichtet worden. Unter Bezugnahme auf dengenannten Bericht können wir uns hier auf die Angabe beschränken,.daß der Meliorationsgenossenschaft Bruchhausen-Syke-Thedinghausen bei <strong>mit</strong>tlerem Niedrig<strong>was</strong>ser {-j- 1,63 ma. P. Hoya) ßcbm/Sek. <strong>und</strong> bei <strong>mit</strong>tleren Winterwaaser (+ 3,35a. P. Hoya) 20 cbm/Sefc. zugeführt werden sollten. Die Wasserzuführuaggeschieht nicht durch ein Pumpwerk an der EinlaßschleuseÄum Meliorationsgebiet, sondern durch eine Stauanlage,da sich durch eine solche noch einige weitere Vorteileerreichen ließen (Wasserkraftausnutzung, Hebung desWasserspiegels der Weser auf mehrer© Kilometer Länge <strong>und</strong> so<strong>mit</strong>auch des immer mehr absinkenden Ör<strong>und</strong><strong>was</strong>serstandesauf dieser Strecke, <strong>und</strong> endlich die Anlage weiterer Meliorationen).Dabei durfte indessen die Stauanlage nicht un<strong>mit</strong>telbarunterhalb der Einlaßschleuse des genannten MeliorEtionsgebietes(km 298,3) angeordnet werden, da sonst dieSchiffahrt in der sonst nicht kanali<strong>sie</strong>rten Weser von der(Alle Rechte ToibehAlten.)Stauanlage nur Nachteile gehabt hätte. Dine geeignete Stellefand ßich unterhalb des bei km 307^65 liegenden DorfesDorverden, wo die Weser mehrere sehr starke Krümmungenbeschreibt, von denen die bei km 310 gelegene der Sclüffahrtstets Schwierigkeiten bereitet hatte (vgl, Abb. 1 <strong>und</strong> Zentralblattd. Bauverw. 1914 S.645 Abb. 2).Diese Lage der Stauanlage bedingte zwar eine demKlußgefäUe entsprechende, wesentlich vergrößerte Stauhöhe,wodurch die Wehr- <strong>und</strong> Schleusenaulage erheblich verteuertwerden mußte. Dagegen war <strong>mit</strong> der Wahl dieser Lage derVorteil verknüpft, daß das höhere Gefälle die Gewinnungeiner größeren Wasserkraft gestattete. Auch war es dadurchmöglich, den Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serstand auch auf der zwischen Hoya<strong>und</strong> Dorverden gelegenen Strecke in einem der Landwirtschaftgünstigen Maße zu heben, während bei einer L^ge desWehres bei Hoya nur die südlich Hoya gelegenen Ländereieneinen Vorteil gehabt hätten. Die Geländeverhältnisse gestatten<strong>mit</strong> wenigen Ausnahmen die Errichtung des eiforderliehenhohen Staus.Stauschäden«Die Geiändeverhältnisse mußten als günstig bezeichnetwerden. Stanschäden waren, abgesehen von einigen,


F. W.. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden. 363Abb. 1. übersichtsplan.weiter landeinwärts gelegenen Stellen, hauptsächlich an folgendenPunkten zu erwarten:•a) in einigen ausgeziegelten Flächen bei km 307 rechts;b) in einer von km 305 bis km 308 auf dem linkenUfer vor dem Deichfuße gelegenen Niederung, aus derdie für den Deichbau erforderliche Bodenmen ge gewonnenworden war;c) bei km 305 links; hier liegt von, einem früheren Deichbrucheher ein Kolk von 3,36 ha Größe, der jetztwertvolles Grünland darstellt;d) in einer Schlenke, die bei km 303,8 rechts in dieWeser entwässert;e) in einer Niederung südlich der Landstraße Hassel—Hoya,die durch einen bei km 301,5 mündenden Graben ihreVorflut nach der Weser findet.Zwei Jahre nach Inbetriebnahme der Anlage stellte sichheraus, daß auch das sogenannte Dörverden-Stedorfer Bruchzwischen diesen beiden Dörfern einerseits <strong>und</strong> dem DorfeWesten a. d. Aller anderseits durch den Stau schtUiljch beeinflußtwurde. Diese Fläche hat ihre Vorflut nach derWeser, obwohl <strong>sie</strong> der AUer näher liegt, als der Weser.Es ist dies darauf zurückzuführen, daß gleichlaufend <strong>mit</strong> demlinken Allerufer in geringer Entfernung von diesem ein unterirdischeingebetteter Damm aus <strong>und</strong>urchlässigem Bodenverläuft.Für dieses Gelände im Dörverder-Stedorf er Bruch isteine größere Entwässerungsanlage nach einem Vorfluter ausgeführt,der an der Eisenbahn Hannover — Bremen entlangverläuft <strong>und</strong> bereits für die Entwässerung eines benachbartenGebietes benutzt -wird.Auch die südwärts dieses Gebietes zwischen dem DorfsHassel <strong>und</strong> dem Flecken Hoya liegenden Gelände wurdendurch den Stau so weit schädlich beeinflußt, daß eine Vertiefung<strong>und</strong> Ergänzung des bereits vorhandenen Netzes vonEntwässerungsgräben erforderlich wurde. Schließlich wurdeauch das am linken Weserufer binnendeichs gelegene Gebietsüdlich des Dorfes Wienbergen, das ebenfalls an Stauschädenlitt, durch Vervollständigung der vorhandenen Abwässerungsvorrichtungenin das Unter<strong>was</strong>ser des Wehrs entwässert.Durch die bei anderen Flußkanall<strong>sie</strong>rungen bezüglichder Schadenersatzforderungen gemachten ungünstigen Erfahrungenzur Vorsicht gemahnt, wurden bereits seit demJahre 1906 planmäßige Gr<strong>und</strong>waaserbeobachtungen vorgenommen.Die Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serstände werden durch 65 Filterbrunnen,die auf die Strecke von km 286 bis km 316 verteiltsind, wöchentlich zweimal beobachtet. Die Beobachtungenwerden nicht von der Wasserbau Verwaltung vorgenommen,sondern von der KultürbauVerwaltung, um etwaigen Einwendungen,daß die Unterlagen von beteiligter Seite beschafftseien, von vornherein die Spitze abzubrechen.Zur weiteren Sicherung gegen unberechtigte Forderungenwurde das gesamte in Frage kommende Gelände botanischvonder Moorversuchastation in Bremen, einer von der Wasserbauverwaltungunabhängigen staatlichen Einrichtung, untersucht. Allefür den Ertrag wichtigen <strong>und</strong> für den Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>aerstand eigentümlichenPflanzen, die vor Errichtung des Staus in deneinzelnen Landstrichen vorkamen, wurden von Fachgelehrtenfestgestellt, <strong>und</strong> der Befand urk<strong>und</strong>lich niedergelegt. Durchspätere, nach Errichtung des Staus vorzunehmende neue Untersuchungenist es ermöglicht worden, einen einwandfreienNachweis über Veränderungen im Pflanzenwuchs zu führen.Endlich wurden Güteschätzungen des in Betrachtkommenden Geländes nach dem derzeitigen wirtschaftlichenErtrage durch zwei anerkannte landwirtschaftliche Sachverständige,die durch Vereinbarung der Bauverwaltung <strong>mit</strong>den Beteiligten gewählt wurden, vorgenommen <strong>und</strong> urk<strong>und</strong>lichniedergelegt. Auch hier ist in späteren Jahren ein einwandfreierVergleich <strong>mit</strong> dem früheren Zustande möglich.Durch die auf diese Weise gesammelten umfangreichen <strong>und</strong>vielseitigen Beobachtungsunterlagen ist es möglich gewesen,übertriebenen Forderungen der Beteiligten auf Schadenersatzzu begegnen <strong>und</strong> den Staat vor Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung<strong>mit</strong> den Geschädigten zu bewahren.2. Die Lage der Stananlsge nnd die Stauhöhe.Die Gesaratanlage liegt im Überschwemmungsgebieteder Weser. Bei <strong>mit</strong>tleren <strong>und</strong> höheren Hoch<strong>was</strong>sern ist dieRichtung des Hoch<strong>was</strong>serstromes unabhängig vom Flußlaufe;<strong>sie</strong> erstreckt sich in nördlicher Richtung. Schleusenkanal<strong>und</strong> Wehrachse liegen gleichlaufend zum Stromstrich, sodaß ein schädlicher Aufstau vermieden wird. Am unterenEnde des abgeschnittenen Fiußlaufes in der Höhe der Schleusewurde es allerdings der Vorflut wegen erforderlich, einennoch vorhandenen, aber zwecklos gewordenen alten Flügeldeichauf dem linken Ufer von km 313,3 bis km 315 derWeserstationierung auf eine Länge von 1350 m abzutragen.Die Ländereien zwischen dem Schleusenkanal <strong>und</strong> dem48*


364 F. "W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörrerden.Winterdeiche bei Stedorf erhielten vor Anlage des Kanalseine geringe Überströmung durch Hoch<strong>was</strong>ser, das bei km 309über einen Überfall im Schlafdeiche tritt. Da diese Ländereiennach Herstellung des hoch<strong>was</strong>serfrei verwallten Kanalsnur noch einen Rückstau von unten, d. h. von km 315 hererhalten, so wurden Maßnahmen erforderlich, die im.Abschnitt4 „ Anlagen im landwirtschaftlichen Belange" aufSeite 384 besprochen werden sollen.Für die Anordnung der Anlage war die Forderungmaßgebend, daß der Schleusenkanal im allgemeinen dieKrümmungen zwißchen km 308 <strong>und</strong> 315 abschneiden sollte.Die weitere Forderung, daß zwischen Kanaleinmündung <strong>und</strong>Wehr ein genügender Zwischenraum bleiben mußte, um derSchiifahrt eine sichere Einfahrt in den Kanal zu gestalten,führte zur Wahl der Wehrlage ,bei km 308,85. Für dieWahl dieser Stelle war endlich noch der Umstand maßgebend,daß dort der Stromstrich annähernd in Stroraraitte liegt. Aufdem rechten Ufer findet das Wehr Anschluß an einen vorhandenenFlögeldeich. Auf dem linlren Ufer mußte ein Abschlußdurch eine unter 1:10 geneigte Rampe geschaffenwerden.Stauplan.Maßgebend für die am Wehre zu haltende Stauhöhewar neben der Torgeschriebenen Wasserabgabe in Hoya dieAusnutzung der Wasserkraft. Bei höheren Wasserständenim Winter ist es ohne Schädigung landwirtschaftlicher Belangemöglich, einen höheren Stau zu halten, als die Wasserabgabean die Genossenschaft es erfordert hätte. Dai^usergab sich ein genau abgestufter Stauplan. Der geplanteSommerstau (15. März bis 31. Oktober) schwankt zwischen14,60 m N.N. bei einem (ungestauten) Wasserstande von 1,5 ma. F. Hoya <strong>und</strong> 13,43 m N. N. bei -j- 3,5 m a. P. Hoya. DerWinterstau schwankt zwischen 16,10 m N. N. (bei 6,5 ma. P. Hoya) <strong>und</strong> 14,59 m N.N. (bei + 4,0m a.P. Hoya). Dernormale Winterstau liegt auf 15,10 mm N. N. (bei Wasserständenvon 1,5 bis 2,25 m a. P, Hoya).Das Wehrgefälle schwankt im Sommer zwischen 0<strong>und</strong> 3,71 m, im Winter zwischen 0 <strong>und</strong> 4,21 m. Dabeitrifft es sich für die Wasserkraftausnutzung günstig, daß beigeringem Gefälle große Wassermengen znr "Verfügung stehen<strong>und</strong> bei geringen Wassermengen große Gefälle.Die durch den Krieg <strong>und</strong> die tj bergangewirtßchaft bedingteNotlage machte gewisse Abänderungen des Stauplaos notwendig.Insbesondere mußte zugunsten der Erzeugungelektrischer Energie der Sommerstau dauernd auf -1- 14,60 mN.N. gehalten werden.3. Die efuzeloeo Bauwerke.A. Die Wehranlage,Der Wehrquerschnitt.Für die Gestaltung des Wehrtjuerschnittswar der Umstand maßgebend, daßnur eine Schiffahrtschleuse gebaut werdensollte. Dam it im IJ'alle von Ausbesserungenoder Beschädigungen an derSchiffahrtsohleuse oder bei einer Sperrungdes Kanals nicht die gesamte Weserschiffahrtunterb<strong>und</strong>en wurde, mußte imWehr ein Schifisdurchlaß angelegtwerden. Der Wehrqueraehuitt wurde in Rücksicht auf denan dieser Stelle symmetrischen Pliißquerschnilt gleichfallssymmetrisch ausgebildet. Auf diese Weise wurden zweiSchiffsdurchlässe"gcschaffen, von denen der eine für die Berg-,der andere für die Talsohiffahrt bestimmt ist (Abb. 2 u. 3).Außer den beiden Hauptöffnungen wurden zwei kleinereSeitenöffnungen angeordnet, um eine genügende Breite fürdie Abführung des Treibeises zu erhalten. Der feste Wehrrückender Seitenöffnungen wurde höher gelegt als der derHauptöffnungeu. Auf diese Weise wurde der Verlauf desWehrrüokens der Form des Flußquereehnitts angepaßt. Eineweitere Verringerung der Spiegelbreite, als ausgeführt (104 m),schien angesichts des 140 m breiten bordvollen Stroms nichtangängig.Die Sohle des Wehres liegt in den Hauptöffnungen auf+ 8,75 m N.N., der höchste Punlit der Lagerechuhe im Wehrn"ickenauf + 8,90 m N. N. Da Mittelklein<strong>was</strong>eer auf -f 10,Ö3 mN. N. liegt, ist bei diesem Wasseratande eine Fahrtiefe von rd. 2 mvorhanden, während <strong>sie</strong> im freien Flusse zurzeitnur 1,25m beträgtjedoch auf 1,50 erhöht werden soll. Dieser Sicherheitszuechlaggegenüber dem freien Strome schien in Rücksichtauf eine weitere Absenkung des Weserspiegels <strong>und</strong> auf dag sichereDurchfahren der Schiffsdurchlässe geboten. Denn bei engen Wehriiuerschüittenbildet sich über dem Wehrrücken leicht eineAbsenkung'des Wasserspiegels'in Gestalt einer Wasaerscbwelledie die Schiifahrt ungünstig beeinflußt. Für die Wasserabführungkommt als günstiger Umstand noch hinzu, daß dieWehrkrone selbst noch 15 om tiefer liegt als die OberkanteAbb. 2. AVehr <strong>und</strong> Kraftwerk.M, 1:3C*)0.Abb. 3. Längeoschoitt durch das Wehr, M. 1:1000.


F. W. Schmidt, Die Stauanlage iö der Weser bei Dörverden. a65der Lagersehuhe. Der feste AVehrrückea der beiden Seitenöffnungenwurde auf + 12,10 N.N. gelegt, er fällt bei kleinenWasserständen ohne weiteies trocken.Die Abfluß Verhältnisse bei Hoch<strong>was</strong>ser haben sich rechtgünstig gezeigt. Ein Aufstau Von 2 bis 3 cm tritt nur beihöheren Hoch<strong>was</strong>sern ein. Die Ergebnisse der Beobachtungenstimmen gut <strong>mit</strong> denen der Stauberechnungen überein. EineAbsenkung über daß Maß von 2 bis 3 cm hinaus oder gardie Bildung einer Welle, konnte selbst bei höheren Hoch<strong>was</strong>sernim Schiffsdurchlasse nicht beobachtet werden.Bauweise des festen Wehrkörpers.Die angetroffenen Bodenverhältnisse — Sand <strong>und</strong> feinerKies <strong>mit</strong> wenig groben Steinen — wiesen auf dieGründung auf Beton zwischen Sp<strong>und</strong>wänden hin. Der Aushubdes Bodens bis zur ünterkante der Sturzbettbefestigunggeschah <strong>mit</strong> Hilfe v.on Schwimmbaggern' vor Ausführung derRammarbeiten. Der weitere Aushub bis Unterkante Betonf<strong>und</strong>amentwurde durch Greifbagger bewirkt, die auf denfertigen Fangedämmen liefen. Die Betonplatte des Wehrf<strong>und</strong>amenteserhielt eine Stärke von 3,45 m, von der dieunteren 3 m als Schüttbeton im Nassen, der Rest als Stampfbetonnach Trockenlegung der Baugrube im Trockenen hergestelltwurde. Nur im oberstromseitigen Teile wurde derSchüttbeton schwächer <strong>und</strong> der Stampfbeton stärker gehalten,da hier die Lagerplatten für die


36GF. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bpi Dörverden.WintersUu 6,35 m. Die Rücksicht auf die Ausnutzungder Wasserkraft verlangt neben einer guten Dichtung,daß der Stall selbst bei Eis <strong>und</strong> Hoch<strong>was</strong>ser möglichstlange gehalten werden kann. Daraus folgt wiederum,daß der Verschlußkörper sich möglichst schnell <strong>und</strong>unbedingt sicher umlegen lassen muß. Ebenso entstehthieraus die Forderung, daß bei Gr<strong>und</strong>eistreiben die Eisschollenleicht <strong>und</strong> ohne große "VVasserverluste in dasUnter<strong>was</strong>ser abzulassen sein müssen, um Eisversetzungenvor dem Wehre nach Möglichkeit zu verhindern. ^Versenkbare Wehrkörper, wie z. B, dasin Bremen ausgeführte Sektorwehr, warenin Dörverden bei den Hauptöffnungen nicht """"'^panwendbar. Denn da diese Öffnungen alsSchifFsdurchlässe dienen, hätte die Wehrkroneso tief gelegt werden müssen, daßdie Gründung des Wehrkörpers wegen derKammer, jn die sich der versenkte Wehrkörperlegt, ganz ungewühnHch tief hättegeführt werden müssen.Es blieben für die engere Wahl so<strong>mit</strong>nur Segraentwehre, Walzenwehre <strong>und</strong>Schützen wehre übrig.Gegen die Segmentwehre sprachder Umstand, daß <strong>mit</strong> großen Segmentwehreunoch keine Erfahrungen vorlagen.Ferner verfügt das Segmentwehr nur übereine geringe Verdrehungsfestigkeit. ÜberstürzendeEisschollen <strong>und</strong> treibende Gegenständeerfordern besondere Vorkehrungen,um das Tragwerk vor Zerstörung zuschützen. In dem Fachwerke des Tmgwerkskann sich, soweit es über Unter<strong>was</strong>serliegt, durch das überschießendeObenvasser leicht Eis in großen Mengen ansetzen,wodurch die Bewegungswiderständeerheblich vermehrt werden. Gemeinsam <strong>mit</strong>dem Walzenwehr hat das Segmentwehr denAbb. 4. Schützönwehr, Ansicht vom Obeistrom <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>riß. M, 1:150.Nachteil, daß der Angriff auf das Sturzbettganz wesentlich größer ist als bei Überfallwehren. DieLänge des a-n den Enden aufgehängten Wehrkörpers in Rücksichtauf Biegung <strong>und</strong> Verdrehung eine bestimmte Bauhöhe,sog. Eisklappe, welche bei beiden Wehrarten zum Regelndes Staus benutzt werden kann, kann nur eine verhältnismäßiggeringe Höhe erhalten, da die große freitragendebedingt, die nicht unterschritten werden darf- Mithin kanndie Stauregelung durch die Eisklappe nur in geringem Umfangevorgenommen werden. In den meisten Fällen wird das Ab­1) Es hat sich im Betriebe als zweckmäßig erwiesen, boi Gr<strong>und</strong>eistreibenmöglichst bald eine geschlossene Eisdecke von einigen KilometerAusdehnung sich bilden zu lassen. Die antreibenden Eisschollenlegten sich nämhch vor den Feiurechen der Wasserkraftanlagö <strong>und</strong>hinderten den WasseraufluB zu den Turbinen. Tritt Gr<strong>und</strong>eistreibenein, so wird jetzt das Waasorkraftwerk für einfge Tage stillgelegt,äo daß die Bildung einer Eisdecke von einigen Kilometer Lange inkürzester Zeit eintritt.Bei längerem Stehen eioer Eisdecke ist e8 unveimeidbch, daß dieEi.sdecke an den Eisenteilen des Wehres (estfriert. Diesem Übelstandehat man in Dörverden daduroh abgeholfen, daß man vomDampfkraftwerk aus eine Dampfleitung über das Wehr geführt hat.Die Dampfieituag ist <strong>mit</strong> Itohrstutzen versehen, an die Dampfschläucheangeschlossen werden. Am Ende der Schläuche sind Rohre angebracht,durcli die der Dampf auf die Berührungsflächen zwischenEis <strong>und</strong> Webiteile geleitet wird,' wodurch das au den Eisenteilenanhaftende Eis zum Auftauen gebracht wird. Auf diese Weise istes möglich, die Eisdecke nach Eintritt von Tauwetter schnell durchdas — inzwischen umgelegte — Weht zum Abflüsse zu bringen.lassen des Wassers durch Lüften des Wehrkörpers geschehenmüssen. Hier<strong>mit</strong> sind aber sehr große Angriffe auf dasSturzbett verb<strong>und</strong>en.Weiterhin muß beim Segmentwehre der Drehpunktbei der Wichtigkeit dieses Bauteils möglichst hoch gelegtwerden, da<strong>mit</strong> er ebenso wie der Dreharm des Wehres vorBeschädigungen durch Eis <strong>und</strong> schwimmende Oegenständegeschützt ist. Hierdurch wird aber fast der gesamte Wasserdruckin einer beträchtlichen Höhe des Wehrpfeilers aufdiesen übertragen. Der Wasserdruck erzeugt so<strong>mit</strong> ein sehrgroßes Drehmoment, welches durch große Pfeilerraassen ausgeglichenwerden muß. Mithin werden die Kosten für dieWehrpfeiler bei dieser Wehrart größer, als bei den beidenanderen, wie durch vergleichende Kostenberechnungen festgestelltwurde. — Wesentlich günstiger ist dag Walzenwehr,


F. W. Schmidt, Die Stauanlag© in der Weser bei Dörverden. 367Abb. 5. Schützenwehr, Quersohüitt <strong>und</strong> Ansicht des Mittelpfei]ers. M. 1:150., über welches schon genügend Erfahrungen vorliegen. Außerden eben beschriebenen hatte es noch den weiteren Kachteil,daß es zur Zeit der Ausschreibung der Arbeiten durchPatent geschützt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> dem freien Wettbewerb entzogenwar.Das Schützenwehr ist in vielen Ausführungen erprobt.Seine Bedienung ist zwar nicht so einfach wie die des Segment<strong>und</strong>Walzenwehrea» da eine, Reihe von EinzelkSrpem zu bewegenist. Dafür bietet es aber, insofern eine größereSicherheit, als Betriebsstörungen immer nur einen Teil des"Welires außer Betrieb setzen. Ein Nachteil des Schützenwehresist darin zu sehen, daß die GesamtöfFnung durch dieOriesständer <strong>und</strong> Schützenkeiten in kleine Abteilungen zerlegtwird, <strong>was</strong> unter Umständen für die Eisabführung dannhinderlich werden kann, wenn Eis abgeführt werden soll,beyor die Griesständer umgelegt sind. Dagegen bietet dasSchützenwehr den Vorteil, die Hauptöffnung leicht unterteilenzu können, so daß im Falle des Tersagens der Einrichtungenzum Umlegen des Wehres nur der Verschlußkörperbzw. die Griesständer einer TeilÖffnung im Strome stehenbleiben. Gerade dieser Umstand war im vorliegendenFalle Ton besonderer Bedeutung. Dennoberhalb des Wehres liegen auf dem linken UferÜberfalldeiche. Wenn diese t^berfälle bei höherenW-Hochwässern (zur Entlastung unterhalb gelegenerDeichengen) überströmt werden, so entstehen:_.— regelmäßig große Schäden an den von der Über-Abb ß. Wehrbrücte Strömung betroffenen Ländereien. Ein ÜberlaufenAuf<strong>sie</strong>bt UQd waperecbter dieser Deiche, das durch das Versagen eines so(liuckiagers^ AT^l^lk erheblichen Wehrteils, wie ihn eine ganze Hauptöffnungdarstellt, entstünde oder auch nur befördertwürde, müßte zu den bedenklichsten Folgen <strong>und</strong>hohen Schadenersatzforderungen führen.Alle diese Erwägungen führten dazu, als Yersehlußkörperfür die Hauptöffmingen Schützenwehre <strong>mit</strong> beweglichenGriesständern zu wählen.Das Schützenwebri) (Abb. 4 <strong>und</strong> 5). An dem nachoberstrom gelegenen Hauptträger einer Brücke sind nachunterstrom umlegbare Griesständer aufgehängt. Die Griesständersind über den oberen Windverband der Wehrbrückehinaus hochgeführt. Die BeweguDgseinrichtungen sind aufdem oberen Windverband der Bedienungsbrücke aufgestellt.Zum Umlegen der Griesständer .dient eine über Rollen andem Uüter<strong>was</strong>ser-Hauptträger der Brücke geführte <strong>und</strong> ander unteren Hälfte des Griesständers angreifende Kette.(Zentralbi. der Bauverw. 1914 S. 655 Abb. 9). Das andereEnde der Kette greift am oberen Ende des Griesständers an<strong>und</strong> dient zum Aufrichten der Wehrwand. Durch Hochwindender Schützen über den Äufhängungspunkt hinausI jwerden die Bewegungswidergtände beim Umlegender Griesständer vermindert, ja bis zu einer gewissenStellung — etwa 45**' zur Senkrechten —erfolgt das Umlegen selbsttätig infolge der exzentrischenAufhängung der Griesständer <strong>und</strong> infolgeder günstig wirkenden Verschiebung desSchwerpunktes durch Hochziehen der Schützenüber den Drehpunkt hinaus. Auf der Wehrsohlesind die Griesständer verriegelt. Die Griesständereiner halben Hauptöffnnng von 18 mBreite sind untereinander zu einer Wehrwand verb<strong>und</strong>en.Demnach mußten in der Mitte der Öffnung zwei voneinanderxmabhängige Griesständer angebracht werden. Der auf dieWehrbrücke übertragene Teil des Wasserdruckes wird <strong>mit</strong> Hilfeeines besonderen Lagers auf den oberen Teil der Wehrpfeilerübertragen (Abb. 6), Eine im Mauerwerk angebrachte starkeVerankerung bewirkt, daß der größere Teil der Pfeilermassegezwungen wird, sich an der Aufnahme des Wasserdruckszu beteiligen <strong>und</strong> daß ein Abscheren von Mauerwerk nichteintreten kann (Abb. ö). Die Griesständer sind in Abständenvon 4,50 ra angebracht. Zwischen ihnen bewegen sich jezwei Schützen, von denen die oberen eine Höhe von 3,57 m,die unteren eine solche von 2,75 m haben. Die oberenSchützen liegen nicht in derselben Ebene wie die unteren,sondern sind nach oberstrom um ll cm verschöben. Hierdurchwird es möglich, die oberen Schützen zu senken, <strong>und</strong>zwar so weit, bis <strong>sie</strong> auf dem Wehrboden aufstehen. Beider höchsten Stellung des oberen Schützes liegt die Wehr-1) Vgl. auch Zentralbi. der Bauverw. I9U S. 654f. Abb. 1—14.


368 F, W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverdeo.MitteldffnungSedienungsbrucKemmMittelöffnungAbb. 7. Gesamtacorduung der beiden Mittelöifnuügeo.kröne auf + 15,10 ra N. N., dem gewühnlichen Wjnterstauziele.Steht das obere Schütz auf dem Wchrboden auf,so liegt die Wehrkrone auf + 12,32 m N. N., während beigezogenem oberen <strong>und</strong> untenstehendem unteren Schütz die"Wehrkrone auf + 11,50 N. N. liegt Ea ist <strong>mit</strong>hin möglich,die Wehrkrone bis zu 3,60 m zu senken. Dies bedeutet fürdas Ablassen des Treibeises <strong>und</strong> für die Staureglung einenwesentlichen Vorteil, Bs wird dadurch vermieden, zumZwecke der Staureglung die unteren Schützen lüften zumüssen. Der Angriff auf das Sturzbett <strong>und</strong> die Flußsohlebleibt so<strong>mit</strong> in mäßigen Grenzen.Die Oriesständer (Abb. 4 <strong>und</strong> 5) sind als Biechträgerausgebildet; im unteren Teile ist die Steghöhe in Rücksicht"auf die dort auftretenden größeren Biegungabeanspruchungeuvergrößert worden. Als Rollbahn für die vorderen (oberen)Schützen dient ein besonderer Winkel; für die hinterenunteren Schützen mußte im unteren, verstärkten Teile desÖriesständers gleicMaUs eine besondere Sollbahn (aus zweigegeneinander gelehnten Winkeln) gescImfFen werden, währendim oberen Teile des Grieaständerg die Öurtwinkel des Blechträgersals Rollbahn <strong>mit</strong>benutzt werden konnten. Da<strong>mit</strong> dieSchützen während des Uralegens der Oriesständer <strong>und</strong> in derwagerechten Lage der- letzteren nicht aus den Griesständernherausfallen, mußten auch für diese Lage Rollbahnen geschaffenwerden. Die vorderen Schützen benutzen hierzu die obersti-oraaeitigenGurtwinkel des Griesständers. Für die hinterenSchützen mußte zu diesem Zwecke eine besondere Rollbahndurch einen Winkel geschaffen werden. Letzterer ist gegendie Hauptrollbahu der vorderen Schützen durch Gußkörperabgespreizt; im Betriebszustaode wird also die Hilfsrollbahndes hinteren Schützes zur Aufnahme des auf das vordereSchütz entfallenden Wasserdrucks <strong>mit</strong> herangezogen.Verriejtelt.0,5 II 1 ' I ' ' ' ' I IEntriegeU.2 mAbb. 8. Verriegelung der Griesständei'.Die fünf Griesständer, welche :die Wehrwaaideiner halben Hauptöffnung bilden, sind durch einenKopfträger, ferner durch vier durchlaufende Doppel-C-Eisen (am unteren Ende der Oriesständer, in Höhedes höchsten Hoch<strong>was</strong>sers, in Höhe des, Drehpunktes<strong>und</strong> unter dem Kopflräger) sOTvie endlich durch Schrägverbände7.U einem unverschieblichen Ganzen vereinigtworden (Abb. 7). Der Drehpunkt des Griesständersist senkeecht über dem Untergurte des oberhalb liegendenTrägers im Brückenpfosten angeordnet worden.Der sehr erhebliche Wasserdruck, welcher von der Verriegelungder Griesatänder aufzunehmen ist (66 tfrir jedenGriesatänder), erforderte eine Bauweise, die beim Entriegelneine Überwindung der durch den Wasserdruck <strong>und</strong> die exzentrischeAufhängung der Griesständer erzeugten Reibung nichterforderhch machte. Es wurde die erstmalig beim BitterfelderMuldewehr zur Anwendung gekommene Verriegelung gewählt.Am unteren Ende des Griesständers ist ein Zahnsegmentpaardrehbar angebracht, welches in ein zweites, <strong>mit</strong> dem Wehrrückenfest verb<strong>und</strong>enes Zahnsegmentpaar eingreift (Abb. 8<strong>und</strong> Zentralbl. der Bauverw. 19U S. 654 Abb. 3 bis 5).Das durch den Wasserdruck <strong>und</strong> die exzentrische Aufhängungdes Griesständers erzeugte Drehmoment ist bestrebt,das bewegliche Zahnsegment auf dem festen abzuwälzen,d. h. die Verriegelung zu öffnen. Da<strong>mit</strong> dies nicht geschehenkann, wird das Zahnsegment durch ein kräftiges Gestängefestgehalten. (Die Binzeldurchbildung ist bei Besprechungder Bewegungseinrichtungen weiter unten erläutert.)Die Abdichtung der Eadgriesständer gegen die Wehrpleiler<strong>und</strong> die Abdichtung der beiden Mittelgriesständergegeneinander erfolgt durch Klappen, die <strong>sie</strong>h um eine senkrechteAchse drehen lassen. Die Drehung wird durch einenauf dem Kopfträget des Griesständers fest angebrachtenHandhebel <strong>mit</strong> Zahneingriff bewirkt.Die Schützen sind der Höhe nach so geteilt worden,daß die maßgebenden Biegungsraomente annähernd gleichwerden. Die Schützen sind als einfache Rollschützen ausgebildet.Die Biechhaut wird durch kleine liängsträger {£.-<strong>und</strong> "L-Eisen Nr. 13) unterstützt, welche den Wasserdruckauf die aus Bleohträgern bestehenden Rollenträger Übertragen.Auf diese Weise entstehen zwischen Blechhaut <strong>und</strong> Bollenträger12 cm breite, von oben nach unten durchgehendeSchlitze. Da bei gelüfteten Schützen dasWasser erfahrungsgemäß senkrecht vor der Biechhauthinunterschießt, so sind bei dieser Anordnung dieBewegungswiderstände — wenigstens beim oberenSchütz — geringer, als wenn hart an der Blechhautwagerechte Träger lägen, die dem scharf fließenden 'Waaeer ein© AngriffsflÄche bieten. Die Rollen sind<strong>mit</strong> Stahlgoßkörpern am RoUenträger befestigt; <strong>sie</strong>sind ohne Spurkränze ausgeführt. Die Blechhaut deroberen Schützen liegt auf der Unterötromseite, Dasich Eis hauptsächlich an den dem Spritz<strong>was</strong>eer ausgesetztenvorspringenden Teilen bildet, wurde Wertdarauf gelegt, daß die Rollenträger des oberen Schützesdem Spritz<strong>was</strong>ser entzogen wurden, d. h. <strong>sie</strong> wurdenin das Ober<strong>was</strong>ser gelegt. Die Qeiahr des Einfrieren»ist so<strong>mit</strong> gering, zumal die Rollenträger des unterenSchützes, die nach unterstroni liegen, sich so tief im


F. W, Schmidt, Die Stauanlage in det Weser bei Dörverdon. 369Unter<strong>was</strong>ser befinden, da8 auch hier die Gefahr der Bisbildungnur gering ist Die Schützen werden gegen die Griesständerdurch gleitende Federbleche abgedichtet Die Abdichtung derunteren gegen die oberen Schützen erfolgt durch eine Klappe<strong>mit</strong> einem Gegenge-Wicht. Steht- das obere Soliütz in derhöchsten Betriebsstellung (Oberkante auf -f 15,10 m N. N.),so legt sich die Klappe wagerecht gegen die Uuterltante desoberen Schfitzes. In der wagerechten Stellung wird dieKlappe einmal durch das Gegengewicht, dann aber auchdurch den gegen die Klappe wirkenden Wasserdruck gehalten.Wird nun das obere Schütz gesenkt, so drückt esdie Klappe herunter, <strong>und</strong> die Blechbaut des Schützes, derenNiete versenkt sind, gleitet an der Dichtungsklappe entlang.Diese Dichtung (Zentralbl. d. Bauverw. Iöl4 S. 655 Abb. 7)hat sich im Betriebe indessen nicht bewährt, da beim Senkendes oberen Schützes treibende Holzteile sich z-\vischen oberes<strong>und</strong> imteres Schütz klemmen <strong>und</strong> die Bewegungen der Klappe• hindern. Die Einrichtung soll durch eine Federdichtungersetzt werden.Die Schützen sind an Ketten aufgehängt, die auf Kettentrommelnaufgewickelt werden <strong>und</strong> an der Schütztafel durchWinkelhebel angreifen, die durch eine Stange'verb<strong>und</strong>en sind.Ein Ecken der Schützen wird dadurch vermieden.Die Wehrbrücken.Bei der Wehrbrüeke werden die beiden Hauptträger ungleichbeansprucht, da der oberhalb liegende Träger das Gewichtder Wehrwand zu tragen hat. Da ein Teil des Wasserdrucks— 67 t je halbe Öffnung — durch die Griesständer auf dieBrücke übertragen wird, so mußte der untere Windverbandauch für diese Beanspruchung berechnet werden. Die erheblichenwagerechten Kräfte mußten durch besondere Lager aufgenommen<strong>und</strong> auf die Pfeiler übertragen werden (vgl. S. 367).Die Brücke erleidet Durchbiegungen sowohl in senkrechtemSinne wie in der Stromrichtung (durch den Wasserdruck).Die Lager mußten deshalb eine Bewegung nach allen Eichtungengestatten* Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurden Punktkipplagergewählt.Die Brücke ist auf der Unter<strong>was</strong>serseite verankert worden.Eine derartige Verankerung ist zwar rechnungsmäßig nichterforderlich, <strong>sie</strong> wurde indessen durchgeführt, um allen Zufälligkeilenbeim Bewegender schweren Wehrwand gewachsenzu sein. Die Terankerungwui"de so ausgebildet,'daß die Anker anj?»**^!«^«dem über das Auflager hinausverlängerten Untergurtangreifen. Die Terankerungwurde nach Vorachlag desAbb. 9.Verankerung der uoteintroinseitigenTräger der Bedienungsbrücke.ausfülirenden Werkes, Aug.Klönne - Dortm<strong>und</strong>, ausgeführt(Abb. 9).Die Bewegungseiurichtungen.Am Sohützenwehre sind drei Arten von Bewegiingaeinrichtungenzu unterscheiden für: das Bewegen derSchützen, das Verriegeln <strong>und</strong> Entriegeln der Griesständer,das Umlegen miä Aufrichten der Griesständer. Während dasZeitsohrift I. IStwwesen. 72. Jahrg.Verriegeln <strong>und</strong> Entriegeln der Griesständer von Hand gegeschieht,werden die beiden anderen Bewegungseinrichtungenelektrisch betätigt.Bewegungseinrichtungen für die Schützen. Zueiner halben WehröfTnung gehören vier untere <strong>und</strong> vier obereSchützen. Jedes Schüta besitzt zwei auf gemeinsamer Wellesitzende Kettentrom mein. Die Welle wii'd durch ein selbsthemmendesSchneckengetriebe bewegt (Zbl.d. B. 1914 S. 655" Abb. 8). Sämtliche acht Schneckengetriebe einer halben Öffnungwerden <strong>mit</strong> einer gemeinsamen Hauptwelle bedient, die ihrerseitsdurch einen Motor von 25 PS. angetrieben wird. ZwischenMotor <strong>und</strong> Hauptwelle ist gleichfalls eine solbathemmendeSchnecke eingebaut. Der Motor ist zusammen <strong>mit</strong> dem Antriebszahnradeauf der Wehrbrücke fest montiert, die Hauptwelledagegen ist, zusammen <strong>mit</strong> den übrigen Bewegungseiurichtungen,<strong>mit</strong> den Griesständern fest verb<strong>und</strong>en. Wirddie Wehrwand umgelegt, so löst sich das auf der Antriebswellesitzende Stirnrad von dem <strong>mit</strong> dem Motor verb<strong>und</strong>enenZahnrade, Nach dem Wiederaufrichten der Wehr wand greifendie beiden Stirnräder, wie sich im Betriebe ergeben hat, ohneSchwierigkeit wieder ineinander ein. Die Hauptwelle ist<strong>mit</strong> den acht Schneckengetrieben der Kettentrommeln durchKegelgetriebe <strong>mit</strong> Klauenkuppeluugen verb<strong>und</strong>en, so daßdie Schützen einzeln <strong>und</strong> in beliebiger Reihenfolge ein- midausgeschaltet werden können. Eä können auch alle Schützengleichzeitig bewegt werden. Heben <strong>und</strong> Senken der Schützengeschieht durch einen einzigen umsteuerbaren Motor.Ist die Wehrwand ausnahmsweise bei untenstehendenSchützen umgelegt worden, so müssen die Schützen vor demWiederaufrichten der Griesständer so weit nach dem Aufhängungspunkteder Griesständer hin bewegt werden, daß<strong>sie</strong> nicht mehr ins Wasser kommen können. Denn sonstwürden beim Aufrichten der Wand durch den Wasserwideratandau große Bewegungswiderstände entstehen. Bei umgelegterWehrwand besteht aber keine Verbindung mehr zwischenMotor <strong>und</strong> Kettentrom mein. Die Bewegung der Schützen indiesem Falle muß daher von Hand erfolgen. Zu . diesemZwecke ist ein Handantrieb <strong>mit</strong> Galischer Kette angebracht,der von dem unteren Bedienungsstege der Wehrbrücke ausbetätigt wird.Die Verriegelung der Griesständer auf dem Wehrrücken<strong>mit</strong> Hilfe drehbarer Zahnsegmente ist bereits obenkurz besprochen worden. Die Verriegelungen sämtlicherfünf Griesständer einer Halböffnung sind durch eine gemeinsameWelle verb<strong>und</strong>en, um ein unbedingt gleichmäßiges Entriegelnaller Griesständer zu gewährleisten (Abb. 8 Gr<strong>und</strong>riß).Auf der Welle sitzen hinter dem 2. <strong>und</strong> 4. Griesständer Hebelarme,an welchen die nach dem Kopf träger führenden Gestängeangreifen. Die beiden Verriegelungsgestänge einerHalböfPnung greifen auf dem Kopfträger <strong>mit</strong>tels Kurbelnwieder an einer gemeinsamen Welle an. Im Betriebszustande,also bei verriegeltem Wehre, stehen die beiden Kurbeln inihrer HöchststeUimg (senkrecht) <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> im toten Punkte,so daß es dem Wasserdrucke <strong>und</strong> dem durch die exzentrischeAufhängung derWehrwand erzeugten Drehmomente unmöglichist, die Verriegelung selbsttätig zu ÖÖ'nen (Abb. 10).Zur Entriegelung des Wehres ist es so<strong>mit</strong> nur nötig,die Kurbeln über den toten Punkt hinaus nach unterstromzu drehen. Dies geschieht in einfacher Weise von Hand,49


370 F. W. Schmidt, Dio Stauanlage in der "Weser bei Dörverden.Abb. 10. Antrieb auf der oberen Wehrbrücke.Ein Arbeiter dreht <strong>mit</strong> Hilfe eines Vorgeleges <strong>und</strong> einesselbsthemmenden Schneckengetriebes ein auf der Welle losesitzendos Zahnrad, an welchem ein Mitnehmer angegossen ist.Dieser legt sich gegen einen zweiten Mitnehmer, welcherauf der Welle fest angebracht ist. Durch die Drehung desZahnrades werden so<strong>mit</strong> der letztgenannte Mitnehmer nnd dieKurbelwelle gedreht, Ist nun die Kurbel über den totenFunkt hinausgedreht, so verliert der 7.weite Mitnehmer denHalt am ersten Mitnehmer, <strong>und</strong> die Verriegelungskurbeln <strong>und</strong>Gestänge schlagen augenblicklich um 180** hemm <strong>und</strong> entriegelndadurch das AVelu-. Da beim Entriegeln das Gestängenur dadurch herunterlailt, da11 es seinen Halt am ersten Mitnehmerverliert, bekommt der die Drehung bewirkende Arbeiterkeinerlei Schlag zu spüren. Das selbsthemreendeSchneckengetriebe verhindert ein Herunterschlagen der vielleichtet<strong>was</strong> zu weit über den toten Punkt zurückgedrehtenKurbeln, so daß nicht peinlich darauf geachtet werden muß,daß die Kurbel genau senkrecht steht. Im Betriebe würdesich dies so genau nicht erzielen lassen. Die Entriegelunggeschieht so<strong>mit</strong> in einfacher <strong>und</strong> betriebssicherer Weise <strong>und</strong>ohne Kraftaufwand. Die Einrichtung hat sich im Betriebebewährt, die Entriegelung erfolgt unbedingt gleichmäßig.Allerdings hat sich beim Herunterschlagen des Gestängesgezeigt, daß ein ziemlich starker Schlag auf das Eisenwerkder Welirwand ausgeübt wird. Diesem (.beistände wurdespäter im Betriebe dadurch abgeholfen, daS man die beidenMitnehmer durch einen Sperrbolzen fest <strong>mit</strong>einander verb<strong>und</strong>enhat.Die Entriegelung erfolgt hiernach nicht mehr augenblicklich,sobald der tote Punkt überw<strong>und</strong>en ist, sondern allmählich.Der Arbeiter muß nunmehr das Gestänge <strong>mit</strong> demVorgelege so weit senken, bis die Entriegelung vollständigerfolgt ist.Zur Wiedereinriegelung muß das Zahnrad entgegengesetztgedreht werden. Zur Verminderung der erforderlichenKraftleistung ist für das Wiedereinriegeln ein weiteres, ausrückbaresVorgelege eingebaut worden. Da die Kurbel derVerriegelung hierbei ans dem tiefsten Punkt in den höchstenPunkt gedreht <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> das ganze Gestänge um den Kurbeldurchmessergehoben werden muß, so dauert das Verriegelnlänger als das Entriegeln. Bei dieser Bewegung ist dasselbsthemmende Schneckengetriebe von besonderer Wichtigkeit.Das Umlegen <strong>und</strong> Aufrichten der Griesständergeschieht in folgender Weise: Für jede Halböffnung sindzwei Ketten vorgesehen. Jede Kette greift sowohl am oberenwie am unteren Ende der Griesständer an (Zbl. d. B. 1014S, 655 Abb, 9). Die Ketten laufen über Kettenräder, die aufeiner gemeinsamon Welle sitzen. Die Wolle ist auf dem Obergurtdes unterhalb liegenden Trägers gelagert. Der Antrieb derKettenrad welle erfolgt durch zwei gleiche, selbstheramendeSchneckengetriebe, die zusammen so arbeiten, als wenn nurein Schneckengetriebe vorhandenwäre. Diese Einrichtung wurdegetroifen, weil ein einzelnes Getriebe zu große Abmessungenerhalten hätte. Der Antrieb erfolgt durch einen iimsteuerbarenMotor von 25 PS, <strong>und</strong> dazwischenliegende Räderübersetzung.In beiden Eadstellungen der Griesständer wird derMotor durch Endausschalter ausgeschaltet <strong>und</strong> die Bewegungso<strong>mit</strong> selbsttätig beendet.Für gewöhnlich werden die Griesständer erst nach demHochziehen der Schützen <strong>und</strong> nach Beseitigung des Stausumgelegt. Es ist jedoch auch, wie bereits erwähnt, die Möglichkeitvorgesehen worden, das Wehr selbst bei vollem Stau<strong>und</strong> untenstehenden Schützen umzulegen. Zu diesem Zweckeist zwischen dem Kettenrado <strong>und</strong> dem Befestigungspunkteder Ketten am oberen Ende der Griesständer ein freies Kettenstückeingeschaltet worden. Hierdurch wird erreicht, daßdie Wehrwand plötzlich entriegelt <strong>und</strong> vom freiwerdendenStau<strong>was</strong>ser bis in die Gleichgewichtslage — etwa unter 45"zur Senkrechten — gedreht werden kann, ohne daß durchdie Kette ein plötzlicher Kuck auf die Bedieuungsbrücke ausgeübtwird. Da<strong>mit</strong> das freie Kettenstück sich nicht in denKettenrollen festklemmen kann, wird es durch ein an einerlosen Eolle hängendes Gegengewicht gespannt.Nach Entriegelung des Wehres schiebt das Stau<strong>was</strong>serdie Wehrwand vor sich her, so daß die Gegengewichte in dieHöhe steigen. Wehrwand <strong>und</strong> Gegengewichte kommen zum'Stillstand, sobald die Auftriebgrenze des abflutenden Stau<strong>was</strong>serserreicht ist. Alsdann wird der Motor eingeschaltet<strong>und</strong> die Wehrwand völlig in die wagerechte Lage gehoben.Das Umwerfen des Wehres bei vollem Stau bedingt naturgemäßeinen außerordentlich starken Angriff auf das Wehrsturzbett.Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist das Umwerfen des Wehresbei vollem Stau <strong>und</strong> untenstehenden Schützen für den gewöhnlichenBetrieb verboten.Das Gewicht der Verschlußkörper der beiden HaujitöfTnungen<strong>mit</strong> Brücken, jedoch ohne Motore <strong>und</strong> Bohlenbelagbefragtes 6 t. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die nachträglichgestellte Forderung, das Wehr auch bei vollem Stau<strong>und</strong> untenstehenden Schützen umlegen zu können, einen erheblichenMehraufwand an Eisen bedingte. Die Gesamtkostender Eisenteile des Sehützenwehres (einschl. Motore <strong>und</strong> Bohlenbelag)betragen 337866 Mark. Spätere kleine Abänderungenerhöhten die Kosten um etwa 10000 Mark.Die Einrichtung zur Trockenlegung der Hauptöffnungen.Da ein wesentliches Gewicht darauf gelegt wurde, dioWeJirSühle schnell <strong>und</strong> <strong>mit</strong> geringen Kosten trocken legen \inddie Wehrkrone untersuchen <strong>und</strong> etwaige Schäden an der Wehrkrone<strong>und</strong> den unter Wasser liegenden Teilen ohne Aufhebungdes Staus beseitigen zu können, wurde eine Einrichtung


F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Börverden, 3717AIT Trockenlegung geschaffen (Zbl. d. B. 1914 S. 656Abb, 11 u. 12). Diese besteht in zwei Nadel wehrwänden,die über eine volle Wehröffnung von 36 m reichen <strong>und</strong> vondenen die eine nach oberstrom <strong>und</strong> die andere nach unterstromkehrt. Zur Aufstellung <strong>und</strong> Wiederbeseitigung der AbdämmuDgsvorrichtungmuß allerdings der Stau vorübergehendabgelassen werden. Wenn die Aufstellung beendet ist, kannder Stau wieder hergestellt werdeß. Die Stützen des Nadelwehreefinden ihren Halt auf dem WehrrOcken in einbetonierten,gußeisernen Töpfen. Um ein Versanden dieser Töpfe zu vermeiden,-werden <strong>sie</strong> <strong>mit</strong> Zinkdeokeln abgedeckt, welche einenHandgriff besitzen, der es gestattet, im Gebrauchsfalle denDeckel durch einön Taucher oder <strong>mit</strong> Hilfe eines Schiffshakensabzuheben. Um in den Stützen des Nadelwehres Zugbeanspnichungenzu vermeiden, welche eine — schwer ausführbare— Verankerung der Stützen bedingt hätten, wurde dasNadelwehr bzw. die oberstromseitige Stütze gegen die Wehrbrückeabgesteift. (Üle aus der Zeichnung ersichtliche Verbindungder unterstromseitigen Stütze <strong>mit</strong> der Brücke dientnur zur Erleichterung der Aufstellung.)Das Nadel wehr bietet genügend Raum, um die öriesständervollständig aus den Lagerschuhen herausdrehen zu können.Die Abdämmungsvorrichtung ist bereits einmal in Benutzunggewesen <strong>und</strong> hat sich bewährt.Der Arbeitsvorgang beim Aufstellen der Abdäramungsvorrichtungist folgender:1. Anschraubender C-Eisen auf den (unteren) Querträgernder Bedienungsbrücke. (Die C-Eisen wurden späterdauernd auf der Brücke belassen.)2. Anschrauben der von diesen C-Eisen senkrecht nachunten führenden Hängeeisen.3. Herausnehmen der Zinkdeckel aus den im Wehrrückeneinbetonierten Töpfen (nötigenfalls durch Taucher).4. Einsetzen der unterstromseitigen, senkrechten Stütze desWehrbockes in die Töpfe (nötigenialls durch Taucher)<strong>und</strong> Verachrauben dieser Stütze <strong>mit</strong> dem unter 2. erwähntenHängeeisen, Die von dem unteren Ende dieserStütze nach oberstrom führende SchrÄge ist geleuHrtig '<strong>mit</strong> der Stütze verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zunächst hochgeklappt.5. Einsetzen der oberatromseitigen, senkrechten Stütze desWehrbocks in die Töpfe (nötigenfalls durch Taucher),Verschrauben <strong>mit</strong> dem oberen Ende der jetzt herumgeklappten,unter 4. erwähnten Schräge.6. AnschraubeQ der wagerechten <strong>und</strong> oberen schrägen Strebedes Wehrbockea.7. Anschrauben der Absteifungsstrebe an Brücke <strong>und</strong>Wehrbock.8. Anschrauben der Nadellehnen (zwei nach oberstrom, einenach unterstrom).9. Einsetzen <strong>und</strong> Dichten der Nadeln.b) Die SettenoffnuDgen.Die 16 m weiten Seitenöffnangen werden durch Segmentwehre<strong>mit</strong> hochUegendem Drehpunkte abgeschlossen(Abb. 11 bis 13). Die eisernen WehrverschlüBse können vollständigunter den 15 cm unter Mittel<strong>was</strong>ser gelegenen Wehrrückenhinuntergelassen werden. So<strong>mit</strong> ist in. den SeitenöfFüungeneine Senkung der beweglichen Wehrkrone um 3 munter gewöhnlichen Winterstau ermöglicht. In der tiefstenStellung legt eich das Segmentwehr gegen einige als Enaggeneinbetonierte, vorstehende C-Eisen. Der Abfallboden ist nochtiefer hinuntergeführt, so daß etwaige Ablagerungen, dieübrigens durch die Spülwirkung des zu diesem Zwecke umeinige Zentimeter zu senkenden Wehres leicht beseitigt werdenkönnen, einen nachteiligen Einfluß auf die Beweglichkeit desWehres nicht ausüben können. Die Bauweise ist einfachiAbb. 11. Segmentwehr, An&icht vom Ober<strong>was</strong>ser. M. 1:150.Abb. 12. Segmentwehr. Schaltt A -B. ^-S49*


372 F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörv-erden. ,-,welciie an einem einbetoniertenWinkel entlangschleift. Die wagerechtoDichtung gegen die Wehrkroneerfolgt durch ein einfaches,<strong>mit</strong> Ketten auf dem Wehrrückenverankertes Gasrohr. Diese letztereDichtung hatte anfangs den llbelstand(der auch an anderen Ausführungenbeobachtet worden ist),daß das Gasrohr unter Stau zuklopfen anfing. Dies ließ sichjedoch durch das Yorschütteu vonet<strong>was</strong> Kohlenaseho so vollständigbeseitigen, daß das Wehr gehoben<strong>und</strong> gesenkt werden konnte, ohnedaß das Klopfen wieder eintrat.^)Da der Dichtung in ihrerjetzigen Form einige Mängel anhaften,sollen noch andere Einrichtungen, wie Anpressungder Dichtung durch Federdruck oder Anbringung einer keilförmigenDichtungsleiste am Wehrkörper selbst o. dgl. versuchtwerden.Aufsitiht auf den Antriebußd die LRQfbrUcke.Abb. 13. Segmentwehr. M. ]:150. ,' - *<strong>und</strong> übersichtlich. Der Wasserdruck -wird durch eine kreisförmiggekrümmte, durch Spanten aus "L-Eisen ausgesteifteBlechhaut aufgenommen.' Die Spanten übertragen den Wasserdruckauf ZAvei liegende Fachwerkträger, welche über die ganzeÖffnung ragen. Am Bude dieser Träger wird der AVasserdriickdurch die beiden Dreharme auf ein Gelenk <strong>und</strong> vonhier aus auf den Pfeiler übertragen. Der Abstand der Hauptträgerist 80 gewählt worden, daß die größten Biegungsmomentcin den Spanten annähernd gleich werden. Der Drehpunktdes Segmentwehres liegt etwa in der Höhe vom Mittelsommerlioch<strong>was</strong>ser.Diese Lage wurde gewählt, um das Drehgelenkmöglichst den Angriffen von Eie <strong>und</strong> schwimmenden Gegenständenzu entziehen. Eine noch höhere Lage hätte ungünstigeAbmessungen des Wehres ergeben. Um die Eisenteile desWehres möglichst vor überstürzenden Eisschollen u. dgl.zu schützen, wurde das obere Ende der Spanten <strong>mit</strong> demUntergurt des oberen Hanptträgers durch ein Gitter aus Flacheiscnstäbenverb<strong>und</strong>en. Aus dem gleichen Gr<strong>und</strong>e wurdendie Untergurte der beiden Fachwerkträger durch ein voll-"wandiges Blech verb<strong>und</strong>en.Die seitliche Dichtung erfolgt durch eine auf einemFederbleche angebrachte <strong>und</strong> kreisförmig gebogene Holzleiste,Die Bewegungseinrichtungen des Wehres zeichnensich durch Einfachheit aus. An den beiden Wehrenden greiftein Gestänge an, v^elches am oberen Ende eine Rolle trägt.^)Um diese Rolle läuft ein Stahldrahtseil, dessen eines Endean der Wehrbrücke befestigt ist. Das andere Ende wickeltsich auf einer in der Höhe des Bedienungssteges angebrachtenSeiltrommel auf. Die Seiltrommeln für die beiden, an denEndpunkten des Wehres angreifenden Antriebe sitzen auf einergemeinsamen, über die ganze Wehröffnung reichenden Welle.Die Welle liegt vor dem Bedienungsstege. In der Mitte derWeile ist ein eelbsthemmendes Schneckenrad angebracht. DerAntrieb erfolgt durch einen umsteuerbaren Drehstrommotorvon 2,4 PS. durch Ver<strong>mit</strong>tlung einer Klauenkupplung. DerMotor wäre zweckmäßig et<strong>was</strong> kräftiger gewählt worden, dabei Wehren die errechneten Widerstände leicht überschritten•werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurde nachträglich noch ein•weiteres Vorgelege eingebaut- Zur Sicherheit ist auch nochein Handantrieb vorgesehen worden.1) EH dürfte sich übrigens bei Neuausfiihrung empfehlen, dieAhdichtüDg wie folgt abzuändern; Die (gepanzerte) Wehrkrone wirdbis 50 cm vor der untorstromsoitigea Kante nicht wagerecht, sondernstark genoigt (etwa unter 45") ausgeführt. Statt des Gasrohres wirdein vollständiger R<strong>und</strong>eisenstab verwendet. Die Schellen zur Befestigungder Ealteketten werden aas Rotgaß hergestellt <strong>und</strong> greifenin Rillen ein, die aus dem R<strong>und</strong>eisenstabe herausgeschnitten sind.Schon durch sein eigenes Gewicht wird der R<strong>und</strong>eisenstab auf derstark geneigten Fläche gegen das Wehr gedrückt, so dall ein Klopfennicht mehr zu erwarten ist.2) Da die Verdrehungsfestigkeit des Segmentwehres in denmeisten Fällen nicht groß genug ist, um beim Bruch eines Seilesden Körper <strong>mit</strong> dem anderen Seile festzuhalten, ohne daß eine Verwindnngdes Wehrkörperfi eintritt, so wird empfohlen, die beidenGestänge durch Seile zu ersetzen <strong>und</strong> diese an den beiden Wehrendenüber Rollen zu führen <strong>und</strong> <strong>mit</strong>einander zu verbinden. DerWehrkörper hängt dann praktisch an einem Seil. Sollte ein Bruchdes Seiles eintreten, so fallt der Wehrkörper zwar bis auf die einbetoniertenTräger herunter, eine Verwindung des Wehrkörpers kannjedoch nicht eintreten. Für diesen Fall würde es zweckmäßig sein,wenn auf den Halteknaggen, die für dio Begrenzung der tiefsten I^agedes Verschlußkörpers angebracht sind, Pufferfedern eingebaut würden.


F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der "Weser bei Dörverden. 373Da es sich im Betriebe ergab, daß sich bei E'rost leichtEis an den Dreharmen des Versöhlußiiöppers bildete <strong>und</strong> <strong>sie</strong>hauch Eisschollen, die über die Wehrkrone getrieben waren,zwischen den Dreharmen <strong>und</strong> dem Mauerwerk festklemmten,so wurden die Dreharrae gegen die Wehröffnung durch einehölzerne Schutzwand abgeschlossen. Etwaiges Eis, welchessich zwischen Dreharm <strong>und</strong> Mauerwerk bildet, wird <strong>mit</strong> Hilfeder auf S. 366 (in der Anmerkung) beschriebenen Dampfleitungaufgetaut.Äur Trockenlegung der Seiten Öffnungen konnten wegender großen Lichtweiten gewöhnliche Dammbalken nicht mehrverwendet werden. Die Lichtweite wurde daher in drei fastgleiche Teile geteilt. An den Teilpunkten werden, wenndas Wehr trockengelegt werden soll, eiserne X-Träger senkrechtaufgestellt. Auf dem Wehrrücken finden diese Trägerihren Halt in gußeisernen Töpfen, die ähnlich wie die aufS. 371 beschriebenen ausgebildet worden sind. An ihrem oberenEnde werden die eisernen Stützen durch ein Sprengwerkgegen die Mauerpfeiler abgestützt. Hier sind im Mauerwerkentsprechende Nischen für die Streben der Sprengwerke angelegtworden. In die drei Zwischenräume, welche zAvischenden Dammbalkenfalzen <strong>und</strong> den beiden I-Trägern liegen,werden alsdann die Dammbalken eingesetzt. Diese Trockenlegungsvorrichtungkann während des Betriebes aufgestelltwerden. Wenn lediglich Ausbesserungen an den Eisenteilendes Segmentwehres vorzunehmen sind, genügt es, die oberstromseitigeAbdämmung aufzustellen; denn es ist möglich,das Segmentwehr nach LoslSaung der Bewegungsvorrichtungen<strong>mit</strong> Hilfe besonderer Winden in eine Lage zu drehen, beiwelcher die Drebarme fast senkrecht stehen. In den meistenFällen wird indessen schon die gewöhnliche Betriebsstellungdes Wehres für Ausbesserungszwecke genügen, wenn die obereAbdämmung eingebaut ist.Die beiden Segmentwehre wiegen einschL Bedienungsstege,jedoch ohne Motore <strong>und</strong> Bohlenbelag, zusammen 32 t.DieEosten beider Segment wehre betTugenzusammen36633Mark.Die Befestigung von Yor- <strong>und</strong> SturabettBei der starken Durchlässigkeit des Untergr<strong>und</strong>es <strong>und</strong>dem verhältnismäßig hohen Stau mußte eine besonders gründlicheAbdichtung des Wehrvorbettes vor Haupt- <strong>und</strong> Seitenöffnungenvorgenommen werden. Die Dichtung erfolgte imallgemeinen durch eine 0,75 m starke Tonschicht. Nur zwischenden beiden Sp<strong>und</strong>wänden, welche den oberstromseitigen Fangedammbildeten, ist die Tonschicht 1,25 m stark ausgeführtworden; <strong>sie</strong> reicht hier bis H-G,78 m N. N. hinunter, d.i.die Tiefe, bis zu der der Fangedamra ausgebaggert wurde.Die gesamte Länge des Vorbettes beträgt 28,80 m. ÜberMaßnahmen zur Verhütung von Unterläufigkeiten <strong>sie</strong>he S. 365.Die Einbringung der Tonschicht erfolgte so, daß dieam Lande <strong>mit</strong> Knetmaschinen durchgearbeitete <strong>und</strong> durchWasserzusatz plastLSch gemachte Tonmasse im Schutze einerStülpwand von Kähnen aus schaufelweise durch das Wasserhindurch versenkt wurde, <strong>und</strong> zwar in einer Schicht, die15 bis 20 vH. stärker war, als die endgültig verlangte. Nachdemdie Masse gleichmäßig eingebracht war, wurde <strong>sie</strong> durchabwechselndes Auieetzen <strong>und</strong> Abheben eines <strong>mit</strong> Eisenstückenbeschwerten Kastens von 0,8 x 0,8 m Gr<strong>und</strong>fläche bis aufdie endgültige Stärke zusammengepreßt. Um zu verhüten,daß die eiogebrachte Tonmasae am Kasten anklebte, wurdevor dem Stampfen eine dünne Sandsehicht auf die Lehmmassogebracht. Das Maß, um welches die lose eingebrachteTonmasse stärker eingebracht werden mußte, als die endgültigeSchichtstärke betrug, mußte von Zeit zu Zeit festgestelltwerden, da es von der Beschaffenheit des Tons <strong>und</strong>dem Grade seiner Feuchtigkeit abhängt. Der Arbeitsvorgangist im Zentralblatte der Bau Verwaltung, Jahrg. 1914 (S. 235)eingehender beschrieben. Vor den Seitenöffnungen erhielt dieTonschicht entsprechend dem Ansteigen des Vorbodens einegrößere Stärke. Gegen mechanische Angriffe wurde der Tonschlagdurch eine 0,75 m starke Steindecke geschützt. Dieuntere, 25 cm starke Schicht der Steindecke besteht auskleineren Steinen, sog. Knack. Diese Maßnahme wurde getroffen,um durch eine Art Filterschicht den Ton vor demAngriff von Wirbeln besser zu schützen. Es sei noch bemerkt,daß die vielfach befürchtete Auflösung des Tons im Wassernicht eingetreten ist. Das Auflösen des Tons wird in wirksamerWeise durch das Kneten <strong>und</strong> spätere Stampfen verhütet.*)Ähnliche Gesichtspunkte waren für die Wahl der Sturzbetlbefestigungmaßgebend. Das Stürzbett mnß einmaldie Flußsohle vor der lebendigen Kraft des überfließendenWassers, dann aber — wenigstens bei verhältnismäßig feinkörnigemUntergr<strong>und</strong>e, wie es hier vorlag — auch vor demAusspülen feinerer Bodenteile unter dem Sturzbette durchWirbel schützen. Die Befestigung geschah durch eine 1,50 mstarke Steinschicht, von der die untere 0,50 starke Schichtwiederum aus Kuacksteinen besteht, so daß die Sturzbettbefestigungwie ein umgekehrtes Filter wirkt. Die Längedes Sturzbettes ist <strong>mit</strong> 43 m reichlich bemessen. Das Sturzbelthat sich bisher im Betriebe gut bewährt, das Wasserkommt schon ruhig zum Abfl.uß, bevor es das Ende des Sturzbetteserreicht hat. Ea sind bisher im Betriebe nur an wenigenStellen Steine von der Strömung herausgeschlagen worden.Dies ist z. B. un<strong>mit</strong>telbar hinter dem Wehrrückea bei denSegmentwehren beobachtet worden, wenn hier durch gänzlichesHerunterlassen der Segmentwehre eine starke Überströmungshöheentstand, <strong>und</strong> beim Schützenwehre, als dieunteren Schützen beim Probebetriebe stark gelüftet wurden,so daß das Wehr wie ein Gr<strong>und</strong>ablaß wirkte. Aber selbstin diesen Fällen wurde ein Verbauen neuer Steine nur inbeschränktem Umfange nötig. Übrigens gingen die Unterhaltungskostendes Sturzbettes von Jahr zu Jahr zurück.Die Fischpaßanlagen.Das Wehr ist <strong>mit</strong> einem Wildpasse ausgestattet worden.Außerdem sind Vorkehrungen getroffen, um später eineRecken sehe Fischschleuse einbauen zu können.Der Wildpaß (Abb. 2) besteht aus 11 Becken, die untereinanderdurch kurze Kanäle verb<strong>und</strong>en sind. Jedes Beckenliegt 0,40 m tiefer als das vorhergehende. Das Wehrgefällewird so<strong>mit</strong> auf eine größere Länge verteilt. Das relativeGefälle wird in dieser Stiifentreppe so verringert, daß es denFischen möglich ist, die Strömung zu überwinden. Die Beckendienen den Fischen zum Ausruhen, Die Beobachtungen habengezeigt, daß dieser Wildpaß gern von den Fischen benutztwird, zumal nachdem zur weiteren Verringerung der Strömung1} Vgl. Zeitschr. t Bauwesen, Jahrg. 1920, Seite 590 f.


37-i F. W. Schmidt, Die l>tauaiiliigö in der Wesor bei Dörvorden.in den YerbinduTigykanälon einige (liolzenic) Soh]onsch\vr]Ienangeordnet worden siüd.Da nnn, wie aus dorn Betriebspläne hervorgeht, dasOber<strong>was</strong>ser starken Schwankungen unterworfen ist, so würdedie obere Einmündung des Fischpassos lillitfig trocken liegen,so daß dei' Wildpaß nnbenutzbar wäre. Ans diesem Gr<strong>und</strong>esind die oberen seclis Becken durcli Stichkanäle <strong>mit</strong> einem tiefenUnigehnngskanal verbiindon. Fünf Ton diesen Becken sindständig durch Schützet! gegen den (Jiiigehungskanal abgesperrt,<strong>und</strong> nur je^veils ein Becken, dessen Höhenlage i.lem geradeherrschenden Ober<strong>was</strong>ser entspricht, ist nach dem Umgehungskanalezu otfen. Die Becken sind einfach in das Erdreicheingeschnittene Kessel, deren Böschungen unter Wasser <strong>mit</strong>Weiden (Bospreutung) beschlagen siiKl. Nui' das untersteBecken, -welches ständig <strong>mit</strong> der Weser in Berülirung steht,ist aus Mauerwerk (Beton) hergestellt worden. Die Verbindungskanälejcwischen den einzelnen Becken <strong>und</strong> die Stic^hkaniilenach dem Umgeiinngstanal besitzen senkreelite, gemauerteWände <strong>und</strong> abgepllasterte Sohlen.Die rrerbefestigung.Die Befestigung dei' Flußiifei- am Wehre erfolgte in deran der Weser üblichen Weise durch eine 0,30 m starke Stcindccke.Unter Wasser hat diese eine Neigung von 1 : 3, überWasser eine solclie von 1:3. Em der Steindecke mehr Haltzu geben, liat <strong>sie</strong> einen Fuß aus Steinen erhalten. Hierfürwurde ein Zuschlag von 1 cbm/m Bruchsteinen verwendet.Unter Wasser sind die Steine vom Schift' aus geschüttet,über AVasser glelclifalls vom SohiiTe aus im Trockenen verbautworden.Die Bauausführung der Wehranlage.Baukosten.Die Bauausführung erstreckte sich auf drei .lahre. Imersten Baujahre (1911) wurde zunächst <strong>mit</strong> den Baggerarbeitenan beiden Ufern begonnen. In der rechten WohrliäirteAvurde hierbei die Baugrube so weit ausgehoben, wiedies <strong>mit</strong> Schwimmbaggern möglich war. Auf dem linkenUfer wurde das Ufer teils <strong>mit</strong> Naßbagger,-teils im Handschachtmil Lokomotivbotrieb abgetragen. Zugleich wurde die Sohlevertieft, um Ersatz für den durch die Baugrube abgesperrtenTeil des Fuß(|ucrschnittes zu gewinnen. Diese Erdarbeitenwurden im Eigenbetriebe der Bauverwaltung ausgeführt,Grleichzeitig begann der Wohi-iinternehmcr inil dem Jlninmender Sp<strong>und</strong>wämle für (iic rechte Wehrhälfte <strong>mit</strong> Einschlußdos Mitteljifeilers. Die Kammungen wurden von Kammgerüstonaus vorgenommen. Nach ihrer Beendigung wurde die i3augrube<strong>mit</strong> einem Greifbagger fertig ausgehoben <strong>und</strong> der Schüttbeton<strong>mit</strong>tels Trichtern eingebrachl. AVährend der Botonruhewurde der Kaum zwischen den Sp<strong>und</strong>wänden, die als Fangedamnidienen sollten, <strong>mit</strong> Ton <strong>und</strong> fjehm verfüllt Nach Erhärtungdes S[:hiittbelons wurde die Baugrube trocken gelegt,<strong>und</strong> der noch fehlende Teil der Sohle als Stampfbeton eingebracht;zugleich wurden die Werksteine <strong>und</strong> die Fnßlagerplattenfür die Griesständcr verlegt <strong>und</strong> die Welirpfeiler hochgeführt.Dann mußten die Fangedämrae des di'ohenden Hoch<strong>was</strong>serswegen beseitigt werden. Doch konnte der Wildi)aßam linken Ufer noch in.diesem Jahre ausgeführt werden.Während des Jahres 1911 mußte die SchifTalirt an derBaustelle vorbeigelührt werden, da die Schiifahrtschleusc nochAbb. 14. \Vehi'l>avigfubo vom linken Lfcr aus.nicht dem Beti-iebe übergeben wai-. Zu diesem Zwecke wurdevor <strong>und</strong> hinter der Baugrube ein Leitwerk aus Pfählen gerammt.Im zweiten Baujahre (1912) wurden die Kamm- <strong>und</strong>Betonicrungsnil)oiten fiir die linke Wehrhälfte vorgenommen(Abb. 14). Ais Aiischlidi vor Kopf gegen die Weser dientehierbei der bereits im Vorjahre liociigeführte Mittelpfeilcr.Zuglei(;h <strong>mit</strong> den Ramniarbeiten wurde <strong>mit</strong> der Aufstellungder Wehrbedienung.sbrücke für die rechte Wehrhälfte begonnen.Da in dieser


E. "W. Schittidt, Die Stauanlage in der Weser bei Börverden. 375Berlin (Oberingenieur Pabst), zusammen <strong>mit</strong> dem Bau d-esan das Wehr anschließenden Turbiuenpfeilers, übertragen.Die eisernen Wehrversclilüsse <strong>und</strong> die Wehrbrückeu wurdenvon der Firma Äuguet Klönne in Dortmuud (OberingemeurSiemers <strong>und</strong> Ingenieur Eihbect) als üntematernehmer dererstgenannten Bauunte^üehmung ausgeführt. Die Firma ElÖnnehat den TOU der Bauverwaltung ausgearbeiteten Entwurf derWehrverschlüsse <strong>und</strong> Brücken umgearbeitet, da nachträglichdie Forderung gestellt worden war, daß das Wehr sich auchbei vollem Stau <strong>und</strong> untenstehenden Schützen umlegen lassenmüsse, <strong>und</strong> auch die motorischen Beweguugseinrichtungendes Wehres entworfen.Baukosten.Die gesamten Baukosten des Wehres betrugen 1,156Millionen Mark. Hiervon entfielen auf die eisernen Wehrverschlüsse<strong>und</strong> Brücken 384 000 Mark.B. Das Kraftwerk (baulicher Teil),Bemerkung: Eine Beschreibung der Maschinenanlagenist veröffentlicht worden in der Zeitschrift für Bauwesen,Jahrg. 1915, S. 460 ff. von dem damaligen "Vorstande desMaschinenbauamts Hannover, Reg.- <strong>und</strong> Baurat Block, der dieAnlagen seinerzeit entworfen <strong>und</strong> ausgeführt hat.Neben dem Wehre sind ein Wasserkraftwerk-von 3000 PS.Gesamtleistung <strong>und</strong> eine Dampfaushilfe von gleicher Stärke,die indessen für eine Erweiterung bis auf das Doppelte derjetzigen Leistung eingerichtet ist, errichtet worden. DieSchaltanlagen für das Wasser- <strong>und</strong> das Dampfkraftwerk sindin einem gemeinsamen Gebäude untergebracht. Die Wasser<strong>und</strong>Dampfturbinen stehen in einer gemeinsamen, 83,19 mlangen Maschinenhalle. Un<strong>mit</strong>telbar neben dem Teile, derdie Dampfturbinen enthält, <strong>und</strong> zwar nach unterstrom, stehtdas Kesselhaus. In dem von der Maschinenhalle <strong>und</strong> demSchalthause gebildeten Winkel sind Wohn- <strong>und</strong> Werkstättenräumein einem besonderen Gebäudeteil untergebracht. Gegendie Weser sind das Kesselhaus <strong>und</strong> das Wohn- <strong>und</strong> Werkstättengebäude durch Ufermauern abgetrennt,a) Der Turbinenpfeiler,Der Turbinenpfeiler des Wasserkraftwerkes (Abb. 15bis 18) hat eine Länge von 47 m <strong>und</strong> eine Breite von 22 ra-Von dieser Breite entfallen 16,30 m auf das Hauptbauwerkuüd der Rest auf die Pfeilerköpfe <strong>und</strong> das Feinrechenf<strong>und</strong>amentder Turbineneinläufe.i-'-f--t'"^-|_V^Abb. 17. Turbinenhaus (Hälfte), Schnitt durch dieKammern. Mv 1:300.Abb.. 15 u. le.- Tarbinenhaus (Hälfte). M. 1;300. Abb, 18. Turbinenhaus. Suhnitt durch eine Turbine. M. 1:300.


376 F. W. Öchmidt, Die Stauanlage in der "Weser bei Dörverden.Das Wasserkraftwertenthält vier Fraii-/yf *9.}Qcistiirbinen, von denenftai,f-e \ ^zw^ei auf einen gemeinsamen,f -ifcAtni ^0fi7?a^ '•i'.JiVAMMrf'zwiselien beiden/'


F- W, Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden. 377AÄ^t*?..^^_^f-•UfgatSmAbb. 23- TTferbefestignug im TarbiDeDUDterianal H, 1;300-geschieht dies'<strong>mit</strong> HiKe von Schützen, während der unterstromseitdgeAbschluß durch schmiedeeiserne Nadeln erfolgt. Diesehaben 200 mm lichten Durchmesser <strong>und</strong> 10 mm Wandstärke.Sie -werdenj^gleichzeitig auch aur Trocienlegung der Schleuseverwendet. Diese Nadelabdämmuog hat sich bewährt. Siefand erstmalig beim Herstellen des Putzes der TurbinenausläufeVerwendung. Durch Einsetzen von dreikantigen Holzleisten<strong>und</strong> "Vorbringen von et<strong>was</strong> Asche konnte die Abdichtungswandso dichtschHeßend gemacht werden, daß der Putz einwandfreihergestellt werden konnte._LTor- <strong>und</strong> Sturzbett würden in gleicher Weise wiebeim Wehre auegeführt. Das Torbett hat eine Länge von25,55 m, das Sturzbett eine solche von 39,15 ra.Die Uferbefestigung im ünterltanal geht aus Abb. 22hervor, Der aus Schuttsteinen hergestellte Fuß im Böschungsverhältnisse1:10 ist nur außerhalb der Vor- <strong>und</strong> Sturzbettbefestigungzur Ausführung gekommen. Die Böschungen desünterkanals wurden steiler gehalten, um den Kohlenschiffenein möglichst dichtes Anlegen ans Ufer zu gestatten.Neben dem Turbinenunterkanal ist ein Kohlenlagerplatzhergestellt worden. Die Verteilung der Kohlen geschieht hier<strong>mit</strong> Hilfe eines Portaltrans. Der eigentliche Kohlenkran läuftauf einem Gerüste aus Eisenbeton, welches auf gerammtenEisenbetonpfählen ruht (Abb. 23 bis 25).b) Die Kiösschleuse.Zwischen der Fischschleuse <strong>und</strong> dem Kraftwerk ist eine4 m breite Kiesschleuse angelegt worden, um etwaige Ablagerungenvon Kies <strong>und</strong> Sand aus dem Turbinenoberkanalins Unter<strong>was</strong>ser fortspölen zu können. Die Eiesschleuse wirdim unteren Teile abgeschlossen durch ein 3 m hohes eisernesSchütz, das nach denselben Gr<strong>und</strong>sätzen durchgebildet ist, wiedie Schützen des Wehres. Der obere, bis Winterstauhöhereichende Teil (3,35 m) wird durch Dammbalken gebildetDie Abdichtung zwischen eisernem Schütz <strong>und</strong> Dammbalkenerfolgt durch Federbleche.M^kUirA


378 E. W. Schmidt, Die Stauanlage in der "Weser bei Dörverden.Abb. 25- Eohlenentladebühne, LäDgenscbmti M. 1:60.Schalthaus -wurde im Herbst 1912 begonnen. Die Bautenwurden im Herbst 1913 fertiggestellt.Die Baukosten beliefen eich für den Turbinenpfeiler auf688000 Mark, für den Hochbau auf 579000 Mark. DieAusführung des Tiirbinenpfeilers <strong>und</strong>der Hauptarbeiten des Kraftwerkhochbauserfolgte durch dieAktiengesellschaftfür Beton-<strong>und</strong> Monierbau,Berlin (Oberingenieur Pabst). /Abb, 26, Pfeiler im Hochbaudes Wasserkraftwerks.Abb. 27. Dichtuüg der Kellersohle <strong>und</strong> Wändegegen Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>ser. M. 1:50.C. Difl Schleusenanlage.a) 8chleusenkanäle.Wenn die Weser durch das Wehr bei km 308,85 angestautist, wird die Schiffahrt durch den bei km 308,4 abzweigendenSchleusenkanal geleitet. Dieser mündet beikm 314,4 wieder in die Weser <strong>und</strong> schneidet 6 km FlußlängeI ' I r I .0-iSO-^¥iS ^ f Jo.Bl«l J.DO -17- S.OO -f iCi> - ^Abb 28. Querschnitte des Schleuseno ber&anals (Unks) <strong>und</strong> des Schleusenunterkanals (rechts). M. 1:600.Abb. 29. Lageplan der Schleuse. M. 1:7500.ab. Da er eine Länge von 2,45 kmhat, werden 3,55 km Wegläuge erspart.Die Linienführung des Kanalsist nicht gerade, vielmehr gebotenRücksichten auf die Gr<strong>und</strong>erwerbskostendie Einlegung einer Ivrümmungvon 1000 m Halbmesser (Zentralbl.der Bauverw. 1914 S. 045 Abb. 2).Die zur Überwindung des Gefälleserforderliche SchiffahHschlense ist dergeringeren Erdarbeiten wegen möglichstans untere Ende des Kanalsverlegt worden. Der Unterkanal hateine Länge von 500 m erhalten, dieSchiffahrtschleuse ißt 374 m'lldietfM' lang, der Oberkanal 1570 m.Die Abmessungen desSohleusenoberkanals wurdenbedingt durch die Forderung, daß der Kanal selbst bei beseitigtemStau noch einschiffig befahrbar sein <strong>und</strong> bei Mittelklein<strong>was</strong>sereine Tiefe von 1,50 m aufweisen solle (Abb. 28).In der Krümmung ist die Sohlenbreite um 1 m vergrößertworden, <strong>und</strong> zwar ist die Verbreiterung soausgeführt worden, daß die Kanalacbse in derKrümmung um 1 m nach außen verschobenworden ist. Auf eine Länge von 100 m erfolgtdann ein geradliniger Übergang in dienormale Kanalachse.Der Unterkanal ist dreischiffig angelegtworden. Bei Festlegung der Sohlenhöhe mußtein höherem Maße als beim Oberkaual auf einweiteres Absinken des Wasserspiegels Kücksichtgenommen werden. In der freien Weserstreckeist zurzeit eine Eegeltiefe von 1,25 munter Mittelklein<strong>was</strong>ser vorhanden, doch sollin absehbarer Zeit eine Tiefe von 1,50 mhergestellt werden. Zur Sicherheit ging manjedoch beim Unterkanal noch weiter <strong>und</strong> schriebTor <strong>und</strong>eine Tiefe von 2 m unter Mittelklein<strong>was</strong>ser vor.hinter der Schleuse sind Ober- <strong>und</strong> Unterkanal verbreitertworden, um Liegeplätze für Sehleppzüge, die auf das Durchschleusenwarten, zu schaffen (Abb. 29). Die Qr<strong>und</strong>geataltungdieser Torhäfen ist unsymmetrisch, um beim späteren Baueiner zweiten Schleuse - die Mögliehheit einer bequemerenimmmVerbreiterung zu haben. Aus diesemGr<strong>und</strong>e ist auch die Schleusenachsegegen die Kanalachse (um 19,15 m)verschoben. Nach Ausführung derzweiten Schleuse würde die Gesamtanlagesymmetrisch sein.Um an Breite sparen zu können,ist in den Vorhäfen der Sohleuse dieBöschung 1:2 bis zur Sohle hinuntergeführtworden. Es wurde so<strong>mit</strong> erforderlich,hier auch die Stanachüttungbis zur Sohle hinunterzuffihren. Auchan den Einmündungen des Kanals indie Weser ist die Steinsohüttung biszur Sohle hinuntergeführt worden.


F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden. 379Abb. 30. Schiffahrtschleuse, Läogenschnitt durch das Oberhaupt. M. 1:300.L ItK J^uuiBfilj'^.jui JAbb. 31. Sohiffahrtschlease, Ansicht vom Oberstrom<strong>und</strong> Schnitt durch das VoTbett M, 1:BOO.Da der Winterstau höher als das Gelände liegt, mußteder Oberkanal verwallt werden. Diese "Verwallung mußte,da die öesamtaolage im Übersohwemmungsgebiet der Weserliegt, bis Über das höchste Weserhoch<strong>was</strong>ser (4-17,75N. N.)geführt werden, um Queratrömungen zu vermeiden, die eineYersandung des Kanals zur Folge gehabt hsltten. Der Unterkanalkonnte in ßücksicht auf die dort vorhandene Deiohengenicht hoch<strong>was</strong>serfrei verwallt werden, Dia Verwallungen desUnterkanals sind daher nur. bis 46 cm • über den höchstenschiffbaren Wasserstand, also, bis zur Höhe+ 15,85 m N. K.hochgeführt werden. Um die hierzu bedingte Einschränkungdes Hochwaeserquerschnitts wieder auszugleichen, ist ein aufdem linken Weserufer gelegener alter Flügeldeich bei demDorfe Magelsen auf eine Länge von 1350 m auf Sommer*deichhöhe abgetragen worden. Die Krone der östlichen Verwallungist 4 m breit; diejenige der westlichen Verwallnngist um 1 m verbreitert worden, um eine Windschutzheckeanlegen zu können.Die angetroffeneu Bodenarten waren auf der ganzen Kanallangedurchweg gleich. Zu oberst lag eine etwa 2 m starkeLehmschicht, darunter meist eine etwa 0,50 m starke Schichtvon fettem Ton, dann folgten Sandschichten, die in tieferenLagen in Kies übergingen.Es waren für den Kanal (ohne Schleuse) 418000 ebmBoden zu bewegen.Die Kosten der Schieusenkanäle betrugen einschl. Einlaßschleuse<strong>und</strong> Abtragung des Magelser Winterdeiches, jedochohne die Brücken, 591000 Mark. Der Verdingungspreia betrug0,70M/cbm Aushub, die Mutterbodenabdeckung kostete0,10 M/qm, die Bruchsteine 6 M/ebm <strong>und</strong> die Herstellungder Steinschüttung 0,50 M/qm. Der Schleusenkanal ist inden Jahren 1909 bis 1911 aufgeführt worden.J .g^..Abb. 32 u. 33. Stemmtor, Ansicht vom Unterstrom.Schnitt A^B.M. 1:150.b) Die Schiffahrtschleuse (Abb. 30 bis 35).Die nutzbare Länge der Schleuse beträgt 350 m. Siegestattet so<strong>mit</strong> die Durchschleusung eines Schleppzuges, bestehendaus einem großenWeser-Radachlepper <strong>mit</strong>vier der größtea Weserkähneals Anhänge. DurchEinschaltung eines Mittelhauptesist eine kleineKammer von 85 m Nutz-•; ' 7"—- f'ii'-*» fiij^ ^.^f-j ,^.^i _j„ >»#->„MittrJ.Abb. 3ö. Stemmtor,Bewegungavorriohtung.M. 1:150.Abb. 34. Stemmtor, Schnitt E- F.M. 1:100.50'


380 F. "W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden.Abb. 36. Eisend olagen in der Sohle des Oberhauptes der Schleuse.länge abgetrennt worden, die einzelfahrenden Schiffen dasDurchschleusen gestattet, ohne die gesamte Schleuse füllenzu müssen. (Für die Talfahrt auf der Weser ist das Einzelfahrender Schiffe die Regel.) Das ölittelhaupt liegt nachdem ünterhaupte zu. i^wischen Ober- <strong>und</strong> Mittelhaupt verbleibtso<strong>mit</strong> eine Schleusenkammer von 259,75 m, die sog.Drei viertelschleuse. Diese wird von Schleppzügen, die auseinem Dampfer <strong>mit</strong> einem bis drei Anhängen bestehen, benutzt.Die Nutzbreite der Schleuse beträgi; 12,50 m. Sie istin Rücksicht auf die größten, zur Zeit der Entwurfsaufstellungauf der Weser verkehrenden Radschlepper festgesetzt worden.Späterhin wurden einige Dampfer neu beschafft, deren Breitedie der vorhandenen noch übertraf. Es verkehren jetzt einigeDampfer auf der Weser, die eine Breite von 12,44 m überden Radkästen haben. Das Durchschleusen dieser besondershreiten Dampfer hat indessen keinerlei Nachteile ergeben.Das größte Sehleusengefälle beträgt 5,20m. Bei beseitigtemStau geht das Gefälle auf 1,20 m herunter. Diesentspricht dem natürlichen Gefälle der durch den Schleusenkanalabgeschnittenen Flußschleife.Die Bodenverhältnisse (vgl. S. 379) wiesen, auf eine Bauweisevinter Zuhilfenahme einer Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkung hin.Die Häupter sind für sich gegründet, ebenso die Kammerwände.Die Kammersohle ist nicht massiv ausgebildet worden.Die Schleusenhäupter.Die Gründung der Häupter erfolgte auf StampfbetonZwischen hölzernen Sp<strong>und</strong>wänden. Diese bestehen aus Bohlen,die abwechselnd 20 <strong>und</strong> 15 cm stark sind. Diese Bauweiseist indessen nicht zu empfehlen <strong>und</strong> daher beim späterenBau des Wehres verlassen worden. In den Ecken zwischenden ungleich starken Bohlen bilden sich leicht Undichtigkeiten,die zur Bildung von Wasseradern Anlaß geben können.Es ist sehr schwierig, <strong>mit</strong> der Dichtungsmasse, sei es Betonoder Ton, diese Ecken so gründlich auszufüllen, daß keinerleiHohlräume entstehen. Tatsächlich haben sich beim Aussehachtendes Bodens zwischen den Sp<strong>und</strong>wänden solche Undichtigkeitenvorgef<strong>und</strong>en, die durch Zementeinspritzung unschädlichgemacht werden mußten.Die große Höhe der Häupter — Oberkante Oberhaupt liegt10,65 m über Sohle — bedingt bei der flachen Neigung derHafenböschungen eine sehr große Breite des Ober- <strong>und</strong> Unterhauptes.Um an Baukosten zu sparen, wurden daher dieHäupter nicht auf die volle, durch die Neigung der Vorhafenböschungenbedingte Breite hochgeführt. Es wurden vielmehrschwache Plügelwände aus Eisenbeton auf einbetonierteI-Träger (N.-P. 421/2) aufgesetzt <strong>und</strong> gegen den Erddrucknach rückwärts verankert. Die Tiefe, bis zu der diese Flügelwände hinuntergeführt wurden, bestimmte sich nach derBöschung der Vorhäfen. Die Wände reichen bei beiden Häupternbis zur Tiefe von rd.-|-12,40 m N.N. hinunter. ZurSicherheit wurden die Träger an der Spitze durch einen Betonklotzgestützt. Nur auf der Westseite des Oberhauptes mußten2U diesem Zwecke einige Pfähle gerammt worden, da derBoden an dieser Stelle nicht genügend Tragfähigkeit besaß.Auch die Kammern für die Zahnstangen der Torbewegung,wurden der Ersparnis wegen ausgekragt, <strong>und</strong> zwar auf Bieenbetonkonseien.Zum Schutze gegen Umläufigkeiten wurden vor demOberhaupte <strong>und</strong> hinter dem Unterhaupte Fiügelsp<strong>und</strong>wändeaus Eisen (Bauart Larssen) 10 m tief ins Gelände hineingeführt.Sohle <strong>und</strong> Wände wurden in Stampfbeton ausgeführt.Für große Massen der Häupter genügte Sparbeton. Dieserwurde gleichzeitig <strong>mit</strong> dem übrigen Beton hochgeführt. Eskamen nachstehende Mischungsverhältnisse zur Ausführung:Zement Traß KiessandSohle 1 0,6 4aufgehende Wände 1 0,6 9Sparbeton 1 0,6 20Flügelwände 1 0,6 4Der Kiessand wurde aus dem Aushübe gewonnen. In derMaterialprüfungsanstalt zu Groß-Liohterfelde angestellte Versucheergaben sehr gute Festigkeitszahlen.Die aufgehenden Wände wurden, soweit <strong>sie</strong> über Wasserstehen, <strong>mit</strong> einer i. M. 1^/^ Stein starken Kliukerschicht(Kleinformat) verblendet Die Klinkerverblendung wurde zugleich<strong>mit</strong> dem Beton der Wände hochgeführt. Die Umläufeerhielten einen 3 cm starken Zementputz, der in drei Schichtenaufgebracht <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Stahlketten geglättet wurde. Die Mischungsverhältnissewaren 1:3, 1:2 <strong>und</strong> 1:1. Diebeidenunteren Schichten erhielten einen Zusatz von Granitsplitternzum Sand (50 vH.), die oberste Schicht an Stelle von Sandreine Granitsplitter, Die Maschinenkammern wurden <strong>mit</strong>Zementmörtel 1: 2 geputzt.Die Schleusendrempel erhielten einen Anschlag aus Granitquadern,Die Sohle wurde gegen Auftrieb <strong>und</strong> Wasserlast<strong>mit</strong> Eiseneinlagen (Abb. 36), der Beton der Drempel durchweitere Eiseneinlagen außerdem gegen Abscheren bewehrt.Die Mündungen der Umläufe wurden <strong>mit</strong> Basaltlava verblendet.Die senkrechten Kanten der Wände, ebenso die <strong>was</strong>serseitigenKanten der Oberfläche wurden <strong>mit</strong> Gußeisenpanzerung gesäumt.Hierdurch wurde eine wesentliche Ersparnis gegenüberder üblichen Werksteinverblendung erzielt. Es wäreindessen zweckmäßig gewesen, statt Gußeisen Gußstahl fürdiese Eckpanzerung zu wählen. Gußeisen neigt infolge seinerSprödigkeit dazu, bei SchifFsstößen zu springen.Bei der großen Lichtweite der Schleuse ließ sich fürdie Trockenlegung der Häupter .ein Dammbalkenverschluß nichtverwenden. Es kamen daher eiserne Schwimmträger zur Anwendung,die an den Enden <strong>was</strong>serdichte Abteilungen zur


F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverdeu. 381Aufnahme von Balkstwaeser erhielten. Zur Abdämmung selbstwerden schmiedeeiserne Nadeln verwendet, die auf Seite 377beschrieben sind. Der durch den Schwimmträger auf dasHaupt übertragene Wasserdruck wird durch liegend einbetonierteI-Bisen N.-P. 42^/2 aufgenommen. Die Schwimmträgersind reichlich unhandlich. Sie erfordern außerdemUnterhaltung <strong>und</strong> stören den Sehiffahrtbetrieb, da <strong>sie</strong> für gewöhnlichim Vorhafen liegen. Empfehlenswerter scheint dahereine Abdämmung, wie <strong>sie</strong> bei den Segmentwehren vorgesehenist (vgl. S. 373).Die Schleusentore.1) VgL'Zentraibl. der Bauverw., Jahrg. 1914, S. 235 <strong>und</strong> Zeitschriftdes Vereins Beutscher Ing., Jahrg. 1914, S. 978.2) Zeitschrift des Vereins Deutscher log.^ Jahrg. 1912} S. 1012.Die Schleusentore 1) sind als Stemmtore <strong>mit</strong> kreisförmiggekrümmter Bleehwand von 8 mm Stärke ausgebildet worden.Der Wasserdruck wird durch gleichfalls gekrümmte Hiegelaus I-Eisen N.-F, 26 aufgenommen. Mit einer Übertragungdes Wasserdruckes durch die Torhaut ist nicht gerechnetworden. Das Tor wird nur durch Achsialßpannungen, alsowie ein Gewölbe beansprucht; Biegungsbeanspruohungen tretennicht auf. Diesen Yorteil hat das Tor <strong>mit</strong> den Stemmtorendes Dortm<strong>und</strong>-Ems-Kanals gemein. 2) Dagegen fehlen hier dieschweren steifen Schrägen, deren Herstellung wegen der oberstromseitiggekrümmten^ Form <strong>und</strong> der Eckanschlüsse außerordentlichkostspielig ist. Der FortfaU der steifen Schrägenbedingt nur die Anwendung et<strong>was</strong> schwererer Riegel (Abb. 32<strong>und</strong> 33). Zur Sicherheit gegen Versacken ist das Tor <strong>mit</strong> gekreuztenSchrägen ans C-Eiaen N.-P. 16 versehen worden.Diese sind geradlinig <strong>und</strong> stützen sich gegen die Eiegel durchWinkeleisen 65 • 65 • 7 ab. Der Abstand der Riegel wirdentsprechend dem zunehmenden Wasserdrücke nach unten zugeringer. Hierdurch wurde es möglich, allen Riegeln diegleichen Abmessungen zu geben. Der unterste Riegel, dersog. Untertrainen, ist als liegender Blechträger ausgebildet<strong>und</strong> gegen den Auftrieb durch ein Fachwerk ausgesteift.Der Bewegungsantrieb der Tore wird von Hand bedient.Für die Wahl dieser Betriebsart war maßgebend, daß der derzeitigeSchiffsverkehr auf der Weser nicht so stark ist, alsdaß er durch Handbetrieb nicht bewältigt werden könnte.Ferner war von Einfluß, daß ein derartig großes Bauwerkdoch ständig vier Mann für Bedienung <strong>und</strong> Unterhaltung erfordert.Endlich stand zur Zeit der Bauausführung der Schleusenoch nicht fest, ob neben dem Wehre ein Kraftwerk errichtetwerden würde. »Die Bewegung der Tore erfolgt durch eine Zahnstange,die <strong>mit</strong> Hilfe eines Drehtellers durch (abnehmbare) Tummelbäumebewegt wird. Sind die Tummelbäume aus den Drehtellemherausgenommen, so ragen keinerlei Teile über Flurder Häupter. Zur Verminderung der Reibung hat das Halslagerein Bollenlager erhalten. Die Bewegungseinrichtungensind so außgebUdet, daß sich ein motorischer Antrieb ohneMühe einbauen I&BtDie Tore haben ohne Laufsteg eine Höhe von 9,40 m<strong>und</strong> eine — gerade gemessene — Länge je Flügel von6,837 m. Sämtliche drei Tore haben in der Hauptsache diegleichen Abmessungen erhalten, um die Beschaffung vonErsatzteilen KU erleichtem. Das Eisengewicht eines Torflügelsbeträgt 15 t. Der Qesamt|>reis sämtlicher drei Torpaarebeliel sich auf 38742 Mark.Die zur Ausführung gelangte Torart ist auf Gr<strong>und</strong> einesAngebots der Firma Aug. Elönne-Dortm<strong>und</strong> gewählt worden,welche zu dem bauseitig entworfenen <strong>und</strong> ausgeschriebenenTore (nach dem Vorbilde des Dortm<strong>und</strong>-Ems-Kanals) einGegenangebot einreichte. Der Einheitspreis war für die gewählteBauweise <strong>mit</strong> 360 M/t um 120 M/t niedriger, als dasveranschlagte Tot.Die Tore haben sich im allgemeinen bewährt, nur habensich die Schrägen als zu schwach gegen Schiffsstöße gezeigt.Die Umlaufschützen.Füllung <strong>und</strong> Entleerung der Schleiise erfolgen ausschließlichdurch Umläufe. Bei der bedeutenden Größe derSchleuse mußten die Umläufe große Abmessungen erhalten(8 qm je Umlauf). Da für die Schützbewegung nur Handantriebzugelassen war, erforderte das Schütz eine blondereBauweise, zumal <strong>mit</strong> einem vorübergehend vorhandenen Höchstgefällevon 5,70 m gerechnet werden mußte. Anderseitswar in Rück<strong>sie</strong>ht auf die nicht feste Kammersohle eine längereFüllungsdauer <strong>und</strong> <strong>mit</strong>hin eine längere Zeit zum Heben desSchützes zulässig.Das Schütz -(Abb. 37 <strong>und</strong> 38) ist als Schwimmkörperausgebildet. Es besteht aus einem Rahmen aus ~u-EisenN.-P. 20, der an den Enden auf 120 mm eingezogen ist,<strong>und</strong> den beiden Blechwänden von je 6 mm Stärke, Letzterewerden durch C-Eisen N.-P. 20 auegesteift. Zur Verminderungder Reibungswiderstände wurde die Dichtung nach oberstromgelegt <strong>und</strong> keilförmig ausgebildet, so daß die Dichtung nurin der tiefsten Stellung vorhanden ist. Weiterhin wurdendie BewegungBwiderstände nach dem Vorbilde der Stonej-Abb. 37.' Schützen, Längenschnitt <strong>und</strong> Abb. 38. Soliützen, Querschnitt.Ansicht vom Ober<strong>was</strong>ser. M. 1:100.


382 F. W, Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden.schützen 1) dadurch vermindert, daß sich das Schütz aufeinem Rollen Schlitten bewegt. Dieser wurde als Eugelstabausgebildet. Der Stab rollt sowohl am Rahmen wie amSchütz <strong>und</strong> legt so<strong>mit</strong> nur den halben "Weg des Schützeszurück. Die Zapfen- <strong>und</strong> Eollenreibung gewöhnlicher Schützenwurde hier so<strong>mit</strong> durch rollende Reibung allein ersetzt(Abb. 39).Der ßoUenstab liegt nach dem Unter<strong>was</strong>ser zu. Erbesteht aus zwei <strong>mit</strong>einander verb<strong>und</strong>enen Flacheisen, zwischendenen sich Abstandhalter aus Botguß befinden. In diesenlaufen die Kugeln, die einen Durchmesser von 60 mm haben<strong>und</strong> aus gehärtetem Stahl bestehen, auf Stahlrinnen, derenHalbmesser gleich Ys ^^^ Kugeldurchmessers ist.3000 I.W,Abb. 39.Eugelstab des Umlauf Schutzes.Nach längerem Betriebe zeigte es sich, daßsich die Kugeln in die Rollenbahneneinfraßen, so daß schließlich der ^Stab zum Gleiten auf der Rollenemrti'^ 6'xi"Abb. 40. Ersatz des Kugelstabesdurch einen EoUenstab.M. 1:60.bahn kam, wodurch die Widerstände beim Bewegen derSchützen ßo groß wurden, daß <strong>sie</strong> <strong>mit</strong> dem Handwindwerknicht mehr überw<strong>und</strong>en werden konnten. Die Kugeln wurdendaher allmählich herausgenommen <strong>und</strong> durch Stahlrollenersetzt. Da diese eine größere Auflagerung haben, so ergibtsich ein geringerer Fläehendruck, so daß ein Einfressen nichtmehr zu erwarten sein dürfte (Abb. 40).Die beiden EoUenstäbe eines Schützes sind zwangläufiggeführt Ihr'Antrieb sitzt <strong>mit</strong> jenem des Äufziehgestängesfür das Schütz selbst auf einer gemeinsamen Welle. Durchein Kegelrädergetriebe ist die wagerechte Welle <strong>mit</strong> einersenkrechten Terb<strong>und</strong>en, auf deren oberem Ende ein selbsthemmendesSchneckenpaar sitzt. Die Antriebschnecke diesesPaares sitzt auf gemeinsamer Welle <strong>mit</strong> einem Kegelrade,welches durch eine weitere senkrechte Welle angetriebenwird. Diese führt nach einem in Flurhöhe angebrachtenDrehteller, der <strong>mit</strong> Hilfe von Tummelbäumen, wie bei denToren, bewegt wird.Das Schlitz wird von einem Arbeiter in knapp 11 Minnutenbei einem Kraftaixfwande von 17,4 kg geöffnet.Die Bewegungseinrichtungen sind auch hier so angeordnet,daß sich elektrischer Antrieb leicht einbauen läßt.1) Handbuch der Ingenieurwiaaensohaften, 4. Auflage, 3, Teil,Vm, Band, Seite 273 u. 274.Das Schütz ist gleichfalls von der Firma Aug. Klönne-Dortm<strong>und</strong> entworfen <strong>und</strong> ausgeführt worden. Die Kosteneines Schützes betrugen rd. 3500 Mark. Abgesehen von denKugelstäben, haben sich diese Schützen im Betriebe bewährt.Die Eammerwand.Die 9,15 m (über Schleusenaohle gemessen) hohe Kammerwandist aus Eisenbeton als Winkelstützwand <strong>mit</strong> Entlastungsbögenausgeführt worden. Die Karamerwand ist imZentralbl. der Bauverw. 1914 Seite 233 beschrieben worden.Es genügen hier daher einige Ergänzungen.Die Stärke der Kammerwand beträgt unterhalb des Entlastungabogens50 cm <strong>und</strong> verjüngt sich nach oben auf 40 cm.Um die Standeicherheit zu erhöhen <strong>und</strong> um eine Verengungdes Schleusenquerschnitts im Falle eines Durchbiegens derWand zu vermeiden, hat die Kammerwand einen Anzug von50 cm erhalten. Diese Maßnahme ist indessen nicht unbedenklich.Es ist vorgekommen, daß kleinere Fahrzeuge,die nebeneinander lagen, beim Ablassen des Wassers sichfestklemmten <strong>und</strong> aufhängten, so daß <strong>sie</strong> beschädigt wurden.Empfehlenswerter ist es deshalb, Schleusen wänden aus Eisenbeton,die eine größere Elastizität als massive Kammerwändebesitzen, einen um wenige Zentimeter größeren Abstand voneinanderzu geben, als die vorgeschriebene Lichtweite der Schleusebeträgt Die Stärke der Rippen beträgt 40 cm, jene jlerEntlastungsbögen, sowie die Scheitelstärke der Sohlengewölbe30 cm. Zum Schütz gegen Unterspülung hat die Wand hinterder Sp<strong>und</strong>wand eine 40 cm tiefe Betonschürzo erhalten.Die Wärmeausdehnungsfugen wurden in den Feld<strong>mit</strong>tenangeordnet. Infolgedessen mußten die Entlastungs- <strong>und</strong> dieSohlengewölbe in den Feldern, in welchen Ausdehnungsfugenliegen, als Dreigelenkbogen ausgebildet werden. DieSchiffshalteringe wurden an den Stellen angebracht, wo sichRippen befinden, um die Kammerwand tunlichst wenig zuschwächen.Die Kosten für 1 lfd. m Kammerwand (einer Seite) betrugeneinschließlich Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkung <strong>und</strong> Lieferungder Baustoffe, jedoch ohne Erdaushub <strong>und</strong> Kieslieferung,595,30 Mark.Die Kamraersohle.Die Sohle der Schleusenkammer ist <strong>mit</strong> einer 40 cmstarken Tonschicht, die im Trockenen (Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkung)eingebracht <strong>und</strong> gestampft wurde, abgedeckt worden. DieBauweise ist in dem zuletztgenannten Aufsatze im Zentralbl,der Bauverw. eingehend beschrieben worden, so daß hier einHinweis auf jene Veröffentlichung genügt.Auch Tor- <strong>und</strong> Sturzbett sind in dem genanntenAufsatze beschrieben worden. .Bauausführung. Baukosten.Der Bau der Schleuse ist im Schutze einer Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkungausgeführt worden. Nachdem der Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serstandin der Schleusenbaugrube für die Erdausschaohtungdurch Pumpen von Tage bereits et<strong>was</strong> abgesenkt worden war,konnte die Gr<strong>und</strong><strong>was</strong>serabsenkungsanlage für die eigentlichenBauarbeiten so tief verlegt werden, daß eine einzige Staffelgenügte. Die Betonarbeiten begannen im Jahre 1909 <strong>und</strong>wurden bis auf Restarbeiten im Jahre 1910 beendet. Tore<strong>und</strong> Schützen konnten daher erst 1910 aufgestellt werden.


F. W. Schmidt, Die Stauanlage in der "Weser bei Dörverden. 383Der gesamte Sehleusenbau fand im Schutze eines rings umdie Baugrube gezogenen Erddammes statt. Diese Sicherheitsmaßnahmewar erforderlich, weil die Schleusenaulage imÜberschwemmungsgebiete der Weser liegt.Die Ausführung der Häupter <strong>und</strong> Kammerwände warder Firma Windschild u. Langelott-Dresden (OberingenieurKöhler, Ingenieur Mathes) übertragen, jene der Tore <strong>und</strong>Schützen der Firma Aug. Klönne-Dortm<strong>und</strong> (IngenieurEinbeck). Die Kammersohle wurde durch die FirmaW. F. K. Lehmann-Hannover hergestellt.c) Die Brücken.Über den Schleusenoberkanal führen zwei Brücken, eineeiserne Fahrwegbrücke von 51 m Stützweite <strong>und</strong> 5,50 mNutzbroite <strong>und</strong> eine Eisenbeton-Fußgängerbrücke von 58 mSpannweite <strong>und</strong> 2 m Nutzbreite. Die Brücken wurden vordem Aushube des Schleusenkanals ausgeführt, um einfachereÄufstellungsgorüste zu erhalten <strong>und</strong> die Erdarbeiten nicht zubehindern.Die Fahrwogbrücke bietet wenig Bemerkenswertes.Die Fußgängerbrücke.Die in der Nähe der Wehr- <strong>und</strong> Kraftanlage erbauteEisenbeton-Fußgängerbrücke (Abb. 41 bis 46) weist bei 58 mStützweite eine Pfeilhöho von 5,80 m auf, das Pfeilverhältnisist so<strong>mit</strong> 1:10. Die untere Leibung ist als Ellipse <strong>mit</strong> Halbachsenvon 27,50 <strong>und</strong> 5,10 m ausgebildet. Um eine möglichstgeringe Pfeiihohe zu erhalten, sind die Geländerbrüstungen(25 cm breit) so ausgebildet worden, daß <strong>sie</strong> wie Hauptträgereiner Eisenkonstruktion <strong>mit</strong> zur Aufnahme dör Kräfte dienen.Die Brücke ist als Dreigelenkbogen ausgebildet. Das(eiserne) Scheitelgelenk liegt im Schwerpunkte des durch&ewölbe <strong>und</strong> Geländer gebildeten Querschnittes. Da derSchwerpunkt 45 cm über der unteren Leibung liegt, dieScheitelstärke des Gewölbes jedoch nur 35 cm beträgt, somußte das Scheitelgelenk in den Geländern angeordnet werden.Zur gleichmäßigen Übertragung des Horizontalsehubes aufden Gesamt Querschnitt wurde es daher erforderlich, beiderseitsder eigentlichen Gelenkkörper senkrechte <strong>und</strong> hinterdiesen wagerechto Verteilungsträger anzuordnen. Die Kärapfergelenkesind in Granit <strong>mit</strong> 2,60 bzw. 2,90 m Halbmesserausgebildet worden.Die gedrückte Form des Bogens <strong>und</strong> die elliptischeAusbildung der unteren Leibun gslinie bedingen, daß dieStützlinie nicht nur den Kern, sondern sogar das Gewölbeverläßt. Der gefährliche Querschnitt liegt in 18 m Entfernung'j.^'^^_\%^^::::--j^Ji&sr-,*m 1 Abb. 41. Widerlager.ikKiüü.. M. 1:300.•OIIKI^CIM:!!WliM-'i^^^^lil i^jtgj!^^^s^Ss&il^.^K^^'^^^^^^^'Abb. 43. Widerlager <strong>mit</strong> Verankerung. M. 1:100.äN''t5|l.^..tllH.Abb. 42. Schnitt durch das Widerlager. M. 1:150.''JAbb. 44. Zuganker,bei Bekstnug dernegativen Beitrag'streeke <strong>und</strong> Barücksicbtiguugder Eiseuoiiilageoim Druckqnetschnitt,M. 1:100.Abb, 45. GefährUcher Querschnitt.Abb. 41 bis 46. Fußgängerbrücke.Abb. 46. Lehrgerüst.


384 F, W. Schmidt, Die Stauanlage in der Weser bei Dörverden.vom Scheitel. Die Hauptzugspannungen treten in der oberenGeländerbrüstung auf (Abb. 45). Zur Aufnahme der Querkräftedienen so-wohl senkrechte, -wie unter 45*^ zur Wagerectvtengeneigte, nach der Bogen<strong>mit</strong>te abfallende Eiaenanlagen-In den Querschnitten in der Nähe des Scheitels ist die Gefahrder Zeretörupg des Betons durch Scherkräfte besonders groß.Die senkrechten Scherbügel wurden daher an diesen Stellenbesonders eng gelegt. Außerdem sind auf eine Länge von12 m beiderseits des Scheitels senkrecht zu den erwähntenschrägen Einlagen weitere schräge Bügel verlegt worden.Zur Ablieferung der Zugkräfte sind die Geländereisenbis nach den Kämpfergelenken hingeführt •worden. Sie verlaufenan der äußeren Kante der ausgekragten Bogenenden.Diese wurden als Kragarme ausgebildet, da<strong>mit</strong> die StätzliDiean den Kämpfergelenken infolge des dem Gewölbeschubeentgegenarbeitenden Gewichts des Kragarmes möglichst senkrechtverläuft. Hierdurch war es möglich, <strong>mit</strong> geringenWiderlagsinassen auszukommen (6,85 m Tiefe bei 5 m Breite;größte Bodenpressung = 2,7 kg/qcm).Die an der oberen Fläche des Kragarmes auftretendenZugbeanspruchungen werden durch die durchgeführten Hauptzugeisen,die vom eigentlichen Bogen her keine Beanspruchungenmehr erhalten, aufgenommen. Ala nicht ausreichend erwiessich dagegen die Bewehrung des Kragarmes gegen Scherkräfte,zumal die senkrechten <strong>und</strong> schrägen Scherbügel nur wenigüber die Kämpferpunkte hinauareichen. Es zeigten sich dahernach Ausschalung der Brücke in den Arbeitafugen derKragarme zwischen den einzelnen Tagesschicliten des Betonswagerechte Bisse. Um diese unschädlich zu machen, wurdeunterhalb des Kämpfergelenkes <strong>und</strong> in der oberen Leibungdes Gewölbes je ein durchgehender eiserner Träger angebracht.Beide Träger wurden durch kräftige Zuganker (90 mm Durchmesser)<strong>mit</strong>einander verbünden. Das Geländer selbst wurdedurch eiserne Bügel <strong>mit</strong> dem oberen Träger bzw, der Zugstangeverb<strong>und</strong>en (Abb. 42 u. 43).Zur Erhöhung der Standsicherheit, insbesondere gegenWinddruck, erhielt das Gewölbe — im Querschnitt gesehen —nach unten einen Anzug; die an der oberen Leibung vorhandeneBreite von 2,50 m wird allmählich bis auf 4 ra vergrößert.Die Ausbildung des Lehrgerüstes geht aus Abb, 46hervor. Die Mischungsverhältnisse des Betons schwanktenje nach Größe der Beanspruchungen zwischen 1:3 <strong>und</strong> 1; 6.Um die unvermeidlichen Flecken <strong>und</strong> Zementausblühungenzu verdecken <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> ein gefälligeres Aussehen zu erzielen,erhielt die Brücke einige Jahre nach ihrer Fertigstellungeinen Anstrich <strong>mit</strong> Hartölfarbe.Die Brücke wurde ausgeführt durch die Firma W, F. K.Lehmann - Hannover (Ingenieur Frantz). Die Baukostenbeliefen sich auf 33000 Mark,d) Die Hochbauteß.Außer den bereits erwähnten Hochbauten für die Kraftanlagesind folgende Gebäude errichtet worden: ein Beamtendoppelhaus,zwischen Kanal <strong>und</strong> Wehr gelegen, ein Schleuaenmeisterhaus<strong>und</strong> ein Arbeiterdoppelhaus für zwei MannSchleusenbedienung.4. Anlagen im landwirtsehiiftlichen Belange.a) Die Einlaßschleuse.Durch die Terwallung des Oberkanals (<strong>und</strong> der Schleuse)würde den östlich des Kanals gelegenen Ländereien, diegroßenteils aus Grünland bestehen, dje düngende Überströmungdurch Hoch<strong>was</strong>ser entzogen werden. Ee mußte daher einErsatz durch Anlage einer Einlaßschleuse in der östlichenYerwallung geschaffen werden. Das durch diese fließendeWeser<strong>was</strong>ser wird durch einen Zuleitungsgraben bis nachdem Dorfe Stedorf hingeleitet <strong>und</strong> auf diese Weise gleichmäßigüber die gesamte Fläche zwischen Kanal <strong>und</strong> Winterdeichverteilt. Die Einlaßschleuse dient gleichzeitig denZwecken der im Anschluß an den Bau der Stauanlage gegründetenDörverden - Stedorf - Geestefelder Meliorationsgenossenschaft,deren Gebiet eine Fläche von 2t3 ha umfaßt.Durch die Einlaßschleuse werden dem Meliorationsgebiete fürdie Sommeranfeuchtung 5 sl/ha, für die WinterbewässerungCOsl/ha zugeführt, <strong>mit</strong>hin im ganzen im Sommer l,065cbm/Sek,,im Winter 12,80 cbm/Sek. Die Binlaßschleuse hat dreiÖffnungen von je 1,70 m Breite <strong>und</strong> 2 m <strong>mit</strong>tlerer Höhe.Sie ist aus Stampfbeton <strong>mit</strong> Klinker Verblendung hergestellt<strong>und</strong> zwischen Sp<strong>und</strong>wänden gegründet. Die Öffnungen werdendurch EoUschützen verschlossen,b) Zuführung von Tränke<strong>was</strong>sor.Durch die westliche Verwallung ist ein Zementrohr von1 m Durchmesser geführt. Ea hat den Zweck, dem GuteLohof Wasser für Meliorationszwecke zuzuführen <strong>und</strong> gleichzeitigden an den Kanal stoßenden Weidegmndstücken Tränke<strong>was</strong>serzu liefern. Eine gleiche Einrichtung ist für dieGr<strong>und</strong>stücke, die östlich an den Kanal grenzen j durch Anlageeines Eohres neben der Einlaßsehleuae geschaffen worden.5. Zasammenstellnliig der Bankosten, Banleltnng*Bis zum Schlüsse des Rechnungsjahres 1917 stellensich die Gesamtkosten wie folgt (rückständig waren noch einTeil der Nutzungsentschädigung <strong>und</strong> kleinere Verbesaerungen)sowie die maschinelle Einrichtung der Fiselisohleuse):1. Gr<strong>und</strong>erwerb <strong>und</strong> Nutzungsentsehädigung,einschl. Zuleiter zum Stedorf-GeestefelderHeliorationsgebiet 608 000 M.2. Wehr ohneEiaenkonstruktion, einsohl. Fischpaßanlagen772 000 „Wehr, Eisenkonstruktion384 000 ^3. Schleusenkanäle, einschl.Einlaßschleusen.Abtragung des alten Magelser Winterdeiches 591 000 „Fahrwegbrücke 71000 „Fußgängerbrücke 33 000 „4. Schiffahrtschleuse, ohne Tote <strong>und</strong>Schützen .1018 000 „Schiffahrtschleuse, Tore <strong>und</strong> Schützen . .- 66 000 „5. Turbinenpfeiler, ohne Maschinenanlage . 688 000 „6. Hochbau für Wasser- <strong>und</strong> Dampfkraftwerk 579 000 ^7. Sonstige Hochbauten 68 000 „8. Insgemein <strong>und</strong> Bauleitung . . . . 360000 „Im ganzen 6 228 000 M.Die grämte Anlage gehört zum Geschäftsbereiche derfrüherenWeserstrombauverwaltungQetztWasflerstraßendirektionHannover), derdamals Wasserbaudirektor Xi;.'3ftts.E.h.Muttrayvorstand, Eeferent war Regierungs- <strong>und</strong> Baurat GoUermann.Oberleitung der Entwurfsbearbeitung <strong>und</strong> Bauausführunglag dem damaligen Yorstande des Wasserbauamts Hoya,jetzigen Oberbaurat Geisse ob, bis diesOT (Mitte 1913) an dieWeaerstrombauverwaltung versetzt wurde.Entwurfsbearbeitung <strong>und</strong> Bauleitung waren dem Terfasserübertragen. Die Bauleitung wurde später (1913) inein selbständiges Neubauamt umgewandeli


F. Rathgea, Über Versuche <strong>mit</strong> Steinschutz<strong>mit</strong>teln. 385Über Tersuehe <strong>mit</strong> Stoinschutzmltteltt.TIL Mitteilung.!)Von Prof. Dr. F. Eathgen, Chemiker bei den Staatlichen Museen in Berlin.Sandsteine.Auch nach der Auslage von insgesamt zwölf Jahren sinddie fluatierten Steine durchgebends dunkler, die <strong>mit</strong>Szerelmeybehandelten durchgehends heller als die unbehandelten.Die Vetwitterungszahlen, d. h. der Gewichtsverlust inGramm für m^Fläche, haben sich nach der letzten zweijährigenAuslage &o wenig verändert, daß ich wohl von einer Wiedergabeder Zahlentabellen absehen kann. Bei dem vierten Teilaller Gruppen sind nämlich die Zahlen dieselben wie nachder zehnjährigen Auslage, bei einem weiteren Viertel differieren<strong>sie</strong> nur um 1 <strong>und</strong> sonst meistens um 2 oder 3,.<strong>und</strong>ausnahmsweise um 4 bis 7. In Anbetracht dieser geringfügigenÄnderungen scheint es mir gegeben, von jetzt abdiese Sandsteinproben während eines längeren Zeitraumes derVerwitterung auszusetzen <strong>und</strong> <strong>sie</strong> erst nach acht Jahrenwieder aufzunehmen <strong>und</strong> zu untersuchen; liann werden <strong>sie</strong>also insgesamt 20 Jahre ausgelegen haben.Kalksteine.unbehandelte <strong>und</strong> getränkte Steäne sind im Aussehennicht zu unterscheiden.Die Verwitterungszahlen sind hier, wie es schon nachder ersten zweijährigen Auslage zutage trat, im Verhältniszu den Gewiohtszahlen der aufgenommenen Tränkungsstoffesehr groß, diese betrugen im niedrigsten Fall 5, im Höchstfall61 g für m^yiäche, während die jetzt berechneten Verwitterungszahlenzwischen 819 <strong>und</strong> 1198 g für m*Flächeschwanken (vgl. Spalte 5 <strong>und</strong> S^^ der Tabelle). Bei demHardheimer besteht kaum ein Unterschied zwischen unbehandelten<strong>und</strong> fluatierten <strong>und</strong> zaponierten Stücken; Testalinzeigt noch eine gewisse, Szereimey eine größere Schutzwirkung.Bei dem Kirchheimer wirkt die Fluatierung ungünstig;testalinierte <strong>und</strong> zaponierte Stücke verhalten sichnicht anders als unbehandelte, Szerelmey ergibt ein et<strong>was</strong>günstigeres Bild. Bei dem Krenzheimer weisen die zaponiertenStucke die größte Verwitterung auf, die <strong>mit</strong> Doppelfluatbehandelten sind et<strong>was</strong> stärker verwittert als die unbehandelten,Magnesiumfluat hat einen geringen, Testalin einenet<strong>was</strong> größeren <strong>und</strong> Szerelmey einen,noch größeren SchutzbewirktMarmor*Einen Unterschied im Aussehen der unbehandelten <strong>und</strong>der <strong>mit</strong> Steinschutz<strong>mit</strong>teln versehenen Stücke be8teht| beikeiner MarmorariDie Verwitterungszahl^ sind hier im Verhältnis zu denGewichtszahlen der aufgenommenen Tränkungs<strong>mit</strong>tel meistensnoch größer als bei den Kalksteinen. Mit der alleinigenAusnahme des Bienenwachses scheinen alle anderen Stein-1) Biese VerSSenÜxchüDg schließt sich der VI. Mitteilui^ von1920, 267—272 an.SMtsohrift f. BavmHn. ?a. JOag^(Alle Rechte rorbelialten.)Schutz<strong>mit</strong>tel dem Marmor nur schädlich zu sein, aber auchbei jenem wird natürlich <strong>mit</strong> der Länge der Auslage derEinfluß auf den Marmor immer geringer <strong>und</strong> voraussichtlichnach weiteren zwei oder vier Jahren gar nicht mehr festzustellensein, ea verbleibt soaack bei der Fordenmg, dieWachsbehandlung unserer Marmordenkmäler möglichst häufig,etwa alle zwei Jahre, vorzunehmen. Auffällig ist die Tatsache,daß bei allen vier Marmorsorten das Magnesiumfluatungünstiger wirkt als das Doppelfluat, welcher Unterschiedbei den Kalksteinen nicht zu bemerken ist. Der <strong>mit</strong> Szerelmeybehandelte Carraramarmor ist — wie alle Stücke der dreianderen Marmorarten — zwei Jahre später ausgelegt; seineVerwitterungszahl nach zehnjähriger Auslage ist kaum geringerals die des imbehandelten, bei dem <strong>mit</strong> Szerelmey behandeltenLaaser ist <strong>sie</strong> et<strong>was</strong> niedriger, bei den ensprechendenStücken des Priebomer <strong>und</strong> pentelischen sogar höher, ala dieder unbehandelten Stücke; bei dem Priebomer ist der Vergleichwohl nicht ganz statthaft, die verhältnismäßig niedrigeVerwitterungszahl der unbehandelten Stücke deutet auf denUmstand, daß zufällig unter diesen vier Stücken besondersgute vorhanden sind. 2)Ich beabsichtige von jetzt ab auch die Kalksteine <strong>und</strong>Marmorarten ebenfalls ununterbrochen acht bis zehn Jahreder Verwitterung auszusetzen, trotzdem hier im Gegensatzzu den Sandsteinen die jährliche Gewichtsabnahme- eine sobeträchtliche ist Zu diesem Entschluß, bin ich gekommennicht nur, um die Teilung zwischen den von Anfang an stetsgleichzeitig ausgelegten Stücken zu vermeiden, sondern vor<strong>allem</strong> aua dem zwingenden Gr<strong>und</strong>e der Knappheit der mirnoch für diese Versuche zur Verfügung stehenden Geld<strong>mit</strong>tel,da die jeweilige Aufnahme nach zwei Jahren, die Untersuchung<strong>und</strong> das Wiederauslegen eben <strong>mit</strong> großen Ausgabenverknüpft sind. Die jetzt bei allen Steinproben in Erscheinungtretende Gleichmäßigkeit in den letztiährigen Verwitterungsergebnißsen,seien die Zahlen nun minimal bei demSandstein, seien <strong>sie</strong> nun groß bei dem Kalkstein <strong>und</strong> Marmor,führen eigentlich schon heute zu dem Schluß, daß die Wirksamkeitder Steinschutz<strong>mit</strong>tel bei diesen kleinen Proben,die durch die Atmosphärilien ja ganz außerordentlich beanspruchtwerden, allmählich ganz verschwindet Ein vollständigesBild wird erst gewonnen werden, wenn auch die im73, Jahrg. (1913) S. 82 erwähnten Großversuche eine längereBeobachtungszeit hinter <strong>sie</strong>h haben.2) Das geht ans den GewiohtsTerlasten der einzelnen 8tücttehervor, der bei ihnen 3t90 5,77 5,12 <strong>und</strong> 3,54 beträgt; zieht mannur die stark verwitterten beiden Stücke in Betracht, so berechnetsich die Verwitterungszahl auf Ö36 (statt 792). Auch bei den anderenGruppen des Priebomer sind bei den einzelnen Stücken größereTJntei;^chiede za bemerken, aber doch nicht in dem MaSe wie beiden unbehandelten.51


386 Karl Hiorth, Wärnietechnischc Versuche in Drontheim.B*)8'8*-8^8^ S^-S* 8« 8^-8« 8"gtO.Hg,0gi2_i88'35*)8^8*-8'8* 8«-8* 8-^8"-8^8«8">.8«g.oMt)DTZSMDTZsMDTZSMDTZBKS5135115261351123u171217612121471111491541511341469815915716214714810818918119617118714180ICO104787945828419220820119121614917918418417916613922625223923224117913421219313315391151172341362352325362247838341346326314247415433435393428320214312297211232136233256Hardheimer2302292212272322C0571591578552594447Hl148U7113145140Kirchheimer191196202191307182529537548517521429130132125130128127Krcnzheimer24524226023927021820424921419923218222516166067560563a698538Carrara41856151141046431845841715t14215015216714914418316817510316118316071273472069573058765966007364 76405568118178457848656875627446795856574796415771401471461421451401301311241301371271511411401Ö2166149143183167174193160182121852886866837884727789800797V77776683962958994936103183670592784675985063982369815213413714914515111513313313513213616315617415416715813515814616318116618410041020100398610298789049339309129088191125111411681090119884010859929ä210318051007M+)DTZSBKMDTZsBKMDTZSEK3212992 .32129923213991829489798577638392134141106:038169977910192798575618310311211610310910195103176245231246224195185222145179160144149145125147185206205182194178158186268379372352327276254319224280252223234220186230Laaser8692898889858592271298294270283263243278Prieborner172223188221109204106205440602560573526480450524Peiitellseher120153186138138138130121353433888361372358316351869180878884859117222218722019920319620512815213613813813713012035738938335737134732836961282474779372568364672948158552449951049544647199112979910397939318018117822219919921320412715115215815415414617245650148045647444442146279210359251015924882859933608736676657664649592643*) Spalte 5 enthält die Gewichte an aufgenommenom Steinschntzüiittol, nndzwar in Gramm für m^Fülche, Spalte 8" den Gewichtsvorlust, obenfRlls in Grammfür m^FlRcho nach 'i Jahren, S* nafh 4 Jnhron usw., 8*-^ igt dot Üewichtsverlast im3. <strong>und</strong> 4, Jahre, 8^-* im 6. and 6. .fahre usw.t) M = Mainesiumfluflt, D = DoppeSfluat, T = Testalin, Z -- Zapon,S = Szerelmey, B = Bienenwaehs. K = Karnauhawachs.Näheres darüber <strong>sie</strong>he in den früheren Mitteilungen I, D, IV <strong>und</strong> VI inBaod 60, 63, CG <strong>und</strong> 70 dieser Zeiucbrift.Wärmetedinische Versuche In Drontheim.Nach einem Vortrage des Professors Ändr. Bugge in Drontheim, aus dem Norwegischen übersetzt <strong>und</strong> bearbeitetvon Prof. Karl Hiorth in Frankfurt a. d. 0.(Alle Beohte vorbehalten.)Abb, 1. Anlage der Tersuohshäuser in Drontheim.Einleitung.In Norwegen hat man auf Veranlassung des ProfessorsÄndr. Bugge von der Technischen Hochschule zu Drontheimeine Reihe sehr bedeutender Versuche durchgeführt zur Feststellungder wärme wirtschaftliehen Eigenschaften verschiedensterWandkonstrüktionen in Wohnhäusern. Die wichtigstenErgebnisse dieser Versuche wurden von Bugge in einemVortrage niedergelegt, der hier<strong>mit</strong> der deutschen Technikerweltüber<strong>mit</strong>telt wird.•'Als am 6. November 1917 dem norwegischen Sozialministeriumvon Prof. Bugge vorgeschlagen wurde, einigeHäuser für wärmetechnische Versuche aufzuführen, hob erhervor, daß sowohl als Folge „der Eigenheimbewegung wie auchwogen der steigenden Preise der Baustoffe die Anforderungen


Karl Hiorth, Wärmetechnische Versuche in Drontheim. 387an einfache <strong>und</strong> gleichzeitig- demZwecke entspreche^nde Ausführungsartenfür Hausbau mehr <strong>und</strong> mehr inden Vordergr<strong>und</strong> getreten sind". Weitersprach er ans, daß eine Mehrheit 9af^der neueren Baustoffe <strong>und</strong> Wandbauweisen,die auf den Markt gebrachtworden sind, brauchbarsind <strong>und</strong> billigere Häuser als bisherschafFea helfen werden, aberes sei nicht sicher, daß einTeil dieser neuenBau<strong>mit</strong>tcl, welchefür mildere klimatische Verhältnisseals die norwegischen gedachtseien, sich ohne weiteres für dieseklimatischen Verhältnisse eignen<strong>und</strong> in größerer Ausdehnungeingeführt werden könnten.Es müssen in Norwegenbesondere <strong>und</strong> weit größereAnforderungen an die Gütedes Baustoffes <strong>und</strong> der Wandkonstruktiongestellt werden WutüWfeals in anderen Ländern.Sogar innerhalb des eigenen Xihn.Landes werden diese Anforderungenoft sehr verschieden ausfallen.Weiter führte er in dem eingangs |erwähnten Vorschlag aus: Es wirddeshalb wichtig sein, daß sowohl dieälteren, benutzten Wandkonstrufctionen,wie die neueren (z. B. Zementhohlstein)gründlich untersucht werden, so daß manihre Isolierfähigkeit <strong>und</strong> Wetterbestandigkeitfeststellen <strong>und</strong> dadurch eine zuverlässigeGr<strong>und</strong>lage für die Beurteilung <strong>und</strong>den Vei^ieieh der einzelnen Konstruktionenerhalten kann.Bei der Beurteilung der Eoaten fürdie Aufführung einer Wand darf man nichtallein die augenblickliche Anlage berücksichtigen,sondern das Haus im Gebrauchmuß betrachtet werden, <strong>und</strong> hier spieltdie Wetterbeständigkeit <strong>und</strong> die wärmeisolierendeFähigkeit der Wand — Baustoffwie Bauweise — eine wichtige Rolle,Weiter machte er darauf aufmerksam,<strong>und</strong> es wäre wünschenswertdies festzuBtöllen, ob die hand- jy^j^j^^^gcm.werkmäßJgeAusführungs weise, beispielsweisevon Hoblmauern, einen Einflufiauf die isolierende Fähigkeit derfertigen Wand ausübe.Zum Schlüsse äußerte er: Es sindso<strong>mit</strong> eine Reihe Fragen, die bei diesenUntersuchungen in Betracht kommenmüssen, die die Wandkonstruktion selbstwie d^ Baustoff <strong>und</strong> die handwerksmäßigeAusführung betreffen.jUriüiappe'iSleaisäietSilsmSogm6


388 Karl Hiorth, Wänneteohnische Yersuche in Drontheim.vanger Zementwarenfabrik, A. - ö., aber hauptsächlich derAktiengesellschaft Lean in Stockholm. Die Häuser sind nachdem Plan Bugges errichtet •worden, während der Professorfür Physik an der Technischen Hochschule Sem Saeland die•wärmetechnischen Messungen geleitet hat.Inj Mai 1919 begann der Bau. Im Dezember 1919waren 22 der Häuser fertig zum Heizen. Die Häuser XXIII<strong>und</strong> XXIT wurden im November 1920 fertig. Die Messungenin den fertigen Häusern begannen im Spätherbst 1919.In jedem Hause ist ein elektrischer Ofen aufgestellt, wo<strong>mit</strong>der Baum bis auf 40 •* C über die Temperatur der Außenlufterwärmt wird., Jeder Ofen kann reguliert werden für einen Verbrauchvon 500, 1000 oder 2000 "Watt. Die Energiezufuhrim Ofen ist <strong>mit</strong> Hilfe eines Thermoreglers selbsttätigeinstellbar, so daß die Temperatur durch einen längeren Zeitraumunveränderlich auf genau derselben Höhe in sämtlichenHäusern gehalten werden kann. Der Stromverbrauchin jedem einzelnen Haus© wird dabei <strong>mit</strong> Hilfe eines Wattst<strong>und</strong>enzählersgemessen. Auch die Feuchtigkeitsverhältniase— sowphl im Hause <strong>und</strong> in den Hohlräumen der Wändewie auch die äußeren meteorologischen Verhältnisse werdenbeobachtet. Die letzteren sind genau gleich für alle Häuser.Die erwähnten Messungen werden so<strong>mit</strong> relative Wertefür die wärmeabschließende ^Fähigkeit der einzelnen Hausartengeben <strong>und</strong> zwar unter Verhältnissen, die denen in einemwirkliehen Hause möglichst nahe entsprechen.Auf der Gr<strong>und</strong>lage, der Messungen <strong>und</strong> sonstigen Beobachtungenwird man entscheiden können, welche der geprüftenWandkonstruktionen für die verschiedenen TeileNorwegens am besten passen. Die Versuche werdenauch auf andere Wandkonstruktionen <strong>und</strong> Baustoffkombinationeniais die jetzt in Norwegen gebräuchlichenhinweisen. Hierbei muß man nicht allein an diein technischer Beziehung besten Baustoffe denken, sondernauch an billige Baustoffe, billiger als die bis jetzt benutzten.Kann dabei eine Ersparnis auch von wenigen vonx H<strong>und</strong>ert inBaukosten erzielt werden, so wird dieses allein, Volkswirt-,schaftlich gesehen, große Beträge darstellen. Können n<strong>und</strong>aneben auch Ausführungsarten nachgewiesen werden, welchedie Wände, ohne die Anlagekosten zu erhöhen, mehr wärmeabschließendmachen, so wird dies in Norwegen, wo dieHäuser den größten Teil des Jahres erwärmt werden, auchgroße Beträge ersparen.Vor einigen Jahren wurden die Geld<strong>mit</strong>tel, die zu Wohnungsbautenin Norwegen verbraucht wurden, zu reichlich40 Kr. jährlich für jeden Einwohner gesetzt, während derBetrag, der für die Erwärmung der Wohnhäuser (also nicht'Gesamtkosten der Feuerung) zu reichlich 60 Kr. auf den Kopfgesetzt wurde. Es ist deshalb einleuchtend, daß nur wenigevH. Ersparnis in Baukosten <strong>und</strong> Brennstoffverbrauch bedeutendeBeträge ausmachen, weshalb vollgiltiger Gr<strong>und</strong> vorhandenist, diese Fragen gründlich zu studieren. Es wirddarauf hingewiesen, daß auch in Norwegen die Baukosten sowiedie Brennstoffkosten in den letzten Jahzen außerordentlichgestiegen sind, so daß möglicherweise jetzt sehr vielhöhere Zahlen eingesetzt werden müßten.Es seien nun <strong>mit</strong> Hinweis auf die Abbildungen dieVersuohshäuser kurz beschrieben.Sie liegen auf der westlichen Seite einer Hochebenesüdlich der Hochschule, so daß <strong>sie</strong> von den südlichen (Abb. 1),westlichen <strong>und</strong> nördlichen Winden ungehindert angegriffenwerden können. Alle Häuser liegen in derselben Richtung(ungefähr Nord-Süd) <strong>und</strong> in 3 m gegenseitiger Entfernung.An den beiden Enden der Häuserreihe ist je ein Schirm aufgestellt,so daß die Häuser alöo alle in der gleichen Weiseder Witterung ausgesetzt sind.Abb. 2 zeigt eine Zeichnung von einem der Versuchshäuser.Diese sind nur in bezug auf die Wandkonstruktionenverschieden, sonst ist alles gleich. Wenn dies nicht der Fallwäre, würde die Gr<strong>und</strong>lage für den geplanten Vergleichunzuverlässig sein. Während der ganzen Bauzeit hatte einzuverlässig <strong>und</strong> gründlieh arbeitender junger Architekt unterder Oberleitung von Prof. Bugge die tägliche Aufsicht Überdie Bauarbeiten. Die Messungsergebnisse zeigen auch, daß-Dach, Balkenlage, Fenster, Turm usw. gleich ausgeführt sind.Die Kurven zeigen, daß Häuser <strong>mit</strong> derselben Wandkonstruktioüpraktisch denselben Stromverbrauch zeigen.Die Häuser messen (im Lichten) 2x2 ni im Gr<strong>und</strong>rißbei 2,25 m Höhe. Es ist ein Fenster vorhanden <strong>mit</strong> festgeschraubtem<strong>und</strong> gedichtetem Rahmen <strong>mit</strong> eingesetztem Doppelfenster.(Die Fuge zwischen Rahmen <strong>und</strong> Flügeln wurde<strong>mit</strong> Papier überklebt.) Es sind eine innere Tür <strong>und</strong> zwei ;$usammengekoppelteäußere Türen vorhanden. Die Türen sind<strong>mit</strong> Sturmwachs abgedichtet. Die erstrebte Dichtigkeit inden Fenstern <strong>und</strong> Türen sämtlicher Häuser ist erreicht.Beide Balkenlagen sind wie in gewöhnlichen Wohnhäusern<strong>mit</strong> Lehmftillung ausgeführt. Unter jedem Hause ist ein2 m hoher Keller <strong>mit</strong> einem Fenster. In der Balkenlage isteine Luke <strong>mit</strong> Leiter als Zugang zum Keller angebracht.Die Gr<strong>und</strong>mauer besteht aus Beton <strong>mit</strong> äußerem Rappputzunter dem Erdreich <strong>und</strong> ist auf der wagerechten Oberfläche<strong>mit</strong> Asphaltpappe isoliert. Der Untergr<strong>und</strong> ist trockengelegt, das Dach ist <strong>mit</strong> Asphaltpappe gedeckt. Innen istdie Decke <strong>mit</strong> Schalung versehen. Für die Zufuhr frischerLuft <strong>und</strong> für Luftabzug sind einstellbare Ventile vorhanden.Es seien nun <strong>mit</strong>tels wagerechter Schnitte durch dieHausecken die verschiedenen Bauweisen der Häuser gezeigt.A. Verauohshäussr aus Steinmaterial.Haus Nr. I (Abb. 3). Gebaut auf Staatskosten. 1^2 SteinVollmauer, wie im südlichen Norwegen meistens Üblich. (Diel^/j Stein*Mauer ist in Norwegen 36 cm stark statt 38 omin Deutschland.)Meistens vrird „gewöhnlich wohlgebrannter*' Ziegel verwendet.In diesem Hause ist jedoch eine äußere Schicht vonhartgebranntem Ziegel angebracht, um das Eindringen derFeuchtigkeit zu verhindern, <strong>und</strong> dahinter <strong>mit</strong>telgebrannteZiegel, um das WärmeleitungsvermOgen der hartgebranntenSteine wieder zu neutrali<strong>sie</strong>ren. Zu sämtlichen Versuchshäusemvon Ziegelmauerwerk sind hartgebrannte <strong>und</strong> <strong>mit</strong>telgebrannteSteine in derselben Weise verwendet worden. DieMehrzahl der gemauerton Häuser sind geprüft sowohl <strong>mit</strong>Eapputz, Paneel <strong>und</strong> Feinputz inwendig. Dies geschah, um festzustellen,welchen isolierenden Einfloß Bapputz, Feinputz <strong>und</strong>Paneel auf die Wand ausüben. In Norwegen ist es üblich, alleMauerwände auf der Innenseite <strong>mit</strong> ^nem Paneel zu versehen,<strong>und</strong> zNrar sowohl bei VoUmaUftm wie bei Hohlmauern. Der


Karl Hiorth, Wärmetechnische Versuche in Drontheim. 389^ Abb, 3.Abb. 4.Abb. 5.Varsuohsitaus Nr. I.Gebaut axif Staatsltosteu.I7g Stein Vollmauer.i=PaiieelSommerl920' angebracht. Paneelentfernt <strong>und</strong> Wand<strong>mit</strong> Feinputz versehen Sommer 1921.^=V, om Putz (l. Aawurf 1 Z., 2 S.; 2. Anwarf1 Z., 2 K., 6 S.).5=Rapputz (Kalkmörtel <strong>mit</strong> */,j, Z.).Versuchshsus Nr. II.. ßebaTit auf Staatskosten.Bergens Hoblmauer, ausgeführtnach Handwerks-^ebrauch. Paneel Sommer1920 angebracht,<strong>und</strong> Wand feingeputztPaneel entferntSommer 1921.2^V„ cm Putz (l.Änwurf 1 Z., 2 S.; 2. Anwurf1 Z 2 K 6 S ^5=ßapputz (kalkinörtel <strong>mit</strong> Vio 2.).VerBucbähaus Nr. III.Gebaut auf Staatskosteo. .Bergens Hohlmauer.Volle Fugen der Kanälegereinigt, zusammenhängenderHauptbanal <strong>mit</strong>Koksgniß Jtt der Höhe derBalkenlage. Paneel Sommer 1920 angebraoht.Paneeleiitforntu.Waadfeing6putztSommerl9212=V2 om Putz (1. Anwurf 1 Z.» 2 S,, 2. Anwarf1 Z., 2 K., 6 S.).5=Rapputz (Kalkmörtel <strong>mit</strong> V^, Z.).Unterschied in der Wärmeachutzfälügkeit von Voll - <strong>und</strong> Hohlmanernkonnte bei der großen Zahl der gemauerten Häuser,von denen sechs aus Hohlmauer^verfc errichtet waren, gutfestgestellt werden.. Haus Nr. II (Abb. 4). Erbaut auf Staatskosten. 1Y^ Stein„Bergens Hohlmauer" <strong>mit</strong> Luftkauälen von ^/^ x ^s Stein.Die Hohlmauer ist, wie in der Präzis Üblich, <strong>mit</strong> teilweiseoffenen Fugen in den Trennungszungen zwischen den Kanälenausgeführt, wodurch diese, in direkter Luftverbindung <strong>mit</strong>einanderstehen. Der Mörtel, der während des Mauerns aufden Boden des Luftkanala herunterfiel, wurde nicht entfernt.Haus Nr. HI (Abb. 5). Auf Staatskosten gebaut. DiesesHaus hat eine ähnliehe Hohlmauer wie das vorige, ist jedochßorgßlltiger gemauert; alle Fugen sind <strong>mit</strong> Mörtel gefüllt, sodaß keine Lüftverbindung zwischen den Kanälen vorhandenist. Außerdem wurde der auf den Kanalboden heruntergefalleneMörtel entfernt. Sonst sind die Häuschen 11 <strong>und</strong> IIIgenau gleich gebaut.Wir werden später sehen, welcher Unterschied in derWärme <strong>und</strong> Feuchtigkeit schützenden Fähiglieit der indiesen beiden Weisen ausgeführten Hohlmauem vorhanden ist.Haus Nr. IT (Abb. 6). IV4 Stein „Trondhjems-Hohlmauer"<strong>mit</strong> 1/4 X 1 Stein Kanälen, welche 1 Stein von derinneren Manerfläche liegen. Alle Fugen gedichtet. Auch derUnterschied in wärmeteehnischer Beziehung zwischen „TrondhjemsHohlmauer" imd „Bergens Hohlmauer" ist ebenfallsdurch die Versuche erwiesen.HausNr.V (Abb.7). IV4 Stein „Trondhjems Hohlmauer".Die Kanäle sind hier 1/3 Stein von der inneren MauerQächegelegt. Häuschen IV <strong>und</strong>, V sonst gleich ausgeführt. Durchdie Messungen wurde festgestellt, daß Nr. IV wärmewirtschaftlichvorteilhafter als Nr. V ist.Haus VI (Abb. 8) <strong>und</strong> Haus VII (Abb. 9), Wird außerin England auch viel in Dänemark benutzt.Beide Häuschen sind auf Staatskosten gebaut. Die englische1 Stein-Hohlmauer wird in England, Holland <strong>und</strong>Dänemark bei niedrigen, aus Erdgeschoß <strong>und</strong> Obergeschoßbestehenden Häusern viel benutzt, aber nur ausnahmsweisein Norwegen verwendet. Zuverlässig ausgeführteGr<strong>und</strong>mauern sind hier nötig, da dag Setzen sehr ungünstigwirkt.Der äußere Teil ist aus Hartbrandstein zum Schutze gegenFeuchtigkeit, der innere Teil aus Mittelbrandstein hergestellt,weil der Mittelbrandstein weniger wärmeleitend ist. Die„englische Hohlmauer" ist in diesen beiden Häuschen wiefolgt ausgeführt;Der äußere Wandteil wird zunächst 5 bis 6 Schichtenhoch aufgeführt <strong>und</strong> dann auf der inneren Seite „gerappt"Abb. 6.Abb. 7.Abb. 8.Varsuohsbaua Nr IV.Gebaut auf Staatskosten.ThrondbjemsHoiilmauer,Die Kanäle gereinigtZusammenhängen der^ - • Hauptkanal. Oefüllt <strong>mit</strong>l4i-5 Kokpgruß. Paneel Sommer1920 angebracht. Paneel entfernt <strong>und</strong>Wand feingeputzt Sommer 1921.l^^UomVxLtz (LAnworf IZ., 28.: 2.AnwurfIZ,, 2K., 6 8.).a=Rapputz (K^mörtel <strong>mit</strong> VioZ.)*VerauohshauB Nr.V.Gebaat auf Staatskosten.Throudhiems Hohlmauer.Die Kanäle gereinigt.^j, ^ Zusammeuhäogeader'f ' ~ 2 Hauptkanal gefüllt <strong>mit</strong>Koksgniß. Paneel Sommer1920 angebracht. Paneel entfernt <strong>und</strong>Wand feingepatzt Sommer 1921,J^Vs om Patz (1. Anwarf 1 2., 2 S.: 2. Anwarf1 Z., 2 K., 6 S.).5=Bappütz (Kalkmörtel <strong>mit</strong> V^^ Z.).Versuchshaus Nr. VI.Gebaut auf Staatskosten.Englische Hohlmauer.Geschlemmt <strong>mit</strong> 1 Z.3 S. Mit Steinkoblenteergestrichen, <strong>mit</strong>Band.beworfen (1. Anwarfdünnfiüsäig I Z.,2 8.; 2. Anwarf 1 Z., 2 K., 6 S.).5=göteerte Bandeiaen.5-Eappntz (1 Z,, 3 8.).^^Geschlemrat (1 Z., 2K., 6 S.), <strong>mit</strong> Steiiikohlenteerbestricnen u. <strong>mit</strong> Sand beworfen.Feingeputzt (l.Änwurf dünnüÜBSig 1 Z., 2 S.;2. Anwarf 1 Z., 2 K., 6 S.). Die Kanäle gereinigt,Koksgraß in Höhe der Bidkenlage.


390 Karl Hiorth, Wärmetechnische Versuche in Drontheiro.Abb. 9.Abb. 10.Abb. 11.•f/iJY"""'-'•" •"^•'^ •'^^^-'•'-'-'•'"'•'•'-'••'•'••^'Versuchshaus Nr. VII.Gebaut aa£ Staatskosten.' Englische Hohlmauer..Z=Geschlemmt (l Z., 3S.). MitSteinkohlenteer bestrichenu. <strong>mit</strong> Sand bestreut (1. Anwurfdünntlüssig 1 Z., 2 S.;2. AnwuTf IZ.. 2K, 6 S.)-^^Geteertes Bandeisen.5=Rapputz (1 Z, 3 S.).4 = Geschlemmt (1 Z., 2 K., 6 8.)- Mit Steinkohlenteerbestrichen <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Sand bestreut.(1. Anwurf dünnflüssig 1 Z., 2 S.; 2. Aüwurf1 ZM 2 E., 6 S.). Kanal gereinigt, Koksgrußin Balkenhöhe.Versuchsfiaus Nr. Vtll.Gebaut <strong>mit</strong> Zuschuß von derLeangesellschaft.Kanäle gefüllt <strong>mit</strong> Koksgrußin Stärke der Balkenlage.Paneel Sommer 1920 angebracht.Sommer 1921 entfernt,worauf "Wand feingeputzt. '7-= Geteerter Nagelachlag.5= Geschlemmt <strong>mit</strong> dünnem Zementbrei, <strong>mit</strong>Steinkohlenteer bestrichen <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Saud bestreut.(1. Anwarf 1 Z., 2 8.; 2. Anwarf1 Z., 2K., 6 8.).5= Geschlemmt. 5=3,7 cm breit.4 — 2,1 cm stark. 6=2 cm stark.Versuchshaus Nr. IX.Gebaut auf Staatskosten.Eexsteiu, dreizellig. Bie Kanälegefüllt <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Koksgrußin der Stärke der Balkenlage.Sommer 1920 Paneel angebrachtSommer 1921 Paneelentfernt <strong>und</strong> "Wand feiogeputzt.i=Geschl6mmt <strong>mit</strong> dünnemZementbrei, <strong>mit</strong> Steinkohlenteer bestrichen,<strong>mit</strong> Sand bestreut (1. Anwurf "dünnflüssig1 Z., 2 S.; 2. Anwurf 1 Z. 2 K. '6 S.).5 = Geschlemmt 5=2,5 cm stark.5=2 cm stark. ff=3cm breit4=3 ora breit, 7=2,1 om stark.oder nur geschlemmt, da<strong>mit</strong> die Poren in den Ziegeln gedichtetwerden. Dann wird der innere Teil der Wand inderselben Höhe wie der äußere aufgeführt <strong>und</strong> es werdenasphaltierte oder besser verzinkte Eisenklammern in etwa50 cm Entfernung gelegt, welche die gegenseitige Verankerungder beiden Wandteile bilden. Selbstverständlich istgute Isolierung zwischen Wandmauer <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>mauer erforderlich,da<strong>mit</strong> keine Feuchtigkeit in dem Hohlraum aufsteigt.Diese beiden „englischen Hohlmauerhäuschen" sindnicht <strong>mit</strong> Paneel versehen, weil eine ^/^ Stein-Wand wenigergeeignet ist zum Keileeintreiben für die Nägel des Paneels.Die Wand wurde auf der Innenseite geputzt.Die bisher beschriebenen Häuser waren auf der Außenseitegrob geputzt.Haus VIII (Abb. 10). Haus aus „Leanstein" aufgeführt.Der in diesem FaUe benutzte „Leanstein" ist der sogenannte3-zelIige, der viel zu Außenwänden in Wohnhäusern verwendetwird. Die Wände sind außen geteert <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Sandbestreut, worauf grober Putz angebracht ist. Das „Leanhaus"ist erst geprüft <strong>mit</strong> innen berappten Wänden, dann<strong>mit</strong> Paneel <strong>und</strong> zuletzt <strong>mit</strong> Feinpütz. Also dieselben Versuchewie bei mehreren der üblichen Mauerhäuschen. DieWände sind genau nach den vom Patentinhaber aufgestelltenEegeln ausgeführt.Haus Nr, IX (Abb. 11). Haus aus Eexstein, auf Staatskostengebaut. Die Wände sind genau so behandelt wie beidem Leansteinhäusqhen <strong>und</strong> sind von denselben Maurerngemauert wie bei jenem, .Es ist <strong>mit</strong> et<strong>was</strong> Unbequemlichkeit verb<strong>und</strong>en, das innerePaneel auf Zementhohlstein wänden anzubringen. Einige Hohlsteineschließen überhaupt die Anwendung von Paneel aus.Übrigens sollte man verauchen, die Anwendung von Paneelbei Mauerhäusern überhaupt zu vermeiden. Mauerwerk <strong>und</strong>Holz passen in dieser Weise schlecht zusammen.Haus Nr. X (Abb. 13). Auf Kosten der „InternationalenIsolationskompanie" Kristiania gebaut. .Außen 10 cmstarke eisenbewehrte Betoawand, innen goudroniert, dannIY2 cm starke Zementfuge, worauf die Wärmeschutzschicht,die aus ^/^ Stein starkem „Molerstein" ausgeführt ist. Esist dies ein sehr poröser Ziegelstein, hergestellt aus einerMischung von Diatome-Kiesel <strong>mit</strong> gewöhnlichen Lehm. DasHaus ist außen grob geputzt, innen <strong>mit</strong> Feinputz versehen.Es ist innen nicht <strong>mit</strong> Paneel bekleidet, weil die Voraussetzungwar, daß der „Molerstein" dieses überflüssig machensollte.Haus Nr. XI (Abb. 13). Von derselben Firma wieNr. X aufgeführt, l^/j Stein-Vollmauer, bestehend aus eineräußeren Schicht aus hartgebranntem Ziegelstein <strong>und</strong> einerinneren aus ^/g Stein „Molerstein" ohne Paneel innen.B. Versuchshäuser aus Holz.Haus Nr. XII (Abb. 14). Von der Stadtverwaltung inTrondhjem nach der Bauweise von Prof. Pedersen <strong>und</strong> BaumeisterEsp erbaut. Die Gemeinde Trondhjem hat eineganze Anzahl Häuser <strong>mit</strong> Wänden nach dieser Zeichnung aufgeführt,<strong>und</strong> zwar den Baugesetzen entsprechend nach be-Abb. 12.Abb, 13.Versuchshaus Nr, X.Internationale Isolationskompanie(A.-G. Ikas).jE=Beton 1:3:3.^=B0wehniDg öVa '"^ ^^^25 cm Mascheoweite.5=Mit Goudron bestrichen,4=Mol0rsteiii, hochkaotig inhw/^jverlängertem Zementmörtelgemauert.e=^Feinputz, Kalkmörtel.5 = 17a om Fuge. % 7=Flacheisen.Versuchshaus Nr. XI.Internationale Isolatiooskompanie(A.-G. Ikas.)1 Stein hartgebi. Ziegelsteiü<strong>und</strong> Molerstein; imHiBtermauer (gemauert inverlängert. Zementmörtel).1= 1 Z. 2 8. 5=lVa cm Fuge.2=Mit Goudron be- 4=Feinputz, Kalkmörtel,strichen. 5=Verzinktes Bandeisen.Abb. 14.Versuchshaus Nr XII.Throndhjems Magistrat.Eine Lage imprä-(;nierte Pappe.^^Eine Lage Zellnlose*pappe.1


Karl Hiorth, Wärmetechuische Versuche in Drontheim. 391Abb. 15.^^^b^t^aum.wa^fEdit Abb. 16.—ineü^^ Abb. 17.VerauohshauBNr.xni.Qebavt auf Staatäkosten.Z=B;ine Lage imprägniertePappe.S=EiDe Lage WoUpappe.VersuchshauB Nr. XIV.Gebaut auf Staatskosten.2=Zwei Lagen imprägniertePappe.2=Zwei Lagen 'Woil--pappe.Ver9uchstiau9 Nr. XV.Gebaut auf Staatskosten.1 = Zwei • Lagen imprägniertePappe.^-Eiue Lage Wollpappe.sonderer öenehmigung als provisorische Häuser. Soweitmöglich ist in dieBen Häusern alles normali<strong>sie</strong>rt <strong>und</strong> iu deneigenen Werkstätten der Stadtverwaltung hergestellt. DieWand besteht aus 3 Btetterlagen <strong>mit</strong> 2 sehr schmalen Hohlräumen(iVs'O ^^*^ ^ Lagen Pappe. Die Bretterlagen werdenin fertigen Tafeln fabrikmäßig hergestellt.Haus Nr. XII (Abb. 15). Die fünf folgenden Häuser ausHolz sind auf Staatskosten gebaut. Die Wände von Nr. XIIIstehen in Übereinstimmung <strong>mit</strong> den Bestimmungen für Holzhäuserim Baugesetze, nämlich 5"x 5"-Fachwerk, <strong>und</strong> alsFüllung 3" gesp<strong>und</strong>ete Bohlen. Außen imprägnierte Pappe,innen Filzpappe, worauf Paneel.Haus Nr. SIY (Abb. 16). Gebaut nach den Diepenaationsbestimmungendes MiiüsteriumB für die öffentlichenArbeiten. Es besteht aus 5"-Fachwert <strong>mit</strong> je 2 Bretterlagen,außen <strong>und</strong> innen <strong>mit</strong> Pappe zwischen jeder Doppellage.In der Wand entsteht so<strong>mit</strong> ein 5"-Hohlraum. SolcheWände durfte man bis zu diesem Jahre nur bei freistehendenHäusern auf dem Lande verwenden. Jetzt dürfen <strong>sie</strong> , jedochauch in den Städten verwendet werden; jedoch muß in jedemeinzelnen Falle Dispensation vom Gesetze nachgesucht werden.Haus Nr. XV (Abb, 17). Da es bei Häusern <strong>mit</strong> Untergeschoß<strong>und</strong> aufgebautem Stock genügen dürfte, 4"-Fachwerkzu verwenden, so wurde dieses Yersuchshaus in dieser Wandstärkegebaut. Gleichzeitig sind zwei der Bretterlagen inden Hohlraum hineingelegt, um diesen zu verkleinern. Dadurchwurde dieser nur '2^f^'' gegen 5" bei Abb. 15. Wir kommenauf den Unterschied in der Wärmeisolierung zwischen Abb. iBu. 16 zurück.Haus XYI (Abb. 18). Wie die Abbildung zeigt, hat esbeinahe dieselbe Wandkonstruktion wie das Haus XII. Hiersind jedoch die Bretter auf dem Bauplatz an das Fachwerkgenagelt, während <strong>sie</strong> dort in fertigen Tafeln verwendetwerden.Haus XVn(Abb. 19), Da es wichtig ist, noch billigereFachwerkbauten als die jetzt beschriebenen zu prüfen, wurdeNr. XVII aus 3''-Fachwerk <strong>mit</strong> 2 Bretterlagen <strong>und</strong> 2 Papplagenaußen, samt Pappe <strong>und</strong> einer Bretterlage innen hergestellt.Dadurch entsteht ein Hohlraum von 3''.Hans Nr. XVin {Abb. 20). Gebaut von der „NorwegischenHausbaukorapanie" nach dem System „Spörck-Hasl<strong>und</strong>".Normali<strong>sie</strong>rtes Hans aus 3"-Fachwerk, je 2 Bretterlagenaußen <strong>und</strong> innen <strong>und</strong> auf beiden Stellen je 9 Lagen Pappedazwischen. Entstehender Hohlraum 3".Haus XIX (Abb. 31). Von derselben Firma wie HausNr. XVIII nach dem sogenannten System Phönix gebaut.Normali<strong>sie</strong>rtes Haus <strong>mit</strong> 3"-Fachwerk, je eine Bretterlageaußen, innen <strong>und</strong> in der Mitte <strong>und</strong> 3 Papplagen. Es entstehenzwei Hohlräume von ^\^' Stärke, so<strong>mit</strong> wesentlichweniger Hohlraum als in den jetzt noch nach norwegieehenBaugesetzen errichteten Fachwerkwänden (vgl. Haus XHI).Haus XX (Abb. 22). Auch von der Norwegischen Hausbau^kompanieerrichtet (System Spörck-Hasl<strong>und</strong>). Normali<strong>sie</strong>rtesHaus, bestehend aus 3"-Fachwerk <strong>mit</strong> je einer Bretterschichtaußen <strong>und</strong> innen <strong>und</strong> 3" Hohlraum. Das Häuschen ist außenauf „Bacula" geputzt, d.h. auf dünnen viereckigen Holzrippenvon knapp 1 cm Querschnitt, die <strong>mit</strong>tels Eisendraht zusammengehaltenwerden.Haus XXI (Abb. 23). Um, wenn möglich, noch billigere<strong>und</strong> dennoch brauchbare Äusführungsweisen zu finden, sindauf Staatskosten drei Yersuchshäuschen aufgeführt, die soeinfach sind, abgesehen von der Tischler- <strong>und</strong> der notwendigenMaurerarbeit, daß <strong>sie</strong> jeder selbst ausführen kann. InHedmark (im Innern Norwegens zwischen Kristiania <strong>und</strong>Abb. 18.Abb. 19.Abb. 30.Verauohshaus Nr. XVI.Gebaut auf Sttotskosten.1= Zwei Lagen imprägoiertePappe."i 5-^Eine Lage Wollpappe.VoreuohshauB Nr.XVH.Gebaut anf Staatskosten.2=Zwei Lagen imprägniertePappe.^=Eine Lage Wollpappe.Verauohshaus Nr. XVIIKNorweeisohe HausbaugesellacfaaftA.-G.System ^Spdrok - Hasl<strong>und</strong>".\%'Z_n J^Kine^Lage imprägnierteWrm A Pappe <strong>und</strong> eine Lt^e Zel-Inlosepappe.^=Zwei Li^en Zellulosepappe.


392 Karl Hiorth, Wärmetebhnisohe Tersnche in Drontheim.Abb, 21.Abb. 23,*;:.... ...v Abb.23.Versuctishaus Nr. XIX.Norwegische HaasbaugesellschaftÄ.-G.i^Eine Lage imprägniertePappe.3=EinQ Lage Zel lulosepappe.5=Wie vor.VersuQhshaus Nr. XX.Norwegische HaiisbaugesellsühaftA.-G.System „Spörok-Hasl and".7=BacuIapütz.2=Eine Lage imprägniertePappe.5=Eine Lage ZelluloSepappe.Versuchahaus Nr, XXI.Crebaut auf Staatskosten.1 = Eine Lage Asphaltine.5=EineLageAsphallpappe.Trondhjem) wurden schon viele Jahre hindurch Fachwerkhäuser<strong>mit</strong> einer Bretterlage <strong>mit</strong> Äsphaltpappe auf jeder Seitegebaut. Der Zwischenraum war <strong>mit</strong> trockenen Sägespänenausgefüllt, die gut gestopft sind. Wenn die Füllmassesinken sollte, so ist Gelegenheit, die Wand von oben nachzufüllen.In Hedmark Hat man die Erfahrung gemacht, daßsolche Häuser sehr warm sind, wärmer als die Fachwerkhäuserwie Haus Xm. Demnach lag hinreichender Gr<strong>und</strong>•vor, die Bauweise au prüfen. Das zweite von diesen HäusernHans XXII (Abb. 24) ist von 5"-Fachwerk errichtet.Auswendig eine Bretterlage <strong>mit</strong> Asphaltpappe dahinter, inwendigPaneel <strong>mit</strong> imprägnierter Pappe. Der Zwischenraumist <strong>mit</strong> Torf in Kalkmörtel ausgemauert. Der Torf mußbeim Einmauern möglichst trocken sein <strong>und</strong> gegen die äußerefeuchte Luft geschützt werden. Da Torf ein schlechterWärmeleiter ist, dürften die daraus errichteten Häuser billigin der Beheizung werden. Wo geeigneter Torf in der Nähe ist,werden auch die Baukosten gering wra-den. Der „Moostorf"ist geeigneter als der Feuerungstorf. Lufttrocken kann er<strong>mit</strong> der Ereiseäge geschnitten werden <strong>und</strong> eine zweckmäßigeForm erhalten.Haus XXIII (Abb. 25) ist das dritte in der Eeihe dererwähnten Häuser in besonders billiger Bauweise, 4''-Fachwerk<strong>mit</strong> Asphaltpappe <strong>und</strong> einer Bretterlage auBen <strong>und</strong>imprägnierter Pappe <strong>und</strong> Paneel innen. Als Füllmaterialzwischen den beiden Bretterlagen wurden Stöcke benutzt,die <strong>mit</strong> Stricken aus Stroh umwickelt waren, das in einenBrei aus Lehm getaucht war. Diese Wiekelataken wurden^wie die Abb. 25 zeigt, übereinander gelegt <strong>und</strong> <strong>mit</strong> ihrenEnden zwischen zwei an die Fachwerkpfosten genageltenLeisten befestigt. Die äußere Bretterlage <strong>mit</strong> Pappe wurdezum Schlüsse angebracht. Die Wand ist in etwa 1 m hoheFelder geteilt.Haus SSIY (Abb. 26). Ausgeführt von „Hy^Rib" A.-ö.in Fredriksstad. Es besteht aus 5"-Fachwerk <strong>mit</strong> dem Streckmetall„Hy-Rib". Angebracht sowohl auf der Außenseitewie auf der Innenseite des Fachwerkes, „fiy-ßib" ist einsehr solides Streckmetall, das ganz eingeputzt wird. In diesem,FaHe ist der äußere „Hy-itib"-Putz 3 cm stark <strong>und</strong> au! derInnenseite geglättet. Zu diesem äußeren Putz ist noch zumErzielen der Wasserdichtigkeit 5 v. H. Kineralöl zugesetzt. Anschließendan die Innenseite des Facbwerkes kommt alsSchutz gegen Kondens<strong>was</strong>ser Asphaltpappe, dann Vi" Zwischenraum<strong>und</strong> schließlich der innere 3 cm starke „Hy-Rib'*-Putz..Die Hohlräume in den Wänden sämtlicher .Holzhäusereinschließlich des „Hy-Eib"-Hauses sind durch v?agerMihteUnterbrechungen in 70 bis 100 cm hohe Felder geteilt.Vorläufige Ergebnisse der wärmetechriischen Messungen.Diese hatten zur Zeit des hier wiedergegebenen Vortragswährend l^/^ Winter stattgef<strong>und</strong>en. Ungefähr die Hälfte desWinters 1919/20 wurde wesentlich zu vorbereitenden Arbeitenfür die Messungen benutzt, wälirend diese den ganzen Winter1920/21 in regelmäßigem Gange waren. In einigen Häusernsollten noch im Winter 1921/22 Messungen fortgesetzt werden,worauf dann die Gesamtergebnisse in bearbeitetem Zustande• gebracht werden sollen. Die folgenden Mitteilungen werdendaher später noch ergänzt werden.Professor Sem Säland macht in seinem vorläufigen Berichtdarauf aufmerksam, daß die un<strong>mit</strong>telbar beobachteten Strom-Abb. 24.Abb. 25.Abb. 26.VersQcbshftusNr. XXII.Gebaut auf Staatskosten.-/=Bin e Lage Asphaltpappe.2=Tor£ in Kalkmörtel.5= Eine Lage imprSgnierte Pappe.VersuchshauaOebaut auf Staatskosten.f=Eine Lage Äsphaltpappe.2=8töok0 umwickelt<strong>mit</strong> 3=Btrohhalm in Lehm getaucht4=Eine Lage hnprägnierte Pappe.Versoohshaus Nr. XXIV.Hy-Sib A.-GiFredrikstad.7=3 6m putz auf Nr. 2Hy-Mb, iwei AnwtlrfelZ.,0,lK.,3S.,dem ersteia Anwnrf 5 vK. fiohöl zugesetzt.P—Glatt geputzt. 5t=^Asphaltpappe.4^2 cm Putz auf Nr. 2 Hy-Eib.5^=74" Leiste.


verbrauchs-werte bei eiaem "Vergleiche der Mauerhäuser untereinanderöder dieser <strong>und</strong> der Holzhäuser nicht zugr<strong>und</strong>egelegt werden können, teils weil die Wandstärke in den Mauerhäusemverschieden ist <strong>und</strong> 'teils weil die inneren Wandflächennicht genau gleich groß sind. Für den Vergleich derHolzhäuser 'untereinander sind die un<strong>mit</strong>telbar beobachtetenWerte jedoch verwendbar.Die beobachteteten Werte sind im Verhältnis zur „<strong>mit</strong>tlerenWandfläohe" umgerechnet, wo<strong>mit</strong> das arithmetische Mittelzwischen der inneren <strong>und</strong> äußeren Wandfläche verstanden ist.Auch sind einige weitere Korrekturen unternommen, so daßman. <strong>mit</strong>tlere verbesserte Verhältniszahlen für den Stromverbrauchberechnet <strong>und</strong> auf dieser Gr<strong>und</strong>lage die Abb. 27gezeichnet hat.Außer der Kurve Abb. 27 sind auch die Temperaturkurvennach Ausschaltung des elektrischen Stromes graphischdargestellt <strong>und</strong> ebenso die Veränderungen der Feuchtigteitsverhältüisse.Sie werden erst in einem abschließenden Berichtberücksichtigt werden. Die Kurve Abb. 27 gibt ein zusammenfassendesBild des <strong>mit</strong>tleren Stromverbrauches in sämtlichenHäusern. Das Bohlenhaus XIII ist hier als 100 Wärmeeinheitenverbrauchend eingesetzt <strong>und</strong> die anderen im Verhältnishierzu.Die Werte auf dem Kurvenblatt gelten in den Mauerwerkhäusemför gerappte Innenwän de, jedoch <strong>mit</strong> Ausnahmevon VI, VII, X \i. XI, wo 1,5 cm Feinpntz angebrachtwai*. Soweit man es bia zuletzt feststellen konnte, hat derFeinputz keine größere Wirkung, als ungefähr seiner Stärkeim Verhältnis zur Mauerstärke zukommt. Bei l'/j-Stein-Mauer(die in Norv^egen 36 cm stark iatj, macht es ungefähr 4 vH.aus, verglichen <strong>mit</strong> Mauer ohne Putz.Die wärmeisolierende Fähigkeit des Putzes soll jedochdurch fortgesetzte Messungen festgestellt werden. Es zeigtsich, daß der Putz eine größere Rolle bei Haus VIII (Lean)_als bei Hans I {li/g-Stein-Vollmauer) spielt, <strong>und</strong> es ist jazu erwarten, daß lYacm Vergrößerung derWandstärke sich mehr geltend macht beieinem dünnwandigen Haus als bei einemstarkwandigeii. Aus, Abb. 27 ist ersichtlich,daß von den Holzhäusern Nr. XXI2OT(das Sägespänehauß) den besten Wärmeschutzbietet, dann Nr. XIII, das Bohlenhaus,<strong>und</strong> Nr. XXII, das TorFhaus, dengeringsten. .Betrachtet man Nr. XII, XVI, XIX,welche konstruktiv ähnlich sind — dreiBretterlagen <strong>mit</strong> zwei Hohlräumen —, so<strong>sie</strong>ht man, daß XII tmd XVI den gleichenStromverbrauch haben (XVI ganz unbedeutendweniger). XII ist aus sehr trockenemHolz gebaut, XVI hat einige Risse in derWand, dafür aber auch eine Papplage mehrals Xll <strong>und</strong> eine et<strong>was</strong> stärkere äußereBretterdecke.Nr, XIX ist etwa3 schlechter, aberhiör ist die <strong>mit</strong>tlere Bretterlage auch nurVs Zoll gegen V* Zoll bei XII <strong>und</strong> XVl.Man <strong>sie</strong>ht also» daß diese Häuser, welchekonstruktiv gldph sind, auch ziemlichZettKdiilAi f. BaQw«W). 72. iOof.Kar] Hiorth, "Wärmetechnieche Versuche in Drontheim, 393160150no100JOuisM ^ m Mgleichen Stromverbrauch haben <strong>und</strong> daß die eventuellenAbweichungen in den handwerksmäßigen Ausführungengering sein müssen.XIV <strong>und</strong> XV sind auch konstruktiv gleich. Die Abweichungim Stromverbrauch ist ungefähr 5 vH,, um welchenBetrag XIV höher liegt. Biese Abweichung hat eine sehrnatürliche Begründung in der größeren Breite des Hohlraumesin XIV, in welchem die Luftzirkulation leichter vorsich geht.Es ist et<strong>was</strong> Überraschend, daß Haus Nr. XVIII, das Soähnlich Nr. XIV u. XV ist, so viel schlechter sein soll. Allerdingsist das Innere der beiden Bretterlagen et<strong>was</strong> dünner.Nr. XVIII müßte doch eigentlich diesem nahe liegen, um soviel mehr, als Nr. XVII, wo eine Bretterlage weniger als inNr. XVIII vorhanden ist, ebenso gut wie XVIII ist.Bugge meint, daß es schwierig zu sagen ist, warum XVHIso schlecht rangiert, macht jedoch auf folgendes aufmerksam,ohne vorläufig behaupten zu wollen, daß die Betrachtungengenau zutreffen.In XIV, XV u. XVIII besteht sowohl der äußere wie derinnere Teil der Wand aus zwei zusammenliegenden Bretterlagen,während in XVII nur der äußere Teil zwei zusammenliegendeDecken hat. Bei XIV, XV u. XVII sind die zusammenliegendenBrettlagen aus je einer liegenden <strong>und</strong> einerstehenden ßretterdecke zusammengenagelt, also gekreuzt.Eine solche Wand wird sich voraussichtlich beim Schwindendes Holzes nicht so leicht zusammenziehen können. In XVIII. dagegen sind die zusammenliegenden Bretter „stehend". DieseBretterdecten werden deshalb mehr dem Schwinden <strong>und</strong> derFugenbildung zwischen den Brettern ausgesetzt sein. An einzelnenStellen werden die Fugen in den so angebrachtenBrettertafeln einander gegenüberliegen können, <strong>und</strong> es istnicht ausgeschlossen, daß beim Schwinden des Holzes diePapplage zerrissen wird, so daß durchgehende offene Fugenzum Hohli-aume sowohl von außen wie von innen gebildet(,7fcfe?!(Ul5^e . -1 - -ff — j.äideti—o—X—0—•Mi'liePB vwteJKrteV)ffi;1 m' a.' JrwendäjxBie^Jhs^^?-Tji' I' m'- j ^ IXE n. OS' rr w T 1 1 w uriTTyHAbb. 27. Mittlerer Stromverbrauch im Verhältnis zu Haus Nr. Xlll (= 100).52z


394 Karl Hiorth, Wärmetecbnische Versuche in Drontheim.•werdeu. Hierin könnte eine Erklärung liegen, daß XVIIIim Stromverbrauch so hoch liegt*In XVII, das sich besser als XVILI zeigte, wird voraussichtlichdie innere Papplage et<strong>was</strong> lose liegen, wodurchein in wärmetechnisolier Beziehung vorteilhafter Hohlraumzwischen Pappe <strong>und</strong> Brettertafel gebildet wird.Von den Holzhäusern ist Nr. XX ani schlechtesten. Prof.Bugge meint, daß gute Ergebnisse hiev auch nicht zu erwartenwären. Trotz sorgfältigster Ausführung bekommt der PutxRisse <strong>und</strong> nimmt leichter Feuchtigkeit auf. Von Außenputzauf „Bacnla" muß daher abgesehen werden.Aus der Abb. 27 geht also hervor, daß Kachwerke <strong>mit</strong>Brettervei'schaltmg \md Putz, in bestimmter "Weise ausgeführt,nur unbedeutend weniger wärmeisolierend sind als die Bohlenwand,die <strong>mit</strong> der VerbrauchszifTer 100 aufgeführt ist (Xill,Abb. 15).In der Praxis werden jedoch durch Schwinden desHolzes bei einer solchen Bohlenwand durchgehende offeneFugen <strong>mit</strong> Zug eher entstehen als bei einem Haus <strong>mit</strong> Bretterdecken.Bugge glaubt deshalb aussprechen zu können, daßman in der Praxis ein verschaltes Fachwerkhaus von bestimmterguter Konstruktion <strong>mit</strong> einem Bohlwandhaus gleichstelleakann.Auf Grr<strong>und</strong> der Abb. 27 erscheinen folgende Bemerkungenüber die Steinhäuser angebracht:Nr. XIj VI u. IV liegen einander nahe im Stromverbrauch.Interessant ist der Vergleich zwischen XI u. I. Beide befitehenaus 1^^ Stein-Vollmauer.Zu XI ist jedoch in dem inneren i/a Stein starken Teilder Wand „Molerstein" verwendet, dagegen in I gewöhnlicher<strong>mit</strong>telgebrannter Ziegel. Der Stromverbrauch in Nr. XI ist56 V. H. höher als in Nr. XIII, <strong>und</strong> in Nr. I 89 v. H. höher alsin Nr. XIII. Molerstein ist also ein guter Wärmeisolator.Nr. V u. VI haben dieselbe Wandstärke, llan <strong>sie</strong>ht,Nr. VI ist am besten. Da jedoch Nr, VI innen <strong>mit</strong> Feinputz,Nr. V nur <strong>mit</strong> Rapputz versehen ist, so kann man annehmen,daß die Üauern V u. VI gleichwertig sind. Der Verbrauchin Nr. V bedeutet so<strong>mit</strong> wärmetechnisch weder Verbesserungnoch Verschlechterung. Liegt das Haus jedoch besonders derWitterung ausgesetzt, wird sicher Nr. VI sich trockener alsNr. V <strong>und</strong> dadurch besser die Wärme halten. Nr. VI sollteimmer Nr, V vorgezogen werden.Betrachtet map das Ergebnis von IV u. V, so <strong>sie</strong>ht man,daß in einer X'^/^ Stein-Hohlmauer die 7^ Stein-Wand auswärmetechnischen Gründen nach außen liegen soll, da IVam wenigsten Strom verbraucht Dasselbe gilt für Nr. VI,also die ly.^ Stein engliacho Hohlmauer. Die Anschauungenunter den Sachverständigen darüber ob die y^ Stein-Maueraußen oder innen liegen sollte, waren sowohl in England,wie in Norwegen geteilt. Diese Messungen haben Klarheitgeschaffen. Als Begründung wird angegeben, daß die innereMauer trockener als die äußere wird <strong>und</strong> dadurch mehr wärmehaltend,<strong>und</strong> man erhält deshalb den besten Wärmeschutz,indem man die Hauptmasse der Mauer dort legt, wo <strong>sie</strong> amtrockensten wird, also nach innen. In derselben Richtungwirkt es, daß man den inneren Wandteil aus leichter gebranntemStein als den äußern ausführt. Der leichter gebrannteStein ist besser wärmeisolierend als der hartgebrannte,<strong>und</strong> wird deshalb <strong>mit</strong> Vorteil in der Hauptmasse der Wandverwendet. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn diesenach innen gelegt wird.Die Ziegelhäuser II, III u. VII (das erste aus l^/^ Stein„Bergens Hohlmaner'S das letzte aus 1 Stein „englische Hohlraauer"),welche im großen <strong>und</strong> ganzen konstruktiv gleichsind, kommen einander auch im Wärmeverbrauch nahe. Wiefrüher erwähnt, sollte jedoch Nr. VII vorgezogen werden, dadieses sich trockener halten wird als II <strong>und</strong> III.Es wird daran, erinnert, daß Nr. II wie gewöhnlich inder Praxis <strong>mit</strong> teilweise oflenen Fugen, in den Treonungszungenausgeführt würde, Nr. III dagegen <strong>mit</strong> ausgefülltenFugen. Man hat geglaubt, daß die Wand besser isoliert,wenn die erwähnten Fingen dicht sind, so daß keine Luftverbindungzwischen den Kanälen vorhanden ist. DieMeösungen 'zeigen, daß dies nicht der Fall ist; eher umgekehrt. Selbstverständlichmüssen die Kanäle von dem Mörtel, der währenddes Mauerns herunterfällt, befreit werden, da sonstgrößere Teile der Kanäle gefüllt werden, wodurch die Mauerteilweise aufhört als Hohlmauer zu wirken.Es sind verschiedentlich Zweifel ausgesprochen Über denNutzen von Hohlmauern,Der Vergleich zwischen Nr. IV u, I in Abb. 27 zeigt jedoch,welchen Vorteil es <strong>mit</strong> sich bringt, Hohlraauern zu gebrauchen.Der Stromverbrauch in Nr, IV ist 63v, H, höherals in Nr. XIII, in Nr. I dagegen 89 v. H, höher als Nr. XIH (alsoNr. I 23^^ V. H. höher als Nr. IV, der Übersetzer). Aus demKnrvenblatt ist auch ersichtlich, daß Nr. II, III, IV,Vu.TI,welche alle eine Wand aus l^gStein:Hohlraauer haben,weniger Strom als Nr. I verbrauchen. Sogar Nr. VI, 1 Stein-Hohlmauer, braucht weniger Strom als Nr. I. Es geht demnachaus den Versuchen hervor, daß es unwirtschaftlich ist,keine Hohlmauern zu gebrauchen.In großen Teilen Norwegens, besonders im Süden, hatman bis vor wenigen Jahren beinahe nur Vollmauer in denAußenwänden gebraucht. Man hat jedoch in Korwegen dieAußenwände verbessert, indem man auf ihrer Innenseit einY4 zölliges Paneel anbrachte.Aus Abb. 27 <strong>sie</strong>ht man durch Vergleich zwischen ir(inwendiges Paneel) <strong>und</strong> II (inwendiger fiapputz) wie bedeutendein solches Paneel die Ziegelhäuser in wärmewJrtschaftlicherBeziehung verbessert. Der Stromverbrauch in Nr. II <strong>mit</strong> inwendigemEapputz ist TB"?. H. nnd <strong>mit</strong> inwendigem Feinputz6 G V. H. größer als in Nr. XIIL In Nr. U' dagegen (<strong>mit</strong> Paneelauf der Innenseite) nur 24v,H. größer als in XIIL (Rapputzist also 41 v. H., Feinputz 34v.H. ungünstiger als Paneel, d. U.)Diese Zahlen werden sich jedoch in der Praxis kaum sogünstig für die Wand <strong>mit</strong> Paneel stellen. Prof. Bugge glaubt,daß man da<strong>mit</strong> rechnen muß, daß das Paneel die Isolierungsfähigkeitwesentlich 'Weniger verbessert ^ weil es in einemMauerhaus sich in der Regel ziemlich stark zusammenziehenwird, Die äußere Luft dringt auch häufig in den Hohlraumzwischen Paneel <strong>und</strong> Mauer. Die Luft kommt durch diePuge zwischen Fensterrahmen <strong>und</strong> Wand, wodurch der Hohlraumhinter dem Paneel abgekühlt wird.Wenn die Fußboden leiste sich verzieht, so daß sich, eineÖffnung am Fußboden bildeti BO entsteht ein unangenehmempf<strong>und</strong>ener Zug, der ziemlieh häufig über Fußboden vonSteinhäusern beobachtet wird. Meistens kann er Verhältnissenwie den erwähnten zugeschrieben werden. Die Frage


Karl Hiorth, Wärmetechnische Versuche IQ Drontheim.;-il)5ist deshalb, ob das Paneel im allgemeinen nicht weggelassenwerden sollte. Dies ist auch bei mehreren Bauten in denletzten Jahren geschehen, besonders bei den kommunalenWohnun^hauten in einigen der größten Städte in Norwegen.. Man hat Hohlmauer statt 'Vollmauer benutzt (^Bergens Hohlmauer'',„Trondhjems Hohlmauer").In Kjifitianiä soll jöan Feuchtigkeit auf der Innenseitesolcher Hohlmauer wände dort beobachtet haben, wo <strong>sie</strong> gegenNorden gelegai sind. Bugge nimmt als sicher an, daß manbei Benutzung von englischer Hohlmauer das Durchdringender Feuchtigkeit vermieden hätte.Norwegen ist das einzige Land, wo die Ziegelwände aufder Innenseite <strong>mit</strong> Paneel Yersehen werden. In England <strong>und</strong>Holland werden hauptsächlich 1 Stein-Hohlraauer, inwendiggeputzt, bei Eleinhäusern verwendet.Könnte man den Hohlraum in einer solchen Wand wagerechtalle 50 cm unterbrechen, würde man eine bessere Wärmeisolierungerreichen. Dieses hätte jedoch bei der praktischenAusführung Schwierigkeiten. Noch bessere Ergebnisse würdeman erhalten, wenn man einen nicht hygroskopischen, körnigen<strong>und</strong> nicht wärmeleitenden Stoff "zum Ausfüllen des Hohlraumesfinden könnte, so daß ein Zellensystem <strong>mit</strong> stillstehenderLuft entstände.Haus Nr. X, Beton <strong>mit</strong> einer 1/4 Stein starken Schicht„Moleratein" auf der Innenseite, verbraucht am meisten Stromvon allen Steinhäusern.Haus Nr. YIII, ausgeführt von Zementhohlstein „Lean"Nr. IX j ausgeführt von Zementhohlstein Rex, <strong>und</strong> einzelneandere Zemenlbohlsteintypen wurden während des Kriegesziemlich häufig in Norwegen verwendet. Die Anlagekostensind wesentlich billiger als bei ly^ Stein-Ziegel. AusAbb. 27 geht hervor, das „Rexhaus" Nr. IX et<strong>was</strong>besser ist als das „Leanhaus" Nr.VlIL Jedoch verbrauchen<strong>sie</strong> beide viel Strom.Durch Paneel wird der< Stromverbrauch für beide wesentlichherabgedrückl. Vgl. Abb. 27 "VIII' <strong>und</strong> IX'. Dies zeigt,welche große Bedeutung dem Paneel in einem Hans auaZementhohlstein zukommt. Über die Wände <strong>mit</strong> Feinputz inden Versuchshäusern lagensichere Versuchsergebnisseüber den Stromverbrauchnoch nicht vor, als dieserVortrag gehalten wurde.Es ist noch mehr Veranlassungvorhanden, dieBretterverkleidung wegzulassenin solchen Zementhohlsteinhäusernwie diese,als in Ziegelhäusern, weilman beim Eintreiben derKeile für die Nägel zwischendie Hohlsteine teilweise dieSteine zerstört, so daß Öffnuogenin der Wand hinterdem Paneel entstehen^ Ohneeine innen angebrachte WärmeisolierendeSchicht kann esjedoch kaum empfohlen werden,Zementhoh isteine iniaooix'_WOOO^•maviSOOOt?—Itf T ~¥~wmlk TH E%:JvjäeRmTiiütimfik-smJC3us-mJt ftfflfciLuigctai'ßi? «m mÄAjßcrt'Außenwänden der Wohnhäuser in Norwegen zu gebrauchen.Deshalb meint Bugge, daß man überhaupt Zementhohlsteinein Außenwänden möglichst wenig benutzen eoUte, während<strong>sie</strong> in vielen Fällen bei Innenwänden gut geeignet sind. ZuAußenwänden sollte lieber die 1 Stein starke englische Hohlmauerverwendet werden, welche sowohl in bezug auf Baukostenwie Stromverbrauch sich ungefähr wie „Lean"- <strong>und</strong>„Eß2c"-Stein <strong>mit</strong> Putz stellt. 1 Stein, englische Hohlmauerist außerdem leichter auszuführen <strong>und</strong> kann zu jederJahreszeitausgeführt werden, während der Zementhohlstein, der indünnen Zementbrei während des Einmauerns getaucht werdenmuß, nicht bei Frost vermauert werden kann.Zuletzt eei noch Nr.XXIV „Hy-ßib" besprochen. Wieaus Abb. 27 ersichtlich, ist der Stromverbrauch ungefähr wiein Nr. VII <strong>und</strong> et<strong>was</strong> geringer wie inNp.I(U/2Stein-Vollmauer).Der innere Patz hat sich ausgezeichnet gehalten, wogegender äußere feine Risse erhalten hat. Bugge nimmt an, daßdie Risse zum Teil infolge der Art wie das Streckmetall autdem Holzwerk angebracht war, entstanden-, zum Teil auch,weil zu viel Metall in dem dünnen Patz war. weshalb dieserauf der Außenseite nicht weniger als 5 cm stark gemachtwerden sollte. Er glaubt, daß „Hy-Rib" bei Wohnhäusernan wetterharten Stellen außen nicht zu empfehlen ist.Der Vortrag beiiandelte dann weiter die Baukosten vonHäusern <strong>mit</strong> den geprüften Wandkonstruktionen. Die Ergebnisseder darüber angestellten Untersuchungen sind inAbb. 28 zusammengestellt.Bugge hat erst die Kosten eines Hauses <strong>mit</strong> Außenwändenaus lYt> Stein-Vollmauer <strong>und</strong> <strong>mit</strong> den in Norwegen üblichenInnenwänden ins einzelne ve ran seil lagt. Anßcnwände alsowie in Versuchshaus Nr. I.Danach wurde berechnet, wie viel dasselbe Haus kostenwürde, wenn die Außenwände wie in den anderen Versuchshäusernau8 Mauerwerk ausgeführt würden.Ferner hat er eine detaillierte Veranschlagung gemachtvon einem nach derselben Zeichnung ausgeführten Holzhaus,worin die Inneumaße (lichten Maße) der Zimmer dieselbenwie bei dem Mauerhaus waren. In den Außenwänden wurdeff" Ei 2L[ zs '^ ^ z£d asj za 21 3n: 2ü: HTTMziihri vm (Jen. f^eprCj^; J^i;;fiu


396 Karl Hiortb, Wärmetechnische Versuche in Droritheim.die. Wand des Versuchshauses Nr. XIII benutzt, die Innenwändein der üblichen Weise. Danach ist wieder berechnetworden, wie diese Kosten sich ändern würden, wenn dieAußenwände wie bei den Yersuchshäusem Nr. XIY bis SXII<strong>und</strong> XXIV ausgeführt würden. (Nr. XXIII ist in diesen Berechnungennicht <strong>mit</strong>genommen, weil sichere Unterlagen fürdie Veranschlagung nicht zu beschaffen waren.)Die Veranschlagungen berücksichtigen nicht den Einfluß,welche die Abweichungen der Außenwände von dem zugr<strong>und</strong>egelegtendetailliert veranschlagten Entwurf auf dieWahl der Innenwände üben. Dadurch werden <strong>sie</strong> nur annäherndrichtig, jedoch genau genug für die hier in Fragekommenden Vergleiche.Bei einem Hause von „Hy-Rib" ist jedoch bei derKostenberechnung Rücksicht auf die Innenwände <strong>und</strong> auf diezu putzende Decke genommen worden.Abb. 38 Ä zeigt die Kosten auf Gr<strong>und</strong>lage der November1920 geltenden Preise.Die Kurve in Abb. 28 B, welche den Stromverbrauch inden Versuchshäusern, verglichen <strong>mit</strong> dem Verbrauch inNr. XIII zeigt, weicht in den Angaben et<strong>was</strong> ab TonAbb. 27. Sie ist <strong>mit</strong> Hilfe von Berechnungen, die aufGr<strong>und</strong>lage der Abb. 27 ausgeführt sind, ergänzt, <strong>und</strong> zeigtu. a. den Stromverbrauch in sämtlichen Versuchshäugern, sowohlfür den Fall, daß <strong>sie</strong> inwendig geputzt sind, wie auchfür den Fall, daß <strong>sie</strong> <strong>mit</strong> Paneel veröehen sind.Die Baukosten für das, <strong>was</strong> Bugge „das üblicheMauerhaus" nennt, <strong>und</strong> zwar <strong>mit</strong> inwendigem Putz (Nr. I,II <strong>und</strong> IV), betragen durchschnittlich 115075 Kr., währenddie Baukosten des „üblichen Holzhauses"' (Nr. XII bis XIX)im Durchschnitt 104400 Kr. betragen. Hiernach stellen öichdie Holzhäuser beinahe 10 vH< billiger. Erfahrene Baumeistermeinen jedoch, daß unter Berücksichtigung^ der viel kürzerenBauzeit, wodurch z, B. an Zinsen für die Bauanleihe gespartwird, die Holzhäuser 15 vH. billiger als die Kauerhäuserwerden. (Et<strong>was</strong> verschieden in den verschiedenen Landesteilen.)Abb. 2 8 B zeigt nun, daß die Holzhäuser auch billiger zu erwärmensind als die Mauerhäuser. Das Haus Nr. XIII braucht,wie man <strong>sie</strong>ht, 78 Wärmeeinheiten oder 45 vH. weniger Stromals das inwendig geputzte Mauerhaus einfachster Konstruktion(Nr. VII, 1 Stein englische Hohlmauer), <strong>und</strong> 36 Wärmeeinheitenoder etwa 2G vH. weniger als das paneelte Haus vonP/s Stein-Vollmauer.Xach den jetzt vorliegenden Ergebnissen muß mau also— im Gegensatz zu einer häufigen früheren Auffassung —aus Holz bauen, wenn man ein recht warmes Haus haben will.Bugge trat dann in seinem Vortrag dafür ein, daß ßaugesetzeerlassen würden <strong>und</strong> ein Feuerlöschwesen eingerichtetwerden möchte, welche es ermöglichten, in größerem Maßeals bisher die mannigfachen Vorteile der Holzbauweiee auszunutzen,<strong>und</strong> machte auch darauf anfmerksam, daß die !Norwegerden Holzbau besser als den Steinbau meistern.Es mögen schließlich einige weitere Vergleiche einzelnerHaupttypen folgen. Äbb.28^ zeigt, daß die Häuser Nr.XII,XIVu. XV — Holzfachwerk <strong>mit</strong> Bietterlagen — billiger als dasBohlenhaus Nr. XIII werden <strong>und</strong> nur unwesentlich mehrHeizuög nötig haben. Bugge stellt für die Praxis sogar XII,XIV u. XV Nr. XIII in bezug auf Wärmeverbrauch gleich<strong>und</strong> tritt dafür ein, daß Wände aus Bretterlagen von bestimmteranerkannter Konstruktioa in Norwegen auch ohneDispensation zugelassen werden sollten.Dann weist er besonders auf das Torfhaus hin {Nr. XXII).Es wurde „Brenntorf" hierzu benutzt <strong>und</strong> nicht „Moostorf",der nicht zu haben war. Wäre der porösere Moostorf benutzt,so wäre das Ergebnis besser geworden. Es wirdempfohlen 6" bis 7''-Bohlen für das Holzfachwerk zu benutzen,um entsprechend breite Torfbrikettsbenutüen zu können.Die wärmeisolierende Wirkung wird gesteigert <strong>und</strong> es wirdleichter die Torfstücke zu „stecken". Der Torf muß trockensein, bevor er eingemauert wird, <strong>und</strong> nachdem er in dieWand gekommen ist, gegen Feuchtigkeit geschützt werden.Bedauerlicherweise sind keine Versuche <strong>mit</strong> imprägniertenTorfplatten angestellt, wie <strong>sie</strong> die hannoversche Industrie seiteinigen Jahren herstellt.Nr. XXI (<strong>mit</strong> Sägespänen gefüllte Wände) ist praktischgenommen das Billigste, wenn auch Nr. XVII eine 300 Kr,geringere Veranschlagungssumme zeigt, <strong>und</strong> hat von allenHäusern die unbedingt am besten wärmeisolierende Außenwand.Bugge spricht die-Hoffnung aus, daß die Spezialchemikereine billige Art <strong>und</strong> Weise finden werden, die Sägespänewiderstandsfähig gegen Feuchtigkeit zu machen, ohnedaß die große wärmehaltende Fähigkeit verloren geht. Wenndiese Frage gelöst ist, kann die Anwendung der Sägespänezum Hausbau eingehender behandelt werden. Es ist auchdenkbar, daß „Torfstreu" angewendet werden kann, aber auchdiese muß gegen I'enchtigkeit imprägniert werden.Nach einer Besprechung der Häuser XXIV, XXIII u. X,die hier übergangen wird, tritt Bugge für die „englischeHohlmauer" (Nr. VI <strong>und</strong> VII) ein.Von den weiteren Mitteilungen sei hier nur' noch erwähnt,daß auch der Einfluß, welchen die Doppelfenster aufden Stromverbrauch haben, in den Verauchshäusern unter-,sucht wurde. Ohne Doppelfenster wurden 10 vH. mehr Stromverbraucht. In gewöhnlichen Häusern rechnet man etwa20 vH. Welche Wirkung die Doppelfenster auf den BrenuTstoffverbrauch haben, ist natürlich abhängig von der Konstruktion<strong>und</strong> der Dichte der Fenster <strong>und</strong> der Lage des Hauses.Jedes Haus sollte <strong>mit</strong> Doppelfenstern versehen werden,da die Mehrkosten durch Wärmeeröpamis heran sge Wirtschaft etwerden.Zum Schluß gibt Bugge folgende gedrängte Überaiehtüber das Wichtigste in seinem Vortrag, die hier in wörtlicherÜbersetzung wiedergegeben sei.„Es ist zum erstenmal, daß solche relative Kessungen<strong>mit</strong> verschiedenen Wandkonstfuktionen in ManervJ^erk <strong>und</strong> Holzin der Weise, wie es bei unseren Versuchshäusern geschah,ausgeführt worden sind. Wie schon ausgeführt, hat man dasgegenseitige Verhältnis der Wandkonstruktionen teils reinschätzungsweise beurteilt. Zum Teil auch das Urteil auf dieWärmedurchgangszahlen gegründet, die bei Versuchen<strong>mit</strong> massiven Wänden in Laboratorien gef<strong>und</strong>en wurdenKeine Versuche sind früher ausgeführt worden <strong>mit</strong> kleinenHäusern wie unsere Versuchshäuser, die draußen in freierLuft, Wind <strong>und</strong> Wetter ausgesetzt, gelegen waren.Unsere Versuche werden deshalb von praktischer Bedeutungin Norwegen werden. Das Wichtigste, <strong>was</strong> dieMessungen uns gelehrt haben ist:


Statistische Nachweisungen, 3971. daß HolzHäuser billiger zu erwärmen sind als Mauerwerkshäuser<strong>und</strong> •wesentlich billiger tu erwärmen als Mauerhäuser<strong>mit</strong> 1^2 Stein-Vollmauer in den Außenwänden.3. daß einige der geprüften Wände von Holzfachwerk<strong>mit</strong> Bretterlagen beinahe ebenso wärmeökonomisch sind wiedie gesetzlich vorgeschriebene Bohlenwand von 3"-Bohlen.Ich finde aus Gründen -wie früher erwähnt jedoch, daß mandiese Wände sogar gleichstellen kann.3. daß Bretterwände, worin die Hohlräume <strong>mit</strong> Torfbrikettsausgemauert sind, reichlich. so wärmewirtschaftlichsind wie die Bohlenwände von 3"-Bohlen, d. h. wenn einehinreichende Wandstärke gewählt wird.4. daß Bretterla^nwände, worin die Hohlräume <strong>mit</strong>Sägespänen gefüllt wird, mehr wärmeersparend sind als Bohlenwändevon 3"-Bohlen. Wände, ausgeführt auf diese Weiße,sollen jedoch bis auf weiteres nicht benutzt werden. Wennin Betracht gezogen wird, daß die bei uns in Norwegen geprüftenHolzhäuser im Durchschnitt 15v. H. billiger zu bauensind als gewöhnliche Manerhäuser, so werden die <strong>mit</strong>geteiltenErgebnisse über die wärmeisolierende Fähigkeit der Holzwände^Ößere Bedeutung bekommen,5. Englische 1 ^g -Hohlmauer (Nr. VI) ist wärmewirtschaftlicherals „Bergens Hohlmauer" (Nr. 11 u. III) <strong>und</strong> sollte auchin den meisten Fällen vorgezogen werden vor „TrondhjemsHohlmauer" (l'*/^ Stein, Nr, ITu. V), weil die englische Hohlmauersich trockener hält <strong>und</strong> deshalb in wetterharten LagenwärmeWirtschaftUcher sein wird,6. 1 Stein engl, Hohlmauer (Nr. VII) ist ungefähr ebensowärmeisoüerend wie „Bergens Hohlroauer'' <strong>und</strong> sollte dieserimmer vorgezogen werden, weil <strong>sie</strong> eich trockener hält <strong>und</strong> deshalban wetlevharten Stellen wärmewirtschaftlicher sein v^ird.. 7. Englische Hohlmauer von l'/a u. 1 Stein Stärke mußbei'uns anders ausgeführt werden, als es in der ßegei inEngland <strong>und</strong> zum Teil in Holland geschieht.8. Die geprüften Zementhohlateinwände aus den Zementhohlsteinen„Lean" <strong>und</strong> „Rex" bieten, in, Außenwänden angewandt,keine Vorteile, verglichen <strong>mit</strong> den billigsten Zi^elraaaern(l'/j Stein Bergens Hohlmaner <strong>und</strong> 1 Stein englischeHohlmaucT), -wenn Rücksicht genommen wird auf die Wärmeisolierung,die Baukosten <strong>und</strong> die Festigkeit der Wände. Wiefrüher erwähnt, können jedoch diese Steine, <strong>und</strong>. nicht amwenigsten der „Leanstein", der ganz dünn hergestellt werdenkann, in einigen Fällen <strong>mit</strong> Vorteil zu Verschiedenem jmInnern der Häuser benutzt werden. Außerdem haben dieMessungen teilweise umstrittene Fragen klargelegt.a) Alle Hohlmauern sind besser als Vollmauern.b) Die Hauptmasse in einer 1 ^/^ Stein ^^engüachen Hohlmauer"<strong>und</strong> in einer 1^/^ Stein „Trondhjemis Hohlmauer"einer Außenwand soll nach innen <strong>und</strong> nichtnach außen in der Wand angebracht werden.c) Außerdem haben einige andere Fragen technischer <strong>und</strong>handwerksmäßiger Natur ihre Lösung erhalten.Die ausgeführten- Messungen <strong>und</strong> die Beobachtungen,die man Gelegenheit zu machen hatte, haben uns eine gute<strong>und</strong> verhältnismäßig sichere Gr<strong>und</strong>lage gegeben zur Beurteilungder Brauchbarkeit der verschiedenen Wandkonstruktionenunter unseren klimatischen Verhältnissen.Es wird auch von Bedeutung sein, eine Berechnung vorzunehmen,welche zeigt, wie die Betriebsausgaben sichstellen für ein Wohnhaus von der Größen für welche ich dieBaukosten berechnet <strong>und</strong> in Abb. 28A gezeigt habe. Mit Betriebsausgabenwerden Zinsen, Erhaltung usw. <strong>und</strong> Ausgabenfür Brennstoff für die Erwärmung des Hausesgemeint. Es ist beabsichtigt diese Berechnung in Verbindung<strong>mit</strong> der endgQligen Bearbeitung der Measungsergebaisseauszuführen.Wie schon erwähnt, wird eine ausführliche Auseinandersetzungüber den Plan für die Versuchshäuser <strong>und</strong> die Brgebnisseder wärmetechnischen Messungen ausgearbeitet werden.Hierin wird auch eine Anweisung für die Veränderungengegeben werden, die bei den bis jetzt in Norwegen angewandtenWandkonstruktionen vorgenommen werden sollten. Auch Vorschlägezu neueren Konstruktionen werden gegeben. Es bestehtdie Aheicht, diese Arbeit in mehreren Sprachen zu veröffentlichen.Statistische T^achweisxiiigen,betreffend die in den Jahren 1917 —1930 unter Mitwirkung der Staatsbaubeamten vollendeten Hochbauten.Bearbeitet'im Auftrage des Herrn Finanzrainisters.Die Äusführungskosten für das Hauptgebäude sind, wie in denletzten VerÖifeDtHchuDgen, ohne die sächÜeheü Bauleitungsiosten anben,die jedoch, in denOesamtkosten enthalten siod.1, Pfarrgehöft Falkenbeig. 2/RealgymaasiumOsnabrück.nxprfl3 Öymoasiuni Minden i. W.Pfarrgehöft Fulkenberg, Bez. Stettin, 1916 — 19, 54065 JH.Hauptgebäude 39658^. 227 qm (134)') je 175,60^. 1584 cbmje 25 Jt. Nebengebäude 5392 JL, Nebenanlagen 9Ö15 Ji,Ziogelputzbau <strong>mit</strong> Ziegelkrooendach. Ofenheizung. AusgebautesDaohgegchoß.Realgymnasiuto Osnabritck (Erweiterungsbau), Bez. Osnabrück,1913-15,58354^. Hauptgebäude 45973>¥. 215qm(149)')je 213,80.^. 3600 cbro je 13,80 ^. 170 Schüler. Tiefere Gründung730 J(, Nebeuanlagen 1200 Ji, innere Eiurichtuug 5080 Jf,sächliche BauleituDg 537! Jf. Niederclruckclampibeizuüg 3200 v^,100 cbm = 158,40 Jd. Ziegelrohbau <strong>mit</strong> Bruchstein Verblendung<strong>und</strong> Sandsteiügliedcrungen. Hohlpfannendach. In dreiGeschossen Klassenräume.Gymnasium Minden I. W., Bez. Minden, 1915 — 20,1452550^.Schulhaua 718468^. 1U2 qm (863)^) je 629,10^. 15900 cbm1) ünterkellort.


398 Statistische NachweisuPgen.6. RegierungsgebäudeMerseburg,ö^. (I —3). Kuüstnlademie KömKSbüVg i rr.Polizeidienstgabäudo Basen.8. Amtsgericht<strong>und</strong> GefängnisDingelatedt.jo 45,20 J$. 410 Schüler. Direktorhaua 175^02 Jf.188 qm je 934,60 ^. 1813 obm je 96,90 JH. Kebenanlftgen11<strong>250</strong>0^, innere Einrichtung 310000^, tiefereGrÜDduog 81800^, sächliche Bauleitung 54C0O J(E.Niedeidruckdampfheizung 67030^, lOOcbm—640,80^.Ziegelputzbau <strong>mit</strong> Sandstein glisderuhgen. Ziegeipfjtnnendach.In drei Geschossen Klassenräume, Direktorhäuszweigeschossig äiit Ofenheizung.. Eunstakademie KJfnt^ber^ i. Pr., Bez. Königsberg,1913 — 18, 1016000 J^. Hauptgebäude (1) 349861 Ji.1331 qm (286)') je 262,90 Ji. 17309 cbm je 20,10^.Niederdructwarm<strong>was</strong>serheizuDg 25306^, 100 cbm =202,30 J6. Im I, <strong>und</strong> II. Geschoß Lehr- <strong>und</strong> Sammlungsräume.Direktorwohnhaug (2) 74883 ^. 384 qm (240)'Jje 195^. 3449 cbm je 21,70^. Niederdruck warm<strong>was</strong>serheizuDg4413 -Ä, 100 cbm = 249,90 Jf. Im!. Geschoß Wohnräume. Kastellanhaus (3) 2G566 J^.130 qm je 204,40 J^- 1104 cbm je 24 Jf. Ofenheizung.ImLGeschoß Wohnräume. Bildhauerhaus (4) 118766 ^.571 qm (237)i) JH 208 ./[. 4185 cbm je 28,40^.NiederdruekwarmWasserheizung 8765 Jt, 100 cbm ^^350,60 Ji. Im L Geschoß zum Teil Wohnräume.Graphikerhaus (5) 96685.^. 341 qm (290)^) je 283,50^.3040 cbm je 3l,80 Ji. Niederdruckwarm<strong>was</strong>serheizung5663^, 100 cbm = 335,10^^. Im I. Geschoß WohnuüdKlasseDräume. Malerhaus I (6) 74796^. 286 qi»{2!8)') je 261,50^. 2310 cbm je 32,40 .>». Niederdruckwarm<strong>was</strong>serheizung3786 ^, ICO cbm = 383,20 jf.Im 1. Geschoß Wohnräume. Inspektorhaus (Umbau) (7) 29800^.Kebenanlagen 91 717 ^, innere Einrichtung 51000.^, sächlicheBauleitung 95226 ^. Ziegelputzbauten <strong>mit</strong> Kalksteiogliederung.FfaunendRoh.Folizoidienstgebäude Essen, Bezirk Düsseldorf, 1915 — 17,1 791680 Ji, Gebäude 1497 000 ^. 3700 qm (3645) 0 je 404,60 Jt.66C84 übm je 22,70^^, Niederdruckwarm<strong>was</strong>serheizung 120636^.100 cbm = 278,80 ^. Im L, IL <strong>und</strong> HL Geschoß Diensträume.Ziegclputzbau <strong>mit</strong> teilweiser Stein Verblendung <strong>und</strong> titeingliederungen.Hohlfaizpfannendach.Begierungsgebäude Merseburg (Erweiterungsbau), Bez.Merseburg,1915 — 18,484200^. Gobäude 397 000^, 653 qm je 603,40^,11O08 cbm je 36,10 ^. Tiefere Gründung 12200 Jf, Nebenanlagen15000..^, innere Eiohchtuog 31300^, sächliche Bauleitung28700..^. Warm<strong>was</strong>serheizung 24265 t^, 100 cbm =340,90 J(. Im Erd-, IT. <strong>und</strong> Dachgeschoß Diensträume.Ziegelputzbau <strong>mit</strong> teilweiser Steinvarblendung <strong>und</strong> Steingliedorungen.Ziegelkronendach.Oberpräsidialgebäude Breslau (ErwciteiTiüg), Bezirk Breslau1192620^. Gebäude 958490 ^. 2113 qm (2047)0 je 453,60^,41190 obm je 23,30 >if. Abbruch 71500^, tieiere Gründung37800.^, Nebenanlagen 34200^, innere Einrichtung 37 700 ^isächhche Bauleitung 52930^. Niederdruckwarm<strong>was</strong>serheizung03120 ^. im J. bis IV. Geschoß Diensträume. Ziegelputzbau<strong>mit</strong> Steingliederungen. Ziegeldoppeldach,Ämtsgericht <strong>und</strong> Gefängnis Dingelstedt, Bez. Erfurt, 1914 — 19.17437Ö M- Amtsgericht 99950 Jk. 512 qm je 195,20 ^5409 cbm je 18,50 M. Gefängnis 18850 jK. 79 qm (73)^ je238,60^. 1125 cbm je 16,80^- Nebenanlagen 19155jif, innereEinrichtung 23156..^, sächliche Bauleitung 13264^. Ofenheizung.Amtsgericht zweigeschossig, Gefängnis dreigeschossig.Ziegelputzbau <strong>mit</strong> Steiugliederungen. Ziegelkronendach., Landgericht <strong>und</strong> GefäDgnis Bielefeld, Bez. Minden, 1913 — 20,1702115 ..Ä. Landgericht 932443 M. 2062 qm (1053)^ je452,20^. 43048 cbm je 21,70^^ Tiefere Gründung 600Q ^,innere EiniichtuDg 212330 Jt^ sächliche Bauleitung «2400 J(.Warm<strong>was</strong>serheizung 71429 Ji, 100 cbm = 252^. Im I. <strong>und</strong>II. Geschoß Biensträume, im Dachgeschoß Kanzlei- uud Akteoräume.Ziegelputzbau <strong>mit</strong> Steingliederungen. Ziegelpfannendach.Gefängnis 231128 .Ä- 885 qm je 2tll,20 A- H 571 cbm\) "Unlerkellort.


prpTüITTT'So OD D DOD 3 dl[ilBLUlöil.DüngerGeräte- and AiböitssohuijpenJJienberg.Statistische Nachweisungen. :I99je 20 J(. Tiefere Gründung 7600 ..*, iniiure EiLiiuliturii? 54214 J«Nebenanlagell 173 200 J«, siiobliobo Bauleitung 22800 ,/(. Nioderdmckwarm<strong>was</strong>serbeizung35209^, 100 obm =s 303 .4f. Im I.,II. <strong>und</strong> III. Geschoß Zellen <strong>und</strong> .soustige Käume. Ziegelputzbau.Ziegelpfannendach.10. Land- <strong>und</strong> Amtsgericllt KSutgsber^ i. Pr., Bez. Königsberg,1913—17, 1Ö67900 j«. Gebäude 1293600 ^. 3230 qm Je400,50 ..*. öl 602 olim je 21 ^. TiefereGründung 17000.^, Nebenanlagen 43400 ..Ä,innere Einrichtung 131000.^, sächliche Bauleitung83000^. NiederdmqkwarmwaSRerlmiiung134259 ^,lÜ0ebm= 363 .>K. Im I. <strong>und</strong>U. Geschoß sowie im ausgebautetjDachgeschoß Dlensträume.Ziogelputzbau <strong>mit</strong> Steinghederungen.HohlfalÄpfannendach.11. rörsterwohnhaus Tlieerofen, Bez.Frankfurt a. 0 , 191H —19, Normalentn-urf,51900 Jl. Gebäude 48494 Jü,147 qm (96) •) je 330 Ji. StiO cbm je58 Ji. Nebenanlagen 3406 Jl.. Ziegelputzbau.Ziegelkronendach.12. SecbsfamiüeDbaus, Domäne Eahnenberg,Bez. Marienwerder, 1918—19,62 272 j«. Oetäuda 50239 ./«. 320 qm(177)') je 157^. 1611 cbm je 31,20 j«.Nebenanlagen 2033 Ji. Ziegefputzbau.Ziegelkronendach.13. Schafstall, Domäne Klenber^, Bez.Potsdam, 1916—17, 47<strong>250</strong>.4. Gebäude44410 >r. 7.54 qm, (134)'), je 58,S0 .>». 6345 obm je 7 j | .Tiefere Gründung 340 Ji. Futterablader 500 Jt. Stall Ziegelputzbau',Sohoune HoJzwerk <strong>mit</strong> Steineisenwand V* Stein stark.Oberpr^idialgebüude Breslau.SfcbsfamilienbansKahnöDberg.Schieferdach.14. Feldscheune, Domäne Kieii)i«rs, Bez. Potsdam, 1917, 23000 j».Gebävide 21000 ^.' 606 qm je 34,70 JI. 5666 cbm je 3,30 Jt.Fuhren] 2000 Jt. Verbreitertes H<strong>und</strong>holzwerk. Schieferdach.15. Feldscheune, Domäne VIenenburg, Bez. Eüdesheim(Wiederanfbau), J919, 69800 Ji. Gebäude 66800 Jt.978 um je 71,3 j«. 7534 cbm je 9,30 j». Fuhren 4000 ,.*.Holzwerk <strong>mit</strong> Früßwand. Doppelpappdach.'>. Feldscheune <strong>mit</strong> Düngerschuppen, Domäne ßieUi^»Bez. Frankfurt a. 0., 1919, 30796 j(f. Gebäude 28496 .j»,960 um (800)'). je 29,70^, 6190 cbm jo 4,60 J«. Fuhren.2300^. Torbrett. Holzwerk. Pappdach.17. Dünger-, Geräte- <strong>und</strong> ArbeitsßchuppenDomäne Kienbergr, Bez. Potsdam, 1917,14200.^. Gebäude 12989^. 837 qm je20,40 .A. 2886 cbm je 4,50 .M. Fuhren1211 Ji. Steinetsenwand Vi SIein stark.Doppelpappdach.10. Land - <strong>und</strong> Amtsgeiiohtsgebäude Königsberg i. ?r.•Wirtschaftsgebäude, Domäne Salz«, Bez. Erfurt, 1920,140000.*.Geb&ude 126736 Ji. 301 qm (60)'), je 417,80 A. 2181 cbm je67,70^. ifebenanlagen llOCO..*. sächliche Bauleitung 3264 j».Ziegelpatzbau <strong>mit</strong> teilweisem au.sgemaaerten Bolzfachwerk.Pfannendach.13. Schafstall Kienberg.19, Beamtendoppelhans, Stauanlage Börrerden, Bez. Hannover,1907/8, 30393 Ji. Gebäude 23151 Ji. 223 i)m je 103,60 j«.1163 cbm je 13,90X5. Tiefere Gründung 1620..*, NebengebäudeBeamtoudoppölbanäDörverden.2740 JI. Uebenanlagen 2882 ..*. Ofenheizung. AusgebautesZiegelputzbau. Ziegelkronendach.ly ÜDtorkoHcrt.Buchdrucktrei des "Waisenhauses in UaJle a. (1. S.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!